Evidence-Based Medicine and Women: Do the Principles and Practice of EBM Further Women's Health
Randomised studies with EBM level 1 prove it : AA screening programme for abdominal aortic aneurysms...
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Gefässchirurgie 2009 · 14:350–361DOI 10.1007/s00772-009-0696-y© Springer Medizin Verlag 2009
D. Böckler1 · W. Lang2 · E.S. Debus3 · I. Flessenkämper4 · H.J. Florek5 · T. Noppeney6 · T. Schmitz-Rixen7 · S. Nöldecke8 · T. Hupp9 · H.-H. Eckstein10
1 Klinik für Gefäßchirurgie, Vaskuläre und Endovaskuläre Chirurgie, Chirurgische Universitätsklinik, Heidelberg2 Abteilung für Gefäßchirurgie, Universitätsklinikum Erlangen3 Klinik und Poliklinik für Gefäßmedizin, Universitäres Herzzentrum Hamburg, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf4 Klinik für Vaskuläre und Endovaskuläre Chirurgie, DRK Klinikum Berlin-Mitte5 Klinik für Gefäßchirurgie, vaskuläre und endovaskuläre Chirurgie, Phlebologie, Weisseritztal-Kliniken, Freital6 Medizinsiches Versorgungszentrum Gefäßmedizin, Nürnberg7 Klinik für Gefäß- und Endovascularchirurgie, Universitätsklinikum Frankfurt a.M.8 Abteilung für Gefäßchirurgie, Klinikum Garmisch-Partenkirchen9 Klinik für Gefäßchirurgie, Katharinenkrankenhaus, Klinikum Stuttgart10 Klinik für Gefäßchirurgie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München
Randomisierte Studien mit EBM-Level 1 beweisen esEin Screeningprogramm für abdominelle Aortenaneurysmen ist sinnvoll!
Leitthema
Trotz einer steigenden Inzidenz ge-planter Operationen bei asymptoma-tischen abdominellen Aortenaneu-rysmen (AAA) steigt die geschlechts- und altersstandardisierte Letalität durch AAA-Rupturen weiter an [1, 2]. Die Gesamtletalität einer AAA-Ruptur liegt im Vergleich zu einer postope-rativen Mortalität nach 30 Tagen von 3,3% bei elektiver AAA-Operation ge-mäß einer dänischen Studie aus dem Jahr 2006 (http://www.karbase.dk) bei etwa 90% [1]. Es stellt sich des-halb die Frage, ob ein Screening für AAA in Deutschland zur Senkung der AAA-assoziierten Letalität nicht sinn-voll wäre. Länder wie Großbritannien, USA und Schweden haben ein Scree-ningprogramm bereits etabliert.
Zur Durchführung eines Screenings müssen bestimmte Kriterien der WHO und
des Europarates erfüllt sein [1, 3, 4]. Die Sonographie bietet sich zum Screening des AAA an, da sie als Untersuchungsmethode bewährt, einfach durchführbar, flächendeckend verfügbar, für den Patienten nicht belastend und kostengünstig ist (. Abb. 1, [5]). Sie ist zudem schnell, sicher und weist eine Sensitivität und Spezifität von 98 bzw. 99% auf [6]. Teilnahmequoten bei diversen Screeningprogrammen von 53–79% sind wiederholt erzielt worden, und etwa 95% der Patienten mit kleinen AAA nehmen an einem Beobachtungsprogramm teil [1, 2]. Dies spiegelt die hohe Akzeptanz der Methode bei Patienten wider.
Weiterhin sind die Indikationsstellungen zur Behandlung des asymptomatischen AAA klar. Der Durchmesser des Aneurysmas ist der in der Praxis am besten anwendbare Risikofaktor für eine Ruptur. Randomisierte kontrollierte Stu
dien haben gezeigt, dass ein Eingriff bei einem Durchmesser ≥55 mm angezeigt ist [7, 8]. Weitere unabhängige Risikofaktoren für eine Ruptur wie Geschlecht, Nikotinabusus, mittlerer arterieller Blutdruck und FEV (forced endexspiratory volume) sind ebenfalls bekannt (. Tab. 1).
