"Du kommst hier nicht rein!" – Neue Erkenntnisse zu den Befestigungsanlagen am Hinteren Berg bei...

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HEIMATKUNDLICHE STREIFZÜGE Schriftenreihe des Landkreises Roth Heft 33 • 2014 1

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HEIMATKUNDLICHE STREIFZÜGE

Schriftenreihe des Landkreises Roth • Heft 33 • 2014

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Inhalt

Thomas Link, Markus Roth, Markus Schußmann „Du k o m m s t hier nicht rein!" Neue Erkenntn isse zu den Befes t igungsan lagen am Hinteren Berg bei Landersdor f Fo rschungsgesch ich ten mit (Reiter-)Hindernissen 4

Manfred Horndasch Ein f rühmit te la l ter l icher Wall als Schu tz gegen die Ungarneinfä l le 15

Albert Rösch Schicksa le aus d e m Ersten Weltkr ieg Dargestel l t anhand der Sammingen von Kaspar Eigner, La ibs tadt 29

Claus Wittek Wel tk r iegsausbruch 1914: Leonhard Kühnle in und Leonhard Bergmann Zwe i Einzelschicksale aus Eckersmühlen 34

Robert Unterburger Ein Kriminalfal l aus d e m Jahre 1758 42

Paula Waffler Was Minet tenhe im so besonders mach t Die Gewerbeko lon ie Mine t tenhe im unter d e m Freiherrn von Eckart in der Zeit von 1789 bis 1798 50

Gertrud Weber Ein Pfarrherr in Bar the lmesaurach 1 8 0 4 - 1 8 2 8 61

Hermann Lahm Die roman ische Kirche St. Mart in in Gred ing Eine sehr subjekt ive Beschre ibung 69

Otto Heiß Flaschenpost in der Drei fa l t igkei tskapel le Euerwang 75

Norbert Herler, Eva Schultheiß Die Kar ten des Amtes He ideck 78

Robert Unterburger In format ionsfahr t der He imatkund ler führ te nach Mi l tenberg, Wer the im und H o m b u r g am Main 89

Buchbesprechungen 93

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Thomas Link, Markus Roth, Markus Schußmann

„Du kommst hier nicht rein!" Neue Erkenntnisse zu den Befestigungs­

anlagen am Hinteren Berg bei Landersdorf Forschungsgeschichte mit (Reiter-)Hindernissen

Der sogenannte Hintere Berg ist als Ge ländesporn unwei t west l i ch von Landersdor f aus d e m Albtrauf herausgeschn i t ten . Er weis t mit se i ­ner Spi tze nach Osten und besitzt in d iese Richtung auch ein f laches Ge­fäl le, sodass er weder von der Jura­hochf läche noch v o m Tal der hier vorbei f l ießenden Thalach aus ex­poniert erscheint . Seine Unauf fä l -l igkeit w i rd auch der lokalen m ü n d ­l ichen Über l ie ferung gerecht , in der er wahrsche in l i ch seit d e m Mi t te l ­

alter unter der Beze ichnung „d ie Be rch " (von „bergen" ) als Fl iehburg bekannt ist. Dieser Rolle als Refu-g ium für Notzei ten konnte die A n ­höhe zum Teil schon durch ihre na­tür l ich geschütz te und in gewisser Weise auch vers teck te Lage gerecht werden , denn für eine mi l i tär isch ungeüb te , en tsp rechend sch lecht ausgerüste te und woh l auch nicht übermäßig zahlreiche ländl iche Be­vö lkerung stellt das Unen tdeck tb le i -ben stets den besten Schutz dar.

