Hüseyin Cevizoğlu, “Zwei Bleimedaillons aus Klazomenai”, R. Einicke – St. Lehmann – H....

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ZURÜCK ZUM GEGENSTAND FESTSCHRIFT FÜR ANDREAS E. FURTWÄNGLER HERAUSGEGEBEN VON Ralph Einicke Stephan Lehmann Henryk Löhr Gundula Mehnert Andreas Mehnert Anja Slawisch Band I Beier & Beran Langenweißbach 2009

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ZURÜCK ZUM GEGENSTANDFESTSCHRIFT FÜR ANDREAS E. FURTWÄNGLER

HERAUSGEGEBEN VON

Ralph EinickeStephan Lehmann

Henryk LöhrGundula MehnertAndreas Mehnert

Anja Slawisch

Band I

Beier & BeranLangenweißbach 2009

Es ist nicht gestattet, diese Arbeit ohne Zustimmung von Verlag, Herausgebern oder Autoren ganz oder auszugsweise nachzudrucken, zu kopieren oder auf sonst irgendeine Art zu vervielfältigen!

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Verlag: Beier & Beran. Archäologische Fachliteratur Thomas-Müntzer-Str. 103, D 08134 Langenweißbach Tel. 037603 / 3688, Fax 037603 / 3690 Internet: www.beier-beran.de, E-Mail: [email protected]: Anja Slawisch, Gundula Mehnert, Andreas Mehnert, Henryk LöhrLayout: Andreas Mehnert (Text), Ralph Einicke (Tafeln)Druck: VerlagHerstellung: Buchbinderei Reinhardt Weidenweg 17, D 06120 Halle/Saale

C: Copyright und V. i. S. d. P. für den Inhalt liegen bei den Autoren.

ISBN 978-3-941171-16-9

Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.Hergestellt in der Bundesrepublik Deutschland / printed in Germany.

Inhalt

Band I

Vorwort .................................................................................................................................................................... I

Tabula Gratulatoria ............................................................................................................................................. VII

Publikationen von Andreas E. Furtwängler ......................................................................................................... IX

Architektur und PlastikRaimund Wünsche

Ein gealterter Jüngling .................................................................................................................................... 1

Rolf A. StuckyGriechischer Marmor in der Levante – Zur Zeitstellung phönizischer Baureliefsund Architekturelemente aus Marmor ......................................................................................................... 7

Latîfe SummererHerakles in Paphlagonien ............................................................................................................................ 15

Helga BumkeNeue Köpfe für alte Damen – Zeugnisse für die Inszenierung von Tradition und Vergangenheit im griechischen Osten ................................................................................................ 25

Wolfgang SonntagbauerZur Genese des klassischen Tempelentwurfes – Zu den Grundrissen der Tavole Palatine in Metapont, des Athenatempels in Paestum, des Aphaiatempels und des Älteren Poseidon-tempels in Sunion .......................................................................................................................................... 37

Bruno JacobsDie Investiturszenen vom Nemrud Dağı ................................................................................................... 51

Orhan BingölDie Gruppe von Boreas und Oreithyia aus Magnesia ............................................................................. 59

Bernard AndreaeDie Skylla im Beinrelief von Dedoplis Gora und die Zeitgebundenheit von Betrachtungsweisen ............................................................................................................................... 69

Erika SimonEin Weihrelief aus Abydos: Aias mastigophoros ..................................................................................... 81

Stephan LehmannMade in Italy – Neues zum Bronzeknaben aus dem Meer vor Montenegro ........................................ 85

Volker Michael StrockaDer Hercules tunicatus auf dem Forum Romanum: Plin. nat. 34, 93 .................................................... 99

Hans LohmannDie sogenannte Domitius-Ara ................................................................................................................... 109

Henryk LöhrZur Botschaft und Datierung der Marcussäule ....................................................................................... 123

Friederike SinnVom Barbar zum „Berufsgriechen“ – Zu einer Porträtbüste severischer Zeit in Dresden ............... 137

Rudolf H. W. StichelKaiser Theodosius I. ‚melior Traiano‘ – Ein Deutungsversuch zur Ausstattung des Forum Tauri in Konstantinopel (mit einem Exkurs zum Zerstörungsdatum der Theodosius-Säule) ................... 151

Peter SchneiderBaureste eines spätantiken Bathrons und das Quellhaus des Titus Flavius Festus im Adyton des Apollontempels von Didyma ......................................................................................... 159

Keramik und Kleinkunst François Bertemes und Karin Hornung-Bertemes

Minoer in Didyma – Ein Siegel und seine Geschichte ............................................................................ 169

Anja SlawischEine runde Sache: Zu einem Fragment einer Bronzekeule aus Didyma ............................................. 195

Nadine LudwigStilistische Untersuchungen zu figürlich verzierten Gürtelblechen aus Transkaukasien ................ 205

Hüseyin CevizoğluZwei Bleimedaillons aus Klazomenai ....................................................................................................... 217

Frauke DonnerEine Vogelkanne vom Taxiarchis in Didyma .......................................................................................... 225

Bettina ReichardtAnasyrma und Liebeswerbung – Ein attisch schwarzfiguriger Skyphos vom Taxiarchis-Hügel in Didyma ............................................................................................................. 235

Gundula MehnertWerbe- und Abschiedsszenen .................................................................................................................... 247

Bekir ÖzerA Painter from Urla Workshop ................................................................................................................. 255

R. Ross HollowayAn Unpublished Terracotta from the Malophoros Sanctuary at Selinus ............................................ 263

Ralph Einicke und Niels WieackerEin Vasenfragment in der Art des Brygos-Malers aus dem Archäologischen Museum der Universität Halle ................................................................................................................................... 269

Michalis TiveriosMinotaur, Apsyrtos or Androgeos, the “ΚΑΤΑ ΠΡΥΜΝΑΝ ΗΡΩΣ”? – The Dinos Painter’s bell krater in Gela once again ................................................................................. 275

Anastasia Georgiadou„Elische“ Lekythen aus der Nekropole von Lithovouni in Aitolien – Aspekte der Datierung und Lokalisierung der Gattung ........................................................................ 283

Florian S. Knauß„Medismos“ in Kolchis ............................................................................................................................... 291

Frauke GutschkeEin griechischer Musterschüler im Robertinum – Zu einem Knabentypus der Koroplastik am Beispiel einer Terrakotte des Archäologischen Museums der Universität Halle ....................... 307

