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Quelle: http://www.htg-online.de/EAS-Empfehlungen-des-Arbeitsau.691.0.html Empfehlungen des Arbeitsausschusses Sportboothäfen und wassertouristische Anlagen Handlungsempfehlungen für Planung, Bau und Betrieb von Sportboothäfen und wassertouristischen Anlagen Vorabzug Kapitel 10: Vorhabenbezogene Landschafts- und Umweltplanung Hamburg, 21.05.2010

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Quelle: http://www.htg-online.de/EAS-Empfehlungen-des-Arbeitsau.691.0.html

Empfehlungen des Arbeitsausschusses Sportboothäfen und wassertouristische Anlagen Handlungsempfehlungen für Planung, Bau und Betrieb von Sportboothäfen und wassertouristischen Anlagen

Vorabzug

Kapitel 10: Vorhabenbezogene Landschafts- und Umweltplanung

Hamburg, 21.05.2010

Vorhabenbezogene Landschafts- und Umweltplanung

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10 Vorhabenbezogene Landschafts- und Umweltplanung

10.1 Einleitung

Im Folgenden werden zur Erstellung der Antragsunterlagen eines Zulassungsverfahren15 wesentliche umwelt- und naturschutzfachlich relevante Gutachten in Verbindung mit dem behördlichen Prüfverfahren benannt und kurz erläutert. Dies erfolgt vor dem Hintergrund der aktuellen Gesetze und Rechtsprechungen16. Zusammengefasst werden die Unterlagen als Fachbeiträge der vorhabensbezogenen Landschafts- und Umweltplanung bezeichnet, da sie dem Genehmigungs- und Zulassungsverfahren eines konkreten Vorhabens – hier der Planung und der Realisierung eines Sportboothafens – zugeordnet werden können.

Die Belange des Natur- und Umweltschutzes bedürfen im Zulassungs-verfahren (s. Kapitel 4) der umfassenden Berücksichtigung und können für das jeweilige Vorhaben hinsichtlich der Kosten sowie der Planungs- und Zulassungszeit von großer Bedeutung sein. Das Fachplanungsrecht wird seit mehreren Jahren auch von der Europäischen Union (EU) und von den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) geprägt. Die Einhaltung europarechtlicher Vorgaben ist ein wesentlicher Bestandteil des Zulassungsverfahrens (FHH 2008).

Aufgrund der Komplexität des Themas und der länderspezifischen Gesetzgebung kann lediglich ein genereller Überblick über die verschie-denen Verfahren und Gutachten gegeben werden. In Abhängigkeit von der Lage und der Ausgestaltung eines künftigen Sportboothafens ist die Betrachtung dieser Belange im konkreten Einzelfall erforderlich. Art und Umfang der Fachgutachten können dabei stark variieren.

Eine frühzeitige Abstimmung mit der Genehmigungsbehörde bzw. mit der zuständigen Naturschutzbehörde dient der Ermittlung von Art und Umfang der beizubringenden Unterlagen. Zur Bearbeitung der spezifischen Fragestellungen der Fachgutachten sind zudem vorhandene

                                                            15 Die Art des Zulassungsverfahrens (und die zuständige Genehmigungsbehörde) richtet sich

nach den gesetzlichen Vorgaben. 16 Infolge der Förderalismusreform 2006 sollen künftig an Stelle der Rahmengesetzgebung des

Bundes bundeseinheitliche Vollregelungen treten. Von Änderungen betroffen ist z.B. das UVPG. Neuregelungen beziehen sich des Weiteren auf das Wasserrecht und das Naturschutzrecht (BMU 2009). Nach Inkrafttreten der entsprechenden Gesetze, welches für den 01.03.2010 festgelegt ist, muss die vorliegende Darstellung - wie nach jeder (einschlägigen) Gesetzesänderung - auf ihre Richtigkeit überprüft werden.

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Grundlagendaten zu ermitteln bzw. erforderlichenfalls aktuelle Daten zu erheben (Erfassungen von Flora und Fauna). Der Untersuchungs-aufwand der Erfassungen von Flora und Fauna soll sich gemäß dem Gebot der Verhältnismäßigkeit an der vorhabensbezogenen Problem-stellung orientieren. Um den Erfassungsaufwand möglichst gering zu halten, ist auf vorhandene Datengrundlagen zurückzugreifen, die ggf. bei den Naturschutzbehörden oder regional tätigen Naturschutzorga-nisationen vorliegen.

10.2 Umwelt- und naturschutzfachlich relevante Fachbeiträge

Auf Grundlage der aktuellen Gesetzgebung sind neben der Umwelt-verträglichkeitsprüfung (UVP) und der Eingriffsregelung seitens der Genehmigungsbehörde die FFH-Verträglichkeit, artenschutzrechtliche Belange und die Verträglichkeit mit den Zielen der Wasserrahmen-richtlinie (WRRL) eines Vorhabens zu prüfen. Der Vorhabensträger (Antragsteller) hat die entsprechenden Unterlagen und Studien beizubringen, die als Grundlage der behördlichen Prüfung dienen.

Dementsprechend umfassen die zu den Antragsunterlagen aus natur- und umweltschutzfachlicher Sicht beizubringenden Unterlagen erforder-lichenfalls eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung (UVU) und einen landschaftspflegerischen Fachbeitrag (LFB, ggf. auch eine formal aufwändigeren Landschaftspflegerischen Begleitplan: LBP). Aus dem Europarecht stammende Normen zur Berücksichtigung von Natura-2000-Gebieten (FFH- und Vogelschutzgebiete), streng und besonders geschützten Arten sowie der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) erfordern i.d.R. die Bearbeitung der möglichen Auswirkungen eines Vorhabens in Form von folgenden Umweltgutachten als Anlage zu den Antragsunterlagen:

FFH-Verträglichkeitsuntersuchung (FFH-VU) gemäß § 34 Bundes-naturschutzgesetz (BNatSchG) bzw. Art. 4 Abs. 4 EU-Vogelschutz-Richtlinie und Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie (FFH-RL),

Untersuchung zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (UsaP) aufgrund § 42ff BNatSchG und

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Untersuchung der Verträglichkeit im Sinne der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL-VU) gemäß § 25a-d bzw. § 32c WHG17.

Die Grenzen zwischen den einzelnen Fachgutachten, die als Entscheidungsgrundlage für die Zulassungsbehörde dienen, sind teils fließend. Aufgrund der umfassenden Betrachtung der Schutzgüter in der UVP ist es im Sinne des Vorhabensträgers (Antragsteller), die dazu-gehörige Unterlage derart aufzubereiten, dass sie auch als Grundlage für die anderen Fachgutachten herangezogen werden kann. Derart können trotz der komplexen Fragestellungen und unterschiedlichen Zielsetzungen Synergieeffekte genutzt und Doppelprüfungen vermieden werden. Diesem Zweck dient auch der Scopingtermin gem. § 5 UVPG, der formal lediglich dazu dient, den Untersuchungsumfang der UVP vor-läufig festzulegen, in der Praxis jedoch zunehmend genutzt wird, um weitere Verfahrensfragen im Vorfeld der Antragserstellung zu klären.

10.2.1 Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP

Im Rahmen der UVP werden die Auswirkungen eines Vorhabens auf Mensch und Umwelt einschließlich der Wechselwirkungen als Entscheidungsgrundlage für die Zulassungsbehörde ermittelt, beschrieben und bewertet. Die UVP soll zur Optimierung von Vorhaben beitragen, indem u.a. erhebliche Umweltauswirkungen frühzeitig erkannt und Alternativen ermittelt werden. Die UVP als Instrument der Umwelt-vorsorge ist integrativer Bestandteil eines Fachplanungsverfahrens (s. § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG18) bzw. unselbstständiger Teil eines Planfest-stellungsverfahrens. Das Trägerverfahren wird den Anforderungen der Fachgesetze entsprechend festgelegt (s. Kapitel 4).