Abb. 1: Hinterer Berg (rot umrandet) bei Landersdorf, Gemeinde Thalmässing. Grundlage: Topographische Karte M. 1 : 50 000. © Bayerische Vermessungsverwal­tung (http://geodaten.bayern.de)

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Da sich der Sporn j edoch zur H o c h ­f läche öffnet, waren zusätz l iche künst l iche Fort i f ikat ionen (Befest i ­gungen) uner lässl ich. Sie gehören untersch ied l ichen Ze i tper ioden an und präsent ieren s ich als ein gestaf­fe l tes Sys tem aus Wäl len und in den Kalkfels gehauenen Gräben, die s ich te i lweise heute noch im Gelände a b ­zeichnen.^ Dennoch war der [Hintere Berg erst Ende der 1930er Jahre als a rchäo log isches Bodendenkma l er­kannt und durch den Laienforscher Franz Kerl der Naturh is tor ischen Ge­sel lschaft (NHG) Nürnberg bekannt gemach t wo rden . Die w issenschaf t ­l iche Er forschung wu rde unter deren Lei tung in Angri f f g e n o m m e n , und bereits im Jahr 1941 legten Hans Walter Ehrngruber, Walter Ul lmann und Franz Kerl einen 3 m breiten Grabungsschn i t t an , um die noch am besten s ichtbare - w ie wir heu ­te w issen : hochmi t te la l ter l iche - Be ­fes t igung zu untersuchen (Abb. 2: 2,6,7)} Weitere archäo log ische Ar­bei ten wurden durch den Krieg ver­eitelt.

Erst 1988 bis 1991 fo rsch te man unter der Lei tung von John P. Zeit ler weiter, n a c h d e m Lesefunde von Kar l -Heinz Denzler und die Revision der S a m m ­lung der N H G zahlre iche Fragen zur Dat ierung der G rabungsbe funde

au fgewor fen hat ten. Au fg rund dieser neuen Ausg rabungen der N H G (Abb. 3, Grabung 1988-91) konnte ein w e i ­terer, den mit te la l ter l ichen St rukturen west l ich vorgelagerter und im Ge län­de ebenfal ls noch s ichtbarer Graben ins Spätneo l i th ikum dat iert we rden . Ferner ge lang es, den öst l ich nach ­ge lager ten, f lachen Wall (Abb. 2: 10) der Urnenfe lderkui tur zuzuschre iben und zu jeder der drei Per ioden in g e ­w i ssem Umfang auch S ied lungsbe­funde au fzudecken .

Eine geomagne t i sche Prospekt ion , d ie die N H G 2005 in Zusammenarbe i t mit der Professur für Ur- und Früh­gesch ich t l i che Archäo log ie der Un i ­versi tät Bamberg durchführ te , griff d iese Vorarbei ten auf und sol l te den wei teren Verlauf der s ich im Ge lände te i lweise ver l ierenden Befes t igungs­s t rukturen klären.' ' Au fg rund des widr igen Wet ters konnte nur eine re­lativ ger inge Fläche untersucht und daher das Ziel nur unzure ichend er­reicht werden . Jedoch ze ichneten s ich unmi t te lbar öst l ich der b o g e n ­fö rm igen , urnenfelderzei t l ichen Mauerru ine wei tere Grabens t ruk­turen ab (Abb. 2 :11 ,12) . Diese gaben 2007 Anlass zu wei teren Grabungen im Rahmen des DFG-geförder ten Projektes „S ied lungshierarch ien und Zent ra i is ierungsprozesse in der S ü d -

1 Für die spätneoiithisclie Anlage ist neben dem fortifikatorischen beispielsweise auch ein nichtprofaner (kultischer) Hintergrund denkbar.

2 Zum Frühstadium der Forschungsgeschichte vgl. v. a. J. P. Zeitler, Eine Siedlung der jung­steinzeitlichen Chamer Gruppe und des Mittelalters auf dem Hinteren Berg bei Landersdorf, Gde. Thalmässing, Lkr. Roth. Natur und Mensch 1989, 107 ff.

3 Zu diesem Forschungsabschnitt vgl. ebd. - Ders., Ausgrabungen auf dem Hinteren Berg bei Landersdorf. Arch. Jahr Bayern 1991, 56 ff. - Ders., Frühe Bauern auf dem Fränkischen Jura. Begleitheft zur Ausstellung im Vor- und Frühgeschichtlichen Museum Thalmässing (o. O. 1992). - K.-D. Dollhopf, Der Hintere Berg bei Landersdorf. Beitr Vorgesch. Nordostbayern 4 (Nürnberg 2006).

