Stojanov 2009 giand tortoise Tenevo

15
1661-5468 VOL. 28, N° 2, 2009

Transcript of Stojanov 2009 giand tortoise Tenevo

1661-5468

VOL. 28, N° 2, 2009

ISSN 0253-6730

1 NationalesNaturhistorischesMuseum,BulgarischeAkademiederWissenschaften,Sofia(NMNHS–BAS),Bul.„TsarOsvoboditel“1,Sofia–1000Bulgarien.E-mail:[email protected]

I. EINLEITUNG

Objekt der vorliegenden Arbeit ist der erste Fund einer Riesenlandschildkröte auf das Territorium Bulgariens. Die Grossen- bzw. Riesenformen von Landschildkröten sind in der paläeogenen und neogenen Erdgeschichten-chronik fast aller Kontinente (Nord Amerika : Hadria-nus ; Mittel Amerika : Geochelone indet., Monachelys, Chelonoidis ; Süd Amerika : Chelonoidis-Grupp ; Europa : Hadrianus, Cheirogaster, Ergilemys ; Asien : Ergilemys, Kansuchelys, Megalochelys ; Afrika : Gigan-tochersina, Impregnochelys, Centrochelys, Stigmochelys[Lapparent de Broin, 2002] ; West Europa, Nord Ame-rika, Afrika, Asien [Chikvadze, 2000]) vertreten. Die Vergrösserung der Körperdimensionen ist in der Natur ein Modus, das oft beobachtet wurde und sich bei einer ganzen Reihe unabhängigen Evolutionslinien bzw. Gat-tungen der Landschildkröten verfolgen lässt, ohne dabei als ein Beleg für verwandschaftliche phylogenetische Beziehungen aussagekräftig zu sein (Chikvadze, 2000). Das Gigantismus ist bei den Kontinentalen- bzw. Insel-formen als eine Folge der Adaptation der Tiere an die Besonderheiten ihrer Umwelt. Obwohl für das Terziär Eurasiens viele Funde solcher Riesenformen bekannt sind, beinhalten die Funde in den meisten Fällen ver-schiedene Skelettteile oder solche, die keine besondere diagnostische Bedeutung haben. Das erschwert in hohem

Grade sowohl die richtige Klassifizierung des Materi-als, als auch die endgültige Antwort auf die Frage der Entstehung und der Verbreitungswellen dieser Formen in Eurasien bzw. Afrika. Für die zusätzliche Komplika-tion dieses Problems spielt das Vorhandensein von vielen intermediären Merkmalen der Funde eine gewisse Rolle (s. StaeSChe etal., 2007).Wenn wir von den Lebensbedingungen und der zir-kumtropischen Verbreitung der grossen Landschild-kröten-Formen unserer Zeit ausgehen, könnten die Riesenfossilformen mit einem hohen Grade an Sicherheit als Indikatoren für die paläoökologische Situation ihrer Verbreitungsgebiete dienen. Das oben Gesagte bestimmt die Wichtigkeit des jedem neuen Fundes einer Riesenlandschildkröten-Form als ein zusätliches Kettenglied unserer Kenntnisse über diese Reptiliengruppe. Von daher kommt auch die grosse Bedeutung der Entdeckung einer Riesenform in Bulga-rien - vor allem für die Balkanregion - wo sie die Lücke zwischen den Fundstellen solcher Formen in der Türkei bzw. Griechenland schliesst. Aus rein bulgarischer Sicht, gewinnt der Fund an Bedeutung nicht nur, weil das bis-lang der erste und einzige Fund einer Riesenlandschild-kröte im Lande bleibt, sondern auch weil es sich dabei um eins der grössten Tiere überhaupt handelt, die je ent-deckt wurden.Zusätzlich als eine Erweiterung des Bildes der in Bul-

RevuedePaléobiologie, Genève(décembre 2009) 28 (2) : 457-470

Erster Nachweis einer Riesenlandschildkröte (Geochelone s.l. Gray, 1872) aus Bulgarien

Andrei STOjANOV1

ZusammenfassungEs werden die fossilen Überreste der bis dato einzigen Riesenlandschildkröte aus Bulgarien beschrieben. Die Frage der Gattungszugehörigkeit wird diskutiert. Es werden auch alle in Bulgarien gefundenen fossilen Schildkrötenüberreste, die schon publiziert wurden, kurz präsentiert.

Schlüsselbegriffe Riesenlandschildkröte, Geochelone s.l., Terziär, Bulgarien.

AbstractFirst record of a giant tortoise (Geochelone s.l. Gray, 1872) from Bulgaria. – The fossil rests of a first giant tortoise from Bulgaria were described. The genus attribution was discussed. All fossil records of turtles from Bulgaria were presented in brief.

Key wordsGiant tortoise, Geochelone s.l., Tertiary, Bulgaria.

458 A. STOjANOV

garien gefundenen Vertreter dieser Reptilien-Gruppe, geben wir ein Verzeichnis von allen bisdato publizierten Funden fossiler Schildkröten. Die Funde aus dem Quartär – es handelt sich praktisch bei allen um Testudo sp. cf. graeca/hermanni – beste-hen aus einzelnen, fragmentierten Teilen des Thekals-keletts, sowie aus verschiedenen Bruchteilen der langen Extremitätenknochen (Boev – Pers. Mitt). Alle andere Fossilien sind als Terziärfunde datiert und stammen aus verschiedenen Zeitabschnitten dieser Periode wie folgt :Art : Trionyx(Amyda)capelliniibulgaricus – Nationales Naturhistorisches Museum - Sofia (NMNHS – BAS) - Inv. N° 12 107Material : der grösste Teil der OberpanzerschaleFundort : Nikolaevo Region Haskovo (S-Bulgarien)Alter : Priabon – EozänDaten : khoSatzky etal. (1983)

Art : Testudo(Protestudo)sp. – (NMNHS – BAS) - Inv. N° 12 106Material : erhalten ist der fast ganze, von dem Fossilisa-tionsprozes deformierte KnochenpanzerFundort : Oranovo Region Blagoevgrad (SW-Bulgarien)Alter : OligozänDaten : MLynarSki & BeSChkow (1985)

Art : Trionyx sp. (Das Material wird im Museum der Paläontologie und Geologie an der Sofioter Universität aufbewahrt. Es ist keine Inv. N° angegeben).Material : grosser Teil des KarapaxesFundort : village Sinagovtzi (Vidin – NW-Bulgarien)Alter : MiozänDaten : paMouktChiev etal. (1998)

Art : Chelonia fam. indet.Material : Daten fehlenFundort : Stadt SofiaAlter : Pliozän (Early Ruscinian)Daten : Boev (2000)

Art : large terrestrial tortoise (Chelonia)Material : das Material ist uns nicht bekanntFundort : Pliocene cave in Sarmatian limestones – 1 km. SE of village Muselievo (N-Bulgarien)Alter : Pliozän (Middle Ruscinian)Daten : Boev (2001)

