Schaefer_Jaeger 1984_Verkohlte Steinkerne der Kornelkirsche (Cornus Mas L.) aus dem Palaeolithikum...

11
Alt-Thüringen 20 S. 15-22 Böhlau Weimar 1984 DIETER SCHÄFER KLAUS-DIETER JÄGER VERKOHLTE STEINKERNE DER KORNELKIRSCHE (CORNUS MAS L.) AUS DEM PALÄOLITHIKUM DES OBEREN TRAVERTINS VON WEIMAR-EHRINGSDORF Seit mehreren Jahrzehnten zahlen die Travertinaufschlüsse von Weimar- Ehringsdo zu den wichtigsten Fundplätzen paläolithischer Artefakte wie auch pleistozäner Menschen in Mitteleuropa. Teile des umfangreichen Fundgutes wurden im Schrifttum wiederholt vorgelegt und diskutiert (bes. SCHUSTER 1928; BEHM- BLANCKE 1960; FEUSTEL 1983; VLÔEK 1984). Eine Vielzahl geologischer und paläontologischer Untersuchungen haben dazu geführt, daß die örtlichen Verhältn im Zeitraum der Entstehung und urgeschichtlichen Besiedlung des Ehringsdorfer Travertins verhältnismäßig gut bekannt sind, und durch STEINER/ WIEFEL (1974; 1977) sind die zahlreichen Veröffentlichungen aus früheren Jahrzehn bibliographisch erschlossen worden. Im letzten Jahrzehnt wurde zunäch die umfangreiche Forschungsgeschichte durch eine zweibändige Monograph bereichert, die eine systematisch angelegte Folge von Spezialuntersuchungen über geologische Verhältnisse und paläontologische Funde enthält (Das Pleistozä von Weimar- Ehringsdorf 1974; 1975). Hinzu kommt der Versuch einer resümierenden Analyse des gegenwärtigen Kenntnisstandes durch STEINER (1979). über Neufunde von paläoökologisch interessanten Wirbeltierresten berichtet HEINRICH (1980). Mehrfach erfolgten Problemanalysen zur stratigraphischen Korrelati und zeitlichen Stellung des Travertinvorkommens (STEINER 1979; JÄGER/ HEINRICH 1979; 1982; HEINRICH 1982) zuletzt anhand einer Serie neuer radiometri Daten durch BRUNNACKER et al. (1983). Insgesamt hat also Ehringsdorf von seiten mehrerer Forschungseinrichtungen größere Aufmerksamkeit erfahren als viele andere bedeutsame Fundplätze altstein Artefaktinventare und Menschenreste in Mitteleuropa. Dennoch ist nicht nur die Diskussion um die geochronologische Position des Travertins und seiner Funde noch immer kontrovers (STEINER 1979; JÄGER/HEINRICH 1979; 1982, FEUSTEL 1983; HEINRICH 1981). Die Fortdauer des Travertinabbaues trägt aber dazu bei, durch Neufunde das Bild der paläolithischen Kultur von Ehringsdorf zu ergänzen und abzurunden. Solche Erkenntnisfortschritte müssen nicht unbedi an die Auffindung weiterer Silexartefakte, Jagdbeutereste oder Skelettreste des Menschen selbst gebunden sein. Vielmehr können in diesem Zusammenhang auch Beobachtungen ganz anderer Art archäologische Bedeutung erhalten, was im folgenden dargelegt wird. **

Transcript of Schaefer_Jaeger 1984_Verkohlte Steinkerne der Kornelkirsche (Cornus Mas L.) aus dem Palaeolithikum...

Alt-Thüringen 20 S. 15-22 Böhlau Weimar 1984

DIETER SCHÄFER KLAUS-DIETER JÄGER

VERKOHLTE STEINKERNE DER KORNELKIRSCHE (CORNUS MAS L.)