E Wenn das Screening akzeptiert werden soll, müssen auch die Behandlung und die potenziell damit verbundenen Risiken für den Betroffenen akzeptabel sein.
Es ist bekannt, dass Patienten nach einer konventionellen AAAOperation die gleiche Lebensqualität wie die entsprechende Allgemeinbevölkerung besitzen. Nur 2–5% der Patienten lehnen die Operation ab. Allerdings bestehen bei mindestens 15% Kontraindikationen gegen die Operation. Bei 85–90% der durch Screening entdeck
350 | Gefässchirurgie 5 · 2009
ten Fälle sind die Aneurysmen <55 mm und werden beobachtet. Dies wiederum beeinträchtigt für nicht wenige Patienten die Lebensqualität [9, 10, 11]. Diese Probleme erscheinen jedoch geringfügig, wenn der Vorteil eines Screenings klar ist und die Kosten der Screeningmethode vertretbar sind [1].
In den letzten 20 Jahren sind randomisierte kontrollierte Studien durchgeführt worden, um die Vorteile des AAAScreenings bei älteren Männern zu untersuchen. Dabei hat man sich hauptsächlich auf die AAAbedingte Mortalität konzentriert. Über die Auswirkungen auf die Inzidenz der AAARuptur wusste man bisher weniger.
In dieser Übersichtsarbeit werden die mittel und langfristigen Effekte des Screenings v. a. älterer Männer hinsichtlich AAARupturen, AAAOperationen, AAAspezifischer Mortalität und Gesamtmortalität vorgestellt.
Im Rahmen einer Literaturrecherche (PubMed) wurden mit den Suchwörtern „Screening“ und „aortic aneurysm“ randomisierte kontrollierte Studien in englischer Sprache gesucht. Es wurden 4 populationsbasierte randomisierte kontrollierte Studien gefunden (. Tab. 2):F die „Chichester Study“ (UK/Eng
land) mit Zwischenergebnissen nach 5 Jahren [12] und Langzeitergebnissen nach 10 und 15 Jahren Nachbeobachtung [13],
F die „Multicentre Aneurysm Screening Study“ (MASS) aus England (UK) mit Zwischenergebnissen nach 4 Jahren [14] und Langzeitergebnissen nach 7 Jahren [15],
F die „West Australian Screening Study“ (AUS) mit Ergebnissen nach 3,5 Jahren [16] und
F die ViborgStudie (DK) mit Zwischenberichten nach 5 Jahren [17] und Langzeitergebnissen zu Rupturen und AAAspezifischer Mortalität nach 7 Jahren [18] und zu Operationen und Gesamtmortalität nach 10 Jahren [19].
Für die westaustralische Studie gibt es noch keine Langzeitergebnisse; es liegen nur Daten zur Gesamtmortalität nach 11jähriger Nachbeobachtungszeit vor.
Zusammenfassung · Abstract
Gefässchirurgie 2009 · 14:350–361 DOI 10.1007/s00772-009-0696-y© Springer Medizin Verlag 2009
D. Böckler · W. Lang · E.S. Debus · I. Flessenkämper · H.J. Florek · T. Noppeney · T. Schmitz-Rixen · S. Nöldecke · T. Hupp · H.-H. EcksteinRandomisierte Studien mit EBM-Level 1 beweisen es. Ein Screeningprogramm für abdominelle Aortenaneurysmen ist sinnvoll!