4 P. Honig, Die Ergebnisse der geomagnetischen Prospektion auf dem Hinteren Berg bei Landersdorf, Gde. Thalmässing, Lkr Roth, Natur und Mensch 2005, 55 ff.

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Abb. 2: Digitales Geländemodell (1 m-Raster) des Hinteren Bergs mit Umzeichnung der magnetischen Anomalien und der im Modell sichtbaren Geländestrukturen. -Geobasisdaten: © Bayerische Vermessungsverwaltung (www.geodaten.bayern.de); Geophysik: Lehrstuhl für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie Würzburg.

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Abb. 3: Orthophoto des Hinteren Bergs mit Magnetogramm. Dual-Huxgate-Gradiometer Bartington Grad 601-2, Dynamik ±12 nT in 256 Graustufen, /Wess-punktdichte 12,5 cm x 50 cm (interpoliert auf 12,5 cm x 25 cm), 20 m-Gitter -Luftbild: © Bayerische Vermessungsverwaltung (www.geodaten.bayern.de); Geophy­sik: Lehrstuhl für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie Würzburg.

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Abb. 4: Magnetometer-Prospektion auf der Fläctie (Juni/Juli 2013). Foto: M. Roth

liehen Frankenalb zwischen dem 9. und 4. Jh. V. Chr." Man hoffte auf eine herrenhofartige Anlage.^

Dabei konnte der Aufbau der urnen-felderzeitlichen Befestigung (Abb. 2: 10) abschließend geklärt und re­konstruiert werden. Es handelte sich um eine 1,5 m breite Mauer mit einer aus Kalkpiatten trocken gemauerten Vorder- und einer aus Holz gefügten Rückfront. Stabilisiert wurde das erd-und steingefüllte Bauwerk durch eine entlang der Fronten in den Fels ein­gelassene Doppelpfostenreihe, die mit Quer- und Längsankern ausge­steift war. Ein aus einer der Pfosten­gruben gewonnenes C 14-Datum er­

gab als Bauzeit die erste Hälfte bis Mitte des 9. Jh. v. Chr. und damit re­lativchronologisch die Stufe Hallstatt (Ha) B3. Vor dieser Mauer war nach einer auffällig breiten Berme (Bereich zwischen Mauer und Graben) von etwa 4 m ein 3 m breiter und etwa 1,2 m tiefer Graben aus dem Fels ge­brochen worden (Abb. 2: 9).

Die im Einzelnen weiter unten vor­zustellenden, jüngsten geomagne­tischen Messungen (Abb. 4) geben eine weitere Linie mit Annäherungs­hindernissen im Vorfeld zu erkennen, die sich eindeutig auf dieses Befes­tigungswerk bezieht.*^ Es handelt sich dabei um eine dicht aufeinander

5 Vgl. dazu M. Schußmann, Archäologische Forschungen bei Landersdorf, Markt Thalmässing. Heimatkundliche Streifzüge 26, 2007, 12 ff. - ders., Ausgrabungen auf dem Hinteren Berg bei Landersdorf. Arch. Jahr Bayern 2007, 41 ff. - ders., Siedlungshierarchien und Zentralisie­rungsprozesse in der Südlichen Frankenalb zwischen dem 9. und 4. Jh. v. Chr. Berliner Arch. Forsch. 11 (RahdenAA/estf. 2012).

6 In der Grabungskampagne von 2007 war dieser Bereich nicht mehr erfasst worden.

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folgende Reihe langovaler Anoma­lien, die in etwa 2-2,5 m Entfernung strahlenförmig vor dem Graben an­geordnet sind (Abb. 2: 8). Sie weisen untereinander einen Abstand von ungefähr 1 m auf. Bei etwa gleicher Breite variiert ihre Länge zwischen 2,5 und 4,5 m. 15 derartige Gruben­strukturen lassen sich in der Plateau­mitte sehr deutlich erkennen, da sie im obersten Bereich vermutlich aus­schließlich mit Rendzina (steinfreiem Humus) verfüllt sind.^ Nördlich davon können sie aufgrund von Lücken in der Messung bzw. wahrscheinlich auch durch die Erosion im begin­nenden Hangbereich nicht (mehr) nachgewiesen werden.

