»Wollen Sie wirklich Armee und Bevölkerung ohne Hosen lassen […]?!« Die Mobilisierung für den...

10
>Wollen Sie Armee und Bevölkerung wirklich ohne Hosen lassen?!< Die Mobilisierung für den Zweiten Weltkrieg in der usbekischen Sowjetrepublik VoN Clnus BEcH HnNSEN* >Mobilisierung< war ein integrales Element der Diktaturen des 20. Jahrhun- derts. Im Namen der Macht haben verschiedene Diktaturen ihre jeweilige Bevölkerung unter unterschiedlichen Bedingungen und Methoden für ihre Herrschaft mobilisiert. Die Sowjetunion unter Stalin stellt jedoch einen Ex- tremfall dar. Dieser Aufsatz möchte am Beispiel der Mobilisierung in der usbekischen Sowjetrepublik zwischen I94l und 1945 zeigen, wie Mobili- sierung ztrm Machterhalt und zrfi Ausführung der Kriegspolitik eingesetzt wurde. In der Forschung ist die Sowjetunion zu Recht als eine >Mobilisierungs- diktatur< beschrieben worden.l Über die genaue analytische Definition der >Mobilisierungsdiktatur< gibt es unter Historikern jedoch keine Einigkeit. Lange Zeitist dieser Ausdruck als vager Sammelbegriff verwendet worden, unter dem verschiedene Prozesse und Praktiken der Herrschaftsausübung' zusammengefasst wurden.2 Manfred Hildermeier hat für die Sowjetunion ansatzweise versucht, Instrumente und Funktionsweisen der sowjetischen >Mobilisierungsdiktatur< deutlicher heraus zuarbeiten. So beschrieb er die Be- Für Ratschläge, anregende Diskussionen und inhaltliche Korrekturen bei der.Erstellung dieses Aufsatzes möchte ich mich besonders bei Irene Hahn, Fabian Thunemann, Jörg Baberowski und Steve Smith bedanken. 1 Manfred Hildermeier bezeichnet die Sowjetunion in der Periode von 1929 bis 1941 als Mobili- sierungsdiktatur; vgl. ders., Geschichte der Sowjetunion I9l7-1991. Aufstieg und Niedergang des ersten sozialistischen Staates, München 1998, S.365-598. Adeeb Khalid charakterisiert die Sowjetunion als einen >>modernen, mobilisierenden Staat<<, der im Gegensatz zu kolonialen Imperien mit Staatsgewalt versuchte, Kulturen und Individuen zu transformieren; vgl. Adeeb Khähd, Backwardness and the Quest for Civilization, in: Slavic Review 65 (2006), H. 2, S. 23 l-251, hier 5.232f. Vergl. dazu Jörg Baberowski, Der Feind ist überall. Stalinismus im Kaukasus, München}}O3, S. 553-668. Die jüngsten Debatten zum Charakter des >Drit- ten Reiches< als >Mobilisierungsdiktatur< haben sicherlich auch zur Schärfung des Begriffs beigetragen. Provokativ hat Götz Aty die These vefireten, dass die NS-Herrschaft auf hohe Zustimmung unter der Bevölkerung stieß; vgl. Götz Aly, Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationai"r Sozialismus, Frankfurt a. M 2005. Dagegen und unter Verwendung des Begriffs >Mobilisierungsdiktatur< vgl. Adarn Tooze, Stramme junge Männer in braunen Uniformen, in: DIE ZF,IT, Z[.q.2005, Nr. 18, http://www.zeit. deAAl\ll8lAly/seite-Z (21.6.2012). 2 Im Bezug auf die Sowjetunion prägte Ernst Nolte diesen Begriff bereits 197 4, als er von dem >>gespannten System der parteistaatskapitalistischen Mobilisierungsdiktatur<< sprach; Ernst Nottä, Deutschland und der Kalte Krieg, München 1974, S. 456. Der Begriff wurde ohne ersichtliche Bemühungen um analytische Präzisierung von anderen Autoren übernommen; vgl. z.B. Wilfried Loth, Die Teilung der Welt, München 1980, S. 121,200 und 345.

Transcript of »Wollen Sie wirklich Armee und Bevölkerung ohne Hosen lassen […]?!« Die Mobilisierung für den...

>Wollen Sie Armee und Bevölkerung wirklich ohneHosen lassen?!< Die Mobilisierung für den Zweiten

Weltkrieg in der usbekischen Sowjetrepublik

VoN Clnus BEcH HnNSEN*

>Mobilisierung< war ein integrales Element der Diktaturen des 20. Jahrhun-

derts. Im Namen der Macht haben verschiedene Diktaturen ihre jeweiligeBevölkerung unter unterschiedlichen Bedingungen und Methoden für ihreHerrschaft mobilisiert. Die Sowjetunion unter Stalin stellt jedoch einen Ex-tremfall dar. Dieser Aufsatz möchte am Beispiel der Mobilisierung in der

usbekischen Sowjetrepublik zwischen I94l und 1945 zeigen, wie Mobili-sierung ztrm Machterhalt und zrfi Ausführung der Kriegspolitik eingesetzt

wurde.In der Forschung ist die Sowjetunion zu Recht als eine >Mobilisierungs-

diktatur< beschrieben worden.l Über die genaue analytische Definition der>Mobilisierungsdiktatur< gibt es unter Historikern jedoch keine Einigkeit.Lange Zeitist dieser Ausdruck als vager Sammelbegriff verwendet worden,

unter dem verschiedene Prozesse und Praktiken der Herrschaftsausübung'zusammengefasst wurden.2 Manfred Hildermeier hat für die Sowjetunionansatzweise versucht, Instrumente und Funktionsweisen der sowjetischen>Mobilisierungsdiktatur< deutlicher heraus zuarbeiten. So beschrieb er die Be-

Für Ratschläge, anregende Diskussionen und inhaltliche Korrekturen bei der.Erstellung dieses

Aufsatzes möchte ich mich besonders bei Irene Hahn, Fabian Thunemann, Jörg Baberowski

und Steve Smith bedanken.

1 Manfred Hildermeier bezeichnet die Sowjetunion in der Periode von 1929 bis 1941 als Mobili-sierungsdiktatur; vgl. ders., Geschichte der Sowjetunion I9l7-1991. Aufstieg und Niedergang

des ersten sozialistischen Staates, München 1998, S.365-598. Adeeb Khalid charakterisiert

die Sowjetunion als einen >>modernen, mobilisierenden Staat<<, der im Gegensatz zu kolonialen

Imperien mit Staatsgewalt versuchte, Kulturen und Individuen zu transformieren; vgl. Adeeb

Khähd, Backwardness and the Quest for Civilization, in: Slavic Review 65 (2006), H. 2,

S. 23 l-251, hier 5.232f. Vergl. dazu Jörg Baberowski, Der Feind ist überall. Stalinismus

im Kaukasus, München}}O3, S. 553-668. Die jüngsten Debatten zum Charakter des >Drit-

ten Reiches< als >Mobilisierungsdiktatur< haben sicherlich auch zur Schärfung des Begriffsbeigetragen. Provokativ hat Götz Aty die These vefireten, dass die NS-Herrschaft auf hohe

Zustimmung unter der Bevölkerung stieß; vgl. Götz Aly, Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg

und nationai"r Sozialismus, Frankfurt a. M 2005. Dagegen und unter Verwendung des Begriffs

>Mobilisierungsdiktatur< vgl. Adarn Tooze, Stramme junge Männer in braunen Uniformen, in:

DIE ZF,IT, Z[.q.2005, Nr. 18, http://www.zeit. deAAl\ll8lAly/seite-Z (21.6.2012).

2 Im Bezug auf die Sowjetunion prägte Ernst Nolte diesen Begriff bereits 197 4, als er von dem

>>gespannten System der parteistaatskapitalistischen Mobilisierungsdiktatur<< sprach; Ernst

Nottä, Deutschland und der Kalte Krieg, München 1974, S. 456. Der Begriff wurde ohne

ersichtliche Bemühungen um analytische Präzisierung von anderen Autoren übernommen;

vgl. z.B. Wilfried Loth, Die Teilung der Welt, München 1980, S. 121,200 und 345.