Art : Testudo (Protestudo) sp.Inv. N° K-498 ; Testudocf.antiqueInv. N° K-496 ; Testudo sp.Inv. N° K-499 ; Tes-tudo sp.Inv. N° K1-2-495 ; Clemmydopsiscf. sopronensis Inv. N° K-497 (Alle Materialien im Naturhistorischen Museum Assenovgrad – Filiale des NMNHS – BAS)Material : 1 Humerus und 4 relativ gut erhaltene Kno-chenpanzerFundort : Dorf Kalimantzi (SW-Bulgarien)Alter : Spätes MiozänDaten : kovaChev (2005)

Art : Testudosp. cf.graeca/hermanniMaterial : einzelne Schildchen aus dem Plastron bzw. Karapax, sowie einige Extremitätenknochen ;Fundort : die Umgebung von Varschetz – Region Mon-tana (NW-Bulgarien)Alter : spätes PliozänDaten : Z. Boev - mündliche Mitteilung

Art : Protestudosp.Material : ein ganzer Panzer, der vor 20 jahren für eine präziesere Bestimmung nach Georgien geschickt wurdeFundort : unbekanntAlter : TerziärDaten : mündliche Mitteilug von Z. Boev

Die Mehrheit der oben benannten Materialien kennen wir nur aus der jeweiligen Literaturquelle, so dass wir uns hier nicht über die Richtigkeit der Daten äussern wollen, obwohl dabei stellenweise Fehler und Unstimmigkeiten auftreten (z.B. Chelonia fam. indet. bzw. large terrestrial tortoise [Chelonia] etc.)

II. MATERIAL UND METHODEN

Die fossilen Überreste einer Riesenlandschildkröte wur-den in (NMNHS – BAS) im April 2001 eingeliefert. Das Material befand sich seit mehr als 25 jahren in einer Auf-bewahrungskammer des Museums in jambol (SO-Bul-garien) und wurde 2001 dem NMNHS - BAS für weitere Aufbewahrung bzw. Bestimmung übergeben. Es besteht aus 64 einzelnen Teilen des Thekalskeletts des Tieres. Es sind keine Extremitäten-, Gürtel-, Wirbel-, Schädel-knochen oder Osteoliten präsent. Ebenfalls fehlen Kno-chenschilder des Panzers, die völlig unversehrt geblieben sind. Die Mehrzahl der Fragmente sind Bruchteile von verschiedenen Panzerplatten, die weder genau bestimmt noch restauriert werden können. Deswegen werden bei der Beschreibung des Materials nur die Teile des Pan-zers, die wir mit einiger Sicherheit definieren konnten, in Betracht gezogen und diskutiert. Es ist wichtig zu sagen, dass unsere Bemühungen die genaue Fundstelle des Fos-sils zu ermitteln, fehlschlugen. Im Museum in jambol gab es keinerlei Hinweise darüber wer, wann und wo die Überreste gefunden hat. Da es zur Zeit in Bulgarien keine andere Möglichkeit (ausser die Erdschichten geochro-nologisch zu datieren, wo das Fossil gefunden wurde) existiert, das Alter des Fundes zu bestimmen, erschwerte diese Wissenslücke die weitere Arbeit erheblich. Die aus der auf den Bruchplatten klebende Sedimentmatrix gewonnenen Proben, konnten leider auch nicht weiter helfen, weil sie nur transitive Taxa (Sporen, Samen) bein-halteten. Unsere Recherchen bezüglich des Fundortes geben uns Anlass zu glauben, dass die Überreste aus einem Sand-steinbruch in der Nähe von jambol (Dorf Tenevo oder Dorf Gen. Inzovo) stammen. Die Argumente dafür geben

Erster Nachweis einer Riesenlandschildkröte (Geochelone s.l. Gray, 1872) aus Bulgarien 459

wir in dem nachstehenden Kapitel „Fundstelle des Fos-sils“. Um die theoretische Panzergrösse zu schätzen sind wir folgendermassen vorgegangen :- wir haben die am besten erhaltenen Schilder des Fos-

sils mit den gleichen Schildern rezenter Vertreter der Gattungen Testudo LinnaeuS,1758 und Geochelone(Stigmochelys Gray, 1873), sowie ihr Verhältnis zu der gesamten Panzerlänge des jeweiligen Exemplars vergliechen

- wir haben unsere Daten mit den Daten aus der uns zur Verfügung stehenden Literaturverglichen

Alle beschriebene Teile des Fossils wurden beidseitig fotografiert und mit einer Schublehre vermessen.

III. FUNDSTELLE DES FOSSILS

Wie schon erwähnt fehlen jegliche genaue Daten dar-über, woher das Material herstammt, was die geochro-nologische Datierung des Fundes sehr schwierig macht. Ein Schema bzw. Fotografien, die die Überreste (in situ) zeigen, sind ebenfalls nicht vorhanden. Das hätte die Bestimmung bzw. Zugehörigkeit der schlecht erhaltenen Überreste zu einem oder anderen Teil des Panzerske-letts enorm erleichtert. Die grosse Aufbewahrungsdauer des Fossils (über 25 jahre) ohne, dass jegliche Untersu-chungsversuche in diese Richtung unternommen wurden, schliesst die Aktualisierung solcher Daten praktisch aus. Das macht unsere Argumentierung, dass die Überreste aus einem der beiden Sandsteinbrüchen in der Nähe von jambol (Dorf Tenevo bzw. Dorf Gen. Insovo) stammen, noch wichtiger :1. Abgesehen von einem Fundort mit quartärem Alter,

stammen praktisch alle Fossilmaterialien im Museum (jambol) von diesen Steinbrüchen. Unsere Recher-chen vor Ort haben ergeben, dass keine Information vorliegt, dass das Museum irgendwelche Fossilmate-rialien aus einem anderen Fundort in der Umgebung bzw. aus einem anderen Teil des Landes bekommen hat.

2. Das Alter der Steinbruchschichten wurde als Pliozän (Ruscinium – MN 14, MN 15) bestimmt (SpaSSov & GeraadS, 2007). Erdschichten mit einem gleichen geochronologischen Alter sind aus dem benachbarten Griechenland - Megalo Emvolo (Karaburun) bekannt (BaChMayer et.al., 1980). Sie beinhalten eine sehr ähnliche, in vielen Fällen identische Säugetierfauna (SpaSSov & GeraadS, 2007). In diesem Fundort sind ebenfalls die Überreste einer fossilen Riesen-landschildkröte entdeckt worden (BaChMayer etal., 1980).

