1. Zwischenbericht Grabung Schützen am Gebirge

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PannArch 1. Zwischenbericht – Grabung Schützen am Gebirge Gräberfeld – 30021.12.02 Mag. Kurt Fiebig, Patrick Hillebrand, Iris Reiter, Gregor Schönpflug, MMag. Ruth Steinhübl

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PannArch

1. Zwischenbericht – Grabung Schützen am GebirgeGräberfeld – 30021.12.02

Mag. Kurt Fiebig, Patrick Hillebrand, Iris Reiter, Gregor Schönpflug, MMag. Ruth Steinhübl

Einleitung:

Im Oktober 2012 wurde mit dem Bau der Umfahrungsstraße Schützen am Gebirge, Burgenland, begonnen.

Betroffen waren die Katastralgemeinden Oslip. Schützen und Donnerskirchen, alle PB Eisenstadt

Umgebung. Das Gemeindegebiet von Donnerskirchen wurde an seiner westlichen Grenze nur gestreift.

Gleichzeitig mit den Bauarbeiten begann der Verein PannArch mit der archäologischen Baubegleitung und

daran anschliessend mit der Ausgrabung. Die archäologischen Maßnahmen, wovon der erste Teil hier

vorgelegt wird, wurden in mehrere Einheiten aufgeteilt, die sich über die Jahre 2012, 2013 und 2014

erstreckten.

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Forschungsgeschichte Oslip und Schützen (Autor K. Fiebig)

Wie auch in vielen anderen Landesteilen des Burgenlandes zu beobachten ist, zeigt sich im ausgehenden 19.

Jahrhundert ein reges Interesse an der Vergangenheit der Gegend zwischen Eisenstadt und Neusiedl/See, die

Alexander (Sandor) Wolf als seine fruchtbare Heimat an der Nordgrenze des alten Pannonien, zwischen den

Hügeln des Leithagebirges und des Neusiedlersees, geografisch umriß.1

Wolf ist es auch, der in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts die ersten Grabungen organisierte und

finanzierte. So pachtete er die Felder, die südlich an die damalige Militär-Unterrealschule, die heutige

Martinskaserne, angrenzten und ließ seine Arbeiter unter dem Architekten Braun die dort im Boden

liegenden Reste eines römischen Gutshofes ausgraben.2 In Müllendorf legte er 1903 und 1904 u. a. diverse

römische Mauerreste, Gräber und einen Töpferofen frei. Weiters weist er auf Gräber hin, die 1880 beim Bau

der Ödenburgerbahn in der Gegend von „Mühlendorf“ aufgedeckt wurden.3 In St. Georgen stellte er auf den

Mitterfeldäckern mehrere römische Gebäudereste fest.4 Ab 1910 wurde in mehreren Grabungen unter der

Leitung von M. Groller in Donnerskichen eine römische Anlage freigelegt.5 1913 und 1914 setzte Groller

seine Grabungstätigkeiten in Purbach, Donnerskirchen und Schützen am Gebirge mit dem Ziel, Reste der

römischen Militärstraße zu finden, fort. In Purbach wurde die Straße über eine Strecke von einigen 100m

aufgedeckt, links und rechts des Straßenzuges mehrere Gebäude, wovon Groller das nördlich der Straße

gelegene, als Wachturm anspricht. Weiters wurde der Straßenverlauf auf den Getreidefeldern neben dem

Donnerskirchener Meierhof festgestellt. Der

Straßendamm wurde hier auf einer Länge von

ca. 5m aufgedeckt. Entlang des Straßenzuges

fanden sich auch hier mehrere Gebäudereste.

In Schützen deckte er die Straße auf einer

Länge von 1000m! auf. Links und rechts der

Straße ebenfalls mehrere Gebäudereste, die er

als römisches Reihendorf anspricht.6

1923 fand Wolf auf Osliper Gebiet ebenfalls

römische Mauerreste, die später als Villa

Rustica von Oslip in der Literatur Eingang

fanden.7

Anhand der Grabungsergebnisse skizziert Wolf

ein römisches Wegenetz (s. Abb. 1).

1 S. Wolf, 1926 S 32 Ebenda und W. Kubitschek, 1926 S 26ff3 W. Kubitschek, 1926 S 98f4 S. Wolf, 1926 S 75 W. Kubitschek, 1926 S 39ff und S 48ff6 W. Kubitschek 1926 S 41f7 u. a. FÖ II S 5

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Abb. 1: römisches Wegenetz nach Wolf, Kubitschek 1926 S.6

Als Hauptverbindung nennt er die Straße von Scarabantia nach Carnuntum. Eine Nebenstraße südlich von

Eisenstadt Richtung Müllendorf, von da weiter nach Neufeld. In östliche Richtung von Eisenstadt nach

Oslip, um dort auf die Hauptverbindung nach Scarabantia zu treffen. Östlich der Hauptstraße postuliert er

einen Nebenweg von Schützen über Oggau, Rust, Mörbisch und Kroisbach, das heutige Fertörakos.8

Wolf zeichnete hier also bereits das Bild eines dicht besiedelten und bewirtschafteten Gebietes während der

provinzialrömischen Kaiserzeit mit allen Attributen, die so einen Wirtschafts- und Lebensraum

kennzeichnen. Zum einem sind diese Betriebe im Agrarbereich angesiedelt, die ihren Absatzbereich sowohl

lokal wie auch in Richtung der größeren Ansiedlungen hatten, hinzu kommt aber auch der Rohstoffhandel

mit lokal abgebautem Leithakalkstein, wie dies die mehr als 40 bekannten Steinbrüche zwischen Eisenstadt

und Jois belegen.9

Wolf und Kubitschek beschränken sich auf die römischen Funde und erwähnen nur das Vorhandensein von

prähistorischen und mittelalterlichen Fundmaterial. Dass dieses ebenso zahlreich vorhanden ist, zeigen die

zahlreichen Fundmeldungen in den Ortsakten von Oslip, Schützen und Donnerskirchen10, wie dies

nachfolgend gezeigt wird..

