briefe ůber don ca,rlos - Moodle@Units

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f BRIEFE ÙBER DON CA,RLOS mògrich *,,0, 0., .,,,.: ".:;:"il"";;';: -,*- ".r.n,,,,ot ll, der Unbefangenheit des letztern zu verbinden. Es kann mir ùberhaupt - und ich 6nde nòtig, dieses vorauszuschicken - es kann mir begegnet sein, da8 ich in den ersten Akten andere Erwartungen I erregt habe, als ich in den letzten erfùllte. S. Réals Novelle, vielleicht auch meine eigene li.uBe.ungen darùber im ersten Stùck der Thalia, mògen dem Leser einen Standpunkt angewiesen haben, aus dem es jetzt nicht mehr betrachtet werden kann. 'W'àhrend der Zeit nàmlich, daB ich es ausarbeitete, welches mancher lJnterbrechungen wegen eine ziemlich lange Zeitwar, hat p sich - in mir selbst vieles veràndert. An den verschiedenen Schicksalen, die wàhrend dieser Zeit ùber meine Art zu denken und zu empfnden ergangen sind, mu8te notwendig auch dieses Werk teilnehmen. Was mich zu Anfang vorzùglich in demselben gefesselt hatte, tat diese Wirkung in der Folge schon schwàcher und am Ende nur kaum noch. Neue Ideen, die indes bei mir auÉ kamen, verdràngten die frùhern; Carlos selbst war in meiner Cunst gefallen, vielleicht aus keinem andern Crunde, als weilich ihm inJahren zu weitvoraus, gesprungen war, und aus der entgegengesetzten lJrsache hatte Marquis Posa seinen Platz eingenommen. So kam es denn, da8 ich zu dem vierten und fiinften Akte ein ganz anderes Herz mitbrachte. Aber die ersten drei Akte waren in den Hànden des Publikums, die Anlage des Ganzen war nicht mehr umzustoBen - ich hatte also das Stùck entweder ganz unterdrùcken miissen (und das hàne mir doch wohl der kleinste Teil meiner Leser gedankt), oder ich muBte die zweite Halfte der ersten so gut anpassen, als ich konnte, Wenn dies nicht ùberall auf die glticklichste Art geschehen isr, so dient mir zu ciniger Beruhigung, daB es einer geschicktern Hand als der meinigen nicht viel besser wùrde gelungen sein. Der Hauptfehler war, ich hatte mich zu lange mit dem Stiicke getragen; ein dramatisches Werk aber kann und soll nur die Illùte eines einzigen Sommers sein, Auch der Plan war fùr die Crenzen und lìegeln eines dramatischen Werks zu weitlàuftig angelegt. DieserPlanz.B. loderte, daB Marquis Posa das uneingeschrankteste Vertrauen Philipps davon, trug; aber zu dieser auBerordentlichen Wirkung erlaubte mir die Òkonomie dcs Stùcks nur eine einzige Szene, Bei meinem Freunde werden mich diese AuGchlùsse vielleicht recht, fi'rtigen, aber nicht bei der Kunst, Mòchten sie indessen doch nur die vielen [)cklamationen beschlie8en, womit von dieser Seite her von den Kritikern gcgen mich ist Sturm gelaufen worden. Ersrer Brief Si. ,"g.,l mir, lieber Freund, daB Ihnen die bisherìgen Beuneilungen des Don òa.los noch wenig Befriedigung gegeben, unci haiten dafùr' daB dcr grttBte Teil derselben dà., eigentlichÀ-Cesichtspunkt des Verfassers fehl' !.grng.., sei. Es deucht Ihnei noch wohl mriglich, gewisse gewagtc.Stellen ir"..,i.., welche die Kritik fùr unhaltbar erklàrte; manche Zweifel' die i"g.g.r, regegemacht worden, 6nden Sie in dem Zusammenhange des StL[, - *à.,i.h. v<illig beantwortet, doch vorhergesehen und in Anschlag gebracht. Bei den -.ist.n Einwùrfen fànden Sie weit weniger die Sagazitit àe. Beurteile, als die Selbstzuftiedenheit zu bewundern, mit der sie solche als hohe Entdeckungen vortragen, ohne sich durch den natùrlichsten Cedanken stòren zu l"sr..r,-drB Ùbi,,.tt"'gtt', die dem Blòdsìchtigsten sogleich ins ,{uge fallen, auch wohl dem Veriasser, der unter seine n Lesern selten der am *.r,ig*.r, Unterrichtete ist, dùrften sichtbar gewesen sein' und da8 sie es also I *.tii., mit der Sache selbst als mit de n Griinden zu tun haben' die ihn dabei ,, bestimmten. Diese CrÉnde kònnen allerdings unzulanglich sein' kònnen auf t .in.r.inr.itigen Vorstellungsart beruhe n: aber die Sache des Beurteilers wàrc es gewesen' "diese Unzulenglichkeit, diese Einseitigkeit zu zeigen'.wenn,et "r,i.rs i., den Augen d.sjàigen, dem er sich zum Richter aufclringt oder zum Ratgeber anbietet, einenWert erlangen will' Aber, iieber Freund, was geht es am Ende den Autor an' ob sein Be' urteiler Beruf gehabt hat odà-r nichtl Wie vicl oder wenig Scharllinn et bewiesen hat: ùag er das mit sich selbst ausmache n' Schlimm fùr den Autor und sein Werk, ienn er die Wirkung desselben a$ dìe Diuinationryobe und niltigkrit rr;n rkritiker ankommen lieB, wenn er den Eindruck desselben von Éig.ì,r.hrft.t abhàngig machte, die sich nur-in sehr wenigen Kòplèn vcr' .ir,"ig.n. Es ist einer d-eifehlerhaftesten Zustànde, in welchen sich ein Kunst' *.rL b.find.n kann, wenn es in die Willkùr des Be trachters gestellt wordcrl welche Auslegung er davon machen will, und w€nn es einer Nachhùlfc tJrrf, ihn i.t à.ni..ht.r, Standpunkt zu rùcken' Wollten Sie mir andeutctr' daB das meinige sich in diesem Falle befdnde, so haben Sie etwas schr Schlimmes d"ui., g.rrgt, und Sie veranlassen mich' es aus diesem Cesichtl' ounkt noch .in-rl e.;ru., zu priifen' Es kame also' deucht mir' vorzùglich I àrrrufrr,, ,u un,.rluchen, ob in dèm Stùcke alles enthalten ist'waszttnt " l' V.rrii"a"it desselbe n dienet, und ob es in so klaren Ausdrùcken angegcbcn ir,, i.g., a.- Leser leicht war, es zu erkennen' Lassen Sie sichs also gelallcrr' lieter Freund, da8 ich Sie eine Zeitlangvon diesem Gegenstand untcrhaltc' I òas Stiick isi mir fremder geworden, iih nnde mich jetzt gleichsam iu dtr lrt4iu**it.f,.ndemKùnstleiundseinemBetrachter,wodurchesmirviellciclrt i I Zweiter Brief I )cr Charakter des Marquis Posa ist fast durchgangig fiir zu idealisch I *-h' r,,lralten worden; inwielèrn diese Behauptung Crund hat, wird sich dann ,rrrr bcsten ergeben, wenn man die eigentùmliche Handlungsart dieses Men, I