3. Die genannte Periode des Pliozäns war die letzte in der Landgeschichte Bulgariens, in der für solche Riesenlandschildkrötenformen günstige Existenzbe-dingungen vorhanden waren. Das Klima war feucht und warm und die Landschaft hatte damals stellen-

weise einen offenen, savanenähnlichen Charakter mit einzelnen Gebüsch bzw. Baumgruppen (popov et al., 2007). Die Lebensverhältnisse der rezenten Riesenformen der Landschildkröten sehen vieler-orts sehr ähnlich aus. Da diese grossen Tiere nur bei einem sub- bzw. tropischen Klima existieren könnten (wegen ihren Ausmasse konnten sich die Tiere nicht unter die Erde vergraben und so eine kühlere Zeit-periode überstehen), kann man sie als einen sicheren Indikator der jeweiligen Wetterverhältnisse betrach-ten (Chikvadze, 2000 ; SChLeiCh, 1981). Später (Ende des Pliozäns) wurde das Klima allmählich trockener und kühler als eine Vorahnung der drama-tischen Klimaveränderungen wäherend des Quartärs (popov etal., 2007). All das weist darauf hin, dass der Fund entweder aus dieser oder aber aus einer frü-heren Zeitspanne stammen muss. In der Nähe von jambol gibt es keine Steinbrüche, deren Schichten zu einer früheren Periode datiert sind.

4. Nicht an letzter Stelle beweist die Nähe der griechi-schen Fundstelle (Tessaloniki – Megalo Amvolo) indirekt die Verbreitung von Riesenformen in unse-rem Land während des Pliozäns.

IV. SYSTEMATIK

Ordnung Chelonii BronGniart, 1800 (LatreiLLe, 1800)

Unterordnung Cryptodira Cope, 1868Familie Testudinidae BatsChe, 1788Gattung Geochelone s.l. Gray, 1872

V. BESCHREIBUNG DES MATERIALS

Das fossile Material, das in die Sammlung des NMNH – BAS Sofia kam, besteht aus 64 Bruchteilen des Thekal-skeletts einer Riesenlandschildkröte. Es beinhaltet keine Überbleibsel des Extremitäten-, Gürtel-, Wirbelsäule- sowie Schädelskeletts, bzw. Osteoliten. Die Grösse der Knochenreste, sowie der Winkel des Xiphiplastronga-bels von knapp über 120o, sprechen für ein vollständig erwachsenes Exemplar. Dafür spricht noch die Tatsache, dass die Knochennähte an vielen Stellen kaum mehr erkennbar sind. Die massive Struktur und die Dicke der Bruchteile (besonders Xiphiplastron), sowie die leicht nach vorne aufgeworfenen Gabelspitzen der Analia las-sen vermuten, dass es sich um ein Männchen handelt. Da sich die Mehrheit der Überreste in einem sehr schlechten, zerkleinerten Zustand befindet, haben wir nur 13 Schil-derreste fotografisch dokumentiert und beschreiben sie nachstehend. Die Abmessungen der Panzerteile werden tabellarisch dargestellt. Bei jedem Fragment wird auch die entsprechende Inv. N° im NMNHS mit kyrilischen Buchstaben gegeben.

460 A. STOjANOV

Karapaxreste :Fragment N° 1 : Teil von einem Pleural- bzw. zwei Kos-talschilder (aus dem Hornskelett sind Teile von einem Zentral- bzw. zwei Lateralschilder zu erkennen) (яфк 8 [Taf. I : Fig. 1 und Fig. 2]). Der Bruchteil hat eine unre-gelmässige Form. Auf der distalen Fläche sind die aus-gezeichnet erhaltenen Furchen des Hornpanzers sichtbar. Knochennähte sind nicht erkennbar. Auf der glatteren Visceralfläche gibt es einen Knochenkamm (die Stelle wo die Rippe mit dem Karapaxboden verwachsen ist), dessen obere Fläche gebrochen ist. Da ist eine grosse Blutgefässöffnung zu erkennen, die sich auf der gegen-überliegenden Seite des Knochens in mehreren, kleine-ren öffnet.Fragment N° 2 : Das ist wahrscheinlich die Grenzzone zwischen Centralia 4 und 5 d.h. auch Teil von Metaneu-ralia (яфк 24 [Taf. I : Fig. 3 und Fig. 4]). Der Bruchteil hat eine unregelmässige Form. Auf der distalen Fläche ist die Hornfurche zwischen Centralia 4 und 5 gut zu sehen. Auf der visceralen Seite (Zentrum des Knochen-stücks) ist ein Höcker zu erkennen. Im Querschnitt wird der Knochen in Richtung kaudal dünner und in Richtung Centrale 4 dicker.Fragment N° 3 : Bruchteil zweier Peripheralia (Kno-chenpanzer) bzw. Marginalia (Hornpanzer) (яфк 3 [Taf. I : Fig. 5 und Fig. 6]). Der Bruchteil hat eine unregelmäs-sige Form. Innen- bzw. aussenseitig sind die Furchen des Hornpanzers ausgezeichnet erhalten. Charakteristischer-weise verjungt sich die Knochenwand in ihrer Peripherie und verdickt sich stark in die Gegenrichtung. Die Schil-derränder enden gerade und sind nicht aufgeworfen. Da, wo der Knochen gebrochen ist, sind Gefässeeingänge erkennbar. Fragment N° 4 : Rechte Oberschallenseite - Peripheralia 10 und 11 (Knochenpanzer) bzw. Marginalia 9, 10 und 11 (Hornpanzer) (яфк 6 [Taf. II : Fig. 1 und Fig. 2]). Der Bruchteil hat eine unregelmässige Form. Das ist einer der grössten und am besten erhaltenen Teile. Distal sind die Hornfurchen ganz deutlich erkennbar. Die Schilder ver-laufen gerade nach oben, was eventuell auf eine hochge-wölbte Form der Oberschale hinweist. Die Peripherie der Schilder endet gerade und ist nicht aufgeworfen. Visceral sieht man die Hornfurchen und den gut erhaltenen Kno-chenrand über die Hornschilder (dickste Stelle). Bemer-kung : Das ist der Knochen, der sich mit dem Material aus Griechenland am besten vergleichen lässt und zeigt wie gross das Tier war (vom Xiphiplastron abgesehen).Fragment N° 5 : Linke Oberschalenseite – Peripheralia 9 und 10 (Knochenpanzer) bzw. Marginalia 8, 9 und 10 (Hornpanzer) (яфк 5 [Taf. II : Fig. 3 und Fig. 4]). Der Bruchteil hat eine unregelmässige Form. Gut erhalte-ner Teil von der Peripherie der Oberschale : distal bzw. visceral sind die Hornfurchen sehr gut zu sehen. Alles, was über Fragment 4 gesagt wurde – gilt auch für dieses Knochenfragment. Bemerkung : Genau wie beim vori-gen Bruchteil lässt dieses Fragment die Grösse des Tieres vermuten.