Vor Beginn des Verfahrens ist die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens, entsprechend den Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglich-keitsprüfung (UVPG), ergänzt durch die länderspezifischen Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetze, und der einschlägigen Fachgesetze zu prüfen.

Die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für den „Bau eines sonstigen Hafens, einschließlich Fischerei-

                                                            17 Hinweis: Das WHG wurde am 31. Juli 2009 zuletzt geändert (BGBl. I S. 2585). Die Änderung

tritt jedoch erst am 01.03.2010 in Kraft. 18 Hinweis: Das UVPG wurde am 11. August 2009 zuletzt geändert (BGBl. I S. 2723). Die

Änderung tritt jedoch erst am 01.03.2010 in Kraft.

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hafens oder Jachthafens, oder einer infrastrukturellen Hafenanlage“ ergibt sich gemäß § 3d i.V.m. Ziffer 13.12 der Anlage 1 zum UVPG nach Maßgabe des jeweiligen Landesrechts. Sofern im Landesrecht eine Verpflichtung zur Durchführung einer UVP festlegt wird, regeln die Länder „durch Größen- oder Leistungswerte, durch eine allgemeine oder standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls oder durch eine Kombination dieser Verfahren, unter welchen Voraussetzungen eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist“ (§ 3d UVPG).

Dementsprechend ist in bestimmten Fällen eine Vorprüfung der UVP-Pflicht im Einzelfall19 („Screening“) durchzuführen. Zudem sind die einschlägigen Fachgesetze (z.B. Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG)) zu berücksichtigen, die ebenfalls Festsetzungen zur UVP-Pflicht enthalten können (s. Kapitel 4).

„Die UVP ist [...] - vom Berücksichtigungsgebot nach § 12 UVPG abgesehen – verfahrensrechtlicher Natur“ (Gassner et al. 2005). Die UVP bzw. die seitens des Vorhabensträgers beizubringenden Unterlagen (synonym: UVS / Umweltverträglichkeitsstudie und UVU / Umweltver-träglichkeitsuntersuchung, s.u.) bereitet den Sachverhalt für die Zulassungsentscheidung nach einschlägigem Fachrecht auf (Gassner et al. 2005). Darstellungen von Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen weisen auf die Konsequenzen hin, die sich bei Realisierung des Vorhabens ergeben. Sie haben „eher deklatorischen Charakter“. Es ergeben sich keine unmittelbaren Rechtsfolgen (Klöppel et al. 2004).

Im Folgenden wird ein Überblick über die Inhalte der UVU gegeben.20

Betrachtungsrelevante Schutzgüter gemäß UVPG

Die UVP umfasst die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen des beantragten Vorhabens nach § 2 (1) UVPG auf die folgenden Schutzgüter:

                                                            19 Hinweise zum Vorgehen bei einer allgemeinen oder standortbezogenen Vorprüfung des

Einzelfalls werden im „Leitfaden zur Vorprüfung des Einzelfalls im Rahmen der Feststellung der UVP-Pflicht von Projekten“ des BMU (2003) erläutert. Der Leitfaden kann im Internet unter http://www.bmu.de/umweltvertraeglichkeitspruefung/doc/6380.php als PDF heruntergeladen werden.

20 Für weitere Fragestellungen, die sich auf den Ausbau von Wasserstraßen und Häfen beziehen, wird auf die Empfehlungen des HTG-Fachausschusses für Umweltverträglichkeitsuntersuchungen Begleitpläne für Wasserstrassen und Häfen (April 1999) verwiesen.

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Mensch, einschließlich der menschlichen Gesundheit,

Pflanzen und Tiere sowie die biologische Vielfalt,

Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,

Kultur- und sonstige Sachgüter sowie

die Wechselwirkungen21 zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

Der Untersuchungsrahmen wird beim Scopingtermin nach § 5 UVPG konkretisiert und macht Vorgaben methodischer und inhaltlicher Art zu der Bearbeitung der o.g. Schutzgüter sowie zu einem an die Wirkreich-weite des Vorhabens angepassten Untersuchungsgebiet. Dieses ist in Größe und Zuschnitt i.d.R. schutzgutspezifisch differenziert.

Verfahrensschritte einer UVP

Die UVP folgt den gesetzlichen Vorgaben des UVPG. Der Anwendungs-bereich wird durch § 3 UVPG bzw. die Ländergesetzgebung festgesetzt (s.o.). Nach vorläufiger Ermittlung der vom Vorhabensträger beizubringenden Unterlagen und Umweltinformationen sind folgende Verfahrensschritte Bestandteil der UVP (s. Abschnitt 2 UVPG):

Unterrichtung über voraussichtlich seitens des Antragstellers bei-zubringende Unterlagen (Scopingtermin gemäß § 5 UVPG)

Vorlage der entscheidungserheblichen Unterlagen bei der zuständigen Behörde durch den Vorhabensträgers (§ 6 UVPG)

Beteiligung und Stellungnahmen anderer Behörden (§ 7 UVPG)

Beteiligung der Öffentlichkeit (öffentliche Auslegung der Unterlagen gemäß § 9 UVPG, auch § 15 Abs. 2UVPG)

                                                            21 Die Wechselwirkungen werden nach Rassmus et al. (2001: 124) wie folgt definiert: „Unter Wechselwirkungen im Sinne des § 2 UVPG werden die in der Umwelt ablaufenden

Prozesse verstanden. Prozesse sind Teil der Umwelt und verantwortlich für ihren Zustand und ihre weitere Entwicklung. Prozesse sind in der Umwelt wirksam, indem sie z. B. bestimmte Zustände stabilisieren, Gradienten aufbauen oder ausgleichen oder zu periodischen oder sukzessiven Veränderungen führen. Die von einem Vorhaben verursachten Auswirkungen auf die Umwelt umfassen direkte Auswirkungen und Veränderungen von Prozessen, die zu indirekten Wirkungen führen. Diese indirekten Wirkungen können räumlich und zeitlich versetzt, abgeschwächt oder verstärkt auftreten. Auswirkungen auf Wechselwirkungen sind solche Auswirkungen auf Prozesse, die zu einem veränderten Zustand, einer veränderten Entwicklungstendenz oder einer veränderten Reaktion der Umwelt auf äußere Einflüsse führen.“

 

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Ggf. grenzüberschreitende Beteiligung (§ 8, 9a, 9b UVPG)

Zusammenfassende Darstellung der Umweltauswirkungen (§ 11 UVPG)

Bewertung der Umweltauswirkungen (§ 12 UVPG)

Berücksichtigung der Ergebnisse bei der Entscheidung (§ 12 UVPG)

Veröffentlichung (§ 9 Abs. 2 UVPG, auch § 15 Abs. 2 UVPG)

Der allgemeine Verfahrensablauf einer UVP ist Abb. 8 dargestellt. Es ist zu berücksichtigen, dass dieser sich nach dem jeweiligen Trägerverfahren (s. Kapitel 4) richtet und daher von der Darstellung ab-weichen kann.