AUS DEM PALÄOLITHIKUM DES OBEREN TRAVERTINS

VON WEIMAR-EHRINGSDORF

Seit mehreren Jahrzehnten zahlen die Travertinaufschlüsse von Weimar-Ehringsdorf

zu den wichtigsten Fundplätzen paläolithischer Artefakte wie auch

pleistozäner Menschen in Mitteleuropa. Teile des umfangreichen Fundgutes

wurden im Schrifttum wiederholt vorgelegt und diskutiert (bes. SCHUSTER 1928;

BEHM- BLANCKE 1960; FEUSTEL 1983; VLÔEK 1984). Eine Vielzahl geologischer

und paläontologischer Untersuchungen haben dazu geführt, daß die örtlichen Verhältnisse

im Zeitraum der Entstehung und urgeschichtlichen Besiedlung des

Ehringsdorfer Travertins verhältnismäßig gut bekannt sind, und durch STEINER/

WIEFEL (1974; 1977) sind die zahlreichen Veröffentlichungen aus früheren Jahrzehnten

bibliographisch erschlossen worden. Im letzten Jahrzehnt wurde zunächst

die umfangreiche Forschungsgeschichte durch eine zweibändige Monographie

bereichert, die eine systematisch angelegte Folge von Spezialuntersuchungen

über geologische Verhältnisse und paläontologische Funde enthält (Das Pleistozän

von Weimar- Ehringsdorf 1974; 1975). Hinzu kommt der Versuch einer

resümierenden Analyse des gegenwärtigen Kenntnisstandes durch STEINER (1979).

über Neufunde von paläoökologisch interessanten Wirbeltierresten berichtet

HEINRICH (1980). Mehrfach erfolgten Problemanalysen zur stratigraphischen Korrelation

und zeitlichen Stellung des Travertinvorkommens (STEINER 1979; JÄGER/

HEINRICH 1979; 1982; HEINRICH 1982) zuletzt anhand einer Serie neuer radiometrischer

Daten durch BRUNNACKER et al. (1983).

Insgesamt hat also Ehringsdorf von seiten mehrerer Forschungseinrichtungen

größere Aufmerksamkeit erfahren als viele andere bedeutsame Fundplätze altsteinzeitlicher

Artefaktinventare und Menschenreste in Mitteleuropa. Dennoch

ist nicht nur die Diskussion um die geochronologische Position des Travertins und

seiner Funde noch immer kontrovers (STEINER 1979; JÄGER/HEINRICH 1979; 1982,

FEUSTEL 1983; HEINRICH 1981). Die Fortdauer des Travertinabbaues trägt aber

dazu bei, durch Neufunde das Bild der paläolithischen Kultur von Ehringsdorf

zu ergänzen und abzurunden. Solche Erkenntnisfortschritte müssen nicht unbedingt

an die Auffindung weiterer Silexartefakte, Jagdbeutereste oder Skelettreste

des Menschen selbst gebunden sein. Vielmehr können in diesem Zusammenhang

auch Beobachtungen ganz anderer Art archäologische Bedeutung erhalten,

was im folgenden dargelegt wird.

**

Im Winter 1980/81. wurde im Travertinsteinbruch Weimar- Ehringsdorf mit

neuen Erschließungsarbeiten westlich und südwestlich des alten Hauboldbruches

(zur Lage siehe STEINER 1974, S. 33, Abb. 13) begonnen. Damit konzentrierte

sich die - im Verhältnis zu den fünfziger und sechziger Jahren allerdings verhältnismäßig

kleinräumige - Abbautätigkeit wieder auf Bereiche in relativer Nachbarschaft

der klassischen Fundlokalitäten (Forschungspfeiler bzw. Bruch Fischer

in etwa 80-150 in Entfernung; Abb. 1). Während des Frühjahrs 1981 wurde der

Abbau des Oberen Travertins erheblich beschleunigt. Infolgedessen waren im

MaisJuni 1981 von seiner Gesamtmächtigkeit stellenweise nur noch wenige Dezimeter

Travertin bzw. Travertinsand über dem Pariser vom Abbau verschont geblieben

(Taf.II'1). Gerade erst freigelegte Flächen dieses Bruchabschnittes beging

D. Schäfer am 5. 6. 1981. Bei dieser Gelegenheit wurde eine Travertinsandschicht

untersucht (Taf. III), in der sich konzentriert auf einer Fläche von etwa 20 X 20 cm

in gleichem Höhenniveau 20 verkohlte karpologische Reste (MW 523/83) fanden,

deren Bearbeitung K. -D. Jäger übernahm.