ZusammenfassungDie Ergebnisse randomisierter kontrollierter Studien zum Screening älterer Männer hin-sichtlich abdominaler Aortenaneurysmen (AAA) sind veröffentlicht worden. Daher wur-de eine systematische Überprüfung und Me-taanalyse durchgeführt, um die gepoolten Ef-fekte einschätzen zu können. Hierzu erfolgte eine Medline-Recherche (PubMed) mit den Schlüsselwörtern „screening“ und „Aortena-neurysma“ hinsichtlich randomisierter kont-rollierter Studien in englischer Sprache. Es wurden 4 Studien identifiziert: die „Chichester Study“ (UK/England), die „Multicentre Aneu-rysm Screening Study“ (MASS; UK, England), die „Western Australian Aneurysm Screening Study“ (AUS) und die Viborg-Studie (Däne-mark). Die mittelfristigen (3,5–5,0 Jahre) und langfristigen (7–15 Jahre) Effekte als Odds-Ratio (OR) mit 95%-Konfidenzintervall (-KI) wurden berechnet. Die mittelfristige Analy-se ergab, dass durch das Screening die Wahr-scheinlichkeit einer AAA-Ruptur um 47% si-gnifikant sank, die AAA-bedingte Letalität (nach Ausschluss der Männer >80 Jahren) um 49% zurückging und auch die Gesamtletali-
tät reduziert werden konnte (OR=0,93; 95%-KI=0,90–0,96). Die Zahl der geplanten Opera-tionen stieg um das 3Fache (p<0,05) und die Wahrscheinlichkeit von Notoperationen re-duzierte sich um 45% (p<0,05). Die langfristi-gen gepoolten Ergebnisse zeigten eine signi-fikante Reduktion der Wahrscheinlichkeit so-wohl der AAA-Ruptur als auch der AAA-be-dingten Letalität um jeweils 47% sowie ei-nen signifikante Rückgang der Gesamtleta-lität (OR=1,77; 95%-KI=0,92–0,97). Insge-samt wurden bei den einbestellten Männern nach 7–15 Jahren 1,7-mal mehr Operationen durchgeführt als bei den Kontrollpersonen (OR=1,77; 95%-KI=1,57–1,99). Das AAA-Screening senkt die Wahrscheinlichkeit von Rupturen und AAA-bedingten Todesfällen je-weils um etwa 50% und die Gesamtmortali-tät um etwa 6–7%, wobei Unterschiede be-stehen, die das lokale Kosten-Nutzen-Verhält-nis des Screenings beeinflussen können.
SchlüsselwörterAbdominelle Aorta · Aneurysma · Screening · Ultraschall · Studie
Randomised studies with EBM level 1 prove it. A screening programme for abdominal aortic aneurysms makes sense
AbstractResults have been published of randomised controlled studies on the screening of elderly men for abdominal aortic aneurysms (AAA). A systematic review and meta-analysis was therefore carried out in order to be able to assess the pooled effects. A Medline search (PubMed) for randomised controlled studies was carried out using the key words “screen-ing” and “aortic aneurysms” in English. The medium-term (3.5-5 years) and long-term (7-15 years) effects were calculated as the odds ratio with a 95% confidence interval. Four studies were identified, the “Chichester Study” (UK/England), the “Multicentre Aneu-rysm Screening Study” (MASS) (UK/England), the “Western Australian Aneurysm Screen-ing Study” (AUS) and the “Viborg Study” (Den-mark). The analysis showed that the probabil-ity of an AAA rupture fell significantly by 47% as a result of screening, AAA-related mortal-ity (after men over the age of 80 years were excluded) decreased by 49% and overall mor-
tality was also reduced (OR 0.93; 95% CI: 0.90-0.96). The number of planned operations in-creased 3-fold (p<0.05) and the probabili-ty of emergency operations decreased by 45% (p<0.05). The long-term pooled results showed a significant reduction of 47% in the probability of both AAA rupture and AAA-re-lated mortality and a significant decrease in overall mortality (OR 1.77; 95% CI: 0.92-0.97). Overall, 1.7 times more operations were car-ried out on the men invited for screening than on the controls (OR 1.77; 95% CI: 1.57; 1.99). AAA screening reduces the probabil-ity of rupture and AAA-related mortality by about 50% each and overall mortality by about 6-7%, although there are differences which might have an impact on local cost-benefit ratio of the screening.