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BRIEFE ÙBER DON CA,RLOS mògrich *,,0, 0., .,,,.: ".:;:"il"";;';: -,*- ".r.n,,,,ot ll,

der Unbefangenheit des letztern zu verbinden.Es kann mir ùberhaupt - und ich 6nde nòtig, dieses vorauszuschicken -

es kann mir begegnet sein, da8 ich in den ersten Akten andere Erwartungen Ierregt habe, als ich in den letzten erfùllte. S. Réals Novelle, vielleicht auchmeine eigene li.uBe.ungen darùber im ersten Stùck der Thalia, mògen demLeser einen Standpunkt angewiesen haben, aus dem es jetzt nicht mehrbetrachtet werden kann. 'W'àhrend der Zeit nàmlich, daB ich es ausarbeitete,welches mancher lJnterbrechungen wegen eine ziemlich lange Zeitwar, hat

p sich - in mir selbst vieles veràndert. An den verschiedenen Schicksalen, diewàhrend dieser Zeit ùber meine Art zu denken und zu empfnden ergangen

sind, mu8te notwendig auch dieses Werk teilnehmen. Was mich zu Anfangvorzùglich in demselben gefesselt hatte, tat diese Wirkung in der Folge schonschwàcher und am Ende nur kaum noch. Neue Ideen, die indes bei mir auÉkamen, verdràngten die frùhern; Carlos selbst war in meiner Cunst gefallen,vielleicht aus keinem andern Crunde, als weilich ihm inJahren zu weitvoraus,gesprungen war, und aus der entgegengesetzten lJrsache hatte Marquis Posa

seinen Platz eingenommen. So kam es denn, da8 ich zu dem vierten undfiinften Akte ein ganz anderes Herz mitbrachte. Aber die ersten drei Aktewaren in den Hànden des Publikums, die Anlage des Ganzen war nicht mehrumzustoBen - ich hatte also das Stùck entweder ganz unterdrùcken miissen(und das hàne mir doch wohl der kleinste Teil meiner Leser gedankt), oderich muBte die zweite Halfte der ersten so gut anpassen, als ich konnte, Wenndies nicht ùberall auf die glticklichste Art geschehen isr, so dient mir zuciniger Beruhigung, daB es einer geschicktern Hand als der meinigen nichtviel besser wùrde gelungen sein. Der Hauptfehler war, ich hatte mich zu langemit dem Stiicke getragen; ein dramatisches Werk aber kann und soll nur dieIllùte eines einzigen Sommers sein, Auch der Plan war fùr die Crenzen undlìegeln eines dramatischen Werks zu weitlàuftig angelegt. DieserPlanz.B.loderte, daB Marquis Posa das uneingeschrankteste Vertrauen Philipps davon,trug; aber zu dieser auBerordentlichen Wirkung erlaubte mir die Òkonomiedcs Stùcks nur eine einzige Szene,

Bei meinem Freunde werden mich diese AuGchlùsse vielleicht recht,fi'rtigen, aber nicht bei der Kunst, Mòchten sie indessen doch nur die vielen[)cklamationen beschlie8en, womit von dieser Seite her von den Kritikerngcgen mich ist Sturm gelaufen worden.

Ersrer Brief

Si. ,"g.,l mir, lieber Freund, daB Ihnen die bisherìgen Beuneilungen des

Don òa.los noch wenig Befriedigung gegeben, unci haiten dafùr' daB dcr

grttBte Teil derselben dà., eigentlichÀ-Cesichtspunkt des Verfassers fehl'

!.grng.., sei. Es deucht Ihnei noch wohl mriglich, gewisse gewagtc.Stellen

ir"..,i.., welche die Kritik fùr unhaltbar erklàrte; manche Zweifel' die

i"g.g.r, regegemacht worden, 6nden Sie in dem Zusammenhange des

StL[, - *à.,i.h. v<illig beantwortet, doch vorhergesehen und in Anschlag

gebracht. Bei den -.ist.n Einwùrfen fànden Sie weit weniger die Sagazitit

àe. Beurteile, als die Selbstzuftiedenheit zu bewundern, mit der sie solche als

hohe Entdeckungen vortragen, ohne sich durch den natùrlichsten Cedanken

stòren zu l"sr..r,-drB Ùbi,,.tt"'gtt', die dem Blòdsìchtigsten sogleich ins

,{uge fallen, auch wohl dem Veriasser, der unter seine n Lesern selten der am

*.r,ig*.r, Unterrichtete ist, dùrften sichtbar gewesen sein' und da8 sie es also

I *.tii., mit der Sache selbst als mit de n Griinden zu tun haben' die ihn dabei

,, bestimmten. Diese CrÉnde kònnen allerdings unzulanglich sein' kònnen auf

t .in.r.inr.itigen Vorstellungsart beruhe n: aber die Sache des Beurteilers wàrc

es gewesen' "diese

Unzulenglichkeit, diese Einseitigkeit zu zeigen'.wenn,et

"r,i.rs i., den Augen d.sjàigen, dem er sich zum Richter aufclringt oder

zum Ratgeber anbietet, einenWert erlangen will'Aber, iieber Freund, was geht es am Ende den Autor an' ob sein Be'

urteiler Beruf gehabt hat odà-r nichtl Wie vicl oder wenig Scharllinn et

bewiesen hat: ùag er das mit sich selbst ausmache n' Schlimm fùr den Autor

und sein Werk, ienn er die Wirkung desselben a$ dìe Diuinationryobe und

niltigkrit rr;n rkritiker ankommen lieB, wenn er den Eindruck desselben von

Éig.ì,r.hrft.t abhàngig machte, die sich nur-in sehr wenigen Kòplèn vcr'

.ir,"ig.n. Es ist einer d-eifehlerhaftesten Zustànde, in welchen sich ein Kunst'