Die Fundschicht wurde in einem Höhenabstand von 50-60 cm über der Bodenbildung

auf dem Pariser im Oberen Travertin angetroffen und wies eine Mächtigkeit

von 10-25 cm auf. Sie bestand aus unverkittetem "Travertinsand" (zu

dieser Terminologie vgl. WAGENBRETH/STEINER 1974, S. 83), in dem Travertinknollen

von geringer Festigkeit (Form flach bis unregelmäßig rund, Dm im Mittel

bei 1-2 cm, selten mehr als 3 cm) eingelagert waren. Die gesamte Schicht war in

trockenem Zustand von sehr blasser brauner Farbe (MUNSELL 10 YR 8/4... 7/3).

Eine Parallelisierung dieser Fundschicht mit bestimmten Abschnitten der Kernbohrungen

von Ehringsdorf (vgl. STEINER/%\AGENBRETH 1971, S. 50, Abb. 2,

Kernbohrungen 57-59, S. 71-73) ist nicht möglich, da einerseits mit Kernverlusten

zu rechnen ist (frdl. Mitt. y. Dr. W. Steiner). Andererseits sind die Bohrstellungen

zu weit hangaufwärts entfernt, als daß sich zu beobachtende Faziesveränderungen

nicht auswirken würden. Daher bleibt zunächst nur die Feststellung, daß nach

der feinstratigraphischen Unterteilung das Ehringsdorfer Travertinpaketes die

Fundschicht im (offenen) Rahmen des Typusprofiles 7 liegt (WAGENBRETH/STEI-NER

1974, S. 89, 91, Abb. 5). Auch hier traten bis zu Beginn der fünfziger Jahre

- wie auch neuerdings wieder - Artefaktfunde auf.

Die aus dieser Schicht geborgenen 20 karpologischen Reste liegen sämtlich in

verkohltem Zustand vor. Es handelt sich dabei um walzenförmige Gebilde, die

eine gewisse Ähnlichkeit mit Dattelkernen haben (Taf. IV, a), sich von diesen aber

durch ausgesetzte Leisten unterscheiden. Dieses Merkmal begegnet in analoger

Weise bei rezenten Steinkernen von Cornus inas L. (Taf. IV, b), die auch ähnliche

Abb. 1: Der TravertintagebauWeimar-Ehringsdorf mit den wichtigstenBrüchen, verändert nachSTEINER(1979, S. 32, Abb. 13) 1: Begrenzungdes Travertinvorkommens;- 2: alte verfüllte Steinbrüche

im Travertin; - 3: Umgrenzungder ehemaligenBrüche Fischerund Kaempfe (nicht mehrvorhandeneBruchwände); 4: Tagebaugrenzen1974/75 (Einstellungdes großflächigenAbbaus);-5: Steinbruchfür Werksteingewinnung;- 6: Abbaustand1982 des (ehemaligen)nördlichenHaubold-Bruches;

- 7: Steilhangzur Tim

Abmessungen besitzen. Für 16 Steinkerne liegt der Durchmesser bei jeweils5 mm,

wobei die Längen in diesen Fällen zwischen 7 und 10 mm variieren. Viermal wird

der Durchmesser von 5,0 mm überschritten (Maximalwert 6,5 mm). Bei diesen

Steinkernen betragen die Werte für die Länge 8-11 mm. Die Mittelwerte für die

Ehringsdorfer Serie belaufen sich für die Länge auf 9,2 mm, für den Durchmesser

auf 5,6 mm. Unsere Meßwerte an rezenten Steinkernen von Cornus mae L. aus der

Dresdener Elbtalweitung liegen zwischen 13 und 15 mm für die Länge und bei

6 mm für die Breite und damit innerhalb der von BROUWER/STÄHLIN (1955, S. 141)

angegebenen Wertespanne. Experimentelle Erfahrungen über Art und Ausmaß

von Meßwertveränderungen durch den Verkohlungsprozeß liegen unseres Wissens

für die Steinkerne von Cornus inas L. bisher nicht vor.