KeywordsAbdominal aorta · Aneurysm · Screening · Ul-trasound · Study
351Gefässchirurgie 5 · 2009 |
„Chichester-Study“
Die erste Studie lief 1989 in Chichester (UK) an und schloss 65 bis 80jährige Männer und Frauen ein [12, 20, 21]. Männern mit einem AAA>55 mm Durchmesser, einem Wachstum des Aneurysmas von >1 cm/Jahr oder einem symptomatischen AAA wurde eine Operation angeboten. Bei Todesfällen wurde die Ursache anhand des örtlichen und später auch des nationalen Sterberegisters dokumentiert. AAAbedingte Todesfälle wurden von einem Kliniker überprüft, wobei aus der Studie nicht hervorgeht, ob dieser über die Gruppenzugehörigkeit des Verstorbenen informiert war
Viborg-Studie
1994 begann eine randomisierte Screeningstudie mit allen 65 bis 73jährigen Männern aus dem Kreis Viborg in Dänemark. Die Teilnehmer wurden anhand des digitalisierten Gesundheitsregisters aller Bewohner des Kreises identifiziert. Die Rekrutierung endete 1998. Es wurden blockweise jeweils 1000 Männer 1:1 randomisiert, um einen zu großen zeitlichen Abstand zwischen Randomisierung und Einbestellung zu vermeiden. Nach 3–5 Jahren wurden Männer mit einer ektatischen abdominellen Aorta erneut untersucht; diejenigen mit einem AAA von 3,0–4,9 cm wurden jährlich sonographiert. Bei Män
nern mit einem AAA>5 cm wurde geprüft, ob eine geplante Operation in Frage kam. Die Nachbeobachtung basierte auf den Eintragungen im nationalen Register über Operationen, Todesfälle und Todesursachen. Die Todesfälle wurden von zwei unabhängigen Gefäßchirurgen evaluiert, die über den Screeningstatus der Verstorbenen nicht informiert wurden.
„West Australian Screening Study“
Im Jahre 1996 wurden In der westaustralischen Studie 41.000 Männer zwischen 65 und 83 Jahren aus dem Wahlregister ausgewählt und randomisiert [16]. Die Randomisierung fand unmittelbar nach
Abb. 1 9 Die sonogra-phische Untersuchung des Abdomens zeigt im B-Mo-de (a) ein infrarenales Aor-tenaneurysma mit semizir-kulärem Thrombussaum im Querschnitt. Mittels farbko-dierter Duplexsonographie lässt sich das perfundierte Lumen und Thrombussaum gut differenzieren (b)
Studie Einbestellte Kontrolle OR(95% CI) Anteil der OR (95% CI)
Studie Einbestellte Kontrolle OR(95% CI) Anteil der OR (95% CI)
Studie in %
pro Screening
Studie in %
pro Screening
West Australia 33/19352 38/19352Chichester 12/3205 20/3228MASS 55/33839 118/33961 Viborg 8/6333
Total (95% CI) 62729 62847
Total Events : 108 (Invited), 205 (Control)
Total Events : 237 (Invited), 417 (Control)
Test for heterogeneity : Chi2 = 7.76, df = 3 (P = 0.05), F = 61.3%
Test for heterogeneity : Chi2 = 16.78, df = 3 (P = 0.0008), F = 82.1%
Test for overall e�ect : Z = 5.38 (P < 0.00001)
Test for overall e�ect : Z = 6.91 (P < 0.00001)
18.56 0.87 (0.54, 1.38) 9.71 0.60 (0.29, 1.24) 57.53 14.20 0.27 (0.13, 0.60)