Ulrich ManiaBeinschnitzereien aus Pergamon ............................................................................................................... 315

Horst SeilheimerAnmerkungen zu Funktion, Typologie und Herstellungstechnik der Diatretgläser ........................ 325

Band II

NumismatikTimo Stingl

Äginetische Elektronprägungen? – Zwei Schildkröten auf Münzen aus dem Tresor des Münzkabinetts der Staatlichen Museen zu Berlin ............................................... 337

Mando OeconomidèsLes monnaies de Samos de la Collection Grégoire Empédoclès ........................................................... 341

Aliki MoustakaBendis in Thessalien – Zu zwei Varianten eines Münztypus der Stadt Phaloreia ............................. 345

Stella DreniThe Hoard IGCH 137 (Megara 1904) ........................................................................................................ 351

Koray KonukThe Coinage of Hyssaldomos, Dynast of Mylasa .................................................................................... 357

Dorothea MauermannEine prägende Persönlichkeit .................................................................................................................... 365

Brinna OttoAthena und die Kreuzfackel – Zwei Bronzemünzen aus dem Demeter-Heiligtum von Herakleia in Lukanien ................................................................................................................................................... 373

Kult und Kultpraxis Andreas Mehnert

Heraion von Samos: Das Wasserbassin an der Südhalle ........................................................................ 383

Anton Bammer und Ulrike MussDeponien im Artemision von Ephesos ..................................................................................................... 391

Maximilian LubosWeihungen griechischer Söldner in Didyma .......................................................................................... 405

Ulf WeberSonnenaufgang und -untergang am Nemrud Dağı – Der Herrscherkult Antiochos I. von Kommagene und die Sonne ............................................................................................................... 415

Jacques MorinMythmaking and Acculturation in the South Caucasus – Artemis and Apollo at Ats’quri ............ 423

Manfred OppermannDenkmäler des Hekatekultes im Ostbalkanraum ................................................................................... 433

Marcus NenningerZeugnisse der Heraklesverehrung in Moesia Inferior ............................................................................ 443

Piotr O. ScholzDionysos in Meroë ....................................................................................................................................... 453

Archäologische und historische FeldforschungPeter F. Biehl und Eva Rosenstock

Von Çatalhöyük Ost nach Çatalhöyük West – Kulturelle Umbrüche an der Schwelle vom 7. zum 6. Jt. v. Chr. in Zentralanatolien ............................................................... 471

Jochen FornasierZum Beginn der griechischen Kolonisation im nördlichen Schwarzmeerraum – Möglichkeiten und Grenzen historisch-archäologischer Forschungen ................................................ 483

Bilge HürmüzlüRemarks on Cultural Interactions in the Earlier Periods of Northwest Pisidia .................................. 493

Elif KoparalBorder Forts of Klazomenai: Cinderesi Fortification .............................................................................. 501

Andreas MehlEin zyprischer Stadtkönig hilft vertriebenen Samiern bei ihrer Rückkehr in die Heimat ................ 509

Coşkun ÖzgünelEine römische Thermenanlage am Smintheion ....................................................................................... 515

Ioannis M. AkamatisThe Pella archaeological Site Development Project and the latest archaeological Findings ............ 521

Hans-Georg StephanTöpferei, Kugeltopfherstellung, Keramikvertrieb und Haushaltsgeschirr in Sri Lanka – Vergleichende Betrachtungen zu archäologischen Befunden des frühen bis hohen Mittelalters in Südasien und Deutschland .................................................................................................................... 531

H. Dieter MorcheLicht und Schatten in der archäologischen Fotografie ............................................................................ 541

Antikenrezeption Angela Berthold

Die Verwendung antiker Namen als Signaturen auf neuzeitlichen Gemmen und ihre Quellen .... 549

Wolf-R. MegowZum antiken Schmuck der ‚Trapezplatte‘ am Kölner Dreikönigenschrein ......................................... 557

Matthias KolbeNur eine Metapher? – Tetimími, oder: Wo badete die große Badende? .............................................. 567

Thomas KleinVom Exempel zur Novelle – Der mittellateinische ‘Filo’ in der Stofftradition (mit Editio critica und Kommentar) .......................................................................................................... 577

Michael WiemersDürer, Xenophon und die Disziplin der Augen – Zur Bedeutung einer Melanchthon-Anekdote ........................................................................................ 609

Olaf PetersFrancisco Goya und die Antike ................................................................................................................. 623

Dieter SalzmannTheodosius oder Nero: Wen kümmert ’s? ............................................................................................... 631

Michael MaaßWie betreiben wir Archäologie? ................................................................................................................ 635

Zwei Bleimedaillons aus Klazomenai1

von Hüseyin Cevizoğlu

Exemplare dieser Gruppe stammen, nach ihrem Fundort bzw. ihrer Herkunft zu schließen, aus Samos, Ephesus, Chios und Delos. Ihrem Dekora-tionsschema nach lassen sie sich in Untergruppen einteilen. In der Antikensammlung in München befinden sich zwei Exemplare, die in Istanbul bzw. Chios aufgekauft wurden (Taf. 1, 7)�. Das Medaillon aus Delos wird im Museum von De-los, das ephesische in der Antikensammlung des Kunsthistorischen Museums in Wien aufbewahrt (Taf. 1, 8)�. Das samische Medaillon ist leider ver-schollen (Taf. 1, 9). Zwei Exemplare (Nr. I und II) befinden sich in Privatbesitz�. Zwar ist die Her-kunft der beiden Medaillons aus der Privatsamm-lung unklar, dennoch können sie mit hoher Wahr-scheinlichkeit als ionisch eingestuft werden�.

Bei den seit 200� im Sektor HBT in Klazomenai durchgeführten Arbeiten wurden eine vermutlich zur Stadtbefestigung gehörige Mauer in nord-südlicher Ausrichtung sowie die Grundmauern eines Stadttors mit Vorhof gefunden7. Die an den Befestigungsanlagen vorgenommenen Gra-bungen sind für unser Thema von Bedeutung, da das figurativ dekorierte Medaillon 1 westlich vom Stadttor in ca. �,�� m Tiefe in dem steinernen Füllmaterial des Südturms zutage gekommen ist (Taf. 1, 1–�)8. Da die Fundstelle in einer Schicht liegt, die sich aus Füllmaterialien unterschied-licher Perioden zusammensetzt, liefert sie für die

� Brehm 1992, �0–�2 Taf. 7, 1. �.