Fragment N° 6 : Es handelt sich hier wahrscheinlich um einen Teil eines Pleuralschildes (яфк 4 [Taf. III : Fig. 5 und Fig. 6]). Das Stück besteht aus zwei Teilen, die zusammengeklebt wurden. Es lässt sich nicht sicher sagen aus welchem Teil der oberen Knochenschale das Stück stammt (Pleuralia ?). Visceral ist an einem der Ränder eine deutliche Erhebung erkennbar. Auf der dis-talen Seite ist nur eine Hornfurche ganz am Rand des Bruchstückes sichtbar.Plastronreste :Fragment N° 7 : Wahrscheinlich Teil des Hypoplastrons (яфк 21 [Taf. II : Fig. 5 und Fig. 6]). Der Bruchteil hat eine unregelmässige Form. Das Bruchstück hat zwei ganz verschieden dicke Enden. Visceral ist ausser die Gefäßöffnungen auch eine deutliche Knochengrube zu erkennen. Distal ist eine Hornfurche sichtbar und grobe Struktur aus mehreren Furchen am Aussenrand des Stü-ckes – vermutlich ein Übergang zu einer Knochennaht.Fragment N° 8 : Es lässt sich nicht genau sagen aus welchem Teil der unteren Panzerschalle der Bruchteil stammt (яфк 14 [Taf. III : Fig. 1 und Fig. 2]). Der Bruch-teil hat eine unregelmässige Form. Das Stück besteht aus zwei Teilen, die zusammengeklebt wurden. Distal ist eine Hornfurche gut erkennbar, sowie eine sehr gut auf-bewahrte Furchenstruktur wie bei Fragment 6.Visceral ist die Fläche charakteristisch glatt. Fragment N° 9 : Xiphiplastron (яфк 1 [Taf. III : Fig. 3 und Fig. 4]). Gut erhaltener Hinterteil des Xiphiplastrons. Am besten erhaltener Panzerteil : die massive Knochen-struktur kommt bei diesem Fragment am deutlichsten zum Vorschein, distal sieht man die grobe furchartige Struktur des Gabels. Die mediane Knochennaht deckt sich mit der medianen Hornfurche der Analia. Man sieht wie stark sich die Knochenwand in Richtung Femuralia verjungt. Hervorragend ist der Übergang Anale – Femo-rale (linke Seite) erhalten. Visceral ist sowie das ganze Knochenrelief sehr gut erkennbar, als auch die Abdrücke der Hornplatten. Es sind ebenfalls einige grosse Gefäss-eingänge erkennbar. Bemerkung : Der Übergang Anale – Femorale unterscheidet sich ganz klar von allem, was wir in der Literatur (Fotos bzw. Zeichnungen) überprüft haben – stark gezackter Rand. Völlig verschieden ist auch die Form der Analia (distal) – semilunar, mit einem sehr schmalen Medialteil. Die mediale Hornfurche ist dementsprechend ganz kurz. Bei allen anderen Riesen-landschildkröten aus der Literatur (Fotos bzw. Zeichnun-gen) bleibt diese Form klar romboidal und die mediale Hornfurche der Analia ist viel länger. Fragment N° 10 : Bruchstück vom Hypoplastron bzw. einen kleineren vom Meso- und Hyoplastron präsentiert (яфк 22 [Taf. IV : Fig. 1 und Fig. 2]). Der Bruchteil hat eine unregelmässige Form. Das Stück besteht aus zwei Teilen, die zusammengeklebt wurden (rechte Plastron-seite). Distal sind die gut erhaltenen Hornfurchen an der Grenze der Hyo-, Meso- und Hypoplastron zu sehen. An der Übergangstelle zu der Brücke wird der Knochen deutlich dicker. Die viscerale Fläche ist glatt mit einer

Erster Nachweis einer Riesenlandschildkröte (Geochelone s.l. Gray, 1872) aus Bulgarien 461

grossen Gefässöffnung in der Mitte. Bemerkung : Dieser Bruchteil des Pastrons lässt sehr gut erkennen wie sch-mal die Pectoralia waren.Fragment N° 11 : Marginaler Teil vom Xiphiplastron mit der Grenzlinie zwischen Abdominale und Femurale (яфк 2 [Taf. IV : Fig. 5 und Fig. 6]). Der Bruchteil hat eine unregelmässige Form. Das Stück besteht aus zwei Teilen, die zusammengeklebt wurden (rechte Plastron-seite). Innenseitig (visceral) ist klar der Knochenrand an dieser Stelle, sowie in die Gegenrichtung vom Rand immer dünner werdende Knochenstruktur zu sehen, die in diesem Fall einer Grube ähnelt. Distal am Rand des Bruchstücks ist die Hornfurche zwischen Abdominale und Femurale zu erkennen.Fragment N° 12 : Kleiner marginaler Teil des Hypoplas-trons bzw. Abdominale – Femorale (яфк 64 [Taf. IV : Fig. 7]). Der Bruchteil hat eine unregelmässige Form. Kleier Bruchteil von der Grenzregion zwischen Abdo-

minale – Femorale. Aussenseitig ist ein Teil des Horn-furchen-Bogens gut zu sehen. Auf diesem Stück ist die Struktur der Hornfurche am besten erkennbar - geochelo-noider Typ (SChLeiCh, 1988). Innenseitig ist die Fläche charakteristisch glatt. Am Rande ist eine Gefäßöffnung gut erhalten.Fragment N° 13 : Wahrscheinlich Fragment von der Brü-cke (яфк 18 [Taf. IV : Fig. 3 und Fig. 4]). Bruchteil mit einer unregelmässigen Form. Das Stück ist ohne erhal-tene Peripherie. Distal gibt es einen deutlichen Höcker, wo entsprechend die dickste Stelle ist. Die grobere distale Fläche ist gut von der glatteren, visceralen zu unterschei-den. An den gebrochenen Rändern ist die Knochenstruk-tur bedeutend dünner als an der Höckerstelle.Die Panzergrösse (Karapaxlänge) musste unserer Schät-zung nach ca. 150 – 200 cm oder darüber betragen haben, was für eine wahrscheinliche Panzerbreite von über 1 m spricht.

Tabelle 1 : Messdaten der fossilen Überreste der Riesenlandschildkröte (Geochelone s.l.) aus Bulgarien in cm. Table 1 : The measurements of a giant tortoise (Geochelone s.l.) from Bulgaria in cm.

Fragment N° Abmessungen des Fragments1. Inv. N° : яфк 8 (Taf. I : Fig.1 und Fig.2) Maximale Breite : 17,04

Maximale Länge : 14,75 Dicke der Knochenwand : 2,14 Maximale Dicke (Knochenkamm) : 2,9 Breite der Hornfurche : 0,47

2. Inv. N° : яфк 24 (Taf. I : Fig.3 und Fig.4) Maximale Breite : 18,96 Maximale Länge (Diagonale) : 19,08 Dicke der Knochenwand : 2,25 Maximale Dicke : 4,40 Breite der Hornfurche : 0,84

3. Inv. N° : яфк 3 (Taf. I : Fig.5 und Fig.6) Maximale Breite : 15,00 Maximale Höhe : 23,65 Höhe des Hornschildes (Visceralseite) : 15,45 Maximale Dicke : 6,1 Breite der Hornfurche : 0,53

4. Inv. N° : яфк 6 (Taf. II : Fig.1 und Fig.2) Maximale Breite : 35,76 Maximale Höhe : 23,76 Höhe eines Hornschildes (Visceralseite) : 14,8 Breite des selben Schildes : 15,45 Maximale Dicke : 6,88Dicke des Fossils an der oberen Bruchstelle : 2,54 Breite der Hornfurche : 0,62

