Die Amerikanisierungsthese - Erörterung anhand des Beispiels Österreich
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Bachelorarbeit
Die Amerikanisierungsthese-
Erörterung anhand des Beispiels Österreich
Johannes Perterer
angestrebter Akademischer Grad:Bachelor of Arts (BA)
Salzburg, Juni 2013
eingereicht von: Johannes PertererMatrikelnummer: 0747697Studium: 603 Bachelorstudium Geschichte Verfasst im Rahmen des Seminars:603.781 Kulturgeschichte (Der Kalte Kultur-Krieg 1945-1991)Dozent: Ao. Univ. Prof. Dr. Phil. Reinhold Wagnleitner Universität SalzburgSommersemester 2013
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“In Wirtschaftsvorlesungen lernt man, Märkte würden darauf gründen, dass rationale Käufer rationale Entscheidungen treffen. Schaltet man aber den Fernseher ein sieht man, dass es das Ziel der Werbung ist, uninformierte Konsumenten zu schaffen, die irrationale Entscheidungen treffen. So wird das funktionieren der Märkte untergraben. Würde die Geschäftswelt den Märkten vertrauen, würden Firmen wie General Motors oder Colgate Zahnpasta mit ihrer Werbung informieren: Das ist unser Produkt, das sind seine Eigenschaften [..] Aber so funktioniert Werbung nicht. Sie verleitet Konsumenten durch Täuschung zum Kauf von Produkten. Und wenn dieselbe Industrie für Kandidaten vor Wahlen wirbt, macht sie das gleiche: Sie versucht die Demokratie zu untergraben indem sie uninformierte Wähler schafft, die irrational wählen.”1
Noam Chomsky
1 http://www.youtube.com/watch?v=S5pURkeWmFo vom 13. Juni 2013, 22:00 Uhr Timecode: 02:50-04:40
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Ich erkläre hiermit an Eides statt, dass ich die vorliegende Bachelorarbeit selbstständig und ohne
fremde Hilfe verfasst, andere als die angegeben Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und die den
benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche gekennzeichnet habe.
Salzburg, am 19. Juni 2013
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Gliederung:
1. Einleitung……………………………………………………………………………………6
2. Forschungsfragen…………………………………………………………………………...8
3. Methode……………………………………………………………………………………...8
4. Begriffsdefinitionen
4.1. Politische Kommunikation..…………….....………………....……………..9
4.2. Politische Öffentlichkeitsarbeit……………....…………....………………10
4.3. Wahlkampf…………………………………………….......………….....…10
4.4. Politikberater……………………….………………………………........…10
5. Theoriedebatte
5.1. Amerikanisierung als Kulturtransfer..........................................................11
5.2. Amerikanisierung der politischen Kommunikation...................................12
5.2.1. Die Folgen der Amerikanisierung.................................................................17
5.2.2. Kritik..............................................................................................................18
5.3. Diffusions- vs. Modernisierungsthese..........................................................19
5.4. Shopping vs. Adoption Modell......................................................................21
6. Politische Kulturen im Vergleich: USA und Österreich
6.1. Österreich und USA: Wahlkampfkulturen im Vergleich ....................................22
6.2. Politische Kultur in Österreich und den USA........................................................23
6.2.1. 3 Phasen des Wahlkampfs............................................................................23
6.2.2. Phasen der politischen Kultur in Österreich..............................................24
7. Gelegenheitsstrukturen für Amerikanisierung.................................................................29
8. Grenzen der Amerikanisierung...........................................................................................30
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9. Akteure: Technik und Strategie US-amerikanischer Politikberater
9.1. Professionalisierung der kommunikationspolitischen
Elite: Ursachen...............................................................................................35
9.2. Aufstieg der politischen PR in den USA.......................................................36
9.3. Political consultants – Ein expandierender Berufszweig
9.3.1. Endogene Ursachen.............................................................................38
9.3.2. Exogene Ursachen ..............................................................................38
9.4. Arbeitsmethoden der US-Berater.................................................................40
9.4.1. Strategie...............................................................................................40
9.4.1.1. Message Development............................................................42
9.4.2. Taktik...................................................................................................43
9.4.3. Meinungsforschung..............................................................................45
9.5. Formen der Involvierung in Kampagnen außerhalb der USA..................46
9.6. US-amerikanische Berater im Ausland – overseas consultants..................48
9.7. US-Berater in Österreich...............................................................................49
10. Fallbeispiele..............................................................................................................50
10.1. Nationalratswahlkampf der SPÖ 1999.........................................................51
10.2. Nationalratswahlkampf der SPÖ 2002.........................................................56
10.3. Nationalratswahlkampf der SPÖ 2006.........................................................59
10.4. Nationalratswahlkampf 2008........................................................................61
10.5. Das Wirken der US Berater: Gegenwart und Zukunft
10.5.1. Gegenwart..........................................................................................62
10.5.2. Dauerhafte Prägung..........................................................................63
11. Fazit...........................................................................................................................64
12. Literaturverzeichnis................................................................................................67
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1. Einleitung
In Österreich hat seit 1970 eine Annäherung an die Methoden und Standards US-amerikanischer
Politikvermittlung stattgefunden.2 Anliegen dieser Arbeit ist es, Ursachenzusammenhänge im
Bezug auf diese These der Amerikanisierung der politischen Kommunikation in Österreich
aufzuzeigen. Amerikanisierung bedeutet nach der Definition von Holtz-Bacha: “Die Art wie
Wahlkämpfe in Europa geführt werden, gleicht sich an jener in den USA an”.3 Wahlkämpfe werden
in dieser Arbeit besonders hervorgehoben, da in ihnen Entwicklungen der politischen
Kommunikation am besten sichtbar werden. Darauf gründend werden Wahlkämpfe als
Stellvertreter und Bühnen politisch-kommunikativer Veränderung begriffen.
Obwohl Konsens darüber besteht, dass Amerikanisierung in der politischen Kommunikation in
Westeuropa auf eine gewisse Art und Weise stattfindet, sind sich führende Wissenschafter auf dem
Gebiet weder über den Ausgangspunkt noch über die genaue Form der Veränderung einig.
Der Beginn der Amerikanisierung, wobei die wissenschaftliche Operationalisierbarkeit dieses
Begriffs noch genauer erörtert werden muss, und die damit einhergehende Professionalisierung von
Politikvermittlung, bilden simultan verlaufende Veränderungen in den drei Subsystemen Politik,
Medien und Wählerschaft. Diese Veränderungen beginnen im Falle Österreichs zu Beginn der
1970er Jahre, im Falle der USA bereits in den 30er bzw. in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts.4
Die Veränderungen in diesen Subsystemen, welche zu einer Professionalisierung von politischer
Öffentlichkeitsarbeit gekoppelt mit der Entstehung einer neuen Berufsgattung, den political
consultants, geführt haben, sollen sowohl in den USA als auch in Österreich untersucht und einem
Systemvergleich unterzogen werden. Die Veränderungen im politischen System, also jene in der
Politikvermittlung und Wahlkampfführung, sind in der Regel als Reaktion auf vorhergegangene
Entwicklungen innerhalb der Medienlandschaft und der Wählerschaft zu sehen. Politische
Kommunikation hat eine Medien- und Marketing-Revolution erlebt. Die Frage, die es zu
beantworten gilt ist, inwiefern man diese Entwicklung als Übertragung von amerikanischen
Standards sehen kann. Die Essenz der Amerikanisierung politischer Kommunikation besteht darin,
dass sich die Vermittlung von Politik an die Produktionsbedingungen von (Massen-)Medien
anpasst. Voraussetzung dafür ist, “dass Massenmedien ins Zentrum des politischen Wettbewerbs
gerückt sind.”5 Dazu kommen unter anderem Negativität, Personalisierung und die
2 Mihr, Christian (Hg.) : Wer Spinnt denn da? Spin Doctoring in den USA und in Deutschland. Eine vergleichende Studie zur Auslagerung politischer PR. LIT Verlag. Münster. 2003. S 43
3 Vgl. Siehe Pfetsch, Frank R. : Die Europäische Union. Geschichte, Institutionen, Prozesse. Eine Einführung. Fink Verlag. München. S 33
4 Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit. Universität Wien. 2011 S 145Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit. Universität Wien. 2011 S 29
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Kapitalorientiertheit von politischer Kampagnen. Unter anderem anhand der Argumente der
Autoren Hofer, Plasser und Radunski soll aufgezeigt werden, was das Phänomen Amerikanisierung
der politischen Kommunikation ausmacht. Sobald eine möglichst genau Definition von
Amerikanisierung erstellt wurde und wie sie von statten geht, soll erörtert werden, welche
gesellschaftlichen, politischen und medientechnischen opportunity structures in Österreich sich als
für sie günstig erwiesen haben und welche strukturellen Bedingungen des politischen Systems in
Österreich die Amerikanisierung begrenzen. Der letzte Teil der Arbeit beschäftigt sich schließlich
mit den tatsächlichen Ausformungen der Amerikanisierung. Hier wird unterschieden zwischen der
Orientierung von österreichischen Wahlkampfmanagern an amerikanischen Methoden auf der einen
und der Tätigkeit von US-amerikanischen Wahlkampfberatern im Rahmen österreichischer
Wahlkämpfe auf der anderen Seite. Als konkrete Fallbeispiele werden die Nationalratswahlen in
den Jahren 1999, 2002, 2006 und 2008 im Hinblick auf amerikanischen Einfluss behandelt.
Daraufhin soll ein Fazit über den Erfolg und die Folgen der Beeinflussung gezogen werden.
Anm.: Das Wort „Amerikanisierung“ wird in der Arbeit kursiv geschrieben anstatt in
Anführungszeichen um den Lesefluss nicht zu behindern. Genauso werden Autoren der
Fachliteratur kursiv geschrieben.
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2. Forschungsfragen
a) Was macht das Phänomen der Amerikanisierung aus?
b) Sind die USA die Ursache der Professionalisierung in der politischen
Kommunikation oder haben sie lediglich eine Vorreiterrolle inne?
c) Wie kam es zur Vorreiterrolle der USA?
c) Welche opportunity structures haben sich als für die Amerikanisierung günstig,
welche als hinderlich erwiesen?
d) Welchen Erfolg kann die Amerikanisierung von Politikvermittlung in Österreich
vorweisen?
3. Methode
In dieser Arbeit wird die historisch-kritisch Methode der Literaturrecherche sowie jene des
historischen Vergleichs angewendet. Bei ersterem wird nach dem von Budde und Freist
vorgegebenen Muster: Heuristik – Kritik – Interpretation vorgegangen.6 Dazu wurde zuerst die zum
Thema vorhandene Literatur studiert, um zu konkreten Forschungsfragen zu gelangen. Nun werden
verschiedene Standpunkte im Bezug auf die Forschungsfragen verglichen und deren Argumente
abgewogen, um zu einer eigenen Interpretation zu gelangen. Der Autor ist sich bewusst, dass das
gewählte Thema nicht nur ein historisches, sondern vor allem auch eines der Politik- und
Kommunikationswissenschaften ist, weshalb hauptsächlich auf Literatur aus diesen
Wissenschaftsdisziplinen zurückgegriffen wird. Während die angebliche Amerikanisierung
Westeuropas oft Thema geschichtswissenschaftlicher Arbeiten war, ist noch kein dem Autor
bekannter Versuch unternommen worden, die Amerikanisierungsthese zu erörtern. Dies ist zum
einen auf die Aktualität des Thema zurückzuführen - auf die These bezogene Entwicklungen
begannen in Österreich erst in den späten 1980er Jahren - und zum anderen auf die dominante
Stellung der Politik- und Kommunikationswissenschaften. Dennoch sind
geschichtswissenschaftliche Perspektiven für das Thema bedeutend, unter anderem weil die
Geschichtswissenschaft durch historische Vergleiche “vor so mancher aufgeregten Einschätzung
vermeintlich dynamischer Veränderung schützt.”7
Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht auf der einen Seite ein Systemvergleich der zeitversetzten und
analogen Entwicklung politischer Kultur in Österreich und den USA im Sinne der
6 Günther-Arndt, Hilke (Hg.) : Geschichte. Studium – Wissenschaft – Beruf. Budde, Gunilla/ Freist, Dagmar. Akademie Verlag. Berlin. 2008. S 161
7 Sarcinelli, Ulrich (Hg.) : Politische Kommunikation in Deutschland. Medien und Politikvermittlung im demokratischen System. VS Verlag für Sozialwissenschaften. Wiesbaden. 2011. S 32
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Modernisierungsthese und auf der anderen eine beziehungsgeschichtliche Erörterung im Bezug auf
die Ausstrahlungskraft der Methoden von Politikvermittlung von den USA auf Österreich im Sinne
der Amerikanisierungsthese. Der Fokus liegt auf der Erklärung der Entwicklung politischer Kultur
in Österreich im Hinblick auf die Amerikanisierung der politischen Kommunikation.
4. Begriffsdefinitionen
4.1. Politische Kommunikation
“Politische Herrschaft in der Demokratie ist zustimmungsabhängig und deshalb auch begründungspflichtig. Beide,
Zustimmung und Begründung, finden ihre Realisierung durch und im Rahmen politischer Kommunikation.”8
Sarcinelli vertritt die Ansicht, dass politische Kommunikation die Legitimation von
Herrschaftssystemen zum Ziel hat. Politische Legitimität erfordert die “ständige Erneuerung durch
kommunikative Vermittlung ihrer Geltungsgründe”9.Er geht davon aus, dass ein Herrschaftssystem
umso mehr das Können und Handeln der politischen Kommunikation braucht, je mehr es sich in
einer Legitimationskrise befindet. Eine allgemein gültige Definition des Terminus zu finden,
gestaltet sich jedoch trotz nützlicher Ansätze schwierig. Dies resultiert zum einen aus der
“Grenzenlosigkeit und Hyperkomplexität”10 des Untersuchungsgegenstandes. Außerdem lag das
Problem bei der Definition des Begriffes bisher darin, dass unterschiedliche wissenschaftliche
Disziplinen, vor allem die Publizistik- und Kommunikationswissenschaften aber auch die
Soziologie und Psychologie, das Phänomen stets mit Hilfe eigener theoretischer Ausgangspunkte
und Untersuchungsinteressen mit politischer Kommunikation behandelt haben.11 Doris Graber ist
eine der wenigen, die einen die verschiedenen Disziplinen vereinenden Definitionsvorschlag
gemacht haben. Ihr zufolge beschäftigt sich politische Kommunikation “mit der Produktion,
Mitteilung und Verbreitung von Kommunikationsbotschaften, die das Potential haben, substantiell
– direkt oder indirekt – Effekte auf den politischen Prozess auszuüben.12
4.2. Politische Öffentlichkeitsarbeit
Unter politischer Öffentlichkeitsarbeit oder politische PR werden nach Christian Mihr “die
8 Sarcinelli, Ulrich (Hg.) : Politische Kommunikation in Deutschland. Medien und Politikvermittlung im demokratischen System. VS Verlag für Sozialwissenschaften. Wiesbaden. 2011. S 90
9 Ebd. S 9110 Saxer, Ulrich (Hg.) : Medien-Kulturkommunikation. Westdeutscher Verlag. Wiesbaden. 1998. S 22/ 2811 Sarcinelli, Ulrich (Hg.) : Politische Kommunikation in Deutschland. Medien und Politikvermittlung im
demokratischen System. VS Verlag für Sozialwissenschaften. Wiesbaden. 2011. S 1912 Ebd.
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Bemühungen, durch die Selbstdarstellung von Interessen die Öffentlichkeit bzw. relevante Teil-
Öffentlichkeiten zu beeinflussen und damit auch Interessen durchsetzen zu wollen”13 verstanden.
Der Begriff gilt bei Sarcinelli als “Instrument gezielter Legitimationsbeschaffung”14 und als “mehr
oder weniger persuasives marktpublizistisches Instrument der Vorteilssuche, wie kommerzielle
Werbung eben auch”15. Der Hauptadressat politischer PR ist naturgemäß die zum Wählen
legitimierte Bevölkerung.
4.3. Wahlkampf
Als Wahlkampf bezeichnet man die auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene “zu ergreifenden
programmatischen, parteiorganisatorischen und publizistisch-kommunikativen Maßnahmen von
Parteien und/oder Kandidaten, mit denen Wählerinnen und Wähler informiert und in ihrer
Stimmabgabe beeinflusst werden sollen.16 Wahlkämpfe sind ein verfassungsrechtlich und politisch
wesentlicher Legitimationsakt in einem demokratisch regierten Rechtsstaat.
4.4. Politikberater
Vor allem Hofer und Plasser haben sich mit dieser Berufsgruppe beschäftigt, die sich im Rahmen
der Professionalisierung der politischen Kommunikation zu einem eigenen Berufszweig entwickelt
hat. Hofer unterscheidet zwischen 3 verschiedenen Typen von Politikberatern:
1. Strategists
Dies ist die nach außen hin meist präsenteste Gruppe. Sie erstellt eine Kampagnenstrategie und ist
für die Entwicklung und Kontrolle der Botschaften zuständig. Innerhalb dieser Gruppe gibt es den
general consultant, der die Generallinie der Kampagne bestimmt und auf ihre Einhaltung achtet, der
campaign manager, der Koordinierungsarbeit innerhalb der Kampagne leistet. Außerdem gibt es
noch den media consultant, der an der Botschaftsentwicklung mitarbeitet und den Medienplan
umsetzt, den pollster, der Umfragen leitet und sich damit in die Botschaftsentwicklung einbringt
sowie den direct mail specialist, der darauf achtet, dass Mikrobotschaften auch wirklich die
richtigen Leute erreichen.17
13 Mihr, Christian (Hg.) : Wer Spinnt denn da? Spin Doctoring in den USA und in Deutschland. Eine vergleichende Studie zur Auslagerung politischer PR. LIT Verlag. Münster. 2003. S 14
14 Sarcinelli, Ulrich (Hg.) : Politische Kommunikation in Deutschland. Medien und Politikvermittlung im demokratischen System. VS Verlag für Sozialwissenschaften. Wiesbaden. 2011. S 92
15 Ebd. S 10016 http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/handwoerterbuch-politisches-system/40404/wahlkampf?p=all vom 20. Mai
2013, 13:00 Uhr17 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können,
wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 53
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2. Specialists
Die “Spezialisten” inkludieren die Zuständigen für fundraising, Medienplanung, Redenschreiben,
Rechtsberatung und opposition research. Diese sind zwar für die Kampagne enorm wichtig, sie sind
jedoch nicht an der Entwicklung der Kernbotschaften beteiligt.
3. Vendors
Diese nennt Hofer die Verkäufer. Sie gehören in der Regel nicht zur ständigen
Kampagnenbesetzung, sondern ihre Dienste werden “zugekauft”18. Sie sind für die Entwicklung von
Internetseiten, Software oder auch Medienbeobachtung zuständig.
5. Theoriedebatte
5.1. Amerikanisierung als Kulturtransfer
“Amerikanisierung markiert mindestens seit den 20er Jahren eine lange Liste positiv wie negativ
konnotierter, emotional erheblich befrachteter Topoi.”19
Das Wort Amerikanisierung bezeichnet einen Kulturtransfer, d.h. einen Transfer von Institutionen,
Gegenständen, Normen, Werten, Gebräuchen, Verhaltensformen und Verhaltensweisen.
Der Begriff Amerikanisierung als polemisches Schlagwort beschreibt „die rigorose Verpflanzung
amerikanischer Wertmaßstäbe und Lebensformen nach Europa“20
Der Begriff wird in der öffentlichen Diskussion meist als einseitiger und nicht wechselseitiger
verstanden, daher rührt auch die negative Konnotation. Dem ist entgegenzusetzen, dass die
Übertragung von Kultur nie ein einseitiger Prozess ist, sondern immer auche eine Selektion und
Umgestaltung des Übertragenen impliziert.21
Das Ziel der Arbeit soll es sein zwischen der USA und Österreich gesellschaftliche Parallelen
aufzuzeigen, ohne die hetergonen, trennenden Eigenschaften dabei auszublenden.
5.2. Amerikanisierung in der politischen Kommunikation
Der Begriff Amerikanisierung steht nach Plasser im sozialwissenschaftlichen Sprachgebrauch für
den “Übergang von einer modernen zu einer postmodernen Handlungslogik des politischen
18 Ebd. S 5419 Vgl. siehe Kamps, Klaus (Hg.) : Trans-Atlantik – Trans-Portabel? Die Amerikanisierungsthese in der politischen
Kommunikation. Westdeutscher Verlag. Wiesbaden. 2000 S 13/1420 http://www.bpb.de/apuz/31436/wie-europaeisch-ist-die-kulturelle-amerikanisierung?p=all vom 14- Juni 2013 ,
19:00 Uhr 21 http://www.wirtschaftslexikon.co/d/kulturuebertragung/kulturuebertragung.htm vom 14. Juni 2013, 08: 00 Uhr
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Wettbewerbs.”22 Er steht für einen Prozess, der seit den 1980er Jahren in europäischen
Wahlkämpfen beobachtet wird.23 Die USA dienen WahlkampfmanagerInnen in Österreich als
Vorlage, so lautet der Konsens der Wissenschafter. Außerdem kommt es trotz zentraler
Unterschiede zu einer weltweiten Annäherung von Kampagnenstilen, beteuert Hofer.24
Amerikanisierung, hier als die postmoderne politische Kommunikations- und Wettbewerbslogik in
der politischen Kommunikation verstanden, konstituiert sich nach Hofer grob aus folgenden
kommunikationstheoretischen und politischen Phänomenen:
Medienzentrierung
Medienaufmerksamkeit ist eines der wichtigsten Güter des heutigen Politikmarktes. Leinemann
bezeichnet Medienpräsenz sogar als “die wichtigste Legitimationsgrundlage für politische
Entscheidungen”25 in der Gegenwart. Sarcinelli verortet in Deutschland eine immer “härter
werdende[n] Anbieterkonkurrenz im Kampf um Aufmerksamkeit und in der Vermittlung von
Geltungsansprüchen”26. Der Zentralität der Massenmedien kommt im politischen Prozess eine
entscheidende Bedeutung zu. Sie ist in den USA wesentlich stärker ausgeprägt als in Österreich.