Oslip:

Im Juni 1931 wurde das Landesmuseum über den Fund mehrerer Skelette informiert. Diese wurden beim

Anlegen eines Gartens am Ostrand von Oslip ausgegraben. Die Lage der eng aneinander liegenden Toten war

ost-west orientiert, die Füße im Osten. Die Bestattungen waren beigabenlos. Wolf vermutete eine

Massenbestattung infolge einer kriegerischen Auseinandersetzung oder die Opfer einer Epidemie.11

Im Jahre 1933 erfolgten mehrere Fundmeldungen aus Oslip. Alle von der Flur, die auch Wolf als Fundplatz

nennt. Die Fundmeldungen führten dann im Herbst 1933 zu einer Grabung auf der damals als Flur Kreischitz

bezeichneten Stelle, südlich der Bahnlinie Eisenstadt – Schützen in unmittelbarer Nähe des Meierhofes. Die

Grabungen werden durch den FAD (Freiwilliger Arbeitsdienst) durchgeführt, der davor die römischen

Gebäude in St. Georgen freigelegt hatte. Neben den vier Gebäuderesten werden Fundstellen des jüngeren

Neolithikums, der Bronze- Hallstatt- und Laténezeit festgestellt.12

Während der Grabungsarbeiten auf der Flur Kreischitz kam es zu einer weiteren Fundmeldung in

unmittelbarer Nähe der Grabungsstelle. Nördlich der Bahnlinie und 180m südlich der Tiergartenmauer fand

der Besitzer Alfons Kreischitz auf seinem Acker ein leeres Steinkistengrab und ein verziertes Säulenkapitel.13

Entlang der Tiergartenmauer kam es 1934 wiederholt zur Aufdeckung von Gräbern. In der Nähe des Osliper

Tiergartentores, auf der Flur Große Waldäcker, wurden insgesamt fünf Körperbestattungen beim Rigolen

angefahren. In zwei Gräbern fanden sich völker–wanderungszeitliche Keramiken. Laut Angabe des Finders

8 S. Wolf, 1926 S 6f9 Freundliche mündliche Mitteilung A. Rohatsch; Institut f. Geotechnik TU Wien.10 Ortsaktenarchiv der Burgenländischen Landesmuseen11 Fundprotokoll 50/1931 Ortsaktenarchiv Ortsakt Oslip BLM12 FÖ II S 513 Fundprotokoll 59/1933 Ortsaktenarchiv Ortsakt Oslip BLM

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lagen die Körper Ost-West ausgerichtet, der Kopf im Westen.14 Kurz nach diesem Fund, im selben Jahr

wurde eine weitere Bestattungen im Bereich der Tiergartenmauer beim Ackern aufgedeckt. Dabei handelte es

sich allerdings um einen provinzialrömischen Grabbau, dessen Reste aus dem oberen Teil eines Grabsteines

mit vier Porträtbüsten und, mehreren Relieffragmenten bestand.15

Ebenfalls 1934 wurden auf der Flur Wulkaried mehrere neolithische Funde, sowie Reste mehrerer

römerzeitlicher Brandbestattungen geborgen. Ende des Jahres kamen wieder auf der Flur Große Waldäcker

zwei viereckige, beigabenführende Steinossuarien an Tageslicht.16 Im Jänner 1936 setzte sich die Fundserie

auf dieser Flur in Form eines weiteren Brandgrabes fort. In diesem Fall befand sich der Leichenbrand in

einer Glasurne, die in einer Steinkiste verwahrt wurde.17

Beim Bau der Straße Eisenstadt -Schützen in

den 30er Jahren des 20. Jhdts. wurde

ebenfalls von mehreren Fundstellen,

hauptsächlich Gräbern, berichtet, wobei

Teile der Fundstellen sicherlich auch zerstört

wurden, wie sich dies anhand der, vom

damaligen Bauleiter Glaser nach Abschluss

der Bauarbeiten, dem Landesmuseum

übergebenen Funde, vermuten lässt.

Darunter Keramiken mit unterschiedlichen

Zeitstellungen.18

1937 wurden nördlich der Bundesstraße

zwischen den damaligen Kilometersteinen 58,6 und 58,9 zahlreiche neolithische Keramikfragmente

aufgesammelt. Darunter notenkopfverzierte Scherben, lengyelzeitliche Keramik, sowie Keramik der

Badener- und Hallstattkultur. In den Feldern zeigten sich zahlreiche dunkle Verfärbungen ,deren Verfüllung

teilweise mit Hüttenlehm und Holzkohle vermengt war. Im selben Jahr wurden weitere Brandbestattungen,

ähnlich der Bestattung mit Glasurne, auf der selben Flur, Große Waldäcker, bekannt.19

Vom südlichen Ende des Osliper Hotters wird 1937 von der Entdeckung einer neolithischen Siedlung

berichtet. Auf der selben Flur Funde aus der Bronzezeit sowie Funde römischer Zeitstellung.20

Aufgrund der Kriegsereignisse der folgenden Jahre dünnen die Fundmeldungen in diesem Zeitabschnitt aus.

So liegen lediglich aus dem Jahr 1940 linearbandkeramische und hallstattzeitliche Scherben von der Flur

14 FÖ II S 5215 ebenda16 FÖ II S 13117 FÖ II S 13218 FÖ II S 13219 FÖ II S 22620 ebenda

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Abb. 2: römischer Grabstein aus Oslip, Brgl. Landesmuseen Inv. Nr.: 25339

Waldäcker und aus dem Jahr 1944 römische Funde beim Stellungsbau neben der Bahn vor.21

Neben zahlreichen Münzfunden, die vom Gemeindegebiet Oslip stammen, wurden 1976 auf dem Silberberg

nahe der Abbruchkante eines Steinbruches achtzehn antoninische Münzen (im Umlauf ab 260 n. C.)

gefunden.22

Bei der Errichtung eines Hochwasserrückhaltebeckens, beim Zusammenfluss von Wulka und Eisbach

wurden bei den Baggerarbeiten mehrere frühneolithische Keramikfragmente und Tierknochen freigelegt. Die

Funde wurden vom Baggerfahrer im Landesmuseum abgegeben. Die Fundstelle selbst war bereits zerstört

und nicht mehr im Gelände sichtbar.23

Schützen:

Ein ähnliches Bild wie Oslip zeigt sich in

Schützen. Ist die prominenteste Fundstelle in

Oslip ein römischer Gutshof, befindet sich auf

Schützener Gemeindegebiet neben einem Teil

der Strassentrasse der Bernsteinstraße inklusive

Brücke24 über die Wulka auch ein römischer

Vicus (von Groller noch als Reihendorf

angesprochen25) auf der Flur Wulkaäcker der

durch die Zeit immer wieder Ziel von

Ausgrabungen war. Weniger bekannt ist eine

Höhle, die sich im Bereich des Tiergarten

befindet. Von dieser wird in einem Brief 1922 berichtet, dass sich im Inneren ein versiegelter Brunnen

befände und Knochen gefunden wurden. Weiters eine „turmähnliche Rundung mit gotischer Zuspitzung“. Im

selben Schreiben wird auch von mehreren alten Gräbern (zwischen Schwarzhotter und Hainzenkreuz) und