*.rL b.find.n kann, wenn es in die Willkùr des Be trachters gestellt wordcrl

welche Auslegung er davon machen will, und w€nn es einer Nachhùlfc

tJrrf, ihn i.t à.ni..ht.r, Standpunkt zu rùcken' Wollten Sie mir andeutctr'

daB das meinige sich in diesem Falle befdnde, so haben Sie etwas schr

Schlimmes d"ui., g.rrgt, und Sie veranlassen mich' es aus diesem Cesichtl'

ounkt noch .in-rl e.;ru., zu priifen' Es kame also' deucht mir' vorzùglich

I àrrrufrr,, ,u un,.rluchen, ob in dèm Stùcke alles enthalten ist'waszttnt" l' V.rrii"a"it desselbe n dienet, und ob es in so klaren Ausdrùcken angegcbcn

ir,, i.g., a.- Leser leicht war, es zu erkennen' Lassen Sie sichs also gelallcrr'

lieter Freund, da8 ich Sie eine Zeitlangvon diesem Gegenstand untcrhaltc'

I òas Stiick isi mir fremder geworden, iih nnde mich jetzt gleichsam iu dtr

lrt4iu**it.f,.ndemKùnstleiundseinemBetrachter,wodurchesmirviellciclrt

iI

Zweiter Brief

I )cr Charakter des Marquis Posa ist fast durchgangig fiir zu idealisch I *-h'

r,,lralten worden; inwielèrn diese Behauptung Crund hat, wird sich dann,rrrr bcsten ergeben, wenn man die eigentùmliche Handlungsart dieses Men,

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526 DON CARI,OS

fi

schen auf ihren wahren Gehalt zuriickgefùhrt hat. Ich habe es hier, wie Sie

sehen, mit zwei entgegengesetzten Parteien zu tun. Denen, welche ihn aus der

Klasse natùrlicher 'Wesen

schlechterdings verwiesen haben wollen, mùBte

also dargetan werden, inwiefern er mit der Menschennatur zusammenhangt,

inwiefern seine Gesinrrungen wie seine Handlungen aus sehr menschlichen

Trieben fieBen und in der Verkettung auBerlicher Umstande gegrùndet

sind; diejenigen, welche ihm den Nameu eines gòttlichen Mcnschen geben,

brauche ich nur aufeiuige BlòBen an ihm aufmerksam zu machen, die gar

sehr menschlich sind. Die Gesiunungen, die der Marquis au8ert, die Philo,sophie, die ihn leitet, die Lieblingsgefùhle, die ihn beseelen, so sehr sie sich

auch ùber das tagliche Leben erheben, kònnen, als bloBe Vorstellungenbetra.chtet, es nicht wohl sein, was ihn mit Recht aus der Klasse natùrlicher'Wesen verbannte. Denn was kann in einem menschlichen Kopf nichtDasein empfangen, und welche Ceburt des Cehirr-res kann in einem glùhen,den Flerzen nicht zur Leidenschaft rcifen l Auch seine Handlungen kcinnen

es nicht sein, die, so selten dies auch geschehen mag, in der Ceschichte selbst

ihresgleichen gefunden haben; denn die Aufopferung des Marquis fùr seineu

Freund hat wenig oder nichts vor dem Heldentode eines Curtius, Regulus

und anderer voraus. Das Unrichtige und Unmògliche mùBte also entweder

in dem Widerspruch dieser Gesinnungen mit dem damaligen Zeitalter oder

in ihrer Ohnmacht und ihrem Mangel an Lebendigkeit liegen, zu solchetr

Handlungen wirklich zu entzùr'rden.Ich kann also die Einwendungen, welchc

gegen die Natùrlichkeit dieses Charakters gemacht werden, nicht anders

verstehen, als daB in Philipps des Zweiten Jahrhundert kein Mensch so wicMarquis Posa gedacht haber.r konnte, - daB Cedanken dieser Art nicht so

leicht, wie hier geschieht, in den Willen und in die Tat ùbergehen, - und da[]

eine idealische Schwàrmerei nicht mit solcher Konsequenz realisiert, r-richt

von solcher Energie im Handeln begleitet zu werden pflege.

Was man gegen diesen Charakter aus dem Zeitalter einwende t, in welchcnt

ich ihn auftreten lasse, dùnkt mir vielmehr/ar als wider ihn zu sprechen. Nacltdem Beispiel aller groBen KòpG entsteht er zwischen Finsternis und Liclrt,eine hervorragende isolierte Erscheinung. Der Zeitpurrkt, wo er sich bildcr,

ist allgemeine Carung der Kòpfe, Kampf der Yorurteile mit der Vernurrli,Anarchie der Meinungen, Morgendammerung der Wahrheit - von jehcr clic

Ceburtsstunde auBerordentlicher Menschen. Die ldeen von Freiheit rrrrtl

Menschenadel, die ein glticklicher Zufall, vielleicht eine gùnstige Erzichurrp,

in diese rein orgar-risierte empfàngliclre Seele warf, machen sie durch ilrrc

Neuheit erstaunen und wùrken mit aller Kraft des lJngewohntcn ttrr.l

Ùberraschenden auf sie; selbst das Ceheimnis, unter welchem sie ihr w,rlrr'

scheinlich mitgeteilt wurden, muBte die St.{rke ihres Eindrucks erhòhcrr. Srr'

haben durch einen langen abnùtzenden Cebrauch das f'riviale noch rrttlrl,das heutzutage ihren Eindruck so stumpf macht; ihrer-r groBen Stcnrpcl lr,rt

BRTEFE ùsEn ooN cARLos

Seine Seele fùhlt sich in diesenldeen gleichsam wie in einer neuen u _ _,..v.1.Region, die mit allem ihrem blendÀden Licht auf sie wirkt und ;;;;;lieblichsten Traum entzùckt, Das entgegeng.r.,r* Elend der Sklaverei unddes Aberglaubens zieht sie immer festei,i.,a?r,., .r, di.r. Li.bìingr*llìiàfì f tschònsten Traume von Freiheit werden ja im Kerker g.,ra;;;.-"d;;;;'S;; 'selbst, mein Freund - das kùhnste Ideal eàer Mrn*h.#p;ùili:"rig.ì.;".,Duldung und Gewissens{ìeiheit, wo konnte es besser und wo natùrlicler zurWelt ge boren werden als in der.Nàhe philipps II. und seiner frfrir;,i""i"^Alle Grundsitze und _Lieblingsgtfrihle'des Marquis drehen sich um 14

re publ ikoni s ch e Tugend. Selbst seini À.ufoplèru ng f,; J.;;;il;;; j';:i.;l,ldieses, denn A ufoplèru ngsf;ih igkeit ist d., Inb."g.itr ;ii;;;;;;;jil;ffi fTugend.