Dem Fernsehen ist hierbei innerhalb weniger Jahrzehnte zum wichtigsten Medium geworden, wobei
statistische Erhebungen eine klare Sprache sprechen. Frenkenberger spricht vom “Aufstieg der
Telepolitik”27. Während 1962 nur 23 Prozent der österreichischen Wähler von der politischen
Fernsehberichterstattung erreicht wurden, waren es 1999 bereits 89 Prozent.28
Medien- statt Parteienlogik
Dieser Faktor wurde bereits in der Einleitung erwähnt. Gemeint ist, dass sich Politikvermittlung,
aufbauend auf der Medienzentrierung “ein an den Produktionsbedingungen der Massenmedien
angelehntes redaktionelles Verständnis von Politik angeeignet”29 hat. Bedingung für diese
Entwicklung ist der Bedeutungsverlust der Parteien als Zentren der Willensbildung. Dieser äußert
sich in stark gesunkenen Mitgliederzahlen, einer nicht mehr existenten oder nicht mehr öffentlich
22 Plasser, Fritz : Medienzentrierte Demokratie: Die “Amerikanisierung” des politischen Wettbewerbs in Österreich in Meixner, Wolfgang (Hg.) : Die Zukunft der österreichischen Demokratie. Trends, Prognosen und Szenarien. Pelinka, Anton; Plasser, Fritz. Signum Verlag. Wien. 2000. S 205
23 Vgl. siehe Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit. Universität Wien. 2011 S 14
24 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 25
25 Leinemann, Jürgen (Hg.) : Höhenrausch. Die wirklichkeitsleere Welt der Politiker. Karl Blessing Verlag. München. 2006. S.245
26 Sarcinelli, Ulrich (Hg.) : Politische Kommunikation in Deutschland. Medien und Politikvermittlung im demokratischen System. VS Verlag für Sozialwissenschaften. Wiesbaden. 2011. S 100
27 Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit. Universität Wien. 2011 S 36
28 Homepage des Zentrums für Angewandte Politikforschung in Wien: http://members.chello.at/zap-forschung/20102103.html vom 21. Mai 2013, 19:00 Uhr
29 Ebd. S 23
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wahrgenommenen Parteipresse sowie dem Bedeutungsverlust parteilicher Vorfeldorganisationen.
Die Vermittlung von Politik, also die politische Kommunikation, unterwirft sich dem “Diktat der
öffentlichkeitswirksamen Selektions- und Aufmerksamkeitsregeln der Massenmedien”. Hofer nennt
als Folgen dieses Prozesses die fortschreitende De-Thematisierung und der forcierte Fokus auf
Soundbite-Politik.
Spin Control
Political consultants versuchen, im Rahmen der Zentralität der Medien, die Kontrolle
journalistischer Akteure über Inhalt und Art der Berichterstattung einzuschränken. Dies geschieht
über konsequentes Themen- und Ereignismanagement. Die Macht des Agenda-Settings geht dabei
zunehmend auf die political consultants über.
Dadurch kommt es zu Dominanzkonflikten zwischen politischen und redaktionellen Eliten.
Christian Mihr, der sein Hauptaugenmerk auf die Entwicklung der Beziehungen zwischen
Journalisten und Politikern gerichtet hat, konstatiert, dass in Deutschland und Österreich die
journalistische Abhängigkeit von journalistischen Vorprodukten der politischen PR wächst.
Journalisten unterliegen, genauso wie Politiker, berufsimmanenten Sachzwängen. Den Journalisten
wird in der Demokratie eine Kritik- und Kontrollfunktion abverlangt. Die Kommerzialisierung der
Medienstrukturen hat jedoch zu einer Ökonomisierung der journalistischen Kerntätigkeit geführt.
Das Dilemma des Journalismus in Print und Fernsehen ist, dass betriebswirtschaftliche
Effizienzkriterien die Recherchetätigkeit beeinflussen. Dies führt zu einem Objektivitätsproblem.
Die Folge dessen sei Ramonet zufolge eine Degradierung von Journalisten zu “Arbeitern am
Fließband”30 und die Verschiebung der Funktion der Informations- und Themengenerierung von
den Medienunternehmen weg und hin in den PR-Sektor.
Party Dealignment
Dieser Entwicklung wird in der Literatur zum Thema ein großer Stellenwert zugewiesen. Gemeint
ist der Zerfall der traditionellen cleavages, d.h. der traditionellen sozialen Milieus und Schichten.
Klassengebundene Parteibindungen von gesellschaftlichen Gruppen wie jene der Arbeiter an die
SPÖ und jener der Bauern an die ÖVP haben sich durch die Entwicklung einer “neuen”
Mittelschicht verflüchtigt. Diese neue Mittelschicht hat sich durch die fortschreitende
Tertiärisierung, also der zunehmenden Dominanz des Dienstleistungssektors, westlicher
Gesellschaften entwickelt. In Österreich war dieser Prozess intensiver zu beobachten als in anderen
europäischen Ländern.31 Die Folgen dessen für den Politikmarkt sind der Anstieg der Anzahl von
30 Vgl. Ramonet. Ignacio (Hg.) Die Kommunikationsfalle. Macht und Mythen der Medien. Aus dem Französischen von Gabriele Zehnder. Zürich 1999. S 65
31 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können,
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Wechselwählern und sogenannten late deciders, den “Spätentscheidern”. Dadurch gewinnen
politische Kampagnen stark an Gewicht. Die neue Mittelschicht wird von Akteuren in der
politischen PR nicht mehr in Klassen oder Schichten eingeteilt, sondern vorwiegend in lifestyle
clusters. 32
Fragmentierung
Mit dem zuletzt genannten Punkt geht die Fragmentierung der Öffentlichkeit einher. Diese biete
wiederum Raum für professionelles voter targeting.33 Damit ist die “zielgerichtete Kommunikation
mit klar definierten Wählergruppen”34 gemeint. Außerdem bringt die Fragmentierung der
Gesellschaft geht auch noch eine “Fragmentierung der massenmedialen Öffentlichkeit und die
Transformation in multi-channel environments, einer von einer Vielzahl geprägten
Medienlandschaft”35 mit sich.
Kapitalfokus
Der im Kapitel 5.a) beschriebene Tür-zu-Tür-Kontakt, d.h. die persönliche Kommunikation in
Wahlkämpfen, wird von den Massenmedien verdrängt. Moderne Wahlkämpfe zeichnen sich nicht
wie früher durch arbeitsintensive, sondern immer mehr durch kapitalintensive Operationen aus.
Frenkenberger erkennt in ihrer Arbeit hier jedoch starke Einschränkungen. Weil Wahlkämpfe in
Österreich immer noch hauptsächlich mit staatlichen Geldern geführt werden und Fundraising
wenn überhaupt nur spärlich betrieben wird, und auch weil politische Werbespots im ORF verboten
sind, wird die Kapitalintensität, auch wenn sie insgesamt zugenommen hat, von strukturellen
Bedingungen des österreichischen Medien- und Politiksystems im Rahmen gehalten.
Entideologisierung
Sarcinelli bezeichnet die Demokratie in den USA als ein “weithin entideologisiertes,
marktähnliches Wettbewerbssystem”.36 Die Amerikanisierungsthese behauptet, dass in Westeuropa
langsam eine Angleichung an dieses System vollzogen wird. Kamps stellt für Europa fest, dass eine
Entideologisierung “im Sinne einer strategischen wie taktischen Orientierung der
wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 2332 Plasser, Fritz : American Campaign Techniques Worldwide. The Harvard Inertnational Journal of Press/ Politics.
Vol. 5: Nr. 4. 200. S 33-5433 Plasser, Fritz : Medienzentrierte Demokratie: Die “Amerikanisierung” des politischen Wettbewerbs in Österreich in
Meixner, Wolfgang (Hg.) : Die Zukunft der österreichischen Demokratie. Trends, Prognosen und Szenarien. Pelinka, Anton; Plasser, Fritz. Signum Verlag. Wien. 2000. S 204
34 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 24
35 Ebd. 36 Sarcinelli, Ulrich (Hg.) : Politische Kommunikation in Deutschland. Medien und Politikvermittlung im
demokratischen System. VS Verlag für Sozialwissenschaften. Wiesbaden. 2011. S 100
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Wahlkampfführung unter Marketinggesichtspunkten”37 stattfindet, bzw. stattgefunden hat. Nach
Stauber ist politische PR “a neutral technology that can simply be adopted uncritically to achieve
socially responsible ends.”38 Politische PR ist somit keiner Ideologie verpflichtet. Beide Autoren
beklagen den Verlust politischer Inhalte und Konzepte. Hofer betont hierzu, dass in den USA
zumindest lose Parteibindungen zwischen externen Beratern und ihren Arbeitgeberparteien aufrecht
erhalten bleiben.
Personalisierung und horse race journalism
Mit der Personalisierung ist die zunehmende Ausrichtung auf die Spitzenkandidaten der Parteien
gemeint, bei der Themen und Sachinformationen immer mehr in den Hintergrund treten. Je höher
das Wechselwählerpotential bei einer Wahl ist, so Korte, desto stärker ist der Drang zur
Personalisierung.39 Außerdem ist die strukturelle Schwächung der Parteien, die De-Thematisierung
und sportliche Dramatisierung des politischen Prozesses von medialer Seite dafür verantwortlich.40
Hierzu betont Hofer: “Die Personalisierung politischer Kommunikation ist auch ein Mittel der
Medien und der mit ihnen verwobenen politischen Öffentlichkeitsarbeit, um Komplexität zu
reduzieren und dem Informationsüberfluss Herr zu werden.”41 Andreas Rudas, verantwortlich für
die Kampagne der SPÖ im Nationalratswahlkampf 1999 drückt es wie folgt:
“Personalisierung ist nicht nur Marketingstrategie allein, sondern auch die logische Antwort auf
eine Medienwelt, die immer stärker Menschen und Charaktere vermitteln und verkaufen muß,
anstatt mehr komplexe Inhalte zu analysieren”.42 Im Rahmen dieser Vereinfachung kommt es zu
einer zunehmenden Emotionalisierung der politischen Auseinandersetzung.43 Die Chance, die durch
Personalisierung entstehen kann beschreibt Josef Kalina folgendermaßen: “Sie müssen es schaffen,
dass die Wähler in der Person die Erfüllung ihrer Wünsche sehen. Der Kandidat bringt mir was ich
will.”44 Andreas Rudas betont die negative Seite der Personalisierung wie folgt: “Personalisierung
verlangt ständig nach personalisierten Stories, die gut gehen, solange sie gute Stories sind, aber
verheerende Wirkung auslösen, sobald sie “bad stories” sind”45 Sarcinelli relativiert die These der
37 Kamps, Klaus (Hg.) : Trans-Atlantik – Trans-Portabel? Die Amerikanisierungsthese in der politischen Kommunikation. Westdeutscher Verlag. Wiesbaden. 2000 S 18
38 Stauber, John C. (Hg.) : Toxic Sludge is Good for You. Lies, Damn Lies and The Public Relations Industry/ Rampton, Sheldon. Monroe Verlag. Maine. 1995. S 206
39 http://www.bpb.de/politik/wahlen/bundestagswahlen/62584/amerikanisierung vom 20. Mai 2013, 16:00 Uhr 40 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können,
wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 2441 Ebd. 42 Rudas, Andreas : Vorbild oder Warnung? Clinton und die Amerikanisierung der Politik in Pelinka, Peter (Hg.) :
Jagd auf Clinton. Warnsignal für unsere Demokratien. Verlag Kremayr & Scheriau. Wien. 1998. S 20543 Kamps, Klaus (Hg.) : Trans-Atlantik – Trans-Portabel? Die Amerikanisierungsthese in der politischen
Kommunikation. Westdeutscher Verlag. Wiesbaden. 2000 S 1844 Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit. Universität Wien. 2011.
S 6245 Rudas, Andreas : Vorbild oder Warnung? Clinton und die Amerikanisierung der Politik in Pelinka, Peter (Hg.) :
Jagd auf Clinton. Warnsignal für unsere Demokratien. Verlag Kremayr & Scheriau. Wien. 1998. S 203
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Personalisierung, indem er darauf hinweist, dass es zwar einschneidende Veränderungen gab, die
mit der Rolle des Fernsehens und einem verschärften Aufmerksamkeitswettbewerb zu tun haben,
personalisiert aber seien sämtliche Wahlkämpfe in Westeuropa schon immer gewesen. Es hätten
sich lediglich Plattformen, Formate und Wirkungsweisen geändert.46
Negativität
Hofer beschreibt diesen Trend als jenen, der am öftesten auf Einflüsse aus den USA zurückgeführt
wird. Negative campaigning wird von den genannten Entwicklungen am öftesten direkt mit dem
Einfluss von US-amerikanischer Wahlkampfberater in Verbindung gebracht.47 Vorreiter dieser
Entwicklung war in Österreich die FPÖ unter Jörg Haider.48
Professionalisierung
Der Kern der Amerikanisierung politischer Kommunikation besteht nach Kamps darin, dass die
Führung von politischen Kampagnen “außerhalb der hergebrachten Parteistrukturen organisiert”49
wird. Ähnlich beschreibt Mihr diesen Prozess in seiner Arbeit als outsourcing im Sinne von
Auslagerung von Arbeit. Im Zentrum steht darauf bezogen die Entwicklung eines neuen
Berufsstandes: jenem der political consultants oder Spin Doktoren. Zu Professionalisierung gehört
die Anwendung klassischer Marketingstrategien nach den Mustern kommerzieller
Werbemaßnahmen wie Zielgruppenanalyse, Situations- und Maßnahmenanalyse sowie
Marktforschung.50
5.2.1. Die Folgen der Amerikanisierung
In diesem Teil werden die Folgen des oben erläuterten Übergangs zur postmodernen
Handlungslogik des politischen Wettbewerbs, kurz Modernisierung, skizziert:
Politische Political consultants Massenmedien Wählerschaft
46 Sarcinelli, Ulrich (Hg.) : Politische Kommunikation in Deutschland. Medien und Politikvermittlung im demokratischen System. VS Verlag für Sozialwissenschaften. Wiesbaden. 2011. S 32
47 Mihr, Christian (Hg.) : Wer Spinnt denn da? Spin Doctoring in den USA und in Deutschland. Eine vergleichende Studie zur Auslagerung politischer PR. LIT Verlag. Münster. 2003. S 45-46
48 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 25
49 Kamps, Klaus (Hg.) : Trans-Atlantik – Trans-Portabel? Die Amerikanisierungsthese in der politischen Kommunikation. Westdeutscher Verlag. Wiesbaden. 2000 S 18
50 Blumler, Jay G./ Kavanagh, Dennis : The Third Age of Political Communication: Influences and Features. Political Communication. Taylor & Francis. No. 16. 1999. S 213-14
16 von 67
Handlungselite
Umfassende Orientierung an redaktionellen Nachrichtenwerten
Regieren als permanente Kampagne zur Legitimation von Herrschaft
Grenzen zwischen policy making und news making ver- schwimmen
Umfassende Orientierung an news cycles
Professionelle Auftrittsplanung
Inszenierung kamera- gerechter Ereignisse
Bemühen um mediengerechte Selbstdarstellung
Anwendung zunehmender Negativität
Forcierung von opposition research
Medienlogik als vorrangige Maxime in jeder Situation
Drohender Verlust der Autonomie der Journalisten
Reaktion: fighting back
Starke Verknappung des Anteils der Wahlkampfbericht- erstattung in Fernsehen und Printmedien.
Dominanz des interpretativen Journalismus
Sportive Dramatisierung von Wahlkämpfen
Konzentration auf die Spitzenkandidaten
Kommunikative oversaturation
Rückgang der Einschaltquoten bei Fernsehnachrichten, politischen Fernseh-debatten und politischen Ansprachen
Zunehmender Zynismus gegenüber politischen Eliten und Institutionen
Tabelle 151
5.2.2. Kritik
Soweit die Liste von Hofer, ergänzt durch Thesen der führenden Wissenschafter auf diesem Gebiet.
Nun liegt jedoch die Annahme nahe, dass nicht alle oben genannten Entwicklungen das Ergebnis
einer Amerikanisierung sind (siehe Kapitel 5.c) ). Eine solche Argumentation würde eindeutig zu
kurz greifen. Festzuhalten ist, dass die oben genannten Entwicklungen, natürlich in ihren
Ausformungen und ihrer Intensität unterschiedlich, in Österreich seit dem Zweiten Weltkrieg
stattgefunden haben. Welche und inwiefern sie ein Ergebnis US-amerikanischen Einflusses sind,
sollen die folgenden Theorieabhandlungen und die Untersuchung der Fallbeispiele klären. Der
Begriff Amerikanisierung ist in der Öffentlichkeit negativ konnotiert, seine Definition ist
schwammig, denn in sie fließen zum Großteil undifferenzierte Vorstellungen über das
Funktionieren des Politikbetriebes sowie über das Verhältnis von Politik und Medien ein. Kritik
51 Die Darstellung wurde leicht verändert übernommen aus: Plasser, Fritz (Hg.) : Globalisierung der Wahlkämpfe. Praktiken der Campaign Professionals im weltweiten Vergleich. Plasser, Gunda. WUV-Univ-Verlag. Wien. 2003 98-100
17 von 67
daran üben Sarcinelli und Marcinkowski. Sie warnen vor der popularisierten Vorstellung von einer
von den “Medien getriebene Demokratie” in der alles “was in der Wissenschaft noch zurückhaltend
und durchaus kontrovers diskutiert wird”52, für jene, die der These glauben schenken, schon längst
entschieden sei. Man sollte also nicht populärwissenschaftlich vereinfachend von einer die Politik
gänzlich regierenden Medienmacht ausgehen. Sarcinelli betont hierzu, dass Kommunikation zwar
ein universales Strukturelement für Politik als komplexes Regelungssystem für die Herstellung
kollektiv verbindlicher Entscheidungen ist, jedoch erschöpfe sich Politik nicht in Kommunikation.53
Kommunikation wird erst in Phasen der Problemartikulation und dann auch in der
Politikentscheidung dominant. In den vorhergehenden Phasen von Politik, nämlich jenen Teilen der
Routinepolitik und der Problembearbeitung spielt Kommunikation lediglich eine untergeordnete
Rolle. Die Amerikanisierungsthese spielt nur auf den öffentlichen Teil von Politik an. Es ist von
Bedeutung dies festzuhalten, um einer populären Vereinfachung des Politikbegriffs vorzubeugen.
5.3. Diffusionsthese vs. Modernisierungsthese
Diffusionstheorie Modernisierungsthese
Prozess Gerichtete, einseitige Konvergenz Ungerichtete, multidirektionaleKonvergenz
Ergebnis Vollständige Übernahme und Implementierung amerikanischer Wahlkampfkonzepte und -strategien
Annäherung der politischen Kommunikationslogik
Charakteristische europäische Komponenten politischer Kommunikation bleiben im Kern erhaltenAmerikanisierung als Synonym für Modernisierung und Professionalisierung
Tabelle 2
Nun ist man sich in der Wissenschaft zwar einig darüber, dass Entwicklungen in den USA Einfluss
auf europäische Wahlkämpfe haben, aber weder darüber, wie groß dieser ist, noch wie sich dieser
äußert. Aus diffusionstheoretischer Sicht handelt es sich bei der Amerikanisierung der politischen
Kommunikation um einen gerichteten, einseitigen Konvergenzprozess in dessen Zuge eine
ungebremste “transnationale Diffusion”54 amerikanischer Wahlkampfstandards stattfindet (siehe
Abb. 1). Die Vertreter dieser Theorie gehen davon aus, dass sich “[z]entrale Parameter der
52 Marcinkowski, Frank (Hg.) : Medien und Demokratie : europäische Erfahrungen. Haupt Verlag. Wien. 2006. S 9753 Sarcinelli, Ulrich (Hg.) : Politische Kommunikation in Deutschland. Medien und Politikvermittlung im
demokratischen System. VS Verlag für Sozialwissenschaften. Wiesbaden. 2011. S 1854 Plasser, Fritz (Hg.) : Globalisierung der Wahlkämpfe. Praktiken der Campaign Professionals im weltweiten
Vergleich. Plasser, Gunda. WUV-Univ-Verlag. Wien. 2003. S 37
18 von 67
Handlungslogik politischer Kommunikationsakteure in Westeuropa [..] der kommunikativen
Prozeßlogik in den USA”55 annähern. Das Ergebnis sei “eine [..] einseitige Konvergenz zwischen
US-amerikanischer und europäischer Wahlkommunikation, bei der unabhängig von institutionellen
und gesetzlichen Restriktionen der politischen Wettbewerbssituation europäische
Kommunikationsakteure zentrale Axiome und strategische Parameter US-amerikanischer Akteure
übernehmen.”56 Es kommt also, ungeachtet kultureller Identitäten europäischer Staaten, zu einer
“vollständigen Übernahme und Implementierung typisch US-amerikanischer Wahlkampfkonzepte
und -strategien”57. Die Vertreter der Modernisierungsthese gehen von folgendem Szenario aus:
Beinah alle kapitalistischen Gesellschaften durchlaufen ähnliche soziale und politische
Veränderungsprozesse, die immer wieder neue soziale Praktiken erfordern, um spezifische Ziele zu
verwirklichen.58 In den USA sind diese Veränderungen immer am weitesten entwickelt, weshalb
auch neue Praktiken in der Regel als erstes in den USA entwickelt und dort als erstes Anwendung
finden. Das bedeutet für die politische PR, dass Indikatoren der staatlichen Legitimationskrise als
Entstehungsbedingung politischer PR in den USA am stärksten ausgeprägt sein müssten – z.B. im
Vergleich zu Deutschland oder Österreich.59 Was spricht nun für oder gegen eine der beiden
Thesen? Hofer geht davon aus, dass “[d]ie These einer ungefilterten und linearen Übertragung von
nordamerikanischen Standards [..] auf Europa [..] keinesfalls haltbar”60 ist, er zählt also eindeutig zu
den Vertretern der Modernisierungsthese. Auch Plasser geht von einer “ungerichteten
Konvergenz”61 aus. Sarcinelli konstatiert, dass der Handlungsspielraum für politische
Kommunikation pfadabhängig und “von der Eigenlogik der jeweiligen institutionellen
Bedingungen”62 stark beeinflusst wird. Außerdem beteuert er, dass “die institutionelle Eigenlogik
und nationale [..] politisch-kulturelle Faktoren politische Kommunikation fördern oder behindern
können, in jedem Falle aber stark beeinflussen.”63 Er ist damit ebenfalls als Vertreter der
Modernisierungsthese einzustufen. Auch Mihr geht von einem multidirektionalen, wenngleich US-
55 Plasser, Fritz : Medienzentrierte Demokratie: Die “Amerikanisierung” des politischen Wettbewerbs in Österreich in Meixner, Wolfgang (Hg.) : Die Zukunft der österreichischen Demokratie. Trends, Prognosen und Szenarien. Pelinka, Anton; Plasser, Fritz. Signum Verlag. Wien. 2000. S 205
56 Ebd. 57 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können,
wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 3358 Vgl. Schulz, Winfried (Hg.) : Politische Kommunikation : theoretische Ansätze und Ergebnisse empirischer
Forschung zur Rolle der Massenmedien in der Politik. Westdeutscher Verlag. Wiesbaden. 1994. S 19459 Mihr, Christian (Hg.) : Wer Spinnt denn da? Spin Doctoring in den USA und in Deutschland. Eine vergleichende
Studie zur Auslagerung politischer PR. LIT Verlag. Münster. 2003. S 44-4560 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können,
wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 2561 Plasser, Fritz : Medienzentrierte Demokratie: Die “Amerikanisierung” des politischen Wettbewerbs in Österreich in
Meixner, Wolfgang (Hg.) : Die Zukunft der österreichischen Demokratie. Trends, Prognosen und Szenarien. Pelinka, Anton; Plasser, Fritz. Signum Verlag. Wien. 2000. S 205
62 Sarcinelli, Ulrich (Hg.) : Politische Kommunikation in Deutschland. Medien und Politikvermittlung im demokratischen System. VS Verlag für Sozialwissenschaften. Wiesbaden. 2011. S 29
63 Ebd.
19 von 67
dominierten Prozess aus.64 Von wenigen Ausnahmen abgesehen65 herrscht in der
Wissenschaftsgemeinde also breiter Konsens darüber, dass die Modernisierungsthese die
tatsächliche Einflussnahme amerikanischer Wahlkampfstandards besser zu erklären vermag.
