Guideline conformity and outcome of inpatient treatment for schizophrenia: Ein Klinikvergleich

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Originalien B. Janssen 1 · S. Weinmann 1 · M. Berger 2 · M. Härter 2 · T. Held 3 · M. Leipert 4 H. J. Luderer 5 · M. Schwarz 6 · T. Steinert 7 · W. Gaebel 1 1 Rheinische Kliniken Düsseldorf, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf · 2 Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie mit Poliklinik, Universitätsklinik Freiburg 3 Rheinische Kliniken Bonn · 4 Rheinische Kliniken Langenfeld · 5 Klinikum am Weissenhof Weinsberg · 6 Psychiatrisches Zentrum Nordbaden, Wiesloch 7 Zentrum für Psychiatrie Weissenau, Ravensburg Leitlinienkonformität und Behandlungsergebnisse in der stationären Schizophreniebehandlung Ein Klinikvergleich Nervenarzt 2005 · 76:315–326 DOI 10.1007/s00115-004-1774-8 Online publiziert: 24. Juli 2004 © Springer Medizin Verlag 2005 In der psychiatrischen Versorgung er- fährt die Diskussion um Behandlungsva- riationen, Behandlungsqualität und Leitli- nienkonformität verstärkte Aufmerksam- keit. Die Forderung nach mehr Qualität und Effizienz im Gesundheitswesen be- trifft auch die psychiatrische Behandlung, für die bisher keine sektorübergreifenden strukturierten Behandlungsprogramme vorliegen. Da psychische Erkrankungen und Befindlichkeitsstörungen häufig ei- nen chronischen Verlauf haben und einen hohen Anteil an den GKV-Ausgaben aus- machen, besteht ein zunehmendes Interes- se an einer Gegenüberstellung der Kosten- und Nutzenaspekte psychiatrischer Versor- gungssysteme und einzelner Institutionen wie den psychiatrischen Kliniken. Qualitätssicherung in der Psychiat- rie umfasst alle Aspekte therapeutischen Handelns von der Diagnostik bis zur In- dikationsstellung und Durchführung the- rapeutischer, rehabilitativer und präventi- ver Maßnahmen unter Berücksichtigung ihrer versorgungspolitischen und regio- nalspezifischen institutionellen Rahmen- bedingungen [2, 3]. Behandlungsleitlini- en, die zunehmend systematisch und un- ter Berücksichtigung der Kriterien der evi- denzbasierten Medizin entwickelt werden, sind wirksame Instrumente der Qualitäts- sicherung, wenn sie auf geeignete Weise implementiert und als strukturierte Ent- scheidungshilfen verwendet werden [8, , 2, 5]. In Deutschland wurden neben der Leitlinienentwicklung eine Reihe von For- schungsprojekten zur ambulanten und sta- tionären Qualitätssicherung in der Psychi- atrie durchgeführt [4, 6, 22, 3, 32], wel- che die Anwendbarkeit dieser Maßnah- men und Instrumente auch in der psych- iatrischen Versorgung gezeigt haben. Eine idealtypische Ausgestaltung quali- tätssichernder Maßnahmen in der Psychi- atrie muss insbesondere in der Behand- lung der Schizophrenie, die nach wie vor die größte Gruppe der stationär-psychia- trischen Patienten darstellt und einer der teuersten psychischen Erkrankung ist, vor dem Hintergrund zweier Problemfelder betrachtet werden: . Die Definition der Ergebnisqualität ist aufgrund der starken Abhängig- keit des Behandlungsverlaufs von per- sönlichen Charakteristika der Betrof- fenen, der teilweise subjektiven Ein- schätzung psychopathologischer Be- funde und der zunehmenden Forde- rung nach einer mehrdimensionalen Ergebnis- und Qualitätsbetrachtung unter Einschluss der Lebensqualität, der Bedürfnisse und sozialer Faktoren [8] ungleich schwerer als in der soma- tischen Medizin. 2. Bei einer auch in Deutschland nur teil- weisen Integration der am Gesamtbe- handlungsprozess beteiligten psychia- trischen und nichtpsychiatrischen In- stitutionen kann der Beitrag der sta- tionären Therapie zum gesamten Be- handlungsverlauf nur im Zusammen- hang mit den anderen Versorgungsbe- standteilen gesehen werden und wird auch wesentlich durch die Behand- lungsvorgeschichte und das sonstige Behandlungsumfeld mitbestimmt. Die Vielfalt der bekannten und unbekann- ten Einflüsse auf Krankheitsverlauf- und - prognose, die häufig auch außerhalb der Kontrolle der versorgenden Institutionen lie- gen, machen eine Berücksichtigung dieser Faktoren erforderlich. Dies wurde im Rah- 315 Der Nervenarzt 3 · 2005 |

Transcript of Guideline conformity and outcome of inpatient treatment for schizophrenia: Ein Klinikvergleich

Originalien

B. Janssen1 · S. Weinmann1 · M. Berger2 · M. Härter2 · T. Held3 · M. Leipert4

H. J. Luderer5 · M. Schwarz6 · T. Steinert7 · W. Gaebel1

1 Rheinische Kliniken Düsseldorf, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf · 2 Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie mit Poliklinik, Universitätsklinik Freiburg 3 Rheinische Kliniken Bonn · 4 Rheinische Kliniken Langenfeld · 5 Klinikum am Weissenhof Weinsberg · 6 Psychiatrisches Zentrum Nordbaden, Wiesloch 7 Zentrum für Psychiatrie Weissenau, Ravensburg

Leitlinienkonformität und Behandlungsergebnisse in der stationären Schizophreniebehandlung Ein Klinikvergleich

Nervenarzt 2005 · 76:315–326DOI 10.1007/s00115-004-1774-8Online publiziert: 24. Juli 2004© Springer Medizin Verlag 2005

In der psychiatrischen Versorgung er-fährt die Diskussion um Behandlungsva-riationen, Behandlungsqualität und Leitli-nienkonformität verstärkte Aufmerksam-keit. Die Forderung nach mehr Qualität und Effizienz im Gesundheitswesen be-trifft auch die psychiatrische Behandlung, für die bisher keine sektorübergreifenden strukturierten Behandlungsprogramme vorliegen. Da psychische Erkrankungen und Befindlichkeitsstörungen häufig ei-nen chronischen Verlauf haben und einen hohen Anteil an den GKV-Ausgaben aus-machen, besteht ein zunehmendes Interes-se an einer Gegenüberstellung der Kosten- und Nutzenaspekte psychiatrischer Versor-gungssysteme und einzelner Institutionen wie den psychiatrischen Kliniken.

Qualitätssicherung in der Psychiat-rie umfasst alle Aspekte therapeutischen Handelns von der Diagnostik bis zur In-dikationsstellung und Durchführung the-rapeutischer, rehabilitativer und präventi-ver Maßnahmen unter Berücksichtigung ihrer versorgungspolitischen und regio-nalspezifischen institutionellen Rahmen-bedingungen [2, 3]. Behandlungsleitlini-en, die zunehmend systematisch und un-

ter Berücksichtigung der Kriterien der evi-denzbasierten Medizin entwickelt werden, sind wirksame Instrumente der Qualitäts-sicherung, wenn sie auf geeignete Weise implementiert und als strukturierte Ent-scheidungshilfen verwendet werden [8, , 2, 5]. In Deutschland wurden neben der Leitlinienentwicklung eine Reihe von For-schungsprojekten zur ambulanten und sta-tionären Qualitätssicherung in der Psychi-atrie durchgeführt [4, 6, 22, 3, 32], wel-che die Anwendbarkeit dieser Maßnah-men und Instrumente auch in der psych-iatrischen Versorgung gezeigt haben.