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Abb. 8: Allgemeiner Verfahrensablauf einer UVP (RIEDEL & LANGE 2001 in KÖPPEL

2004: 187)

Umweltverträglichkeitsstudie (UVS)/ Umweltverträglichkeitsuntersuchung (UVU)

Neben der UVP als seitens der Genehmigungsbehörde vorzunehmender administrativer Akt („zusammenfassende Darstellung und Bewertung der

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Umweltauswirkungen im Rahmen des Zulassungsverfahrens“) haben sich in der Planungspraxis die Begriffe Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) und Umweltverträglichkeitsuntersuchung (UVU) eingebürgert. Diese werden oft synonym verwendet, teils wird als UVU auch die Gesamtheit aller Fachgutachten bezeichnet, die der UVS zugrunde liegen, die in aggregierter Form den Anforderungen des UVPG folgt (FHH 2008).

In § 6 UVPG werden – vorbehaltlich der Ergebnisse des Scoping-termins – folgende Mindestanforderungen an die seitens des Antragstellers beizubringenden Unterlagen formuliert:

Beschreibung des Vorhabens mit Angaben über Standort, Art und Um-fang sowie Bedarf an Grund und Boden,

Beschreibung der Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen des Vorhabens vermieden, vermindert oder, soweit möglich, ausgeglichen werden, sowie der Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in Natur und Landschaft,

Beschreibung der zu erwartenden erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen des Vorhabens unter Berücksichtigung des allgemeinen Kenntnisstandes und der allgemein anerkannten Prüfungsmethoden,

Beschreibung der Umwelt und ihrer Bestandteile im Einwirkungsbereich des Vorhabens unter Berücksichtigung des allgemeinen Kenntnisstandes und der allgemein anerkannten Prüfungsmethoden sowie Angaben zur Bevölkerung in diesem Bereich, soweit die Beschreibung und die Angaben zur Feststellung und Bewertung erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen des Vorhabens erforderlich sind und ihre Beibringung für den Träger des Vorhabens zumutbar ist,

Übersicht über die wichtigsten, vom Träger des Vorhabens geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten und Angabe der wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen des Vorhabens.

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Zudem wird eine „allgemein verständliche, nichttechnische Zusammen-fassung“ gefordert, sowie erforderlichenfalls Angaben zur Beschreibung der wichtigsten Merkmale der verwendeten technischen Verfahren, zur Beschreibung von Art und Umfang der zu erwartenden Emissionen, der Abfälle, des Anfalls von Abwasser, der Nutzung und Gestaltung von Wasser, Boden, Natur und Landschaft sowie Angaben zu sonstigen Folgen des Vorhabens, die zu erheblichen nachteiligen Umwelt-auswirkungen führen können. Des Weiteren sind Hinweise auf Schwierigkeiten (z.B. technische Lücken oder fehlende Kenntnisse), die bei der Zusammenstellung der Unterlagen aufgetreten sind, zu liefern (s. § 6 Satz 1 UVPG).

10.2.2 Eingriffsregelung

Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung dient der Berücksichtigung von „Vermeidung und Kompensation von Eingriffsfolgen als obligatorischen Beitrag eines Verursachers zu Naturschutz und Land-schaftspflege“. Durch die rechtlichen Vorgaben der §§ 18 bis 21a BNatSchG22 werden die Belange von Naturschutz und Landschafts-pflege auch außerhalb besonders geschützter Gebiete berücksichtigt. In Schutzgebieten sind der Entscheidung über die Zulässig-keit/Genehmigungsfähigkeit eines Eingriffs mit den Vorgaben der Schutzgebietsverordnung meist strengere Regelungen zugrunde zu legen (Köppel et al. 2004). Die Landesnaturschutzgesetze bringen einige Konkretisierungen und Detaillierungen.

Nach § 18 Abs. 1 BNatSchG sind Eingriffe in Natur und Landschaft „Ver-änderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktions-fähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können“. Seitens der Länder können ergänzende Vor-schriften zur Beurteilung, ob Veränderungen als Eingriffe einzustufen sind, erlassen werden.

Verursacht ein Vorhaben Eingriffe in Natur und Landschaft, ist ggf. ein Landschaftspflegerischer Begleitplan (LBP; s.u.) als Anlage bzw. Ergänzung zu den erforderlichen Antragsunterlagen zu erstellen, sofern

                                                            22 Hinweis: Das BNatSchG wurde am 29. Juli 2009 zuletzt geändert (BGBl. I S. 2585). Die

Änderung tritt jedoch erst am 01.03.2010 in Kraft.

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der Eingriff einer behördlichen Entscheidung oder einer Anzeige an eine Behörde bedarf bzw. von einer Behörde durchgeführt wird (§ 20 BNatSchG). Die Entscheidungen gemäß § 19 BNatSchG (s.u.) werden seitens der für das Vorhaben zuständigen Zulassungs- bzw. Genehmigungsbehörde i.d.R. im Benehmen mit der zuständigen Natur-schutzbehörde getroffen, soweit keine weitergehende Form der Beteiligung vorgesehen ist.

Sind im Rahmen der Bauleitplanung Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten, so wird über Vermeidung, Ausgleich und Ersatz nach den Vor-schriften des Baugesetzbuches entschieden (§ 21 Abs. 1 BNatSchG). Für Vorhaben im Außenbereich (§ 35 BauGB23) sowie für Bebauungspläne, die eine Planfeststellung ersetzen, bleibt die Geltung der Vorschriften über die Eingriffsregelung unberührt (§ 21 Abs. 2 BNatSchG).

Betrachtungsrelevante Schutzgüter der Eingriffsregelung gemäß BNatSchG

Im Rahmen der Eingriffregelung sind gemäß § 18 (1) BNatSchG die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes und das Land-schaftsbild zu berücksichtigen. Dazu zählen die Schutzgüter (s.a. Breuer 1991; Köppel et al. 2004):

Boden, Wasser, Luft/Klima, Flora und Fauna24 (Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts);

Vielfalt, Eigenart, Schönheit und der Erholungswert von Natur und Landschaft (Landschaftsbild).25

Man beachte, dass einige der o.g. Schutzgüter des UVPG bei der Abarbeitung der Eingriffsregelung nicht mehr von Belang sind. Insbesondere geht es nicht mehr um den Menschen bzw. die menschlichen Gesundheit.

Rechtliche Anforderungen der Entscheidungsfindung („Entscheidungs-kaskade“)

                                                            23 Hinweis: Das BauGB wurde am 31. Juli 2009 zuletzt geändert (BGBl. I S. 2585). Die

Änderung tritt jedoch erst am 01.03.2010 in Kraft. 24 Pflanzen und Tierwelt 25 Im Rahmen der UVP müssen weitere Schutzgüter berücksichtigt werden (s.Kapitel Fehler!

Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.).

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Gemäß den §§ 19 bis 21 BNatSchG ist die Entscheidungsfindung der Eingriffsregelung an die Berücksichtigung von Einzelschritten in der Reihenfolge Vermeidung, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, Abwägung und Ersatzzahlungen gebunden. Folgendes Vorgehen ist im Rahmen der Eingriffsregelung einzuhalten (s.a. Abb. 9).

Abb. 9: Entscheidungskaskade der Eingriffsregelung gemäß § 18ff BNatSchG

(LAMBRECHT 1998 in KÖPPEL et al. 2004)

Der Verursacher eines Eingriffs (= Vorhabensträger) ist gemäß § 19 Abs. 1 BNatSchG verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur

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und Landschaft zu unterlassen (Vermeidungsgebot). Unvermeidbare Beeinträchtigungen sind durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vorrangig auszugleichen (Ausgleichmaßnahmen), ist dies nicht möglich, sind Ersatzmaßnahmen durchzuführen (zusammen-fassender Begriff: Kompensationsmaßnahmen). Gemäß § 19 Abs. 2 BNatSchG ist bei der Festsetzung von Art und Umfang der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen die Landschaftsplanung im Sinne der §§ 15 und 16 BNatSchG zu berücksichtigen.