„von einer Römerstraße hinter Gschiess“ gesprochen 26 O. Christopharo überbringt 1938 ebenfalls von den

Wulkaäckern spätneolithische und hallstattzeitliche keramische Funde.27 Christopharo steht damit mit seinen

Funden in einer Reihe von Artefakten dieser Fundstelle, die vermutlich bereits 1886 mit einem Votivstein

begann, der von Bella gefunden wurde. Neben diesem Stein barg er einen Altar und legte die Fundamente

eines Hauses frei.28

Neben den dominierenden römischen Funden kommt es aber auch auf Schützener Hotter zu Funden anderer

Zeitstellungen. So werden 1978 von einem deutschen Touristen mehrere Keramikfragmente mit

21 FÖ IV S 3, 34 u. 5022 G. Dembski, 197723 Ortsakt Oslip, Fundbericht 7/97 BLM24 Ortsakt Schützen Fundprotokoll 9/5825 W. Kubitschek 1926 S 39ff26 Ortsakt Schützen, Schreiben an Wolf 192227 Ortsakt Schützen Fundprotokoll 47/193828 L. Bella 1888 S 234

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Abb. 3: Airbornlaserscann v. Schützen, bekannte röm. Fundstellen entlang der röm. "Bernsteinstraße", ALS-Daten LandesGIS Burgenland 2012

Notenkopfverzierung und ein Schuhleistenkeil dem Landesmuseum übergeben, die dieser südlich der

Tiergartenmauer auf der Flur Százas aufgelesen hatte. 29

Im Jahr 1928 soll es bei Abbrucharbeiten zur Auffindung eines Grabes gekommen sein, das latènezeitlich

angesprochen wurde. Von dem im Grab befindlichen Inventar (neben dem Skelett u. a. ein Schwert aus

Eisen) wurden 1930 nur mehr Reste im Landesmuseum abgegeben.30 Im Jahr 1933 erhielt das

Landesmuseum Nachricht über ein weiteres Grab, das bei Bauarbeiten aufgedeckt wurde. Die Fundstelle

befand sich in direkter Nachbarschaft zur Fundstelle von 1928. Als Beigaben wurden u. a. ein Eisenschwert

und eine Lanzenspitze geborgen.31 Beide Fundstellen liegen am westlichen Ortseingang.

Entsteht nun auf den ersten Blick der Eindruck, dass die Fundmeldungen aus Schützen zahlenmäßig deutlich

hinter Oslip zurückstehen, erkennt man aus den Ortsakten bei genauerem Hinsehen, dass sich in Wirklichkeit

hier der lokale Umgang mit dem Thema Archäologie widerspiegelt. Wurden aus Oslip sehr viele Funde von

der ansässigen Bevölkerung an das Landesmuseum gemeldet, so verblieben in Schützen sehr viele Funde

vermutlich in privater Hand, so dass die Landesstellen keine Kenntnis davon erhielten. Ein beredtes Beispiel

hierfür sind die beiden Grabfunde aus Schützen (s. weiter oben). Beim ersten Fund wurden angeblich alle

Beigaben zerstört, beim zweiten Fund ist das mehr oder weniger gleiche Grabinventar noch erhalten. Im

Zusammenhang mit dem ersten Fund taucht, wie des öfteren in Schützen, der Name Oberger auf, der zwar

immer wieder Funde ans Museum meldete, man muss aber davon ausgehen, dass eine bedeutende Anzahl an

Funden von ihm nicht gemeldet wurde. Auch hier liefert der Ortsakt den Anhaltspunkt, dass im ersten Drittel

des 20. Jhdts. offenbar jeder Fund in Schützen automatisch bei Oberger landete und es in seiner persönlichen

Gebarung lag, wie mit den Funden verfahren wurde.

Tatsächlich, und dies zeigte auch die aktuelle Grabung, haben wir es im gesamten Arbeitsgebiet, das auf der

einen Seite durch das Leithagebirge und auf der anderen Seite durch den Neusiedlersee begrenzt wird, mit

einem intensiv genutzten Wirtschaftsraum zu tun, der durch alle Zeiten bewohnt, bebaut und begangen

wurde und wird und dadurch entsprechende Spuren im Boden hinterlassen wurden. Auch die

vorherrschenden Bodenverhältnisse (s. Bodenkarte Oslip, Abb. 4) sowie die Landschaftstopografie sind eine

Einladung zur intensiven Nutzung und den damit verbundenen wirtschaftlichen Erträgen. Bespiele hierfür

sind die nachgewiesene römische Hauptverkehrsverbindung von Nord nach Süd (Bernsteinstraße), die sicher

auch in davor liegenden Zeiten schon begangen wurde, zumindest vier römische Gutshöfe zwischen

Eisenstadt und Donnerskirchen, und wenn man den aktuell ausgegrabenen provinzialrömischen Gräberbezirk

als Teil einer Villa Rustica sieht, sogar fünf Gutshöfe, einen Vicus, sowie eine weitere römische

Siedlungsstelle, die bei der gegenständlichen Grabung zu Tage kam. Auch das von Wolf skizzierte Wegenetz

(s. Forschungsgeschichte) zeigt in die selbe Richtung, sodass man in diesem Gebiet ständig mit Bodenfunden

rechnen muss, wie dies die gegenständliche Rettungsgrabung im Zuge des Baues der Nordumfahrung

Schützen auch belegt.