Der Zeirpunkt, worin cr au{irar, war gerade derjenige, worin stàrke r als ie Ivon Menschenrechten und cewissensfreiÈeitdi. R"àe *"a;. ò;;;;;i;;;*k;i; IReformation hatte diese ldeen zuerst in Umlauf gebrr;;;; ililà;i:schen l-lnruhen erhielten sie in ùbung. S.irr. Uirbha"gigk.i, ;;; ;À;;:sein Stand als Malteserritter selbst scheikten ihm die gtti.ifi.i,. Mrlf;-;i.*spekulative Schwàrmerei zur Reilè zu brùten.

In dem Zeitalter und in dem Staat, worin der Marquis auftritt, und in denAuBendingen, die ihn umgeben, liegt also d.. C.und.,icht, warum .r;i;; )lhilosophie nicht hatte fahig sein, nilht -it sct warmeril;; #;;_L;i.i Irnr hatte ergeben sern kònnen. " -*;Wenn die Geschichte reich an Beispielen ist, daB man fùr Meinungen allesIrdische hintansetzen kann, wenn -rn d.- grundlosesten .Wahn

die Kraftbcilegt, die Cemùter der Menschen "uf.ir,.r rJlJerrCrad einzunehmen, daB

Ì,_..ill,.r.Aufoolèrungen fàhig gemacht werden: so ware es sonderbar, derWahrheitdiese Kraft abzustreilen. In ei.rem Zeitpunkt vollends, d.. ro i.i.iwie jener.an Beispielen ist, daB Menschen Gui und Leben um a;il;;;wagen, die an sich so wenig Beg.fisterndes haben, sollte, a.u.f,, _ir,ì;Charakter nicht auffallen, d.i ftir-d;e erhabenste aller Ideen .t*r, Àhnli.i.,wagt; man mùBte denn annehmen, daB Wahrheit minder fàhig ,"i;;.;Menschenherz zu rùhren, als der Wahn. Der Marguis isr auBerdem als Held:rngekùndigt. Schon in liùher Jugend hat er mit'seinem Schwerte proben.i,es Muts abgelegt, den er nacÉher fùr eine ernsthaftere Ar;;i.;;;;;;;.irrBtrn soll. Brgeisternde Wahrheiten und eine ,..l.n.rheb.rd. p"hil;;;il

{rrriiBten, deucht mir, in einer Heldenseele zu erwas ;";;"J.,*.;;'rd#;i, I',r dem Gehirn eines Schulgelehrten oder in a.,n ,6g.niiìr;;; H;;;;ffi irt cichlichen'Welrmannes.

Zwei Handlungen des Marquis sind es vorzùglich, an denen man, wie Sie,rrir sag_en, AnstoB g.no--.n hat. Sein Verhjten j.g.n d.n iori_ ì, j.ì *r,)rcn Szene des dritten AuÈugs und die Aufoplèr"uig fii, ,.j;;; F;;: IA l,cr es kcinnte sein, da8 die Èreimùtigkeit, -ii d., e"r dem Ktinig; ;."t ir'si,nungen vortràgt, weniger auf Rech-nung seines Muts als seiner;*;;;;;

I weder das Ceschwatz der Schulen noch der Witz der Weltleute abgcrrrlrtr,

il

"ì .'6§I

Kenntnis von jenes Charakter klme, und mit aufgehobcner Cefahr wiirdesonach auch der Haupteinwurf gegen diese Szene gehoben. Darùber einandermal, wenn ich Sie von PhilippII. unterhalte; jetzt hatte ich es bloBmit Posas Aufopferung fùr den Prinzen zu tun, worùber ich Ihr-rer-r imnachsten Briefe einige Gedanken mitteilen will.

Dritter Brief

Sie wollten neulich in Don Carlos den Beweis gefunden haben, àaB leiden,

schaJtliche Freundschaft ein e ber-rso rùhrender Ceqenstand fùr die Tragddie sein

kònne als leidenschaftliche Liebe, 'tnd meine Antwort, da8 ich mir das Ce,màlde einer solchen Freundschaft frir die Zukunft zurùckgelegt hane, belìem,dete Sie. Also auch Sie nehmer-r es, wie die meisten meiner Leser, als aus,

gemacht an, daB es schwiirmerischc Fremdschaft gewesen, was ich mir in dem

Verhàltnis zwischen Carlos und Marquis Posa zum Ziel gesctzt habe I Undaus diesem Standpunkt haben Sie folglich diese beider.r Charaktere undvielleicht das ganze Drama bisher betrachtet: Wie aber, lieber Freund, wenrr

Sie mir mit dieser Frundschaft wirklich zuviel getan hatten ? 'W'enn es aus dem

ganzen Zusammenhang deutlich erhellte, daB sie dieses Ziel nicht gewesen

und auch schlechterdir-rgs nicht sein konnte? Wenn sich der Charakter des

Marquis, so wie er aus dem Total seiner Handlur-rgen hervorgeht, mit eiuer

solchen Freundschaft durchaus nicht vertrùge, und wenn sich gerade aus

seinen schòr-rsten Handlungen, die man aufihre Rechnung schreibt, der bcstc

Beweis fùr das Gegenteil fùhren lieBe:Die erste Ankùr-rdigung des Verhaltnisses zwischen diesen beiden kònntc

irregefùhrt haberr; aber dies auch nur scheinbar, und eine geringe Aufmerk,samkeit aufdas abstechende Benehmen beider hàtte hingereicht, den Irrttrnrzu heben. Dadurch, daB der Dichter von ihrer Jugend{ìeundschaft ausgcht,

hat er sich nichts von seinem hòhern Plane vergeben, im Gegenteil konrrtc

dieser aus keinem bessern Faden gesponnen werden. Das Verhaltnis, irr

welchem beide zusammen aulireten, war Reminiszenz ihrer frùheren ak;r,

demischen Jahre. Harmonie tler Gefùhle, eine gleiche Liebhaberei fùr d:rr

CroBe und Schòne, ein gleicher Enthusiasmus fiir Wahrheit, Freiheit trrrtl

Tugend hatte sie damals aneinandergeknùpft. Ein Charakter wie Posas, tlct

sich r.rachher so, wie es in dem Stùcke geschieht, entfaltet, muBte friilrt'

angefangen haben, diese lebhafte Empfindungskra{i an einem fruchtlr;trcrt

Gegenstande zu iiben: ein Wohlwollen, das sich in der Folge iiber dic glrrzr'

Menschheit erstrecken sollte, muBte von einem engern Bande ausgcgltlrl',crr

sein. Dieser schòpferische und feurige Geist muflte bald einen Stoff habcrr,,rrrl

den er wirkte ; konnte sich ihm ein schtjnerer anbieten als ein zart und lcl,cr r,l rp

fiihlender, seiner ErgieBur.rgen empfdnglicher, ihm fìeiwillig entgcgcnc i lc t r r I t

Fùrstensohn? Aber auch schon ir-r diesen fiùheren Zeiten ist der Ertrst tlrlv t

charakters in einigen ilffi";;"r,,t posa der krl,*.,'d:,spatere Freund, und sein Herz, jetzt schon zu weit umfassend, um sich fùr eineinziges Wesen zusammenzuziehen, muB durch ein schweres Opfer errungenwerden.