5. Inv. N° : яфк 5 (Taf. II : Fig.3 und Fig.4) Maximale Breite : 37,0 Maximale Höhe : 20,9 (bis zur Bruchstelle) eines Peripheralschildes (distal)Breite eines Peripheralschildes (distal) : 16,77 Höhe eines Hornschildes (Visceralseite) : 16,6 Breite des selben Schildes : 14,6 Maximale Dicke : 6,40Dicke des Fossils an der oberen Bruchstelle : 2,42 Breite der Hornfurche : 0,61

462 A. STOjANOV

6. Inv. N° : яфк 4 (Taf. III : Fig.5 und Fig.6) Maximale Breite : 25,2 Maximale Höhe des Hornschildes (visceral) : 18,04 Maximale Dicke : 3,25 Minimale Dicke : 2,53

7. Inv. N° : яфк 21 (Taf. II : Fig.5 und Fig.6) Maximale Breite : 17,40 Maximale Höhe : 21,44 Maximale Dicke : 5,0 Minimale Dicke : 2,0 Breite der Hornfurche : 0,15

8. Inv. N° : яфк 14 (Taf. III : Fig.1 und Fig.2) Maximale Breite : 19,0Maximale Höhe : 13,44 Maximale Dicke : 2,96 Minimale Dicke : 2,03 Breite der Hornfurche : 0,62

9. Inv. N° : яфк 1 (Taf. III : Fig.3 und Fig.4) Maximale Breite : 52,0 Maximale Höhe des Hornschildes (visceral) : 13,5 Maximale Dicke : 9,0 Minimale Dicke : 1,69 Länge der medialen Hornfurche : 8,35 Breite der Hornfurche : 0,53

10. Inv. N° : яфк 22 (Taf. IV : Fig.1 undFig.2)

Maximale Länge : 24,67 Maximale Höhe : 12,90 Maximale Dicke : 3,87Minimale Dicke : 2,12 Breite der Hornfurche : 0,61

11. Inv. N° : яфк 2 (Taf. IV : Fig.5 und Fig.6) Maximale Länge : 28,85 Maximale Höhe : 16,9 Maximale Dicke : 6,20 Minimale Dicke : 1,14 Breite der Hornfurche : 0,62

12. Inv. N° : яфк 64 (Taf. IV : Fig. 7) Maximale Länge : 13,04 Maximale Höhe : 12,93 Maximale Dicke : 3,87 Minimale Dicke : 2,65 Breite der Hornfurche : 0,76

13. Inv. N° : яфк 18 (Taf. IV : Fig.3 undFig.4)

Maximale Länge : 21,15Maximale Höhe : 16,84 Maximale Dicke : 5,55Minimale Dicke : 3,06 bzw. 3,00

Tafel I

Fig. 1 : Fragment des Karapaxes : Teil von einem Pleural- bzw. zwei Kostalschilder (distal)Fig. 2 : Fragment des Karapaxes : Teil von einem Pleural- bzw. zwei Kostalschilder (visceral)Fig. 3 : Fragment des Karapaxes : Grenzzone zwischen Centralia 4 und 5 (distal)Fig. 4 : Fragment des Karapaxes : Grenzzone zwischen Centralia 4 und 5 (visceral)Fig. 5 : Fragment des Karapaxes : Bruchteil zweier Peripheralia (Knochenpanzer) bzw. Marginalia (Hornpanzer) (distal)Fig. 6 : Fragment des Karapaxes : Karapaxes : Bruchteil zweier Peripheralia (Knochenpanzer) bzw. Marginalia

(Hornpanzer) (visceral)

Tafel I

1 2

3 4

56

5 cm 5 cm

5 cm 5 cm

5 cm 5 cm

464 A. STOjANOV

VI. VERGLEICH DES BULGARISCHEN MATERIALS MIT DEN ANDEREN FUNDEN AUS EUROPA, KLEIN ASIEN UND DEM NAHOSTEN

Die Übereste, die sich in einem schlecht erhaltenen Zustand befinden, erlauben keine eindeutige Artdiagnose. Für die meisten Fragmente ist ein Vergleich mit anderen Materialien kaum möglich, weil sie nur Bruchstücke der ehemaligen Platten bzw. Schilder repräsentieren. Von den wenigen relativ gut erhaltenen Panzerteilen (einzelne Marginalia bzw. Peripheralia), die eine taxonomische Entscheidung unterstützen könnten, sind leider gerade die aussagekräftigen, oberen Teile verloren gegangen. Das erlaubt uns nicht zu sagen, wo genau die Knochen-naht zwischen den Kostal- bzw. Peripheralschilder ver-läuft und ob die von der Hornfurche (Grenze Lateralia – Marginalia) überdeckt wird. Das hätte eine wichtige Information über den entweder primitiveren (keine Über-deckung), oder aber progressiveren (Hornfurche deckt die Knochennaht über) Charakter des Panzers gegeben. Auf jedem Fall lassen die steil nach oben verlaufende Marginalplatten eine hoch gewöllbte kuppelartige Form des Rückenpanzers vermuten.Ein Fragment unseres Materials (Taf. IV, Fig. 1) zeigt identisch ausgebildete, sehr schmale Form der Pectoralia wie bei einigen Riesenformen [Ergilemys bzw. Geoche-lone (MłynarSki, 1976), Cheirogaster sp. cf. bolivari (StaeSChe et al., 2007) u a.]. Die schematisch darge-stellte Rekonstruktion des Plastrons des Holotypus von Cheirogaster (BerGounioux, 1935), sowie die Fotos des Holotypus (Broin, F. de, 1977) zeigen dagegen normal entwickelte und keinesfalls so schmale Pectoralia. Der Knochenrest, der unsere Auffassung in diesem Fall am besten unterstützt, bleibt das Xiphiplastron. Laut de Lap-parent de Broin (1999, 2002), daniLov (2005) ist die Form der Analia einer der wichtigsten morphologischen Unterschiede zwischen den GattungenCheirogaster und Geochelone(früher Centrochelys Gray, 1872) im Pan-zerbau. BeiCheirogaster sind die Analia an der Grenze Analia – Femoralia nicht verengt und die äussere Schil-derkante ist bei diesem Übergang glatt bzw. geradlinieg.