29 Ortsakt Schützen Fundbericht 6/7830 Ortsakte Schützen ohne nähere Bezeichnung31 Ortsakt Schützen Fundprotokoll 80/1933

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Bedenken muss man bei Rettungsgrabungen und Notbergungen, das nicht der Archäologe die Schnittfläche

festlegt, sondern diese durch die verursachende Maßnahme definiert ist. Jedes archäologische Ereignis ist

eine Projektion vergangener menschlicher Aktivitäten, eingebunden in ein Netzwerk aus sozialen,

wirtschaftlichen und politischen Ereignissen auf uns. Eine archäologische Fundstelle ist somit ein Ausschnitt

vergangener Lebensweise und Kultur.32 Baut man eine z. B.. Straße, durch diese Kulturlandschaft, so

schneidet man im Zuge der archäologischen Maßnahme nur auf Breite der Straßentrasse einen Teil dieses

Lebensraumes heraus. Die angeschnittenen archäologischen Ereignisse sind zwar immer noch Teil eines

Gesamten, das Erkennen der horizontalen, sprich kontextuellen Zusammenhänge, ist aber zumeist nur

interpretativ möglich. Die Möglichkeiten dieser Interpretation insbesondere bei Siedlungsfundstellen sind

daher durch die Kleinräumigkeit der Grabungsfläche stark limitiert.33 Nimmt man z. B. die hier

gegenständliche Grabungsmaßnahme, so erbrachte die Grabung u. a. mehrere römische Bestattungen, sowie

einen Umfassungsgraben. Diese beiden Befunde bilden auf Grund ihrer geografischen Anordnung ein

zusammenhängendes Objekt . Die Anordnung der Gräber, sowie der Umfassungsgraben, deuten einen

Gräberbezirk innerhalb eines größeren Objektes an, auch weil der Umfassungsgraben deutlich größere

Ausmaße hat, als das von den Gräbern in Anspruch genommene Areal. Dieses größere Objekte könnte ein

römischer Gutshof sein, oder aber ein wesentlich größerer Friedhof, der heute größtenteils vergangen wäre.

32 K. H. Eggert 2005 S 10033 H. Jankuhn 1977

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Abb. 4: Bodentypenkarte Oslip und Schützen, Bernhauser 1968

Alleine die Tatsache, dass in der Villa Rustica von Eisenstadt Gölbesäckern eine ähnliche Befundsituation

vorliegt34 und ebenso in Donnerskirchen Gräber aufgedeckt wurden, die der Villa zugerechnet wurden 35,

macht die Annahme wahrscheinlich, dass die Gräber zu einem Gutshof gehören. Beweisen läßtt sich dies

aber auf Grund der dargestellten Situation zum heutigen Zeitpunkt nicht.

Gleiches gilt im umgekehrten Sinne ebenso. So ist nur auf Grund der Tatsache, dass innerhalb der Bautrasse

keine archäologischen Spuren aufgefunden wurden, der Schluss unzulässig, dass links und rechts der Trasse

ebenfalls keine Bodendenkmale vorhanden sind. Es ist nicht auszuschliessen, dass sogar unmittelbar im

Anschluss an die Baufläche das nächste archäologische Ereignis stattfand und entsprechende Spuren

hinterlassen hat.

Sinngemäß gilt dies für alle Befunde, die nachfolgende vorgestellt werden.

Bestattungen (Autoren: I. Reiter, R. Steinhübl):

Bei Bestattung 1 handelt es sich um eine

Körperbestattung, die in einem Sarkophag

niedergelegt wurde (Abb. 5). Der Sarkophag ist

aus einheimischem Lithotamnienkalksandstein

gefertigt und stammte laut geologischer

Einschätzung aus einem Steinbruch in Winden

am See oder Oslip36. Der Sarkophag besitzt die

Innenmaße von 80x30x17 cm bei einer

Wandstärke von durchschnittlich 9 cm. Der

Sarkophag war mit einer Sandsteinplatte aus

dem gleichen Material bedeckt, die durch

Ackertätigkeit verlagert wurde. Aufgrund der

sichtlich älteren Beschädigungen des Deckels kann eine Beraubung nicht ausgeschlossen werden. Das

Fehlen von Metallfunden ist ein weiteres Indiz für diese

Einschätzung. Die Skelettfragmente entsprechen einem

subadulten Individuum und sind nicht vollständig erhalten.

Es konnten Schädelfragmente sowie Fragmente von

Langknochen geborgen werden. Zu den Grabbeigaben

zählen ein Faltenbecher sowie ein Töpfchen mit kleiner

Standfläche (Abb. 6), weiters stark zerscherbte

Glasfragmente. Der Faltenbecher ist aus rottonigem

34 E. Thomas 1964 S 137ff35 A. Barb 1953 S 10336 s. Anm 9

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Abb. 6: Grabbeigaben aus Grab 1Foto: PannArch 2012.

Abb. 5: Grab 1, Sarkophag mit Kinderbestattung,Foto: PannArch 2012

feinkörnigem Ton gefertigt und stark mit Glimmerflitter gemagert und wurde auf einer Drehscheibe

modelliert. Bei einer Höhe von 15 cm und einer maximalen Breite von 9 cm besitzt dieser sechs Falten mit

ebenso vielen Rippen. Die originale Wandstärke ist nicht mehr nachzuweisen, da die äußere Schicht bereits

abgefroren war. Das scheibengedrehte, grautonige Töpfchen ist ebenfalls aus feinkörnigem Ton gefertigt.

Das bauchige Gefäß mit einer Höhe von 10,8 cm und einer maximalen Breite von 9,5 cm weist einen

Standfuß mit einem Durchmesser von 3,5 cm auf.

Die Bestattung 2 beinhaltet ein sehr schlecht

erhaltenes Skelett von 166 cm Körperlänge in

gestreckter Rückenlage mit neben dem Körper

liegenden gestreckten Armen sowie Beigaben

in Form von zwei Münzen, einer Ringfibel,

eines kleinen Töpfchens (Abb. 8) und eines

Messers. Nördlich des rechten Fußes befand

sich ein Eisennagel, welcher potentiell auf

hölzerne Grabeinbauten, beziehungsweise

einen Sarg hinweist. Die beiden Münzen mit

einem Durchmesser von annähernd 2,2 cm

bestehen aus Buntmetall und weisen teils starke

Korrosion auf. Die Münze, welche sich im Rippenbereich der Bestattung befand, erlaubt keine nähere

Bestimmung der Darstellung ohne weitere Restaurierung. Die

zweite Münze, positioniert auf dem linken Handgelenk, weist

vorderseitig einen menschlichem Kopf mit umlaufender

Inschrift, rückseitig zwei sich gegenüberstehende Personen,

jeweils mit Umhang, auf, welche je einen Arm zur Mitte

ausgestreckt halten. Eine genau Einordnung wird nach der

Restaurierung erfolgen. Die stark korrodierte Ringfibel mit

einem Durchmesser von 7 cm wurde auf der rechten Schulter

positioniert. Südlich des Kopfes befanden sich das 12 cm hohe

und maximal 10,5 cm breite, grautonige Töpfchen mit einem Henkel und ein Messer aus Eisen, welches in

zwei Fragmenten von 7 cm und 4,5 cm Länge erhalten ist.