Eine idealtypische Ausgestaltung quali-tätssichernder Maßnahmen in der Psychi-atrie muss insbesondere in der Behand-lung der Schizophrenie, die nach wie vor die größte Gruppe der stationär-psychia-trischen Patienten darstellt und einer der teuersten psychischen Erkrankung ist, vor dem Hintergrund zweier Problemfelder betrachtet werden:

. Die Definition der Ergebnisqualität ist aufgrund der starken Abhängig-keit des Behandlungsverlaufs von per-sönlichen Charakteristika der Betrof-

fenen, der teilweise subjektiven Ein-schätzung psychopathologischer Be-funde und der zunehmenden Forde-rung nach einer mehrdimensionalen Ergebnis- und Qualitätsbetrachtung unter Einschluss der Lebensqualität, der Bedürfnisse und sozialer Faktoren [8] ungleich schwerer als in der soma-tischen Medizin.

2. Bei einer auch in Deutschland nur teil-weisen Integration der am Gesamtbe-handlungsprozess beteiligten psychia-trischen und nichtpsychiatrischen In-stitutionen kann der Beitrag der sta-tionären Therapie zum gesamten Be-handlungsverlauf nur im Zusammen-hang mit den anderen Versorgungsbe-standteilen gesehen werden und wird auch wesentlich durch die Behand-lungsvorgeschichte und das sonstige Behandlungsumfeld mitbestimmt.

Die Vielfalt der bekannten und unbekann-ten Einflüsse auf Krankheitsverlauf- und -prognose, die häufig auch außerhalb der Kontrolle der versorgenden Institutionen lie-gen, machen eine Berücksichtigung dieser Faktoren erforderlich. Dies wurde im Rah-

315Der Nervenarzt 3 · 2005 |

men eines vom Bundesgesundheitsministe-riums geförderten Forschungsprojektes sys-tematisch evaluiert und demonstriert [22].

Qualitätssicherungsmaßnahmen für die stationäre Versorgung sind im Gesund-heitsstrukturgesetz beschlossen worden und nach §35a und 37 SGB V verbind-lich geregelt. Die Beteiligung an solchen Maßnahmen ist für jede Klinik obligat. Al-lerdings gibt es bisher keine einheitlichen konkreten Vorgaben zur Ausgestaltung von Qualitätssicherungsmaßnahmen, zur Erhebung der den Instrumenten zugrun-de liegenden Daten und zu den zu verwen-denden Indikatoren der Prozess- und Er-gebnisqualität. Daher sind weiterhin Studi-en einerseits zur Evaluation des Einflusses qualitätsverbessernder Prozesse auf das Behandlungsergebnis insgesamt und da-mit zur konkreten Ausgestaltung des Qua-litätsmanagements und andererseits zur prospektiven Validität von Prozess- und Qualitätsindikatoren erforderlich [20].

Methoden

Die vorliegende Untersuchung basiert auf den Daten des Teilprojektes „Leitlinienge-stütztes Qualitätsmanagement in der sta-tionären Schizophreniebehandlung“ im Rahmen des vom BMBF geförderten Kom-petenznetzes Schizophrenie (KNS). Die Studienzentrale befand sich an den Rhei-nischen Kliniken Düsseldorf, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychothe-rapie der Heinrich-Heinrich-Universität (Projektleitung: Prof. Dr. W. Gaebel, Dr. B. Janssen).

An dem Projekt nahmen ursprünglich 8 Kliniken, davon 4 in Nordrhein-Westfa-len und 4 in Baden-Württemberg teil. Ei-ne nordrhein-westfälische Klinik setzte je-doch die Teilnahme am Projekt aufgrund von Rekrutierungsproblemen nicht fort, so dass 7 Kliniken in die Auswertung ein-geschlossen wurden.

Primäre Ziele des Projektes waren,F zu untersuchen, welche Behandlungs-

variationen und Unterschiede in den Behandlungsergebnissen bei der Schi-zophreniebehandlung in deutschen psychiatrischen Kliniken existieren und wie hoch die Leitlinienkonformi-tät bei ausgewählten Behandlungspro-zessen ist und

F Behandlungsergebnisse mit dem Aus-maß an Leitlinienkonformität in aus-gewählten Indikationsbreichen zu kor-relieren, um Anwendungsbereiche für spezifische Qualitätsmanagementin-strumente zur Verbesserung der statio-nären Schizophreniebehandlung zu finden.

Einschlusskriterien und Untersuchungsablauf

Einschlusskriterium für die Patienten war das Vorliegen einer psychotischen Stö-rung nach ICD-0 (F2X.XX), d. h. einer Schizophrenie, einer schizoaffektiven Stö-rung oder einer sonstigen wahnhaften Stö-rung. Patienten mit organischer Psychose oder einer drogeninduzierten Psychose wurden nicht eingeschlossen. Die Patien-ten waren zwischen 8 und 65 Jahre alt. Je-dem Teilnehmer wurde eine anonymisier-te Studiennummer zugeteilt, Personen-daten wie Namen oder Initialen wurden nicht erfasst. Alle Patienten wurden vor Teilnahme über das Ziel und die Metho-den der Studie eingehend aufgeklärt.

Bis Oktober 2000 wurden die Kliniken rekrutiert, die Erhebungsinstrumente er-stellt, in Zusammenarbeit mit den betei-ligten Kliniken überarbeitet und Rahmen-bedingungen für die Implementierung der Qualitätsmanagementstrukturen in den Kliniken geschaffen. Die behandeln-den Ärzte in den jeweiligen Kliniken wur-den mittels PANSS-Rater-Trainings zu Be-ginn der Studie geschult. Die Interrater-Re-liabilität nach der Methode von Kay [3, 24] lag insgesamt zuletzt bei 0,7 und war da-mit ausreichend.

Zwischen Januar 200 und März 2002 wurden in 2 Erhebungsstaffeln konsekutiv alle Patienten, die den Einschlusskriteri-en genügten, vom behandelnden Arzt mit dem Erhebungsinstrumentarium struktu-riert dokumentiert. Die Dokumentation schloss soziodemographische, anamnes-tische und psychopathologische Daten der Patienten und im weiteren Verlauf Da-ten zu medikamentösen und nichtmedi-kamentösen Behandlungsprozessen und einer Reihe von Ergebnisparametern ein. Die Aufnahmedokumentation fand inner-halb der ersten 3 Tage nach Aufnahme statt, woran sich in wöchentlichem Rhyth-mus die Verlaufsdokumentation und die

Abschlussdokumentation anschlossen. Die vorliegende Auswertung bezieht sich auf die erste Erhebungsstaffel vor Beginn der Qualitätsmanagementintervention. Dies bedeutet, dass die behandelnden Ärz-te keine spezifischen Leitlinienfortbildun-gen erhielten.

Ergebnis- und Prozessparameter

Primärer Ergebnisparameter beim Klinik-vergleich war der PANSS-Gesamt-Score [24] bei Entlassung, bereinigt um Patien-tenmerkmale, die sich in regressionsana-lytischer Auswertung als für den Entlas-sungswert prognostische Einflussfakto-ren herausstellten (Case-Mix-Variablen). Sekundäre Ergebnisparameter waren das soziale Funktionsniveau bei Entlassung nach dem Global Assessment of Functio-ning (GAF) [29] und folgende PANSS-Subscores [2]:

F PANSS-Schizophrenie-Subscore (be-stehend aus den PANSS-Items: forma-le Denkstörung, Halluzinationen, Grö-ßenideen, ungewöhnliche Denkinhal-te, Anspannung, Erregtheit, Manie-riertheit und Posieren, Misstrauen/Verfolgungsideen, Feindseligkeit und unkooperatives Verhalten),

F PANSS-Depressions-Subscore (Items: Sorge um Gesundheit, Angst, Schuld-gefühle und Depression).

