Wald und Waldnutzung am Kaiserstuhl in alamannischer Zeit

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LANDESDENKMALAMT BADEN-WÜRTTEMBERG BAREARA SASSE Ein frühmittelalterliches Reihengräberfeld bei Eichstetten am Kaiserstuhl Mit Beiträgen von KURT W. ALT, BARBARA HOLLACK, HANS-JÜRGEN HUNDT, MANFRED KUNTER, ELISABETH NUBER, MANFRED RÖSCH, WERNERVACH und GARY WHITE 2001 KOMMISSIONSVERLAG · KONRAD THEISS VERLAG · STUTTGART

Transcript of Wald und Waldnutzung am Kaiserstuhl in alamannischer Zeit

LANDESDENKMALAMT BADEN-WÜRTTEMBERG

BAREARA SASSE

Ein frühmittelalterliches Reihengräberfeld bei Eichstetten am Kaiserstuhl

Mit Beiträgen von KURT W. ALT, BARBARA HOLLACK,

HANS-JÜRGEN HUNDT, MANFRED KUNTER, ELISABETH NUBER, MANFRED RÖSCH,

WERNERVACH und GARY WHITE

2001

KOMMISSIONSVERLAG · KONRAD THEISS VERLAG · STUTTGART

1 1.1 1.2 1.2.1 1.2.2 1.3 1.4

2. 2.1 2.2

3. 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.1.5 3.1.6 3.2 3.3 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 3.4.5 3.4.6 3.5 3.6 3.7 3.7.1 3.7.1.1 3.7.1.2 3.7.1.3 3.7.1.4 3.7.2 3.7.2.1 3.7.2.2 3.7.2.3 3.7.2.4 3.7.3 3.7.4 3.8 3.8.1 3.8.2

Inhalt

Einleitung ................................................... . Methodische Vorbemerkungen .................................. . Zur Fundgeschichte und Topographie ............................ . Friedhofsgrenzen, Störungen, Nachbestattungen und Überschneidungen .. Zur Struktur der Belegung ..................................... . Zur Verteilung von Männer-, Frauen- und Kindergräbern ........... . Übersicht über den Belegungsablauf ............................. .

Zum Bestattungsbrauch ....................................... . Grabanlagen ................................................. . Kreisgräben ................................................. .

Die Funde .................................................. . Perlen ...................................................... . Das Material ................................................. . Die Farben .................................................. . Die Formen ................................................. . Die Techniken .... . ............... . .......................... . Die Verzierungsmuster ........................................ . Chronologisch aussagefähige Perlentypen ........................ . Nadeln ..................................................... . Ohrringe .................................................... . Fibeln ...................................................... . Bügelfibeln .................................................. . Die Vogelfibel ............................................... . DieS-Fibel .................................................. . Scheibenfibeln ............................................... . Preßblechfibeln .............................................. . Die ,.Ringfibel" .............................................. . Der Armring ................................................ . Fingerringe .................................................. . Riemenschnallen und -beschläge ................................ . Frauengürtel ................................................ . Eisenschnallen ............................................... . Bronzeschnallen ............................................. . Schnallen mit Lasche oder Beschlag ............................. . Riemenzungen vom Gürtel oder Gürtelgehänge ................... . Männergürtel ................................................ . Eisenschnallen ............................................... . Schnallen aus Bunt- und Edelmetall ............................. . Saxgürtelgarnituren ........................................... . Spathagarnituren ............................................. . Die Wadenbindengarnitur ..................................... . Schuhgarnituren ............................................. . Waffen ..................................................... . Spathen ..................................................... . Saxe ........................................................ .