Claus Bech Hansen

festigung des neuen Staates in den 1930er Jahren als >Mobilisierungsdiktatur<,mittels derer alle Bereiche der Gesellschaft durchdrungen werden sollten. IJmdie wahrgenommene >Rückständigkeit< des Vielvölkerreiches zu überwinden,mobilisierten und integrierten die Machthaber die Bevölkerung, und hofftenso, ihr Ziel eines industriellen, moderneno sozialistischen Staates verwirkli-chen zu können. Dabei habe das Regime, so Hildermeier, die ökonomischeEntwicklung diktien und diejenigen Bereiche definiert, in denen mobilisiertwerden sollte. Dies geschah unter der Bedingung wachsender Polizei- undSicherheitsapp arate bei gleichzeitigem Geltungsverlust des geschriebenenRechts.3

Dass Manfred Hildermeiers Verweis auf eine periodische Eingrenzungdes Begriffs - von stalins Machtübernahme bis zum Anfang des ZweitenWeltkrieges - allerdings irreführend ist, hat zuletzt Jörg Ganzenmüller ge-zeigt und die Kontinuität zwischen der >Mobilisierungsdiktatur< der 1930erJatne und der sowjetischen Mobilisierung für den Zweiten Weltkrieg betont.4Zum Instrumentarium der > Mobilisierungsdiktatur< hätten, so Ganzenmüller,weiterhin Agitationsarbeit, individuelle Produktionsverpflichtung, Stoßarbeit,schwarzeBretter und nicht zuletzt auch Terror und Gewalt gehört.s

Gerade der Blick auf Praktiken der Mobilisierung in der Krisensituationdes Krieges schärft das Verständnis von >Mobilisierungsdiktatur< als einemzentralen Element der stalinistischen Herrschaft. Dies wird besonders in denländlichen und muslimischen Regionen der Sowjetunion deutlich. Mit demVerlust der industriell entwickelten Gebiete im Westen der Sowjetunion imZuge des deutschen Vorm4rsches im Sommer und Herbst 1941 wurde dasMoskauer Machtzentrum mehr denn je von der Produktion in den zentralasia-tischen Regionen abhängig. Weitab von den militarischen Fronten des Kriegesmussten Ressourcen aller Art mobilisiert werden, uffi den Ansprüchen desKrieges und der Zentralregierung gerecht zu werden. (Jmso erstaunlicher istes, dass die Kliegsmobilisierung von Bevölkerung, Industrie, Landwirtschaftund Partei inZentralasien bisher von der Forschung vernachtässigt worden ist.Denn das Instrumentarium der stalinistischen >Mobilisierungsdiktatur< zeigtesich in Zentralasien unter den Bedingungen des Krieges auf exemplarischeWeise. Die Analyse der Kriegsmobilisierung in der usbekischen Sowjetre-publik ist daher besonders geeignet, zu einem differenziefieren Vörständnissowohl des Begriffs >Mobilisierungsdiktatur< als auch des stalinistischenSystems beizutragen

Hildermeier, Geschichte der Sowjetunion 1917-1991, S. 367.Jörg Ganzenmüller, Mobilisierungsdiktatur im Krieg. Stalinistische Herrschaft im belagertenLeningrad, in: OSTEUROPA 6l (2011), H. 8/9, S. Ll7-13{ hier S. 133; vgl. auch ClausBech Hansen, Mobilisierung in Räumen beschränkter Staatlichkeit während des ZweitenWeltkrieges, in: Zeitschrift frir Geschichtswissenschaft 57 (2009), H. 12, S. l000-10l2,hiers. 1008-1010.Ganzenmüller, Mobilisierungsdiktatur, S. 133f.; vgl. auch John Barber und Mark Harrison, diepolitische Kampagnen, gesetzlichenZwang und ökonomische Anreize als die drei zentralenMobilisierungsmaßnahmen in der UdSSR während des Krieges aufzählen; vgl. dies., TheSoviet Home Front, 194l-1945. A Social and Economic History of the USSR in World War II,London 1991, S. 160f.

3

4

284

10

285

Kriegsmobilisierung in Usbekistan

Die stalinistische >Mobilisierungsdiktatur<

Die zentralasiatische Peripherie der UdSSR war kulturell anders geprägt als

der europäische Teil; hier stießen die sowjetischen Heilsversprechen auf weni-ger Resonanz, un4 das Staatsgebilde war zutiefst von einer beschränkten Staat-

lichkeit gfeprägl6 Die beschränkte Machtfiille hatte das Moskau er Zentruminsbesondere in den l920er und 1930er Jahren erlebt, als sich die usbekischeGesell schaft gegen die vom Zentrum vorgeschlagenen Gesellschaftsentwür-fe und die damit verknüpften revolutioniiren Mobilisierungskampagnen mitGewalt wehrte. So widersetzte sich zunächst die Basmatschi-Bewegung demMoskauer Machtanspruch seit den frühen l920er Jahren und die gegen dieVerschleierung der Frauen gerichtete hujum-Kampagne rief 1927 sogar ge-walttätigen Widerstand hervor. In diesen Konflikten konnte das Zentrum auch

nicht immer auf die lokale Elite zlihlen. Direktiven wurden nicht durchgesetztund unter der lokalen Parteielite fanden sich Parteifunktionäre, die zwar offi-ziell die Ziele der Bolschewiki vertraten, gleichzeitig aber etwa weiterhin inPolygamie lebten.T

SJ verfügte die Sowjetmacht in Usbekistan über die drei Merkmale ei-nes Staates - Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalts -, wurde aber denumfassenden Machtansprüchen der Herrscher nicht gerecht. In Anlehnungan Max Weber könnte man daher sagen, dass die sowjetischen Machthaberzwar einen ausgreifenden Machtanspruch besaßen, es aber nicht schafften,Herrschaft im Sinne von Disziplin und schematischem Gehorsam für ihreBefehle auszuüben.e

Sowohl die Zentralregierung in Moskau als auch die regionalen Machtha-ber in Usbekistan wussten, dass ihre Machtposition preklir war. Stalin undseine Helfer duldeten keine Opposition und scheuten nicht davor zurück,Widerstand mit Gewalt zuunterdrücken.lO Wätrrend des Zweiten Weltkrie-

Unter beschräinkter Staatlichkeit verstehe ich einen Zustand, in dem die vom Zentrum ent-worfenen Gesellschafts- und Politikentwürfe durch das institutionelle Gefiige des Staates nurbedingt ausgeflihrt werden können; vgl. hierzu Sonderforschungsbereich 700, Working Paper8, S. 9, http://www.sfb-governance.de/publikationen/sfbgov-wp/wp8/wp8. pdf'!1375770917(2t.6.2012). Für die Sowjetunion allgemein vgl. Jörg Baberowski, Totale Herrschaft imstaatsfernen Raum. Stalinismus und Nationalsozialismus im Vergleich, in: Zeitschrift fürGeschichtswissenschaft 57 (2N9), H. 12, S. 1013-1028, hier S. 1020f. Graeme Gilt hältschwache Staatsstnrkturen für ein generelles institutionelles Problem der Sowjetunion; vgl.Graeme Gill, The Origins of ttre Stalinist Political System (Soviet and East European Studies74), Cambridge 1990, S. l-8.

Vgl. Douglas Northrop, Veiled Empire. Gender and Power in Stalinist Central Asia, Ithaca,New York 2004,5.72. Über den negativen Einfluss der hujum-Kampagne auf die Integrationder Gesellschaft vgl. Shoshana Keller, To Moscow, not Mecca. The Soviet Campaign againstIslam in Central Asia, I9t7--1941, Westport 2001, S. 250.

Georg Jellinek, Allgemeine Staatslehre, Berlin 1905, S. 38t420.Vgl. Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, Studi-enausgabe, 5. Aufl., Tübingen 1980, S. 28f.Vgl. Jörg Baberowski, Der rote Terror. Die Geschichte des Stalinismus, 2. Aufl., München2004, s. 90.

Claus Bech Hansen

ges war die Durchsetzvng von Moskaus Willen in Usbekistan also von derBereitschaft geprägt, die Mobilisierung der Peripherie mit Repressionen undGewalt voranzutreiben.

Diese Herrschaftskultur wurde unter Stalin herausgebildet und erlosch erst,als der Diktator 1953 starb. Die stalinistische Führung versuchte, die Kluftzwischen Bevölkerung und Staat mit Praktiken der Gewalt und der Unter-drückung ru schließen. Der Diktator ließ die Sowjetunion immer wieder vonunkalkulierbaren Gewalt- und Terrorkampagnen überrollen, vor denen sichkeiner sicher fühlen konnte. Stalin hielt die Zngel dieses Regimes in der Handund setzte sie berechnend und häufig mit zum Teil mörderischer Brutalität zuseinem Nutzen ein.l l Das war ein Prozess, in dem die stalinistischen Führersich endgültig von den in der Verfassung festgelegten Rechtsprinzipien verab-schiedeten und die Sowjetunion in einen rechtsleeren Raum verwandelten.

Die stalinistische >Mobilisierungsdiktatur< war zutiefst mit dieser Herr-schaftskultur verbunden, und die Mobilisierung der UdSSR für den ZweitenWeltkrieg lässt sich nur vor diesem Hintergrund verstehen. Als die Wehrmachtim Som{ner 1941 die Sowjetunion überfiel, veränderten sich im Vergleichzur Vorkriegsperiode schlagartig die Ziele der gesellschaftlichen Mobilisie-rung. Revolutionäre Projekte wurden zurückgeschraubt und dem Ausbauallei notwendigen Kriegsmaßnahmen höchste Priorität eingeräumt.rz ZurVereinfachung von Entscheidungsprozessen und zur Implementierung dieserAufgabe wurde sofort nach dem deutschen Angriff das Staatliche Vertei-digungskomitee (GKO) eingerichtet.l3 Es war somit weiterhin der innereKreis des Politbüros, der über Staats- und Parteiinstitutionen hinweg Ent-scheidungen traf. Diesem institutionellen Umbau imZentrum stand jedochkeine Zenffalisierung auf der regionalen Ebene der Sowjetrepublik Usbekis-tan gegenüber. Welche Ressourcen zu welchem Zeitpunkt und in welchemUmfang mobilisiert werden sollten, wurde vom Moskauer Führungszirkelentschieden und wenn nötig direkt von Stalin beeinflusst. Allerdings wurdenkleinere, nachgeordnete Verwaltungseinheiten geschaffen, um die Folgen des

Krieges zu bewältigen; darunter ein regionales >Büro für Evakuierung< alsOrgan des neu etablierten und von Lazar Kaganoviö geleiteten Ministeriumsfür Evakuierung- So etablierte die Sowjetführung >>Sonderbevollmächtigte

Die Ausschaltung aller Opposition durch Terror und Säuberungen ließ Stalin und seine engstenHelfer Ende der l930er Jatre zunehmend die Kontrolle über den Staatsapparat gewinnen. Stalinsetzte aber weiterhin auf Terror, um die Bevölkerung und die politische Elite einzuschüchternund zu kontrollieren; vgl. Gill, The Origins of the Stalinist Political System, S. 259-306;vorbildlich gezeigt für die Nachkriegszeit bei Yoram Gorlizki/Oleg Chlevnjuk, Cold Peace.Stalin and the Soviet Ruling Circle, 1945-1953, New York 2004.Das beinhaltete indes keine Liberalisierung, wie Klaus Segbers behauptet; vgl. ders., DieSowjetunion im Zweiten Weltkrieg. Die Mobilisierung von Verwaltung, Wirtschaft und Ge-sellschaft im >>Großen Vaterländischen Krieg<<,194l*1943, München 1987, S. 296; dagegenJörg Ganzenmüller, Das belagerte Leningrad 194I-1944. Die Stadt in den Strategien vonAngreifern und Verteidigern, Paderborn u.a. 2005, S. 280.