Die Behandlungsprozesse wurden folgen-dermaßen definiert: Die Angaben zur me-dikamentösen Therapie beziehen sich auf die Medikation, die der Patient bei Entlas-sung erhielt und die auch für die ambulan-te Weiterbehandlung verschrieben wurde. Psychotherapeutische und andere nichtme-dikamentöse Therapieverfahren wurden dann als im Rahmen des stationären Auf-enthaltes durchgeführt betrachtet, wenn sie mindestens 3-mal beim jeweiligen Pati-enten zur Anwendung kamen. Die ambu-lante Weiterbetreuung bezieht sich auf die ärztliche und/oder psychotherapeutische Weiterbetreuung, die dem Patienten emp-fohlen wurde oder die der Patienten oder der Arzt unter Kontaktaufnahme in die Wege geleitet hat.

Zur Darstellung der Leitlinienkonfor-mität in den ausgewählten Indikations-bereichen wurde der Anteil der Patien-

316 | Der Nervenarzt 3 · 2005

Originalien

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ten ermittelt, der nach als relevant erach-teten Empfehlungen aktueller Leitlinien [, 6, 20, 26] entsprechend der Leitlini-enempfehlungen behandelt wurde. Als Ersterkrankte wurden Patienten mit der Aufnahmediagnose einer psychotischen Störung bezeichnet, die weder psychiat-rische Voraufenthalte hatten, noch auf-

grund einer psychotischen Erkrankung ambulant behandelt wurden. Da wöchent-lich PANSS-Rating-Scores bei allen Patien-ten vorlagen, konnten Entwicklungen im psychopathologischen Befund im Zeitver-lauf dargestellt werden. Eine vorhandene Negativsymptomatik wurde als „vorherr-schend“ bezeichnet, wenn der Negativ-

Score des PANSS den Positiv-Score über-wog. Schwere depressive Symptome wur-den angenommen, wenn bei einem Pati-enten eine schwere Ausprägung des PAN-SS-Items „Depression“ vorlag oder wenn das PANSS-Item „Depression“ als mittel-schwer geratet wurde und zusätzlich die PANSS-Items „Schuldgedanken“, „Angst“

Tabelle 1

Vergleich der Patientencharakteristika zwischen den Kliniken

Klinik A (n=107)

B (n=96)

C (n=106)

D (n=56)

E (n=132)

F (n=52)

G (n=48)

Geschlecht: w [%] 44 57 44 48 56 46 46

Durchschnittsalterb [Jahre] 39 40 43 36 39 43 40

Berufstätig (1. Arbeitsmarkt) [%] 12 15 11 14 21 14 17

Privatwohnungb,c [%] 80 85 75 93 79 67 80

Notunterkufta [%] 9 1 5 2 2 2 2

Ersterkrankted [%] 8 9 3 11 5 12 10

Suizidversuch in Vorgeschichte [%] 35 25 27 33 28 30 27

Psychiatrische Komorbiditätb [%] 33 21 18 23 8 23 15

Durchschnittliche Krankheitsdauerb [Jahre] 11,9 12,6 14,4 9 11,5 17,3 14,5

Anteil der Patienten mit mehr als 6 Voraufenthaltenb [%]

30 36 38 21 31 35 42

PsychKG (UBG) oder BTG bei Aufnahmeb [%]

51 33 65 0 15 21 10

a <0,05; b <0,005; c Bei Eltern, alleine oder in Neu-Familied Patienten ohne stationäre Voraufenthalte und ohne ambulante Vorbehandlung wegen psychotischer Erkrankung

Tabelle 2

Verschriebene Psychopharmaka bei Entlassung im Klinikvergleich (Anteil der Patienten in [%] in der jeweiligen Klinik, Mehrfachnennung möglich)

Klinik A (n=107)

B (n=96)

C (n=106)

D (n=56)

E (n=132)

F (n=52)

G (n=48)

Alle (n=597)

Typische Neuroleptika• Hochpotentb

• Mittelpotenta

• Niederpotentb

381119

441225

36 913

14 5 7

21 949

10 225

62510

281024

Depotmedikationb 30 8 20 4 17 19 10 17

Atypische Neuroleptika insgesamtb 51 69 56 84 55 81 83 64

Benzodiazepineb 42 40 34 11 14 17 15 27

Antidepressiva• Tri-/Tetrazyklika• SSRIb

5 2

3 9

4 2

423

3 5

019

617

4 9

Phasenprophylaktika• Lithiumb

• Valproinsäureb

• Carbamazepinb

11 612

1 2 8

7 2 8

5 9 0

17 8 2

617 6

2125 0

10 8 6

a <0,05; b <0,005

318 | Der Nervenarzt 3 · 2005

Originalien

oder „Sorge um körperliche Gesundheit“ mit schwer geratet wurde. Eine ausgepräg-te Denkstörung wurde definiert bei Vor-handensein eines addierten Scores von mehr als 20 in den PANSS-Items „for-male Denkstörungen“, „Halluzinationen“, „Schwierigkeiten beim abstrakten Denken“ und „ungewöhnliche Denkinhalte“.

Alle Medikamentendosierungen wur-den nach Baldessarini in Chlorproma-zin-Äquivalenz-Dosierungen umgerech-net [2]. Atypika wurden entsprechend der von den herstellenden pharmazeutischen Unternehmen empfohlenen Dosierungen und minimal effektiven Dosierungen in re-lative Chlorpromazin-Äquivalenzen um-gerechnet [33].

Statistische Methoden

Der Vergleich der Patientenmerkmale mit kategorialer Ausprägung zwischen den 7 Kliniken erfolgte mittels χ2-Tests auf ei-nem Signifikanzniveau von 0,05 mit α-Ad-justierung. Bei metrischen oder intervalls-kalierten Variablen wurden die Werte der verschiedenen Kliniken mittels einfaktori-eller Varianzanalyse (ANOVA) verglichen. SA bezeichnet die Standardabweichung. Beim Vergleich der Outcome-Variablen wurde zunächst der Aufnahmewert der jeweiligen Skala (PANSS mit Subscores und GAF) mittels Kovarianzanalyse (AN-COVA) berücksichtigt und kontrolliert. Außerdem wurden diejenigen Patienten-variablen in die Kovarianzanalyse als Ko-variate eingeschlossen, die sich im einfa-chen linearen Regressionsmodell (schritt-weiser Variablenausschluss, Signifikanzni-veau 0,05) als signifikant mit einem güns-tigeren Ergebnisparameter korrelierende Faktoren herausstellten. Neben soziodemo-graphischen Variablen, Psychopathologie, sozialem Funktionsniveau und psychiatri-scher Vorgeschichte wurden auch die Kli-nik und die logarithmierte Verweildau-er in das Regressionsmodell eingeschlos-sen. Auf diese Weise wurde versucht, ei-ne mögliche Verzerrung der Behandlungs-ergebnisse durch Besonderheiten der Kli-nikstruktur und Zeit- (d. h. Verweildauer-) abhängige Einflüsse zu vermindern. Die Einflussfaktoren für die Falladjustierung (Case-Mix-Adjustierung) der Behand-lungsergebnisse sind im Sinne einer Korre-