Im Südteil des Plateaus zeichnen sich weniger deutliche, überwiegend mit Steinen verfüllte Anomalien ab, bevor dort der wiederverfüllte Grabungs­schnitt der NHG die Messungen stört und die Situation unklar macht. Darin konnten sie jedenfalls nicht als in den Fels eingetiefte Strukturen er­kannt werden, was für eine Befund­tiefe unter 0,5 m spricht. Der Aushub aus den Gruben dürfte in den Zwi­schenräumen als dammartige Auf­schüttung gelagert gewesen sein. So entstand ein ausgeprägt wellen­förmiger Geländestreifen vor Mau­er und Graben der Urnenfelderzeit.

Vergleichbare Annäherungshinder­nisse sind an mehreren oberbaye­rischen und schwäbischen Wall­anlagen noch im Gelände erhalten, werden dort allerdings als „Ungarn­hindernisse" interpretiert und, da Ausgrabungen fehlen, ohne stichhal­tigen Nachweis ins 10. Jh. n. Chr. da­tiert.** Zwar fehlt auch für Landersdorf dieser Beleg, doch liegen die Hin­dernisse hier nicht nur innerhalb der Ottonischen Befestigung, sondern sie nehmen auch eindeutig Bezug auf die Ha B3-zeitlichen Befunde. Diese waren - wie die Grabungen zeigten - nachweislich im Zuge der hochmit­telalterlichen Baumaßnahmen ein­geebnet worden.

Zwar können dadurch ebenso wenig alle „Ungarnhindernisse" pauschal in die späte Urnenfelderzeit umgewid­met werden, denn grundsätzlich sind ähnliche Reaktionen auf ähnliche Bedrohungen zu unterschiedlichen Zeiten durchaus möglich. Es ist aber bemerkenswert, dass von nahezu jeder der in Frage kommenden An­lagen urnenfelderzeitliche Funde vorliegen^ während die ottonische Nutzung häufig nur postuliert ist.

Worin liegt die Funktion dieser Hin­derniskette? Da eine derartige Sper­re für Infanterie nur bedingt eine Hür-

7 Der urnenfelderzeitliche Graben stellte sich in der geomagnetischen Messung von 2005 in ähnlicher Weise dar, was durch die Ausgrabungen klar auf die humose oberste Restverfül­lung zurückgeführt werden konnte.

8 Vgl. z. B. H. R Uenze, „Birg" bei Kleinhöhenkirchen. In: Führer zu vor- und frühgeschicht­lichen Denkmälern 18 (Mainz 1971) 193 ff. bes. 198 f. - O. Schneider, Befestigungen auf dem Weiherberg. In: H. Frei/G. Krähe, Archäologische Wanderungen im Ries. Führer arch. Denkm. Bayern, Schwaben 2 (Stuttgart/Aalen 1979) 234 ff. bes. 238 f. - Zuletzt dazu: M. Schulze-Dörrlamm, Die Ungarneinfälie des 10. Jahrhunderts im Spiegel archäologischer Funde. In: J. Henning (Hrsg.), Europa im 10. Jahrhundert. Archäologie einer Aufbruchszeit. Internat. Ta­gung in Vorber. der Ausstellung „Otto der Große, Magdeburg und Europa" (Mainz 2002) 114 m. Abb. 3.

9 Angabe aufgrund der Erfassung im BayernViewer Denkmal.

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de darstellt, sollten mit ihr offenbar berittene Krieger in größerer Distanz zur Mauer gehalten werden.