� Brehm 1992, �0–�2 Taf. 7, 2. �.

� Brehm 1992, �1–�� Abb. 1–� Taf. 7, �. �.

� Brehm 1992, �9.

� Bakıru.a.2007,186–190Abb.2–3.7–9;G.Bakır–Y.Ersoy–H.Cevizoğlu–Ü.Güngör–I.Hasdağli,2006YiliKlazo-menai Kazisi, KST 29/�, 2008, �18–�2� Abb. 8–1�.

� Bakıru.a.2007,190.

Umfassende Untersuchungen über den Ursprung der in europäischen Museen befindlichen Exem-plare figurativ dekorierter Bleimedaillons ioni-scher Herkunft haben bewiesen, dass diese unter dem Einfluss der Kunst des vorderen Orients ent-standen sind. Die in diesem Artikel behandelten Medaillons aus Ionien, die hinsichtlich ihrer Her-stellungstechnikundstilistischenMerkmaleÜber-einstimmungen aufweisen, gelten als eine eigene Gruppe in der archaischen Kunst (Taf. 1, 7–9). Zu den bereits bekannten Exemplaren dieser Gruppe gesellen sich nun weitere neue Bleimedaillons, die bei verschiedenen Grabungskampagnen in Klazo-menai gefunden wurden (Taf. 1, 1–�). Im Rahmen dieses kurzen Aufsatzes sollen zwei neue Funde aus Klazomenai im Zusammenhang mit den übri-gen Medaillons ionischer Herkunft ausgewertet werden.1

Die Gattung der Bleimedaillons mit der Dar-stellung einer auf einem Löwen stehenden Göt-tin wurden erstmals von den Wissenschaftlern W. Deonna und H. Möbius und in der Folge von O. Brehm der Fachwelt vorgestellt2. Die sieben

� G.Bakır und dem Ausgrabungsleiter Y.Ersoy möchteich an dieser Stelle für die Publikationserlaubnis und für manch wertvollen Hinweis danken. – In Zusammenarbeit haben das Institut für Vorderasiatische Archäologie der Freien Universität Berlin (H. Kühne) und das Archäolo-gische InstitutderEgeUniversität İzmir (A.Çilingiroğlu)vom 7. bis 12. April 2008 im Rahmen des „Fourth Interna-tional Berlin-Izmir Research Seminar“ eine Konferenz zum Thema „Cult and Sacral Places in Anatolia and Beyond.From the Neolithic to the Roman Period“ abgehalten. Das im vorliegenden Artikel behandelte Medaillon wurde bei der Konferenz im Institut für Vorderasiatische Archäolo-gie an der Freien Universität Berlin in meinem Referat über „EarlySanctuariesinIonia“mitseinenallgemeinenMerk-malen besprochen. Ich bedanke mich bei H. Kühne und A.ÇilingiroğlufürihreUnterstützung.

� Deonna1938,272f.Taf.101,893Abb.439;Möbius1941,1–17Abb.1–4;Möbius1967, 449–457Abb.1–3; Brehm1992,�9–7� Taf. 7, 1–�.

218 Hüseyin Cevizoğlu

Datierung keine Anhaltspunkte9. Das Medail-lon 1 ist nicht das einzige in Klazomenai gefun-deneStück;1990wurdebeiGrabungenimSektorMGT ein weiteres, mit kreisförmig angeordneten Punkten versehenes Bleimedaillon (2) geborgen (Taf. 1, �–�). Die in derselben Schicht gefundenen Keramikscherben mit spätgeometrischen Merk-malen ermöglichen eine Datierung des Medail-lons 2 auf das beginnende 7. Jh. v. Chr.10.

1. Bleimedaillon aus Klazomenai – GroßerTypus(Taf.1,1–3)FO: Sektor HTB, Grabungen an den Befestigungs-anlagen – 200� TN 10.01�.AO: Izmir, Archäologisches Museum Konak.Dm �,� cm, H mit Öse �,� cm, Dicke �–� mm.Die Vorderseite des Medaillons zeigt eine figür-liche Darstellung, die Rückseite ist glatt und un-verziert. Die szenische Darstellung ist von einem feinen Rahmen begrenzt. Der Rand des Medail-lons ist stellenweise beschädigt.

Die Vorderseite ist in zwei Felder unterteilt. Das größere obere Feld wird von einem mächtigen Lö-wen mit geöffnetem Maul beherrscht, der auf der Standleiste von rechts nach links schreitet. Seine buschige Mähne ist flammenförmig stilisiert, die Hüfte nach oben ausgebuchtet. Die Mähne endet in zwei bogenförmigen parallelen Linien, die das Schulterblatt andeuten. Auf dem Rücken des Lö-wen steht eine unproportional kleine weibliche Figur. Den rechten Unterarm hat sie erhoben, den linken leicht nach vorne geführt, sie hält je-doch nichts in den Händen. Sie trägt ein langes Gewand, das ihr in senkrechten Falten bis auf die Füße fällt. Der Löwe ist so groß ausgeführt, dass der Kopf der Frau an den oberen Reliefrand stößt. Es lässt sich daher nicht feststellen, ob sie einen Polos oder eine andere Kopfbedeckung trägt.

Vor dem Löwen steht eine weitere, wahrschein-lich weibliche Figur. Auch sie trägt ein Kleid, dessen senkrechte Falten bis zum Boden reichen. Wahrscheinlich trägt sie eine Kopfbedeckung oder ein bis auf die Schultern reichendes Kopf-tuch. In der vermutlich linken, erhobenen Hand

� Ich bedanke mich bei meinem Kollegen Dr. K. Uzun, der mit viel Geduld das Medaillon gereinigt und konserviert hat.

�0 Zur Stratigraphie des Gebäudes „F“ s. Y.Ersoy, Clazo-menae:TheArchaicSettlement (Ph.D.Dissertation,BrynMawr College 199�, UMI, Ann Arbor 199�) 11�–11�.

hält sie einen Gegenstand in der Form eines Pi-nienzapfens. Über die erhobene rechte Handkann wegen des schlechten Erhaltungszustandes keine Aussage gemacht werden.