Sind vorhabensbedingt erhebliche Beeinträchtigungen der Leistungs-fähigkeit des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes zu erwarten, die weder vermieden noch ausgeglichen werden können, so ist der Eingriff unzulässig, wenn bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege vorgehen (§ 19 Abs. 3 BNatSchG). Werden vorhabensbedingt Biotope zerstört, die für streng geschützte Arten (s.u.) nicht ersetzbar sind, ist der Eingriff nur zulässig, wenn er aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses gerechtfertigt werden kann. Maß-nahmen zu Vermeidung, Minimierung, Ausgleich und Ersatz werden i.d.R. rechtsverbindlich festgesetzt (ggf. planfestgestellt) und sind für die Zulassung eines Verfahrens bindend.

Gemäß § 19 Abs. 4 BNatSchG können die Länder Vorgaben zur Anrechnung von Kompensationsmaßnahmen treffen und bei zuzulassenden Eingriffen für nicht ausgleichbare oder kompensierbare Beeinträchtigungen Ersatzzahlungen (auch „Kompensationszahlung“ genannt) festlegen. Diese Ersatzzahlungen sind zweckgebunden.

Landschaftspflegerischer Begleitplan (LBP)

Der Landschaftspflegerische Begleitplan (LBP) dient als Entscheidungs-grundlage für die zuständige Behörde. Natur und Landschaft werden im LBP (nochmals) beschrieben und bewertet sowie die vorhabens-bedingten Auswirkungen dargestellt. In der Praxis kann, nach Absprache mit den befassten Behörden, zur Darstellung des Vorhabens sowie der Beschreibung und Bewertung des Ist-Zustandes oft auf die UVU zurück-gegriffen bzw. auf diese verwiesen werden. Damit werden sinnlose Redundanzen vermieden, der Umfang der Antragsunterlangen wird reduziert. Den rechtlichen Anforderungen entsprechend sind dann lediglich bzw. vor allem Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Minimierung von Beeinträchtigungen sowie erforderlichenfalls die Kompensations-

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maßnahmen (Ausgleich und Ersatz) und Ersatzzahlungen in Text und Karte zu erläutern. Die im Umfang reduzierte Form des LBP wird auch als Landschaftspflegerischer Fachbeitrag (LFB) bezeichnet und ist i.d.R. anzustreben.

Die Beurteilung von Eingriffen erfolgt in Form mehrerer Arbeitsschritte, die sich an den rechtlichen Vorgaben der §§ 18 bis 21 BNatSchG orientieren. Sie können als Grundlage zur Gliederung des LBP herangezogen werden und umfassen die beispielhaft in Tab. 3 genannten Inhalte.

Arbeitsschritte des LFB Inhalte

Vorhabensbeschreibung und Wirkfaktoren

Flächeninanspruchnahme Technische Planung Emissionen und Immissionen Bauphasen Alternativstandorte

Untersuchungsgebiet (UG) Abgrenzung des Wirkbereichs des Vorhabens

Beschreibung des Ist-Zustands

Bestandserfassung und -bewertung von Naturhaushalt und Landschaftsbild im UG - Allgemeine Beschreibung von Natur und Landschaft - Schutzgutspezifische Beschreibung und Bewertung

Ermittlung und Bewertung des Eingriffs (Konfliktanalyse)

Prognose der vorhabensbedingten Auswirkungen (Bau, Anlage und Betrieb) Bewertung des Eingriffs (Bau, Anlage und Betrieb) Konfliktminderungsmöglichkeiten

Vermeidung und Minimierung von Beeinträchtigungen

Benennung konkreter Maßnahmen, die einen Beitrag zu Vermeidung und Minimierung leisten

Prognose Entwicklung des UG ohne den Eingriff (Nullvariante) Entwicklung des Gebietes nach dem Eingriff

Eingriffsbilanzierung Ermittlung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen (Kompensation) Gegenüberstellung von Eingriff und Kompensationsmaßnah-men Bestimmung des Kompensationsumfangs/Festlegung von Ersatzzahlungen

Planung und Sicherung von Kompensationsmaßnahmen

Darstellung der Maßnahmen zur dauerhaften Sicherung des Ausgleichs und Ersatzes

Tab. 3: Arbeitsschritte und Inhalte des Landschaftspflegerischen Begleitplans (LBP)

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10.2.3 FFH-Verträglichkeitsprüfung (FFH-VP)

Gemäß den Vorgaben der „Richtlinie zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Richtlinie 92/43/EWG des Rates)“ – im Allgemeinen als FFH-Richtlinie (FFH-RL) bezeichnet – soll die Vielfalt der Arten und Lebensräume innerhalb der Europäischen Gemeinschaft durch den Aufbau eines kohärenten ökologischen Netzes Natura 2000 erhalten und gefördert werden. Der Begriff „Natura 2000-Gebiet“ umfasst sowohl „Flora-Fauna-Habitat-Gebiete“ (FFH-Gebiete) als auch „Vogelschutzgebiete“ (VS-Gebiete).

Grundlage der FFH-Verträglichkeitsprüfung (FFH-VP)26 sind neben der FFH-Richtlinie die Richtlinie 79/409/EWG des Rates (Vogelschutz-Richt-linie, abgekürzt VS-RL) sowie fortlaufende Entscheidungen der teils höchstrichterlichen Rechtsprechung auf nationaler Ebene27 sowie des Europäischen Gerichtshofes (EuGH). Die nationalrechtliche Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben erfolgt im BNatSchG (§ 32ff), welches für Pläne und Projekte des Bundes unmittelbar gilt. Sonstige Pläne und Projekte sind auf Grundlage der jeweiligen Ländergesetzgebung hinsichtlich ihrer Verträglichkeit mit den Zielen von Natura 2000-Gebieten zu beurteilen.

In Abstimmung mit der zuständigen Behörde wird in einer allgemeinen Voruntersuchung (Phase 1 der FFH-VU) geklärt, ob für das beantragte Vorhaben überhaupt eine FFH-VU zu erstellen ist. Das Screening-Untersuchungsgebiet umfasst dabei

den direkten Wirkraum, d.h. diejenigen Flächen, auf denen vorhabensbedingte Baumaßnahmen erfolgen;

den indirekten Wirkraum, in dem vorab z.B. durch indirekte Aus-wirkungen, also z.B. durch ausbaubedingte Schallimmissionen oder

                                                            26 Daneben bestehen FFH-Verträglichkeitsuntersuchung (FFH-VU) oder FFH-

Verträglichkeitsstudie (FFH-VS). Die FFH-VP ist formal der behördlicherseits durchzuführende administrative Akt. Die FFH-VU / -VS sind Leistungen des Vorhabensträgers bzw. Gutachterleistungen, die (seitens des Vorhabensträgers) als Grundlage für die behördliche Entscheidung beigebracht werden müssen. In der Praxis werden die Bezeichnungen oft uneinheitlich verwendet.

27 Bsp.: BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 – 9 A 20.05 „Westumfahrung Halle“; BVerwG 9 A 3.06 – Urteil vom 12. März 2008 „Hessisch Lichtenau“

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ausbaubedingte Wasserstands- und/oder Strömungsänderungen, Auswirkungen auf die Schutzgüter nicht ausgeschlossen werden können.