Vgl. Sanford R. Liebennan, The Evacuation of Industry in the Soviet Union during World WarlI, in: Soviet Studies 35 (1983), H. l, S. 9l-94.

Kriegsmobilisierung in Usbekistan

als Instrumente stalinistischer Herrschaft<<, um dadurch schnellere Erfolgeerzielen ztJ können.la

Der Verlauf der Kriegsmobilisierung in Usbekistan zeigt deutlich, wiedie Absicht des Regimes, eine Mobilisierung sämtlicher Ressourcen durch-zufiihren, im Gegen satz zu seiner institutionellen Schwäche stand. Mit derFortdaugr des Krieges und dem wachsenden Ressourcenmangel schwandendie ZugÄtrsmoglictikeiten. Das Regime reagierte mit zunehmendet Vehemenz

auf die sich verschärfende Krise. Durch diese stalinistische Machttechnikwurde die beschränkte Staatlichkeit allerdings nicht überbrückt, sondern noch

weiter vertieft

Die Sprache der Mobilisierung

Es ist oft hervorgehoben worden, dass sich die offi zielle Rhetorik in der Sow-jetunion während des Krieges veränderte. Die Lobeshymnen auf den Sozialis-mus traten in den Hintergrund und wurden durch die Betonung des russischen

Patriotismus überlagert.ls Mit Beginn des Krieges hatte Stalin der nationalen

Rhetorik den Vomang vor der kommunistischen Sache gegeben.16 Im Sep-

tember L94l legte er William Averell Harriman, dem US-amerikanischenBotschafter in der UdSSR, seine Motive hierfür mit nüchterner Offenheit dar:

Das russische Volk kämpft >für die Heimat und nicht für uns [die Kommunis-tische Partei, Anm. d. Vbrf.l*.17

Die Nationalisierung der Rhetorik war eine zweckrationale Maßnahme,um die Unterstützung aller Bevölkerungsgruppen zu sichern. Das war inUsbekistan nicht anders als in anderen Gebieten der Sowjetunion. In derusbekischen Mobilisierungspropaganda bildete allerdings das usbekischeVolk den Bezugspunkt und nicht das russische. Infolgedessen unterstrichenusbekische Führer zwar immer wieder die Notwendigkeit, Russland und dem

russischen Volk im Kriegbeizustehen, hoben aber in ihrer Rhetorik vor allemdie positiven Folgen der Mobilisierung für die usbekische Sowjetrepublikhervor.

Die rhetorischen Anpassungen zeigten sich bereits im Plenum des usbeki-schen Zentralkomitees vom Oktober 1941, das ganz im Zeichen der Mobi-lisierungsmaßnahmen stand . Zujenem Zeitpunkt waren die Deutschen weitin die Sowjetunion eingedrungen und nichts schien darauf hinzudeuten, dass

14 Ganzenmüller, Mobilisierungsdiktatur, S. I2l-I23.15 David Brandenberger, >...It Is Imperative to Advance Russian Nationalism as the First Priority<.

Debates within the Stalinist ldeological Establishment, l94l-L945, in: Terry Martir/ Ronald

Suny (Hg.), A State of Nations. Empire and Nation Making in the Age of Lenin and Stalin,Oxford 200I, S. 27 5-299, bes. S. 27 5 .

16 Baberowski, Der rote Terror, S. 225f.

I7 Zit. nach Barber/Flarrison, The Soviet Home Front, S. 69f.

12

l3

286 287

Claus Bech Hansen

sie aufzuhalten wdren. Usman Jusupov, der Erste Sekretär des usbekischenZentralkomitees, versuchte, die Delegierten mit Ernst und Einschüchterungfür die Mobilisierung zu gewinnen, als er ihnen die Situation schilderte: >>Ka-

meraden ! Unsere schöne Heimat durchlebt schreckliche Täge. Unsere großeNation geht durch die größte Feuerprobe der Geschichte [...J letzt, im Mo-ment der tödlichen Gefahr, die auf unser Land zukomffit<<, drängte er, müsse>>die Kommunistische Partei Usbekistans außerordentliche Organisation<< undGeschlossenheit zeigen ls Jusupov war klar, dass die Kriegsmobilisierungund der Aufbau einer Verteidigungsindustrie eine massive Herausforderungdarstellen würde: >>Wir müssen alles tun, alle unsere Kräfte geben, unsereganze Energie, alle Kräfte unseres Volkes steigern, alle Möglichkeiten unsererRepublik nutzen, um diese Aufgabe erfolgreich zu lösen<<, obwohl sie neu,schwer und hart sei.l9

Usman Jusupov wusste, wovon er sprach. Aufgrund der günstigen natürli-chen Gegebenheiten für Baumwollanbau in Usbekistan war die Baumwoll-industrie schon während der Zarenzeit ausgebaut worden. Die sowjetischenMachthaber führten diese Politik bruchlos fort.20 ZumZeitpunkt des Kriegs-ausbruchs war Usbekistans Wirtschaft kaum diversifiziert und insbesonderedie usbekische Industrie beschränkte sich - abgesehen von wenigen indus-triellen Anlagen zur Zement- und Chemieproduktion - auf die Verarbeitungvon Baurnwolle. Nun mussten aber vorrangig Panze4 Bomben, Geschosse,Messer und anderer Kriegsbedarf hergestellt werden. um die Umstellungzu bewältigen und den Anforderungen zu entsprechen, müssten, so Jusupov,>jede Produktionseinheit, jede Fabrik, jede Anlage, jede Arbeitseinheit, jedeBrigade, jedes Aggregat<< eingespannt werden.2 I

Im landwirtschaftlichen Bereich sah es nicht anders aus. Die erweiter-te Baumwollbepflanzung in Zentralasien und im Kaukasus hatte zwar dieSowjetunion größtenteils von Stoffimporten unabhängig gemacht, dafür aberdie Abhängigkeit Usbekistans von Getreideimporten aus anderen Regionender Sowjetunion erhöht. Weniger als die Hälfte der knappen AnbauflächeUsbekistans war l94l Getreide und Gemüse vorbehalten. Der Verlust derSchwarzerdegebiete im Westen der Sowjetunion imZuge des deutschen Vor-marsches erforderte eine Steigerung der Anbauflächen und Veränderung desAnbaus in Usbekistan. Dementsprechend sollten sowohl die Anbauflächen fürZuckerrübeno Gemüse sowie Getreide erweitert als auch neue, ertragreichereGetreidesorten angebaut werden.22 Schon in der Vorkriegszeit wiire dieses

l8

19

20

2l22

Ch.T. Tirrnuso% Usman Jusupov. Isbrannye tnrdy v trech tomach (VI 1941-V l945gg.), 8d.2,Taschkent 1983, 8d.2, S. 11 und 14.

Ebd., s. 15.

Christian Teichmann, Canals, Cotton, and the Limits of De-colonization, in: Central AsianSurvey 26 (2W7), H. 4, S. 499-519, hier S. 503.

Turnusov, Usman Jusupov, S. 16.

Ebd., S. 17. Dass Usman Jusupov diese Forderung im Frühling I9M wiederholte, zeugt vonder Schwierigkeit, die Umstellung der Landwirtschaft tatsächlich zu verwirklichen; vgl. ebd.,s. 310.

288 289

Kriegsmobilisierung in Usbekistan

gewaltige Unterfangen kaum zu bewältigen gewesen. In Zeiten des Kriegesallerditrgs, mit verringerter verfügbarer Arbeitskraft, Maschinen und Nutz-tieren, war eine so radikale Umstellung der industriellen Produktion und derLandwirtschaft nahezu unmöglich.