Unterhalb der Standleiste befinden sich zwei antithetische Gänse. Die Körper der Gänse sind oval, ihre Hälse S-förmig gestaltet. Der Relief-grund des oberen Bildfeldes ist vollständig mit kleinen Buckeln ausgefüllt. Oberhalb des Löwen-kopfes, am oberen Medaillonrand, befindet sich ein nach unten offener Halbmond.

Die Gussnähte an den Rändern der Öse weisen darauf hin, dass das Medaillon mitsamt seiner Öse gegossen wurde. Dazu dürfte eine aus zwei Teilen bestehende Gussform verwendet wor-den sein. Der mittlere Schaft der Öse am Ring ist durch eine Verdickung hervorgehoben. Die auf der vorderen Platte des Medaillons befindliche kleine Erhöhung zeigt wahrscheinlich die Stelle des Luftloches an, das bei dieser Gießtechnik ent-steht11.

2. Bleimedaillon aus Klazomenai – KleinerTypus(Taf.1,4–6)FO: Sektor MGT, Sondierung „F“ – 1990, TN 197.AO: Grabungsdepot Klazomenai.Dm �,� cm, H mit Öse �,� cm, Dicke 2,�–�,� mm.Die Vorderseite des Medaillons ist mit einem ein-fachen Ornament aus punktförmigen kleinen Er-hebungen verziert, die Rückseite ist glatt und un-verziert. Dort, wo die Öse an die Platte schließt, ist das Medaillon leicht nach vorne verbogen.

In der Mitte befindet sich eine Gruppe von Punkten, die von einem kreisförmigen Rahmen eingefasst ist. Um diesen reihen sich kreisförmig angeordnete Punkte. Das Medaillon hat einen rechteckigen, sich nach unten leicht verjüngenden Fortsatz, in dessen vertikalem Mittelwulst sich ein kleines Loch befindet.

Die Erhebung, die in der Mitte des Medaillons 1 erkennbar ist, findet sich auch an den Exem-plaren aus Ephesus und Samos sowie an dem in Istanbul erworbenen Stück (Taf. 1, 7–9)12. Das Me-

�� H. Möbius interpretiert diese Löcher als Zirkelspitze. s. Möbius 19�1, 2.

�� J. Boehlau, Aus ionischen und italischen Nekropolen: Ausgrabungen und Untersuchungen zur Geschichte der nachmykenischen griechischen Kunst (Leipzig 1898) 163;

219Zwei Bleimedaillons aus Klazomenai

daillon aus Delos und die beiden Stücke aus der Privatsammlung zeigen jedoch keine solche Ver-dickung in der Mitte1�. Alle sieben Bleimedaillons ionischer Herkunft haben auf der Vorderseite ein und dieselbe szenische Darstellung: die Adora-tion einer auf einem Löwen stehenden Göttin. Bei den Medaillons aus Istanbul (Chios?), Ephe-sus, Samos und Klazomenai fallen jedoch größere Übereinstimmungen bezüglich der Haltung derFiguren, Details der Darstellung und stilistischer Merkmale auf (Taf. 1, 1. 7–9). Neben den Entspre-chungen von Dekorationsschema und stilistischen Merkmalen ist auch der Durchmesser dieser vier Medaillons ungefähr gleich, es scheint also ein-leuchtend,dasssieeinemeinheitlichenTypusan-gehören und möglicherweise sogar mit derselben Gussform hergestellt wurden1�.

Bei jedem der vier Medaillons sind an den De-tails der Hüfte des Löwen, seiner rechten Vor-derpranke sowie bei einigen der punktförmigen Erhebungen auf dem Reliefgrund Mängel fest-zustellen, die dadurch zustande gekommen sein dürften, dass sich das geschmolzene Blei in der Gussform nicht an allen Stellen gleichmäßig ver-teilt hat. Diese Materialverluste könnten also auf Fehler beim Gießen zurückzuführen sein. Bisher wurde keine Gussform gefunden, die einen Hin-weis auf die Produktionsstätte der größtenteils in Ionien geborgenen sieben Medaillons liefern könnte. Daher werden zur Bestimmung der Pro-duktionsstätte stilistische Merkmale herangezo-gen. Es besteht Einigkeit darüber, dass die Grup-pe aus Ionien stammt1�. Die beiden in Klazomenai gefundenen Medaillons könnten vor Ort oder in einer anderen ionischen Stadt hergestellt worden sein. Die Auswertung von neueren Erkenntnissen könnte dazu beitragen, noch offene Fragen bezüg-lich der Produktionsstätten zu klären. So könnte die in der Nähe der Fundstelle des Medaillons 1 ausgegrabene archaische Eisenschmiede zusam-men mit den anderen, bereits bekannten Metall verarbeitenden Werkstätten in Ionien Aufschluss

Möbius 19�1, � f. Abb. 1–�.

�� Deonna1938, 372 Abb.439 Taf.101, 893; Möbius1941, 6Abb.4;Brehm1992,61–63Abb.2–4Taf.7,3–6.

�� Der Durchmesser des in Istanbul erworbenen Medail-lons beträgt �,2 cm, der des ephesischen �,2� cm und der des samischen �,2 cm. Das ephesische Medaillon ist samt Öse �,� cm hoch, damit decken sich die Abmessungen fast vollständig mit denen des klazomenischen Exemplars. Brehm 1992, �0–�� Abb. 1 Taf. 7, 1–2.

��Möbius1941,17;Brehm1992,59;Treister1996,70.

über die Produktionsstätten geben, aus denen die hier besprochenen Stücke kommen1�. Zwar lässt sich nicht mehr feststellen, welche Waren in der klazomenischen Schmiede hergestellt wurden, doch ist bekannt, dass in den anderen Werkstät-ten neben Eisen auch Bronze und Blei verarbeitet wurden17.

Die vorliegenden Daten reichen jedoch nicht aus, um mit Bestimmtheit sagen zu können, dass in diesen Werkstätten Bleimedaillons gefertigt wurden. Es bleibt abzuwarten, dass bei den lau-fenden Forschungen in Ionien neue Erkenntnisse über Metall verarbeitende Werkstätten und ihre Erzeugnisse gewonnen werden.