Sofern das Vorhaben zu unmittelbaren oder mittelbaren negativen Aus-wirkungen auf ein Natura 2000-Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, muss der Vorhabensträger der Genehmigungsbehörde im Rahmen der Antragsunterlagen eine FFH-Verträglichkeitsuntersuchung28 (FFH-VU) als Vorbereitung der FFH-Verträglichkeitsprüfung (FFH-VP) vorlegen.

Art. 6 (3) FFH-RL definiert die Erfordernis einer FFH-VP und die Voraus-setzungen für die Zustimmung zu einem Vorhaben folgendermaßen:

„Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.“

Untersuchungsgegenstand

Grundsätzlich werden in der FFH-VU Natura 2000-Gebiete untersucht, auf die Auswirkungen des zu beantragenden Vorhabens nicht auszuschließen sind. Natura 2000-Gebiete umfassen:

Flora Fauna Habitat-Gebiete (Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung)

Bei einem Fauna Flora Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet) handelt es sich gemäß FFH-RL „um ein Gebiet, das in der oder den biogeographischen Region(en), zu welchen es gehört, in signifikantem Maße dazu beiträgt, einen natürlichen Lebensraumtyp des Anhangs I oder eine Art des Anhangs II in einem güns-tigen Erhaltungszustand zu bewahren oder einen solchen wiederherzustellen und auch in signifikan-tem Maße zur

                                                            28 Die FFH-VU kann in die UVS/UVU integriert werden, sofern die zur FFH-VP relevanten

Fragestellungen berücksichtigt werden.

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Kohärenz des in Artikel 3 genannten Netzes „Natura 2000“ und/oder in signifikantem Maße zur biologischen Vielfalt in der biogeographischen Region beitragen kann.“ FFH-Gebiete sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes mit einem nationalen rechtlichen Schutz-status auszustatten (und demzufolge i.d.R. Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebiet). Sie unterliegen dem Schutzregime nach Art. 6 FFH-RL.

Die Listen der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung für Deutsch-land liegen mit den Entscheidungen der Kommission vom 22. Dezember 2003 (alpine Region: EU-Kommission 2003) und vom 07. Dezember 2004 (atlantische und kontinentale Region: EU Kommission 2004a, 2004b) sowie vom 15. Januar 2008 (EU Kommission 2008) vor. Damit wurden die von Deutschland nachgemeldeten FFH-Gebiete von der EU anerkannt und die Gebietskulisse als vollständig gemeldet akzeptiert (Entscheidung der Europäischen Kommission vom November 2007). Das Meldeverfahren gilt somit als abgeschlossen (BfN 2008)29.

Europäische Vogelschutzgebiete

Gemäß VS-RL sollen "eine ausreichende Vielfalt und eine ausreichende Flächengröße an Lebens-räumen" für die europäischen Vogelarten erhalten oder wiederhergestellt werden. Für den EU-weiten Schutz aller einheimischen, wildlebenden Vogelarten werden unter anderem Europäische Vogelschutzgebiete (VS-Gebiete) eingerichtet. VS-Gebiete sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) mit einem nationalen rechtlichen Schutzstatus auszustatten, um in das Schutzregime der FFH-Richtlinie überführt zu werden. Sie unterliegen dem Schutzregime nach Art. 6 FFH-RL. Die Liste der deutschen Vogel-schutzgebiete ist gemäß § 10 Abs. 6 BNatSchG im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden.30

FFH-Verträglichkeitsuntersuchung (FFH-VU)

In Tab. 4 werden die Arbeitsschritte und Inhalte einer FFH-VU exemplarisch und vor allem verkürzt dargestellt. Die Vorgehensweise

                                                            29 Der aktuelle Meldestand der FFH-Gebietes in Deutschland kann unter

http://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/themen/ natura2000/meldestand_ffh.pdf abgerufen werden.

30 Der aktuelle Meldestand der Vogelschutzgebiete in Deutschland kann unter http://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents /themen/natura2000/meldestand_spa.pdf abgerufen werden.

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orientiert sich an den methodischen Leitlinien der Europäischen Kommis-sion zur „Prüfung der Verträglichkeit von Plänen und Projekten mit erheblichen Auswirkungen auf Natura 2000-Gebiete“ (GD Umwelt 2001) sowie an dem Leitfaden zur FFH-Verträglichkeitsprüfung im Bundesfernstraßenbau (BMVBW 2004a).

Arbeitsschritte Inhalte

Beschreibung des Vorhabens

Das Vorhaben, das auf seine Verträglichkeit mit den Zielen von Natura 2000-Gebieten hin geprüft werden soll, wird beschrieben. Bei der Beschreibung stehen technische Aspekte im Vordergrund. Zudem erfolgt die Darstellung aller Merkmale und von diesen ausgehenden Wirkungen (bau-, anlage- und betriebsbedingt)31, die sich auf Natura 2000-Gebiete auswirken könnten.

Screening (Phase 1 der FFH-VU)

Im Screening werden die im Wirkbereich des Vorhabens liegenden Natura 2000-Gebiete benannt. Es wird geprüft, für welche dieser Gebiete eine Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen werden kann. Für diese Schutzgebiete wird eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt.

Weitere zu berücksichtigende Pläne und Projekte

In einem weiteren Schritt wird geprüft, welche weiteren Pläne und Projekte über das eigentliche Vorhaben hinaus bei der nachfolgenden Verträglichkeitsprüfung zu berücksichtigen sind. Sie werden beschrieben und ggf. ihre Merkmale und von diesen ausgehende Wirkungen, die sich auf Natura 2000-Gebiete auswirken könnten, dargestellt.

Verträglichkeitsuntersuchung (Phase 2 der FFH-VU; eigentliche Verträglichkeitsuntersuchung)

Gemäß § 34 BNatSchG ist ein Projekt vor seiner Zulassung oder Durchführung auf seine Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen. Bei als Naturschutzgebieten, Nationalparken, Biosphärenreservaten, Landschaftsschutzgebieten, Naturdenkmalen oder geschützten Landschaftsbestandteilen rechtlich gesicherten Natura 2000-Gebieten ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus deren Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, soweit diese die Erhaltungsziele betreffen. Die Untersuchung auf Verträglichkeit befasst sich „mit Auswirkungen auf das Natura 2000-Gebiet als solches, entweder einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten, im Hinblick auf die Struktur und die Funktionen des betreffenden Gebiets und seine Erhaltungsziele“ (GD Umwelt 2001). Sie bewertet die Art und Intensität möglicher Auswirkungen des Vorhabens sowie anderer Pläne und Projekte auf das betroffene Schutzgebiet mit seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen. Schutz- und Kompensationsmaßnahmen werden sofern erforderlich benannt und in die Bewertung einbezogen.

Ausnahmeverfahren

Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt auch unter Berücksichtigung von Schutz- und Kompensationsmaßnahmen zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, so ist es unzulässig. In diesem Fall wird geprüft, ob mögliche

                                                            31 Sofern das Vorhaben UVP-pflichtig ist, kann auf die in der

Umweltverträglichkeitsuntersuchung (UVU) identifizierten Vorhabensmerkmale und –wirkungen zurückgegriffen werden, die der Vollständigkeit halber in der FFH-VU kurz benannt werden.

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Planungsalternativen bestehen, die keine erheblichen Beeinträchtigungen des Schutzgebietes bewirken. Sollte dies nicht der Fall sein, müssen zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art vorliegen, um eine Planungsfortführung zu rechtfertigen. Falls Hinweise auf solche Gründe bekannt sind, werden diese genannt. Ob zwingende Gründe tatsächlich vorliegen, obliegt der behördlichen Prüfung. Sollten keine Planungsalternativen benannt werden können und überwiegende Gründe des öffentlichen Interesses bestehen, sind Maßnahmen zu benennen, die geeignet sind, die Kohärenz des Netzes Natura 2000 (Kohärenzmaßnahmen) sicherzustellen.