Da zudem der Einsatz des Bogens als Fernwaffe beim Kampf um spät-urnenfelderzeitliche Befestigungen durchaus die Regel gewesen zu sein scheint^°, wirft dies ein neues Licht auf die Art der Bedrohung. Dem­nach könnten die Hindernisse gegen berittene Bogenschützen gerichtet gewesen sein, welche aber im ein­heimischen Milieu (in der Region) bislang nicht zweifelsfrei nachgewie­sen werden können. Sie sind jedoch ein typisches Element reiternoma­discher Kriegsführung. Es gilt also zu erwägen, ob in den Auseinanderset­zungen während der klimatisch be­dingten Krise um 800 v. Chr (Kaltpha­se mit steigenden Gewässerpegeln) neben den wohl überwiegend indi-genen (heimischen) Bevölkerungs­gruppen vielleicht auch reiternoma­dische „Pferdebogner" wie etwa die Kimmerier verwickelt gewesen sein könnten." Ihnen wäre eine derar­tige Kampfesweise in dieser Zeit am ehesten zuzuschreiben. Dann hätten die Hindernisse vor der urnenfelder-zeitlichen Mauer am Hinteren Berg den Zweck, diese Bogenschützen auf Distanz zu halten und ihnen so im Vorbeireiten treffsichere Schüsse

auf die Verteidiger zu erschweren. Im 9. Jh. V. Chr. könnten dafür - die Ef­fizienz der Landersdorfer Sperre vo-rausgesetzt^^ - schon wenig mehr als 20 m ausreichend gewesen sein. Im Vergleich dazu werden für hunnische Bogenkrieger, die allerdings bereits einen horn- oder knochenversteiften Reflexbogen besaßen, wie er für die ausgehende Bronzezeit noch nicht nachweisbar ist̂ ^^ Schussweiten zwi­schen 50 und 60 m angenommen^". Zusätzlich stellt die topografisch vor­gegebene Einengung auf nur eine mögliche Angriffsrichtung - gewollt oder ungewollt - eine Beschneidung der bei offenen Feldschlachten über die Zeiten nahezu unverändert blei­benden reiternomadischen Kampf­taktik dar, nämlich dem gleichzei­tigen Angriff kleinerer Trupps aus mehreren Richtungen und das In-die-Zange-Nehmen des Gegners.

Durch die neuesten Forschungen kamen die Reiterhindernisse als Teil der urnenfelderzeitlichen Befesti­gung hinzu. Die oben erwähnten, seit 2005 bekannten Grabenstrukturen in der Innenfläche (Abb. 2: 11,12), die den Ausschlag zu den Ausgrabun­gen von 2007 gaben, stellten sich eindeutig als Sohl- und Palisaden­gräben der spätneolithischen Cha-mer Gruppe heraus. Ihre wissen-

10 Vgl. Schußmann 2012 (Anm. 5) 37 ff. 11 Zur Verbreitung von Gegenständen „kimmerischer" Form in Europa vgl. H. Sauter, Studien

zum Kimmerierproblem. Saarbrücker Beitr. Altkde. 72 (Bonn 2000) 21 Abb. 4. 12 Diese ist nicht per se anzunehmen, denn die urnenfelderzeitliche Befestigung wurde nicht

allzu lange nach ihrer Errichtung, d. h. noch vor dem Beginn der Hallstattzeit um 800 v. Ohr zerstört.

13 H. Eckhardt, Der schwirrende Tod - die Bogenwaffe der Skythen. In: R. Rolle/M. Müller-Wille/K. Schietzel, Gold der Steppe. Archäologie der Ukraine (Neumünster 1991) 143. - M. Schmauder, Die Hunnen. Ein Reitervolk in Europa (Darmstadt 2009) 95.

14 B. Anke, Der reiternomadische Steppenkrieger. In: Attila und die Hunnen. Begleitbuch zur Ausstellung (Stuttgart 2007) 223.

15 Vgl. I. Bona, Das Hunnenreich (Stuttgart 1991) 17.

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Abb. 5: Luftbild mit dem bislang unerforsctiten äußersten Graben (gelbe Pfeile) - Blick von Westen. Quelle: J. P. Zeitler, Ausgrabungen auf dem hlinteren Berg bei Landers­dorf. Arcti. Jafir Bayern 1991, Abb. 29.

schaftliche Bearbeitung wurde 2013 im Rahmen einer Würzburger Ab­schlussarbeit aufgenommen und durch die nachfolgend darzustellen­de neue Magnetometer-Prospektion entscheidend ergänzt.