Schon lange bevor scheibenförmige Anhänger als Halsschmuck in der archaischen griechischen Kunst auftauchten, waren sie, wie Forschungen belegen, seit dem �. Jt. v. Chr. im Vorderen Orient und in Anatolien in Gebrauch. Diese Medaillons aus wertvollen Metallen, die mit Ösen versehen und mit bildlichen Szenen oder auch nonfigura-tiven Motiven dekoriert sind, werden dem vorder-asiatischen, insbesondere dem syrischen Raumzugeordnet18. Diese als Vorreiter geltenden An-hänger sind mit verschiedenen geometrischen Motiven aus hauptsächlich pflanzlichen Orna-menten und Sternen, sowie szenischen Darstel-lungen mit Menschen- und Tierfiguren verziert. Diese Tradition dürfte zu Beginn des 1. Jt. v. Chr. über Zypern und Kreta nach Griechenland ge-wandert sein. Eine Bronzescheibe aus Tegea mit der Darstellung einer nackten, auf einem Rind stehenden und einen Mohnstängel haltenden

�� Im Zuge der regen Bautätigkeit in klassischer und hel-lenistischer Zeit ist die Schmiedewerkstatt stark zerstört worden, wodurch eine Bestimmung der neben Eisen her-gestelltenMetallproduktenichtmehrmöglichist.G.Bakır– Y.Ersoy – İ.Fazlıoğlu – N.Aytaçlar – H.Cevizoğlu–B.Hürmüzlü –Y.Sezgin, 1999KlazomenaiKazısı,KST22/2,2001,33Abb.8;Bakıru.a.2007,193–195Abb.11–13.

�� Dass in Schmiedewerkstätten neben Eisen auch Bronze und Blei verarbeitet wurde, konnte an Werkstätten aus geometrischer Zeit, die in Griechenland und Süditalien in Skala Oropos und Pithekoussai entdeckt wurden, so-wie bei Grabungen auf Samos nachgewiesen werden. s. D.Ridgway, The FirstWesternGreeks (Cambridge 1992)93;D.Blackman,ArchaeologyinGreece1996–1997,Arep­London43 (1996/1997)14;Treister1996,37;C.Reinholdt,Arbeitszeugnisse geometrischer und archaischer Schmuck-werkstätten, AA 1992, 21�–2�1.

�� Bossert1951, 226 Abb.771. 772; 342 Abb.1176; Möbi-us1941,3–10mitAnm.;Möbius1967,449f.mitAnm.ZuExemplaren anatolischer Herkunft s. Emre 1971, 7–18. �� f. Nr. 29. ��–�8. �1.

220 Hüseyin Cevizoğlu

Göttin veranschaulicht diese Wanderung19. In der ausgehendenarchaischenPeriodewurdeninZy-pern Kalksteinskulpturen von Frauen hergestellt, die scheibenförmige Medaillons um den Hals tragen. Demzufolge dürften solche Medaillons in griechischer Zeit weit verbreitet gewesen sein20.

Untersuchungen, die sich mit dem zuneh-menden orientalischen Einfluss auf die grie-chische Kunst in der ausgehenden spätgeome-trischen Zeit befassen, zeigen, dass Ionien dank seiner Lage im Schnittpunkt östlicher und grie-chischer Kultur eine bedeutende Rolle als Ort der Begegnung und Schmelztiegel unterschiedlicher Kunstrichtungen gespielt haben muss21. Unter diesem Aspekt erbringen die beiden Medaillons aus Klazomenai gemeinsam mit den übrigen Exemplaren der Gruppe einen weiteren Beweis für die orientalischen Einflüsse in der ionischen Kunst.

Studien zur Ikonographie der ionischen Medail-lons lassen keinen Zweifel offen, dass das Motiv der Göttin auf dem Löwen rein mesopotamischen Ursprungs ist22. Diese Darstellung wurde auf Me-daillon 1 unverändert übernommen. Unterschied-liche archäologische Funde wie akkadische, altba-bylonische, neuassyrische, persische, urartäische

�� Dugas1921, 384f. Abb.45; Müller1922, 14–18; Möbi-us1941,4f.;Hampe1969,33f.Taf.18,1.

�0 Bossert 19�1, 19 Abb. �9. �0. 90 Abb. �07. Goldanhän-ger aus Rhodos s. W. Reichel, Griechisches Goldrelief, Schriften zur Kunst des Altertums � (Berlin 19�2) �9, �7–�1 Taf.17,57.58.60.61;Laffineur1975,305–312.

�� Die Rolle Ioniens bei der Wechselwirkung von griechischer Kunst und orientalischen Kulturen erregt das Interesse vie-lerForscher.Dazus.Poulsen1912;R.M.Cook, IoniaandGreece in the Eighth and Seventh Centuries B.C., JHS ��, 1946, 67–98;R.D.Barnett,AncientOriental Influences onArchaic Greece, in: S. S. Weinberg (Hrsg.), The Aegean and NearEast.StudiesPresentedtoHettyGoldmanontheOc-casionofherSeventy­FifthBirthday(Glückstadt1956)212–238;T.J.Dunbabin,TheGreeksandTheirEasternNeigh-bours: Studies in the Relations Between Greece and the Countries of the Near East in the Eighth and Seventh Cen-turiesB.C.,Society for thePromotionofHellenicStudies,Suppl.8(London1957);E.Akurgal,TheEarlyPeriodandtheGoldenAgeofIonia,AJA66/4,1962,369–379;J.Board-man,TheGreeksOverseas.TheirEarlyColoniesandTra-de(London1988);S.P.Morris,DaidalosandtheOriginofGreekArt(Princeton1992);H.Kyrieleis,TheHeraionatSa-mos, in: N. Marinatos – R. Hägg (Hrsg.) Greek Sanctuaries: NewApproaches(London1993)125–153;W.Burkent,TheOrientalizing Revolution. Near Eastern Influence on Greek Culture inEarlyArchaicAge (Cambridge,Massachusetts1997);W.Burkert,DieGriechenundderOrient:VonHo-mer bis zu den Magiern2 (München 200�).

��Möbius1941,10f.;Brehm1992,64–70;Hampe1969,33–37.

und hethitische Rollsiegel, Reliefs, Skulpturen und Medaillons aus dem 9. und 8. Jh. v. Chr. ha-ben kultische Szenen zum Thema, auf denen ein mächtiger Löwe mit einer Göttin auf dem Rücken einher schreitet. Sie alle weisen eindeutig auf den Ursprung der Darstellung, die auch das Medail-lon 1 ziert, hin2�. Löwe, Halbmond und die Pleia-denalsSymboleundAttributederGöttinIschtarwurden auch auf den hier besprochenen ioni-schen Medaillons abgebildet2�. Wie in der meso-potamischen Ikonographie bezeugt eine vor dem Löwen stehende Figur der Göttin ihre Verehrung. In ihrer nach vorn ausgestreckten Hand hält die Göttin manchmal einen Kranz2�. Die Adorantenfi-gurhälteinThymiaterion2�.