Als die usbekische Parteielite im Oktober l94L noch mit der Produkti-onsumEtrukturierung beschäftigt war, rechnete sie nicht damit, dass manüber gd f'aUriken und Produktionsanlagen aus der europäischen Frontregionin Usbekistan wieder werde aufbauen müssen. Diese zusätzliche Aufgabestellte sich für die usbekischen Machthaber dennoch keineswegs als Bür-de dar. Stets unterstrichen sie, dass die Fabriken und Produktionseinheiteneinen überaus positiven Einfluss für die Entwicklung Usbekistans habenwärden.23 Seit der Oktoberrevolution hatten die zentra\e wie die regionale us-bekische Parteiführung eine fehlende industrielle Basis der zentralasiatischenAgrargesellschaften als Kern der >Rückständigkeit< beklagt.za Entsprechendproklamierte Usman Jusupov Ende 1942 hoffnungsvoll, dass die verlagertenFabriken und Produktions stätten mehre r e Zehntausend qu alifizierte u sbeki-sche Arbeiter hervorbringen würden. Doch damit nicht genug, laut Jusupoverhalte Usbekistan dadurch >Ingenieure, Facharbeiter, Mechaniker - Usbekenin allen Bereichen der Industri err25. Hinter dieser beschwörenden Erwartungverbarg sich die Hoffnung, endlich die industrielle und sozialökonomischerRücksländigkeit< der Region zu überwinde n.26

Der Aufbau industrieller Produktion, versicherte Usman Jusupov Anfang1943 dem usbekischen kntralkomitee, werde das Bewusstsein unseres Volkesemporheben.27 Die industrielle Produktion würde vor allem Kolchosbauernmit der technisch fortschrittlichen Welt vertraut machen und ein >>höheres

kulturelles Niveau rr2s zeitigen, das Usbekistan in die sozialistische Modernekatapultieren würde.

Vor diesem Hintergrund wurde die vom kntrum initiierte Nationalisie-rung der Mobilisierungsrhetorik von der usbekischen Elite übernommen unddem usbekischen Kontext angepasst. Man wollte die Partei und vor allemdie Bevölkerung in Usbekistan für die Kriegsmobilisierung gewinnen, dieseit 1942 bei steigenden Anforderungen des Zentrums einen Rückgang ihresLebensstandards hatte hinnehmen müssen. Gleichzeitig war die Veränderungder Rhetorik eine Reaktion auf die Wderstände, die die usbekische Elite wäh-rend früherer Mobilisierungskampagnen erlebt hatte. Obwohl man nun einem

Ebd., s. 170.

Khalid, Backwardness, S. 234.Turnusov, Usman Jusupov, S. 121

Terry Martin charakterisiert den Mangel ausgebildeter Fachkräfte unter der indigenen Be-völkerung als >>Loch in der Mitte<. Die Nationaliuitenpolitik der Sowjetunion hatte mit sichgebracht, dass Einheimische auf hohe politische Posten gelangten, während es an einer qualifi-zierten Arbeiterschaft fehlte, die die mittleren Instanzen hätte füllen können; vgl. ders., TheAffirmative Action. Empire Nations and Nationalism in the Soviet Union, 1923-1939, Ithaca2WL S. 178 und 385.

Ebd., S. 166 und 176

Ebd., s. 287.

23

24

25

26

27

28

Claus Bech Hansen

ausländischen Angreifer gegenüberstand, konnte sich die usbekische Elite imZweiten Weltkrieg dennoch der Unterstützung der breiten Bevölkerung nichtsicher sein, von deren Mobilisierung sie aber mehr denn je abhängig war.Ze

Die rhetorische Anpassung allein reichte jedoch nicht aus, die Produktionin der Krise des Krieges zu steigern und die beschränkte Staatlichkeit zuüberwinden. Dafür wurden andere Methoden angewandt.

Die Uberwindung der beschränkten Staatlichkeit

Die Moskauer Führung setzte zur Steigerung der Produktivität in Usbekistanseit Beginn des Krieges wieder verstärkt auf Repression und Terror. Um dieAusführung zentraler Dekrete und die innere Sicherheit zu gewährleisten, hat-te die Moskauer Zentrale bereits im Juli 1941 Amajak Kobulov, einen engenVertrauten Lavrentij Berijas und Bruder des berüchtigten Bogdan Kobulov,der in Moskau sein Unwesen trieb, als Leiter des usbekischen Innenministeri-ums installiert.30 Llnmittelbar nach seiner Einsetzung unterstrich A. Kobulovgegenüber der politischen Führung Usbekistans seinen Auftrag. Im September1941 ließ er mehrere hochrangige Mitglieder der politischen und gesellschaft-lichen Elite wegen vorgeblich >konterrevolutiondrer Verbrechen< inhaftierenund zeigte dadurch unmissverständlich, was mit der politischen Führynggeschehen würde, sollte ihre Arbeit imZentrum keinen Gefallen finden.3l

Es bleibt unklar, ob sich die usbekische Führung von der ursprünglichen Freude der ukrai-nischen Bauem über die deutsche Invasion hat verunsichern lassen; vgl. Nikolas Laskovsky,Practicing Law in the Occupied Ukraine, in: American Slavic and East European Review 2(1952), S. 123-l37,hier S. 123. Nach Kriegsende kehrten die Lobeshymnen auf das sozia-listische Vaterland zurück, während die usbekische Heimat in der Propaganda Usbekistanswieder in den Hintergrund trat. David Brandenberger beobachtet eine ähnliche Entwicklungim Bezug auf die ideologische Ausrichtung der Geschichtsschreibung der Republiken; vgl.ders., Debates, S. 288.

Neben der inneren Sicherheit war A. Kobulov auch für die Organisierung der Deportatio-nen von mehreren zehntausend Krimtartaren und Griechen nach Usbekistan in Jahre lgMzuständig. Man deportierte sie aus den westlichen Gebieten, weil man in ihnen die Gefahreiner >fünften Kolonne< sah. Statistiken der usbekischen Staatspolizei zufolge waren 1945über 147.000 Krimtartaren in usbekischen Gefangenenlagern inhaftiert; vgl. D.A. Alimovau.a. (Hg.), Tragedija Sredneaziatskogo Kischlaka. Kollektivizacija, Raskulaöivanie, Ssylka,1929-1955 gg., Dokumenty I Materialy, Bd. 2, Taschkent}ffi6,5.374; vgl. auch JonathanPohl, Ethnic Cleansing in the USSR, 1937-1949, Westport 1999, S. 109-128Die Inhaftierten waren Sulejman Azimov (Sekretrir des usbekischenZentralkomitees), SattyChusainov (Stellvertretender Leiter der Propagandaabteilung des usbekischen Zentralkomi-tees), Tuchtasun DZalalov (Redakteur der usbekischen Tageszeitung Kyzl-Uzbekistan), JunusLatyfov (Mitarbeiter bei Kyzl-Uzbekistan), Gafur Rasulev (Mitarbeiter bei der ZeitschriftMuschtun), Amil' Adylov (SekretZir bei der Zeitschrift Jasch-kuch), sowie Abid Chaschimov(Unterrichtsleiter frir die mittlere Schule). S. Chusainov und J. Latyfov wurden zum Todeverurteilt und erschossen, S. Azimov und T. DZalalov zu zetnJatren Lagerhaft und die ÜUri-gen zu unterschiedlichen Haftstrafen verurteilt, G. Rasulev kam in der Haft ums Leben; vgl.Andrej Artizov u.a. (Hg.), Reabilitacija: Kak eto bylo. Mart 1953-Fevral' 1956 gg. Dokumenty

Kriegsmobilisierung in Usbekistan

Im Einklang mit diesen Maßnahmen und mit neuen, nach dem deutschenÜberfall erlassenen sowjetischen Arbeitergesetzen verschärfte sich die Kon-trolle über Arbeitskräfte und Bevölkerung. Bei sechstägiger Arbeitswochewurde die Arbeitszeit auf bis zu 55 Stunden erhöht. Gleichzeitig wurdendrakonische Strafen eingeführt: Ein Dekret vom Dezember 1941 erklärte alleArbeitqr der Verteidigungsindustrie für >einberufen< und band sie somit fürdie Kriägszeit an ihre Arbeitsstellen. Das Verlassen des Arbeitsplatzes konntemit bis zu acht Jahren Haft geahndet werden. Die Arbeitsgesetzgebung wurdesukzessive verschärft und führte zur Inhaftierung von Tausenden von usbeki-schen Arbeitern.3z Den Höhepunkt formulierte das Dekret 227 vom Juli t942,das Arbeiter schon bei kleinsten Vergehen, wie z.B. einer Verspätung, als>Deserteure< stigmatisierte, und forderte, dass diese vor dem Militärtribunalzu verurteilen seien.33

Der Traum der usbekischen Parteiführung von der schnellen Überwindungder >Rückständigkeit< Usbekistans erfüllte sich nicht. 1943 brach die usbeki-sche Landwirtschaft vollends zusammen. Die meisten jungen Männer wurdenin die Armee eingezogen oder wanderten in die Stadte ab, wo besser bezahlteArbeit zu finden war.3a Im Baumwollsektor verringerten sich zwischen 1941und 1943 die genutzten Anbauflächen um ein Viertel und der Ertrag der Baum-wolle sogar um die Hälfte.35 Gleich zeitig wurde die Landwirtschaft dadurchbeeinträchtigt, dass die Mehrheit der Nutztiere und die meisten motorisiertenGeräte von der Armee konfisziert worden waren. Die knappen Nahrungsratio-nen zwangen die Bevölkerung darüber hinaus, Nutztiere zu schlachten oderzu stehlen.36 Im Ergebnis führte dies zukatastrophalenZuständen: Aus einemDekret des usbekischen Zentralkomitees vom 20.Mai l9M geht hervor, dass

sich die Viehbestände in der Provinz Namangan im Laufe von 1943 auf 45Vo

des Vorkriegsniveaus verringerten, in der Provinz Samarkand sogar auf nur307o.37

Während die Landwirtschaft kollabierte, war die politische Elite in Usbekis-tan mit der prognostizierten Industrialisierung erfolgreicher. John Barber undMark Harrison haben herausgearbeitet, dass viele Regionen der sowjetischen

Prezidiuma CK KPSS i drugie materialy, Moskau 2000, S. 18O-181, hier S. 180.