Jene weiter oben dem Phänomen Amerikanisierung zugeordneten Entwicklungen der
Personalisierung und Negativität in Wahlkämpfen sind den Vertretern der Modernisierungsthese
zufolge als endogene Entwicklungen einzustufen. Der grundlegende Charakter kultureller und
institutioneller Rahmenbedingungen in Österreich bleibt weitgehend erhalten.
5.4. Adoption vs. Shopping Modell
In der praktischen Perspektive unterscheidet Plasser zwischen dem adoption und dem shopping
Modell.66 Dem Autor erscheint es sinnvoll, diese Unterscheidungen analog zu Amerikanisierungs-
und Modernisierungsthese zu verstehen. Bei den beiden Unterscheidungen geht es darum, die Art
und Weise zu erklären, auf die sich Wahlkampfmanager anderer Länder Anleihen an US-
Entwicklungen nehmen. Das adoption Modell geht davon aus, dass komplette Strategien und
Konzepte, die sich in amerikanischen Wahlkämpfe als erfolgreich erwiesen haben, übernommen
werden. Folge dessen ist Hofer zufolge die “klare Veränderung des nationaltypischen Charakters
von Kampagnen”67. Die politische Kommunikation in einem Land besteht bei dieser Methode zwar
auf ihre Eigenheiten, Entwicklungen werden jedoch ohne wesentliche Adaptionen übernommen. Es
geschieht also ein zumindest “[g]raduelles Ausblenden länderspezifischer, traditioneller
Wahlkampfstile”.68 Eines der bekanntesten Beispiel hierfür ist der Nationalratswahlkampf der SPÖ
im Jahr 1999, bei dem das Wahlkampf-Team der SPÖ in Augen vieler Beobachter in die
“Amerikanisierungsfalle” getappt ist (siehe Fallbeispiel 1999). Das shopping Modell hingegen,
welches von Hofer und Plasser als realistischer eingestuft wird, steht auch für eine Implementation
von bestimmten, übertragbar und passend erscheinenden Wahlkampfpraktiken. Der nationale
Charakter politischer Systeme wird hier jedoch berücksichtigt und gewahrt. Dies führt zu einer
“Professionalisierung” politischer Kampagnen außerhalb der USA und zu einer “Hybridisierung”69.
64 Mihr, Christian (Hg.) : Wer Spinnt denn da? Spin Doctoring in den USA und in Deutschland. Eine vergleichende Studie zur Auslagerung politischer PR. LIT Verlag. Münster. 2003. S 44
65 Mair, Judith: Spin Doktoren. Die strategische Inszenierung als wirkungsvolles Element in der modernen Politikvermittlung Österreichs. Diplomarbeit. Universität Wien. 2001 und Kaiser, Barbara : Strategien der politischen Inszenierung. Wie public relations, Medien und Politik Ereignisse und Images inszenieren. Diplomarbeit. Universität Salzburg. 2004. S 147
66 Plasser, Fritz (Hg.) : Globalisierung der Wahlkämpfe. Praktiken der Campaign Professionals im weltweiten Vergleich. Plasser, Gunda. WUV-Univ-Verlag. Wien. 2003 39-41
67 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 34
68 Plasser, Fritz (Hg.) : Globalisierung der Wahlkämpfe. Praktiken der Campaign Professionals im weltweiten Vergleich. Plasser, Gunda. WUV-Univ-Verlag. Wien. 2003 S 39
69 Ebd. S 39-41
20 von 67
Shopping steht also dafür, dass nationale Wahlkampftechniken durch US-Entwicklungen lediglich
erweitert und ergänzt werden, wenn die strukturellen Bedingungen diesen Akt erfolgsversprechend
erscheinen lassen. Es herrscht Uneinigkeit darüber, welche der beiden Übertragungsmethoden
hierzulande dominant ist. Scheucher und Weissmann stellen eine Dominanz des adoption Modell in
Österreich fest. Sie begründen dies anhand von 4 Entwicklungen: die Präsenz externer US-Berater
bei Wahlkämpfen, politische TV-Werbung auf verschiedenen Privatsendern, negative campaigning
sowie die Zunahme der Berichterstattung über Wahlkampfstrategien70. Außerdem hält die
überwiegende Mehrheit der in den USA tätigen political consultants das adoption-Modell für das
dominierende.71 Hofer und Plasser sprechen sich jedoch für die Dominanz des shopping-Modells
aus. Der Autor dieser Arbeit behält sich sein Urteil vor, bis die drei konkreten Fallbeispiele anhand
der Theoriebasis untersucht wurden.
6. Vergleich der Systeme: USA – Österreich
6.1. Österreich und USA: Wahlkampfkulturen im Vergleich
Bevor ein historischer Überblick über die Entwicklungen von Wahlkampfkulturen in Österreich und
den USA gegeben wird, soll hier auf die in der Literatur angedeuteten grundsätzlichen Unterschiede
zwischen Wahlkämpfe in der Alpenrepublik und jenen in den USA eingegangen werden.
Auch wenn viele Beobachter eine Annäherung Österreichs an die Methoden amerikanischer
Wahlkämpfe attestieren, gibt es eklatante Unterschiede zwischen den beiden Staaten.
Plasser unterscheidet die beiden verschiedenen Stile wie in der folgenden Tabelle beschrieben:
USA Österreich/ Westeuropa
kandidatenzentriert
consultant-orientiert72
kapitalintensiv
durch exzessives Fundraising und
Fernsehwerbung gekennzeichnet
von externen Beratern geplant
hochprofessionalisiert und spezialisiert
parteienzentriert
organisationsorientiert
durch staatliche Parteien- und
Wahlkampffinanzierung und kostenlose
Sendezeiten im TV gekennzeichnet
von Parteimanagern geplant
von parteilichem Professionalismus
70 Vgl. Scheucher, Christian/ Klaus Weissmann: Shopping in Übersee. Wahlkampf-Wissenstransfer aus den USA nachÖsterreich in Althaus, Marco (Hg.) : Kampagne! Neue Strategien für Wahlkampf, PR und Lobbying. Münster. 2002.S 297-299
71 Plasser, Fritz : Globalisierung der Wahlkämpfe: Praktiken der Campaign Professionals im weltweiten Vergleich/ Plasser, Gunda. WUV-Universitäts-Verlag. Wien 2003. S 12
72 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 51
21 von 67
sowie hochgradig individualisiert
nur auf registrierte Wählergruppen
fokussiert
durch zielgruppenorientierte
Mikrobotschaften gekennzeichnet
getragen
zentral koordiniert
auf große Teile der Wahlberechtigten
ausgerichtet
auf an große Wählergruppen adressierte
Makrobotschaften ausgerichtet 73
Tabelle 3
Die USA und Österreich unterscheiden sich nicht nur in ihrer Art, Wahlkämpfe zu führen sondern
auch beim Wahlsystem sowie der Parteienlandschaft. Während in den USA das Mehrheitswahlrecht
herrscht, hat Österreich ein Wahlsystem auf der Grundlage der Verhältniswahl und Listenwahl und
während die USA von zwei Parteien dominiert werden, hat Österreich ein Mehrparteien-System.
Dabei sollte man beachten, dass der Stil von politischer Kommunikation und Wahlkämpfen zwar
nicht durch strukturelle Bedingungen determiniert, aber erheblich von ihnen beeinflusst wird.
6.2. Politische Kultur in Österreich und den USA
Im diesem Teil der Arbeit soll ein Überblick über die Phasen politischer Kultur in der
Bundesrepublik Österreich und in den Vereinigten Staaten von Amerika gegeben werden.
Das Ziel des Vergleiches ist es zu zeigen, dass trotz markanter Unterschiede in beiden
Ländernzeitversetzt teilweise analoge politische, mediale und gesellschaftliche Veränderungen
geschehen sind, die partiell auch zu analogen Ergebnissen in der politischen Kommunikation
geführt haben.
6.2.1. 3 Phasen des Wahlkampfes
Die Phasen des Wahlkampfes in westlichen Demokratien lassen sich historisch in drei verschiedene
Phasen einteilen. Diese Phasen werden in der Literatur zum Teil auf verschiedene Weise
beschrieben, bei der folgenden Einteilung beruft sich der Autor auf Plasser74:
Vormoderne Phase
Die wichtigsten Merkmale dieser Zeit sind Parteidominanz sowie die Dominanz der Printmedien.
Politische Strukturen sind in dieser vormodernen Phase noch stabil, die Wählerschaft unterteilt sich
73 Plasser, Fritz (Hg.) : Globalisierung der Wahlkämpfe. Praktiken der Campaign Professionals im weltweiten Vergleich. Plasser, Gunda. WUV-Universitätsverlag. Wien. 2003. S 114
74 Plasser, Fritz (Hg.) : Globalisierung der Wahlkämpfe. Praktiken der Campaign Professionals im weltweiten
Vergleich. Plasser, Gunda. WUV-Universitätsverlag. Wien. 2003. S 30-37
22 von 67
durch traditionelle Lagerbindungen und weist dadurch ein stabiles Wahlverhalten auf. Die
wichtigsten Kommunikationsmittel im Wahlkampf waren die Parteipresse, Radioansprachen und
Großkundgebungen.75
Moderne Phase
Diese Phase beginnt durch den Aufstieg des Fernsehens zum wichtigsten Medium der
Politikvermittlung. Diese Position konnte das Medium bis heute behaupten. Die neuen Medium
erforderte von Seiten der Parteien neue Strategien und Vorgehensweisen, um Wählerstimmen für
sich zu gewinnen. Dazu gehört vor allem das mediengerechte Auftreten der Spitzenkandidaten der
Parteien im Rahmen von TV-Debatten.76 Der Rückgang der Parteibindungen in dieser Phase drückte
sich letztendlich durch das Aussterben der Parteipresse aus. Eine weitere Folge der stagnierenden
Parteibindungen war die steigende Anzahl an Wechselwählern und jenen, die sich erst kurz vor der
Wahl für eine Partei oder einen Kandidaten entschieden.
Postmoderne Phase
Diese Phase besitzt nach Plasser die folgenden Merkmale:
Multimediale Kanalvielfalt
Kritisch-reflexiver Journalismus
Verbreitung von zielgruppengerechten Mikrobotschaften
Diese Phase zeichnet ein hohes Wechselwählerpotential aus, welches die Parteien durch das
Versenden von Mikrobotschaften für sich zu gewinnen versuchen. Hofer drückt dies wie folgt aus:
“Dem hoch mobilen Wählerverhalten dieser Phase wird permanenter Wahlkampf
entgegengesetzt, der von hoch professionalisierten und spezialisierten Wahlkampfstäben
inszeniert wird”77 Ziel in dieser Phase ist es also, Wähler so direkt wie möglich anzusprechen.
6.2.2. Phasen der politischen Kultur in Österreich
Im nun folgenden Teil soll ein Überblick über die Entwicklung politischer Kultur in der
Bundesrepublik Österreich gegeben werden indem die Entwicklung des Parteiensystems gekoppelt
an analoge Entwicklungen in Wahlkämpfen basierend auf den oben genannten Phasen dargestellt
75 Vgl. Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 33-35
76 Vgl. Rainer, Armin : Politische Beratung in Österreich. Aufbruch am Markt politischer Inszenierung. Diplomarbeit. Universität Wien. 2010. S 56
77 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 31
23 von 67
werden.
1. Phase: Versäulte Konkordanzdemokratie und vormoderner Wahlkampf
Parteiensystem
Diese Phase erstreckt sich vom Jahr 1945 bis zum Ende der 1960er Jahre. Mit Ausnahme der
provisorischen und ersten Staatsregierung unter Karl Renner wurde die Bundesrepublik bis 1966
ausschließlich von großen Koalitionen regiert, die durch breiten Konsens der politischen Eliten
gekennzeichnet waren. Dieses Streben nach Harmonie und Konsens fand vor allem in der
Institutionalisierung der Sozialpartnerschaft sowie der Durchdringung des öffentlichen Lebens mit
dem Proporzsystem Ausdruck.78 Die Großparteien SPÖ und ÖVP erhielten von 1956 bis 1983 stets
mehr als 90% der Wählerstimmen. Sie verfügten in dieser Zeit noch über eine große
Stammwählerschaft, außerdem genossen die politischen Institutionen im Allgemeinen hohes
Vertrauen in der Bevölkerung. Die durchschnittliche Wahlbeteiligung bei Nationalratswahlen in
dieser Periode lag bei rund 95%.79 Die Bundesrepublik war zu dieser Zeit eine “versäulte
Konkordanzdemokratie”.80 “Versäult” wegen einem starren politischen Lagersystem zwischen den
Parteien. Die Klassen- und Religionszugehörigkeit ist in dieser Phase die wesentlichen
Determinanten des Wahlverhaltens der Bürger. Der Begriff “Konkordanzdemokratie” beschreibt die
weit verbreitete Konsensorientierung der politischen Eliten während dieser Zeit. Die Anzahl der
Wechselwähler war in dieser Periode äußerst niedrig. Die großen Issues dieser Zeit waren
“Wiederaufbau”, “Unabhängigkeit” und “Demokratie”.81
Vormoderner Wahlkampf
Der Nationalratswahlkampf bis Mitte der 1960er Jahre war vor allem arbeitsintensiv und
parteienorientiert. Tür-zu-Tür-Kontakt, Plakate, Parteipresse und Printmedien allgemein waren die
wichtigsten Mittel, um einen Wahlkampf zu führen. Der organisatorische und weniger, der
werbetechnische Aspekt des Wahlkampfmanagements waren entscheidend.82 Der
Kommunikationsstil politischer Eliten war “durchwegs auf Ansprachen, Reden und schriftliche
Presseerklärungen beschränkt.”83 Die ad hoc Form des Wahlkampfes war vorherrschend und
78 Ebd. S 6679 www. statistik .at/web_de/static/k36_054435.pdf Statistik Austria. Statistisches Jahrbuch 2013. S 513. vom 13. Mai
2013, 21:30 Uhr80 Vorlesung Heinisch „Einführung in die Österreichische Politik I“ WS 2012/13. Power-Point Folie: 03 Politische
Kultur. S 5-781 Ebd. 82 Vgl. Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie
können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 3083 Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit. Universität Wien. 2011. S 36
24 von 67
erfolgreich, da noch weitgehend stabile “cleavages”, also traditionelle Lagerbindungen, in der
Gesellschaft vorhanden waren. Die Parteien zeichneten sich durch programmatische an die
traditionellen sozialen Schichten gebundene, Unterschiede aus. Mithilfe Botschaften von mit
inhaltlicher Substanz versuchte man hauptsächlich, an die Loyalität der Stammwähler zu
appellieren.
Entwicklungen in den Subsystemen
Medien Politik Wählerschaft
Dominanz der Printmedien –Parteipresse – Persönlicher
Kontakt
Konsensorientiertheit der Eliten– Programmatisch-ideologische
Unterschiede
Stabile Lagerbindungen – hoheWahlbeteiligung (über 90%)
Tabelle 4
2. Phase: Begrenzte Konkurrenz- und Beteiligungsdemokratie und moderner
Wahlkampf
Parteiensystem
Diese Phase beginnt in den 1960er Jahren und endet Mitte der 1980er Jahre. Sie wird von Heinisch
als “begrenzte Konkurrenz- und Beteiligungsdemokratie”84 bezeichnet. Weil keine neue große
Koalition zustande kommt, zeigen sich erste Brüche in der Konsensorientiertheit der politischen
Eliten sowie der Lagermentalitäten auf Außerdem treten neue soziale Bewegungen auf den Plan.
Eine ausgeprägte Sozialpartnerschaft und unzählige einstimmige Gesetzesbeschlüsse weisen jedoch
darauf hin, dass die Konsensorientiertheit weiterhin vorhanden war. Der beginnende Zerfall der
Lagermentalitäten ist auf die zunehmende Tertiärisierung der Gesellschaft zurückzuführen. Durch
die steigende Dominanz des tertiären Dienstleistungssektors in der Wirtschaft beginnt die
weitgehende Auflösung der traditionellen politischen und sozialen Milieus und Klassen. Dies hat
den Rückgang der traditionellen Kernwählerschichten sowie die Zunahme der Issue- und
Wechselwähler zur Folge. Ab 1966 wird die Bundesrepublik Österreich erstmals (mit der genannten
Ausnahme) nicht von eine großen Koalition regiert. Die politischen Institutionen in diesem
Zeitraum genießen weiterhin hohes Vertrauen in der Bevölkerung.85
Moderner Wahlkampf
Der moderne Wahlkampf konzentriert sich zunehmend auf die Spitzenkandidaten der Parteien.
Plasser stellt fest, dass langsam “[e]in neuer Stil der kandidatenzentrierten Politik [..] den alten Stil
84 Vorlesung Heinisch “Einführung in die Österreichische Politik I” WS 2012/13. Universität Salzburg. Power Point Folie: 03 Politische Kultur. S 9
85 Ebd.
25 von 67
der parteienzentrierten Wahlkämpfe”86 ersetzt. Dies ist vor allem auf das Aufkommen eines neuen
Mediums zurückzuführen: dem Fernsehen. Dieses entwickelt sich im Laufe der 1960er Jahre zum
zentralen Medium der Darstellung von Politik. “Kameragerechtes Auftreten des Kandidaten, also
professionelles impression management [..] [waren] dabei entscheidend.”87 1971 hatten bereits 71
Prozent der Bevölkerung ein Fernsehgerät in ihrem Haushalt, 61 Prozent sahen mehrmals pro
Woche die Zeit im Bild.88 Bruno Kreisky, von 1970 bis 1983 Bundeskanzler der Bundesrepublik,
war der erste dem es gelang, sich als “Medienkanzler” zu etablieren. Damit war der auch der erste,
der seinen Politikstil an die Produktionsbedingungen der Medien, in diesem Fall vor allem dem
Fernsehen, angepasst hat. Die wichtigsten Erfolgsfaktoren um die zunehmende Anzahl der
Wechselwähler für sich zu gewinnen, waren die gekonnte Vermarktung der Persönlichkeit (Image-
building) und des Images der Spitzenkandidaten.
Entwicklungen in den Subsystemen
Medien Politik Wählerschaft
Bedeutungsverlust der Parteipresse
Aufstieg des Fernsehens, wird bis Anfang der 1970er Jahre daswichtigste Medium der Politikdarstellung.