Diagnostisch entscheidend ist aber der Vergleich der Querschnittsbilder bei

den Fossilresten aus Ehringsdorf mit solchen rezenter Steinkerne von Cornus

mae L. (Taf. IV, e, d). Dieser Vergleich sichert die Zugehörigkeit der angetroffenen

Fossilreste zur Gattung Cornus. Sie wird in naturnahen Gehölzbeständen Mitteleuropas

durch drei Arten vertreten. Dazu gehört der rote Hartriegel (Cornus

sanguinea L.), dessen europäisches Verbreitungsgebiet von den Mittelmeerländern

im Süden bis in das südliche Skandinavien im Norden reicht (Details bei HEal

1906-1931, V, 2 S. 1556.) Die zweite Art ist der Schwedische Hartriegel (Cornus

suecica L.), dessen nordeuropäisches Verbreitungsgebiet nur im Tiefland südlich

und westlich der Ostsee nach Mitteleuropa übergreift (Karte bei HEGT 1906-1931,

V 2, S. 1556). Bei dieser Art erreichen die Steinkerne lediglich eine Länge von

etwa 3 mm, bei Cornus sanguinea, abgesehen von einer mehr kugeligen Gestalt

und glatten Oberfläche, nur von etwa 5-8 mm (BROTJWER/STÄHLIN, 1955, S. 143;

HEGT 1906-19311 V 2, S. 1546). Bei Cornus inas L. liegt dagegen die Länge der

unverkohlten Steinkerne rezent bei 11-16 mm, der Durchmesser bei 4-7 mm, was

den in Ehringsdorf angetroffenen Verhältnissen entspricht.

Blattabdrücke von Cornus sind aus mitteleuropäischen Interglazialtravertinen

mehrfach belegt, so in Thüringen aus Burgtonna und dem Unteren Travertin

von Ehringsdorf (VENT 1955; 1958; 1978). Diese und andere Nachweise werden

bisher zumeist als Cornus sanguinea L. angesprochen. Jedoch ordnet bereits VENT

(1978, S. 63) im Gegensatz zu HEGT (1906-1931, V, 2, S. 1547) die in Burgtonna

gefundenen , ,Blattunterseitenabdrücke unterschiedlicher Vollständigkeit' ' (VENT

1978, Taf. 15,2), zu "einer nicht bestimmbaren Cornus-Art". Demgegenüber gibt

MAI (1980, S. 8) für den Travertin von Bilzingsleben neben Blattabdrücken, ebenfalls

dort von Cornus san guinea L. unter Swida san guinea (L.) Opiz, Funde von

Cornus- Früchten beider Arten an. Auch in dieser Hinsicht ist der karpologische

Nachweis von Cornus inas L. für den Oberen Travertin von Ehringsdorf bemerkenswert.

Diese Art gehört noch gegenwärtig zur mitteleuropäischen Flora, wo sie in

den Gebirgslandschaften des Südens verstreut auftritt und nach Norden bis in

das nördliche Harzvorland, weiter westlich im Rhein- Gebiet bis nach Aachen

reicht (ROTHMALER/METJSEL/SCHUBERT 1972). Dieses Teilareal findet in den

Mittelmeerländern seine Fortsetzung nach Süden, und dem entspricht in Mitteleuropa

eine deutliche Bindung an Waldgesellschaften der Quercetalia pubescentis

sowie Gebüschbestände des Berberdion, die zu den Prunetalea gehören (vgl.

OBERSDORFER 1957, S. 518ff., 526ff.). Darüber hinaus ist sie in der Gegenwart

als Zierstrauch verbreitet, der vor allem durch seine leuchtend gelben Blütendolden

im Vorfrühling (Blütezeit März/April) auffällt. Generell werden trockene

Standorte bevorzugt. Die Art ist kalkhold (ROTHMALER/MEUSEL/SCHUBERT 1972).

Die Steinkerne werden in den Früchten, ähnlich wie diejenigen der Kirsche, von

genießbarem Fruchtfleisch umschlossen, worauf die Bezeichnung , ,Kornelkirsche"

hinweist. Ihr Genuß ist bereits für das klassische Altertum bezeugt, und die

Römer haben nach PLINIus (Naturalis historia XV, 105) die Kultur der Kornelkirschbäume

mit großer Sorgfalt betrieben (SCHMIDT 1901, Col. 1633). Über Früchte,

die für die Winterbevorratung zubereitet wurden, berichten COLUMELLA (De

re rustica VII 10,3) und OvID (Metamorphosen VIII 665; vgl. SCHMIDT 1901, Col.

1633; HEGI 1906 bis 1931, V, 2). Noch in jüngster Zeit werden die "länglichen,

kirschartigen Früchte" als Obst genossen (BROUWER/STÄHLIN 1955, S. 143). Allerdings

kommen die Früchte im heutigen mitteleuropäischen Areal nicht immer

zur Reife.