Berichte der Kommission fiir Parteikontrolle der All-Unions Kommunistischen Partei (B),13.10.19W,in: Rossijskij Gosudarstvennyj Archiv Novej5ej Istorii (RGANI), fond 6, opis'6,delo 1522, Bl. l5-18.N. Vert/S.V. Mironenko (Hg.), Massovyerepressii v SSSR, Moskau2004, S.411-414 und44H48.; vgl. auch Barber/Flarrison, The Soviet Home Front, S. 62f. und 163-L69. Barberund Harrison schätzen, dass auf Grund des Dekretes vom Dezember l94l j?ihrlich bis zu einerMillion Arbeiter verurteilt wurden; ebd., S. 164.

Protokoll aus dem Organisationsbüro des Zentrakomitees der All-Unions KommunistischenPartei (B), 06.03.1944, in: Rossijskij Gosudarstvennyj Archiv Social'no-Politöeskoj Istorii(RGASPI), f. 17, o. 116, d. 148, B1.2.Ebd., Bl. 1.

Ebd., 81. 5.

Dekret des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei(B) Usbekistans, 20.05.1944, in:RGASPI, f . t7 , op. 44, d. 1544, Bl. 128-130, hier Bl. 128.

30

32

33

3t

35

36

37

290 29r

Claus Bech Hansen

Heimatfront im Zuge des Krieges zum ersten Mal mit großer industriellerProduktion in Berührung kamen.38 Usbekistan bildete in dieser Hinsicht keineAusnatrme. Um den Ansprüchen der großindustriellen Produktion gerecht zuwerden, musste das Zentrum nicht nur massiv in den Aufbau von Industrie,sondern auch in die Schaffung einer leistungsfiihigen Infrastruktur investie-ren.3e Diese lnvestitionen blieben nicht ohne Wirkung: Die Stahlproduktionwurde im Laufe des Krieges verdoppelt, die Strom- und Bergbauproduktionverdreifacht, die Ölförderung fast vervierfacht, wdhrend die Gasförderungsogar um das Zehnfache wuchs.ao

Die Engpässe auf dem Lande bewirkten jedoch verhängnisvolle Zuständein den Städten und Industri ezentren. Ein Evakuierter erinnert sich, dass es

auf den Märkten in Taschkent zwar Lebensmittel im Überfluss gab, aber zuPreisen, die niemand bezahlen konnte. Der Markt hatte, wie Rebecca Manleyes auf den Punkt bringt, den Staat als Versorger der Bevölkerung ersetzt.al Someldete V. Tätarince% ein Vertreter der Kommission für Parteikontrolle, anGeorgij Malenkov, dass ein Großteil der Arbeiter in den Städten an Unterer-nährung leide und Krankheitssymptome wie Avitaminose, Dystrophie oderPellagra aufweise.a2

Die industrielle Produktion wurde darüber hinaus noch aus anderen Grün-den beeinträchtigt. Bereits im Winter 1942 musste die Parteiführung den Be-trieb einiger Fabriken und Produktionsanlagen aufgrund von Energiemangelreduzieren. Die Heiz- und Stromkraftwerke mussten häufig wegen fehlenderKohle ihre Arbeit einstellen.a3 Teilweise wurde die Stromversorgung für dieArbeiterunterkünfte in Thschkent gar für längere Zeit ganzeingestellt.4 DasZentrum versuchte, die Probleme durch Investitionen in Wasser- und Kohle-kraftwerke zu beheben.a5 Die finanziellen Zuwendungen erfolgten allerdingszu spät, um die kritische Lag e zu verbessern und die Überforderung derWirtschaft und die Überbelastung der Arbeiter nr verringern.

Wenn ein Staat nicht im Stande ist, seiner Bevölkerung ein Minimuman Versorgungssicherheit nr garantieren, zerfallen die Strukturen der Staats-gewalt. Das war ein Prozess, der sich wdhrend des Krieges in Usbekistanverstärkte und der die Bevölkerung zwang, jenseits des Staates alternativeÜberlebensmethoden zu entwickeln. Ein blühender Schwarzmarkt entstand,

38 Barber/llarrison, The Soviet Home Front, S. 127-132.39 Während des Krieges wurden ungefähr eine Billiarde Rubel in den Ausbau von Industrie und

Infrastruktur in Usbekistan investiert; vgl. Turnusov, Usman Jusupov, S. 166.

40 Gosudarstvennyj komitet SSSR po statistike (Hg.), Narodnoe Chozjajstvo SSSR v VelikojOtechestvennoj Vojne, 194l-1945 gg. Statisticheskij sbornik, Moskau 1990, 5.47,54 und 56.

4l Rebecca Manley, To the Tashkent Station. Evacuation and Survival in the Soviet Union at War,194I-1946, Ithaca}W, S. 166.

42 Sekretariat des Zentralkomitees der All-Unions Kommunistischen Partei (B),25.04.1945, in:RGASPI, f . l'l , op. 122, d. 110, Bl. 7.

43 In Taschkent musste die Produktion jede Woche ftir einen ganzen Tag eingestellt werden; vgl.Turnuso% Usman Jusupov, S. 171.

44 Ebd., 5.282.45 Ebd., S. 166.

292

Kriegsmobilisierung in Usbekistan

Diebstahl und Lebensmittelbetrug nahmen drastisch zu. Diese alarrnierendeBilanz zog Usman Jusupov vor dem versammelten zehnten Plenurn des us-bekischen Zentralkomitees im April 1944 und rief dazu auf, die Arbeit zvintensivieren, uffi eine Verbesserung der Lage herbeizuführen.46

Die Moskauer Führung wusste um die kargen Lebensumstände der sowje-tischeq Bevölkerung, blieb aber dabei, die Produktivitat durch Repressionund Tehor steigern zu wollen. Als die Zwangsmobilisierung \943 nicht dieerwarteten Resultate etzielte, wurde das repressive Vorgehen einfach wei-ter verschärft. Die Stalin-Führung deutete den Misserfolg als Beleg für die>schlechte< Arbeit der regionalen und lokalen Parteieliten und für eine unzu-reichende Bekämpfung von >>faulen Bauern und Arbeitem<<, >>Deserteuren<<

und >>Feind en r.47 Im März 1943 befahl Stalin Usman Jusupov sogar, >>zur

Abschreckung fünfzig Menschen auf >außergerichtlichem Wege< erschießenzu lassen..48. So natrm die Unterdrückungspolitik - nicht nur in Usbekistan -in allen Bereichen der Gesellschaft und der Wirtschaft zu; niemand konntesich dieser Politik entziehen - nicht einmal die usbekische Führung.

Stalin hat durch die Großen Säuberungen Ende der 1930er Jahre eine neue

Elite geschaffen, die ihm aufgrund ihres Aufstiegs besonders loyal verbundengewesen war.4e Insbesondere in den Republiken zählte Stalin auf die Leuteseines Patronagenetzes, die in Grundfragen mit der Führung übereinstimmtenund Stalins Führungsanspruch akzeptierten.)u Der Diktator manipulierte die-ses Patronagenetzwerk vor allem durch Unberechenbarkeit. Jedem einzelnenMitglied war bewusst, dass die eigene Position von der Gnade des Diktatorsabhing, die jedem jederzeit wieder entzogen werden konnte.5l Obwohl Stalinselbst das Prinzip des Personenverbandsstaates in der Sowjetunion befestigthatte, stand er dieseni Prinzip dennoch zutiefst misstrauisch gegenüber undsetzte daher ein verzweigtes System von Informanten ein, die das Zentntm

46 Stenogramm des 10. Plenums des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei (B) Usbe-kistans, 26.-28.4.1944, in: RGASPI, f. 17, op. M, d. 1539, 81.259-262; vgl. allgemein überLebensmittelversorgung und Schwazmarkt William Moskoff, The Bread of Affliction. TheFood supply in the USSR during World War II, New York 1990, S. 171-184.

47 Bericht der Kommission ftir Parteikontrolle der All-Unions Kommunistischen Partei (B),13.10.lg*, in: RGANI, f. 6, op. 6, d. 1522, Bl. 15-18.

48 Jörg Baberowski, Verbrannte Erde. Stalins Herrschaft der Gewalt, München20lZ, S. 445.

49 Sheila Fitzpatrick, Stalin and the Making of a new Elite, in: Slavic Review 38 (1979), H. 3,5.377402, hier 5.377.

50 Das war in Usbekistan nicht anders als in Lrningrad; vgl. Ganzenmüller, Mobilisierungsdikta-tur, S. 128, der eine relative Entscheidungsautonomie der Leningrader Fühmng feststellt; fürUsbekistan lässt sich dies nur in Detailfragen feststellen, wie unten gezeigt wird.

51 Thomas H. Rigby, Political Elites in the USSR. Central Leaders and Local Cadres fromLenin to Gorbachev, Aldershot 1990, S. 75; sowie Gorlizki/Chlevniuk, Cold Peace, S. 165.Diese Machtausübung wurde von den regionalen Parteiftihrern übernommen. So wurde auchdas Patronagenetzwerk auf allen Ebenen der Sowjetunion reproduziert; vgl. Gerald Easter,Reconstructing the State. Personal Networks and Elite Identity in Soviet Russia, Cambridge2000, S. 39. In Usbekistan war der Personenverband von Clanstrukturen geprägl, die in dieParteistruktur integriert wurden; vgl. Donald S. Carlisle, The Uzbek Power Elite. Politburo andSecretariat (1938-83), in: Central Asian Survey 5 (1986),H.314, S.9l-132; sowie KathleenB. Carlisle, Clan and Politics in Uzbekistan, PhD, Boston College 2001, S. 104-270.