Erste Konsensbrüche treten auf
Effektive Sozialpartnerschaft sorgt jedoch weiterhin für Elitenkonsens
Personalisierung durch das Fernsehen
Beginn der Auflösung der traditionellen politischen und sozialen Milieus und Klassen
Sinkende Wahlbeteiligung (< 90%)
Zunehmende Anzahl von Wechselwählern, Issue-Wählern und “Spätentscheidern”
Tabelle 589
3. Phase: Auszug aus dem Parteienstaat und postmoderner Wahlkampf (?)
Parteiensystem
Die dritte Phase der politischen Kultur in Österreich begann nach Heinisch im Jahr 1986 und hält
bis in die Gegenwart an. Im Zuge der Nationalratswahl 1986 konnte die FPÖ, erstmals unter der
Führung von Jörg Haider, ihre Stimmen auf ca zehn Prozent verdoppeln, die Grüne Alternative
überwand die vier Prozent Hürde und zog mit acht Mandaten erstmals in den Nationalrat ein. Es
kam also, unter anderem auch durch das Entstehen des Liberalen Forums im Jahr 1993, zu einer
Ausdifferenzierung der österreichischen Parteienlandschaft und damit zu einer gesteigerten
86 Plasser, Fritz (Hg.) : Globalisierung der Wahlkämpfe. Praktiken der Campaign Professionals im weltweiten Vergleich. Plasser, Gunda. WUV-Universitätsverlag. Wien. 2003. S 22
87 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 30
88 Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit. Universität Wien. 2011. S 36-3789 Vgl. Schowanec, Gerald : Politische Kultur und Demokratie in Österreich nach 1945. Diplomarbeit. Universität
Wien. 2008. S. 98-100
26 von 67
Konkurrenz innerhalb der politischen Eliten des Landes. Die Wahlbeteiligung lag bei der
Nationalratswahl 1986 das letzte mal über 90 Prozent (90,5%). Durchschnittlich lag die
Wahlbeteiligung bei Nationalratswahlen von 1986 bis 2008 nur mehr bei 81 Prozent.90 Außerdem
stieg Wählermobilität bereits seit Mitte der 1970er Jahre stark an. Wählten im Jahr 1975 nur drei
Prozent der Wähler eine andere Partei als bei der vorigen Nationalratswahl, so waren es 1986
bereits 16 und 2008 sogar 28 Prozent. Der Anteil der Spätentscheider oder late-deciders stieg mit
ähnlichem Verlauf von fünf Prozent im Jahr 1975 zu 16 im Jahr 1986 und zu 33 Prozent im Jahr
2008.91
Postmoderner Wahlkampf
Spätestens seit den 1980er Jahren, jenem Zeitraum, in dem das Schlagwort Amerikanisierung in der
politischen Kommunikation erstmals aufkam, werden Nationalratswahlkämpfe in Österreich
marketingorientiert geführt. Ende der 1990er Jahre entstand durch die ersten privaten TV-Sender
sowie der flächendeckenden Verbreitung des Internets eine multimediale Angebotsvielfalt, derer
sich Parteien und Politiker von nun an bedienen konnten. Der “Aufstieg der Telepolitik”92, wie ihn
Plasser nennt, erreicht um die Jahrtausendwende seinen Höhepunkt. Das Fernsehen hatte die
Printmedien eindeutig von ihrem “Thron” verdrängt: Bezogen 1961 noch 61 Prozent der Wähler
ihre Informationen über politische Ereignisse aus der Berichterstattung in Tageszeitungen und nur
elf Prozent aus der Fernsehberichterstattung, bezeichnen 1999 nur mehr 23 Prozent die
Tageszeitung als ihre vorrangige politische Informationsquelle und 57 Prozent das Fernsehen.93
Damit stieg auch die Kapitalorientiertheit der Wahlkämpfe, die jedoch durch das Verbot politischer
Werbung im ORF, dem Träger des größten Marktanteils, erheblich eingegrenzt wird. Das
multimediale Umfeld wird zunehmend dazu benutzt, Mikrobotschaften an gewisse Gruppen im
mittlerweile stark segmentierten Wählermarkt zu senden. Seit Ende der 1980er Jahre wird auch
Meinungsforschung in politischen Wahlkämpfen in Österreich intensiver eingesetzt.
Entwicklungen in den Subsystemen
Medien Politik Wählerschaft
Fernsehen ist immer noch das bedeutendste Wahlkampfmedium
Fragmentierung der Öffentlichkeit durch neue
Legitimationskrise des Parteienstaates
Ab 1986 Entwicklung weg von Konsens in Richtung Konfliktdemokratie
Fortgeschrittene Fragmentierung der Gesellschaft
Einteilung der Wählerschaft in lifestyle clusters
90 www. statistik .at/web_de/static/k36_054435.pdf Statistik Austria. Statistisches Jahrbuch 2013. S 513. vom 13. Mai 2013, 22:00 Uhr
91 Vorlesung Heinisch WS 2012/13. Power-Point Folie: 03 Politische Kultur. S 892 Plasser, Fritz : Medienzentrierte Demokratie: Die “Amerikanisierung” des politischen Wettbewerbs in Österreich in
Meixner, Wolfgang (Hg.) : Die Zukunft der österreichischen Demokratie. Trends, Prognosen und Szenarien. Pelinka, Anton; Plasser, Fritz. Signum Verlag. Wien. 2000. S 206
93 Vgl. Ebd.
27 von 67
Medientechnologie: Internet
Langsame Aufbrechen des ORF-Monopols
=> Entstehung einer Vielkanalöffentlichkeit
Ausdifferenzierung des Parteiensystems
↓↓↓↓↓
Wahlkampf
Zunehmend kapitalorientiert, im Bezug auf jedoch mit wesentlichen Beschränkungen (TV-Werbung beschränkt sich auf relativ unbedeutende Privatsender, anhaltendes Verbot politischer Werbung im ORF)
Die Legitimationskrise des Parteienstaates, neue Informationstechnologie und eine steigende Anzahl an Wechselwählern führen zu steigender Nachfrage nach professioneller politischer Öffentlichkeitsarbeit: “In Anbetracht der Unerfüllbarkeit vieler sozialer Forderungen und dem sichabzeichnenden Mobilisierungsbestreben sozial benachteiligter Milieus”94 wurde eine neue Form der PR entwickelt, die durch in Medien vermittelte Bilder und deren Loslösung von Inhalten dafür sorgt, dass politische Herrschaft gesichert wird.95
Tabelle 6
Hofer konstatiert jedoch, dass die USA das einzige Land sind, in dem der postmoderne Wahlkampf
in all seinen genannten Facetten zutrifft.96 Rainer stellt fest, dass Österreich sich auf einer
Zwischenstufe zwischen dem modernen und dem postmodernen Wahlkampf befindet.97 Zum einen,
weil strukturelle Bedingungen des österreichischen Systems eine weitreichende Angleichung an das
amerikanische System verhindern, zum anderen weiß man noch nicht, ob es zu einer Angleichung
kommt, da die benannten medialen, politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, die in den
postmodernen Wahlkampf führen in den USA als erstes passiert sind. Außerdem muss der Einfluss
US-amerikanisch geprägter politischer Berater auf die Professionalisierung der politischen
Kommunikation in Österreich noch genauer untersucht werden. Erst anschließend daran kann ein
Urteil darüber gefällt werden, in welchem Ausmaß sich das österreichische System bereits in der
postmodernen Phase des Wahlkampfes befindet.98
7. Gelegenheitsstrukturen für Amerikanisierung
Bis jetzt ist klar geworden, dass es am sinnvollsten ist, die USA als dominanten Vorreiter in einem
94 Mihr, Christian (Hg.) : Wer Spinnt denn da? Spin Doctoring in den USA und in Deutschland. Eine vergleichende Studie zur Auslagerung politischer PR. LIT Verlag. Münster. 2003. S 66-67
95 Vgl. Plasser, Fritz (Hg.) : Globalisierung der Wahlkämpfe. Praktiken der Campaign Professionals im weltweiten Vergleich. Plasser, Gunda. WUV-Universitätsverlag. Wien. 2003. S
96 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können,wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 31
97 Rainer, Armin : Politische Beratung in Österreich. Aufbruch am Markt politischer Inszenierung. Diplomarbeit. Universität Wien. 2010. S 57
98 Ebd. S 58-61
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weltweiten und multidirektionalen Prozess der Professionalisierung politischer Kommunikation zu
sehen. Ob die Annäherung mit der shopping oder der adaption Methode geschieht, darüber muss
nach Ansicht des Autors bei jeder politischen Kampagne bzw. jedem Land einzeln geurteilt werden.
Zusammenfassend lässt sich behaupten, dass in Österreich seit dem 2. Weltkrieg Veränderungen in
der politischen Kommunikation geschehen sind, die trotz fundamentaler Unterschiede oft analog zu
denen in den USA waren, aber mit einer strukturellen Verspätung geschehen sind.
Zu den analogen, aber strukturell zeitversetzten Entwicklungen gehören:
Die Entwicklung des Fernsehens zum bedeutendsten Medium der Politikvermittlung
Die damit einhergehende Personalisierung von Politik
Die Auflösung traditioneller Wählerbindungen und damit das Wachstum des
Wechselwähler-Anteils in der Wählerschaft
Die Strukturelle Schwächung der Parteien
Der Begriff “structure of political opportunity” wurde 1972 von Peter Eisinger erstmals verwendet.
Er impliziert, dass “politische Strukturen für das Verhalten von Individuen und Organisationen in
Bezug auf Mobilisierung”99 von Wählerstimmen maßgeblich sind. Die durch die oben genannten
Veränderungen im Wähler- und Medienmarkt haben sich in Österreich spätestens seit Beginn der
1970er Jahre neue Gelegenheitsstrukturen entwickelt die das Land für amerikanische Methoden der
Politikvermittlung empfänglich gemacht haben.
8. Grenzen der Amerikanisierung
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, welche strukturellen Elemente im politischen System
Österreichs die Amerikanisierung, also das Einlenken der Politik auf eine postmoderne
Wettbewerbslogik, beschränken. Frenkenberger, die sich ausführlich damit beschäftigt hat, nennt
die folgenden, die Amerikanisierung begrenzenden Faktoren:
Begrenzte Personalisierung
Hier widerspricht Frenkenberger ihrer ursprünglichen These, Amerikanisierung im Sinne von
Personalisierung werde durch der österreichische Wahlsystem begrenzt. Der Spitzenkandidat ist in
Österreich genauso wie in den USA “äußerst zentral für Wahlkämpfe”.100
Lederer unterscheidet bei der Personalisierung der politischen Werbung zwischen drei Aspekten:
99 Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit. Universität Wien. 2011. S 31100 Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit. Universität
Wien. 2011. S 59
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1. Die Zahl der Politiker, die sich in der Öffentlichkeit befinden schrumpft, was dazu führ dass
immer weniger Werbekampagnen gemacht werden, die auf immer weniger Politiker
zugeschnitten sind.101
2. Inhaltliche und programmatische Unterschiede zwischen Parteien oder Kandidaten treten in
den Hintergrund und die Kandidaten selbst werden als Werbeargument eingesetzt.
3. Die politische Werbung konzentriert sich auf persönliche Eigenschaften des Kandidaten, die
nicht zwingend für die politische Arbeit von Belang sind.
Die Personalisierung politischer Wahlkämpfe ist in Österreich für ein Land mit der Listen- und
Verhältniswahl überdurchschnittlich stark ausgeprägt. Lederer nimmt als Beispiel dafür wiederum
den Nationalratswahlkampf 2006 her, bei dem in 75 Prozent aller Werbemittel nur ein Kandidat
präsent war.102 Außerdem ist die Anzahl der Politiker, die in TV-Spots vorkommen von 1994 bis
2009 deutlich gesunken. Lederer stellt jedoch für die Wahlgänge 2006 und 2009 fest, dass es “kaum
eine Hinwendung zu privaten Inhalten oder Rollendarstellungen gegeben”103 hat. Daraus folgert
Frenkenberger die Konklusion ziehen, dass Personalisierung in Österreich stattgefunden hat, sie
aber selten zu einer Entsachlichung der politischen Auseinandersetzung führt.104
Frenkenberger verortet trotz der überdurchschnittlich starken Personalisierung in Österreich einen
Intensitätsunterschied im Vergleich zu den USA, sodass “sich unterschiedliche strukturelle
Rahmenbedingungen des politischen Wettbewerbs zumindest teilweise” feststellen lassen.105
Außerdem begrenzt ihr zufolge die späte Dualisierung des österreichischen Fernsehsystems die
Personalisierung im Fernsehen.106
Begrenztes spin control
In den USA sind die Massenmedien in größerem Ausmaß als in Österreich ein Teil des
demokratischen Entscheidungsprozesses. Präsidenten müssen politische Koalitionen immer wieder
neu und im Bezug auf Einzelfragen formieren.107 Es geht vor allem um die Frage, welche Partei
oder welcher Kandidat sich bei welchem Thema durchgesetzt hat. In diesem Sinne “wird auch in
Österreich versucht, rechtzeitig bevor eine Entscheidung zu treffen ist, medial Stimmung für den
partei- bzw. ministereigenen Vorschlag zu machen”108. Themen- und Ereignismanagement kommt
auch in Österreich vor. Durch Themenmanagement wird versucht, nicht nur auf den Inhalt von
medialer Berichterstattung, sondern auch auf ihre Art maßgebenden Einfluss zu nehmen. Um dies 101 Lederer, Andreas : Politische Werbung in der Wahlkampfarena: Analysen politischer Werbekommunikation in
Plasser Fritz (Hg.) : Politiker in der Medienarena. Facultas Verlag. Wien. 2010. S 244-45102 Ebd. S 248 103 Ebd. S 250104 Vgl. Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit. Universität
Wien. 2011. S 62105 Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit. Universität
Wien. 2011. S 66106 Vgl. Ebd.107 Vgl. Ebd. 108 Ebd. S 67
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zu erreichen müssen politische Kommunikationsprozesse auf die Produktionslogik der
Massenmedien abgestimmt werden. Diese Aufgabe kommt Hofer zufolge immer mehr den political
consultants zu.109 Begrenzt wird die Professionalisierung durch US-Berater durch deren Probleme
beim Umgang mit österreichischen Parteihierarchien sowie ihrer von Kamps verorteten Ignoranz
gegenüber kulturellen und strukturellen Eigenschaften des politischen Systems der
Alpenrepublik.110
Hinzu kommen Übertragungsprobleme hinsichtlich Sprache und Mentalität. Das Engagieren von
Spin Doktoren oder politischen Beratern aus den USA wird Frenkenberger zufolge von allen
Wahlkampfleitern der Wahl 2006 außer Herbert Kickl als sinnvoll erachtet, “wenn sie punktuell,
etwa im Bereich der Meinungsforschung eingesetzt werden.”111 Josef Kalina, Kommunikationschef
der SPÖ von 2005 bis 2007, würde US-Beratern zwar nicht die gesamte Wahlkampfleitung
übertragen, aber er konstatiert, dass bei ihrer Einbindung in Kampagnen der SPÖ keine
organisatorischen Grenzen gesetzt sind: “Ein entscheidender Faktor ist, ob man eine Geschichte hat,
was die Amerikaner mit der Triangulation machen. Es geht darum welche Geschichte erzähle ich,
welche erzählen meine Gegner. Sieg und Niederlage entscheidet sich darüber welche Geschichte
setzt sich durch”.112 US-Berater und deren Expertise seien für eine Kampagne nur von Nutzen,
wenn der Parteivorsitzende den Input dieser umzusetzen weiß, betont dazu der langjährige ÖVP
Politiker Reinhold Lopatka. Parteiapparate und die beachtliche Machtfülle von Parteivorsitzenden
stellt demnach ein wesentliches Hindernis bei der Integration von externen Beratern in
Wahlkampagnen dar.
Begrenzte Negativität
Das Angreifen und Kritisieren des politischen Gegners ist eine Grundstrategie politischer Werbung.
Das Prinzip des Vergleichens gilt in der politischen im Gegensatz zur kommerziellen Werbung als
legitim. In der Definition von Amerikanisierung wurde negative campaigning als Teil dessen
vorgestellt. Dem widerspricht u.a. Josef Kalina, verantwortlicher Kampagnenmanager für den
Nationalratswahlkampf der SPÖ im Jahr 2006, und behauptet, Negativität hätte es in Wahlkämpfen
schon immer gegeben, es hätten sich lediglich sie Mittel geändert. Auch Frenkenberger erachtet die
Frage nach den Mitteln als wichtig, da sich die “Treffsicherheit” von Negativ-Kampagnen mit Hilfe
neuer Umfragemethoden enorm erhöht hätte.113 Doch obwohl die Negativität in österreichischen
109 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 71-21
110 Kamps, Klaus (Hg.) : Trans-Atlantik – Trans-Portabel? Die Amerikanisierungsthese in der politischenKommunikation. Westdeutscher Verlag. Wiesbaden. 2000. S 21-25
111 Vgl. Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit. Universität Wien. 2011. S 69
112 Ebd. 113 Vgl. Ebd. S 49
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Wahlkämpfen zunimmt, ist stark zu bezweifeln, dass Wahlkämpfe in Österreich jemals die
Negativität amerikanischer Kampagnen aufweisen werden. Dies ist zum einen auf den in Österreich
jahrzehntelang existierenden Parteienkonsens und zum anderen auf die verschiedenen Wahlsysteme
der beiden Länder zurückzuführen. In den USA wird das Mehrheitswahlrecht verwendet, es gilt
daher das “winner takes all” Prinzip. Von der sinkenden Wahlbeteiligung abgesehen kann man
davon ausgehen, dass Negativkampagnen dem Gegner schaden und dem eigenen Kandidaten
nutzen. In Österreich jedoch gibt es eine Verhältniswahl, bei der Parteien mit Blick auf
Koalitionsverhandlungen und Regierungsbildung vor allzu extremem negative campaigning
zurückschrecken. Negative Kampagnen bergen also im Verhältniswahlsystem Österreichs die
Gefahr, dass die getätigten Angriffe auf den Angreifer zurückfallen.114 Pelinka beschreibt das
österreichische System im Vergleich zum US-amerikanischen wie folgt: “The operational principle
[..] was not majority rule, but consensus.”115
Begrenztes Politisches Fundraising
In den USA stellt private Wahlkampffinanzierung die bei weitem wichtigste Einnahmequelle für
politische Kandidaten. Eine öffentliche Finanzierung von Wahlkämpfen gibt es zwar, diese spielt
jedoch nur eine marginale Rolle.116 Österreich hingegen ist das Mitglied der OECD (Organisation
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) mit der höchsten öffentlichen Parteien- und
Wahlkampffinanzierung. Kandidaten versuchen hierzulande deswegen nur äußerst selten,
persönlich Gelder für ihren Wahlkampf zu sammeln.
Begrenzte Professionalisierung
Im Rahmen der angeblichen Amerikanisierung der politischen Kommunikation wird stets von der
Professionalisierung dieses politischen Teilbereiches gesprochen. Ausdruck dieser
Professionalisierung ist neben technischen Weiterentwicklungen das Entstehen des neuen
Berufszweigs der political consultants. US-Berater wurden immer wieder in österreichische
Wahlkämpfe eingebunden, die Frage ist jedoch, ob es diesen Berufszweig auch in Österreich gibt.
Diese Frage kann mit weitgehender Sicherheit verneint werden. Hofer weißt zwar auf die Gründung
von Unternehmen in Österreich hin, die sich auf die Entwicklung politischer Kampagnen
spezialisiert haben. Diese Unternehmen stehen jedoch in engstem Kontakt zu Parteizentralen,
“[v]on einer völligen Loslösung von den Parteizentralen”117 kann also in Österreich nicht
114 Vgl. Ebd. S 52115 Pelinka, Anton : Austrian Political Culture. From Subject to Participant Orientation in Luther, Kurt/ Richard und
Peter Pulzer (Hg.) : Austria 1945 – 95. Fifty Years of the Second Republic. Ashgate Verlag. 1998. S 111116 Vgl Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie
können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 68117 Ebd. S 74
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gesprochen werden.
Plakatwahlkampf
Der in Österreich stark ausgeprägte Plakatwahlkampf begrenzt Frenkenberger zufolge Inhaltsleere
und Negativität im Wahlkampf.118 Sie verweist dabei auf eine Studie von Lederer die feststellt, dass
Plakate weniger personalisiert und weniger negativ als TV-Spots sind. Lederer stellt fest, dass im
Nationalratswahlkampf 2006 35 bis 50 Prozent Sachthemen behandelten.119
Die strukturellen Faktoren des politischen Systems in Österreich, welche eine Amerikanisierung
begrenzen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Das Listenwahlrecht sowie das Parteiensystem begrenzt Amerikanisierung im Bezug auf
Personalisierung
Das Verhältniswahlrecht “und der damit einhergehende Ausblick auf
Koalitionsverhandlungen” sowie das Verbot politischer Wahlwerbung im öffentlich-
rechtlichen Fernsehen begrenzen Amerikanisierung im Bezug auf negative campaigning.
Die Bedeutung der Parteiapparate begrenzt Amerikanisierung hinsichtlich
Professionalisierung durch Spin Doktoren (siehe NR-Wahlkampf 1999 der SPÖ)
Österreich ist ein Land mit enorm hoher öffentlicher Parteien- und
Wahlkampffinanzierung.120
9. Akteure
9.1. Professionalisierung der kommunikationspolitischen Elite: Ursachen
Die oben genannten Entwicklungen führen zur Professionalisierung der politischen
Öffentlichkeitsarbeit. Diese wird durch direkte Kontakte mit amerikanischen Politikberatern
vorangetrieben.121 Mihr veranschaulicht dies für Deutschland wie folgt:
118 Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit. Universität Wien. 2011. S 56
119 Lederer, Andreas : Politische Werbung in der Wahlkampfarena: Analysen politischer Werbekommunikation in Plasser Fritz (Hg.) : Politiker in der Medienarena. Facultas Verlag. Wien. 2010. S 268-269 in Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit. Universität Wien. 2011. S 58
120 Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit. Universität Wien. 2011. S 42-64
121 Vgl. Ebd. S 32
33 von 67
Gesellschaftliche und institutionelle Modernisierung ↓ ↓
Schwächung der politischen Parteien Steigende Bedeutung der Massenmedien
⤥ ⤦Steigende Marketingorientierung der Politik
⤋Adaption neuester i.W. in den USA
entwickelter Techniken und Strategiekonzepte
⤦ ⤥Erosion stabiler Bürger-Partei Beziehungen Entwicklung von Gegenstrategien der Massenmedienals Konsequenz der unsteten Kampagnenorientierung als Reflex auf Instrumentalisierungsversuche
Abb. 1122
Wie von Mihr teilweise schon angedeutet braucht es 3 gelegenheitsstrukturelle Entwicklungen,
welche die Einflussnahme amerikanischer Standards und Berater möglich und wahrscheinlich
machen:123
1. Die Legitimationskrise des Parteienstaates
2. Eine Informationstechnologische Revolution: Entwicklung des Fernsehens
3. Ein neuer Pool an Wechselwählern und late deciders
Diese Entwicklungen sind maßgeblich für den Eintritt in eine postmoderne Wettbewerbslogik im
politischen Betrieb. Wie bereits erwähnt, sind diese Entwicklungen in den USA um zwei bis drei
Jahrzehnte früher geschehen als in Westeuropa oder Österreich.