Tab. 4: Arbeitsschritte und Inhalte der FFH-VU

Methodik der Prognose vorhabensbedingter Auswirkungen

Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung im Hinblick auf die Erhaltungs-ziele ist die Klärung, ob ein günstiger Erhaltungszustand trotz Durchführung des Vorhabens mit Sicherheit stabil bleiben wird (Sach-verhaltsermittlung). Für die diesbezügliche Prognose werden folgende Kriterien gemäß BMVBW (2004a) herangezogen:

a. Für Lebensräume des Anhangs I der FFH-RL32:

Struktur des Lebensraums (beschreibende Kriterien des Lebensraums im Gebiet einschließlich Flächengröße, Ausprägungsvielfalt und charakteristische Arten),

Funktionen (das Faktorengefüge, das zum langfristigen Fortbestand der beschriebenen Strukturen notwendig ist) sowie

Wiederherstellbarkeit des Lebensraums.

b. Für Arten des Anhangs II FFH-RL und Anhang I sowie Art. 4(2) VS-RL:

Struktur des Bestands (Kriterien zur Beschreibung der Population im Gebiet einschließlich Größe und Entwicklungstrends),

Funktionen der Habitate des Bestands (das Faktorengefüge, das zum langfristigen Fortbestand der Art im Gebiet oder zur langfristigen Verfügbarkeit der (Teil-)Habitate im Lebenszyklus der Vogelarten notwendig ist) sowie

Wiederherstellbarkeit der Habitate der Arten/der Lebensstätten der Vögel.

                                                            32 Anhang I der FFH-RL listet die sog. Lebensraumtypen von europäischer Bedeutung auf,

Anhang II die entsprechenden Pflanzen- u. Tierarten

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Die genannten Kriterien basieren auf den Begriffsbestimmungen zum „günstigen Erhaltungszustand für Lebensraumtypen und Arten“ gemäß Art. 1 FFH-RL.33

Bewertung der Auswirkungen nach Art. 6(3) FFH-RL bzw. § 34 BNatSchG sowie einschlägiger Ländergesetzgebung

Beispielhaft wird in Tab. 5 die dreistufige Bewertung der Auswirkungen in Anlehnung an BMVBW (2004b) und modifiziert auf Grundlage der aktuellen Rechtssprechung34 dargestellt. Dabei wird die „Erheblichkeitsschwelle“ als der Bereich definiert, in dem die „Stabilität“ des günstigen Erhaltungszustandes einer Art bzw. eines Lebens- raumes gefährdet bzw. nicht mehr sicher gewährleistet ist. Generell gilt, dass der Unterscheidung von Sachverhaltsermittlung (s.o.) und Sachverhaltsbewertung zentrale Bedeutung zukommt. Prüfmaßstab sind die gebietsbezogen festgelegten Erhaltungsziele.

Stufe 1 – Keine negativen Auswirkungen

Es treten einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten sowie, sofern vorhanden, im Zusammenwirken mit bestehenden Vorbelastungen, keine negativen Auswirkungen auf für die Erhaltungsziele/ für den Schutzzweck maßgebliche Bestandteile auf.

Stufe 2 – Unerheblich negative Auswirkungen

Es treten einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten negative Auswirkungen auf für die Erhaltungsziele/ für den Schutzzweck maßgebliche Bestandteile auf. Die Auswirkungen, betrachtet anhand ihrer Art sowie ihrer räumlichen und zeitlichen Dimension, überschreiten nicht die Erheblichkeitsschwelle.

Eine Beeinträchtigung der gebietsspezifischen Erhaltungsziele kann ausgeschlossen werden (= keine Beeinträchtigung).

                                                            33 Kriterien für den Erhaltungszustand von Lebensraumtypen/Arten nach BfN 2008

(http://www.bfn.de/0315_ffh_richtlinie.html) auf Basis des Art. 1 e) u. 1 i) FFH-RL: A) Größe des Verbreitungsgebietes (Range), B) Flächengröße (Area covered)/Bestandsgröße (Population), C) Struktur und Funktionen (Structures & Functions) inkl. lebensraumtypische Strukturen und typischem Arteninventar/Größe des Lebensraumes (Habitat for the species), D) Zukunftsaussichten (inkl. Beeinträchtigungen, Gefährdungen und langfristige Überlebensfähigkeit)

34 U.a. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 – 9 A 20.05 „Westumfahrung Halle“

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Stufe 3 – Erheblich negative Auswirkungen

Es treten einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten negative Auswirkungen auf für die Erhaltungsziele/ für den Schutzzweck maßgebliche Bestandteile auf. Die Auswirkungen, betrachtet anhand ihrer Art sowie ihrer räumlichen und zeitlichen Dimension, überschreiten die Erheblichkeitsschwelle.

Eine Beeinträchtigung der gebietsspezifischen Erhaltungsziele kann nicht ausgeschlossen werden bzw. ist zu erwarten. Das Gebiet als solches wird beeinträchtigt (= erhebliche Beeinträchtigung).

Tab. 5: Bewertungsrahmen zur Art der Beeinträchtigung

10.2.4 Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung

Ende 2007 wurde das BNatSchG an die europarechtlichen Vorgaben zum Artenschutz angepasst (Erstes Gesetz zur Änderung des BNatSchG vom 12.12.2007; BGBl. I S. 2873).

Als Beurteilungsgrundlage für die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) durch die zuständige Genehmigungsbehörde wird in einer Unter-suchung zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (UsaP) ermittelt, ob aufgrund der zu erwartenden Vorhabenswirkungen artenschutz-rechtliche Verbotstatbestände des § 42 Art. 1 BNatSchG (Zugriffsverbote) einschlägig sein können (Konfliktanalyse). Die nationalen artenschutz-rechtlichen Vorschriften des § 42 Art. 1 BNatSchG umfassen dabei gemeinschaftsrechtliche Vorgaben der Art. 12 und 13 FFH-RL und des Art. 5 VS-RL.

Ein Verstoß gegen weitere artenschutzrechtliche Vorgaben (Besitz- und Vermarktungsverbote nach § 42 Art. 2 bzw. 3 BNatSchG) kann bei Planung und Bau eines Sportboothafens i.d.R. aufgrund der vorhabens-bedingten Wirkungen ausgeschlossen werden.

Methodik

Die UsaP kann in die nachfolgend beschriebenen Schritte untergliedert werden.

Vorhabensmerkmale und -wirkungen

Im ersten Schritt wird das Vorhaben kurz beschrieben. Art, Reichweite, Dauer und Intensität der (stofflichen und nicht-stofflichen) Vorhabens-wirkungen, die möglicherweise direkt oder indirekt auf Tiere und Pflanzen einwirken können, werden beschrieben. Der von der Reichweite einer Wirkung erfasste Raum, in dem möglicherweise mess- oder

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beobachtbare Auswirkungen auf untersuchungsrelevante Arten auftreten können, wird als Wirkraum bezeichnet. Die Beschreibung der Wirkungen gliedert sich in bau-, anlage- und betriebsbedingte Wirkungen35.

Voruntersuchung

Die Voruntersuchung dient der Vorauswahl der untersuchungsrelevanten Arten. Untersuchungsrelevant sind

Arten des Anhangs IV FFH-RL

Europäische Vogelarten (i.S. des Art. 1 VS-RL).