»Da fing ich an, mit Zartlichkeitenurld inniger Bruderliebe dich zu qualen:Du stolzes Herz gabst sie mir kalt zurùck, ts. r rl- Verschmahen konntest du mein Herz, doch nievon dir entfernen. Dreimal wiesest duden Fùrsten von dir, dreimal stand er wiederals Bettler da, um Liebe dich zu flehn, u.s.f. ts. »rl---- Mcin kcinigliches BlutfloB schandlich unter unbarmherzigen Streichen.So hoch kam mir der Eigensinn zu steh.,,'von Rodrigo geliebt zu s;in,« IS. r,r/,41

l lier schon sind einige Winke gegeben, wie wenig die Anhànglichkeit desMarquis an den Prinzen au{yersiinliche.UbereinstimÀung sich grlndet. Frùhe.lcrrkt er sich ihn als Kiinigssohn, ftùhe dràngt sich diesi Ideelwischen seinI Icrz und seinen bittenden Freund. Carlos òffnet jhm seine Arme; der jungeWcltbùrger kniet vor ihm nieder. Gefùhle fùr Freiheit und Menschenad"elrv.rten ftùher in seiner Seeie reif als Freundschaft fùr Carlos; dieser Zweigivrrrde erst nachher auf diesen starkern Stamm gepfiopft. Selbst in deriArrqenblick, wo sein Stolz durch das groBe Oplè,,.in., Freundes be,.'\\,ungen ist, verliert er den Fùrstensohn nicht aus den Augen. rlch willl,czehlen<<, sagr er, »wenn Du - Kiinigbist.« Ist es mòglich, daÀ sich in einem,.,, jrrngen Herzen bei diesem lebendigen und immei gegenwàrtigen Cefùhl,l,r Ungleichheit ihres Standes Freundschaft erzeugen kÀ"t., de"r.., *.senplr, lrc Bedingungd,och Gleichhe#ist: Also auch damals schon war es wenigerI rt'lrc als Dankbarkeit, weniger Freundscha{ì als Mitleid, was den tutrriu;,,1, nr Prinzen gewann. Die Cefùhle, Ahndungen, Tràume, Entschlùsse, àie,,, lr dunkel und verworren in dieser Knabenseele dràngten, mu8ten mip'r tcilt, in einer andern Seele angeschaut werden, und Carts war der einzige,,1,, sic mitahnden, mirtràumen konnte und der sie erwiderte. Ein Ceist riiel',,r.rs muBte seine ùberlegenheit ftùhzeitig zu genieBen streben, und der

I r, l,1y6llg Karl schmiegte sich so unterwùrfig, so gàlehrig an ihn an! posa sah,,, ,litscm schònen Spiegelsich selbst und lieutàsich ieines Bildes, So ent,,,.,,,,1 diese akademische Freundscha{i.

A bcr jetzt werden sie voneinander getrennt, und alles wird anders, Carlosl',,rrrnt arl den Hofseines Vaters, und posa wirft sich indieWelt.Jener,durch.,,,,c [rùhe_Anhanglichkeit an den edelsten und feurigsten Jùngling vev,,,l,rrt, 6ndet in dem ganzen Umkreis eines DespotennÀfts niclti wa.-s sei,tl,r., bcfriedigte. Alles um ihn her ist leer unà unfruchtbar. Mitten im

I)ON CARLOS

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Delikatesse, Mut, Sandhaftigkeit, uneige nnùtzige GroBmut sollte er be sitzen,

schòne und helle Blicke des Ceistes sollte er zeigen, aber weise sollte er nichtsein. Der kiinftige gro0e Mann sollte in ihm schlummern, aber ein feuriges

Blut sollte ihm jetzt noch nicht erlauben, es wirklich zu sein. Alles, was den

trefflichen Regenten macht, alles, was dje Erwartungen seines Freundes unddie Hoffnungen einer auf ihn harrenden Welt rechtlèrtigen kann, alles, was

sich vereinigen muB, sein vorgesetztes Ideal von einem kùnliigen Staat aus,

zufùhren, sollte sich in diesem Charakter beisammen 6nden: aber entwickeltsollte es noch nicht sein, noch nicht von Leidenschaft gescbieden, noch nichtzu reinem Colde gelàutert. Darauf kam es ja eigentlich erst an, ihn dieser

Vollkommenheit nàher zu bringen, die ihm jetzt noch mangelt; ein mehr

I vollendeter Charakter des Prinzen hàne mich des ganzen Stùcks ùberhoben.

Ebenso begreifen Sie nunmehr, warum es nòtig war, den CharakterenPhilipps und seiner Geistesverwandten einen so groBen Spielraum zu geben -ein nicht zu entschuldigender Fehler, wenn diese Charaktere weiter nichts als

die Maschinen hàtten sein sollen, eine Liebesgeschichte zu verwickeln undaufzulòsen - und warum ùberhaupt dem gebtlkhen, pol itis chen tnd hiiuslichen

Despotismus ein so weites Feld gelassen worden. Da aber mein eigentlicher

Vorwurf war, den kùnftigen Schapfer des Menschengliicks aus dem Stùcke

gleichsam heruorgehen zu lassen, so war es sehr an seinem Orte, den SehòpJu duElends neben ihm aufzufùhren und durch ein vollstandiges schauderhaftes

Gemàlde des Despotismus sein reizendes Cegenteil desto mehr zu erheben.