Zusammenfassung · Summary

Nervenarzt 2005 · 76:315–326DOI 10.1007/s00115-004-1774-8© Springer Medizin Verlag 2005

B. Janssen · S. Weinmann · M. Berger · M. Härter · T. Held · M. Leipert · H. J. Luderer M. Schwarz · T. Steinert · W. Gaebel

Leitlinienkonformität und Behandlungsergebnisse in der stationären Schizophreniebehandlung. Ein Klinikvergleich

ZusammenfassungBehandlungsergebnisse und Leitlinienkon-formität in ausgewählten Indikationsbe-reichen bei der stationären Schizophrenie-behandlung wurden anhand von 597 Pati-enten aus 7 psychiatrischen Kliniken syste-matisch dargestellt und verglichen. Es zeig-ten sich deutliche Unterschiede in der Pa-tientenstruktur und den angewandten Be-handlungsverfahren zwischen den Klini-ken. Patientenmerkmale, insbesondere die Psychopathologie bei Aufnahme und die Chronizität der Erkrankung stellten sich als die stärksten patientenbezogenen Prädik-toren für den klinischen Status bei Entlas-sung heraus. Eine Beurteilung der Behand-lungsqualität in den Kliniken mittels defi-nierter Indikatoren ist nur eingeschränkt und nach einer Case-Mix-Adjustierung un-

ter Berücksichtigung prognostisch relevan-ter Parameter möglich. In diesem Modell war ein ungünstigeres durchschnittliches Behandlungsergebnis im Klinikvergleich mit geringerer Leitlinienkonformität bei einer Reihe von Indikationsbereichen ver-bunden. Diese Ergebnisse unterstützen die Verwendung der Leitlinienkonformität in der Schizophreniebhandlung als zu verglei-chendes Klinikmerkmal zur datengestütz-ten internen Qualitätsoptimierung und las-sen die Entwicklung von Strategien zur Stei-gerung der Leitlinienorientierung sinnvoll erscheinen.

SchlüsselwörterSchizophrenie · Leitlinienkonformität · Qualitätsindikatoren · Klinikvergleich

SummaryPatient outcome and guideline conformity in inpatient schizophrenia treatment was systematically evaluated and compared with 597 patients across seven psychiat-ric hospitals. Patient structure and treat-ment processes showed a great variabili-ty between hospitals. Patient characteris-tics, especially mental state, and the chro-nicity of the disease were the strongest pre-dictors of clinical outcome. Outcome eval-uation using quality indicators is only pos-sible after case-mix adjustment taking in-

to account prognostic factors. A poorer av-erage clinical outcome was associated with lower guideline conformity in a variety of treatment domains. After case-mix adjust-ment, benchmarking is an opportunity to improve quality of treatment and promote guideline conformity.

KeywordsSchizophrenia · Guideline conformity · Quality indicator · Benchmarking

Guideline conformity and outcome of inpatient treatment for schizophrenia

319Der Nervenarzt 3 · 2005 |

lation und nicht notwendigerweise als kau-sal zu interpretieren.

Entsprechend des Beitrags zur Vari-anzaufklärung der Outcome-Parameter durch die einzelnen Kovariaten wurde für jeden Patienten ein erwarteter PAN-SS- und GAF-Entlassungswert berechnet. Der Klinikeinfluss wurde hierbei nicht be-

rücksichtigt, da das Ausmaß der Leitlini-enkonformität als Klinikmerkmal betrach-tet wurde. Der den Case-Mix berücksich-tigende durchschnittliche erwartete Ent-lassungswert für jede Klinik wurde dem tatsächlichen Wert gegenübergestellt.

Alle Auswertungen erfolgten mit dem Statistikprogramm SPSS, Version 0..

Ergebnisse

Patientenstruktur im Vergleich

Die Auswertung basiert auf den Daten der Patienten vor der Qualitätsmanagementin-tervention. Von den 674 dokumentierten Patienten aus 7 verschiedenen Kliniken la-

Tabelle 3

Stationär durchgeführte psychotherapeutische und andere nichtmedikamentöse Verfahren und empfohlene Weiterbehandlung im Klinikvergleich (Anteil der Patienten in [%] in der jeweiligen Klinik)

Klinik A (n=107)

B (n=96)

C (n=106)

D (n=56)

E (n=132)

F (n=52)

G (n=48)

Alle (n=597)

Psychoedukation Gruppeb 53 17 19 54 31 23 39 30

Kognitives Training Gruppeb 20 2 1 53 13 14 0 9

Entspannungstraining Einzelb 13 2 4 51 11 2 31 10

Soziales Kompetenztraininga 14 0 7 41 12 9 7 9

Angehörigengruppe 6 1 2 1 2 4 3 3

Ambulante Weiterbetreuung (Mehrfachnennung)• Keine bekannt oder angeregt• Hausarztb

• Nervenarztb

• Psychotherapeut• Ambulanz/Poliklinikb

3 675 412

9 758 416

31882 211

5218012 0

25984 1 0

54263 2 0

92880 0 0

42775 2 8

a <0,05; b <0,005

Tabelle 4

Leitlinienkonformität der Behandlung in ausgewählten Indikationsstellungen

Klinik A (n=107)

B (n=96)

C (n=106)

D (n=56)

E (n=132)

F (n=52)

G (n=48)

Alle (n=597)

Anteil der Ersterkranktenc, die mit atypischer Monotherapie entlassen wurdena [%]

38 44 33 67 83 83 40 54

Anteil der Ersterkranktenc, die mindestens 3 Wochen Psychoedukation erhielten [%]

75 56 33 72 100 100 30 68

Urindrogenassessment bei komorbider Substanzstörungb [%]

44 7 32 0 0 11 0 15

Wechsel auf Atypikum bei vorherrschender Negativsymptomatik unter Typikuma [%]

45 64 47 98 77 86 88 74

Nicht mehr als 4 psychotrope Medikamente bei Entlassung [%]

73 74 89 91 87 85 90 83

Mehrere Neuroleptika bei Entlassungb [%] 31 39 22 13 13 17 27 23

Neuroleptikadosierung bis max. 1000 Chlorpromazin-Äquivalented [%]

93 92 92 98 90 94 93 93

Adäquate Reaktion auf schwere depressive Syptomatika,e [%]

100 62 60 100 33 67 100 62

a <0,05; b <0,005; c Patienten ohne stationäre Voraufenthalte und ohne ambulante Vorbehandlung wegen psychotischer Erkrankungd Bei Gabe mehrer Neuroleptika wurden die Chlorpromazin-Äquivalenz-Dosen addiert, Atypika wurden entsprechen der empfohlenen Dosierungen umgerechnete Gabe eines Antidepressivums oder Wechsel der antisychotischen Medikation innerhalb von 2 Wochen bei Auftreten schwerer depressiver Symptome (Definition siehe Text) irgendwann im Verlauf des stationären Aufenthaltes

320 | Der Nervenarzt 3 · 2005

Originalien

gen bei 597 Patienten vollständige Daten vor, diese wurden in die Auswertung ein-geschlossen. Die Patientenstruktur der Stichprobe der 597 unterschied sich in kei-nem der untersuchten soziodemographi-schen, psychopathologischen und anam-nestischen Aufnahmemerkmalen von der Gesamtheit der 674 Patienten signifikant. Das Durchschnittsalter der 597 Patienten betrug 40,4 Jahre (SA=2,5); 49,6% waren weiblich. Das durchschnittliche Alter bei Beginn der psychiatrischen Erkrankung war 29,5 Jahre (SA=7,2). Die Patienten hatten durchschnittlich 6,6 (SA=0,5) sta-tionäre Voraufenthalte in psychiatrischen Kliniken; 32,2% hatten keinen oder ledig-lich einen Voraufenthalt, und 33,0% hat-ten mehr als 6 Voraufenthalte. 43 Patien-ten (7,2%) befanden sich zum ersten Mal aufgrund einer psychotischen Erkrankung in einer psychiatrischen Klinik (Ersterkran-kung).