293

Claus Bech Hansen

kontinuierlich mit Informationen über die Zustände in der Peripherie ver-sorgten. Die Berichte des Entsandten der Kommission für Parteikontrollein Usbekistan, der das Zentrum in Moskau unerbittlich mit Kritik über dieusbekische Parteiarbeit versorgte, dürfte Stalins Misstrauen kaum zerstreuthaben.52 Der Entsandte Kulefeev zeichnete das Bild einer zersffittenen usbe-kischen Elite, deren alltaghche Politik von Intrigen und Streit gesteuert war.An der Spitze dieses streitsüchtigen Systems stehe Usman Jusupov, der wie-derum selber als misstrauisch und von Verfolgungswahn geprägt dargestelltwurde.s3 Die effiziente Ausführung der Politik würde von-Flügelkämpfenuntergraben, teilte Kulefeev dem Leiter des Komitees für Parteikontrolle, A.Andreev, Mitte 1943 mit.sa Als die usbekische Wirtschaft im Laufe des Jahres1943 faktisch kollabierte, erhielt Andreev schließlich im Januar 1944 einenBericht, der die gesamte Parteiorganisation in Usbekistan, allen voran dieParteielite, scharf anklagte. Daraufhin zitierte Andreev Usman Jusupov nachMoskau, uffi ihn ztfi Rede zu stellen.

Jusupov wird der Ernst der Lage bewusst gewesen sein. In seinem Rechen-schaftsbericht wälzte er deshalb jedes Versagen auf die lokalen Parteielitender Provinz- und Bezirksebene ab, die aus seiner Perspektive den Keim derMissstände bildeten. Demnach seien die lokalen Parteizellen für die andauern-den Unzulänglichkeiten in der Landwirtschaft und Industrie verantwonlichru machen. Sie hätten >>Kormption und das Faulenzen<< zugelassen, Schwarz-marktgeschäfte betrieben und in den schlimmsten Fällen >feindliche Elementeund Gesinnungen<< unterstützt.ss Die Moskauer Führung war erbost über dieZustände und tadelte Jusupov scharf. Während der erregten Sitzung im Orga-nisationsbüro des Zentralkomitees fragte der Leiter der politischen Abteilungder Roten Armee, A. Söerbakov, wütend: >>Genosse Jusupo% wollen Sie indiesen schwerenZeiten für das Land Armee und Volk wirklich ohne Hosenlassen?!..56 Anschließend hatte Stalin auf seiner Datscha eine weitere Unter-redung mit Jusupov, bei der er den Ernst der Lage noch einmal persönlichunterstrich.sT

Diese Art der Einschüchterung im direkten Kontakt bildete den Kern derstalinistischen Mobilisierungsdiktatur und war darüber hinaus überhaupt

56

57

294

Vgl. z.B. die Berichte der Kommission für Parteikontrolle der All-Unions KommunistischenPartei (B),7.7.1941,24.1.1942,20.6.1943,10.1.1944, in: RGANI, f. 6, op. 6, d. 667,81.5-26und 4l-52;f.6,op. 6, d. 668, Bl. 1-15; sowie f. 6, op. 6, d. 670,F.1.2-20.RGANI, f. 6, op. 6, d. 668, Bl. 15.

Ebd.

Sekretariat des Zentralkomitees der All-Unions Kommunistischen Partei (B), 6.3. L9M, in:RGASPI,f. 17, op. 116, d. 148, Bl. 1-7; vgl. auch das Protokoll aus dem Exekutivbüro desZentralkomitees der Kommunistischen Partei(B) Usbekistans, 20.5.1944, in: RGASPI, f. 17,op. M, d. 1544, Bl. 58f.; sowie das Protokoll aus dem Exekutivbüro des Zentralkomiteesder Kommunistischen Partei(B) Usbekistans, 19.3.19M, in: RGASPI, f . 17, op.44, d. 1542,Bl. 100.

Nuriddin Muchitdino% Reka vremeni. Ot Stalina do Gorbaöeva. Vospominanija, Moskau 1995,s. 107.

Ebd.

Kriegsmobilisierung in Usbekistan

ein zentrales Element der Herrschaftsausübung unter Stalin. Im direktenKontakt erzwang das Zentrum Unterstützung und Gefolgschaft - so auch hierder usbekischen Führung. Jusupov kannte sehr wohl das Schicksal seinesVorgängers Akmal Ikramov, der mitsamt der damaligen usbekischen FührungLg{7 dän Großen Säuberungen zum Opfer gefallen war.58 [Jm sich alsoweiter$in der Gnade des Diktators zu versichern, musste die usbekische Elitebei de'r Implementierung und Aufrechterhaltung der KriegsmobilisierungHöchstleistungen erbringen.

Das Organisationsbüro entließ den usbekischen Ersten Sekretär mit einerstrengen Verwarnung, und Jusupov war klar, dass sein Schicksal an einemdünnen Faden hing. Das darauffolgende Dekret des Zentralkomitees gab dieUnterredung irn Organisationsbüro wieder. Der usbekischen Parteielite wurdedie Schuld am Versagen der Mobilisierung zugeschrieben, wobei mit keinemWbrt der Ressourcenmangel oder die Kriegiumstände erwähnt wurden.5e

Stattdessen betonte das Dekret, dass die usbekischen Staatsorgane kaumnoch Zugriffsmöglichkeiten hätten, insbesondere in den ländlichen Gegenden.

Schwund und Diebstahl seien rasant angestiegen, die Bewässerung der Feldersei nicht effizient genug erfolgt und motorisiertes Gerät nicht einges etzt oder

repariert worden. Die Arbeitskraft in den Kolchosen sei falsch eingesetzt unddie Bezahlung gesetzeswidrig vorgenommen worden. Schließlich sei durchillegale Besclilignahmungen sogar die Viehzucht zusammengebrochen.60

Um die Kontrolle über die Wirtschaft wiederzuerlangen, setzte die us-

bekische Führung auf eine Intensivierung der Repressalien und führte diebisherige Mobilisierung erbarmungslos fort. Damit folgte sie der Logik, dievom Zentrum ausging. 1943 hatten die rigiden Arbeitsgesetze zwar schon

zu einer Verurteilung von über 20.000 Arbeitern geführt. Statt aber die Be-dingungen der Arbeiter zv verbessern, teilte Jusupov der Staatsanwaltschaftder UdSSR im September 1944 mit, dass die usbekischen Instanzen weitere42.47 0 >Deserteurb. abgeurteilt hätten.6 1

Während also die Bevölkerung regelrecht gezwungen wurde, ihren Einsatz

für die Produktion zu erhöhen, intensivierte die usbekische Parteiführungparallel den Kampf gegen lokale Parteileiter. In Andijon etwa wurde dielokale Parteielite abgesetzt. Ihnen warf das Exekutivorgan des usbekischenZentrakomitees, das ispolbjuro, vor, sie sei nicht im Stande, die Arbeiter zu

mobilisieren, und würde dies vor den übergeordneten Parteiinstanzen verber-gen.62 Hir andere Regionen stellte das ispolbjuro heraus, lokale Parteiführerhätten die Arbeit in den Kolchosen dadurch sabotiert, dass sie entweder die

Akmal Ikramov wurde zusarnmen mit Fajsualla ChodZajev 1937 verhaftet und in den Mos-kauer Schauprozessen 1938 zum Tode verurteilt; vgl. Robert Conquest, The Great Terror. AReassessment, London 2008, S. 341-398.Sekretariat des Zentralkomitees der All-Unions Kommunistischen Partei (B), 06.03.1944, in:RGASPI,f. 17, op. 116, d. 148, Bl. l-:7.Ebd., Bl. 3.

Berichte der Kommission fiir Parteikontrolle der All-Unions Kommunistischen Partei (B),13.10.1944, in: RGANI, f. 6, op. 6, d. 1522,, B1. t5-18.Protokoll aus dem Exekutivbüro des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei (B) Usbe-kistans, 16.9.1944, in: RGASPI, f. 17, op. 44, d. 1547 , B1. 191.