Auch von Vögeln (z. B. Saatkrähen) ist bekannt, daß sie gelegentlich Früchte

der Kornelkirsche zusammentragen und verzehren (HEGI 1906-1931, V, 2, S. 552).

Ähnliches wird für die Früchte des Roten Hartriegels (für menschlichen Genuß

ungeeignet) berichtet, die u. a. von Elster, Seidenschwanz und Drossel aufgenommen

werden (HEGI 1906-1931, V, 2, S. 1547).

In bezug auf das Ehringsdorfer Fossilvorkommen dürfte diese Möglichkeit der

Erklärung für die Anhäufung von Steinkernen jedoch wegen ihres Erhaltungszustandes

entfallen, der auf jeden Fall Feuereinwirkung voraussetzt und deshalb

ohne eine Beziehung auf die bereits mehrfach belegte paläolitische Besiedlung des

Geländes zur Entstehungszeit des Oberen Travertins kaum verständlich ist. Es

liegt deshalb nahe, diese Besiedlung sowohl für den Erhaltungszustand der Kornelkirschen-Steinkerne

als auch für ihr Auftreten auf kleiner Fläche verantwortlich

zu machen. Paläolithische Artefakte sind aus dem Oberen Travertin von Ehringsdorf

in verschiedenen Teilen des Bruchgeländes in der Vergangenheit bereits

mehrfach festgestellt worden (vgl. SCHUSTER 1928, S. 199f.; BEHM- BLANCKE 1960,

S. 193). Bis zur Entdeckung einer Brandschicht im Oberen Travertin (STEINER/

STEINER 1975) waren dies freilich nur Einzelfunde, zudem ohne Befundzusammenhang

mit einer Brandschicht. Also war bzw. ist zugleich für die meisten dieser

Stücke die Frage noch offen, ob sie aus einer autochthonen oder allochthonen

Fundposition stammen. Auch die neueren Artefaktfunde - einschließlich derjenigen

im Unteren Travertin') - tangieren nördlich und nordwestlich das Hauptverbreitungsgebiet

der Brandschichten als bisher relativ seltene Einzelstücke im

Gestein.

1) Veröffentlichungin Vorbereitung.

Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der starke fazielle Wechsel in den

lithologischen Verhältnissen des Oberen Travertins im nördlichen Haubold- Bruch.

Dieser seit 1981 immer wieder beobachtete Befund läßt sich auf einen ehemals

verhältnismäßig starken Wechsel der Sedimentationsverhältnisse schließen. So

darf damit gerechnet werden, daß in diesem Gelände relativ kleinflächige Travertinriegel

zu verschiedenen Zeiten grundsätzlich begehbar waren. Daß dies auch

tatsächlich der Fall war, legt ein Befund aus der unmittelbaren Nachbarschaft

der karpologischen Reste nahe: 1,80 in über der Oberkante der Bodenbildung des

Parisers fand D. Schäfer am 4. 5. 1981 in einer Travertinsandschicht mehrere

kleine Knochensplitter mit einem dazugehörigen größeren aufgeschlagenen distalen

Humerusende vom Wildschwein (Sue serofa) 2) gemeinsam mit einem kleinen

Abb. 2: Geröllartefaktaus feinkörnigemQuarz. Oberer Travertin des (ehemaligen)nördlichenHaubold-Bruchesvon Ehringsdorf 1/1

2) Für die Beurteilung der Knochenfragmente(MW 524/83) danken die Autoren herzlich HerrnDr. Dr. 11.-I). Kahike, Weimar, sowie insbesondereH. Barthel, Weimar, der zur Absicherungder

infolge alter Beschädigungen(Nagetiere?) schwierigenBestimmungMessungenam Humerusendevornahm.

Quarzgeröll (Taf. 11,2, Abb. 2). Letzteres zeigt zwei Negative an einem der lang-schmale

Enden, die mit der gegenüberliegenden Gerölloberfläche eine Arbeitskante

bilden.3)Abgesehen vom ersten Nachweis von Wildschweinresten aus dem Oberen Travertin

von Ehringsdorf4) wirft dieser Fund zugleich ein Licht auf die prinzipielle

Möglichkeit des Auftretens von autochthonen oder zumindest parautochthonen

Befunden in diesem Bereich des Oberen Travertins mit seinen bisher wenigen

aber interessanten Funden - ein Nachweis, der ohne Zusammenhang mit einer

Brandschicht sicher schwerfällt. Zugleich zeigt sich die Bedeutung der weiteren Begehung

der Ehringsdorfer Travertinbrüche trotz des - verglichen mit früheren Aufschlußverhältnissen

- kleinflächigen Abbaues und vorliegender monographischer

Bearbeitung.