Vierhundertdreiundfünfzig Patienten (75,9%) erhielten die Diagnose einer Schi-

zophrenie, 2 Patienten (8,8%) wurden mit einer schizoaffektiven Störung und 32 (5,3%) mit einer anderen psychotischen Störung gemäß ICD-0 diagnostiziert. Ne-ben der Primärdiagnose hatten 34 Patien-ten (22,5%) eine zusätzliche psychiatrische Erkrankung: 5,% hatten eine Substanz-abhängigkeit oder einen Substanzmiss-brauch, 2,5% eine Angst-, Anpassungs- oder Belastungsstörung und 3,0% zusätz-lich eine Persönlichkeitsstörung.

Die Patienten unterschieden sich in ih-ren Merkmalen bei Aufnahme signifikant zwischen den Kliniken (. Tabelle 1). Der Anteil der Patienten mit psychiatrischer Komorbidität, insbesondere komorbider Substanzstörung, der Anteil der Patien-ten, die mittels Betreuungsgesetz (BTG) oder mittels Unterbringungsgesetzen der Länder (PsychKG oder UBG) aufgenom-men wurden, die durchschnittliche Krank-heitsdauer und die Zahl der psychiatri-schen Voraufenthalte zeigte zwischen den Kliniken ein hohe Varianz. In der Gruppe

der Universitätskliniken A und D (n=2) war im Vergleich zu den Fachkranken-häusern (n=5) mit einer Ausnahme die Krankheitsdauer vor Aufnahme geringer, und es gab signifikant weniger Patienten mit mehr als 6 psychiatrischen Voraufent-halten (p<0,005). Auffällig waren auch der deutlich niedrigere Anteil an Aufnahmen nach PsychKG/UBG oder BTG in den ba-den-württembergischen im Vergleich zu den nordrhein-westfälischen Kliniken (p<0,005), was mit dem Einfluss unter-schiedlicher gesetzlichen Regelungen auf die klinische Praxis zu erklären ist.

Der mit dem PANSS gemessene psycho-pathologische Befund und das mit dem GAF gemessene soziale Funktionsniveau bei Auf-nahme war zwischen den Kliniken signifi-kant unterschiedlich (jeweils p<0,00).

Behandlungsprozesse

Insgesamt erhielten 95,3% der Patienten eine antipsychotische Medikation bei Ent-

Tabelle 5

Prädiktoren für den Gesamt-PANSS-Wert bei Entlassunga

Patientenvariable Nicht standardisierter β-Koeffizient

Signifikanz Konfidenzintervall Prädiktive Bedeutung

PANSS-Wert bei Aufnahme 0,5 <0,001 (0,41–0,59) Ungünstig

Ausgeprägte Denkstörung bei Aufnahmeb −1,09 <0,001 (−1,55–(−0,62)) Günstig

Arbeitet auf 1. Arbeitsmarkt −10,23 <0,001 (−15,05–(−5,41)) Günstig

Verweildauer (logarithmiert) −4,28 <0,001 (−5,48–(−3,07)) Günstig

Klinik B 7,3 <0,05 (2,48–12,12) Ungünstig

Dauer der Erkrankung in Jahren 0,19 <0,05 (0,03–0,35) Ungünstig

Klinik C 5,23 <0,05 (0,72–9,75) Ungünstig

a Einfache lineare Regression (n=597 Patienten)b Definiert als Gesamtscore höher als 20 in den PANSS-Items „formale Denkstörungen“, „Halluzinationen“, „Schwierigkeiten beim abstrakten Denken“ und „ungewöhnliche Denkinhalte“

Tabelle 6

Prädiktoren für GAF bei Entlassunga

Patientenvariable Nicht standardisieter β-Koeffizient

Signifikanz Konfidenzinterval Prädiktive Bedeutung

GAF-Wert bei Aufnahme 0,35 <0,001 (0,23–0,47) Günstig

Arbeitet auf 1. Arbeitsmarkt 9,07 <0,001 (4,72–13,43) Günstig

Klinik C −9,21 <0,001 (−10,35–(−5,08)) Ungünstig

Klinik B −9,43 <0,001 (−13,70–(−5,17)) Ungünstig

Verweildauer (logarithmiert) 2,78 <0,001 (1,23–4,33) Günstig

Dauer der Erkrankung in Jahren −0,21 <0,05 (−0,35–(−0,07)) Ungünstig

a Einfache lineare Regression (n=597 Patienten)

321Der Nervenarzt 3 · 2005 |

lassung. Beim Vergleich fast aller psycho-pharmakologischen Behandlungen erga-ben sich signifikante Unterschiede zwi-schen den Kliniken (. Tabelle 2). Die Ver-wendung typischer hochpotenter Antipsy-chotika bei Entlassung variierte zwischen einer Verschreibung von 6% und 44% der Patienten in den Kliniken. Während in ei-ner Klinik nur 4% der Patienten mit einer Depotmedikation (nur typische Antipsy-chotika) entlassen wurden, betrug der An-teil der Patienten mit Depotmedikation in einer anderen Klinik 30%.

Insgesamt kann auch von einer hohen Varianz in der Verschreibung atypischer Antipsychotika ausgegangen werden. Wäh-rend in einer Klinik 5% der Patienten mit einem Atypikum entlassen wurden, be-trug der Anteil der Atypika-Verschrei-bungen in einer anderen Klinik 84%. Im Durchschnitt wurde allerdings bei fast ei-nem Drittel der Patienten, die ein atypi-sches Antipsychotikum erhielten, zusätz-lich ein typisches Antipsychotikum ver-schrieben.

Neben der medikamentösen Behand-lung erhielten 75% der Patienten noch ein weiteres definiertes therapeutisches Ver-fahren während des stationären Aufent-haltes. Mit Ausnahme des in allen Klini-ken geringen Anteils an Patienten, deren

Angehörige in einer Angehörigengruppe waren, unterschied sich das Therapieange-bot erheblich, so dass davon auszugehen ist, dass die Anwendung der Verfahren primär von den vorhandenen Ressourcen und Schwerpunkten in der jeweiligen Kli-nik bestimmt wird (. Tabelle 3).

Während des Aufenthaltes wurde durch-schnittlich bei jedem 25. Patienten eine Fi-xierung vorgenommen. Zwischen 0 und 6,7% der Patienten in den Kliniken wur-den mindestens einmal fixiert. Auch der Anteil der Patienten mit Zwangsmedikati-on variierte zwischen 0,4% und 5,6%. Zwi-schen 3,% und 7,5% der Patienten entwi-chen während des stationären Aufenthal-tes (im Klinikdurchschnitt 5,5%). Die Un-terschiede in den Häufigkeiten der Fixie-rungen, der Zwangsmedikation und der Entweichungen waren statistisch signifi-kant (p<0,05). Es traten im Beobachtungs-zeitraum keine Todesfälle auf.