100.00
Chichester 54/2995 63/3045MASS 135/33839 257/33961Viborg 10 yr 15/6333 59/6306West Australia 33/19352 38/19352
Total (95% CI) 62519 62664
0.1 0.2 0.5 1 2 5 10
0.1 0.2 0.5 1 2 5 10
14.83 0.87 (0.60, 1.25) 61.75 0.53 (0.43, 0.65) 14.62 0.25 (0.14, 0.44) 9.17 0.87 (0.54, 1.38)
100.00 0.57 (0.48, 0.67)
29/6306
0.47 (0.34, 0.64)
0.53 (0.42, 0.67)
Abb. 2 8 Einfluss des AAA-Screenings auf AAA-Rupturen (a) mittelfristig und (b) langfristig (Metaanalyse der mittel- und langfristi-gen Auswirkungen 64- bis 83-jähriger Männer [23])
352 | Gefässchirurgie 5 · 2009
Leitthema
der Auswahl der Männer statt, während die Untersuchungen erst 32 Monate später abgeschlossen waren. Die Aufnahme in die Studie begann mit der Zustellung des Angebots zur Untersuchung. Für die Kontrollgruppe, die im selben Postbezirk wohnte, wurde das mittlere Aufnahmedatum zugrunde gelegt. Für die Operationsempfehlung gab es keine strikten Kriterien. Die Sterbeakten wurden von einem unabhängigen Forscher analysiert, dem der Screeningstatus der Verstorbenen nicht mitgeteilt wurde.
„Multicentre Aneurysm Screening Study“ (MASS)
Auf der Grundlage der „ChichesterStudy“ startete 1997 eine groß angelegte multizentrische Studie (MASS), für die 67.800 Männer im Alter von 64–74 Jahren in Portsmouth, Southampton, Winchester und Oxford randomisiert. Die
Rekrutierung endete 1999. Bei einem AAA>55 mm, einem Aneurysmawachstum von ≥1 cm/Jahr oder einem symptomatischen Aneurysma wurde eine Operation in Erwägung gezogen. Angaben über die Todesursache stammten vom „National Office of Statistics“, und es wurden die ICDCodes für Aortenaneurysmen ohne Überprüfung durch unabhängige Endpunktevaluatoren herangezogen. Daher können auch einige thorakale Aneurysmen mitgezählt worden sein. Aortenrupturen ohne Angabe der Lokalisation wurden aus der vorliegenden Metaanalyse ausgeschlossen.
Unterschiede zwischen den Studien
In allen 4 Studien wurde die Randomisierungsmethode angegeben. Aus nahe liegenden Gründen war keine Studie blind randomisiert durchgeführt worden. Die Teilnehmer waren hauptsächlich Männer im Alter zwischen 64 und 83 Jahren. In die „ChichesterStudy“ wurden auch Frauen zwischen 64 und 83 aufgenommen [12]. Die untersuchten Altersgruppen waren unterschiedlich: 64–73 Jahre in Viborg, 65–74 Jahre bei der MASS, 65–80 Jahre in Chichester und 65–83 Jahre in der westaustralischen Studie. Die Teilnehmer wurden auf verschiedene Weise ausgewählt: In den britischen Studien griff man auf Patientenregister der Allgemeinärzte und FamilyHealthServiceListen zurück, so dass Männer ausgewählt werden konnten, die für eine potenzielle AAAOperation in Frage kamen, während in der australischen Studie das Wahlregister zugrunde gelegt wurde. In Dänemark wurden digitalisierte persönliche Daten verwendet.