Bei Bestattung 3 handelt es sich um ein West-Ost orientiertes

Schachtgrab mit einer Tiefe von 80 cm. Das in gestreckter

Rückenlage befindliche Skelett mit einer Körperlänge vom 155

cm wies im Beckenbereich überkreuzte Hände auf. Eine

eindeutige Geschlechtsbestimmung kann erst nach einer

anthropologischen Untersuchung folgen. Aufgrund des

schlechten Erhaltungszustands des Skelettes waren die

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Abb. 7: Grab 2, Körperbestattung in Doppelgrab,Foto: PannArch 2012

Abb. 8: Grabbeigabe und Trachtbestandteil aus Grab 2Foto: PannArch 2012.

Abb. 9: Grabausstattung aus Grab 3Foto: PannArch 2012.

gesamten Fußknochen zum Zeitpunkt der Freilegung bereits vergangen. Zur Grabausstattung gehörten zwei

stark korrodierte Münzen aus Buntmetall, welche im Beckenbereich lagen, ein Keramikkrug südlich des

linken Fußes sowie 20 Glasperlen (Abb. 9), welche im Bereich der Halswirbel situiert waren. Bei den

Glasperlen weisen 16 eine doppelkonische Form mit schwarzer Farbe auf, 4 zeigen eine bläuliche Färbung

bei tropfenförmiger Gestalt. Der grautonige Krug mit einer Höhe von 21,5 cm und einer maximalen Breite

von 13 cm war komplett erhalten. Es konnten keinerlei Hinweise auf etwaige Grabeinbauten nachgewiesen

werden.

Aufgrund der starken Beeinträchtigung durch Ackertätigkeit konnten die zwei Brandgräber (Bestattung 5

und Bestattung 6) nur als flache, ovale Gruben mit Resten von Leichenbrand ohne jegliche Beigaben

dokumentiert werden.

Bei Bestattung 7 ist ebenfalls eine starke Beeinträchtigung

durch Ackertätigkeiten vorzuweisen. Bei diesem Grab waren

jedoch vier eiserne Schuhnägel sowie ein 29,6 cm langes, in

zwei Fragmenten erhaltenes Eisenmesser mit einer Griffplatte

mit Ringabschluss in der Verfüllung enthalten.

Die Bestattung 8 ist ausschließlich in die Ackerschicht

eingetieft und reicht nicht in den gewachsenen Boden. Auch

diese ist stark durch die Ackertätigkeiten beeinträchtigt. Aus diesem Grund ist das Skelett nicht mehr als in

situ zu bezeichnen. Neben einigen wenigen Resten des Skeletts zählen eine zerbrochene Ringfibel mit einem

Durchmesser von 5,2 cm sowie ein eisernes Griffangelmesser mit einer Länge von 16,4 cm zu den Funden.

Bei Bestattung 9 (Abb. 11) handelt es sich um eine

Urnenbestattung. Das Grab ist im nordöstlichen Eck

des Grabgartens zu lokalisieren. Der Grabschacht

wurde beim Oberbodenabtrag freigelegt, und ist im

obersten Bereich vermutlich durch moderne

Beackerung beschädigt. Die Urne samt Inhalt wurde

im Block geborgen. In weiterer Folge wurde der

Inhalt cm für cm freigelegt und abgebaut. Bei der

Freilegung der Urnenverfüllung konnten zwei

Glasbalsamare freigelegt werden. Diese waren bereits

zerscherbt und nicht mehr im Verband. Neben den Balsamaren enthielt die

Urne einen sehr stark korrodierten Nagel sowie ein Eisenfragment,

welches aufgrund des starken Korrosionsfortschrittes nicht mehr

identifiziert werden konnte. Am Boden der Urne konnte ein einzelner Kern

geborgen werden. Nach botanischer Bestimmung handelt sich hierbei um

den Kern einer Weintraube (Vitis Vinifera).

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Abb. 10: Eisenmesser aus Grab 7Foto: PannArch 2012.

Abb. 11: Grab 9 Urnenbestattung,Foto: PannArch 2012.

Abb. 12: Glasbalsamer aus Grab 9 Foto: PannArch 2012.

Anhand der Beigaben und der stratigraphischen Abfolge kann man die Bestattungen 1, 2, 3, 4, 7, 8 und 9

ohne Bedenken der römischen Kaiserzeit zu ordnen. Eine feinchronologische Einordnung wird erst nach

Restaurierung der Metallobjekte möglich, jedoch scheint zum jetzigen Zeitpunkt eine Zuordnung in das 2 bis

3 nachchristliche Jahrhundert am wahrscheinlichsten.

Gräben (Autor P. Hillebrand):

Auf der Fläche 1 befanden sich insgesamt vier stratigraphisch voneinander unabhängige Grabensysteme.

Zwei davon, die Objekte 10 („Grabgartengräbchen“) und 11 (Begrenzungsgraben) waren Teil, des als

Gräberfeld bezeichneten Bereiches. Die anderen Beiden (Graben 1 und Graben 2 befanden sich außerhalb

davon.

Bei Objekt 11 handelt es sich um einen geraden Graben,

der durch die Schnitte 1 und 2 verfolgt werden konnte. Er

verläuft in Schnitt 1 sowie im Osten von Schnitt 2 von

Osten nach Westen und biegt im Westen von Schnitt 2 im

rechten Winkel nach Süden ab, wo er bis zum Schnittrand

weiterverfolgt werden konnte. Da sich sämtliche Gräber

des Gräberfeldes innerhalb dieses Grabenwerkes befunden

haben, handelt es sich hierbei wohl um den dazugehörigen

Begrenzungsgraben.

Der Graben selbst ist ein an beiden Flanken abgetreppter

Sohlgraben mit flachschrägen Wandungen, gerundeten

Ecken und konkaver Sohle. Er ist zwischen 0,7 und 1,20m

breit. Die durchschnittliche Tiefe des Grabens beträgt rund

40cm, die Abtreppungen befinden sich ca. 20cm unterhalb

der Grabenoberkante. Die Tiefe der Grabensohle und die

Ausprägung der Treppen variieren jedoch innerhalb des

gesamten Verlaufes. Im Bereich der Kurve verbreitert sich

sowohl der Graben im Ganzen auf 2,3 m als auch die

Abtreppungen.