Literatur

BEHM-BLANCKE,G.: AltsteinzeitlicheRastplätzeim Travertingebietvon Taubach,Weimar, Ehringsdorf.- Alt- Thüringen4 (1960). Weimar.

BROUWER,W. ; STÄTTILIN,A. : Handbuchder Samenkundefür Landwirtschaft,Gartenbauund Forstwirtschaft.- Frankfurt a. M., 1955.

BRUNNACKER,K., et. al. : RadiometrischeUntersuchungenzur Datierung mitteleuropäischerTravertinvorkommen.- Ethnogr.-Archäolog.-Z. 24 (1983)S. 217-266. Berlin.

- Das Pleistozänvon Weimar-Ehringsdorf, 1, 2/hrsg.vom Zentr. Geolog.Inst. - Berlin 1974,1975.-(Abh. d. Zentr. Geolog.Inst. - PaläontologischeAbh.; 21, 23).

FEUSTEL,R. : Zur zeitlichenund kulturellenStellungdes Paläolithikumsvon Weimar-Ehringsdorf. -Alt- Thüringen19 (1983)S. 16-42. Weimar.

HEm, G.: Illustrierte Flora von Mitteleuropa mit besonderer Berücksichtigungvon Deutschland,Österreichund der Schweiz.- München, 1906-1931.

HEINRICH,W. -D. : BiostratigraphischeAspekte einer neuen Kleinsäugerfaunaaus dem UnterenTravertin von Weimar-Ehringsdorf. - Z. Geol.Wiss.8 (1980)7, S. 923- 927. Berlin.

- Zur stratigraphischenStellungder Wirbeltierfaunenaus den Travertinfundstättenvon Weimar-Ehringsdorfund Taubachin Thüringen.- Z. Geol.Wiss.9 (1981)9, S. 1031-1055. Berlin.

HÜNERMANN,K. A. : Sus serofa Linné aus dem Pleistozänvon Weimar-Ehringsdorf. - In: DasPleistozänvon Weimar-Ehringsdorf. - Berlin, 1975. - 2, S. 251-264. - (Abh. d. zentr. Geol. Inst.Paläont.; 23).

JÄGER,K.-D. ; HEINRICH,W.-D. : Aktuelle Aspekteund Problemebei der quartärstratigraphischen

Einordnungder mittelpaläolithischenTravertinstationvon Ehringsdorfbei Weimar. - Ausgrab.u. Funde24 (1979)6, S. 261-267. Berlin.

- The Travertine at Weimar-Ehringsdorf - An Interglacial Site of Saalian Age? - QuaternaryGlaciationsin the Northern Hemisphere,IGCP - Project 73/1/24, Report No. 7 (1982),S. 98-114.Prague.

3) Material: feinkristallinerQuarz; L GO;Br 36; St 21 mm, Gew.63g; flachovaleForm (MW 525/83).4) Der Bearbeiter des bisherigenEhringsdorferSuiden-Materials, K. A. Hünermann, wertet derenAuftretenim Unteren Travertin folgendermaßen:"Infolgeder großen Übereinstimmungmit rezentenWildschweinenkann für den EhringsdorferSuidenauch dieselbeLebensweiseangenommenwerden.Da rezente Wildschweineauf Kälte empfindlichreagierenund dichte Wälder bevorzugen,sind dieSuiden in der EhringsdorferFauna vorzügliche Faziesfossilienfür interglaziales Waldbiotop."(HÜNERMANN1975,S. 261).

MAI, D. H. : Pflanzenrestedes mitteipleistozänenTravertinsvon Bilzingsleben.- Ethnogr.-Archäol.z.21 (1980)1, S. 4-15. Berlin.