In allen Studien wurde jeweils die gleiche Teilnehmerzahl nach dem Zufallsprinzip der Screening bzw. der Kontrollgruppe zugewiesen. In 3 Studien wurde die Untersuchung außerhalb der Krankenhäuser meist in allgemeinmedizinischen Praxen durch „mobile“ Teams vorgenommen, während in der ViborgStudie die Untersuchungen in den Krankenhäusern des Kreises durchgeführt wurden. In allen Studien wurde die abdominale Aorta sonographisch untersucht und ein Aneurysma bei einem Aortendurchmesser von ≥3 cm definiert. Die Operationsindikation war in den verschiedenen Studien unterschiedlich. In den britischen Studien wurde bei AAAbedingten Symptomen, bei einem jährlichen Aneurysmawachstum von ≥1 cm oder bei einem maximalen Aortendurchmesser >5,5 (MASS) oder 6,0 cm (Chichester) die Indikation gestellt. In der ViborgStudie waren die Kriterien das Vorliegen von AAAbedingten Symptomen oder ein Aortendurchmesser >5,0–5,5 cm. In der australischen Studie wurde die Indikation zur Operation den jeweiligen Chirurgen überlassen. Auch der Zeitabstand zwischen den Ultraschalluntersuchungen variierte: von 3MonatsAbständen bei AAA>4,5 cm maximalem Durchmesser in den britischen Studien zu jährlichen Intervallen in der ViborgStudie.
Studienergebnisse
In der „ChichesterStudy“ wurden ursprünglich 6433 Probanden rekrutiert, von denen aber 373 wegen Krankheit ausgeschlossen werden mussten. Die Teilnahmequote betrug 73%, und von diesen hatten 7,6% ein AAA. Nach 5 Jahren wurde eine statistisch nicht signifikante Sen
Tab. 1 Rupturrate und deren Einfluss-faktoren mit Hazard-Ratio (HR) in der „UK small aneurysm-trial“ [29]
Variable Rupturrate pro 100 Per-sonen/Jahr
HR (95%-KI)
p1
Alter (Jahre)
59–6667–7172–77
2,21,92,5
1,03pro Jahr
0,23
Geschlecht
MannFrau
2,04,6
1,03,0
<0,01
Initialer Durchmesser (mm)
3,0–3,94,0–5,55,6–9,7
0,92,727,8
2,94pro cm
<0,01
Nikotinabusus (%)
AktivExNie
3,32,02,4
1,00,590,95
0,01
Mittlerer Blutdruck (mmHg)
57–102103–116117–193
2,02,43,1
1,02per mm-Hg
0,01
BMI
15–2324–2627–42
3,12,11,9
0,99per kg/m2
0,67
FEV
0,1–1,75,7–2,42,5–4,0
3,8,2,0,1,2,
0,62per l
0,004
1Signifikanz
Tab. 2 Charakteristika der 4 randomisierten Screeningstudien zum abdominellen Aor-tenaneurysma (AAA)
Charakteristika Viborg-Studie
Westaustra-lien-Studie
MASS-Studie Chichester- Study (Männer)
Gesamt
Alter (Jahre) 64–73 65–83 65–74 65–80 -
Teilnehmer (n) 12.639 38.704 67.800 6.040 125.576
Maximaler Follow-up (Jahre)
9,6 3,6 (11,0)a 7,0 15,0 -
Teilnahmequote (%) 77 63b 80 73 74
AAA-Prävalenz (%) 4,0 7,2 4,9 7,7 5,5a11 Jahre Nachbeobachtungsdaten zu Gesamttodesfällen verfügbar.bBei Einbeziehung der unheilbar Kranken und der Männer mit falscher Adresse.
354 | Gefässchirurgie 5 · 2009
Leitthema
kung der AAARupturen um 40% und der spezifischen Mortalität um 41% festgestellt ([12], . Abb. 2, 3). Nach 10 Jahren war die Mortalität in der Screeninggruppe 21% niedriger als in der Kontrollgruppe. Nach 4 Jahren erreichte der positive Effekt mit einem Unterschied der Mortalitätsrate
von 48% sein Maximum. Danach war die Mortalität in beiden Gruppen fast gleich [21]. Nach 15 Jahren war der Vorteil bei Rupturen auf 14% und bei AAAbedingter Mortalität auf 11% geschrumpft [13].