Die Ikonographie der szenischen Darstellungen auf den ionischen Bleimedaillons stammt haupt-sächlich aus dem nordsyrischen Raum. Das Sil-bermedaillon aus Scham’al (Zincirli) stellt hierfür einen klaren Beweis dar: die auf dem nach rechts schreitenden Löwen stehende Göttin ist in Seiten-ansicht abgebildet, sie steht vor einer vielstrah-ligen Sternenscheibe. Die rechte Hand hat sie er-hoben, in der linken hält sie die Leine des Löwen. Vor der Göttin steht ein Adorant, der die Hände bittend erhoben hat27.

��Möbius1941, 10f.; Brehm1992, 64–70; A.Moortgat, Vor-derasiatische Rollsiegel. Ein Beitrag zur Geschichte der Steinschneidekunst (Berlin 1940) 70 Taf.78 Nr.654–656;J. B. Pritchard, The Ancient Near East in Pictures. Relating to the Old Testament (Princeton 1954) 304 Nr.470–476;R.M.Boehmer, Glyptik von der alt­ bis zur spätbabylo-nischen Zeit, in: Orthmann 19��, ��� Nr. 27� h (drittes Viertel des 8. Jh. v. Chr.), ��8 Nr. 27� h (zweite Hälfte des 8.Jh.v.Chr.),356f.Nr.106e;O.Weber,DieKunstderHe-thiter,OrbisPictus9 (Berlin1920)17Abb.8.9;D.Collon,FirstImpressions:CylinderSealsintheAncientNearEast(London1987)135–137Nr.573;R.Ghishman,Iran.Proto­iranier,Meder,Achämeniden(München1964)382Nr.563;A. Moortgat, Die bildende Kunst des alten Orients und die Bergvölker(Berlin1932)61Taf.50;A.Moortgat,Bildwerkund Volkstum Vorderasiens zur Hethiterzeit (Leipzig 1934)23–26Abb.21.22;K.Bittel–R.Naumann–H.Otto,Yazılıkaya.Architektur,Felsbilder, InschriftenundKlein-funde (Osnabrück 19�7) 8�–8� Taf. 18–20 Nr. ��.

�� J.Black–A.Green,Gods,DemonsandSymbolsofAncientMesopotamia, An Illustrated Dictionary (London 1992)108–109;N.Marinatos,TheGoddessandtheWarrior.ThenakedgoddessandMistressofAnimalsinearlyGreekreli-gion (London 2000) 1–�1.

�� Brehm 1992, �� Abb. 2. �.

�� FürdieDiskussionüberdasThymiaterions.Möbius1967,454f.; Brehm1992, 60. Zu einem ähnlichenThymiaterions. R. Zahn, Vasenscherben aus Klazomenai, AM 2�, 1898, �8–�1 Taf. �, 1.

�� Luschan–Andrae1943,98Taf.44a–e.46a–e;Möbius1941,9f.Abb.7;Brehm1992,68f.Abb.6.

221Zwei Bleimedaillons aus Klazomenai

Nicht nur von der ikonographischen Entspre-chung her, sondern auch in Hinblick auf das Bildschema und formale Merkmale können die Medaillons mit Exemplaren aus Anatolien und Nordsyrien in Verbindung gebracht werden.Beim Vergleich mit dem Medaillon aus Rusahi-nili (Toprakkale) aus dem 7. Jh. v. Chr. und dem Silbermedaillon aus Scham’al (Zincirli) aus dem beginnenden 7.Jh. v.Chr. werden die Überein-stimmungen besonders deutlich28. Die Bildfläche dieser Exemplare ist mit einer Standlinie in zwei Segmente unterteilt. Das untere Segment ist mit pflanzlichen Motiven bzw. Wellenlinien, die Ber-gesymbolisierensollen,verziert.DieHauptbild-fläche abzutrennen war auch bei Tondi auf phö-nizischen Metallgefäßen üblich29.

Das Motiv der Göttin auf dem Löwen findet mit derVerbreitungderkretisch­mykenischenKulturauch Eingang in die griechische Kunst�0. Wenn die Ikonographie der Göttin mit dem Löwen auch mesopotamisch ist, so erfreute sie sich doch in Io-nien großer Beliebtheit�1. Auch Kleinplastiken aus bedeutenden Heiligtümern wie dem Athenatem-pel inErythrai,demArtemisioninEphesusunddem Heraion auf Samos aus dem 7. Jh. v. Chr. können als Beispiele für den Einfluss hethitischer und nahöstlicher Kunst angeführt werden�2.

�� Das urartäische Goldmedaillon mit der dreifachen Öse zeigt eine Darstellung einer Adorationsszene über ei-ner Standlinie mit herunterhängenden Lotosknospen. DasMedaillonistallerdingsnuralsAbgusserhalten;dasOriginal ging verloren. s. E. Akurgal, Die Kunst Ana-toliens von Homer bis Alexander (Berlin 19�1) �� f. �8 Abb.16;M.N.vonLoon,DieKunstvonUrartu, in:Orth-mann 19��, ��� Nr. �92 c. Für ein urartäisches Goldmedail-lon s. Brehm 1992, �� Abb. � und für ein Silbermedaillon s. H.-J. Kellner, Ein Bemerkenswertes Medaillon, in: M. Mel-link – N.Özgüç (Hrsg.), Anatolia and the Ancient NearEast, Studies in Honor of Tahsin Özgüç (Ankara 1989)235f. Für das assyrische Silbermedaillon s.Möbius1941,13Abb.7;Luschan–Andrae1943,98Taf.44a–e.46a–e.

�� Poulsen 1912, 2�–�7 Abb. 1�. 1�. 1�. 18–20.

�0 Für das Siegel der sog. Bergmutter s. M. P. Nilsson, Geschichte der griechischen Religion 1. Die Religion Griechenlands bis auf die griechische Weltherrschaft, HAW5,2,1 (München 1955) 293 Taf.18,1; Hampe 1969,33–37;M.J.Vermaseren,CybeleandAttis.TheMythandthe Cult (London 1977) Abb. 1–�.