Das Fundspektrum der Grabenverfüllung besteht zu einem Großteil aus Wandfragmenten rot- und

grautoniger römischer Keramik, wobei die rottonige Ware leicht überwiegt, sowie vereinzelten Rand- und

Bodenfragmenten.

Im Bereich der Grabenecke fanden sich nebeneinander auf gleicher Höhe drei Scherbenlagen, eine davon

direkt auf dem Scheitelpunkt des Grabenecks. Scherbenlage 1 besteht aus 28 rottonigen Wandfragmenten,

Scherbenlage 2 aus insgesamt 12 rottonigen Wandfragmenten. Hiervon weisen 5 als Verzierung ein

Strichdekor in mehreren parallelen Reihen auf. Außerdem fand sich ein ebenfalls rottoniges Fragment eines

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Abb. 13: Teil des östlichen Umfassungsgraben,Foto: PannArch 2012.

stark nach außen gebogenen und durch eine Wulst von der Wandung abgesetzten Randes. Scherbenlage 3

besteht aus 27 rottonigen Wand- und Bodenfragmenten.

Ausser den keramischen Funden enthielt die Verfüllung neben Knochen und Ziegeln auch das Fragment

einer kräftig profilierten Fibel aus Buntmetall.

Der Begrenzungsgraben schneidet im Schnitt 1 eine unregelmäßige Grube mit vertikaler Wandung und

unebenem Boden (SE 148). In der Verfüllung dieser Grube fanden sich unter anderem ein größeres Fragment

einer dickwandigen Reibschale mit horizontal verlaufendem Krempenrand und innen umlaufender Kerbe

sowie Teile einer Buntmetallfibel.

Innerhalb des Begrenzungsgrabens befand sich Objekt 10

(Abb. 14), ein annähernd quadratischer

Umfassungsgraben (11,30 m x 12 m Kantenlänge) mit

steilschräger Wandung, gerundeten Ecken und

waagrechtem Boden, dessen nördliche und östliche

Kanten parallel zum Begrenzungsgraben verlaufen. Die

Umfassung wird östlich durch einen Eingangsbereich

unterbrochen. Der Graben war durchschnittlich 80 cm

breit und etwa 35cm tief.

Aufgrund einer Brandbestattung, die sich im Inneren

dieses Umfassungsgrabens befand und auf Grund von

Vergleichen mit anderen Gräberfeldern der gleichen

Zeitstufe kann man den Befund als Grabgartengräbchen

ansprechen.37

Das Gräbchen war zweiphasig verfüllt, wobei die ältere

Verfüllung größtenteils aus Steinen mit bis zu 15cm

Durchmesser bestand, die jüngere aus feinem Sediment.

Das Fundspektrum der jüngeren Verfüllung besteht zu

einem Großteil aus römischer Keramik (ca. 80 Stück), meist rottonigen Wandfragmenten aber auch einigen

Rand- und Bodenfragmenten sowie Henkel. Das der älteren Verfüllung umfasst nur einige wenige

Wandfragmente.

In die ältere Verfüllung an der östlichen Flanke des Gräbchens eingetieft, befand sich eine Bestattung (Objekt

4, Bestattung 4). Es handelt sich hierbei um eine Nord-Süd orientierte Körperbestattung von 1,53 m Länge in

gestreckter Rückenlage. Der Grabschacht selbst ist sehr knapp bemessen, so dass der bzw. die Bestattete mit

einem Arm sowie mit den Füßen die Grabschachtwände berührt. Eventuell existierende Grabeinbauten

konnten nicht beobachtet werden, ebenso wenig waren Beigaben vorhanden.

37 Vgl. Ortsakt Halbturn, Burgenländischen Landesmuseum

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Abb. 14: Umfassungsgraben,Foto: PannArch 2012.

Bei Objekt 12 (Graben 1) handelt es sich um ein gerades, von Osten nach Westen parallel zum

Begrenzungsgraben und weiters im rechten Winkel abbiegend von Süden nach Norden verlaufendes

Gräbchen. Der Graben ist knapp 15 cm tief, hat flachschräge Wandungen und eine konvexe Basis.

Bis auf zwei kleine Wandfragmente war die Grabenverfüllung fundleer. Aufgrund seiner Lage und

Ausrichtung parallel zum Begrenzungsgraben kann der Befund in die provinzialrömische Kaiserzeit datiert

werden.

Ein weiterer Graben verläuft von Süden nach Norden parallel zum Begrenzungsgraben und biegt im rechten

Winkel nach Westen ab. Hierbei ähnelt er dem Objekt 12 (Graben 1). Der Befund ist ca. 25 cm breit und

maximal 15 cm tief und im Querschnitt konkav. In der Verfüllung befand sich reliefverzierte Terra Sigilata.

Auf dem kleinen Bruchstück ist florales Dekor zu erkennen, wahrscheinlich Efeu. Auch dieser Befund datiert

in die provinzialrömische Kaiserzeit.

Bronzezeitliche Materialentnahmegrube (Autor: G. Schönpflug):

Die unregelmäßig geformte, annähernd rechteckige Grube (Objekt 14) weist eine maximale Länge von 15,8

Metern sowie eine maximale Breite von 13,5 Metern auf. Bei einer durchschnittlichen Tiefe von 0,55

Metern ergibt sich ein Rauminhalt von 117,3 Kubikmetern. Im Südosten verläuft das Objekt in die

Schnittkante und konnte aus diesem Grund nicht zur Gänze ergraben werden, allerdings erlaubt die geringe

Tiefe in diesem Bereich die Vermutung, dass die Befundgrenzen nicht allzu weit außerhalb der gegrabenen

Fläche zu erwarten sind. Die Konturen des Objekts zeigen keinerlei regelhafte Strukturen, ganz im Gegenteil

besteht es aus mehreren, scheinbar wahllos angeordneten, kleineren Gruben, deren Form und Tiefe wiederum

völlig verschieden ist. Die Tiefen dieser kleineren Objekte liegen meist zwischen 0,5 und 1,3 Metern, wobei

kessel- bis trichterförmige Profile vorherrschen. (s. Anhang Detailansicht Interface Objekt 14).

Die sehr einheitliche, meist scharf abgrenzbare Verfüllung der Grube besteht aus dunkelbraunem, sandigem

Schluff, an Einschlüssen sind Holzkohle sowie Steine von bis zu 30 Zentimeter Durchmesser zu erwähnen.

Auffällig sind weiterhin eingeschlossene Blöcke von hellgelbem, sandigem Material, die wohl als Versturz

anzusprechen sind.