11 11 11 13 15 16 16

17 17 20

22 22 24 27 31 37 38 41 46 47 48 49 51 51 51 53 56 57 57 57 57 59 60 60 61 61 63 64 66 73 75 76 79 79 82

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3.8.3 3.8.4 3.8.5 3.8.6 3.9 3.10 3.10.1 3.10.2 3.11 3.11.1 3.11.2 3.11.3 3.11.4 3.11.5 3.11.6 3.12

3.13 3.13.1 3.13.2 3.13.3 3.13.4 3.13.5 3.13.6 3.14 3.15

4. 4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5 4.3

Äxte ............. -~ ........................................ . Lanzen .. .. ................... ... ........... . ...... . ... .. .. . . Pfeile ...................................... · · ·. · · · · · · · · · · · · · · Schilde ...................................................... . Reitzubehör ................................................. . Taschen und Gehänge ... . ..................................... . Taschen in Männergräbern ..................................... . Gürtelgehänge der Frauen ........................ . ............ . Geräte .. ... .................... .. ........... ·· .... ··········· Messer ...................................................... . Feuerstähle und -steine ........................................ . Pfrieme, Ahlen und Nägel ..................................... . Kämme .......... .. ...... .. ..... . ..... ... ................... . Tonwirtel ....... .. ................... . .. . ................... . Sonstige Geräte .............................................. . Gegenstände von Amulett- und Symbolcharakter, Antiquitäten, Münzen (mit einer Tabelle von Elisabeth Nuber) .... . ............. . Gefäße ..................................................... . Reduzierend gebrannte, scheibengedrehte Knickwandgefäße ........... . Rauhwandige, doppelkonische Gefäße ........................... . Beutelartige Gefäße ... ...... ......................... ..... .... . Grobe Wölbtöpfe ............................................ . Kugelige Töpfe .. ...... ... .. ................................. . Gläser ............................................. ....... .. . Tierbeigaben ................................................ . Holzreste (nach einer Untersuchung von M. Schneider) ............ .

Ergebnisse ..................... .. .................. ...... ... . Verteilung der Ausstattungsstücke auf das Sterbealter .............. . Ausstattungsstücke der Frauengräber ............................ . Ausstattungsstücke der Männergräber ................... .... .. .. . Ausstattungsstücke ausMänner-und Frauengräbern ............... . Chronologische Gliederung der Funde und Belegungsablauf ........ . Belegungschronologische Ergebnisse ............................ . Seriation der Perlen ........................................... . Seriation des Saxensembles .............. ....... ........... .. ... . Stratigraphien ................................................ . Überlegungen zum Belegungsablauf .... .. .... ............. ..... . . Die Chronologie von Eichstetten im regionalen und überregionalen Rahmen .................................................... .

88 89 90 91 92 92 92 95 98 98 99

100 100 101 102

102 106 108 109 109 110 111 111 111 112

113 113 113 115 120 120 122 126 129 130 132

133 4.4 Demographische Beobachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 4.5 Sozialgeschichtliche Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 4.6 Handel und Kulturkontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 4.7 Zum Beitrag des Friedhofs zur Vorstellungswelt der

Merowingerzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

5. Listen ....................................... . ............... 148 5.1 Liste 1: die Typen der Perlengruppen

(kursiv neue Typen, fett Leittypen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 5.2 Liste 2: Leitformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 5.3 Liste 3: datierte Gräber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

6. Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

7. Katalog . . . . . . . . . . . . . . ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 7.1 Einführung...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 7.2 Katalog der Grabfunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 7.3 Streufunde und nicht zuweisbare Funde .......................... 231 7.4 Anhang zum Katalog .......................................... 231

Tafeln .............................................................. 241

Farbtafeln 381

Karten ............................................................. 389

Beiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439

Die menschlichen Skelettreste aus dem frühmittelalterlichen Gräberfeld von Eichstetten am Kaiserstuhl Von Barbara Hollack und Manfred Kunter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441

Untersuchungen zur Verwandtschaftsstruktur der merowingerzeitlichen Bevölkerung von Eichstetten am Kaiserstuhl Von Kurt W. Alt und WernerVach ............................... 475

Die Tierknochen Von Gary White

Wald und Waldnutzung am Kaiserstuhl in alamannischer Zeit

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Von Manfred Rösch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 645