Wir sehen den Despoten aufseinem traurigen Thron, sehen ihn mitten unter

seinen Schatzen darben, wir erfahren aus seinem Munde, da8 er unter allen

seinen Millionen allein ist, da8 die Furien des Argwohns seinen Schlafanfallen, daB ihm seine Kreaturen geschmolzenes Gold statt eines Labetrunksbieten; wir folgen ihm in sein einsames Cemach, sehen da den Beherrscher

einer halben'Welt um ein - menschliches'Wesen bitten und ihn dann, wenn

das Schicksal ihm diesen W'unsch gewàhrt hat, gleich eine m Rasende n, selbst

das Ceschenk zerstòren, dessen er nicht mehr wiirdig war. Wir sehen ihnunwissend den niedrigsten Leidenschaften seiner Sklaven dienen; sind Augen,zeugen, wie sie die Seile drehen, woran sie den, der sich einbildet, der alleinigcIJrheber seiner Taten zu sein, einem Knaben gleich lenken. Ihn, vor welchemman in fernen Weltteilen zittert, sehen wir vor einem herrischen Priester einc

erniedrigende Rechenschaft ablegen und eine leichte Ùbertretung mit einct

schimpflichen Zùchtigung bùBen. Wir sehen ihn gegen Natur und Mensch,heit ankàmpfen, die er nicht ganz besiegen kann, zu stolz, ihre Macht zu

erkennen, zu ohnmàchtig, sich ihr zu entziehen; von allen ihren Cenùssctt

geflohen, aber von ihren Schwàchen und Schrecknissen verfolgt; heraul,getreten aus seiner Gattung, um als ein Mittelding von Geschdpf und Schòprfer - unser Mitleiden zu erregen. Wir verachten diese CròBe, aber wir trauctniiber seir-ren MiBverstand, weil wir auch selbst aus dieser Verzerrung noch

lùge von Menschheit herauslesen, die ihn zu einem der IJnsrigen machett,

we, er auch br.B d,..h;: ,d;;;j. ... rur.,,.m,.i, .r."a1,0,1Je mehr uns aber dieser. schrecfirft. C.mald.-iurùckstaBt, desto stàrkerwerden wir von dem Bilde sanfter Hr*r;;;;;;";;;";ft;,#j'É:::

,Ios rn seines Freundes und in der Kt;ì;;'è.jì uo, ,nr.r,, Augen ver,

fJnd nun, lieber Freund, ùterse_hen Sie das Stùck aus diesem neuen Stand,ort rroch einmal. Was Sie fi:r ù.berlodutry g.hrkr; wird es jetzt vielleichtwerriger seiu; in der Einheit, worùber *j, ;,; j;;;;;;stàndigt haben, werdensich alle einzel,en Bestandteile d.rr.lt;;-;;t'lò*n ìrrr.n. Ich kònnte de, iangefangenen Faden noch. weiter fortfiihr.,r, ;b;;'.; sei mir genug, Ihnendurch eini.ge Winke angeder,", r, hrb.n, *;;;;;;l dem Stùcke selbsc diebeste Auskunft enthalten jst. Es isr _ogfi.l,,ìrÀ, um die Hauptidee desStùckes}erauszufnden, mehr ruhiges Nil;"k"; erfordert wìrd, ais sìchrnit der .Ejlfèrtigkcit vertragt, *omii mrn geu.ohnt ist, dergleichen Schrilìenzu durchlaulèn; aber der Z*eck, *orrur"d., ijì*ì., g.rrb.;r.t hat, mu8sich ja am Ende des Ku,,st*erks,erfrìI, ;;;;\ilomit die Tragòdie be,schlossen wird, damit muB sie sich beschàli€;i;.;, ;"d nun hòre man, wieCarlos von uns und seiner Kcinigin scheidit.

---"'"

i.,.,j]:- lrng..,.r.h*.'i*'trlrllt*.,.r.,r.Ich liebte - jetzt bin ich erwacht. f.rgirr.r,sei das Vergangne. Endlich s.h i.h eiir, ., gibrein hòher wùnschenswerter Cut, als dich "besitzen - Hier sind lhre Briefe 1s. 1"4zurùck. Vernichten Sie die meinen. FùrchtenSie keine Wallung mehr vorr mir. Es istvorbei. Ein reiner Feuer har mein Weserrgelàutert - Einen Leichenstein will ichihm setzen, wie noch keinem Kònige zuteilgeworden - ùb.r seiner Asche blùteein Paradies!

- - So hab ich Sie gewollt!Das war die groBe Meinung seines Todes,« 1s. 12,;

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r. r irut<;tN

Zehnter Brief

l,l, l,in weder Illuminat noch Maurer, aber wenn beide Verbrùderungen,,,,, rr nroralischen Zweck mrteinander g._.in hrUìn, und wenn dieser.'.,v,.tk fùr die menschliche C.s.lls.haft?er;.;;;;,. ist, so muB er mit,1, ,rrj,rr(cn, den_À{arquis posa sich uorro*, *.n-if,?nr r.h, nahe verwandt, rrr W:rs jene durch eine geheimc Verbindung i,ìir.r.. durch die Welt{ll

DON CARLOS

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JJO DON C.{RLOS

zerstreuter tdtiger Clieder zu bewirken suchen, will der letztere, vollstandigerund ktirzer, durch ein einziges Subjekt ausfùhren: durch einen Fùrstennàmlich, der,A.nwartschaft hat, den gròBten Thton der'Welt zu besteigen unddurch diesen erhabenen Standpunkt zu einem solchen Werke fahig gemachtwird. Iu diesem einzigen Subjekte macht er die Ideenreihe und Empfin,dungsart herrschend, woraus jene wohltatige Wirkung als eine notwendigeFolge flie8en mu8. Yielen dùrfte dieser Gegenstand fùr die dramatische Be,handlung zu abstrakt und zu ernsthaft scheinen, und wenn sie sich aufnichtsals das Gemàlde einer Leidenschaft gefaBt gemacht haben, so hàtte ich freilichihre Erwartung getàuscht; aber es schien mir eines Versuchs nicht ganzunwert, »Wahrheiten, die jedem, der es gut mit seiner Cattung meint, dieheiligsta sein mùssen und die bis jetzt nur das Eigentum der 'Wissenschaften

I *rrirr, in das Cebiet der schònen Kùnste herùberzuziehen, mit Licht undWàrme zu beseelen und, als lebendig wirkende Motive in das Menschenherzgepfanzt, ìn einem kraftvollen Kampfe mit der Leidenschaft zu zeigen<<.

Hat sich der Cenius der Tragòdie fùr diese Crenzenverletzung an mirgerochen, so sind deswegen einige nicht ganz unwichtige Ideen, die hierniedergelegt sind, ftir - den redlichen Finder nicht verloren, den es vielleichtnicht unangenehm ùberraschen wird, Bemerkungen, deren er sich aus seinem

Montesquieu erinnert, in einem Trauerspiel angewandt und bestàtigt zusehen.

Eilfter Brief

Eh. i.h mich auf immer von unserm Freunde Posa verabschiede, noch einpaar 'W'orte ùber sein ràtselhaftes Benehmen gegen den Prinzen und ùbcrseinen Tod.