Die Entwicklung des Fernsehens führte dazu, dass Politiker ihr Erscheinungsbild und ihre
Botschaften dem neuen Medium anpassen mussten. Die frühzeitige Entwicklung des Fernsehens in
den USA führte nicht nur zu einer Anpassung von Politikern an das neue Medium, sondern zur
völligen Übernahme der Medienlogik in der politischen Kommunikation. Dies Entwicklung ist
ebenso trivial wie maßgebend für diese Arbeit: Vereinfacht ausgedrückt könnte man nach Meyer
behaupten, dass Politiker einige Zeit gebraucht haben um zu verstehen, dass das neue Medium
Fernsehen nicht unbedingt ihr Feind war, sondern dass sie sich dessen Reichweite und
Darstellungsformen zu Nutze machen können.124 Dadurch ist in den USA ab den 1960er Jahren ein
know-how darüber entstanden, wie man die neue Logik der Medien als Politiker oder Partei zu
Nutze machen kann. In Österreich, wo die Übernahme der Medienlogik erst im Laufe der 1970er
122 Das Modell wurde übernommen aus: Mihr, Christian (Hg.) : Wer Spinnt denn da? Spin Doctoring in den USA und in Deutschland. Eine vergleichende Studie zur Auslagerung politischer PR. LIT Verlag. Münster. 2003. S 47
123 Ebd. S 48-50 124 Meyer, Thomas : Mediokratie – Auf dem Weg in eine andere Demokratie? Aus Politik und Zeitgeschichte 15-16. 2002. S 7-9
34 von 67
und 1980er Jahren zu intensivieren begann, war es naheliegend, auf amerikanische Expertise
zurückzugreifen, da in den USA die Anpassung der Politikvermittlung an die Medienlogik bereits
erprobt worden war. Zusammenfassend lässt sich also sagen, wenn es in einem Land zu den
genannten Makroentwicklungen kommt, die im Namen einer endogenen Modernisierung
geschehen, wird es zur teilweisen Übernahme von Expertise kommen, wenn es um die Art geht, wie
Wahlkämpfe geführt werden. Je stärker sich das Land in Sachen Wählerschaft, Medienlandschaft
und politischem System von den USA unterscheidet desto unwahrscheinlicher ist eine
Amerikanisierung.
9.2. Aufstieg der politischen Beratung in den USA
“At the heart [..] was the problem of how to mediate between the democratic aspirations of ordinary men and women
and the conviction that elites must be able to govern without the impediment of an active or parcipitory public.”125
Grundlage für die Professionalisierung der politischen PR in den USA genauso wie in Österreich
war, wie im obigen Zitat angedeutet, eine Legitimationskrise des demokratischen Parteienstaates. Je
tiefer dieser in der Krise steckt, desto mehr steigt die Nachfrage nach professioneller
Politikvermittlung zur Legitimation von Herrschaft. Mit der Professionalisierung kam es auch zur
Entstehung eines neuen Berufszweigs: den political consultants.
Die Bedingungen für den Aufstieg der politischen PR traten in den USA wesentlich früher ein als in
Österreich. So verorten Mihr und Hofer den dortigen Beginn des Bedeutungsverlustes der Parteien
sowie die allmähliche Auflösung traditioneller Wählerbindungen bereits Ende der 1920er bzw. zu
Beginn der 1930er Jahre.126 Sie führen dies auf die “Abschaffung des persönlichen Parteien-
Patronage-Wesens”127 zurück. Bis zu diesem Zeitpunkt sicherten sich lokale Politiker durch die
persönliche Aufbringung von Leistungen Stimmen und finanzielle Unterstützung. Doch dieses
Patronage-System wurde durch Reformen abgeschafft, die zunehmend Macht an die präsidiale
Gewalt abgegeben haben. Die erste auf politische PR spezialisierte PR-Agentur wurde 1933 von
Clem Whitaker und Leone Baxter unter dem Namen “Campaigns Inc.” gegründet. Die Arbeit der
Agentur blieb jedoch bis nach Ende des Zweiten Weltkriegs ein Pionierunterfangen. Inzwischen
wurde das Fernsehen in den 1940er Jahren in den USA zum Leitmedium. Dies beschleunigte
wiederum den Bedeutungsverlust der Parteien und sorgte für die zunehmende Personalisierung der
Politik. Durch diese beiden Faktoren stieg die Nachfrage nach “Experten für politische PR”128 rasant125 Ewen, Stuart (Hg.) : PR! A Social History of Spin. New York. 1996. S 147126 Mihr, Christian (Hg.) : Wer Spinnt denn da? Spin Doctoring in den USA und in Deutschland. Eine vergleichende
Studie zur Auslagerung politischer PR. LIT Verlag. Münster. 2003. S 67127 Ebd. 128 Mihr, Christian (Hg.) : Wer Spinnt denn da? Spin Doctoring in den USA und in Deutschland. Eine vergleichende
Studie zur Auslagerung politischer PR. LIT Verlag. Münster. 2003. S 68
35 von 67
an. Schon Mitte der 1950er Jahre gab es Rosenbloom zufolge bereits zwischen 30 bis 40 Agenturen
in den USA, die sich auf politische PR spezialisiert hatten.129
In den 1960er Jahren schließlich kam es zu einem enormen Anstieg der Anzahl jener Kampagnen,
die professionell betreut wurden. Waren es nach Hofer 1960 noch 188 in den gesamten USA,
wurden 1968 bereits 650 und zu Beginn der 1970er Jahre schon über 900 Kampagnen in den
Vereinigten Staaten professionell betreut.130 In den Neunzehnachtziger Jahren schließlich
veränderten zwei grundsätzliche Entwicklungen die Branche: die Professionalisierung der
Meinungsforschung sowie die weiter zunehmende Fragmentierung des Medienmarktes.131 Diese
Entwicklungen führten zu einer weiteren Gründungswelle und zur Bedeutungszunahme der media
consultants. Der letzte große Entwicklungsschub geschah in den 1990er Jahren, als political
consultans ihre Tätigkeiten nicht mehr nur auf bundes- oder staatenweite Kampagnen beschränkten,
sondern nun auch auf der Sheriff und County-Ebene begannen, Kampagnen zu beraten.132
9.3. Political consultants – ein expandierender Berufszweig
Während der Berufszweig der political consultants in den USA bereist in den 1950er Jahren
bundesweit zu entstehen begann, kam es erst in den 1990er Jahren dazu, dass sich die
“internationale Beratungstätigkeit der Amerikaner [..] in ein globales Geschäftsfeld entwickelt”133
hat. Es entstand der Berufszweig der overseas consultancy. Das Forschungsfeld, welche genau
diese Entwicklung untersucht, ist ein sehr junges, das sich nach Plasser nur auf eine bescheidene
analytische Basis berufen kann “um die kausalen, dem Wachstum dieses weltweiten politischen
Geschäftsfeldes zugrundeliegenden Faktoren zu erklären”134. Plasser stellt fest, dass zwei Drittel
der führenden amerikanischen Kampagneberater von 1993 bis 2003 auch in ausländischen
Wahlkämpfen involviert waren. Dies gilt es multikausal zu erklären.135
9.3.1. Endogene Ursachen
Zum einen kam es bis zum benannten Zeitraum der 1990er Jahre zu einem Überangebot an political
consultants am heimischen Markt. Dies stellte einen wichtigen Anreiz dar, sich nach neuen
129 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 52
130 Ebd. 131 Vgl. Ebd. 132 Patterson, Samuel C. : The Political Culture of the American States. The Journal of Politics. Vol. 30. Nr. 1968. S
201-203133 Plasser, Fritz : Globalisierung der Wahlkämpfe: Praktiken der Campaign Professionals im weltweiten Vergleich/
Plasser, Gunda. WUV-Universitäts-Verlag. Wien 2003. S 71134 Ebd. 135 Ebd. S 69-70
36 von 67
Klienten außerhalb der USA umzusehen. Ein weiterer Grund dafür ist nach Plasser, dass große
amerikanische Beratungsfirmen zunehmend ihren im corporate consulting tätig sind. Diese Firmen
sehen dann die Beteiligung an ausländischen Wahlkämpfen als Chance, potentielle Kunden in
Unternehmen in den betroffenen Staaten zu finden. Novotny spricht hier sogar davon, dass
politische Kampagnenexpertise, professionelles Kommunikationsmanagement und strategische
Konzernberatung zu einem Geschäftsfeld zusammengewachsen sind.136 Ein weiterer Grund für die
Expansion der amerikanischen Beratungsbranche liegt am zeitlichen Rhythmus der amerikanischen
Wahlkämpfe. In den ungeraden Zwischenjahren gibt es in den USA keine Wahlkämpfe auf
nationaler Ebene. Beratungsfirmen haben jedoch auch in dieser geschäftlich mageren Zeit für die
Kosten ihrer Büros und Mitarbeiter aufzukommen. Aufträge im Ausland waren daher eine
willkommene Einkunftsquelle, um diese saisonalen Tiefpunkte als Beratungsfirma zu überwinden.
Außerdem erhöht auch die Arbeit für zum Beispiel für ausländische Premierminister den Marktwert
eines political consultant im Heimatland, dessen Markt von immer härterer Konkurrenz geprägt ist.
Abgesehen von den wirtschaftlichen Gründen lassen sich auch persönliche Motivationen als
Ursachen für die Expansion feststellen. Die Suche nach politischen Abenteuern sowie die Kenntnis
für oder die besondere Vertrautheit mit einem Land oder einer Region auf der Seite der consultants
spielt hier eine wichtige Rolle. Die Arbeit im Ausland stellt demnach eine willkommene
Abwechslung zur Beratungsroutine in den Vereinigten Staaten dar.137
9.3.2. Exogene Ursachen
Auf der anderen Seite gibt es auch transnationale Trends, welche die Nachfrage nach US-
amerikanischen political consultants erhöhen und erhöht haben. Hiermit ist der Autor auch bei einer
der Kernfragen dieser Arbeit angelangt, nämlich: Warum griff und greift man in westeuropäischen
Demokratien auf die Expertise US-amerikanischer Politikberater zurück? Warum engagiert man
zum Beispiel nicht politische Berater aus Russland?
Zum einen muss man festhalten, dass das Geschäft des political consulting keineswegs ein
homogen amerikanisches ist und sich gegenwärtig immer mehr hybridisiert. Dennoch stellen
sämtliche Autoren eine Dominanz der US-amerikanischen political consultants fest. Wie kommt zu
dieser Dominanz? Die Entwicklungen die moderne Demokratien nach dem zweiten Weltkrieg
durchlaufen haben, sind zusammengefasst: ein Wandel der politischen Kommunikationssysteme,
136 Novotny 2000: 21137 Vgl. Plasser, Fritz : Globalisierung der Wahlkämpfe: Praktiken der Campaign Professionals im weltweiten
Vergleich/ Plasser, Gunda. WUV-Universitäts-Verlag. Wien 2003. S 74
37 von 67
der “Aufstieg der Telepolitik”138, die extremierte Personalisierung der Wahlkämpfe mit der
zunehmenden Konzentration auf das Image sowie das öffentliche Auftreten von Spitzenkandidaten.
Dies sind allesamt Entwicklungen, welche die US-amerikanische Demokratie als die
fortgeschrittenste medienzentrierte Demokratie der Welt als erste erlebt hat. Sie führten zwanghaft
zur Entstehung von know-how und Expertise, wie man als Politiker mit diesen Entwicklungen
umzugehen hat.139 Die westeuropäischen Demokratien erlebten die benannten Entwicklungen
strukturell verspätet, als es jedoch dazu kam, stieg die Nachfrage nach den erarbeiteten Kenntnissen
auf US-amerikanischer Seite. Amerikanisierung in der politischen Kommunikation geschieht nach
Plasser am häufigsten indem ausländische politische Parteien und Kandidaten amerikanische
Konsulenten einladen, die die hochspezialisierte Funktionen übernehmen, die von den lokalen
Experten nicht erfüllt werden können, da in bestimmten Teilbereichen des Wahlkampfmanagements
noch nicht genug Expertise vorhanden ist. Zu diesen neuen Techniken gehört die
“forschungsgestützte Entwicklung von Botschaften und die zielgruppengerichtete Kommunikation
mit ausgewählten Gruppen von Wechselwählern mittels direct mail oder telefonischen
Marketingmethoden”140. Im nächsten Unterkapitel sollen jedoch die Formen der Involvierung US-
amerikanischer Berater genauer definiert und voneinander unterschieden werden.
9.4. Arbeitsmethoden der US-Berater
Um die Fallbeispiele weiter unten besser analysieren zu können, muss eine möglichst genaue
Analyse der Methoden und strategischen Vorgehensweisen in US-amerikanischen politischen
Kampagnen und jener der von dort geprägten Politikberater erfolgen. Nur so kann, nach der Ansicht
des Autors eine genaue Analyse der Fallbeispiele mit Hinsicht auf Amerikanisierung durchgeführt
werden. Nachdem oben die historische Entwicklung des Berufszweigs der political consultants in
den USA dargestellt wurde, soll in diesem Kapitel ein Überblick über die professionellen Methoden
amerikanischer Politikberater gegeben werden. Bevor in den unten liegenden Kapiteln auf
strategisches und taktisches Vorgehen US-amerikanischer Politikberater eingegangen wird, muss
noch der Unterschied zwischen Strategie und Taktik festgelegt werden. Das Oxford Dictionary
definiert Strategie als “a plan of action designed to achieve a long-term or overall aim”141 während
Taktik als “an action or strategy carefully planned to achieve a specific end”.142
138 Vgl. Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit. Universität Wien. 2011. S 36
139 Plasser, Fritz : American Campaign Techniques Worldwide. The Harvard Inertnational Journal of Press/ Politics. Vol. 5: Nr. 4. 200. S 33-54
140 Vgl. Plasser, Fritz : Globalisierung der Wahlkämpfe: Praktiken der Campaign Professionals im weltweiten Vergleich/ Plasser, Gunda. WUV-Universitäts-Verlag. Wien 2003. S 74
141 http://oxforddictionaries.com/definition/english/strategy vom 15. Juni 2013, 17:00 Uhr 142 http://oxforddictionaries.com/definition/english/tactic?q=tactic vom 15. Juni 2013, 17:00 Uhr
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9.4.1. Strategie
Eine Wahlkampagne hat in den USA folgende grundlegende strategische Voraussetzungen143:
1. Mass
Der Kandidat muss seine Aufmerksamkeit auf die größten Schwächen des politischen Gegenübers
richten.
2. Offense
Diese Strategie, wesentlich geprägt durch James Carvilles Vorgehen im Wahlkampf 1992, sieht vor,
den Gegner in einem Wahlkampf so schnell wie möglich in die Defensive zu drängen.
3. Simplicity
Botschaften müssen verständlich, effektiv und einfach sein.
4. Economy of Force
Hiermit ist der effiziente Einsatz der finanziellen und organisatorischen Mittel einer Kampagne
gemeint.
5. Manoevre
Man muss Botschaften glaubhaft verkaufen können und sich gleichzeitig Raum für eventuelle
Richtungsänderungen bewahren. Dies ist nach Rainer eine “essentielle, aber umso schwierigere
Voraussetzung[en] einer politischen Kampagne”.144
6. Unity of Command
Eine streng geregelte Hierarchie ist Hofer zufolge ebenso ein wichtiger Erfolgsfaktor.145 Ein
Merkmal, welches der Wahlkampf der SPÖ 1999 der Ansicht vieler Beobachter nach vermissen
ließ.
7. Surprise
Überraschungskandidaten, die kurz vor einer Wahl auftauchen, können ein effizientes Mittel sein,
um Wähler der anderen Seite zu sich zu holen. Hofer nennt hier als Beispiel die ÖVP, welche Karl-
Heinz Grasser von der FPÖ zu sich holte, was eine klare Aufforderung an die Wählerschaft der
FPÖ darstellte.146
8. Timing
Alles im Wahlkampf muss zum richtigen Zeitpunkt geschehen. Der richtige Zeitpunkt ist jener, der
einer Aktion wie einer Personalüberraschung die größte mediale und wählertechnische Wirkung
143 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können,wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 55-57
144 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können,wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 63
145 Ebd. 146 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater.
Was sie können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 150-151
39 von 67
verleiht.
9. Secrecy
Der Ausschluss der Öffentlichkeit ist eines der höchsten Gebote des modernen und
postmodernen Wahlkampfes.
Soweit die Liste von Hofer, die sich an den Verhältnissen der USA orientiert, aber auch teilweise
auf Österreich zutrifft. Plasser kommt in seinem revolutionären Werk “Globalisierung der
Wahlkämpfe” auf folgende Faktoren, welche eine Kampagne erfolgreich machen:
1. Zentrale Wahlkampfbotschaft
2. Kommunikationsfähigkeit bei Medienauftritten
3. Hinreichende Medienpräsenz
4. Persönlichkeit und Image des Kandidaten
5. Inhaltliche Sachkompetenz
6. Professionelle Medienberatung
7. Aussehen und Stil des Kandidaten
8. Rhetorisches Talent
9. Führungsqualitäten
10. geschlossene Unterstützung durch die Partei
Politische Erfahrung des Kandidaten 147
9.4.1.1. Message Development
Ganz oben bei Plassers Erfolgsfaktoren einer Kampagnen steht die Zentrale Wahlkampfbotschaft.
Deshalb widmen sich amerikanische Berater nicht zufällig zu Beginn eines Wahlkampfes als erstes
der Botschaftsentwicklung. Bevor ein Wahlkampf begonnen wird, erstellen US-amerikanische
Wahlkampfberater eine Art Situationsanalyse. Diese wird mit Hilfe der message box durchgeführt.
In dieser Box sollen vereinfacht die schlagkräftigsten Argumente des Wahlkampfes beider Seiten
dargestellt werden.148 Hier eine simplifizierte Darstellung einer message box:
147Filzmaier, Peter/Plasser, Fritz (Hg.) : Politik auf amerikanisch: Wahlen und politischer Wettbewerb in den USA. Nomos Verlag. Baden-Baden. 2005. S 117148 http://campaignhandbook.gef.eu/developing-messages-printversion/ vom 12. Juni 2013, 19:00 Uhr
40 von 67
Abb. 2149
Diese vereinfachte Version einer message box stellt keinen Vollständigkeitsanspruch. Sie soll
lediglich vermitteln, wie die Situationsanalyse zu Beginn eines Wahlkampfes erfolgt. Aus dieser
Box leiten sich schließlich die Wahlkampfbotschaften ab, die natürlich, bevor sie verbreitet werden
mit Hilfe von professioneller Meinungsforschung getestet werden. Konkret werden die Botschaften
auf ihre Wirkung hin mit Hilfe von focus groups (siehe 9.3.3.) getestet. Hofer betont hierzu “Eine
solche Auflistung gibt auch Aufschlüsse darüber, wo der eigene Kandidat bei Angriffen der
Gegenseite verwundbar ist.”150 Hat man als Wahlkampfleiter alle für die Kampagne tauglichen
Botschaften gesammelt geht es an die genauere Architektur der Kampagne. Man kann nicht alle
tauglichen Wahlkampfbotschaften in einen Wahlkampf stecken, dies würde zu
Orientierungslosigkeit in der Wählerschaft führen. Deshalb ist es mittlerweile zur Norm geworden,
drei Grundbotschaften aus diesem Pool auszuwählen. Diese bilden nun das message triangle. Man
beschränkt sich auf drei Grundbotschaften, um “effektiv kommunizieren zu können”.151
Wenn der Kandidat schließlich in den Medien präsent ist, soll er, egal unter welchen
Rahmenbedingungen, immer wieder auf diese drei Botschaften zurückkommen und diese
miteinander verknüpfen. Diese Methode wurde im Wahlkampf 1992 von James Carville erfolgreich
forciert, Stanley Greenberg versuchte im Wahllkampf 2002 mit Gusenbauer dieselbe anzuwenden
(siehe 10.2.). Aus dem message triangle ergibt sich auch die Methode des stay on message (auch
message discipline genannt). Damit ist die Kontinuität der Kommunikation im Sinne der drei
Grundbotschaften gemeint. Diese wurde im Wahlkampf 1999 Beobachtern zufolge vom
149 http://www.articlesbase.com/politics-articles/communications-consultant-dusty-trice-explains-the-message-box-3878263.html vom 17. Juni 2013, 15:00 Uhr
150 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können,wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 60
151 Ebd. S 61
41 von 67
Wahlkampfteam der SPÖ missinterpretiert (siehe 10.1.3.).
9.4.2. Taktik
Während sich nun schwer feststellen lässt, ob die oben genannten Strategieparameter politischer
Kampagnen als exklusiv amerikanisch zu definieren sind, ist dieses Verfahren bei den folgenden
Taktiken umso leichter. Dieses Kapitel behandelt die bekanntesten taktischen Manöver, die US-
amerikanische Berater in ihrem Wahlkampfarsenal besitzen.
Die unten genannten Taktiken wurden von James Carville, dem Wahlkampfleiter der Clinton-
Kampagne, in den 1990er Jahren das erste mal eingesetzt und in Folge darauf außerhalb der USA
nachgeahmt. Sie können daher getrost als amerikanisch bezeichnet werden.152
Speed kills (your opponent)
Darunter wird eine Wahlkampfstrategie verstanden die durch “möglichst schnelle Reaktion und
aggressive Kommunikation”153 dem Gegner so wenig Spielraum wie möglich für negative
campaigning zu überlassen. Diese Strategie wurde das erste mal im Präsidentschaftswahlkampf
1992 unter der Regie von Clinton-Berater James Carville benutzt. Die Methode wird von Hofer
auch “rapid fire communication” genannt.154
War room
Um die oben genannte Methode der rapid fire communication wirkungsmächtig einsetzen zu
können, braucht es neue strukturelle und organisatorische Voraussetzungen bei einem Wahlkampf.