�� Zur Darstellung des von Herrinnen getragenen Perirrhan-terions aus Samos (aus der Mitte des 7. Jh. v. Chr.) s. C. Blü-mel, Die archaisch griechischen Skulpturen der Staatlichen Museen zu Berlin (Berlin 1964) 41f. Nr.33 Abb.90–93;F. Schaller, Stützfiguren in der griechischen Kunst, Diss. der Universität Wien 97 (Wien 197�) 8 f. 80–101.

�� E. Akurgal, Griechische und römische Kunst in der Türkei (München 1978) 26 Taf.60–61; U.Muss, Efes

Die nach links schreitende Löwenfigur auf den ionischen Medaillons mit ihrem offenen Maul und der Feuerzungen gleichenden Mähne stellt in ihren Einzelheiten zweifellos eine Weiterführung des aus demHethiterreich und aus Nordsyriendes 9. und 8.Jh. v.Chr. bekannten Typus dar��. InsgesamtkannderLöwentypushinsichtlichdereinzelnen Elemente des Kopfes, insbesondere der breiten sichelförmigen Kragenmähne, aber auch mit seinem schmalen Körperbau sowie der Hal-tung des Schwanzes und der knotigen Stilisie-rung der Pranken als späthethitisches und neuas-syrischesErbebezeichnetwerden��.

Das griechische Element der zwei antithe-tischen Gänse, die sich im unteren Segment befin-den, taucht auf den Medaillons aus Klazomenai, Istanbul, Ephesus und Samos auf (Taf. 1, 7–9). Es sollten Vergleiche angestellt werden zwischen den stilistischen Merkmalen von Gänsefiguren, die insbesondere auf den Tondi von lakonischen und ionischen Schalen als Dekor des unterhalb der figürlichen Szene befindlichen Bildfeldes ab-gebildet sind, und denen auf den ionischen Me-daillons��.

Artemisionu’nda Bulunan Fildişi ve Kemik Eserler, in:W.Seipel(Hrsg.),EfesArtemisionu.BirTanrıçanınKutsalMekânı, Viyana Kunsthistorisches Museum’un İstanbulArkeoloji Müzeleri ve Efes Müzesi, Selçuk İşbirliği ileDüzenlediği Sergi Kataloğu, İstanbul Arkeoloji Müzele-ri22.Mayıs–22.Eylül2008(Wien2008)219.232Nr.115;F.Işık,ElfenbeinfigurenausdemArtemisionvonEphesos,in: U. Muss (Hrsg.), Der Kosmos der Artemis von Ephesos, ÖJhSonderschriften37(Wien2001)89–90Abb.6;U.Jant-zen,ÄgyptischeundorientalischeBronzenausdemHerai­on von Samos, Samos 8 (Bonn 1972) ��. �9 Taf. �7.

�� E. Akurgal, Spaethethitische Bildkunst (Ankara 19�9) �9–79Taf.27–37;E.Akurgal,TheBirthofGreekArt.TheMe-diterranean and the Near East (London 19�8) �1. �1. 10� f. Taf.8;zurTypologiedesionischenLöwenderarchaischenZeit s. H. Gabelmann, Studien zum frühgriechischen Lö-wenbild (Berlin 1965) 81–95 Taf.20–29; F.Prayon, Phry-gische Plastik: Die früheisenzeitliche Bildkunst Zentral-Anatoliens und ihre Beziehungen zu Griechenland und zum Alten Orient, Tübinger Studien zur Archäologie und Kunstgeschichte 7 (Tübingen 1987) ��–�2 Abb. �. 7.

�� Die Löwendarstellungen der neuassyrischen und neuba-bylonischenKunstkönnenauchmitdenender ionischenVasenmalerei verglichen werden. s. R. M. Cook, Clazo-menian Sarcophagi, Kerameus � (Mainz/Rhein 1981) 98 f. Taf.18,1.23,2.30,2.52,2.56.64–67.82.85.88.94;B.Özer,Klazomenai Siyah Figür Seramiği (unpubl. Dissertation,EgeUniversität­İzmir2006)17,90Kat.1,204Taf.1,1.25.

�� E. Kunze, Ionische Kleinmeister, AM �9, 19��, 92 f. Beil. 7, 1. 8,1; C.M.Stibbe, Lakonische Vasenmaler des sechstenJahrhunderts v. Chr. (Amsterdam 1972) Nr. 22�. 227. ��� Taf.79,5.80,1.128,2;CVAKassel(1)37f.Taf.354,3–6.

222 Hüseyin Cevizoğlu

Grabungsdaten zumeist für die Datierung unzu-reichend sind, müssen stilistische Merkmale her-angezogen werden.

Eines der ältesten bekannten Beispiele aus geo-metrischer Zeit ist die böotische Bronzescheibe aus Tegea�0, zeitlich gefolgt von rhodischen, mit geometrischen und pflanzlichen Motiven deko-rierten Goldanhängern der ausgehenden geome-trischen Zeit�1. Das Medaillon 2 kann anhand der in derselben Schicht zu Tage gekommenen Funde in die spätgeometrische Zeit datiert werden und stellt daher unter den übrigen Exemplaren eine Ausnahme dar. Die volutenförmigen Spiralen auf den in Emporio auf Chios gefundenen zwei Blei-anhängern sind ein in der orientalisierenden Zeit weit verbreitetes Motiv�2. Das Medaillon 2 und die Beispiele aus Rhodos und Emporio auf Chios zeigen,dassesaucheineneinfacherenTypusvonMedaillons mit schlichten Motiven gab.

Den Stücken aus der geometrischen und orien-talisierenden Zeit folgen zeitlich die ionischen Bleimedaillons mit der Darstellung der „Adora-tion einer Göttin“. Das auf das Ende des 7. bzw. den Beginn des �. Jh. v. Chr. datierte Exemplar delischer Herkunft und das in Privatbesitz be-findliche, dem delischen ähnliche Medaillon Nr. I sind die frühesten Beispiele für diesen Typus��. Die Medaillons aus Chios (in München) und Nr. II aus der Privatsammlung stammen vermutlich aus der ersten Hälfte des �. Jh. v. Chr.��.