Viele nàmlich haben ihm vorgeworfen, daB er, der von der Freiheit so hohc

Begriffe hegt und sie unaufhòrlich im Munde fùhrt, sich doch selbst eincrdespotischen Willkùr iiber seinen È'reund anmaBe, daB er ihn blinil, wie einrrtlJnmùndigen, leite und ihn eben dadutch an den Rand des lJntergangsfùhre. Womit, sagen'sie, 1à0t es sich entschuldigen, daB Marquis Posa, anstatt

dem Prinzen geradeheraus das Yerhaltnis zu entdecken,worin er jetzt mit dcm

Kònige steht, anstatt sìch auf eine vernùnftige Art mit ihm ùber die nòtigcrrMaBregeln zu bereden und, indem er ihn zum Mitwisser scines Planes macht,auf einmal allen Ubereilungen vorzubeugen, wozu lJnwissenheit, Mill,trauen, Furcht und unbesonnene Hitze den Prinzen sonst hinrei8en kònrrtcrr

und auch wirklich nachher hingerissen haben, daB er, anstatt diescrr rounschuldigen, so natùrlichen '§Veg einzuschlagen, lieber die àuBerste Ccf;rlrtlàuft, lieber diese so leicht zu verhùtenden Folgen erwartet und sie alsdarrrr,

wenn sie wirklich eingetroffen, durch ein Mittel zu verbessern sucht, drtebenso unglùcklich ausschlagen kann, als es brutal und unnatùrlich irt,nàmlich durch die Verhaftnehmung des Prinzen? Er kannte das lenks;rrnr

Herz seirres Freundes. ^ffij,".l;;::;:ichter eine n."0.,j.,Cewalt ablegen, mit der er solches beherrschte . Zwei Worte hàtten ihm diesenwidrigen Behelf erspart. Warum nimmt er seine Zuflucht nu lntrioe-wo e. l/ Àdurch ein xerailesYe{ahren ungleich schneller und ungleich ,i.h:;* .;

}i fiZiele wiirde gckommen sein:

^ .Weif dieses gewalttàtige und fehlerhafte Betragen des Maltesers alle nach,folgende Situationen und vorzùglich seine Au6plèrung herbeigefùh.t hat,so setzte man, ein wenig rasch, voraus, daB sich der òi.ht.. ion diesemunbedeutenden Cewinn habe hinreiBen lassen, der inneren Wahrheit diesesCharakters Cewalt anzurun und den natùrlichen Lauf der Hnndiln; ;;verlenken. Da dieses allerdìngs der bequemste und krirzeste W.S ;rr,ii"iin dieses seltsamc Betragen des_Maltesers zu finden, so such,. rnrn ii d.*grn,zen Zusammenhang dieses Charakters kei nen niihern Aulìchlu8 -.hr; à,.nndas wàre zuviel von einem Kritiker verlangt, mit seinem Urteil bloB àarumzuriickzuhalten, weil der Schriftsteller tibel dabei fàhrt. Aber .i"ig., R;;h;glaubte ich mir doch auf diese Billigkeit erworben zu haben, *.i i., d.-Stùcke mehr als einmal die glanzeidue Sitaation der Wahrhiit r".hg.r.utworden ist.

Unstreirig! der Charakter des Marquis von posa hàtte an Schtinhìit una Ilìeinigkeit gewonnen, wenn er durchius gerader gehandelt hàtte und tiU..ai. iunedlen Hùl6miuel der Intrige immer..haben giblieben ware. Auch gestehe {iich, dieser Charakter ging mir nahe, aber, was-ich fùr Wahrheit hi.f.;iJ 'n

rnir naher. Ich halte fùr Wahrheit, ,da[J Liebe zu einem wirklichen Cr*rionirt \rrrrd Liebe zu einem Ideal sich in ihren Wirkungen.b.r,ro ,ngl.i.h r.inI :

mùssen, als sie in ihrem Wesen voneinander veÀchieden sind"_ daB deri ,

rrrreigennùtzigsre, reinste und edelste Mensch aus enthusiastischer Anhàn;,|/ ilichkeit an saae VorckllungvonTugend und hervorzubringendem Gltick sef;roft ausgesetzr ist, ebenso willktirlich mit den Individueniu schalten als nurinrmer der selbstsùchtigste Despot, weil der Gegenstand von beider Be,rtrebungen rr ihnen, nicht aujer rhnen wohnt uod .,u.il iener, der seine Hand, n{

lrrngen nach einem innern Ceistesbilde modelt, mii der Freihei, ".d;;;, il

lrcirrahe ebenso im Streit liegt als dieser, dessen letztes Ziel sein ,Wru iri irì., YWahre GròBe des Cemiits fùhrt oft nicht weniger zu Verletzungen fremder sr §lrrciheit als der Egoismus und die Herrschsuchf weil sie um d.r"H""ji;;;, i:

ti)rricht um des einzelnen Subjekts willen handelt. Eben weil sie in steter Hii,riclrt auf das Canze wirkt, verschwindet nur allzu leicht das kleinere Interesse rf..,,lcs Individuums in diesem weiten prospekte, Die Tugend h".d.trgr"n uni tJi. .,lcs Gesetzes willen; die Schwàrmerei um ihres IdealeJwillen; die Llebe um ,,lcs Ccgenstandes willen, Aus der ersten Klasse wollen wir uns Cesetzgeber,l(ichtcr, Kònige, aus der zweiten Helilen, aber nur aus der dritten r-insernlrrcrrrrd erwàhlen. Diese e$te uerehrett, die zwote bewanilern, die dritte liebenu,ir'. Q1ils5 hat lJrsache gefunden, es zu bereuen, daB er diesen lJnterschied I

.rullcr rchr lie8 und einen gro0en Mann zu seinem Busenlieund -"cht.. -

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I]IIII]FIJ ÙSEN NON CARLOS5t2 DON CARLOS

,'Was geht die Kònigin dich an I Liebst dtdie Kòniginl Soll deine strenge Tugenddie kleinen Sorgen meiner Liebe ftagen: ts.+rrl

- - - - Ach, hier ist nichts verdammlich,nichts, nichts als meir-re rasende Verblendung,bis diesen Tag nicht eingesehn zu haben,da8 du so - groJ) als ziirtlichbist.«Ls.q,)il

Ceràuschlos, ohne Cehùlfen, in stiller CròBe zu wirken, ist des MarquisSchwàrmerei. Still, wie die Vorsicht fùr einen Schla{ènden sorgt, will er

seines Freundes Schicksal auflòsen, er will ihn retten, wie ein Gott - undeben dadurch richtet er ihn zugrunde. DaB er zu sehr nach seinem Ideal vonTugend in die Hòhe und zu wenig aufseinen Freund herunterblickte, wurdebeider Verderben. Carlos verunglùckte, weil sein Freund sich nicht be,gnùgte, ihn auf eine gemeine Art zu erlòsen.