Hier kommt der war room ins Spiel, dessen Nutzen darin besteht, dass Informationen innerhalb des
Wahlkampfes enorm schnell verarbeitet und durch die für die Kampagne nützlichen Kanäle wieder
verbreitet werden.155
Voter targeting
Hiermit ist der zielgruppenorientierte Verkauf von Wahlkampfbotschaften gemeint (siehe Tabelle
3). Dazu werden Mikrobotschaften anhand sogenannter focus groups sowie computergestützter
Datenverarbeitung erarbeitet und kontrolliert verbreitet. Beim voter targeting werden Botschaften
152 https://www.larouchepub.com/eiw/public/1998/eirv25n44-19981106/eirv25n44-19981106_068-president_clinton_should_listen.pdf vom 11. Juni 2013, 11:00 Uhr
153 Rainer, Armin : Politische Beratung in Österreich. Aufbruch am Markt politischer Inszenierung. Diplomarbeit. Universität Wien. 2010. S 60
154 Vgl. Siehe Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 47-49
155 Scammel, Margaret : The wisdom of the war room: US Campaigning and Americanization. Research Paper. Havard School of Economics. John F. Kennedy School of Government. 1997. S 1-2
42 von 67
nicht, wie in der vormodernen Phase des Wahlkampfes, an bestimmte soziale Klassen versendet.
Die Wählerschaft wird in lifestyle clusters eingeteilt, also Klassifizierungen, die Menschen nach
Wohnort sowie politischer und der Lebenseinstellung repräsentativ zusammenfassen sollen.
Diese Identifizierung von lifestyle clusters geht in der USA mittlerweile so weit, dass es
Wahlkampfexperten gelingt, ihre “Zielpersonen für Überzeugungsarbeit bis auf konkrete
Häuserblocks zu identifizieren”156. Ob nun Teile der Wählerschaft für die Botschaftsentwicklung
innerhalb der Kampagne überhaupt interessant sind, wird anhand der Klassifizierung in fünf
Wählergruppen entschieden: Jene die sich sicher für das andere Lager entscheiden, jene die das
wahrscheinlich tun werden, die Unentschlossenen, jene die sich wahrscheinlich für das eigene
Lager entscheiden werden, und jene, die dem eigenen Lager sicher ihre Stimme geben. Je nachdem,
welche strategische Situation in einer Kampagne vorherrscht, wird entschieden, auf welche
Gruppen man sich konzentriert. Zu den Überzeugungsmethoden gehören dann Direct Mail,
Telefonanrufe oder Hausbesuche.157
Framing the issue
Bei dieser Technik geht es um Kommunikationsmacht beziehungsweise die Macht des Agenda-
Settings. Darunter wird eine Methode verstanden, welche es dem Kandidaten erlaubt, das
Gesprächsthema vorzugeben.158 Als Beispiel nennt Hofer die Lewinsky-Affäre, bei der es dem
damaligen Clinton-Berater Paul Begala gelang, durch ein geschicktes message triangle die
Diskussion neu zu framen und sich somit aus dem “Argumentationsnotstand”159 zu befreien.
Triangulation
Diese von James Carville entworfene Methode besteht darin, ein Thema oder eine Forderung des
politischen Gegners aufzugreifen und es so zu übernehmen, dass es unverkennbar die eigene
Handschrift trägt. Dieses Thema soll schließlich im Wahlkampf geschickt platziert werden und
durch die einzigartige Adaption des eigenen Spitzenkandidaten “erobert” werden.
Clinton “eroberte” im Wahlkampf 1992 das Thema “Steuersenkungen” für sich, ein Thema,
welches die Republikaner seit geraumer Zeit besetzt hatten. Er ersetzte die Forderung der
Republikaner nach “Steuersenkungen für alle” durch die Forderung “Steuersenkungen für die
Mittelschicht” und kreierte so eine eigene Position zu dem Thema die, zusammen mit anderen
156 Ebd. S 48157 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie
können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 49-51158 Rainer, Armin : Politische Beratung in Österreich. Aufbruch am Markt politischer Inszenierung. Diplomarbeit.
Universität Wien. 2010. S 61159 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können,
wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 62-63
43 von 67
Faktoren, die ihm, eine zweite Amtszeit ermöglichte.160
9.4.3. Meinungsforschung
In der Meinungsforschung waren US-amerikanische Berater stets die Pioniere. Die
sozialwissenschaftliche Forschung in den USA ist “hoch spezialisiert, flächendeckend und in die
Tiefe gehend”161. Blumler und Kavanagh betrachten, und damit sind sie keinesfalls allein,
Meinungsforschung als “indispensable”162 für politische Kampagnen. Auch Filzmair meint, sie
seien zu einem “zentralen Element politischer Kampagnen geworden”.163 Radunski geht sogar
davon aus, dass political consultants in den USA “ihre Aktionen [immer] auf Studien der Markt-
und Meinungsforschung stützen”.164 Sowohl Botschaftsentwicklung als auch die gesamte Führung
und das Manövrieren des Wahlkampfs werden von Umfragen wesentlich beeinflusst. In den USA
gibt es fünf verschiedene Umfragemethode, welche im Rahmen von politischen Kampagnen
verwendet werden:
1. benchmark survey
Diese Umfragen werden zu Beginn einer Kampagne gemacht und sind dazu gedacht, den
Spitzenkandidaten einer Allgemeinanalyse zu unterziehen, wobei seine Schwächen und Stärken
analysiert werden sollen. Anschließend wird ein message triangle erstellt (siehe unten). Außerdem
sind diese Umfragen ein erster Anhaltspunkt für die Botschaftsentwicklung im Rahmen der
Kampagne.
2. focus groups
Focus groups sind kleine Gruppen von Menschen, zwischen denen Diskussionen über
gesellschaftlich relevante Themen aufgezeichnet werden. Ziel dessen ist, bisher unterschätzte oder
missachtete Themen ans Tageslicht und schließlich in die Botschaftsentwicklung mit einzubringen.
3. trend surveys
Dieser Umfragetyp unterscheidet sich von den vorigen beiden darin, dass er während des
Wahlkampfes in der Bevölkerung zirkulierende Stimmungen einfangen soll. Auf dieser Basis wird
auch analysiert, wie der Verlauf des Wahlkampfes in der Bevölkerung wahrgenommen wird. Diese
Umfragen dienen der Kampagne dazu, sich auf Stimmungsschwankungen besser einstellen und auf
160 Rainer, Armin : Politische Beratung in Österreich. Aufbruch am Markt politischer Inszenierung. Diplomarbeit. Universität Wien. 2010. S 61
161 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können,wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 49 in Rainer, Armin : Politische Beratung in Österreich. Aufbruch am Markt politischer Inszenierung. Diplomarbeit. Universität Wien. 2010. S 66
162 Blumler, Jay G./ Kavanagh, Dennis : The Third Age of Political Communication: Influences and Features. Political Communication. Taylor & Francis. No. 16. 1999. S 213
163 Filzmaier 2006 : 31164 Radunski, Peter (Hg.) : Wahlkämpfe. Olzog Verlag. München/ Wien. 1980. S 150 in Rainer, Armin : Politische
Beratung in Österreich. Aufbruch am Markt politischer Inszenierung. Diplomarbeit. Universität Wien. 2010. S 46
44 von 67
potentielle Wechselwähler richtig reagieren zu können.
4. dial meter analysis
Dieser Typ ist prinzipiell dasselbe wie eine focus group, nur dass hier nicht über allgemeine
Themen diskutiert wird, sondern TV-Spots der Kandidaten vor ihrer Ausstrahlung an möglichst
unvoreingenommenem Publikum getestet werden.
5. tracking polls
Dieser Umfragetyp kommt zum Einsatz, wenn der Wahltermin schon in nächster Nähe ist.
Mit tracking polls wird versucht, leichte Veränderungen in der Wählergunst kurz vor der
Wahl zu identifizieren um noch letzte Initiativen zu setzen. Sie setzen sich aus mehreren,
direkt hintereinander durchgeführten Umfragen zusammen und sollen ein Stimmungsbild
der Wählerschaft so genau wie möglich zeichnen.165
9.5. Formen der Involvierung in Kampagnen außerhalb der USA
Plasser stellt eine Liste der verschiedenen Formen der Involvierung US-amerikanischer consultants
in ausländischen Kampagnen auf, diese überschneidet sich zum Teil mit jener von Hofer, die bereits
im Kapitel Begriffsdefinitionen erläutert wurde. Die Unterscheidung von Plasser geht im Vergleich
zu Hofer mehr ins Detail.166
1. Consultant's consultants
Dieser Typ konzentriert sich sozusagen auf die Beratung der Berater. Diese Gruppe, Plasser meint
hier US-amerikanische Berater, sind auf das “Briefing und Training ausländischer Parteimanager
und lokaler Berater”167 spezialisiert. Die Tätigkeit dieser Gruppe findet meist in Form von
spezialisierten Seminaren statt, bevor oder während die Planung einer politischen Kampagne
beginnt.
2. Ad hoc consultancy
Diese Form der Involvierung geschieht im Falle eines strategischen Engpasses während einer
Wahlkampagne. Treten Situationen wie schwache Fernsehauftritte des Spitzenkandidaten, die
geplante Herausforderung in einem Fernsehduell oder ein Übermaß an strategisch wertlosen
Umfragedaten ein, kann dies dazu führen, dass die für den Wahlkampf Verantwortlichen den
165 Rainer, Armin : Politische Beratung in Österreich. Aufbruch am Markt politischer Inszenierung. Diplomarbeit. Universität Wien. 2010. S 67
166 Plasser, Fritz (Hg.) : Globalisierung der Wahlkämpfe. Praktiken der Campaign Professionals im weltweiten Vergleich. Plasser, Gunda. WUV-Univ-Verlag. Wien. 2003. S 76-77
167 Ebd. S 78
45 von 67
schnellen Rat eines US-Beraters für kurze Zeit in Anspruch nehmen.168 Dieser kann anschließend
neue strategische Anreize, wie man mit den genannten Problemen umgehen kann, beisteuern.
3. Task force consultancy
Wie bereits oben beschrieben, fehlt es nicht-amerikanischen Wahlkampfmanagern oft an
“Vertrautheit mit fortgeschrittenen Wahlkampftechniken”169. Zu diesen gehören wie oben schon
benannt die “datengeschützte, computerisierte Zielgruppenansprache, direct mail-Kampagnen oder
die Durchführung professioneller Telefon- oder e-mail-Kampagnen zur Wählermobilisierung”170.
Dazu kommt nach Kamps noch die Nachfrage nach Spezialisten für Fernsehwerbung, die Reaktion
auf Negativismus oder für Probleme mit message discipline und issue framing.171
In diesen Fällen wird ein hochspezialisierter US-amerikanischer Berater unter Vertrag genommen,
der in der Regel Teil des Wahlkampfteams wird und daher auch im betroffenen Land oft vor Ort ist.
4. Merchandizing consultant
Dieser Typus ist mit dem letzten eng verwandt. Gemeint sind damit jene Berater, die als specialists
im Sinne von Hofer engagiert wurden, und nun zusätzlich auch am Verkauf von
Kampagnentechnologie interessiert sind. Die Beratertätigkeit ist hier von der Bedeutung her
sekundär zum gewünschten Verkauf von Technologie.
5. General strategy consultant
Hier wird die Rolle des generellen Kampagnenmanagers entweder direkt oder indirekt von einem
US-amerikanischen consultant eingenommen. Dieser bestimmt dann in der Regel den gesamten
Modus und Ablauf einer Kampagne. Sie haben auch ein gewichtiges Mitspracherecht, wenn es um
die Generallinie der Kampagne geht. Die Position dieser Berater innerhalb der
Wahlkampforganisation ist meist eine informelle, Wahlkämpfe in Europa werden in der Regel von
Parteiangestellten geleitet, und trotzdem kann ihr Einfluss ausschlaggebend für die Kampagne sein.
9.6. US-amerikanische Berater im Ausland – overseas consultants
Joe Napolitan gilt als der erste US-amerikanische political consultant, der als solcher im Ausland
gearbeitet hat, als er den Wahlkampf der Phillipinen 1969 Ferdinand Marcos unterstützte.172
168 Edb.169 Ebd. 170 Ebd. S 79171 Kamps, Klaus (Hg.) : Trans-Atlantik – Trans-Portabel? Die Amerikanisierungsthese in der politischen
Kommunikation. Westdeutscher Verlag. Wiesbaden. 2000 172 Farrell, David M. : Political Consultancy Overseas: The Internationalization of Campaign
Consultancy. Political Science and Politics. Vol. 31. No. 2. 1998. S 171-176
46 von 67
Über den Zeitpunkt, an dem professionelles, modernes und amerikanisch geprägtes
Wahlkampfmanagement in Österreich Einzug gehalten hat, sind sich Wissenschafter nicht einig.
Frenkenberger geht vom Jahr 1970 als “Wendepunkt der österreichischen Wahlkampfpraxis”173aus.
Kreiskys Berater und Umfrageexperte, Karl Blecha, unternahm als erster Berater eines
österreichischen Politikers Bildungsreisen in die USA, um sich dort Wahlkämpfe anzuschauen und
sich an den dort erfolgreichen Methoden zu orientieren.174 Blecha war jedoch, so suggeriert es die
Quellenlage, ein einsamer Pionier, dem erst in den 1980er Jahren Kollegen aus allen Parteien
folgten und Studienreisen in die Vereinigten Staaten unternahmen. Plasser setzt deshalb die
Marketingrevolution auch im Zeitraum der 1980er an.175 Insgesamt sieht Plasser folgende
Entwicklungen als Anzeichen für die Professionalisierung von österreichischen Wahlkämpfen:
Werbeagenturen und ausländische BeraterInnen werden in Wahlkämpfe involviert.176
Parteien arbeiten mit externen Medien- und PR-Beratern, welche die Aufgabe haben,
Medienereignisse zu managen und zu inszenieren.
Der Ausbau demoskopischer Instrumente
Die Entwicklung von tracking polls
Die Erforschung des Marktes nach differenzierten Zielgruppen-Definitionen.
Der Einsatz von focus groups wird von allen Parlamentsparteien zunehmend beansprucht,
diese Entwicklung wird in den 1990er Jahren dominant.
Experimente mit TV-Spots im Privat-TV
Entwicklung von neuartigen Werbemitteln für das Internet
Und vor allem die Kooperation österreichischer Parteien mit political consultants aus den
USA.
9.7. US-Berater in Österreich
Obwohl nicht alle ausländischen Wahlkampfberater, die in Österreich seit 1970 tätig waren aus den
USA kamen, nehmen US-amerikanische Berater doch eine eindeutige Mehrheit ein.
Der Republikaner Walter de Vries beriet die ÖVP in den 1980er Jahren und half vor allem bei der
Umfrageforschung mit. Ein weiterer Umfrageforscher, Frank Luntz, kam für die ÖVP 1995 zum
Einsatz. In den 1990er Jahren wurde immer wieder von Beobachtern festgestellt, dass die FPÖ das
173 Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit. Universität Wien. 2011. S 40174 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können,
wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 75175 Plasser, Fritz (Hg.) : Globalisierung der Wahlkämpfe. Praktiken der Campaign Professionals im
weltweiten Vergleich. Plasser, Gunda. WUV-Univ-Verlag. Wien. 2003. S 42-45176 Vgl. Ebd.
47 von 67
beste Wahlkampfmanagement betreibe. Sie hätte den Trend zur Amerikanisierung als erste erkannt
und ihn für sich genutzt.177 Hofer zufolge wird von manchen Seiten behauptet, die FPÖ hätte US-
Berater für sich arbeiten lassen, beweisen lässt sich dies jedoch nur äußerst schwer. Bis auf
Seminare mit dem Demokraten Gary Nordlinger stellt Hofer fest, dass eine Beraterfunktion von
US-Experten weder bei den Grünen noch bei der FPÖ nachweisbar sei.178
Sämtliche fachkundige Autoren betonen, dass die SPÖ jene Partei in Österreich ist, welche den
engsten Kontakt zu US-amerikanischen consultants pflegte und pflegt.
Die Zusammenarbeit mit externen Beratern intensivierte sich im Laufe der 1990er Jahre. Bis
inklusive dem Nationalratswahlkampf 1999 beschränkte sich die Zusammenarbeit jedoch auf
“allgemeine Technikberatung” von Seiten der US-amerikanischen Experten.
Warum jedoch war die SPÖ vom know-how US-amerikanischer Berater derart angetan?
Auffallend beim engagierten Personal aus Übersee ist, dass mehr oder weniger alle von der SPÖ
engagierten Berater Teil des “war room” der Präsidentschaftskampagne von Bill Clinton waren
(siehe Fallbeispiele). “Der unerwartete Erfolg Clintons 1992, sein Image als Kommunikationsgenie
und sein Comeback nach schweren Rückschlägen als Präsident haben zweifellos eine starke
Anziehungskraft auf europäische Sozialdemokraten ausgeübt.”179 Über Clintons Wahlkampf wurde
auch 1993 der Dokumentarfilm “The War Room” veröffentlicht, der das Wahlkampfteam Clintons
1992 begleitet, und starken Widerhall bei den Sozialdemokraten fand.
Jennifer Laszlo war die erste US-amerikanische Beraterin, welche im Kärntner Landtagswahlkampf
1999 direkt in die generelle Wahlkampfführung eingriff. Zu dieser Gruppe kamen später noch
Stanley Greenberg und Robert Boorstin dazu, dies wird jedoch in den Fallbeispielen ausführlicher
beleuchtet. Dennoch lässt sich feststellen, dass die Anzahl der policital consultant sowie die Anzahl
der Wahlkämpfe in die sie maßgeblich eingriffen, sehr überschaubar ist. Zu berücksichtigen bleibt
jedoch jene Transferform des US-amerikanischen know-how, die nicht über consultants, sondern
indirekt über österreichische Parteiangestellte geschehen ist.
10. Fallbeispiele
In diesem Kapitel soll die erarbeitete Theoriebasis benutzt werden, um einzelne Wahlkämpfe im
Hinblick auf eine angebliche Amerikanisierung untersucht werden. Die Fragen, die es zu
beantworten gilt, sind:
177 Wildmann, Marion : Das Event als Strategie im politischen Wahlkampf. Ein kritischer Diskurs dargestellt am Wahlkampfmanagement der FPÖ. Diplomarbeit. Wien. 2001. S 73
178 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 76
179 Ebd. S 77
48 von 67
Auf welche Weise fand Amerikanisierung im Sinne von Professionalisierung statt?
War sie erfolgreich? Warum?
Hofer zufolge ist die sozialdemokratische Partei Österreichs jene, die hierzulande am meisten von
amerikanischen Methoden und Beratern geprägt wurde, deshalb werden in dieser Arbeit in drei von
vier Fällen Wahlkämpfe der SPÖ untersucht.180 Den tatsächlichen Effekt von Wahlkampagnen zu
erörtern ist äußerst schwierig. Der Autor beruft sich bei der Analyse auf die Beobachtungen von
Wissenschaftern, Journalisten und österreichischen Wahlkampfmanagern.
10.1. Nationalratswahlkampf der SPÖ 1999
Merkmale Kritik am Vorgehen
Erster Wahlkampf, bei der US-Einfluss auf denselben zum Medienthema wurde
Die Art und Weise des Wahlkampfes wurde erstmals ein Wahlkampfthema181
“Neue Qualität in der Beschäftigung [..] externe[r] Experten”182
Adaption Methode im Sinne von unreflektiertemTransfer von US-amerikanischem know-how
Inhaltsleere183 und die “Erfindungen künstlicher Geschichten”184
Mangelnde Authentizität des Spitzenkandidaten
Missinterpretation des message-triangle
Oberflächliche AmerikanisierungTabelle 7
Ergebnis
Die SPÖ wurde bei der Wahl 1999 zwar mit 33,4 Prozent die stärkste Partei, sie verzeichnete
jedoch einen Verlust von 4,7 Prozent der Stimmen bzw. sechs Mandaten im Nationalrat und erzielte
damit das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte in der Zweiten Republik. Nun ist der Verlust an
Wählerstimmen naturgemäß vielen Ursachen zuzuordnen, der tatsächliche Effekt von
Wahlkampagnen ist wie bereits erwähnt, schwer zu bestimmen. Ihnen kann nur schwer die
Gesamtschuld für ein misslungenes Wahlergebnis gegeben werden. Trotzdem wird der Verlust an
Stimmen zumindest zum Teil der fehlgeleiteten Wahlkampfführung zugeschrieben.185
US-amerikanischer Einfluss
Michael Sheehan, Jeff Eller sowie der Star-Berater Clintons James Carville waren Hofer zufolge
180 Vgl. Ebd. S 77181 Eba. S 137182 Ebd. 183 “ein wirkliches Wahlkampfthema gibt es nicht” aus http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14799635.html vom 03.
Juni 2013, 22:30 Uhr aus DER SPIEGEL. Rudolf Augstein Verlag. Hamburg. 1999 (38) 184 Ebd. S 146185 Neuwirth, Erich : Wählerstromanalyse Nationalratswahl 1999. Universität Wien. S 2-4
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immer wieder in den Nationalratswahlkampf 1999 als consultant's consultants involviert.186 Wie
oben bereits angeführt beschränkte sich die Tätigkeit der Berater auf generelle Technikberatung, die
US-Experten griffen nicht in die generelle Linie des Wahlkampfes ein. Das Scheitern des
Wahlkampfes kann also nur sehr begrenzt auf die Tätigkeit externer US-Berater zurückgeführt
werden, sondern wenn dann auf eine ungeeignete Übernahme US-amerikanischer Expertise.
“Amerikanisierungsfalle“ - Rudas' Kampagne in der Kritik
Der Wahlkampf 1999 der Sozialdemokratischen Partei Österreichs gilt im Rahmen der
Amerikanisierung der politischen Kommunikation als ein bedeutender Wendepunkt.187
Er gilt als Prototyp für einen gescheiterten personalisierten und entsachlichten Wahlkampf, bei dem
die Verantwortlichen in die “Amerikanisierungsfalle” getappt sind, also für einen Wahlkampf, bei
dem amerikanische Methoden im Sinne der adaption Methode unreflektiert übernommen wurden.