Die Textilreste Von Hans-Jürgen Hundt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649

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Wald und Waldnutzung am Kaiserstuhl in alamannischer Zeie

Manfred Rösch

Einleitung

An Holzresten aus dem alamannischen Gräberfeld vom Wannenberg bei Eichstetten, Kreis Breisgau­Hochschwarzwald, wurden holzanatomische Artbe­stimmungen vorgenommen (Ausführung: M. Schnei­der). Es handelte sich durchweg um bearbeitete Holz­teile (Griffe von Waffen, Reste von Spathascheiden u.ä.), die durch die Einwirkung von Metallsalzen er­halten geblieben waren. Dies und vor allem die Tatsa­che, daß die Funde zum Zeitpunkt der Bestimmung be­reits konserviert waren, erschwerte die Untersuchung und ermöglichte trotz Einsatz eines Auflichtmikro­skops in vielen Fällen kein sicheres Bestimmungs­ergebnis (vgl. auch B. Sasse-Kunst S. 112 in diesem Band). Holzbestimmungen aus archäologischem Kontext er­lauben nur eingeschränkt Aussagen über frühere Be­waldungsverhältnisse, da man, besonders bei Nutzhöl­zern, von einer geziehen Selektion ausgehen muß. Sie sind eigentlich nur in Zusammenschau mit Pollenana­lysen sinnvoll interpretierbar. Im Fall Eichstetten kommt als zusätzliche Einschränkung die geringe Stückzahl der untersuchten Funde (36 Stück) und der große Anteil nicht bestimmbarer Hölzer (36,1 %) hin­zu. Seitens der Pollenanalyse ist der Kenntnisstand für die südliche Oberrheinebene außerdem als ausgespro­chen schlecht zu bezeichnen. Die vorliegenden Unter­suchungen stammen durchweg aus den dreißiger Jah­ren (Sleumer 1934, Oberdorfer 1937a u. b, Hatt 1937). Der darauf fußende Kenntnisstand wurde von Firbas (1952, 43 ff.) zusammengefaßt. Dort ist auch die einzi­ge holzanalytische Untersuchung aus dem Gebiet (Breisach, Müller-Stoll1937) eingearbeitet. Pollenana­lysen in der Oberrheinebene selbst werden durch die Seltenheit geeigneter Ablagerungen erschwert. Wie je­doch Kalis (1978), Hölzer (1987) und insbesondere Grosse-Brauckmann (1978) zeigen konnten, spiegelt sich die Vegetation der Rheinebene auch als Pollen­fernflug in den Kammlagen von Schwarzwald und Vo­gesen wider. Deshalb liefert uns das etwa 15km in ost­südöstlicher Richtung von Eichstetten entfernte, in fast 1 OOOm Höhe gelegene Pollenprofil von Breitnau-Neu­hof (Rösch 1989) zusätzliche Informationen zur Wald­geschichte der Breisgauer Bucht. Der Vergleich der dort radiometrisch auf 1590±40 BP (d.h. 380-560 n.Chr.) datierten Pollenzone mit den Ergebnissen von

Schloss (1979, Anhang Pollenprofile SI-3 und SIV-3) zeigt, daß die Verhältnisse in der Breisgauer Bucht wohl für weite Teile der südlichen Oberrheinebene zu­treffen.