IJnd hier, deucht mir, treffe ich mit einer nicht unmerkwùrdigen Erfahrungaus der moralischen Welt zusammen, die keinem, der sich nur einigerma8enZeit genommen hat, um sich herumzuschauen oder dem Cang seiner eignenEmpfndungen zuzusehen, ganz fremd sein kann. Es ist diese: daB diemoralischen Motive, welche von einem zu erreichenden ldeole wn Vortreflichkeithergenommen sind, nicht natiirlich im Menschenherzen liegen und eben

darum, weil sie erst durch Kunst in dasselbe hineingebracht worden, nichtimmer wohltatig wirken, gar oft aber, durch einen sehr menschlichen Ùber,gang, einem schàdlichen Mi8brauch ausgesetzt sind. Durch praktischeGesetze, nicht durch gekùnstelte Geburten der theoretischen Yernunft soll der

Mensch bei seinem moralischen Handeln geleitet werden. Schon allein dieses,

daB jedes solche moralische Ideal oder Kunstgebaude doch nie mehr ist als

eine Idee, die, gleich allen andern Ideen, andemeingeschranktenGesichts,punkt des Individuums teilnimmt, dem sie angehòrt, und in ihrer Anwendungalso auch der Allgemeinheit nicht fahig sein kann, in welcher der Menschsie zu gebrauchen pflegt, schon dieses allein, sage ich, mùBte sie zu einem

au8erst gefàhrlichen Instrument in seinen Handen machen: aber noch weitgefahrlicher wird sie durch die Verbindung, in die sie nur allzu schnell nritgewissen Leidenschaften tritt, die sich mehr oder weniger in allen Menschen,herzen finden; Herrschsucht meine ich, Eigendùnkel und Stolz, die sie augen,blicklich ergreifen und sich unzertrennbar mit ihr vermengen, Nennen Sie

mir, lieber Freund - um aus unzàhligen Beispielen nur eins auszuwàhlen -nennen Sie mir den Ordensstifter oder auch die Ordensverbrùderung selbst,

die sich - bei den reinsten Zwecken und bei den edelsten Trieben - votr

Willkùrlichkeit in der Anwendung, von Gewalttiitigkeit geger, fremde Frci,heit, von dem Geiste der Heinlichkeil urrd der Herrschsacht immer reinerhaltctt

hattel Die bei Durchsetzung eines, von jeder unreinen Beimischung auclr

noch so freien moralischer-r Zweckes, insofern sie sich namlich diesen Zwcck

als etwas fùr sich Bestehendes denken und ihn in der Lauterkeit erreichenwollten, wie er sich ihrer Vernunft dargestellt hatte, nichr unvermerkr wàrenfortgerissen worden, sich an fre mde r Freiheit zu vergreiGn, die Achtung gegenanderer Rechte, die ihnen sonst immer die heiligsten waren, hintanzusetzenund nicht selten den willkùrlichsten Despotismus zu ùben, ohne den Zweckselbst umgetauscht, ohne in ihren Motiven ein Verderbnis erlitten zu habcn,Ich erklàre mir diese Erscheinung aus dem Bedùrfnis der beschrC.nkten Ver,nunft, sich ihren Weg abzukiirzen, ihr Geschaft zu vereinfachen und Indi,vidualitaten, die sie zerstreuen und verwirren, in Allgemeinheiten zu ver,wandeln. Aus der allgemeinen Hinneigung unsers Ge mùtes zur Herrschbe,gierde oder dem Bestreben, alles wegzudrangen, was das Spiel unsrer Kràliehindert.Ich wàhlte deswegen einen ganz wohlwollenden,gar.rz ùber jedeselbst,sùchtige Begierde erhabenen Charakter, ich gab ihm die hòchste Achtungfùr anderer Rechte, ich gab ihm die Hervorbringung eines allgemeinenFreiheitsgenusses sogar zum Zwecke, und ich glaube mich aufkeinem Wider,spruch mit der allgemeinen Erfahrung zu befnden, wenn ich ihn, selbst aufdem Wege dahin, in Despotismus verirren lieB. Es lag in meinem PIan, daBcr sich in dieser Schlinge verstricken sollte, die allen gelegt ist, die sicheuf einerlei Wege mit ihm befinden, Wieviel hàtte mir es auch gekostet,ihn wohlbehalte n davon vorbeizubringen und dem Leser, der ihn liebgewann,den unvermischten GenuB aller ùbrigen Schònheiten seines Charakters zugeben, wenn ich es nicht fùr einen ungleich gròBern Gewinn gehalten hatte,.lcr mer-rschlichen Natur zur Seite zu bleiben und eine nie genug zt beherzr,ricnde Erfahrung durch sein Beispiel zu bestatigen. Diese meine ich, daB mantich in moralischen Dingen nicht ohne Gefahr von dem natùrlichen prak,rischen Gefùhl entlèrnt, um sich zu allgemeinen Abstraktionen zu erheben,,l:rB sich der Mensch weit sicherer den Eingebungen seines Herzens oder demrclron gegenwartigen und individuellen Cefùhle von Recht und lJnrechtvutraut als der gcfàhrlichen Leitung universeller Verr.runftideen, die er sich

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kiinstlich erschaffen hat - denn nichts fùhrt z:.tm Cuten, was nicht natiirlkh \-.aI\I ,

Zwòlfter Brief

lt, ist nur noch ùbrig, ein paar-Worte ùber seine Aufoplèrung zu sagen.Men lrat es nàmlich getadelt, da8 er sich mutwillig in einen gewaltsamen

I .tl stùrze , den er hatte vermeiden kònnen, Alles, sagt man, war ja noch nicht\,('rl()rcn. Warum hàtte er nicht ebensogut fiehen kònnen als sein Freundl\\1.rr cr scharfer bewacht als dieser; Machte es ihm nicht selbstseine Freund,., lr.rli liir Carlos zur Pflicht, sich diesem zu erhalten I und konnte er ìhm mit',, r,,.rrr Lcben nicht weit mehr nùtzen als wahrscheinlicherweise mit seinem1,,,1, sclbst wenn alles seinem Plane gemàB eingetroffen wàre : Konnte er

,rr, lrr ficiliclr!'Was hatte der ruhigc Zuschauer nichtgekonnt, und wie viel

INHALTSTBERSICHTUnter Mitwirkung von Gerhard Frickeherausgegeben von Herbert G. Gòpfert

Nachwort von Gerhard Fricke

AIle Rechte vorbehalten@ 1976 Carl Hanser Verlag Mùnchen \flien

Einbandentwurf Hannes JàhnCesamrherstelluns Mohndruck

Craphische Berriebe imbH. Gùtersloh

Einmalige Sonderausgabeder Harenberg Kommunikation 1982

Cedichte bis r788

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Frùhe Dramen

JI

Erzd.hlungen

55e

Frùhe philosophisch,asthetische Schrilìen

695

,A.nhang

74r

I nhaltsverzeichnis

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