In der ViborgStudie wurden 12.639 Männer randomisiert, 76,6% ka
men zur Untersuchung; 4% der Untersuchten hatten ein AAA. Nach 5 Jahren waren bei der einbestellten Gruppe 72% weniger AAARupturen (p<0,005), 75% weniger Notoperationen (p<0,05), 67% weniger AAAbedingte Todesfälle (p<0,05) und 7,9% weniger Todesfälle
Tab. 3 Zusammenfassung der Ergebnisse der Metaanalyse bzgl. der mittel- und langfristigen Effekte des AAA-Screenings [23]
Mittelfristig (Fixed-effect-Modell)
Mittelfristig (Ran-dom-effect-Modell)
Langfristig (Fixed-effect-Modell)
Langfristig (Ran-dom-effect-Modell)
Korr. langfristig (Ran-dom-effect-Modellb)
AAA-Rupturen 0,53 (0,42; 0,67) 0,53 (0,35; 0,82) 0,57 (0,48; 0,67)a 0,58 (0,37; 0,90) 0,51 (0,30; 0,87)
AAA-spezifische Mortalität 0,56 (0,44; 0,72) 0,57 (0,44; 0,72) 0,52 (0,42; 0,64)a 0,52 (0,31; 0,87) 0,47 (0,25; 0,90)
AAA-spezifische Mortalität (64–80 Jahre)
0,47 (0,36; 0,63) 0,48 (0,36; 0,64) 0,55 (0,45; 0,66)a 0,47 (0,27; 0,81) 0,52 (0,29; 0,91)
Alle Todesfälle 0,93 (0,90; 0,96)a 0,94 (0,86; 1,02) 0,94 (0,91; 0,97) 0,95 (0,91; 0,99) 0,97 (0,93; 1,01)
Geplante Operationen 3,14 (2,65; 3,75)a 3,27 (2,14; 5,00) 2,64 (2,29; 3,05) 2,52 (2,06; 3,09) 2,81 (2,39; 3,30)
Notfalloperationen 0,55 (0,39; 0,76) 0,52 (0,29; 0,94) 0,51 (0,40; 0,65)* 0,58 (0,34; 1,01) 0,48 (0,28; 0,83)
Alle Operationen 1,90 (1,57; 2,28) 1,89 (1,57; 2,28) 1,77 (1,57; 1,99) 1,75 (1,53; 1,99) 1,67 (1,38; 2,02)aZeichen statistisch signifikanter Heterogenität.bLangfristiges Fixed-effect-Modell ohne 3-Jahres-Ergebnisse aus Westaustralien.