53

54

55 58

606l

62

295

i''

i,":

i

il.'

i';'j'ii

L:tE:;l

iiitttxll!,:?i:1Fi,

$i:

$i

Claus Bech Hansen

Gehälter und Nahrungsrationen gar nicht oder falsch ausgehändigt hätten.So würden nicht nur keine >>höheren Leistungen der Kolchosniki gefordeft,sondern stattdessen die Desorganisation der Arbeit< erreicht.63 Da s ispotbjttroreagierte mit entsprechend >>harten Maßnahmen<<, uffi die Situation zu bewälti-gen: >Sünder sind von ihrer Position ru nehmen, aus der Partei auszuschließenünd vor Gericht zubringell.<(64 Mit dieser Anweisung schickte das ispolbjuroBrigaden ins ganze Land, um die Disziplin in der lokalen Parteiarbeit und inden Kolchosen wiederherzustellen und die Abgaben einzutreiben.65

Selbst die Evakuierten konnten sich vor den Maßnahmen des Regimesnicht sicher fühlen. Kurz nach dem Beginn der Massenevakuierung Rich-tung Usbekistan begann die usbekische Fühmng, >>sozial schädliche<< undandere >>ungewünschte Elemente<< unter den Evakuierten zu suchen.66 ImNovember 194L verabschiedete das usbekische Zentralkomitee ein Dekretzur Ausweisung illegaler Flüchtlinge aus Thschkent in andere Provinzenoderin Kolchosen. Die Polizei ftihrte Razzien auf Mäirkten, in Theatern und Parksdurch.67 Polizeibrigaden und sogenan nte Troiki durchkämmten Häuser nachillegalen Flüchtlingen. Deborah Averbuch, die illegal nach Täschkent gekom-men wff, erinnert sic!, dass sie aus Furcht vor den Razzien jeden Tag dasWohnheim wechselte.6s

Das verschZirfte Vorgehen auf allen Ebenen der Gesellschaft hatte fataleFolgen. Zwar stieg die Produktion 1944, doch vollzog sie sich zu Lasten derBevölkerung. Der Lebensstandard in der Peripherie fiel durch die Nachfragedes politischen Zentrums nach Agrar- und Industriegütern auf einen neuenTiefpunkt. Das lag nicht zuletzt daran, dass die Bauern auch dieBneugnissevon ihren privaten Anbauflächen aushändigen mussten, die sie eigentlich fürdas eigene Überleben benötigten. Anfang 1944 informierte InnenministerLavrentij Berija Stalin darüber, dass die Bauern Usbekistans, insbesondere imFerghanatal, hungerten. Gerade in diesen fruchtbarsten Regionen Usbekistanswar ein Großteil der Kolchosen inzwischen von Hilfsgütern abhängig, diezum Überleben dennoch kaum ausreichten. In Surchan-Darinsk war diJageder Kolchosen noch dramatischer. Dort waren Berija zufolge in etlichenKolchosen Bauern verhungert.6e Immer wieder mussten deshalb Arbeiter

63 Protokoll aus dem Exekutivbüro des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei (B) Usbe-kistans, 16.5.1945, in: RGASPI, f . 17, op. 45, d. 1877,F.1.7.Die Situation war besonders problematisch in der Karakalpakskischen ASSR; vgl. das Proto-koll aus dem Exekutivbtiro des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei(B) Usbekistans,12.10.1944, in: RGASPI, f .17,op.+4,d. 1548, Bl. 59; sowie die Berichte der Kommission fiirPaneikontrolle der All-Unions Kommunistischen Partei (B), 20.6.1943, in: RGANI, f. 6, op. 6,d. 668, Bl. 11.

65 Protokoll aus dem Exekutivbüro des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei(B) Usbe-kistans, t2.1O.1944, in: RGASPI, f . 17, op.44, d. 1548, Bl. 59.

66 Manley, To the Tashkent Station, S. 151.

67 Ebd.

68 Ebd., S. 152.

69 V.A. Kozlov/S.V. Mironenkov (Hg.), >Osobaja Papka< I. V. Stalina.Iz materialov SekretariataNKVD-MVD SSSR 194 | 1953, Katalog dokumentov, Moskau lgg4,5.252-253.

296

Kriegsmobilisieruqg in Usbekistan

aus der Stadt in die Kolchosen gebracht werden, um den Bauern bei derBestellung der Felder zu helfen.7O

In den Städten war die Situation nicht besser. >>Ich werde von Hungergepeinigt, ich kann an nichts anderes denken<<, schrieb Georgij Efron imJanuar 1943.71 In ganz Usbekistan verhungerten Arbeiter und Bauern. DerHunget wq1allgegenwtirtig und führte sogar dazu, dass man Menschenfleischverkatffte.tz Bei den Evakuierten waren es insbesondere Kinder, die unterden Lebensumständen 1itten.73 Gleichzeitig mussten die vielen zurückkehren-den Kriegsinvaliden in die Gesellschaft aufgenommen werd en.74 Aufgrundder mangelnden Versorgung erkrankten und >desertierten< Tausende Arbei-ter. Zugleich konnten die Löhne nicht mit den steigenden Preisen auf demSchwarzmarkt mithalten. Diese Situation erzeugte wiederum Anreize fürkriminelle Bereicherung.Ts

Der fallende Lebensstandard und die gewaltsame >Mobilisierungsdikta-tur< des Krieges vertieften die Kluft zwischen Herrschern und Beherrschtenund verstlirkten die Erosion der Staatsgewalt in der Endphase des Krieges.Hunger und Terror zwangen die Menschen, die staatlichen Regularien undInstitutionen zu umgehen, und es entwickelte sich eine Dynamik, bei der dieBevölkerung neue Spielräume suchte, während der Staat diese immer wiederzu schließen bemüht war. Das Moskauer Zentrum wie auch die usbekischeParteiführung sahen darin lediglich das Werk von >Kriminellen<, >Feinden<

und >Deserteuren<. Der Kampf gegen diese Feinde hungerte das Land weiteraus und zerstörte das Vertrauen der Menschen in die staatlichen Institutionennachhaltig. In der unmittelbaren Nachkriegszeit beschäftigte sich die usbeki-sche Parteielite deshalb vor allem mit der Wiederherstellung von Staatsgewaltund Vertrauen.

70

7l7273

74

75

Protokoll aus dem Exekutivbüro des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei(B) Usbe-kistans, 31.3.1944, in: RGASPI, f. 17 , op. 44, d. 1542, Bl. 183.

Manle5 To the Tashkent Station, S. 166.

Kozlov/lVlironenkov, >>Osobaja Papka<<, S. 100.

Vgl. Manley, To the Tashkent Station, S. 166.

Protokoll aus dem Exekutivbüro des Zentralkomitees der Kommunistischen Parte(B) Usbekist-ans, 10.4.1944, in: RGASPI, f . Ll, op. 44, d. 1543, Bl.2l-24. Ende 1943 waren über 10.000Kriegsinvaliden in Taschkent angekonunen, von ihnen hatten die meisten weder Wohnraumnoch eine Arbeitsstelle.So natrm die Staatspolizei Anfang 1944 >Spekulanten<< aus Thschkent fest, die über 2,5Millionen Rubel sowie ausländische W?ihrungen bei sich trugen; vgl. KozlovÄvfironenkov,>Osobaja Papka<, S. 168.

297

Claus Bech Hansen

Nachkrieg sgesellschaft und beschränkte Staatlichkeit

Der Zweite Weltkrieg und die stalinistische >Mobilisierungsdiktatur< hat-ten verheerende Konsequenzen sowohl für die Bevölkerung als auch fürdie Wirtschaft der usbekischen Sowjetrepublik. Wie bereits bei der Kriegs-mobilisierung scheute die Moskauer Führung auch bei dem notwendigenWiederaufbau nicht vor repressiven Maßnahmen zurück. Anfang Juli 1945verabschiedete das Moskauer Zentralkomitee ein Dekret z'rr Wiederherstel-lung des usbekischen Baumwollsektors, demzufolge die Produktion innerhalbvon zweiJahren wieder das Vorkriegsniveau erreichen sollte.76 Das Dekretverordnete, das Tempo in den Rayons und Kolchosen deutlich zu steigernund die Mängel und Fehler der >>Arbeit in den Baumwollgegenden ganz zuerfassen und entscheidend zu korrigieren<<. Schließlich >>müssen wir pausen-los und in vollem Umfang unsere Arbeit im Bezug auf die Entwicklung derBaumwollkultivierung maximieren rr.TT Darüber hinaus sollten die Parteifüh-rer dafür sorgen, dass die Ausbildungsstrukturen erweitert und verbessert,die Arbeiterbrigaden und Maschinen- und Traktorenstationen effizienter wür-den.78 Somit bezeugt das Dekret die dramatische wirtschaftliche NotlageUsbekistans in der Nachkriegszeit.

Parallel zum Aufbau der Baumwollproduktion bekämpfte die regionaleParteielite erbittert die Kluft, die sich zwischen Staat und Gesellschaft wäh-rend des Krieges weiter aufgetan hatte. Vor allem in den ländlichen Gebietenwar den staatlichen Institutionen der Zugnff auf die Kolchosen entglitten.Während des Krieges hatten viele Bauern das Kolchosland für ihr eigenesÜberleben genutzt, sodass die Abliefemngen an den Staat rapide gesunkenwaren.Te In der unmittelbaren Nachkri egszeit wurde die Situation in Usbe-kistan mehrmals von der Zentrale kritisiert, obwohl die lokalen Eliten daranarbeiteten, das Land zurück'zugewinnen. In der Andijon-Region allein wurdeim Laufe des Jatres 1946 7.000 Hektar >>illegal kultiviertes<< Kolchoslandsichergestellt.80 Dennoch brachte ein Bericht der Kommission für Parteikon-trolle Anfang 1947 zum Ausdruck, dass der Zugnff der Machthaber auf Güterin den ländlichen Gebieten vor ihren Augen verloren ginge. Kolchosnikikultivierten weiterhin illegal Flächen, sie veruntreuten öffentliche Gelder oderbauten Häuser ohne Zulassung.8l

78

Tursunov, Usman lusupov, Bd. 3, S. 31.

Ebd., S. 12; vgl. auch das Dekret zumWiederaufbau zurWeiterentwicklung des Baumwoll-sektors in Usbekistan vom Rat der Volkskommissare der Sowjetunion, 14.7.1945, in: GARF,f .5446, op.47, d. 1625,F1.225-269.Brief an das Sekretariat des Zentralkomitees der All-Unions Kommunistischen Partei (B),27.6.1945, in: GARF, f. 5446, op. 47, d. 1625,81.224.

79 Jean Ldvesque, Exile and Discipline. The June 1948 Campaign against Collective Farm

81

298

Shirkers, Pittsburgh 2006, S. 6.