Zum Naturraum

Eichstetten liegt am Ostrand des Kaiserstuhls, der hier zur Freiburger Bucht abfällt. Die Fundstelle Wannen­berg befindet sich etwa 1 km nördlich der Ortslage im Bereich der lößbedeckten Plattenlandschaft, die von Wasenweiler bis Bahlingen reicht (Schrepper 1933). Die geologischen Verhältnisse sind der Geologischen Karte von Freiburg i.Br. und Umgebung (Groschopf u.a. 1981) zu entnehmen: Die Hänge des Kaiserstuhls bedecken hier mächtige Lößauflagen. Daran schließen holozäne Talfüllungen der Dreisam- und Glotterrinne an, zwischen denen sich südlich von Nimburg eine löß­bedeckte Scholle erstreckt. Diese Rinnen sind in würmzeitliche Niederterrassenschotter eingetieft, die weiter östlich und südlich großflächig anstehen. Es handelt sich in diesem Gebiet um Schwarzwaldschot­ter. Die südliche Oberrheinebene gehört, bedingt durch die geringe Höhe und die relativ südliche geo­graphische Lage, zu den wärmsten und trockensten Landschaften Mitteleuropas. Die Temperaturen liegen im Mittel über das ganze Jahr bei 10 Grad, im Januar über 0 Grad, im Juli bei 20 Grad und darüber. Bedingt durch den Regenschatten der Vogesen und den Schwarzwaldstau steigen die Niederschläge von weni­ger als 500mm im Jahr bei Colmar auf rund 900mm in Freiburg. Eichstetten selbst hat etwa 800mm Jahres­niederschlag (0. Wilmanns, schriftliche Mitteilung). Die Vegetation und Geomorphologie dieser seit der Bandkeramik besiedelten Landschaft ist in starkem Maße vom Menschen geprägt. Diese Tatsache und der oben erwähnte Forschungsstand erschwerten die Re­konstruktion der potentiellen natürlichen und der ur­sprünglichen Vegetation, und entsprechend konträr sind daher auch die Meinungen dazu. Insbesondere ist man sich nicht einig, welche Rolle die Buche auf den Lößhügeln und auf der Niederterrasse spielte.

* Das Manuskript wurde am 20.7.1989 eingereicht.

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Die Holzbestimmungen

Die Holzreste stammen von verschiedenen Bestandtei­len der Waffen aus den Gräbern (zur Ansprache der Waffenteile vgl. Sasse-Kunst S. 79ff. in diesem Band). Ohne Differenzierung nach einzelnen Werkstücken sieht das Ergebnis der Bestimmung folgendermaßen aus:

Taxon Stück

J uglans regia 12 Ainus sp. 3 Fagus sylvatica 3 Acer sp. 2 Fraxinus excelsior 2 cf. Abies alba Pomoideae

Quercus sp. Salix sp. Tiliasp. indet. 15

%

44,4 11,1 11,1 7,4 7,4 3,7 3,7

3,7 3,7 3,7 35,7

Holzart

Walnuß Erle Rotbuche Ahorn Esche Weißtanne Kernobst-gewächs Eiche Weide Linde unbestimmbar

Wie bereits angedeutet, ist der hohe Anteil unbe­stimmbarer Holzreste vor allem auf die Tatsache zurückzuführen, daß die Holzreste bereits in konser­viertem Zustand zur Bestimmung übergeben wurden. Wegen der anzunehmenden geziehen Auswahl der Holzarten für die Werkstücke und wegen der geringen bestimmten Stückzahl gibt uns diese Statistik keine Auskunft über das Waldbild der Umgebung von Eich­stetten in merowingischer Zeit. Deshalb soll versucht werden, das Waldbild aus den pollenanalytischen Un­tersuchungen zu erschließen und dann zu fragen, wel­che Holzarten vor Ort zur Verfügung standen, und welche aus größerer Entfernung und woher beschafft werden mußten.

Das Waldbild aufgrund von Pollenanalysen

Die großen frühmittelalterlichen Rodungen im Gebiet fallen ins 5. Jahrhundert. Sie stellen einen ganz ent­scheidenden landschaftsgeschichtlichen Einschnitt dar. Zuvor kann man von relativ geschlossener Bewaldung nicht nur im Schwarzwald, sondern auch im östlichen Teil der Rheinebene ausgehen. In welchem Umfang in der Vorhügelzone nach dem Abzug der Römer Besied­lungskontinuität bestand und die Landschaft offen ge­halten wurde, ist noch ungeklärt. Die Waldvegetation im 5. Jahrhundert kann man in ganz groben Zügen et­wa folgendermaßen beschreiben: Die Westabdachung des Schwarzwaldes war mit Buchen-Tannen-Wäldern bestockt, die überwiegend lößbedeckte Vorbergzone und die Hänge des Kaiserstuhls wohl mit Buchen­mischwäldern, die einen mehr oder weniger hohen An-