Das Fundmaterial setzt sich aus Keramik- und Knochenfragmenten zusammen, wobei die Keramik den

Hauptanteil ausmacht. Von insgesamt etwa 50 Kilogramm Gesamtgewicht entfallen nur 0,5 Kilogramm auf

das Knochenmaterial.

Der Großteil (88 Gewichts-%) des keramischen Fundmaterials besteht aus wenig aussagekräftigen, meist

stark fragmentierten Wandbruchstücken, 4 Gewichts-% entfallen auf Bodenfragmente, 3 Gewichts-% auf

Randfragmente, 4 Gewichts-% auf Henkel und nur 1 Gewichts-% weist Verzierungen auf.

Technologisch zeigt sich das Material sehr einheitlich, es herrscht grobe, poröse, Keramik mit kleinen

Steinchen (bis 3 Millimeter Durchmesser) und wenig Glimmerflitter vor, die Oberflächen sind in den

meisten Fällen schlecht geglättet. Die handgeformte Keramik wurde bei Mischbrand nicht sehr hart gebrannt.

Seite - 13 -

Bei einer ersten Sichtung des Materials konnten bereits anhand einzelner größerer Bruchstücke einige

Aussagen über vorhandene Gefäßformen getroffen werden. Festgestellt wurden Henkeltöpfe mit schwach

trichterförmig ausgebogenen Rändern sowie ausladendem Hals, wenig ausladendem Bauch und geraden

Standflächen. Gelegentlich konnte ein Knick an der Gefäßschulter beobachtet werden, durch den der Hals

vom übrigen Gefäß abgesetzt ist. Weiters weisen einige Bodenfragmente mit geraden Standflächen und sehr

flach ansetzenden Wänden auf das Vorhandensein von Schüsseln hin. Hierbei ist in manchen Fällen die

Wand scharf abgesetzt. Einzigartig bleibt das Fragment einer Fußschüssel mit flacher Schüsselwand und

schräg ansetzendem, geradem Fuß.

Ein nahezu vollständiges Gefäß zeichnet sich durch einen

schwach ausladenden Rand, einen annähernd

zylindrischen Hals sowie einen bauchigen Gefäßkörper

und eine gerade Standfläche aus. Der Schulterumbruch ist

durch einen kleinen Knick vom Hals abgesetzt. Knapp

unterrandständig sowie an der Gefäßschulter setzen

gegenständig zwei weitlichtige Bandhenkel an (Abb. 16).

Aussagekräftig ist die relativ große Anzahl an

Henkelfragmenten, die mehrheitlich als weitlichtige,

unterrandständige Bandhenkel angesprochen werden

können, und zwar entweder mit parallel laufenden oder in

der Mitte einziehenden, schwach sanduhrförmigen Seiten.

Der untere Ansatzpunkt liegt an der Gefäßschulter. Im

Falle eines wohl zu einer Schüssel gehörenden Fragments

setzen an beiden Henkelansätzen horizontal verlaufende

Leisten an. Als singuläre Erscheinungen sind das

Fragment eines Stabhenkels, ein kleiner Ösenhenkel sowie

ein unterrandständig horizontal ans Gefäß angesetzter

Bandhenkel zu betrachten.

An einigen wenigen Stücken konnten Verzierungen festgestellt werden, die mehreren Gruppen zuzuordnen

sind.

An Rillen treten einerseits horizontal umlaufende, schwach eingetiefte Rillen auf, die mehrfach einzeln und

in einem Fall als Bündel von drei Rillen beobachtet werden konnten, andererseits zeigen drei Fragmente tief

eingekerbte, horizontal verlaufende Rillenbündel von vier Rillen, die direkt unterhalb eines stark geknickten

Bauchumbruchs liegen. In einem Fall konnte bei letzteren der Ansatz eines weiteren, mindestens zwei Rillen

umfassenden Bündels festgestellt werden, das am unteren Rand des horizontalen Bündels im rechten Winkel

ansetzt und vertikal zum Gefäßfuß hin verläuft.

Weiters konnten zwei Formen von Leisten beobachtet werden, und zwar einmal eine etwa einen Zentimeter

Seite - 14 -

Abb. 15: Ganzgefäß mit zylindrischem Hals,Foto: PannArch 2012.

Abb. 16: diverse Henkel-und Randfragmente aus der Lehmentnahmegrube, Foto: PannArch 2012.

breite, horizontale Fingertupfenleiste, die an einem geknickten Gefäßumbruch sitzt, allerdings nicht das

ganze Gefäß umläuft, und in zwei Fällen Fragmente einer einen Zentimeter breiten, horizontal verlaufenden

Leiste von rechteckigem Querschnitt, die von vertikal verlaufenden Rillen durchbrochen ist. Da es sich

hierbei nur um sehr kleine Fragmente handelt, kann keine Aussage über die Länge dieser Leisten getroffen

werden.

Mehrfach konnten auch zwei bis drei Zentimeter lange, horizontal verlaufende Lappen festgestellt werden,

die in zwei Fällen von einer Kerbe mittig durchbrochen sind.

Als Einzelstück ist ein Bauchumbruch zu betrachten, das drei parallele, vertikal verlaufende Lappen von fünf

Zentimetern Länge und 0,5 Zentimetern Breite aufweist. An jeweils einem Ende der beiden äußeren Lappen

setzen oben erwähnte, horizontal verlaufende Leisten von rechteckigem Querschnitt an.

Ein einziges, leider sehr schlecht erhaltenes Wandfragment zeigt Reste von Litzenzier, und zwar in Form von

zwei horizontalen Zwirnrabdruckbündeln einmal zu sechs und einmal zu mindestens drei Zwirnabdrücken.

Das Stück zeichnet sich außerdem durch eine, vom übrigen Fundmaterial abweichende, feine, graue

Konsistenz aus.

Zu erwähnen ist außerdem ein Randbruchstück feiner Ware mit glatter Oberfläche, das einen horizontal

ausgebogenen, gerade abgestrichenen Rand sowie eine dicht unter dem Rand sitzende, mittig eingedrückte

Knubbe aufweist und sich somit vom übrigen Fundmaterial unterscheidet.

Abschließend sei noch ein in annähernd kreisrunde Form gebrachtes Wandbruchstück genannt, das an einen

nicht vollendeten Wirtel denken lässt.