MUNSELLSoil ColorChartsed. by MunsellSoil ColorCompanyInc. Baltimore.-Maryland/USA,1954.OBERDÖRFER,E. : SüddeutschePflanzengeselischaften.- Jena, 1957.ROTIIMALER,W.; MEUSEL,H.; SCHUBERT,R.: Exkursionsflorafür die Gebieteder DDR und BRD:

Gefäßpflanzen.- Berlin, 1972.SCHMIDT,M. C. P.lb.: Cornus.- In Pauly-Wissowa Real-Encyclopädieder CiassischenAltertumswissenschaft,

Neue Bearbeitung.Col. 1633-1635.- Stuttgart, 1901.SCHUSTER,E.: Die altsteinzeitlicheKultur von Ehringsdorf.- In: Der Schädelfundvon Weimar-Ehringsdorffhrsg.

von F. Weidenreich.- Jena, 1928. - S. 141-204.STEINER,W.: Der Travertin von Ehringsdorfund seineFossilien.- Wittenberg Lutherstadt, 1979.-

(Die Neue Brehm-Bücherei; 522).STEINER,IL; STEINER,W.: Ein steinzeitlicherRastplatz im OberenTravertin von Ehringsdorfbei

Weimar. - Alt- Thüringen13 (1975)S. 17-42. Weimar.STErNER,W.; WAGENBRETH,O.: Zur geologischenSituation der altsteinzeitlichenRastplätze im

Unteren Travertin von Ehringsdorfbei Weimar. - Alt- Thüringen11 (1971) S. 47-75. Weimar.STEINER,W.; WIEFEL, H.: Die Travertine von Ehringsdorfbei Weimar und ihre Erforschung.-

In: Das Pleistozänvon Weimar-Ehringsdorf. - Berlin, 1974. -1, s. 11-60. - (Abh. d. zentr. Geol.Inst. Paläont.; 21).

- Zur Geschichteder geologischenErforschungdes Travertins von Taubachbei Weimar. - Berlin,1977. - S. 9-81. - (Quartärpaläontologie;2).

VENT,W. :Überdie Flora desRiß-Würm-Interglazials in Mitteldeutschlandunter besondererBerücksichtigungder Ilmtaltravertinevon Weimar-Ehringsdorf. -Wiss. Z. Friedrich-Schiller-Univ. 4(1955)

4/5, S. 467-485. Jena.- Die Pflanzenweltder Timtaltravertinevon Weimar-Ehringsdorf zur Unstrut-Warmzeit. - Alt-Thüringen

3 (1958)S. 16-28. Weimar.- Die Flora des Travertins von Burgtonnain Thüringen.- In: Das Pleistozänvon Burgtonnain

Thüringen/hrsg.von H.-D. Kahike. - Berlin, 1978,-S. 59-66. - (Quartärpaläontologie;3).VLÖEK,E.: Weimar-Ehringsdorf. Die Menschenreste.- Weimar, 1984. - (Weimarer Monographien

zur Ur-und Frühgeschichte;6).WAGENBRETH,O.; STEINER,W.: Zur Feinstratigraphieund Lagerungdes Pleistozänsvon Ehringsdorf

bei Weimar. - In: Das Pleistozänvon Weimar-Ehringsdorf. - Berlin, 1974.- 1, S. 77-152.-(Abh. d. zentr. Geol. Inst. Paläont.; 21).

II

): Der (!'hemnlige) nördliche Huubold-Bruch zur Fundzeit der karpologischen Reste (.Juni 1981). Der Pfeil gibt die Lage der FundsteIle an. Fund~ ,

:2: Distales Hnmerusende von Sus scroJa. L. aus dem Oberen Tm vertin von Weimar.Ehringsdorf UT Unterer Travert'

16'

IU

('n Re.ste (Juni 1981). FundsteIle der karpologischen Reste im Oberen Travertin von Ehringsdorf.

u Weima r-Ehringsdorf UT Unterer Travertin; ­ P Pariser; ­ Ab begrabener Boden auf dem Pariser; ­ OT Oberer Travertin

10'

IV

o 3mm

a) Corwus 1I!1t8 L ., verkohlte Stein kerne allS dem Oheren T ra vertin von \\'eimar-Ehringsdorf; ­b) Cornus 111.(/8 L. , lInvcrkohlte rezente , 't cillkerne aus Sauhsen (Elbta l bei J)resden) ; - c) Comu,o 1/1118 L., \7erkoh lte Stein kerne aus ' Veims l' -Ehringsdorf im QU{,l'sehnittbild: - d) Comu"~ nws 1.., unvcr­

kohlte rezente Bteinkcmc a l lS SnehsPIl im Quersehnittbild