Leitlinienkonformität in ausgewählten Indikationsbereichen

Zur Darstellung der Leitlinienkonformi-tät wurden 8 relevante Indikationsberei-che ausgewählt (. Tabelle 4). Bei deutlich unterschiedlichem Anteil an Ersterkrank-ten in den Kliniken wurden zwischen 33%

und 83% davon mit einer atypischen anti-psychotischen Monotherapie entlassen. Dieser Unterschied zwischen den Klini-ken war signifikant (p<0,05). Zwischen 30% und 00% der Ersterkrankten wurde einzeln oder in einer Gruppe Psychoedu-kation in mindestens 3 Sitzungen angebo-ten.

Auch medikamentöse Umstellungsent-scheidungen wurden in den Kliniken un-terschiedlich getroffen. Wenn unter der Medikation mit einem typischen Antipsy-chotikum eine ausgeprägte Negativsym-ptomatik bestand, wurde durchschnitt-lich in 63% der Fälle von der typischen Antipsychotikamedikation auf ein Aty-pikum umgestellt. Das Spektrum reich-te zwischen den Kliniken jedoch von 45–98% (p<0,05). Bei initialer oder während der Behandlung neu auftretender schwe-rer depressiver Symptomatik wurde in 33–00% der Fälle ein Antidepressivum gege-ben oder innerhalb von 2 Wochen die anti-psychotische Medikation gewechselt.

Während in allen Klinken lediglich in geringem Ausmaß die Dosierung der An-tipsychotika die empfohlene Obergrenze von 000 Chlorpromazin-Äquivalenten überschritt (im Durchschnitt bei 7%), gab es deutliche Unterschiede im Anteil der Pa-tienten mit Polypharmazie, sowohl bezüg-

Tabelle 7

Zusammenhang zwischen Behandlungsergebnis und Leitlinienkonformität

Klinik A (n=107)

B (n=96)

C (n=106)

D (n=56)

E (n=132)

F (n=52)

G (n=48)

Rang bezüglich PANSS-Ergebnisa 4 7 6 2 3 1 5

Rang bezüglich GAF-Ergebnisb 5 7 6 4 2 3 1

Hohes Ausmaß von Leitlinienkonformität in Indikationsbereichenc

• Atypische Monotherapie bei Ersterkrankten • Psychoedukation bei Ersterkrankten• Drogenassessment bei Substanzstörung• Wechsel auf Atypika bei Negativsymtomatik unter Typika• Weniger als 4 psychotrope Medikamente bei Entlassung• Nicht mehr als 1 Neuroleptikum bei Entlassung• Neuroleptikadosierung nicht höher als 1000 CPZ• Adäquate Reaktion bei schwerer depressiver Symptomatik

NeinJaNeinNeinNeinNeinJaJa

NeinNeinNeinNeinNeinNeinJaNein

NeinNeinNeinNeinJaJaJaNein

NeinNeinNeinJaJaJaJaJa

JaJaNeinJaJaJaJaNein

JaJaNeinJaJaJaJaNein

NeinNeinNeinJaJaNeinJaJa

Anzahl der Bereiche mit überwiegend leitlinienkonformem Verhalten

3 von 8 1 von 8 3 von 8 5 von 8 6 von 8 6 von 8 4 von 8

a Der tatsächliche Gesamt-PANSS-Score wurde mit dem aufgrund des Case-Mix in der Klinik erwarteten durchschnittlichen PANSS-Wert verglichen, Rang 1 bedeutet bestes, Rang 7 schlechtestes Ergebnisb Der tatsächliche GAF-Score wurde mit dem aufgrund des Case-Mix in der Klinik erwarteten durchschnittlichen GAF-Score verglichen, Rang 1 bedeutet bestes, Rang 7 schlechtestes Ergebnisc Vgl. . Tabelle 4. Ein hohes Ausmaß an Leitinienkonformität wurde definiert als leitlinienkonformes Verhalten bei mindestens 75% der Behandlungsfälle

322 | Der Nervenarzt 3 · 2005

Originalien

lich aller psychotropen Medikamente als auch bezüglich der Antipsychotika. Bei durchschnittlich 23% der Patienten wur-de bei Entlassung mehr als Antipsychoti-kum verschrieben.

Ergebnisvariablen unter Berücksichtigung der Fallzusammensetzung (Case-Mix)

Es zeigten sich deutliche und signifikan-te Unterschiede in der Ausprägung der Psychopathologie und im sozialen Funk-tionsniveau zwischen den Kliniken. Die Entlassungs-PANSS-Werte (zwischen 50 und 68; helle Säulen der . Abb. 1) vari-ierten ebenso stark wie die Differenzen der Aufnahme- und Entlassungswerte (PANSS-Reduktionen zwischen 2 und 35 Punkte, p<0,00). Auch das soziale Funkti-onsniveau unterschied sich bei Entlassung (GAF-Werte zwischen 50 und 60; helle Säule der . Abb. 2), ebenso der Zugewinn während des Aufenthaltes (GAF-Differen-zen zwischen 3 und 27; p<0,00). Durch-schnittlich blieben die Patienten 4 Tage in der Klinik, die mittleren Verweildauern (von 37 Tagen in Klinik A und C bis 52 Ta-ge in Klinik D) waren zwischen den Klini-ken signifikant unterschiedlich (p<0,00).

Sowohl beim PANSS als auch beim GAF zeigte der Wert der jeweiligen Ska-la bei Aufnahme die stärkste Korrelation mit dem Entlassungswert. Während die Verweildauer, Arbeit auf dem . Arbeits-markt und eine kurze Erkrankungsdau-er sowohl mit einem günstigen PANSS- als auch GAF-Entlassungswert korrelier-te, war eine ausgeprägte Denkstörung bei Aufnahme lediglich mit einem günstigen PANSS-Entlassungswert verbunden. Deut-liche Klinikeinflüsse zeigten sich sowohl bei der PANSS als auch bei der GAF: Un-abhängig von Patientenvariablen hatten die Patienten in den Kliniken B und C im Durchschnitt höhere PANSS- und niedri-

gere GAF-Werte bei Entlassung (. Tabel-len 5 und 6).

Mit den prognostischen Faktoren wur-de ein Case-Mix-adjustierter PANSS und GAF-Erwartungswert für jeden Patienten berechnet. Vergleiche der durchschnittli-chen PANSS- und GAF-Erwartungswer-te entsprechend dem Case-Mix mit den tatsächlichen Werten der Skalen sind in . Abb. 1 und . Abb. 2 dargestellt. Das Ausmaß der jeweiligen Abweichungen der tatsächlichen von den erwarteten Werten war zwischen den Kliniken signifikant un-terschiedlich (p<0,00). Die Richtung der Abweichung der tatsächlichen von den er-warteten Werten war jedoch für jede Kli-nik bezüglich der beiden Outcome-Para-meter identisch.

Behandlungsergebnis und Leitlinienkonformität

Jeder Klinik wurde nach einem Vergleich der tatsächlichen Ausprägung der Psy-chopathologie (PANSS) und des Funkti-onsniveaus (GAF) mit dem Case-Mix-Er-wartungswert ein Rang zugeteilt. Nach dieser Definition zeigte Klinik F beim PANSS und Klinik G bei der GAF das beste Ergebnis. Vergleicht man diesen Rang mit der Anzahl der Indikationsbe-reiche, bei denen in mindestens 75% der Fälle eine leitlinienkonforme Behandlung erreicht wurde, zeigt sich, dass die Klini-

ken E und F, die sowohl bezüglich des PANSS auch des GAF überdurchschnitt-lich abschnitten, überwiegend leitlinien-konform therapierten (. Tabelle 7). In Kliniken, in denen sowohl bezüglich des PANSS als auch bezüglich des GAF schlech-ter als erwartete Ergebnisse vorlagen (Kli-nik B und C), war konsistent weniger leitli-nienkonformes Verhalten erkennbar.