Zur Datierung der vorliegenden Funde kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur eine grobe Einordnung

getroffen werden. Die reichlich vertretenen Bandhenkel sowie die Form der Töpfe verweisen in die

Bronzezeit, die sanduhrförmige Henkel sind der Wieselburger Kultur zuzuordnen, wenngleich die

Gefäßformen nicht der klassischen Ausformung dieser Erscheinung entsprechen. Das Auftreten von

Litzenzier spricht für eine etwas spätere Einordnung, was auch das übrige Fundmaterial, so wie das oben

erwähnte, nahezu vollständig erhaltene, doppelhenkelige Gefäß, andeutet. Der vorläufige

Datierungsvorschlag lautet also auf späte Frühbronzezeit oder beginnende Mittelbronzezeit.

Die Funktion der Grube (Objekt 14) kann hier aufgrund der unregelmäßigen Form sowie den Ausmaßen

wohl als Materialentnahmegrube angegeben werden, wenngleich noch zu klären ist, ob das anstehende,

schluffig-sandige Material sich überhaupt für die Verwendung beispielsweise als Wandbewurf eignete. Die

sekundäre Nutzung als Abfallgrube einer Siedlung erscheint vor allem aufgrund der geringen Menge an im

aufgefundenen Tierknochen als wenig wahrscheinlich.

Seite - 15 -

Zusammenfassung:

Im Zuge der Errichtung der Nordumfahrung Schützen am Gebirge wurde ein römerzeitliches Gräberfeld

ergraben.

Die dokumentierten Befunde umfassen zwei Objektgruppen, Gräber und Gräben des römerzeitlichen

Gräberfeldes einerseits und eine bronzezeitliche Siedlungsgrube anderseits.

Bei den römerzeitlichen Gräbern handelt es sich um Körpergräber und Brandbestattungen. Die Körpergräber

waren mit einer Ausnahme beigabenführend. Die Grabinventare waren bescheiden. Neben keramischen

Gefäßen wurden Trachtbestandteile und Münzen geborgen. Die Niederlegung der Erwachsenen erfolgte in

zwei Gräbern in Ost-West-Richtung. Die dritte Körperbestattung befand sich in einem Graben, war

beigabenlos und folgte in ihrer Lage der Grabenausrichtung. Die vierte Bestattung war ein Kindergrab in

einem Sarkophag, der ebenfalls Ost-West orientiert war. Der Kopf dürfte sich in diesem Fall, im Gegensatz

zu den ersten beiden Körperbestattungen, wo der Kopf im Osten situiert war, allerdings im Westen befunden

haben.

Die Brandbestattungen waren einheitlich sehr seicht in den Boden eingetieft und nur in marginalen Knochen-

und Holzkohleresten erhalten. Diese Gräber waren mit einer Ausnahme beigabenlos. Bei einem Brandgrab

befand sich auf der Sohle der Grabgrube ein Eisenmesser.

Einen weiterer Befund innerhalb dieses Gräberbezirkes stellte ein annähernd rechteckiger Graben mit

mittigem gegen Osten gerichtetem Eingang dar. Innerhalb dieses umlaufenden Grabens befanden sich zentral

mehrere Ausrißgruben. In der Nordwest-Ecke innerhalb des Gevierts wurde eine Brandbestattung in einer

Urne geborgen. In der Ostseite des Grabens befand sich die bereits erwähnte beigabenlose Körperbestattung,

deren Grabschacht direkt in die Aussenflanke gegraben war.

Neben anderen Grabenbefunden konnte auch der Umfassungsgraben des Gräberfeldes in seinen Resten

dokumentiert werden ohne jedoch die Gesamterstreckung des Gräberbezirkes feststellen zu können, da nur

ein Teil des Gräberfeldes von Straßenbaumaßnahmen betroffen war.

Die zweite Objektgruppe umfasste einen großflächigen bronzezeitlichen Befund, der durch eine

unregelmäßig geformte Grube gebildet wurde. Der Fundinhalt dieser Grube war einheitlich in die Bronzezeit

zu datieren.

Anhang Pläne:

Übersichtsplan

Detail Interface Objekt 14, bronzezeitliche Materialentnahmegrube.

Seite - 16 -

Literatur:

Alfons Augustinus Barb Burgenländische Heimatblätter Eisenstadt 1953 S 103

Laslo Bella Arch. Ért. VIII Sopron 1888 S 23

Anton Bernhauser Geologische Bodentypen des Nordburgenlandes Eisenstadt 1968

Günter. Dembski Pro Austria Romana Jg. 27/1977 Heft 9 – 10

Nachrichtenblatt f. d. Forschungsarbeit ü. d.

Römerzeit Österreichs Wien 1977

Manfred K. H. Eggert Prähistorische Archäologie, Konzepte u. Methoden Tübingen 2005

Hans Jankuhn Einführung in die Siedlungsarchäologie Berlin 1977

Wolfgang Kubitschek Römerfunde von Eisenstadt Wien 1926

Edit. B. Thomas Römische Villen in Pannonien Budapest 1964

Alexander (Sandor) Wolf Bericht über die Eisenstädter Grabungen 1902 – 1914

in Römerfunde von Eisenstadt Wien 1926 2 – 11

Fundberichte Österreich II Wien 1934/1937

Ortsaktenarchiv der Burgenländischen Landesmuseen Eisenstadt

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Maßnahmennummer 30021.12.02Übersichtsplan

LegendeSchnittkanten

archäologische BefundeDatierung

Bronzezeit

römische Kaiserzeit

undatierbar

±

0 10 20 30 405Meter

KG Schützen am GebirgeMaßnahmenbezeichnung: GräberfeldErstellungsdatum: 10. Jänner 2014Planerstellung: Gregor Schönpflug/PannArchKoordinatensystem GK M34

Plannummer 006

Graben 2

Begrenzungsgraben

Graben 1

Grabgartengräbchen Bestattung 1

Bestattung 2Bestattung 3

Bestattung 4

Bestattung 5

Bestattung 6

Bestattung 7

Bestattung 8

Objekt der Bronzezeit

Bestattung 9

Schnitt 1

Schnitt 2

Schnitt 3

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2,307

Maßnahmennummer 30021.12.02Detail Objekt der Bronzezeit

LegendeHöhenschichtlinien

Schnittkante

Befundgrenze

±

0 2 4 6 81Meter

KG Schützen am GebirgeMaßnahmenbezeichnung: GräberfeldErstellungsdatum: 10. Jänner 2014Planerstellung: Gregor Schönpflug/PannArchKoordinatensystem GK M34

Plannummer 010