Verantwortlich für den Wahlkampf der SPÖ waren hauptsächlich Bundesgeschäftsführer und
Wahlkampfleiter Andreas Rudas188, Kommunikationschefs Heinz Lederer und der Pressesprecher
von Viktor Klima: Joseph Kalina.189 Sie wurden in den Medien “die drei Spin-Doktoren” 190genannt
und richteten ganz nach dem Vorbild der Clinton-Wahlkämpfe eine Wahlkampfzentrale ein, die sie
war room nannten. Das SPÖ Wahlkampfteam wurde für folgende Initiativen und Zustände im
Rahmen des Wahlkampfes kritisiert:
Den durch focus groups ermittelten Schwächen Viktor Klimas als Spitzenkandidat wurde zu
wenig Aufmerksamkeit geschenkt.
Die misslungene Inszenierung des Spitzenkandidaten Viktor Klima durch eine
“oversaturation”191 auf Seiten des Publikums
Die von Beobachtern als stupide empfundene Wiederholung von Wahkampfbotschaften
wurde als Missinterpretation des message-triangles gewertet, welches lediglich die message
discipline, also die Konstanz politischer Botschaften vorschreibt.
Die Fokussierung des Wahlkampfteams auf die US-amerikanische Wahlkampfterminologie:
die Einführung der Begriffe war room und spin doctors traf besonders innerhalb der eigenen
Partei auf harte Kritik. Es wurde von einer oberflächlichen Amerikanisierung gesprochen,
die lediglich den Anschein von Professionalität und Fortschrittlichkeit signalisieren sollte.
Außerdem habe Plasser zufolge die Amerikanisierung der Wahlkampfführung “zu 186 Ebd. S 77187 Ebd. S 78188 http://diepresse.com/home/kultur/medien/434654/Andreas-Rudas-wechselt-zu-RTL vom 17. Juni 2013, 14:00 Uhr 189 http://www.news.at/articles/0502/10/102363_s1/joe-kalina-klimas-spin-doctor-gusenbauers-kommunikator vom 15.
Juni 2013, 11:00 Uhr190 Ebd.191 Plasser
50 von 67
Promotionszwecken” der Kampagne nicht geholfen, sondern ihr eher geschadet.192
Diese hätte zu einem Hype um die Wahlkampfführung der SPÖ geführt, sowie dazu, dass die
Medien “beinahe mehr über die spin doctors als über den Kandidaten geschrieben”193 hätten.
Armin Wolf spricht stellvertretend für einen Großteil der Journalisten hierzulande, wenn er
behauptet, die SPÖ hätte ihren Spitzenkandidaten im Wahlkampf “überverkauft”194. Auch bei
Wahlkampfexperten anderer Parteien wird der Wahlkampfstil der SPÖ unter Rudas äußert kritisch
gesehen. So konstatiert Michaela Sburny, Bundesgeschäftsführerin der Grünen von 1998 bis 2001:
“Rudas war klassisch einer, der die[se] kulturelle Anschlussfähigkeit überhaupt nicht beachtet hat.
(...) Er hat offenbar von der Partei wenige Ahnung gehabt, das war sichtbar und spürbar. Er hat
geglaubt, er kann die Partei ignorieren und aus jemandem etwas machen, was er nicht ist.” 195
Experten der FPÖ sowie der ÖVP gehen mit der Wahlkampfführung der SPÖ ähnliche harte
Kritik.196 Hofer fasst die Kritik der Journalisten und Wahlkampfexperten außerhalb der
Sozialdemokratischen Partei wie folgt zusammen: “Die Kampagne mag nicht schlecht gewesen
sein, aber der Spitzenkandidat wurde in eine Rolle gezwängt, die ihm nicht passte und die er nicht
erfüllen konnte (oder wollte). Inhalte hätten gefehlt, was im Endeffekt übrig blieb, war nur eine
leere Verpackung. Diesen Marketing-Gag hätten die Gegner, vor allem aber auch die Wähler,
durchschaut.”197
Hofer spricht hier mehrere Merkmale der Modernisierung der politischen Kommunikation an, vor
allem die beklagte De-Thematisierung sowie impression management.
Das kritischste dem Autor bekannte Urteil eines Politikers über die Kampagne von Rudas fällt
Robert Leingruber, langjähriger Sekretär und persönlicher Assistent von Ex-Bundeskanzler Alfred
Gusenbauer198:
“Er [Rudas Anm.] kann natürlich Innovationen einführen, aber wenn sie nicht wirken, dann sind die
zwecklos. Wenn man sich eine moderne Wahlkampfstruktur gibt, ist das noch keine Innovation. (...)
Er hat halt eine Wahlkampfzentrale außerhalb der Löwelstraße [der Sitz der SP-Bundespartei,
Anm.] organisiert und hat war room drauf geschrieben. Das ist deshalb noch nicht moderner
Wahlkampf.”199
192 Interview Hofers mit Plasser in Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 139
193 Interview Hofers mit Krenkel und Ecker zitiert aus Ebda. S 142194 Interview Hofers mit Wolf in Ebd.195 Interview Hofers mit Sburny in Ebd.. S 139196 http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20050905_OTS0038/kickl-wahlkampf-aufschlussreiches-lamento-rudas-
ueber-spin-doktors vom 17. Juni 2013, 15:30 Uhr 197 Ebda. S 141198 http://derstandard.at/1227287447837 vom 2. Juni 2013, 14:00 Uhr 199 Interview Hofers mit Leingruber zitiert aus Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis
amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 139
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Hiermit spricht Leingruber den Kritikpunkt Oberflächliche Amerikanisierung (siehe Tabelle 7) an,
indem er darauf hinweist, dass die SPÖ sich amerikanischer Wahlkampfterminologie bedient hätte
um sich als “modern und wahlkampftechnisch den anderen überlegen”200 darzustellen.
Doch was entgegnet Rudas seinen Kritikern? In einem Interview mit Hofer im Jahr 2005 gab er
ihnen in wesentlichen Punkten Recht. Er beklagt den Mangel an konkreten Wahlkampfforderungen
in seiner Partei und beschreibt seine Situation als Wahlkampfmanager so:
“Und jetzt blieb mir natürlich nichts anderes übrig, als dass ich künstliche Geschichten erfunden
habe, wissend, das tragt es nicht. Weil wir nicht mehr wollten. [...] Es gab niemanden, der konkret
etwas wollte. Das merken die Wähler natürlich. Wir haben nur Technik gemacht.”201
Rudas stimmt also den Kritikern zu, wenn diese den eklatanten Themenmangel in seiner Kampagne
beklagen. Zur Stellung der amerikanischer Wahlkampfmanager in seiner Kampagne meint Rudas:
“Ich habe sehr oft in der Technikfrage, in der Umfragebewertung bei verknappten Botschaften von
der Technik her abgeklärt, ist das genug oder bräuchte man mehr. Hier ging es nie um konkrete
Inhalte. Wir hatten viele Zwistigkeiten mit der Partei – weniger Arbeitslosigkeit ist eben zu
unkonkret. Da haben meine US-Berater zu Recht gesagt, das bringt es so nicht, das interessiert
keinen Menschen.”202
Rudas griff also hauptsächlich auf das know-how der consultant's consultants im Bezug auf die
Botschaftsentwicklung und die Meinungsforschung zurück. Die US-Experten haben ihm zufolge
nicht das Scheitern der Kampagne zu verantworten, sondern vielmehr die Themenarmut, gegen die
jene, die für die SPÖ zur Wahl antraten, nichts unternehmen wollten: “Die haben geglaubt, die
Kampagne, weil sie so amerikanisch war, war schlecht. Dabei war nicht die Kampagne schlecht,
sondern wir, die SPÖ, waren nach dreißig Jahren einfach ausgeronnen.”203
Rudas sieht also die Ursache des Wahldebakels in der Inhaltsleere, welche in der SPÖ nach 30
Jahren in der Regierung vorzufinden war.204 Außerdem gibt Rudas die Verantwortung für die
Thematisierung des war rooms und der spin doctors an seinen engen Mitarbeiter Heinz Lederer ab.
Wie die meisten Beobachter, ist Rudas der Meinung, das Wahlkampfmanagement der SPÖ hätte nie
zum Medienthema werden sollen.205 Die ÖVP und die FPÖ hätten auch externe Berater engagiert,
200 Ebd. S 142201 Interview Hofers mit Rudas Ebd. S 144202 Ebd. S 145203 Ebd. 204 http://derstandard.at/2163979 vom 17. Juni 2013, 15:00 Uhr 205 Vgl Ebd. S 146
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aber ihre Art, Wahlkampf zu machen im Gegensatz zur SPÖ nicht zum Medienthema gemacht.
Rudas spricht hier von einem “schweren handwerklichen Fehler”206 Lederers, der zur Spaltung
zwischen der Partei und dem Wahlkampfmanagement führte: “In der Struktur, in der wir sind,
haben die den Parteileuten das Gefühl gegeben, das machen eh alles die in der Zentrale, jetzt
brauchen wir nicht mehr rennen. Da gibt's eh den war room. Das Ganze, der war room, war damit
gegen die Partei gerichtet.”207 Hier spricht Rudas jenen Punkt an, der im Rahmen der theoretischen
Einordnung als adoption Methode bewertet werden kann. Die Einrichtung eines war rooms geht
von einer völligen Externalisierung der Wahlkampfführung sowie von einer vollendeten
Personalisierung des Wahlkampfes aus. Dies stieß in der Partei nicht unbedingt auf Zustimmung, da
die Stellung der Partei zwar geschwächt war, aber nicht mit jener in den USA zu vergleichen war.208
Wie ist also der Nationalratswahlkampf der SPÖ 1999 unter den theoretischen Gesichtspunkten zu
bewerten? Man muss hier wiederum unterscheiden zwischen direkter Amerikanisierung durch die
Implementierung von Expertise durch österreichische Wahlkampfmanager und indirekter durch US-
Berater. Dadurch ergibt sich ein zwiespältiges Bild der Kampagne: Zum einen wurde auf US-
amerikanische Berater als consultant's consultants zurückgegriffen, deren Beratungstätigkeit sich
auf Meinungsforschung und Botschaftsentwicklung beschränkt hat. Wie Rudas betont ging es bei
der Beratungstätigkeit “nie um konkrete Inhalte”209. Das Engagieren von US-Beratern für klar
definierte Teilbereiche weist klar auf die shopping Methode hin im Sinne einer Ergänzung bereits
bestehender Wahlkampftechniken. Die Externalisierung der Wahlkampfführung in einen war room
außerhalb der Parteizentrale sowie dessen bewusste mediale Thematisierung kann jedoch als
Vorgehen im Sinne des adoption-Modells interpretiert werden. Die völlige Externalisierung geht
nämlich, wie bereits erwähnt, von einer weitgehenden Bedeutungslosigkeit der Parteien im Bezug
auf Wahlkämpfe aus, wovon in Österreich jedoch im Gegensatz zu den USA nicht die Rede sein
kann. Es wurden ganze Strategeme aus den USA ohne Beachtung des kulturellen Kontexts
österreichischer Wahlkampfführung übernommen. Dieser Schritt hat sich Rudas, Wolf, und Hofer
zufolge gerächt.210
206 Ebd. 207 Ebd. S 147208 http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/135103/SpinDoctorBuch_SPOe_Darabos-rueffelt-Rudas vom 17.
Juni 2013, 16:00 Uhr 209 Ebd. S 145210 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater.
Was sie können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 148-157
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10.2. Nationalratswahlkampf der SPÖ 2002
Merkmale Kritik am Vorgehen
US-Berater haben in einem bundesweiten Wahlkampf erstmals in den “operativen Bereich” einer Kampagne eingegriffen. 211
Engagement der US-Berater war informeller Natur
“Fortgeschrittenes Kommunikationsmarketing“212
Zunehmender Kapitalfokus durch TV-Werbespots im Privat-TV und Radio213
Adoption und Shopping Modell angewandt
Den US-amerikanischen Beratern wurde zu viele Kompetenzen zugeteilt, dies wirkte sich aufgrund ihrer lückenhaften Kenntnis des Landes negativ auf die Kampagne aus.
Mangelnde Integration der US-Berater ins Wahlkampfteam
Unklarheit über Hierarchie und Entscheidungsstrukturen im Wahlkampfteam214
Tabelle 8
ErgebnisDie SPÖ, die seit dem Wahljahr 1999 und der darauffolgenden Koalitionsbildung zwischen ÖVP
und FPÖ 2 Jahre Opposition hinter sich hatte, konnte bei der Nationalratswahl 2002 ihren
Stimmenanteil zwar um 3,7 Prozent erhöhen, verlor aber gleichzeitig ihre Position als
stimmenstärkste Partei, die sie seit der Beginn 1970 verteidigen konnte. Das Wahlergebnis 2002
war zu diesem Zeitpunkt das schlechteste in der Geschichte der Sozialdemokratischen Partei. Die
ÖVP konnte bei der Wahl ihren Stimmenanteil um 15,7 Prozent erhöhen, während die FPÖ mit
minus 16,8 Prozent den größten Verlust den bisher größten Verlust einer österreichischen
Parlamentspartei einfuhr. Die Grünen konnten ihren Stimmenanteil um 1,6 Prozent verbessern.215
US-amerikanischer Einfluss
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass sich die Kampagnenmanager aller Parlamentsparteien bei der
Wahl 2002 extern Berater bedient haben. Während die ÖVP jedoch auf österreichische Experten
setzte und die Grünen und die FPÖ ausländische Berater nur als consultant's consultants eingesetzt
haben, setzte die SPÖ als einzige Partei darauf, US-amerikanische Experten direkt in den 211 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können,
wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 148212 Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit. Universität Wien.
2011. S 45213 Ebd. 214 Ebd. S 154215 Plasser, Fritz/ Ulram, Peter A. : Analyse der Nationalratswahl 2002. Muster, Trends und Entscheidungsmotive.
Fessel-Institut für Marktforschung/ Ludwig Boltzmann Institut. 2002. S 1-6
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Wahlkampf miteinzubeziehen. Stanley Greenberg, der sich durch seine Tätigkeit als polling
advisor (Umfragespezialist) in Kampagnen von u.a. Bill Clinton, Al Gore und Tony Blair in der
internationalen Beraterszene etabliert hat, arbeitete für das Wahlkampfteam um Andreas Rudas im
Wahljahr 1999 lediglich als consultan's consultant. Im Nationalratswahlkampf 2002 der SPÖ sollte
sich dies wesentlich ändern. Greenberg und sein Kollege Bob Boorstin, der ebenfalls Berater im
Wahlkampfteam Clintons 1992 war, griffen als erste US-amerikanische Berater in den operativen
Bereich eines bundesweiten Wahlkampfs in Österreich ein. Den Aufgabenbereich Greenbergs im
Wahlkampf Robert Leingruber, langjähriger persönlicher Assistent von Alfred Gusenbauer216,
folgendermaßen:
“Was Greenberg für uns gemacht hat, war klassische Datenanalyse. Er gehört zu den top five der
Sozialwissenschafter im Bereich der Fokus-Gruppen. Diese Leistung bekommst du kaum woanders.
Seine Herangehensweise ist eine tiefenpsychologische Interviewtechnik, wo er in Kleingruppen die
Bedürfnisse, Ängste, Sorgen, Vorstellungen herausfiltert.”217
Wie schon im Kapitel über Meinungsforschung konstatiert, ist man in den USA dem Rest der Welt
in diesem Gebiet weit voraus. Deshalb waren die Fähigkeiten und Methoden Stanley Greenbergs
für den Wahlkampf gefragt.
Der Greenberg Effekt (?)
Weniger als 24 Stunden nachdem die Schwarz-Blaue Koalition durch den Rücktritt Schüssels zu
ihrem vorzeitigen Ende kam, reiste Greenberg nach Wien.218 Man hatte nun lediglich weniger als 2
Monate Zeit bis zu den Neuwahlen am 24. November. Dies war auch einer der Gründe dafür, dass
Greenberg und Boorstin sich nicht ausreichend in das Wahlkampfteam der SPÖ integrieren
konnten. Dietmar Ecker, der für die SPÖ in den 1990er Jahren als politischer Kommunikator tätig
war, kritisiert im Interview mit Hofer den Wahlkampf seiner Partei wie folgt:
“Sie [die US-Berater] sollten Teil eines Teams sein, wo gute Österreicher drinnen sitzen, die das
Land und die Partei kennen. Sie bringen schon was, die guten bringen was, das ist überhaupt keine
Frage, aber überträgt man ihnen komplett die Kampagne, ist das schädlich, weil sie das Land nicht
kennen können.”219
216 http://derstandard.at/1227287447837 vom 13. Juni 2013, 19:00 Uhr 217 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können,
wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 155218 http://www.format.at/articles/0220/520/41835_s2/format-greenberg-gusi-kanzler vom 13. Juni 2013, 14:00 Uhr 219 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können,
wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 152-53
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Ecker ist also ein Verfechter der Argumentation, man hätte den Aufgabenbereich der US-Berater
strikt begrenzen müssen und die großzügige Kompetenzverteilung an sie wäre ein Fehler gewesen.
Der Kommunikationsexperte Christian Scheucher konnte von Seiten der US-Berater auch keinen
großen Aufwand entdecken, sich mit den spezifischen politischen, medialen und gesellschaftlichen
Merkmalen Österreichs auseinanderzusetzen: “Ich hatte den Eindruck, die haben erst auf dem Flug
nach Wien ein paar Zeitungen an Bord gelesen.”220
Ein weiterer Faktor, der die Integration der US-Berater in die Kampagne erschwerte war die
Sprachbarriere. Ecker spricht von “Übersetzungsfehlern”221 zwischen Greenbergs Team und der
Wahlkampfleitung.
Dadurch kommt der Autor zum Schluss, dass das lückenhafte Wissen über die österreichischen
Verhältnisse von Seiten der US-Berater nicht nur auf den Zeitdruck, sondern auch auf deren
mangelndem Vorbildung über das österreichische System zurückzuführen ist. Der Aufgabenbereich
Greenbergs war an und für sich genau geregelt (10.2.2.). Doch dadurch, dass im, Wahlkampfteam
keine klaren Entscheidungsstrukturen vorhanden waren und das Engagement der amerikanischen
Berater informeller Natur war, gab es auch kein “Korrektiv für den Input des Greenberg-Teams”.
Das österreichische Nachrichtenmagazin “Format” kritisierte die Kampagne wie folgt: “Mehrere
Berater rund um den SP-Gusenbauer hatten unkoordiniert vor sich hingearbeitet.”222
Dadurch war Greenbergs Wirken im Wahlkampf nicht auf Meinungsforschung beschränkt, sondern
er wurde in sämtliche Entscheidungen der Wahlkampfleitung mit eingebunden. Dies schadete
Kritikern wie Ecker zufolge der Kampagne. Es gibt jedoch auch Beobachter, die sich positiv über
den Einfluss von Greenberg und Boorstin geäußert haben. So betont Leingruber “Ich bin von ihm
sehr überzeugt und auch von seinen Leuten. Ich bin auch davon überzeugt, dass wir wegen ihm für
diesen Wahlkampf sehr viel gelernt haben und wir insgesamt für Wahlkämpfe viel gelernt haben.
Wir haben den Wahlkampf nicht wegen ihm verloren.”223 Leingruber widerspricht der These, dass
Greenberg und Boorstin zu wenig in das Wahlkampfteam integriert waren, bewertet ihr Wirken
durchwegs positiv und schreibt das Wahlergebnis anderen Umständen zu: nämlich, dass Schüssel es
geschafft hatte, Grasser ins eigene Lager zu holen sowie die Unmut in der Wählerschaft über die
damalige rot-grün Koalition in Deutschland. Die Meinungen der Beobachter abwägend kommt der
Autor zum Schluss, dass der sogenannte Greenberg-Effekt, also die wesentliche positive
220 Ebd. S 151221 Edb. 222 Graber, Renate/ Widek, Isabel: “Sanierungsfall Sozialdemokratie” in: Format, Nr. 49. 2002. S. 38 in Hofer,
Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 79
223 Ebd. S 155
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Beeinflussung des Wahlergebnisses, ausgeblieben ist. US-Berater können nur bestehende
Tendenzen in der Wählerschaft ausnutzen aber nicht die politischen Rahmenbedingungen ändern.
Die direkte Einbindung Greenbergs in Entscheidungen der Wahlkampfleitung, welche sein
eigentliches Spezialgebiet der Meinungsforschung überschritten, war der Kampagne nicht
zuträglich. Entstanden ist sie zum einen durch die “schwache” Wahlkampfführung der SPÖ und
zum anderen durch die informelle Natur des Engagements der amerikanischen Berater. Der
Wahlkampf und die Arbeit Greenbergs lässt sich angesichts der Theorien sowohl dem adoption als
auch dem shopping Modell zuordnen. Wäre Greenbergs Aufgabenbereich lediglich auf die
Meinungsforschung beschränkt geblieben, könnte man von ausschließlich vom shopping-Modell
sprechen. Hätte er seine Expertise nur in diesem Gebiet eingebracht, wäre die nationale Eigenheit
der Kampagne bewahrt geblieben. Der Eingriff Greenbergs in den operativen Bereich der
Kampagne sowie die Vorbereitung Gusenbauers auf die TV-Konfrontationen ist zumindest
teilweise dem adoption Modell zuzuordnen. Der starke Einfluss der amerikanischen Berater im
Wahlkampf lässt auf den teilweisen Übergang von den “Parteienlogik” zu einer “Medienlogik”
schließen.224 Für die unreflektierte Übernahme von Strategemen spricht vor allem die Kritik an der
mangelnden Kenntnis der österreichischen Politlandschaft von Seiten der US-Berater.