Diskussion

In der Diskussion um angemessene und wirksame Verfahren der externen Qua-litätssicherung spielen Qualitätsindika-toren und die Umsetzung von Leitlini-enempfehlungen eine immer bedeutsame-re Rolle [20]. Obgleich Therapiestandards und Leitlinien nur einige von vielen Aspek-ten des Konstruktes Behandlungsqualität darstellen, sind sie wichtige Bestandteile auch des Wandels von einer Institutions- zu einer Personenzentriertheit der psych-iatrischen Versorgung [7]. Wissenschaft-lich fundierte Therapieverfahren führen institutionsübergreifend mit einer höhe-ren Wahrscheinlichkeit zu einer psycho-pathologischen und funktionellen Verbes-serung als andere. Die Mehrzahl der in Deutschland verwendeten Instrumente zur Messung der Qualität von einzelnen Behandlungsinstitutionen orientiert sich methodisch an den externen Qualitäts-vergleichen US-amerikanischer Versiche-

1 Zur Falladjustierung (Case-Mix) wurden der Gesamt-PANSS-Wert bei Aufnahme, die (loga-rithmierte) Verweildauer, Arbeit auf den ersten Arbeitsmarkt, eine ausgeprägte Denkstörung bei Aufnahme und die Dauer der Erkrankung berücksichtigt

2 Zur Falladjustierung (Case-Mix) wurden der GAF-Wert bei Aufnahme, Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt, die (logarithmierte) Verweildauer und die Dauer der Erkrankung berücksichtigt

Abb. 1 9 Gesamt- PANSS bei Entlas-sung: durchschnitt-licher (Case-Mix-) er-warteter und tatsächlicher Wert1. p<0,001, ANOVA

Abb. 2 9 Gesamt-GAF bei Entlassung: durchschnittlicher (Case-Mix-) erwarteter und tatsächlicher Wert2. p<0,001, ANOVA

323Der Nervenarzt 3 · 2005 |

rungsunternehmen [23]. Rein deskripti-ve Vergleiche zwischen Kliniken ohne Be-rücksichtigung der Patientenstruktur kön-nen jedoch zu unzulässigen Schlussfol-gerungen führen [2]. Eine Berücksichti-gung von Einflussfaktoren auf das Behand-lungsergebnis muss daher in Form einer Risiko- oder Case-Mix-Adjustierung er-folgen, vor deren Hintergrund die Versor-gungsprozesse und Behandlungsergebnis-se betrachtet werden. Die Validierung von Prozessindikatoren zeigte, dass erst nach Risikoadjustierung ein fairer Vergleich un-terschiedlicher Behandlungsinstitutionen in der Psychiatrie möglich ist [8, 9]. In ei-ner deutschen Untersuchung zum Kran-kenhausvergleich mittels Daten der Basis-dokumentation in der stationären Psychi-atrie (BADO) wurde gezeigt, dass insbe-sondere die Verweildauer von patientenbe-zogenen Variablen abhängt und eine aus-reichende methodisch hochwertige Adjus-tierung dieser Variablen notwendig ist [9]. Bei Vergleichen zwischen mehreren Insti-tutionen oder Regionen haben sich hierar-chische Modelle (Multilevel-Analysen) als sinnvoll erwiesen, in denen der Einfluss definierter Faktoren unterschiedlicher Or-ganisationsstufen auf das Behandlungser-gebnis oder die Verweildauer herausgear-beitet werden kann [7].

In der vorliegenden Arbeit wurden Be-handlungsprozesse und Ergebnisparame-ter bei 597 Patienten mit der Diagnose ei-ner Schizophrenie oder einer anderen psy-chotischen Erkrankung verglichen. So-wohl in der Pharmakotherapie als auch in der Durchführung anderer nichtmedika-mentöser therapeutischer Verfahren zeig-ten sich erhebliche Unterschiede zwischen den Kliniken.

Die PANSS- und GAF-Aufnahmewer-te korrelierten insgesamt stark mit den jeweiligen Werten bei Entlassung, ob-gleich sie nur jeweils etwa 20% der ge-samten Varianz der Entlassungsscores erklärten. Die patientenseitigen Prädik-toren für die Psychopathologie bei Ent-lassung unterschieden sich teilweise von denjenigen für das soziale Funktionsnive-aus. Daher kann, wie etliche Studien zur Prognose bei Schizophrenie zeigen, von einer partiellen Unabhängigkeit der Out-come-Merkmale im Sinne von open lin-ked systems ausgegangen werden [0, 30]. Gleichwohl stellt sich die Frage nach der

Auswahl der Ergebnisparameter, anhand derer die Qualität der Behandlungspro-zesse, welche auf unterschiedliche Berei-che wirken können, eingeschätzt werden sollte. Von Hanson wurden 4 Outcome-Dimensionen vorgeschlagen, die bei der Beurteilung psychiatrischer Institutionen und Dienste in Betracht gezogen werden sollten [8]:

F klinische Messinstrumente für die Psy-chopathologie,

F das soziale Funktionsniveau, F die Befriedigung der Bedürfnisse der

Patienten undF die Lebensqualität

Die gleichzeitige Verwendung von zwei dieser Ergebnisparameter im Rahmen der vorliegenden Studie lässt die unge-klärte Frage nach deren jeweiligem Stel-lenwert und Gewichtung zutage treten. Je nach den Zielen des Klinikvergleichs kön-nen daher unterschiedliche Schlussfolge-rungen gezogen werden. Insbesondere je-doch für interne Qualitätssicherungspro-zesse kann die Verwendung unterschiedli-cher Outcome-Parameter Schwachstellen und Stärken besser offen legen. Auf diese Weise können die Themenfindung für kli-nikinterne Qualitätszirkel erleichtert als auch beispielsweise Wirkungen qualitäts-sichernder Interventionen in Bereichen nachgewiesen werden, die der Messung mittels psychopathologischer Skalen nicht zugänglich sind.

In der vorliegenden Untersuchung konnte in ausgewählten Indikationsberei-chen eine Beziehung zwischen Behand-lungsergebnissen und Leitlinienkonfor-mität hergestellt werden. Kliniken mit un-günstigeren Ergebnissen therapierten in einer geringeren Anzahl von Indikations-bereichen leitlinienkonform als die Ver-gleichskliniken. Allerdings unterschieden sich die Behandlungsergebnisse in den Kli-niken je nach verwendetem Ergebnispara-meter, so dass ein durchgehender dimen-sionsübergreifender Zusammenhang zwi-schen Leitlinienkonformität und guter Ergebnisqualität nicht gefunden werden konnte. Die Untersuchung einer direkten kausalen Beziehung erfordert stets eine Randomisierung von Patienten in unter-schiedliche Therapiegruppen oder Institu-tionen.

Die Verweildauer in den Kliniken, die sich im Durchschnitt im Vergleich zur Si-tuation vor 4 Jahren [22] um etwa 0 Tage auf 42 Tage reduzierte, kann ja nach Per-spektive abhängige (Ergebnis-) als auch unabhängige (Prozess-)Variable sein. Bei unterschiedlicher Behandlungsdau-er kann die Zeitabhängigkeit der Besse-rung der psychotischen Symptome in un-terschiedlichem Maße zum Tragen kom-men, so dass die Berücksichtigung der Verweildauer als unabhängiger Einfluss-variable in jedem Fall erforderlich ist. Klinikexterne bzw. von der Behandlung unabhängige Faktoren können zu einer schnelleren Entlassung führen, was sich in einem reduzierten Angebot an sonsti-gen therapeutischen Maßnahmen, einer ungünstigeren Psychopathologie bei Ent-lassung oder auch in Besonderheiten der Psychopharmakotherapie niederschlagen kann. Eine isolierte Betrachtung der Ver-weildauer als zentralem Ergebnisparame-ter ist insbesondere in einem Gesundheits-system mit strikter Trennung der ambu-lanten von der stationären Gesundheits-versorgung nicht adäquat.