Markus Schußmann

Spätneolithische (?) Befunde im Magnetogramm

Auf der bislang unerforschten Fläche im Westen des Sporns sind sowohl im digitalen Geländemodell als auch im Gelände und in einem Luftbild (Abb. 5) zwei Gräben auszumachen, die parallel zueinander in ca. 17 m Abstand leicht gebogen über den Bergsporn verlaufen (Abb. 2: 1,2). Im Magnetogramm zeichnen sich beide nur als sehr schwache Anomalien ab. Es könnte sich um zwei Abschnitts­

gräben der jungsteinzeitlichen Cha-mer Kultur handeln, da aus der Flä­che westlich des mittelalterlichen Walles bislang ausschließlich Funde aus dieser Zeit zutage traten. Hinzu kommt eine schmale, ebenfalls leicht bogenförmig verlaufende Anomalie (Abb. 2: 3), die jedoch nicht mit den Geländebefunden deckungsgleich ist. Neben einer geologischen Erklä­rung ist auch die Deutung als ein mit der Grabenanlage in Verbindung ste­hendes Palisadengräbchen denkbar.

Ein bemerkenswerter Befund (Abb. 2: 4) befindet sich im Südwesten auf der Flucht des Grabens 2. Er besitzt einen rechteckigen Umriss und ist 4,5 m breit und 5,3 m lang. Aufgrund von Form und Größe könnte es sich um ein Grubenhaus handeln. Ent­sprechende Befunde sind aus dem

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Abb. 6: Graben der Chamer Gruppe - Foto aus der Grabung 1988-91. aus: K.-D. Dolltiopf, Der Hintere Berg bei Landersdorf. Die Ergebnisse der Grabung

von 1988-1991. Beitr Vorgescfi. Nordostbayern 4 (Nürnberg 2006) Abb. 27.

Spätneolithikum beispielsweise vom Alten Berg bei Burgerroth oder vom Goldberg im Nördlinger Ries *̂* be­kannt. Eine mittelalterliche Datierung ist nicht auszuschließen, jedoch un­wahrscheinlich, da sich der Befund weit außerhalb der ottonischen Be­festigungsanlage befindet. Die nord­westlich vorgelagerte, kleinere, ovale Anomalie stellt möglicherweise eine mit dem Haus in Verbindung stehen­de Grube dar. Des Weiteren scheint eine Überlagerung mit dem Graben 2 vorzuliegen.

Bereits durch die Ausgrabungen der NHG konnte ein auch im Gelände sichtbarer Graben (Abb. 2: 5) in das Spätneolithikum datiert werden. Es

handelt sich um einen Sohlgraben von bis zu 2,2 m Breite und 75 cm Tiefe (Abb. 6), an den sich vermut­lich ein aufgeschütteter Erdwall an der Innenseite anschloss.^' Er wur­de im Magnetogramm fast vollstän­dig erfasst und verläuft ebenfalls leicht gebogen in ca. 15-20 m Ab­stand zur Ottonischen Befestigung (Abb. 2: 6,7). Die Unterbrechung im nördlichen Abschnitt stellt mit großer Wahrscheinlichkeit einen Tordurch-lass dar.

Östlich der urnenfelderzeitlichen Be­festigung befindet sich ein weiterer beachtlicher Abschnittsgraben der Chamer Kultur (Abb. 2: 11). Die Deu­tung des Befundes und seine Zeit-

16 P. Schröter, Zur Besiedlung des Goldberges im Nördlinger Ries. In: Ausgrabungen in Deutschland RGZM Monogr 1,1 (Mainz 1975) 108 m. Abb. 5.

17 K.-D. Dollhopf [Anm. 3] 47 f.

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Stellung wurden bereits durch die Ausgrabung 2007 geklärte» Sein Ver­lauf hingegen konnte erst durch die Magnetometer-Prospektion ermit­telt werden. Es handelt sich um ei­nen Sohlgraben von 4 m Breite und 1 m Tiefe (Abb. 7). Analog zu den an­deren Befestigungsanlagen verläuft der Graben leicht gebogen von Sü­den nach Norden. Er gliedert sich in mehrere Segmente, die durch Unter­brechungen voneinander abgesetzt sind und von denen zwei eindeu­tig als Tordurchlässe angesprochen werden können. Der südliche wird durch zwei längliche, an die Innen­seite des Grabens angesetzte Gru­ben zu einer knapp 2 m breiten Gas­se verengt.