10.3. Nationalratswahlkampf 2006 der SPÖ
Merkmale Beurteilung
Fortschreitende Professionalisierung: intensiver Einsatz von focus groups => Direktmarketing
Großzügiger Zeitrahmen: Greenbergs Team nahm bereits eineinhalb Jahre vor Wahl die Arbeit auf
Häufige Bildungsreisen von Norbert Darabos und Reinhold Lopatka
Erstmals eigene Fundraising Initiative225 von beiden Großparteien
Es gab genauso wie bei den Wahlen 1999 und 2002 einen War room, dieser wurde jedoch nichtzum Thema in den Medien gemacht. => Man hat aus den Fehlern von 1999 gelernt
Klare Entscheidungsstrukturen => bessere Integration des Teams von Greenberg
Tabelle 9
Ergebnis
Stimmenstärkste Partei wurde bei der Nationalratswahl 2006 die SPÖ mit 35,3 Prozent, im
Vergleich zu 2002 musste sie einen Stimmenverlust von 1,2 Prozent hinnehmen. Die ÖVP erreichte
224 Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit. Universität Wien. 2011. S 19 225 Ebd. S 46
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34,3 Prozent, dies bedeutete einen dramatischen Verlust von beinahe 8 Prozentpunkten. Grüne und
FPÖ bekamen beide etwa 11 Prozent der Stimmen und verbesserten sich beide damit um etwa ein
Prozent.226
US-amerikanischer Einfluss
Die ÖVP hat im Wahlkampf 2006 auf externe Berater verzichtet, aber nicht auf technischen Import
aus Übersee. Die SPÖ hingegen engagierte gleich sechs Mitarbeiter aus dem Unternehmen
“Greenberg Quinlain Rosner Research”.227 Diesmal war die Hierarchie in der Wahlkampfleitung
jedoch klar definiert: Greenbergs Team sollte sich ausschließlich auf die Meinungsforschung
konzentrieren. Aufgrund der Bildungsreisen des SP-Bundesgeschäftsführers Norbert Darabos und
dem Generalsekretär Reinhold Lopatka in die USA im Vorfeld der Wahl kam es im Rahmen des
Wahlkampfes zu einer Fortsetzung der Professionalisierung in den Bereichen Umfragezentrierung,
focus groups, voter targeting, Direktmarketing, Fundraising, Spots und Kampagnenmanagement.228
Mit dem vermehrten Einsatz von focus groups wurden immer größere Datenbanken über die
Wählerschaft geschaffen, die das Versenden von Mikrobotschaften durch besseres Direktmarketing
verbesserten. Ein Schritt in Richtung amerikanische Standards wurde auch beim politischen
Fundraising unternommen. Die SPÖ engagierte Mitarbeiter, die sich ausschließlich dem
Fundraising widmen sollten. Generalsekretär Lopatka berichtete darüber “das haben wir aus den
USA übernommen”.229 Besonders am Wahlkampf 2006 war außerdem, dass negative campaigning
durch Internetvideos eine Renaissance erfuhr.
Theoretische Einordnung
Der Wahlkampf 2006 der SPÖ zeigte, dass man aus den Fehlern der vergangenen beiden
Nationalratswahlen im Bezug auf die Übernahme amerikanischer Standards und der Einbindung
amerikanischer Experten gelernt hat. Das hierarchische Chaos, welches den Kampagnen in vorigen
Wahlen unterstellt wurde, war nicht mehr der Fall. Greenbergs Team hatte einen klar definierten
Aufgabenbereich und konnte somit nützlich in die Kampagne eingebunden werden.
Der Wahlkampf ist klar der shopping-Methode zuzuordnen. Jene amerikanische Methoden, die für
den Wahlkampf passend erschienen, wurden integriert. Man vermied es mit Erfolg, dass die
Wahlkampfführung und amerikanische Wahlterminologie zum Thema wurde, was sich der Ansicht
nach positiv auf die Kampagne ausgewirkt oder zumindest einen potentiellen Schaden verhindert
hat.
226 Neuwirth, Erich : Wäherstromanalyse Nationalratswahl 2006. Universität Wien. 2006. S 2227 Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit. Universität Wien.
2011. S 145228 Vgl. Ebd. S 46229 Ebd.
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10.4. Nationalratswahlkampf 2008
Merkmale Beurteilung
Keine ausländischen Berater
Kein war room
Der SPÖ gelang es, negative campaigning auf Dritte aufzulagern (Kronen Zeitung)
Verhältnis von Bundesgeschäftsführerin Doris Bures zu Greenberg schlecht
Tabelle 10
Ergebnis
Stimmenstärkste Partei wurde die SPÖ mit Werner Fayman als Spitzenkandidat: sie erreichte 29,3
Prozent und verlor damit 6 Prozent im Vergleich zur letzten Wahl im Jahr 2006.
Die ÖVP bekam knapp 26 Prozent der Stimmen und verlor damit 8,3 Prozent. Die Grünen blieben
mit marginalen Verlusten bei rund 10 Prozent während die FPÖ (17,5 Prozent) und das BZÖ 10,7
Prozent) beide etwa sechseinhalb Prozent dazu gewinnen konnten.230
US-amerikanischer Einfluss
2008 war der erste Wahlkampf seit 1999, bei dem bei keiner Partei Berater aus dem Ausland in die
Wahlkampagne integriert war. Frenkenberger führt dies auf das schlechte Verhältnis zwischen
Bundesgeschäftsführerin Doris Bures und Stanley Greenberg zurück. Der Wahlkampf wurde
dadurch zumindest offiziell nicht von US-Beratern unterstützt. Plasser zieht auch die Möglichkeit
in Erwägung, man habe vom Wahlkampf 2002 gelernt, dass amerikanische Berater einen größeren
Zeitrahmen brauchen, um eine Kampagne effektiv betreuen zu können. Da es sich um Neuwahlen
handelte, waren nur etwa zweieinhalb Monate Zeit für Wahlkampf vorhanden.
Da es keinen nachweisbaren Einfluss von amerikanischen Beratern auf den Wahlkampf gegeben
hat, kann eine theoretische Analyse im Sinne von Amerikanisierung weitgehend ausbleiben.
Man kann jedoch gemäß Frenkenberger urteilen, dass die SPÖ trotz der Absenz US-amerikanischer
Berater einen “personalisierten Zielgruppenwahlkampf”231 geführt hat, der im Rahmen der
shopping-Methode gesehen werden kann.
10.5. Das Wirken der US Berater: Gegenwart und Zukunft
230 http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_wahlen/nationalrat/2008/End_Gesamt.aspx vom 14. Juni 2013, 08:00 Uhr 231 Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit. Universität Wien. 2011. S 47
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10.5.1. Gegenwart
In der heutigen Landschaft der politischen Kommunikation wird die direkte Einbindung von US-
amerikanischen Politberatern nur mehr spärlich praktiziert. Eine Ausnahme dazu bildet die
Beratungstätigkeit Stanley Greenbergs für die SPÖ, die seit dem Wahljahr 1999 bis in die
Gegenwart anhält aber durch ihre informelle Natur schwer einzuordnen ist.232
Wenn, dann werden amerikanische Berater als consultant's consultants indirekt in Kampagnen
eingebunden. Außerdem widmen sich parteiinterne MitarbeiterInnen zunehmend der Frage der
Medienarbeit. Momentan kann man nicht wirklich von einer parteiunabhängigen Branche von
Politikberatern in Österreich sprechen. Dieser Schluss lässt sich zumindest aus den dem Autor
bekannten Quellen ziehen. Das Ausmaß, in dem US-Berater immer noch in
Nationalratswahlkämpfe involviert sind, lässt sich jedoch schwer bestimmen, da es sich für Parteien
als strategisch äußerst ungünstig erwiesen hat, diese Informationen preiszugeben. Die
Thematisierung des war rooms sowie der spin doctors erwies sich im Nationalratswahlkampf 1999
der SPÖ als schädlich für die Kampagne. Trotz allem ist man vor allem in den Reihen der SPÖ
zumindest von den technischen Errungenschaften amerikanischer Wahlkampfführung überzeugt.
Nicht zufällig hat Norbert Darabos, während diese Arbeit verfasst wurde, einen war room für die
Nationalrstwahl im Herbst 2013 eingerichtet.233
10.5.2. Dauerhafte Prägung?
Was bleibt nun von der Arbeit US-amerikanischer Berater? Haben sie die politische Landschaft
Österreichs dauerhaft geprägt oder haben sie nur eine Nebenrolle gespielt?
Ob amerikanische Politikberater in der politischen Landschaft Österreichs dauerhaft etwas
verändert haben, wird von den meisten Beobachtern kritisch gesehen. Die wenigsten gehen von
einer grundlegenden Veränderung aus, sondern attestieren vielmehr dafür, dass sich die
Auseinandersetzung mit strategischen Fragen, die Meinungsforschung und die
Botschaftsentwicklung “auf einem ganz anderen Niveau” betrieben werden, als die vor dem
Einfluss der US-Berater geschehen ist. Es ist in der politischen Kommunikation zu einer
allgemeinen Professionalisierung gekommen, dieser ist jedoch nicht in seiner Gesamtheit, sondern
nur in den benannten Teilbereichen auf amerikanischen Einfluss zurückzuführen.234
232 http://diepresse.com/home/meinung/kommentare/leitartikel/361967/Meinung_Herr-Greenberg-bitte-kommen vom 3. Juni 2013, 23:00 Uhr
233 http://derstandard.at/1371169799083/Pikante-Geruechte-um-roten-War-Room vom 16. Juni 2013, 12:00 Uhr 234 Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater. Was sie können,
wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005. S 163
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11.Fazit
Die Arbeit hat ergeben, dass die Amerikanisierung der politischen Kommunikation ein
multidirektionaler Prozess ist, bei dem die USA und amerikanische Akteure eine Vorreiterrolle
innehaben . Diese Vorreiterrolle gründet darauf, dass jene Entwicklungen die zur Marketing- und
Medienrevolution der politischen Kommunikation führten, in den USA bereits in den 1930er Jahren
begonnen und sich stetig weiterentwickelt haben. Zu diesen Entwicklungen gehören der
verhältnismäßige Bedeutungsverlust der Parteien, die Entwicklung des Fernsehens zum wichtigsten
Medium der Politikvermittlung sowie der Zerfall der traditionellen Parteibindungen.
Die politischen Eliten in den USA mussten Antworten darauf finden, wie man innerhalb der neuen
medialen, gesellschaftlichen und politischen Situation weiterhin erfolgreich Macht legitimieren
kann. Dies führte zur Entstehung des Berufszweigs der political consultants oder spin doctors.
Als die besagten Entwicklungen in Österreich begannen, wuchs hierzulande die Nachfrage nach
eben dieser Expertise, die in den USA aufgrund der zeitlich vorangegangenen Entwicklungen
entstehen konnte. Außerdem begannen political consultants aufgrund des übersättigten Marktes in
den USA im den späten 1960er Jahren, sich nach Arbeit im Ausland umzusehen. (2.b;2.c)
Kann man nun in Österreich von einer Amerikanisierung der politischen Kommunikation sprechen?
Im Sinne des adoption-Modells und der Modernisierungsthese kann diese Frage verneint werden.
Festzuhalten ist, dass amerikanischer Einfluss nicht ungefiltert ausgeübt wird und dass sich die
Systeme der USA und jene Österreichs immer noch diametral voneinander unterscheiden. Das
österreichische System weist mit dem Verhältniswahlrecht, dem Verbot der politischen TV-
Werbespots im öffentlichen Fernsehen, der maßgeblichen öffentlichen Parteien- und
Wahlkampffinanzierung sowie der weiterhin starken Stellung der Parteien der Amerikanisierung ein
Filterarsenal auf, das zumindest in naher Zukunft gewahrt bleiben wird. Nicht zuletzt wegen diesem
Filterarsenal ist die Diffusionsthese keinesfalls haltbar, denn das österreichische Arsenal ist nur für
bestimmte Bereiche amerikanischen Einflusses durchlässig: Amerikanische Methoden der
Wahlkampfführung wurden vor allem in den Bereichen Botschaftsentwicklung und
Meinungsforschung übernommen. Das permanente Testen von Wahlkampfbotschaften durch focus
groups und andere Umfragtechniken ist eine Methode, die eindeutig aus den USA übernommen
wurde. Zu dieser Gruppe gehören auch noch das message box und das message triangle, die vor
und während einem Wahlkampf immer wieder der Orientierung dienen. Das Versenden von
Mikrobotschaften an Menschengruppen, die in lifestyle clusters geordnet werden, wird in Österreich
teilweise praktiziert, das amerikanische Level des voter targetings wird in der Alpenrepublik wegen
wesentlich strikteren datenschutzrechtlichen Bestimmungen in absehbarer Zukunft nicht erreicht
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werden. Die USA sind das einzige Land, in denen der postmoderne Wahlkampf in allen seinen
Merkmalen vorzufinden ist. Die Arbeit hat ergeben, dass sich Österreich auf einer Zwischenstufe
zwischen modernem und postmodernem Wahlkampf befindet. Methoden, die sich im postmodernen
Wahlkampf als erfolgreich erwiesen haben, werden teilweise geshoppt, die strukturelle
Begrenzungen in den Subsystemen Politik, Medien und Gesellschaft verhindern jedoch den
eindeutigen Eintritt in die postmoderne Phase. Die Übertragung amerikanischer Expertise geschieht
bis heute am häufigsten durch die sogenannten consultant's consultants. Diese Weise der
Übertragung dominiert nicht zufällig die Übertragung, da sich österreichische Wahlkampfberater im
Sinne der shopping-Methode jene Expertise aneignen können, die in der österreichischen
politischen Kultur auf fruchtbaren Boden trifft. Deshalb gehen auch Plasser und Hofer davon aus,
dass in Österreich die shopping-Methode dominiert. (2.a; 2.c)
Das Fallbeispiel des Wahlkampfes des SPÖ 1999 hat ergeben, dass die Orientierung an
amerikanischen Methoden im Sinne der adoption Methode zum Scheitern verurteilt ist.
Andreas Rudas und sein Team bedienten sich der amerikanischen Wahlkampfterminologie, konnten
aber inhaltlich nicht die Substanz vermitteln, welche die ersehnte Fortschrittlichkeit und
Professionalität der Kampagne glaubhaft hätte machen können.
Die Untersuchung der Fallbeispiele hat außerdem hervorgebracht, dass die direkte Involvierung US-
amerikanischer Politikberater nur unter gewissen Umständen erfolgreich sein kann.
Parteien können von US-amerikanischen Beratern profitieren, wenn ihr Aufgabengebiet sich auf das
technische und “kulturell-neutrale”, und hier vor allem auf die Meinungsforschung, beschränkt.
Wird der Kompetenzenradius dieser Berater ausgeweitet, besteht die Gefahr, der adoption Methode
zu verfallen und dass sich US-Berater nicht genügend in ein Wahlkampfteam integrieren können.
Außerdem werden in solchen Fällen die Schwierigkeiten, die das Engagement amerikanischer
Berater mit sich bringt weiter offengelegt. Diese sind zum einen die kulturelle Fremdheit der US-
Berater und zum anderen deren in der Regel fehlenden Deutschkenntnisse.
Das Fallbeispiel des Wahlkampfes der SPÖ im Jahr 2002 hat gezeigt, dass wenn zu wenig Zeit
vorhanden ist, um einen Wahlkampf zu planen, sich die eben genannten Probleme intensivieren.
Im Wahlkampf 2006 hat man von Fehlern aus der Vergangenheit gelernt und amerikanische
Expertise im Sinne der shopping-Methode erfolgreich angewandt. 2008 wurden von keiner Partei
externe Berater eingesetzt. Das hat gezeigt, dass der amerikanische Einfluss nicht unbedingt von
amerikanischen consultants ausgehen muss. Die Tendenz, den Zielgruppenwahlkampf auszubauen,
zu verfeinern und zu verbessern blieb trotzdem erhalten.
Schließlich sollte noch auf die Forschungslücken des Themas hingewiesen werden. Sarcinelli
beklagt zurecht die grundsätzliche Theorieprobleme in der politischen Kommunikationsforschung
62 von 67
wenn er betont: “Sieht man einmal von einflussreichen Essays ab, sucht man in der
Politikwissenschaft vergeblich nach größeren demokratie- und gesellschaftstheoretischen
Entwürfen, die der Bedeutung von Kommunikation Rechnung tragen.”235 (2.d)
Zum Thema Amerikanisierungsthese gibt es mehr als ausreichende Literatur. Autoren, die sich mit
der Amerikanisierung der politischen Kultur in Österreich auseinander setzen, gibt es wenige.
Dadurch ist das wirken von US-amerikanischen Politikberatern in Österreich nur zum Teil
erforscht. Natürlich ist es durch die mittlerweile protektive Haltung der Parteien nicht leicht, an
Informationen zu kommen, dies sollte jedoch nicht vom Versuch abschrecken, die Forschung in
dem Gebiet noch auszubauen. Als letztes soll auf das Eingangszitat eingegangen werden. Die
Legitimationskrise des Parteienstaates rührte u.a. daher, dass, als in den 1970er Jahren die Zeit des
großen nachkriegszeitlichen wirtschaftlichen Wachstums vorüber war, den politischen Eliten nicht
mehr die wirtschaftlichen Mittel zur Verfügung standen, um die Wählerschaft mit rationalen
Mitteln zu überzeugen, ihre Parteien zu wählen. Deshalb orientierte man sich an den Mitteln des
Marketings und der Werbung, ein Geschäft, in dem man schon lange die Kunst beherrschte, Käufer
zu irrationalen Entscheidungen zu bewegen. Das Zitat sollte andeuten, dass diese Entwicklung
demokratiepolitisch höchst bedenklich ist. Es braucht eine kritische Öffentlichkeit bestehend aus
mündigen und informierten Bürgern, die dem entgegenhält. Nur diese kann verhindern, dass der
Pool an uninformierten Wählern, die irrationale Entscheidungen treffen, anwächst.
10. Literatur
235 Sarcinelli, Ulrich (Hg.) : Politische Kommunikation in Deutschland. Medien und Politikvermittlung im
demokratischen System. VS Verlag für Sozialwissenschaften. Wiesbaden. 2011. S 30
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Monographien:
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Ewen, Stuart (Hg.) : PR! A Social History of Spin. New York. 1996.
Filzmaier, Peter/Plasser, Fritz (Hg.) : Politik auf amerikanisch: Wahlen und politischer Wettbewerb
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Frenkenberger, Christine : Amerikanisierung in Österreich und ihre Grenzen. Diplomarbeit.
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Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer Wahlkampfberater.
Was sie können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005
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Kaiser, Barbara : Strategien der politischen Inszenierung. Wie public relations, Medien und Politik
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Kamps, Klaus (Hg.) : Trans-Atlantik – Trans-Portabel? Die Amerikanisierungsthese in der
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Leinemann, Jürgen (Hg.) : Höhenrausch. Die wirklichkeitsleere Welt der Politiker. Karl Blessing Verlag. München. 2006
Mair, Judith : Spin Doktoren. Die strategische Inszenierung als wirkungsvolles Element in der
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Marcinkowski, Frank (Hg.) : Medien und Demokratie : europäische Erfahrungen. Haupt Verlag.
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Mihr, Christian (Hg.) : Wer Spinnt denn da? Spin Doctoring in den USA und in Deutschland. Eine
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Plasser, Fritz : Medienzentrierte Demokratie: Die “Amerikanisierung” des politischen Wettbewerbs
in Österreich in Meixner, Wolfgang (Hg.) : Die Zukunft der österreichischen Demokratie.
Trends, Prognosen und Szenarien. Pelinka, Anton; Plasser, Fritz. Signum Verlag. Wien. 2000
Rainer, Armin : Politische Beratung in Österreich. Aufbruch am Markt politischer Inszenierung.
Diplomarbeit. Universität Wien. 2010
Ramonet. Ignacio (Hg.) Die Kommunikationsfalle. Macht und Mythen der Medien. Aus dem
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Rudas, Andreas : Vorbild oder Warnung? Clinton und die Amerikanisierung der Politik in Pelinka,
Peter (Hg.) : Jagd auf Clinton. Warnsignal für unsere Demokratien. Verlag Kremayr & Scheriau.
Wien. 1998
Sarcinelli, Ulrich (Hg.) : Politische Kommunikation in Deutschland. Medien und Politikvermittlung
im demokratischen System. VS Verlag für Sozialwissenschaften. Wiesbaden. 2011
Saxer, Ulrich (Hg.) : Medien-Kulturkommunikation. Westdeutscher Verlag. Wiesbaden. 1998
Scammel, Margaret : The wisdom of the war room: US Campaigning and Americanization.
Research Paper. Havard School of Economics. John F. Kennedy School of Government. 1997
Scheucher, Christian/ Klaus Weissmann: Shopping in Übersee. Wahlkampf-Wissenstransfer aus
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Schowanec, Gerald : Politische Kultur und Demokratie in Österreich nach 1945. Diplomarbeit.
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Schulz, Winfried (Hg.) : Politische Kommunikation : theoretische Ansätze und Ergebnisse
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Stauber, John C. (Hg.) : Toxic Sludge is Good for You. Lies, Damn Lies and The Public Relations
Industry/ Rampton, Sheldon. Monroe Verlag. Maine. 1995
Wildmann, Marion : Das Event als Strategie im politischen Wahlkampf. Ein kritischer Diskurs
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Sammelbände:
Pelinka, Anton : Austrian Political Culture. From Subject to Participant Orientation in Luther,
Kurt/ Richard und Peter Pulzer (Hg.) : Austria 1945 – 95. Fifty Years of the Second Republic.
Ashgate Verlag. 1998
Plasser Fritz (Hg.) : Politiker in der Medienarena. Facultas Verlag. Wien. 2010
Wissenschaftliche Zeitschriftenartikel und -essays:
Blumler, Jay G./ Kavanagh, Dennis : The Third Age of Political Communication: Influences and
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Farrell, David M. : Political Consultancy Overseas: The Internationalization of Campaign
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Meyer, Thomas : Mediokratie – Auf dem Weg in eine andere Demokratie? Aus Politik und
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Patterson, Samuel C. : The Political Culture of the American States. The Journal of Politics. Vol.
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Plasser, Fritz : American Campaign Techniques Worldwide. The Harvard Inertnational Journal of
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Vorlesungen:
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Sonstige Quellen:
Graber, Renate/ Widek, Isabel: “Sanierungsfall Sozialdemokratie” in: Format, Nr. 49. 2002. S. 38
in Hofer, Thomas (Hg.) : Spin Doktoren in Österreich. Die Praxis amerikanischer
Wahlkampfberater. Was sie können, wen sie beraten, wie sie arbeiten. LIT Verlag. Wien. 2005
Neuwirth, Erich : Wählerstromanalyse Nationalratswahl 1999. Universität Wien. 1999
Neuwirth, Erich : Wäherstromanalyse Nationalratswahl 2006. Universität Wien. 2006.
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