Bei Geochelone(Centrochelys)hingegen bildet sich eine deutliche Eindellung an der oben erwähnten Grenze und die Analia bleiben dort schmaler. Die Pectoralia-Form bzw. die sehr gut erhaltene Form des Xiphiplastrons erlauben unserer Meinung nach eine klare Abgrenzung des bulgarischen Materials auch von anderen Gattungs- bzw. Artbeschreibungen - AchilemysHay, 1908 [CLaude & tonG (2004)].Das Xiphiplastron des bulgarischen Tieres hat eine Form, die sich ganz klar von der Xiphiplastronform fast aller von uns in der Literatur : BaChMayer et. al. (1980) ; BaChMayer & SyMeonidiS (1977) ; BerGounioux (1935) ; CLaude & tonG (2004) ; deperet (1890) ; de Broin (1977) ; GarCía & aLBerdi (1968), JiMenez FuenteS (1986, 1992) ; JiMenez FuenteS etal. (1986) ; royo & GoMez (1935) ; SChLeiCh (1981) recharchier-ten Riesenlandschildkröten unterscheidet. Die mediane Knochennaht (Xiphipastron) deckt sich mit der Hornfur-che der Analia überein. Im Unterschied zu vielen ande-ren Formen der Gattung Cheirogasterbleibt die Furche sehr kurz, d.h. die Analia sind in ihrem medianen Teil sehr schmal, werden dann in Richtung lateral bedeutend breier in ihrer Mitte, danach wieder schmaler und enden mit klar ausgeprägten Gabelspitzen. Somit haben sie eine gut erkennbare semilunare (distal) bzw. dreieckige (vis-ceral) Form (Taf. III, Fig. 3 und Fig 4 ).Bei einigen Formen z B. [GaBunia & Ckhikvadze (1960), JiMenez FuenteS et al. (1986), StaeSChe etal. (2007)] ist gerade der mediane Teil der Analfurche bedeutend breiter. Bei anderen haben die Analia (distal) eine gut ausgeprägte romboidale Form [Broin, F. de (1977), JiMenez FuenteS (1992) u a.]. Bei fast allen Formen der Riesenlandschildkröten aus der Literatur, die uns zur Verfügung stand, ist der Übergang zwischen Analia und Femoralia glatt und die Aussenkanten dieser Schilder liegen auf einer geraden Linie, oder auf einer Linie, die nur eine kleine Biegung macht. In unserem Fall ist die Stelle dieses Übergangs stark gezackt und bildet zwischen den Anal- und Femoralplatten eine tiefe Eindellung, was bei der ausgezeichnet ehaltenen linken Xiphiplastronhälfte (Taf. III, Fig. 3 und Fig 4) sehr gut

Tafel II

Fig. 1 : Fragment des Karapaxes : rechte Oberschallenseite - Peripheralia 10 und 11 (Knochenpanzer) bzw. Marginalia 9, 10 und 11 (Hornpanzer) (distal)

Fig. 2 : Fragment des Karapaxes : rechte Oberschallenseite - Peripheralia 10 und 11 (Knochenpanzer) bzw. Marginalia 9, 10 und 11 (Hornpanzer) (visceral)

Fig. 3 : Fragment des Karapaxes : linke Oberschalenseite - Peripheralia 9 und 10 (Knochenpanzer) bzw. Marginalia 8, 9 und 10 (Hornpanzer) (distal)

Fig. 4 : Fragment des Karapaxes : linke Oberschalenseite - Peripheralia 9 und 10 (Knochenpanzer) bzw. Marginalia 8, 9 und 10 (Hornpanzer) (visceral)

Fig. 5 : Fragment des Plastrons : Teil des Hypoplastrons (distal)Fig. 6 : Fragment des Plastrons : Teil des Hypoplastrons (visceral)

Tafel II

1 2

34

56

5 cm

5 cm 5 cm

5 cm5 cm

5 cm

466 A. STOjANOV

zum Vorschein kommt. Eine identische Strukturierung des Übergangs zwischen den Anal- und Femoralplatten, sowie der Form der Analschilder ist bei der rezenten afrikanischen Gattung Stigmochelys bzw. Geochelone zu beobachten. Bei den rezenten Vertretern der Gattun-gen Testudo ist dieser Übergang in den meisten Fällen fliessend und die Anal- bzw. Femoralschilder bilden eine gerade Linie. Ausnahmen gibt es bei einigen sehr alten Tieren, wobei die nur ganz leicht gezackte Randstruktur des Übergangs eher den Hornschilder zuzuscheiben ist. In wie weit dieses Merkmal bei den fossilen Riesenland-schildkröten variiert hat, können wir leider nicht sagen.

VII. DISKUSSION

Die Frage über die Gattungszugehörigkeit der europäi-schen bzw. westasiatischen, fossilen Riesenlandschild-kröten scheint nicht endgültig entschieden zu sein. Vor einigen jahrzehnten war Testudo eine Sammelgattung für all diese Tiere. Später wurden die Riesenformen zur Gat-tung GeocheloneFitzinGer, 1835 gezählt (LoveridGe & wiLLiaMS, 1957). Nachdem BourCart & Bour (1983) auf der Basis einer vergleichenden Forschung der Schädelmorphologie beweisen, dass die Gattung Geo-chelone paraphyletisch ist, wurde weiter die Gattung Cheirogaster BerGounioux, 1935 für die europäische Riesenformen als Sammelbegriff verwendet. JiMenez FuenteS (1986) stellt die Hypothese vor, dass die älteren und primitiveren Halbriesenformen (Oligozän – spates Miozän) W-Europas, von deutlich grösseren bzw. pro-gressieveren Formen im Pliozän ersetzt wurden. Deswe-gen betrachtet er die Frage der Gattungszugehörigkeit als offen und schlägt vor die pliozäne Vertreter der Riesen-landschildkröten dementsprechend nur als Cheirogaster s.l. zu deffinieren. So decken sich z B. die Knochennaht zwischen den Kostal- und den Peripheralschilder bzw. Hornfurche (Grenze Lateralia – Marginalia) beim Chei-rogaster Holotypus (BerGounioux, 1935 ; Broin, F. de, 1977) nicht über – primitiver Beleg. Bei späteren For-men z B. Cheirogasterbolivari hernández-paCheCo, 1917 liegen Naht und Furche aufeinander – progressives Merkmal (royo y GóMez J., 1935). Chikvadze (1972) schliesst viele Riesenformen in die von ihm vorgeschla-genen Gattung Ergilemys Ckhikvadze, 1972ein, doch

eine folgende Revision stellt nach dem selben Autor eine Reihe west-, südosteuropäischer- bzw. westasiatischer Formen zu der Gattung Centrochelysum (Chikvadze, 1989). Zur dieser Gattung werden auch die Riesenschild-kröten aus dem Fundort Megalo Amvolo – Karaburun in Griechenland gezählt (Chikvadze, 2000), wobei nach der Ansicht des Autors, das griechische Tier am meisten eine grosse Ähnlichkeit mit der in Georgien entdeckten Art Centrochelys natadzei (Chkhikvadze, 1989) hat. Andere Autoren (FranCe de Lapparent de Broin, 2000, 2001, 2002 ; StaeSCheetal., 2007) vertreten die Meinung, dass alle europäische Riesenformen (dazu auch die Riesenschildkröten aus Griechenland) zu der Gattung Cheirogaster gezählt werden müssen. Die fossilen Funde von Riesenschildkröten aus der Türkei (StaeSChe etal., 2007), die alsCheirogastersp.cf.bolivari bestimmt wurden, lassen auf jeden Fall einige Fragen offen. Die Neuralformel von Cheirogaster lautet : 4 8 4 6 6 6 6 6 und unterscheidet damit klar diese Gattung von Centrochelys : 4 8 4 8 4 6 6 6 (daniLov, 2005). Wenn man von dieser Formel ausgeht – muss das juvenile Tier Fund-Nr. KD (StaeSChe etal., 2007) eigentlich zur Gattung Centro-chelys gezählt werden. Der grössere Exemplar derselben Publikation Fund-Nr. KB 50 unterscheidet sich in vielen Details von der Originalbeschreibung des Cheirogaster-Holotypus (BerGounioux, 1935) bzw. von seiner Wie-derbeschreibung (Broin, F. de, 1977) : Gularia berühren nicht Entoplastron, ausgesprochen schmale Pectoralia, andere Form des Xiphiplastrons.Unserer Meinung nach unterstützen die Funde von Rie-senlandformen in Griechenland, in der Türkei, in Bulga-rien sowie die georgische Art C.natadzei die Hypothese über ein Entstehungszentrum grosser Landschildkröten-formen in der Region von SO-Europa oder gar SW-Asien (Chikvadze, 2000). Die molekularen Forschungsergebnisse bezüglich der phylogenetischen Zusammenhänge in der Familie der Landschildkröten in letzter Zeit, bestätigen die Polyphy-letie der Gattung Geochelone sowie auch die Validität des Gattungsnamen Geochelone [Fritz et al. (2007) ; Le Minh etal. (2006) ]. Der Gatungsname Centroche-lys wurde in diesen systematischen Revisionen nicht weiter benutzt und wird künftig als invalid betrachtet. Die sehr geringe Zahl von relativ gut erhaltenen Panzer-teilen, sowie auch das Fehlen von vlielen Skelettteilen,