In circa zwei Metern Abstand ver­läuft parallel zur Innenseite des Gra­bens eine nur ca. 30-80 cm schma­le Anomalie (Abb. 2: 12). Nach den Grabungsergebnissen handelt es sich um ein zweiphasiges Palisa­dengräbchen. Zwei Unterbrechun­gen korrespondieren mit denjenigen des Grabens 11 und unterstreichen den Zusammenhang beider Struktu­ren. Eine weitere Lücke im Süden ist durch den Grabungsschnitt bedingt.

18 Schußmann 2012 [Anm. 5] 49 f.

Abb. 7: Planumszeichnung der Grabung 2007 - östliche Hälfte von Schnitt 1 mit

. ' ; • Graben (Bef. 3) und Palisadengräbchen (Bef 1&2) der Chamer Gruppe. Striche geben 1 m Abstand wieder Quelle: M.

• Schußmann, Siedlungshierarchien und ' , Zentralisierungsprozesse in der Süd­

lichen Frankenalb zwischen dem 9. und " i " -Y' " ' I " I " 4. Jh. V. Chr Berliner Arch. Forsch. 11

t. 1 (Rahden/Westf 2012) Beilage 3.

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Auffällig und funktional schwer zu erklären ist, dass die Palisade ohne Unterbrechung unmittelbar hinter der südlichen Torgasse durchzieht. Zusammen mit dem Befund des zweiphasigen Palisadengrabchens spricht dies für eine komplexe Bau-abfoige und ein Zusetzen des Durch­gangs in einem späteren Nutzungs­abschnitt.

Mit der Struktur 12 in Ausrichtung, Verlauf und Breite vergleichbar sind die zwei Anomalien 13 und 14, die sich möglicherweise zu einem wei­teren Palisadengräbchen zusam­menschließen. Ein geologischer Ur­sprung ist allerdings nicht gänzlich auszuschließen.

Hingegen handelt es sich bei einigen Befunden (Abb. 2: 15,16,18,19) mit einem Durchmesser von ca. 2,3-4 m wahrscheinlich um Siedlungsgruben, bei der knapp 7 m breiten und 7 m langen, annähernd quadratischen Anomalie 17 eventuell sogar um ein weiteres spätneolithisches Gruben­haus.

Abgesehen von den beschriebenen, archäologisch deutbaren Befunden fallen im Magnetogramm zahlrei­che weitere unregelmäßig verlaufen­de Strukturen ins Auge. Mit größter Wahrscheinlichkeit handelt es sich hierbei jedoch um Klüfte und Spal­ten in den obersten Verwitterungs­schichten des anstehenden Jura­kalks.

Neben Informationen zum Verlauf der bereits sicher datierten spätneolithi­schen Befestigungsstrukturen (Abb. 2: 5,11,12) erbrachte die Magneto­meter-Prospektion einige unerwarte­

te und interessante neue Erkenntnis­se. Sollte sich die wahrscheinliche, aber bislang nicht bewiesene spät­neolithische Zeitstellung der beiden äußeren Gräben (Abb. 2: 1,2) sowie des möglichen Palisadengrabchens (Abb. 2: 13,14) durch zukünftige Untersuchungen bestätigen, han­delt es sich beim Hinteren Berg um eine äußerst aufwendig befestigte Höhensiedlung der Chamer Kultur. Die Ergebnisse der Magnetik eröff­nen jedenfalls zahlreiche neue Fra­gestellungen, denen nur im Rahmen zukünftiger Feldforschungen nach­gegangen werden kann.

Thomas Link, Markus Roth

Institut für Altertumswissenschaften, Lehr­stuhl für Vor- und Frühgeschichtliche Archäo­logie, Julius-Maximilians-Universität Würz­burg, Residenzplatz 2, Tor A, 97070 Würzburg

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