Um die Verhältnismäßigkeit zwischen der Intention des Gesetzgebers und dem Untersuchungsaufwand zu wahren, wird das zu prüfende Arten-spektrum zu Beginn der Untersuchung abgeschichtet. Diese Abschichtung wird nachvollziehbar und naturschutzfachlich begründet durchgeführt. Sie orientiert sich an der Empfehlung der LANA (2006) und Frölich & Sporbeck (2006). Dieses Vorgehen ist bislang nicht verwaltungsrechtlich beanstandet worden (s. Stüer & Bähr 2006).

Verbreitung und Lebensraum

Das Vorkommen von Arten im Wirkraum des Vorhabens wird aufgrund der Ergebnisse vorhandener Daten und ggf. ergänzender Erfassungen angenommen oder ausgeschlossen. Ob weitere, in den Untersuchungen nicht betrachtete Arten im Wirkraum vorkommen können, wird anhand ihrer Lebensraumansprüche und/oder aufgrund ihres aktuellen Verbreitungsgebietes entweder ausgeschlossen oder nicht ausge-schlossen (d.h. potenziell angenommen). Es gilt:

1. Eine Art ist untersuchungsrelevant, wenn

Individuen der Art im Wirkraum des Vorhabens durch eine Untersuchung nachgewiesen wurden (siehe Kapitel 1.2) oder

eine Untersuchung nicht stattfand, Individuen der Art aufgrund deren Verbreitungsgebietes und ihrer Lebensraumansprüche potenziell im Wirkraum des Vorhabens vorkommen.

2. Eine Art ist nicht untersuchungsrelevant, wenn

                                                            35 Es kann ggf. auf die Angaben der UVU/UVS zurückgegriffen werden und die im Rahmen der

Antragsunterlagen zu erbringende Vorhabensbeschreibung.

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keine Individuen der Art bei einer entsprechenden Untersuchung nachgewiesen wurden oder

der Wirkraum des Vorhabens außerhalb des Verbreitungsgebietes (einschließlich der regelmäßigen Wanderungsgebiete) der Art liegt oder

der Wirkraum des Vorhabens keine geeigneten (Teil-)Lebensräume für Individuen der Art enthält.

Naturschutzfachliche Bedeutung

Der zweite Schritt der Abschichtung bezieht sich auf die naturschutz-fachliche Bedeutung der europäi-schen Vogelarten:

Die Betrachtung von Gastvogelarten beschränkt sich auf solche Gastvogelarten, die im Wirkraum des Vorhabens in bedeutsamen Bestandsgrößen vorkommen.36

Brutvogelarten sind in Anlehnung an Trautner et al. (2006) nur untersuchungsrelevant, wenn sie eine besondere Empfindlichkeit aufweisen. Es werden die streng geschützten Arten sowie Arten der nationalen, landesweiten und regionalen Roten Liste (Gefährdungsstatus 1 bis 3) herangezogen. Auch werden Arten von denen ggf. isolierte Populationen im Wirkbereich vorkommen sowie Koloniebrüter in die Untersuchung einbezogen.

Konfliktanalyse

Untersuchungsfragen in Bezug auf § 42 Art. 1 BNatSchG

Die Konfliktanalyse wird anhand von Untersuchungsfragen bearbeitet. Die Zugriffstatbestände werden nach § 42 Art. 1 BNatSchG separat für

Tierarten des Anhangs IVa FFH-RL und Europäische Vogelarten,

sowie für Pflanzenarten des Anhangs IVb FFH-RL

analysiert. Die Untersuchungsfragen und deren Bezug zu den entsprechenden artenschutzrechtlichen Vorgaben des BNatSchG sind in Tab. 6 aufgeführt.

Nr Untersuchungsfrage Bezug

                                                            36 In Niedersachsen kann zur Beurteilung bedeutsamer Bestandsgrößen beispielsweise

Burdorf et al. (1997) herangezogen werden.

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. BNatSchG

Untersuchungsfragen für Tierarten des Anhangs IVa FFH-RL und europäische Vogelarten

1a Wird Tieren des Anhangs IV FFH-RL oder europäischen Vogelarten nachgestellt, werden sie gefangen, verletzt oder getötet oder werden ihre Entwicklungsformen aus der Natur entnommen, beschädigt oder zerstört? Falls dies in Zusammenhang mit der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten geschieht, ist dies vermeidbar? Falls dies nicht vermeidbar ist, wird die ökologische Funktion der betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätte im räumlichen Zusammenhang nicht mehr erfüllt?

§ 42 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 42 Abs. 5

1b Werden Tiere des Anhangs IV FFH-RL oder europäische Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeit gestört und verschlechtert sich dadurch der Erhaltungszustand der lokalen Population?

§ 42 Abs. 1 Nr. 2

1c Werden Fortpflanzungs- oder Ruhestätten wild lebender Tiere der streng geschützten Arten oder der europäischen Vogelarten aus der Natur entnommen, beschädigt oder zerstört ohne dass ihre ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird?

§ 42 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 42 Abs. 5

Untersuchungsfragen für Pflanzenarten des Anhangs IVb FFH-RL

2 Werden wild lebende Pflanzen des Anhangs IVb FFH-RL oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur entnommen, werden sie beschädigt oder werden ihre Standorte beschädigt oder zerstört ohne dass ihre ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird?

§ 42 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 42 Abs. 5

Tab. 6: Untersuchungsfragen für untersuchungsrelevante Tier- und Pflanzenarten

Eintritt von Verbotstatbeständen nach § 42 BNatSchG

Anhand der in Tab. 6 formulierten Untersuchungsfragen wird wie folgt auf Verbotstatbestände nach § 42 BNatSchG geschlossen:

Wird eine der in Tab. 6 genannten Untersuchungsfragen in der Konfliktanalyse verneint, d.h. ein entsprechender Verbotstatbestand nicht als zutreffend angenommen, wird dies begründet. Wird – nach Untersuchung aller Fragen – davon ausgegangen, dass kein Verbotstatbestand erfüllt wird, wird das betrachtete Vorhaben als artenschutzrechtlich eingestuft.

Wird eine Untersuchungsfrage bejaht, wird davon ausgegangen, dass ein Verbotstatbestand eintritt. In diesem Fall wird ein sogenanntes Abweichungsverfahren angestrebt.

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Die bei der Untersuchung betrachteten artenschutzrechtlichen Bestim-mungen beziehen sich – abgesehen von § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG bzw. Untersuchungsfrage 1b – unmittelbar auf den Schutz von Einzel-individuen.

Mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Verbotstatbestand nach § 42 BNatSchG eintritt, spielt bei der entsprechenden Untersuchung keine Rolle. Vielmehr ist die Frage zu beantworten, ob das Eintreten eines entsprechenden Verbotstatbestands generell ausgeschlossen werden kann.

Berücksichtigung von Minimierungsmaßnahmen

Bei der Beantwortung der in Tab. 6 genannten Untersuchungsfragen werden in der Konfliktanalyse die vorhabensbedingten Auswirkungen und ggf. planerisch ausreichend verfestigte Vermeidungs- und vorgezogene Schutzmaßnahmen (= CEF-Maßnahmen)37 berücksichtigt. Sofern sach-dienlich, werden weitere Minimierungsmaßnahmen vorgeschlagen. Vermeidungsmaßnahmen betreffen die Vorhabenswirkung und ver-hindern, dass ein Verbotstatbestand eintritt. Vorgezogene Schutzmaß-nahmen beziehen sich räumlich und funktional auf den betroffenen lokalen Bestand einer Art. Sie gewährleisten, dass trotz einer Wirkung auf den (Teil-)Lebensraum einer geschützten Art keine entsprechenden Ver-botstatbestände eintreten (s. § 42 Abs. 5 BNatSchG).