Tafel III

Fig. 1 : Fragment des Plastrons : lässt sich nicht genau sagen aus welchem Teil der unteren Panzerschalle (visceral)Fig. 2 : Fragment des Plastrons : lässt sich nicht genau sagen aus welchem Teil der unteren Panzerschalle (distal)Fig. 3 : Fragment des Plastrons : Xiphiplastron (visceral)Fig. 4 : Fragment des Plastrons : Xiphiplastron (distal)Fig. 5 : Fragment des Karapaxes : Teil von einem Pleuralschild (distal)Fig. 6 : Fragment des Karapaxes : Teil von einem Pleuralschild (visceral)

Tafel III

5 cm 5 cm1 2

3 4

5 6

5 cm 5 cm

5 cm 5 cm

468 A. STOjANOV

die von einer entscheidenden diagnostischen Bedeutung sein könnten, erlauben keine sichere taxonomische Ent-scheidung über die Gattungszugehörigkeit des Mate-rials. Deswegen schliessen wir das bulgarische Tier zu der Geochelone-Gruppe im breiten Sinne – Geochelone sensu lato ein. Damit weisen wir unter anderem auf die Ähnlichkeit (bei der Struktur bestimmter Teile des The-kalskeletts) des bulgarischen Materials mit der Panzer-struktur rezenter Vetreter dieser Gattung hin, sowie auf den klaren Unterschied dieser Teilenstruktur von der Diagnose der Gattung Cheirogaster.

VIII. SCHLUSSFOLGERUNGEN

Zum ersten mal werden die fossilen Überreste einer Riesenlandschildkröte für das Territorium Bulgari-ens bekannt gegeben. Das schlecht erhaltene Material erlaubt keine eindeutige Artbestimmung. Die Gattungs-zugehörigkeit des Tieres wurde anhand von einigen morphologischen Merkmalen einzelner Knochenteile alsGeochelone s.l., bestimmt.

DANKSAGUNG

Für die mir zugeschickten Literaturquellen bin ich den Herren : Emiliano JieMenez FuenteS, Hans-Hermann SChLeiCh, Igor daniLov, Hans-Volker karL, Zlatozar Boev und Nikolay SpaSov zum grössten Dank verpflich-tet. Bei Fr. Prof. France de Lapparent de Broin möchte ich mich sowie für die gesandte Literatur als auch für den Meinunungsaustausch herzlich bedanken. Es sei hiermit auch den Kollegen : Nikolay tzankov, Nikolay SiMov und Neda MotChurova-dekova, die mir bei der Über-setzung der Literatur geholfen haben, gedankt. Unser Dank gilt ebenfalls Fr. Nadja oGnJanova (Sofia), die alle Sedimentmatrix-Proben untersucht hat. Meine ganz besondere Dankbarkeit hat Fr. Antoaneta iLCheva für die Bearbeitung der Fotos verdient.

LITERATUR

BaChMayer, F., M. MLynarSki & n. SyMeonidiS (1980) - Fossile Schildkröten aus dem Pliozän von Megalo Emvalo (Karaburun) bei Saloniki (Griechenland). AnnalesGéologiquesdesPaysHelléniques, Athènes, 30 : 267-276.

BaChMayer, F. & n. SyMeonidiS (1977) - Eine neue“Pikermi“ – Fundstelle in Gebietvon Liossati (Kiourka), nördlich von Athen (Griechenland) (Beschreibung einer Riesenschildkröte). Annales Géologiques des PaγsHelléniques, Athènes, 28 : 8-16.

BerGounioux, F-M. (1935) - Contribution à l’étude paléontologique des chéloniens : chéloniens fossiles du bassin d’Aquitaine. Société Géologique de France(nouvellesérie),Mémoire, Paris,25 : 7-215.

Boev, z. (2000) - Cygnusverae sp. n. (Anseriformes : Anatidae) from the Early Pliozene of Sofia (Bulgaria). Actazoologicacracoviensia, 43 (1-2) : 185-192.

Boev, z. (2001) - Early Pliozene avifauna of Muselievo (C Northern Bulgaria). Actazoologicacracoviensia, 44 (1) : 37-52.

Boev, z. (In prep.) - Fossil and subfossil reptiles (Reptilia) of Bulgaria. Actazoologicacracoviensia.

Broin, F. de (1977) - Contribution à l’étude des chéloniens. Chéloniens continentaux du crétacé et du tertiaire de France. Mémoires du Muséum National d’HistoireNaturelle, Nouvelle Série, SérieC, Sciences de la terre, Paris, Tome 38, 343 pp.

BourGat, r. & R. Bour (1983) - La tortue géante de Perpignan. SociétéAgricoleScientifiqueetLittérairedesPyrénées-Orientales,21 : 167-177.

Chkhikvadze, v. M. (1972) - On the systematic position of tertiary giant land tortoises of the Palearktic. Bulletin oftheAcademyofSciencesoftheGeorgianSSR, Tbilisi, 65 (3) : 745-748.

Chkhikvadze, v. M. (1989) - On the systematic position of tertiary giant land tortoises from Asia, Europe and Africa. BulletinoftheAcademyofSciencesoftheGeorgianSSR, Tbilisi, 133 (2) : 429-432.

Chkhikvadze, v. (2000) - The giant terrestrial turtles from the western palearctic of late tertiary. In : zhordania, R. G. (ED.). The actual problems of modern biology.JavakhishviliTbilisiStateUniversity : 20-35.