Die Problematik systematischer fal-scher Schlussfolgerungen bei Kranken-hausvergleichen in der Psychiatrie, die auf aggregierten Daten basieren, ist be-kannt [8]. An einen sinnvollen Institutio-nenvergleich wird die Anforderung ge-stellt, dass tatsächliche Unterschiede nicht durch konfundierende Variablen verdeckt oder künstliche Unterschiede geschaffen werden. Hierbei könnte die Modellierung von Mehr-Ebenen-Analysen zur besse-ren Transparenz beitragen und durch ei-ne sinnvolle Kontrolle von nicht beein-flussbaren Patientenfaktoren Aktionsfel-der für eine evidenzbasierte Veränderung klinischer und organisatorischer Prozes-se eröffnen [7]. Die Ergebnisse der vorlie-genden Untersuchung rechtfertigen die Verwendung des Konstruktes „Leitlinien-konformität“ als zu vergleichendes Klinik-merkmal in Mehr-Ebenen-Analysen. Al-lerdings müssen derartige Krankenhaus-vergleiche auch Kostenindikatorvariablen wie Personalausstattung berücksichtigen. Zunehmend gewinnen auch gesundheits-ökonomische Aspekte an Bedeutung, die den Stellenwert der stationären Behand-lung als Kostentreiber im gesamten psych-iatrischen Versorgungssystem hinterfra-

324 | Der Nervenarzt 3 · 2005

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gen und auch zu einer verstärkten Leitlini-enorientierung führen können [25].

Aus dem Studiendesign ergeben sich für die Interpretation der Ergebnisse fol-gende Einschränkungen: Es ist nicht aus-zuschließen, dass Kliniken mit einer tat-sächlich besseren oder schlechteren Be-handlungsqualität systematisch bestimm-te Besonderheiten ihres Patientenklientels aufweisen, die jedoch die Ergebnisqualität nicht beeinflussen. Dies könnte ohne Ver-wendung einer Mehr-Ebenen-Analyse möglicherweise zur Ermittlung falscher Einflussfaktoren führen und die Erwar-tungswerte aufgrund des Patienten-Case-Mix verschieben. Ein Abgleich der in den Modellen evaluierten Faktoren mit den in der Literatur angegebenen ist daher be-deutsam. Die in dieser Studie verwende-ten Case-Mix-Variablen spiegeln, wie auch in verschiedenen evaluierten Model-len der Risikoadjustierung in der Psychiat-rie [2], insbesondere die Chronizität der Erkrankung wider. In die Studie wurden lediglich Patienten aufgenommen, die zu Beginn der stationären Aufnahme eine Di-agnose aus dem F2X.XX-Bereich der ICD-0 erhielten. Drogenindizierte Psychosen stellten ein Ausschlusskriterium dar. Pati-enten, bei denen sich ein Diagnosewech-sel im Verlauf der stationären Aufenthal-tes ergab, der eine nachträgliche Berück-sichtigung in der vorliegenden Studie ge-rechtfertigt hätte, wurden nicht ausgewer-tet. Stichproben zeigten jedoch, dass der Anteil der Diagnosewechsler an den mit einer F2X.XX-Diagnose Entlassenen ge-ring ist, so dass die Studienpopulation ins-gesamt repräsentativ erscheint. Die außer-gewöhnlich hohe Rate an Urinanalysen auf Drogen in den 2 Kliniken, welche die höchste Komorbidität mit Substanzstörun-gen aufwiesen (Klinik A und C), weist je-doch auf unterschiedliche Klassifikations-muster mit Bezug zur Komorbidität bzw. Psychoseinduktion durch Substanzmiss-brauch hin, was auch Einfluss auf die Be-handlungsprozesse haben kann.

Da alle ausgewerteten Patienten inner-halb eines Zeitraums von 9 Monaten re-krutiert wurden, kann nicht von einem Kohorteneffekt durch Zeitverschiebungen in der Dokumentation ausgegangen wer-den. Allerdings müssen insbesondere die Angaben zur medikamentösen Therapie vor dem Hintergrund derzeit rascher Än-

derungen in den Verschreibungsgewohn-heiten und der Verfügbarkeit neuer Psy-chopharmaka betrachtet werden.

Zusammenfassend zeigen die Ergeb-nisse der vorliegenden Studie, dass für einen aussagekräftigen Klinikvergleich in der Schizophreniebehandlung sowohl Ergebnis- und Prozessdaten als auch pa-tientenbezogene Variablen erhoben wer-den müssen, um eine Einschätzung der Besonderheiten der jeweiligen Kliniken und der Behandlungsqualität zu ermög-lichen. Im Klinik-Benchmarking ist für die einzelne Klinik eine Orientierung an quantitativen Bezugsgrößen und Durch-schnittswerten anderer vergleichbarer Kliniken als auch eine Einordnung der ei-genen Prozesse und Ergebnisse anhand des Vergleichs mit externen und validier-ten Qualitätsindikatoren möglich. Mit den vorliegenden Ergebnissen erscheint es berechtigt, das Ausmaß der Leitlini-enkonformität in unterschiedlichen In-dikationsbereichen zwischen verschiede-nen Behandlungsinstitutionen zu verglei-chen, um Hinweise auf Schwachstellen zu gewinnen. Eine einfache Verknüpfung leitlinienkonformen Verhaltens bei defi-nierten Indikationsbereichen mit dem Be-handlungsergebnis bezüglich bestimmter Ergebnisparameter ist jedoch nicht mög-lich. Eine geringe Leitlinienkonformi-tät war allerdings konsistent mit einem schlechteren Behandlungsergebnis im klinischen als auch sozialen Funktionsbe-reich verbunden. Um dem internen Qua-litätsmanagement psychiatrischer Klini-ken eine solide Datengrundlage zu geben und verschiedene Qualitätsmanagemen-tinterventionen vergleichen zu können, sollten ein Grundstock an Struktur-, Pro-zess- und mehrdimensionalen Ergebnis-variablen aus Routinestatistiken und Mo-dellerhebungen von Projektzentren zur Verfügung gestellt, Methoden der Fallad-justierung einheitlich angewendet und der Beurteilung ein Vergleich mit Thera-pieempfehlungen nationaler Leitlinien zu-grunde gelegt werden. Eine umfassende Beurteilung der Qualität der Schizophre-niebehandlung ist jedoch nur mit institu-tionenübergreifenden Evaluationen mög-lich, in denen die gesamte Behandlungs-kette in Bezug auf die für die Betroffenen wichtigen langfristigen Behandlungser-gebnisse im Zentrum steht.

Korrespondierender AutorDr. B. Janssen

Rheinische Kliniken Düsseldorf, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Heinrich-Heine- Universität Düsseldorf, Bergische Landstraße 2, 40629 Düsseldorf E-Mail: [email protected]

Danksagung

Diese Untersuchung ist Bestandteil des Kompetenznetzes Schizophrenie (Sprecher: Prof. Dr. Wolfgang Gaebel) und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert (Kennzeichen: 01 GI 993x).

Interessenkonflikt: Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in dem Artikel ge-nannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenz-produkt vertreibt, bestehen.

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