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teil an Eichen und anderen Laubhölzern hatten. Auch auf der Niederterrasse spielte die Buche sicherlich eine nicht unbedeutende Rolle, wenngleich hier zusammen mit anderen Holzarten, vor allem der Stieleiche. Zu­mindest außerhalb des hohen Schwarzwaldes dürften die Wälder überwiegend nicht mehr ursprünglich ge­wesen sein, sondern es dürfte sich vor allem um durch­gewachsene Nieder- oder Mittelwälder oder gar um Sekundärwälder auf ehemals offenen Flächen gehan­delt haben. Die syntaxonomische Zuordnung dieser Wälder (Fagion sylvaticae, Carpinion betuli oder gar Quereion robori-petraeae) scheint uns in diesem Zu­sammenhang mehr von akademischem Interesse zu sein. Mit Sicherheit weitgehend buchenfrei waren le­diglich die in die Niederterrasse eingetieften, hochwas­sergefährdeten Rinnen, wo neben Weichholz-Auen­wäldern vor allem Hartholz-Auenwälder mit Eschen, Ulmen, Schwarzerlen und Stieleichen stockten. Im Zuge der frühmittelalterlichen Rodungen wurden nun alle diese Wälder in beträchtlichemUmfangdurch Rodungen dezimiert oder, soweit sie erhalten blieben, in ihrem Bestand und der Artenzusammensetzung stark verändert. In der Rheinebene und in der Vor­bergzone stand dabei die Ausstockung zum Gewinn landwirtschaftlicher Flächen im Vordergrund, wovon zunächst nur die hochwassergefährdete Weichholz­und tiefergelegene Hartholzaue halbwegs verschont blieben. Im Mittelgebirge machte sich ein durch die Umwandlung von sehr naturnahen in wirtschaftlich genutzte Wälder bedingter Bestandsumbau stärker als Ausstockungen bemerkbar. Dabei wurde durch plen­ternde Nutzung und andererseits bevorzugte Ent­nahme von Buchenholz, das als Grundstoff zur Holzkohlegewinnung zum wichtigsten Energieträ­ger des Mittelalters wurde, die Tanne stark auf Kosten der Buche gefördert (Schloss 1979, Pollenprofile SI-3 und SIV-3, Beginn von Zone X nach Firbas). Die Holzfunde von Eichstetten sind auch ein Dokument dieser frühmittelalterlichen Rodungen und Waldnut­zung. Die am häufigsten nachgewiesene Holzart, die Walnuß Quglans regia), wurde nun aber in dieser Beschreibung der Wälder gar nicht erwähnt, und dies mit gutem Grund, weil nämlich die Walnuß in den hiesigen Wäl­dern nicht heimisch ist, sondern vermutlich erst von den Römern als Kulturpflanze in unser Land einge­führt wurde. Dabei wurde die Kultur des Nußbaumes nicht unbedingt sofort von den Alamannen übernom­men und nahtlos fortgesetzt, sondern der Nußbaum kann sich auch in der Hartholzaue oder in anderen feuchten, nährstoffreichen Waldgesellschaften als ver­wilderte Nebenboizart behauptet haben, wo er dann durch Sammler genutzt wurde. Für diese Deutung spricht auch die allgemeine Beobachtung, daß offenbar