Tafel IV

Fig. 1 : Fragment des Pastrons : Bruchstück vom Hypoplastron bzw. Meso- und Hyoplastron (distal) – der erhaltene Teil zeigt, dass die Pectoralia sehr schmal waren

Fig. 2 : Fragment des Pastrons : Bruchstück vom Hypoplastron bzw. Meso- und Hyoplastron (visceral) Fig. 3 : Fragment von der Brücke (distal)Fig. 4 : Fragment von der Brücke (visceral)Fig. 5 : Fragment des Plastrons : marginaler Teil vom Xiphiplastron mit der Grenzlinie zwischen Abdominale und

Femurale (distal)Fig. 6 : Fragment des Plastrons : marginaler Teil vom Xiphiplastron mit der Grenzlinie zwischen Abdominale und

Femurale (visceral)Fig. 7 : Fragment des Plastrons : kleiner marginaler Teil des Hypoplastrons (distal)

Tafel IV

1

2

3 4

56

7

5 cm 5 cm

5 cm5 cm

5 cm 5 cm

5 cm

470 A. STOjANOV

CLaude, J. & h. tonG (2004) - Early Eocene Testudinoid Turtles from Saint Papoul, France, with Comments on the Origin of modern Testudinoidea. Oryctos, 5 : 3-45.

daniLov, i. G. (2005) - Die fossilen Schildkröten Europas. In : Fritz, u. (Ed.). HandbuchderReptilienundAmphibienEuropas. Aula-Verlag, Band 3/IIIB : Schildkröten (Testudines) II : 114.

depéret, Ch. (1890) - Animaux Pliocènes du Roussillon. Mémoires de la Société Géologique de France.Paléontologie,Mémoire, Paris,3 : 140-168.

Fritz, u. & o. r. p. Bininda-eMondS (2007) - When genes meet nomenclature : Tortoise phylogeny and the shifting generic concepts of Testudo and Geochelone. Zoology, 110 (4) : 298-307.

GaBunia, L. K. & V. M. Chkhikvadze (1960) - Riesenlandschildkröte aus dem Oligozän von Benari (Süd-Georgien). Mitteilungen der Wissenschaftsakademie derGeorgischenSSR, 24 (2) : 189-196.

GarCía, J. & M. tereSa aLBerdi (1968) - Nueva tortuga fósil en el Mioceno de Arevalo. Boletín de la Real SociedadEspañoladeHistoriaNatural(Biol.), 66 : 141-149.

JiMenez FuenteS, e. (1986) - Un siglo investigaciones paleontologicas en Arevalo. Cuadernos Abulenses,SeparatadeI, Salamanca, Núm. 6 : 53-59.

JiMenez FuenteS, e. (1992) - Vertebrados fósiles de Castilla y León. MuseodeSalamanca : 71-100.

JiMenez FuenteS, e., p. aCoSta, B. FinCiaS & S. Martín de JeSúS (1986) - Un nuevo ejemplar de tortuga gigante del mioceno de Arévalo (Ávila). Studia GeologicaSalamanticensia, 23 : 313-324.

khoSatzky, L. J., L. ChriStov & d. nankinov (1983) - An Eocene Soft-Shelled Turtle from Bulgaria. SchriftenreiheGeologischeWissenschaften,Berlin, 19/20 : 271-280.

kovaChev, d. (2005) - Turtles from Maeotian near Kalimantsi village, Blagoevgrad region (SW-Bulgaria). ReviewoftheBulgarianGeologicalSociety, Sofia 66 (1-3) : 61-0.

Lapparent de Broin, F. de (2000) - African chelonians from the jurassic to the present : phases of development and preliminary catalogue of the fossil record. PaleontologiaAfricana, 36 : 43-82.

Lapparent de Broin, F. de (2001) - The European turtle fauna from the Triassic to the Present. Dumerilia Publicationdel’AssociationdesAmisduLaboratoiredesReptilesetAmphibiens duMuséumnational d’Histoire naturelle deParis, 4 (3) : 191-194.

Lapparent de Broin, F. de (2002) - A giant tortoise from the late Pliocene of Lesvos island (Greece) and its possible relationships. AnnalesgéologiquesdespaysHelléniques,1reSérie,T. Athènes, 39, Fasc. A : 99-130.

Lapparent de Broin, F. de & p. van diJk (1999) - Chelonia from the Late Miocene Baynunah Formation, Emirate of Abu Dhabi, United Arab Emirates : Palaeogeographic Implications. In : whyBrow, P. j. & A. hiLL (Eds.). Fossil Vertebrates of Arabia. YaleUniversityPress, New Haven, London, 13 : 135-162.

Le Minh, J. ChriStopher, w. raxworthy, p. MCCord & L. Mertz (2006) - A molecular phylogeny of tortoises (Testudines : Testudinidae) based on mitochondrial and nuclear genes. Molecular Phylogenetics and Evolution, 450 (2) : 517-531.

LoveridGe, a. & wiLLiaMS, e. e. (1957) - Revision of the African tortoises and turtles of the Suborder Cryptodira. Bulletin of the Museum of Comparative Zoology atHarvardCollege,115 : 163-557.

MłynarSki, M. (1976) - Testudines. In : kuhn, O. (Ed.). Handbuch der Paläoherpetologie, G. Fischer Verlag Stuttgart, New York, 7 (7) : 1-130.

MłynarSki, M. & v. BeSChkow (1985) - Die Landschildkröte (Testudo [Protestudo] sp.) aus dem Oligozän von Brezani bei Blagoevgrad im Südwesten Bulgariens. ActaZoologicaBulgarica, Sofia, 26 : 50-53.

paMouktChiev, a., Lapparent de Broin, F. de & a. anGueLov (1998) - Nouvelle trouvaille de tortue fossile en Bulgarie. Annuairedel’universitedeSofia“St.KlimentOhridski”.Facultédegéologieetgéographie, Livre 1 – geologie, Tome 90 : 5-8.

popov, v., n. SpaSov, t. ivanova, B. Mihova & k. GeorGiev (2007) - Rear and endangered Mammals species in Bulgaria. DutchMammalSocietyVZZ.(inBulgarian), 328 pp.

royo y GóMez, J. (1935) - Las Tortugas del Seudodiluvial castellano. DeHistoriaNatural, Madrid, 35 (9) : 463-486.

SChLeiCh, h-h. (1981) - jungtertiäre Schildkröten Süddeutschlands unter besonderer Berücksichtigung der Fundstelle Sandelzhausen. Courier ForschungsinstitutSenckenberg, Frankfurt, 48 : 81-96.

SChLeiCh, h-h. (1988) - Schildkröten aus dem Känozoikum Mitteleuropas. StudiaGeologicaSalmanticensia, Volumen especial, 3 : 186.

SpaSSov, n. & d. GeraadS (2007) - Dolichopithecusbalcanicus sp. nov., a new Colobinae (Primates, Cercopithecidae) from the early Pliocene of southeastern Europe, with a discussion on the taxonomy of the genus. JournalofHumanEvolution, Amsterdam, 52 : 434-442.

StaeSChe, k., k. hanS-voLker & u. StaeSChe. (2007) - Fossile Schildkröten aus der Türkei. GeologischeJahrbücher, Hannover, B 98 : 91-149.

Acceptédécembre2009