Bericht an das Sekretariat des Zentralkomitees der All-Unions Kommunistischen Partei (B),3.2.L947, in: RGASPI, f . L7, op. L22, d.209,81.227-228.Brief an das Sekretariat des Zentralkomitees der All-Unions Kommunistischen Partei (B),

76

77

Kriegsmobilisierung in Usbekistan

Während des Krieges hatten Diebstahl und Schwund in allen Bereichender usbekischen Gesellschaft zugenommen.s2 Diese Entwicklung wurde vonder 1947 in der Sowjetunion einsetzenden Hungersnot zusätzlich verstärkt.Wie bereits zu Kriegszeiten brachte die Parteiführung wenig Verständnisfür die Leiden der Menschen auf. Im Juni 1947 verordnete das MoskauerZenffalkomitee drakonische Strafen für die Entwendung öffentlicher Güter.83In Badmwolllagern in Chiva, Buchara und Täschkent deckten die Inspekteuredes Ministeriums für Staatskontrolle (Goskontol) Betrugs- und Komrptions-delikte auf.8a In den Textilfabriken war die Situation nicht besser. So wurdeetwa in Andrjon das mysteriöse Verschwinden von Baumwolle allein mit demHinweis auf die schlechte Ausbildung der Mitarbeiter und ein fehlerhaftesVerständnis der sowjetischen Gesetze begründet, das von einer Mentalitatvon >>du rührst mich nicht an und ich dich nicht< geprägt sei.85 Ganz ähnlichwurde die Situation im volkseigenen Baumwollbetrieb gedeutet, in dem derDirektor Schwindler am Werk sah, die in das System eingedrungen seien.86

Wie zu Kriegszeiten wurden die Schuldigen vor allem in den Reihen derParteifunktionäre ausfindig gemacht. Ende 1945 führte Goskontrol eine Über-prüfung der eigenen Regionalstelle in Usbekistan durch. Das Ergebnis fassteder usbekische Minister für Staatskontrolle, I. Julda5ev, mit deutlichen Wortenzusarnmen: >>G oskontrol istin der Peripherie schwach.<.87 Das Ministeriumhabe nicht verrnocht, die Verteilung der Produkte zu verbessern und dieArbeit der anderen Ministerien wirksam zv überprüfen. Julda5ev sah darindie Arbeit von >>Betrügern und Verbrechern<<, die während des Krieges inverschiedene staatliche Organisationen eingedrungen seien.88 In Usbekis-tan war nach dem Ikieg die beschränkte Staatlichkeit anhand der fehlendenZugriffsmöglichkeiten staatlicher Kontrollorgane deutlich erkennbar.

82

83

85

86

87

3.1.1947, in: RGASPI, f . 17, op. 122, d.223,B1. t2-2I.Das Politbüro diskutierte L945 und 1946 mehrmals Diebstahl und Verbrechen in Usbekistan;vgl. etwa Kozlov/lVlironenkov, >Osobaja Papk&<<, S. 100f. und 144; Juliane Fürst hat zu Rechtangemerkt, dass der Versuch, Recht und Ordnung in der Nachkriegszeit wiederherzustellen,das sowjetische System institutionell überdehnt hat; dies., Introduction. Late Stalinist So-ciety, History, Policies and People, in: dies. (Hg.), Late Stalinist Russia. Society betweenReconstruction and Reinvention, Abingdon20A6, S. 1-13, hier S. 7.

Das Dekret vorn Juni 1947 sah Strafen zwischen zehn und fünfundzwanzig Jahren Haft beiwiederholtem Diebstahl von Staatseigentum vor; vgl. Peter H. Solomon, Soviet CriminalJustice under Stalin, Cambridge 1996, S. 413.

Ftir das Beispiel Chiva vgl. Lagerkommission des volkseigenen Baumwollbetriebs in Chiva,10.10. L947 , in: GARF, f. 8300, op. 29, d. I42, BI. 19-26 und 34-37 ; zu den Lagerkommissio-nen der volkseigenen Baumwollbetriebe in Thschkent und Buchara vgl. GARF, f. 8300, op.29,d. 143, Bl. 65-68 und 85.

Erkllirung an das Ministerium fiir Staatskontrolle der Sowjetunion,01.08.1948, in: GARF,f. 8300, op. 29, d. 140, Bl. 24127, hier Bl. 26.Ebd., Bl. 30-31.Stenogramm der Sitzung der Direktion des Ministeriums für Staatskontrolle der Sowjetunion,2.7 .1946, in: GARF, f. 8300, op. 2, d. 207 , Bl. 232.

Ebd., 81.275.88

299

Claus Bech Hansen

Wie die Deutungsmuster der Machthaber blieben auch deren Praktikennach Kriegsende unverändert. Bei der Suche nach Verantwortlichen befandman hauptsächlich die Kolchosvorsitzenden wegen >>fehlender Disziplin< fürschuldig. Bis zum Frühjahr 1949 hatte die usbekische Elite 1.500 Kolchosvor-sitzende ausgetauscht, >>oft gegen den Willen der Kolchosniki<<8e. Diebstahlund Betrug bestrafte das Regime gnadenlos.eo Die lokalen Parteieliten fielendem Chaos der Nachkriegsgesellschaft ebenfalls zum Opfer. In Usbekistanwurden über 100 regionale Leiter in einer Säuberungswelle, die über dieganze Sowjetunion hinwegfegte, aus ihren Positionen entlassen. Erneut konn-te sich auch die oberste usbekische Parteiführung nicht sicher fühlen. Alsbekannt wurde, dass die usbekische Baumwollproduktion 1947 nicht wie imPlan vorgesehen das Vorkriegsniveau erreicht hatte, wurde Usman Jusupovwieder nach Moskau beordert und abermals einer Loyalitätsprüfung unterzo-gen. Wieder gelang ihm der Balanceakt von Kritik und Selbstkritik. Wenigererfolgreich verteidigte sich der zweite SekretZir des usbekischen Zentralkomi-tees, I, Lomakin, dem die Fehler für den stockenden Wiederaufbau angelastetwurden. Er wurde seines Postens enthoben undauf eine bedeutungslose Stelleder Moskauer Parteibürokratie versetzt.e I

Fazit

Die Mobilisierung in Usbekistan fand während des Zweiterr Weltkrieges un-ter den Bedingungen beschränkter Staatlichkeit statt, die die Zugriffs- undKontrollmöglichkeiten lirnitierte. Die stalinistische >Mobilisierungsdiktatur<setzte in der Krisensituation auf schonungslose Maßnahmen, um aus derPeripherie die Ressourcen zu gewinnen, die es beanspruchte. Das MoskauerZentrum wandte folglich etablierte Praktiken von Zwang, Unterdrückung,Einschüchterung und Gewalt an, die Bevölkerung wie Parteielite gleichenna-ßen trafen. Die usbekische Führung gab die gnadenlosen Direktiven Moskausweiter, sodass Tausende entweder in I agern und Geftingnissen endeten oderaufgrund der Kampagnen zvr Eintreibung von Ressourcen verhungerten.

Diese Art der Machtausübung der stalinistischen Führung war mörderischund forderte Millionen Opfea zugleich aber war sie zweckrational in Bezugauf den Machterhalt des Despoten. Stalin verstand Gewalt als legitimes Mittel

89 Brief an den Repräsentanten des Zentralkomitees der All-Unions Kommunistischen Partei (B)in Usbekistan, o.D. [Juni 1950], in: RGASPI, f.574, op. l, d. 9, Bl. 149-154, hier Bl. 149; zujenem Zeitpunkt gab es knapp über 6.000 Kolchosen in Usbekistan.

90 Erklärung an das Ministerium ftir Staatskontrolle der Sowjetunion, 16.1.1949, in: GARF,f. 8300, op. 29, d. l4I, Bl. 22.

9l Vgl. das Dekret des Zentralkomitees, 03.02.1948, in: V.V Denisov (Hg.), CK VKP(b) iregional'nye partijnye komitety, Moskau 200y'., S. 106-108. Bis 1949 wurden knapp 600führende Parteifunktion?ire auf der regionalen und kommunalen Ebene abgesetzt; vgl. auchRGASPI, f. 574,op. l, d. 24,8L 123.

300

Kriegsmobilisierung in Usbekistan

zur Ausführung seiner Politik und erst unter Berücksichtigung dieser spe-zifischen Gegebenheit lässt sich die stalinistische >Mobilisierungsdiktatur<versteh en.ez Die Entwicklung der Kriegsmobilisierung in Usbekistan zeigt,dass die Herrschaft Stalins keineswegs die beschränkte Staatlichkeit in Usbe-kistan überwand, sondern sogar noch vertiefte. Dennoch wurde die Positiondes Hqprschers dadurch nicht geftihrdet. Die mörderischen Praktiken, die zvrKriegsinobilisierung einges etzt wurden, waren somit ein integraler Bestand-teil stalinistischen Machterhalts und im Hinblick auf dieses Ziel durchauserfolgreich. Stalins Sowjetunion steht damit in einer Reihe anderer Staaten,die vor keinem Mittel zurückscheuen, die Machtpolitik auf Kosten der eigenenBevölkerung auszuüben. Einzig vor diesem Hintergrund sind die ungeheurenLeistungen und Opfer der sowjetischen Bevölkerung während des ZweitenWeltkrieges zu begreifen.

92 Zum kulturellen Ursprung der Gewalt vgl. Baberowski, Der rote Terror, S. 7-16.

301