die gesamte hochentwickelte römische Obstbauktiltur von den Germanen zunächst nicht übernommen wur­de. Das harte, feinfaserige und schön gezeichnete Holz des Nußbaumes gilt heute als das wertvollste aller ein­heimischen Holzarten (Hegi 1981). Mit jeweils drei Nachweisen liegen Rotbuche und Er­le an zweiter Stelle der Häufigkeit. Sie konnten wohl in der unmittelbaren Umgebung gewonnen werden, sind jedoch andererseits als qualitativ minderwertig einzu­stufen. Erlenholz ist weich, wenig haltbar und springt leicht beim Trocknen, gilt aber als sehr dauerhaft in be­ständiger Feuchtigkeit. Buchenholz ist zwar hart, aber besonders bei Witterungseinflüssen wenig haltbar. Laut Hegi ist es wegen des starken Schwundes und dem Hang zum Reißen für Gebrauchsgegenstände, bei de­nen die Qualität des Holzes eine Rolle spielt, nur be­dingt verwendbar. Mit jeweils zwei Nachweisen folgen Esche und Ahorn. Während die Herkunft des Eschenholzes aus den na­hegelegenen Hartholzauen vorausgesetzt werden darf, ist die Herkunft des Ahornholzes schwieriger zu re­konstruieren, da mindestens drei Arten in Frage kom­men: Feldahorn (Acer campestre), Spitzahorn (Acer platanoides) und Bergahorn (Acer pseudoplatanus). Feldahorn könnte aus der Hartholzaue oder auch aus den Laubmischwäldern auf Löß stammen, auch wenn diese bereits stark anthropogen verändert waren, denn der raschwüchsige und leicht ausschlagende Feldahorn kann sich auch in Niederwäldern oder Feldgehölzen behaupten. Spitzahorn wäre ebenfalls in der Bart­holzaue zu suchen. Bergahorn hätte man wohl eher über größere Entfernungen aus den Bergmischwäldern des Schwarzwaldes antransportieren müssen. Das Holz der Ahornarten ist hart, elastisch, feinporig und gut polierbar, jedoch wenig widerstandsfähig gegen Feuchtigkeit. Es eignet sich besonders für hölzerne Ge­fäße . Eschenholz ist hart und schwer, langfaserig und elastisch, für vielerlei Werkstücke und Geräte geeignet und ein entsprechend wertvolles Nutzholz. Von den jeweils einmal nachgewiesenen Holzarten war Weidenholz wohl in der nahen Aue verfügbar. Wei­denholz ist weich, wenig dauerhaft und kein gutes Werkholz. Ähnliche Eigenschaften hat Lindenholz, das allerdings als besonders geeignet für die Holz­schnitzerei gilt. Die Winterlinde gehört in die Eichen­Hainbuchenwälder des Kaiserstuhls, besonders auf schuttreichen Stellhängen (Wilmanns, schriftl. Mitt.).

Sie war aber nach Ausweis der Pollenanalyse nicht mehr allzu häufig. Hartes und durchaus für Gerätschaften geeignetes Holz bieten dagegen die Kernobstgewächse. Hier kommen neben Apfel, Birne, Quitte und anderen vor allem Arten der Gattung Sorbus (u.a. Eberesche) in Frage. Über den möglichen Standort läßt sich bei die­ser Vielfalt nichts aussagen, nicht einmal darüber, ob das Holz von einem wildwachsenden oder von einem kultivierten Obstbaum stammt. Das Holz der Eichen ist besonders hart, schwer und dauerhaft, wird aber normalerweise mehr für größere Bauteile als für Kleingeräte verwendet. Stiel- und Trau­beneiche (Quercus robur und Q. petraea) waren da­mals in der Rheinebene sowohl in der Hartholzaue, als auch auf der Niederterrasse, auf Löß und in der Vor­bergzone neben der Buche die wichtigsten Holzarten. Auf klimatisch besonders begünstigten Standorten in der Vorbergzone ist darüber hinaus mit dem Vorkom­men der Flaumeiche (Quercus pubescens) zu rechnen, die holzanatomisch nicht unterschieden werden kann. Tannenholz ist weich, leicht, glatt und leicht zu spalten. Außer zu Bauzwecken wurde und wird es häufig für Schindeln, Faßdauben (Behre 1983, 109) und ähnliches verwendet. Die Tanne fehlte wohl in der Rheinebene und war in der Vorbergzone selten, dagegen im Schwarzwald sehr häufig. Bezieht man die Untersuchungen von Müller-Stoll aus Breisach mit in die Auswertung ein, so kann man fest­halten, daß die alamannische Bevölkerung am Kaiser­stuhl für die hölzernen Teile ihrer Waffen Material aus der näheren und weiteren Umgebung verwendete, und zwar lassen sich folgende Standorte feststellen:

Obstbäume (auch wild oder verwildert) Weichholzaue Hartholzaue Niederterrasse, Löß, Vorbergzone Schwarzwald

13,2% 0,5%

23,7% 33,2% 29,5%

Bei dieser Statistik wurden Birke, Erle, Esche " Linde, Hartriegel, sowie Eiche und Ahorn zur Hälfte zur Hartholzaue gerechnet, Buche, sowie Eiche und Ahorn zur Hälfte zu Niederterrasse/LößNorbergzo­ne. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß ausschließlich die lokalen und regionalen Holzres­sourcen genutzt wurden, und daß Hinweise auf Ver­wendung importierter Hölzer fehlen.

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Behre 1983

Firbas 1949/52

Groschopf u.a. 1977

Grosse-Brauckmann 1978

Hatt 1937

Hegi 1937ff

Hölzer/Hölzer 1987

Kalis 1979

Müller-Stoll1936

Oberdorfer 1937a

Oberdorfer 1937b

Rösch 1989

Schloss 1979

Sleumer 1933

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Literatur

K.-E. Behre, Ernährung und Umwelt der wikingerzeitlichen Siedlung Haithabu. Ausgr. Haithabu 8 (Neumünster 1983).

F. Firbas, Waldgeschichte Mitteleuropas. 2 Bde. Oena 1949/52).

R. Groschopf u.a., Erläuterungen zur Geologischen Karte Freiburg im Breisgau und Umgebung 1:50000. Geol. Landesamt Baden-Württemberg (Hrsg.) (Stuttgart 1977).

G. Grosse-Brauckmann, Absolute jährliche Pollenniederschlagsmengen an verschiedenen Beobachtungs­orten in der Bundesrepublik Deutschland. Flora 167,1978,209-247.

J.-P. Hatt, Contribution a l'analyse pollinique des tourbieres du Nord de Ia France. Bull. Sercive Carte Geol. Alsace et Lorraine 4, 1937, 1-79.

G. Hegi, Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 7 Bde.2 (München 1937).

A. Hölzer/A. Hölzer, Paläoökologische Moor-Untersuchungen an der Hornisgrinde im Nordschwarzwald. Carolinea 45, 1987, 43-50.

A. J. Kalis, Ergebnisse pollenanalytischer und vegetationskundlieber Untersuchungen zur holozänen Wald­geschichte derwestlichen Hochvogesen (Frankreich). Ber. Int. Symp. Int. Ver. Vegetationskde. 1978,263-268.

W. R. Müller-Stoll, Untersuchungen urgeschichtlicher Holzreste nebst Anleitung zu ihrer Bestimmung. Prähist. Zeitschr. 27, 1936, 3-57.

E. Oberdorfer, Zur spät- und nacheiszeitlichen Vegetationsgeschichte des Oberelsasses und der Vogesen. Zeitschr. Botanik 30, 1937,513-572.

E. Oberdorfer, Vegetationskarte von Baden. Badischer Heimatatlas (1937).

M. Rösch, Pollenprofil Breitnau-Neuhof: Zum zeitlichen Verlauf der holozänen Vegetationsentwicklung im südlichen Schwarzwald. Carolinea 47 (im Druck).

S. Schloss, Pollenanalytische und stratigraphische Untersuchungen im Sewensee. Diss. Bot. 52 (1979).

H. Sleumer: Die Pflanzenwelt des Kaiserstuhls. In: Der Kaiserstuhl. (Freiburg 1933) 158-268.