Ausnahmelage

Nach § 43 Abs. 8 BNatSchG können von den zuständigen Behörden Ausnahmen von den Verboten des § 42 BNatSchG zugelassen werden, u.a. auch „aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art.“ Voraussetzung hierfür ist nach § 43 BNatSchG, dass zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art sich nicht verschlechtert. Für Arten des Anhangs IV FFH-RL ist entsprechend § 43 Abs. 8 BNatSchG i.V.m. Art. 16 (1) FFH-RL eine Ausnahme nur dann möglich, wenn diese „in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen“. Ggf. werden im Rahmen der

                                                            37 CEF-Maßnahmen dienen der Verbesserung bzw. Neuschaffung von

Habitaten/Lebensstätten, die in funktionaler Beziehung zu der betroffenen Lebensstätte stehen. Dies sind vorgezogene und artbezogene Ausgleichsmaßnahmen (Article 12 Working Group 2007; Wulfert et al. 2008).

Vorhabenbezogene Landschafts- und Umweltplanung

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UsaP die entsprechenden naturschutzfachlichen Voraussetzungen unter-sucht.

10.2.5 Prüfung der Verträglichkeit eines Vorhabens mit den Zielen der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)

Die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) dient der Schaffung eines Ordnungsrahmens zum Schutz aller Oberflächengewässer und des Grundwassers mit dem Ziel, innerhalb von 15 Jahren nach Inkrafttreten (2015) einen guten ökologischen und guten chemischen Zustand der Gewässer zu erreichen. Die WRRL wurde auf Bundesebene im Wasser-haushaltsgesetz (WHG), insbesondere §§ 25a bis 25d und 32c WHG, in nationales Recht umgesetzt. Eine entsprechende Anpassung erfolgte auf Ebene der Landeswassergesetze38.

Gemäß WHG gilt:

„Oberirdische Gewässer sind, soweit sie nicht als künstlich oder erheblich verändert eingestuft sind, so zu bewirtschaften, dass

1. eine nachteilige Veränderung ihres ökologischen und chemischen Zustands vermieden wird und

2. ein guter ökologischer und chemischer Zustand erhalten oder erreicht wird“ (§ 25a WHG).

Die als künstlich oder erheblich verändert eingestuften oberirdischen Gewässer „sind so zu bewirtschaften, dass

1. eine nachteilige Veränderung ihres ökologischen Potentials und chemischen Zustands vermieden und

2. ein gutes ökologisches Potential und ein guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht wird“ (§ 25b WHG).

Eine Konkretisierung dieser Vorgaben erfolgt auf Länderebene. Die Anforderungen an die Beschreibung, Festlegung und Einstufung, Dar-stellung in Karten und Überwachung des Zustands der oberirdischen Gewässer werden durch Landesrecht geregelt. Entsprechendes gilt für die Verminderung der Verschmutzung oberirdischer Gewässer, die Ver-

                                                            38 Im Folgenden wird im Wesentlichen auf die allgemeinen Vorgaben der WRRL und des WHG

als Rahmengesetzgebung eingegangen. Im konkreten Einzelfall müssen die Landeswassergesetze sowie weitere länderspezifische Regelungen (u.a. die Bewirtschaftungspläne) zur Beurteilung herangezogen werden.

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minderung von Einleitungen und sonstigen Einträgen prioritärer Stoffe sowie die Beendigung oder schrittweise Einstellung von Einleitungen und sonstigen Einträgen prioritärer gefährlicher Stoffe.

WRRL-Verträglichkeitsuntersuchung (WRRL-VU)

Als Grundlage für die behördliche Entscheidung, ob ein Vorhaben den Zielen der WRRL bzw. des WHG und den landesrechtlichen Vorgaben widerspricht, wird im Rahmen einer WRRL-Verträglichkeitsuntersuchung (WRRL-VU) ermittelt, ob vorhabensbedingt Verschlechterungen nach § 25a WHG zu erwarten sind. Erforderlichenfalls müssen die Ausnahme-gründe nach § 25d WHG dargestellt werden.

Für die Umsetzung der europarechtlichen Anforderungen der WRRL werden die Gewässer anhand von biologischen, hydromorphologischen, chemischen sowie physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten beurteilt. Diese sind im Anhang der WRRL bestimmt und werden auf Länderebene konkretisiert. Ab 2009 sollen als wesentliche Beurteilungs-grundlage der Wasserkörper Bewirtschaftungspläne vorliegen, deren Vorgaben zu folgen ist.

Die WRRL-VU umfasst als Bestandteil der Antragsunterlagen gemäß WRRL und WHG folgende Arbeitsschritte zur Darstellung der Umwelt-auswirkungen:

Feststellung der durch das Vorhaben betroffenen Wasserkörper

Feststellung der für die Wasserkörper kennzeichnenden biologischen Qualitätskomponenten

Beschreibung des Zustands der biologischen Qualitätskomponenten an Hand der einzelnen Parameter, die für jede Qualitätskomponente kennzeichnend sind, ggf. auch zusammengefasst für mehrere Wasserkörper bei vergleichbarer Sachlage

Beschreibung der Auswirkungen des Vorhabens auf den ökologischen Zustand der biologischen Qualitätskomponenten und der kennzeichnenden Parameter des Wasserkörpers

Beschreibung der Auswirkungen des Vorhabens auf den chemischen Zustand unter Heranziehung der EU-Umweltqualitätsnormen im Bereich der Wasserpolitik (2008), OSPAR (Bsp. OSPAR 2005a; 2005b) und landesrechtlicher Vorgaben

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Darstellung, dass alle praktisch geeigneten Maßnahmen ergriffen werden sollen (Ausführungsvarianten), um die nachteiligen Auswirkungen zu vermindern.

Die seitens eines Antragstellers konkret zu erbringenden Darstellungen sind länderspezifisch uneinheitlich. Entsprechende Vorgaben sind teils noch im Fluss. Erste Mustergliederungen liegen jedoch vor.

10.3 Fazit

Insbesondere die europarechtlichen Vorgaben erfordern eine gewissenhafte und z.T. sehr umfassende Darstellung der durch Bau, Anlage und Betrieb vorhabensbedingt betroffenen Belange von Natur und Umwelt. Aufgrund der gesetzlichen Anforderungen in den unterschiedlichen Prüfbereichen (UVP, Eingriffregelung, FFH-VP, saP, WRRL-VP) ist es im Antragsverfahren unerlässlich, als Entscheidungs-grundlage für die Behörde entsprechende Unterlagen zu erstellen.39

Art und Umfang der Unterlagen sowie die ggf. erforderliche Erhebung von Grundlagendaten (z.B. Erfassung von Flora und Fauna, Gutachten zu Schallemissionen) sind frühzeitig und nach Möglichkeit bereits zu Beginn des Planungsprozesses mit den relevanten Behörden abzustimmen. Neben der zuständigen Genehmigungsbehörde ist insbesondere die zuständige Naturschutzbehörde einzubeziehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Erfassung von Grundlagendaten frühzeitig zu erfolgen hat, da dies bei bestimmten Arten nur jahreszeitlich begrenzt möglich ist bzw. einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen kann

                                                            39 Ist ein Vorhaben UVP-pflichtig können die Unterlagen in Abstimmung mit der

Genehmigungsbehörde in die UVS integriert werden, sofern sie die betrachtungsrelevanten Fragestellungen in hinreichender Tiefe berücksichtigen. Insbesondere bei komplexen Fragestellungen ist dieses Vorgehen jedoch nicht anzustreben.