Die Medaillons aus Istanbul (Chios?), Ephesus, Samos und Klazomenai (1), können anhand der an den antithetischen Gänsefiguren, der Göttin und dem Löwen festzustellenden griechischen Stilelemente in die Mitte des �. Jh. v. Chr. datiert werden. Diese vier Exemplare bilden die zeitlich jüngste Gruppe unter den Bleimedaillons. Auf-grund ihrer Abmessungen, des Dekorations-schemasundstilistischerÜbereinstimmungenkann gefolgert werden, dass sie möglicherwei-se mit derselben Gussform und etwa zur glei-chen Zeit hergestellt wurden. Das Medaillon 1 demonstriert also, gemeinsam mit den ande-

�0 Dugas1921, 384f. Abb.45; Müller 1922, 14–18; Ham-pe 19�9, �� f. Taf. 18, 1.

�� Laffineur 197�, �0�–�12 Abb. 1–7.

�� Boardman 19�7, 202. 20� Nr. 1�8. 1�9 Abb. 1��.

�� Deonna1938,272–273Taf.101,893;Brehm1992,72f.

�� Brehm 1992, 72 f.

Dass die ionischen Exemplare aus Blei herge-stellt wurden, könnte seine Ursache darin haben, dass das Material leicht schmilzt und weniger wertvollist;eskanndahergefolgertwerden,dassdie Medaillons für das einfache Volk bestimmt waren��. Neben ihrer Funktion als Schmuckstück hatten sie aber wahrscheinlich auch einen reli-giösen Symbolgehalt,wie die szenischeDarstel-lung nahe legt. Um die Medaillons 1 und 2 einem bestimmten Kult zuordnen zu können, reicht das archäologische Beweismaterial nicht aus. Den-noch kann man im Hinblick auf die hier gebor-genen Kleinfunde vermuten, dass auch in Klazo-menai der Kult der Muttergöttin gepflegt wurde�7. Der Gedanke liegt nahe, dass die auf den klazo-menischen und den übrigen ionischen Medaillons dargestellte orientalische Göttin, die im ionischen Raum eine Ausnahme bildet, unter griechischer Identität in die einheimischen Kulte Eingang ge-funden und Verehrung genossen hat�8.

Das Medaillon 2 unterscheidet sich von 1 nicht nur in seinen Abmessungen, sondern auch durch seinen schlichteren, beinahe abstrakten Dekor. Er besteht aus Punkten, die in zwei konzentrischen Kreisen angeordnet sind (Taf. 1, �–�). Die als kleine Buckel gearbeiteten Punkte decken sich in technischer Hinsicht mit den ebenso dargestell-ten Sternen von Medaillon 1. Die Einfachheit der Details des Dekors rückt das Medaillon 2 in die Nähe der beiden bei den Grabungen in Emporio auf Chios gefundenen, mit volutenförmigen Spi-ralen verzierten Medaillons�9.

Scheibenförmige Anhänger kommen im grie-chischen Raum selten vor. Die aus Gold, Bronze oder Blei hergestellten Exemplare sind mit figür-lichen Darstellungen sowie geometrischen und pflanzlichen Motiven dekoriert. Die bekannten Stücke, darunter auch die klazomenischen, stammen aus der Zeitspanne zwischen der geo-metrischen und der archaischen Zeit. Da die

�� Emre 1971, ��. 81.

�� Ich bedankemich bei Y.Ersoy, dass ermir seine Kennt-nisse mitgeteilt hat. s. auch E. Langlotz, Studien zur nord-ostgriechischen Kunst (Mainz 197�) 1��.

�� Die Kulte der Athena, Artemis und Demeter waren seit klassischer Zeit in Klazomenai heimisch, daneben sei auch auf den seit der archaischen Zeit gepflegten Meter-Kult hingewiesen. s. F. Graf, Nordionische Kulte: Religionsge-schichtliche und epigraphische Untersuchungen zu den KultenvonChios,Erythrai,KlazomenaiundPhokaia,Bi-bliotheca Helvetica Romana 21 (Rome 198�) �8�–�89.

�� Boardman 19�7, 202. 20� Nr. 1�8 f. Abb. 1��.

22�Zwei Bleimedaillons aus Klazomenai

ren ionischen Medaillons, dass orientalische Motive vollständig in den einheimischen ar-chaischen Stil umgesetzt werden konnten.

AbkürzungsverzeichnisBakıru.a.2007

G.Bakır–Y.Ersoy–H.Cevizoğlu–I.Hasdağlı,2005YılıKlazomenaiKazısı,KST28/2,2007,185–202

Boardman 19�7

J. Boardman, Excavations in Chios 19�2–19��. Greek Emporio, BSA Suppl. � (Oxford 19�7)

Bossert 19�1

H.Th.Bossert, Altsyrien. Kunst undHandwerk inCypern,Syrien,Palästina,TransjordanienundAra-bien von den Anfängen bis zum völligen Aufgehen in der griechisch-römischen Kultur, Die Ältesten Kulturen des Mittelmeerkreises � (Tübingen 19�1)

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Dugas 1921

C. Dugas, Le sanctuaire d’Aléa Athéna à Tégée avant le IV siècle, BCH ��, 1921, ���–���

Emre 1971

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Laffineur 197�

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Möbius 19�7H. Möbius, Die Göttin mit dem Löwen, in: G. Weiss-ner, (Hrsg.), Festschrift für Wilhelm Eilers. Ein Do-kument der internationalen Forschung zum 27. Sep-tember 19�� (Wiesbaden 19�7) ��9–��8

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Treister 199�M.Yu.Treister,TheRoleofMetalsinAncientGreekHistory,MnemosyneSuppl.156(Leiden1996)

AbbildungsnachweisTaf. 1, 1. 4: Zeichnungen H.Cevizoğlu — Taf. 1, 2. 3. 5. 6: PhotosH.Cevizoğlu—Taf. 1, 7. 8: Zeichnungen H.CevizoğlunachMöbius1941,Abb.1.2—Taf. 1, 9: nach Möbius 19�1, Abb. 2.

AnschriftDr.HüseyinCevizoğluEgeÜniversitesiEdebiyatFakültesi,ArkeolojiBölümü35100Bornovaİzmir/Tü[email protected]

Tafel 1  1–3: Bleimedaillon 1 aus Klazomenai — 4–6: Bleimedaillon 2 aus Klazomenai — 7: Bleimedaillon, in Istanbul erworben, München — 8: Bleimedaillon aus Ephesos, Wien — 9: Bleimedaillon aus Samos, verschollen.

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224 Hüseyin Cevizoğlu