Studie Einbestellte Kontrolle OR(95% CI) Anteil der OR (95% CI) Studie in %
Total Events : 55 (Screening), 101 (Control) Test for heterogeneity : Chi2 = 7.11, df = 3 (P = 0.07), F = 57.8%Test for overall effect : Z = 3.62 (P < 0.0003)
Chichester 3/3205 8/3228MASS 27/33839 54/33961Viborg 5/6333 20/6306
West Australia 20/19352 18/19352
Total (95% CI) 62729 62847
18.82 1.05 (0.56, 1.97) 7.90 0.38 (0.10, 1.42) 53.42 0.50 (0.32, 0.80) 19.86 0.25 (0.09, 0.66) 100.00 0.55 (0.39, 0.76)
0.1 0.2 0.5 1 2 5 10
Studie Einbestellte Kontrolle OR(95% CI) Anteil der OR (95% CI) Studie in %
pro Screening
33.45 1.99 (1.43, 2.76) 3.08 5.68 (2.19, 14.73) 56.66 3.54 (2.80, 4.46) 6.81 4.37 (2.27,8.42) 100.00 3.14 (2.63, 3.75)
West Australia 107/19352 54/19352Chichester 28/3205 5/3228MASS 322/33839 92/33961 Viborg 48/6333 11/6306 Total (95% CI) 62729 62847
Total Events : 505 (Invited), 152 (Control) Test for heterogeneity : Chi2 = 10.96, df = 3 (P = 0.01), F = 72.6%Test for overall effect : Z = 12.65 (P < 0.00001)
0.1 0.2 0.5 1 2 5 10a
bpro Screening
Studie Einbestellte Kontrolle OR(95% CI) Anteil der OR (95% CI) Studie in %
pro Screening
Total Events : 319 (Screening), 169 (Control) Test for heterogeneity : Chi2 = 0.75, df = 3 (P = 0.86), F = 0%Test for overall effect : Z = 6.71 (P < 0.00001)
Chichester 31/3205 13/3228MASS 119/33839 63/33961Viborg 53/6333 31/6305
West Australia 116/19352 62/19352
Total (95% CI) 62729 62847 18.34 1.71 (1.10, 2.66)
36.70 1.88 (1.38, 2.56) 7.64 2.42 (1.26, 4.62) 37.32 1.90 (1.40, 2.58)
100.00 1.90 (1.57, 2.28)
0.1 0.2 0.5 1 2 5 10
c
Abb. 3 7 Mittelfristiger Einfluss des AAA-Scree-
nings auf AAA-Operationen (a) elektiv, (b) Notfall (c)
Gesamtanzahl (Männer 64–83 Jahre [23])
355Gefässchirurgie 5 · 2009 |
(p>0,05) aufgetreten. Nach 7 Jahren gab es bei der untersuchten Gruppe 75% weniger Rupturen (p<0,05) und 77% weniger AAAbedingte Todesfälle. Nach 10 Jahren waren in der untersuchten Gruppe 68% weniger Notoperationen durchgeführt worden (p<0,05) als in der Kontrollgruppe, aber 2,6mal mehr geplante Operationen (p<0,05), und 3% weniger Teilnehmer waren gestorben (p<0,05).
In der westaustralischen Studie erhielten 19.352 Männer Einladungen zur Untersuchung. Zur Untersuchung erschienen davon 63%, wobei sich diese Zahl auf 70% erhöht, wenn man die 1836 Männer mitzählt, die in den anderen Studien vermutlich wegen schwerer Krankheit oder falscher/unbekannter Adresse ausgeschlossen worden wären. Von den Untersuchten hatten 7,2% ein AAA. Eine vollständige Nachbeobachtung ist bis zum Jahr 2001 verfügbar. Im Vergleich
zur Kontrollgruppe traten in der untersuchten Gruppe 13% weniger Rupturen (p>0,05), 9,5% weniger Notfalloperationen (p>0,05), 28% weniger AAAbedingte Todesfälle (p>0,05) und 13% weniger Todesfälle insgesamt (p<0,05) auf. Allerdings ermöglichten die verfügbaren Daten auch eine Analyse der wichtigsten Untergruppe, nämlich derjenigen Männer, die am Tag der ersten Untersuchung zwischen 65 und 74 Jahre alt gewesen waren und später aufgrund eines AAA verstarben. Bei diesen Männern war es zu 80% weniger AAAbedingten Todesfällen gekommen (p<0,05). Nach 11 Jahren Nachbeobachtung waren 5,7% weniger Männer in der untersuchten Gruppe gestorben als in der Kontrollgruppe.
In der MASSStudie betrug die Teilnahmequote 80%. Von den Untersuchten hatten 4,9% ein AAA. Nach 4 Jahren gab es in der untersuchten Gruppe 53% weni
ger Rupturen (p<0,05), 55% weniger Notoperationen (p<0,05) und 48% weniger AAAbedingte Todesfälle (p<0,05). Die absolute Anzahl an Todesfällen lag in der Screeninggruppe um 2,7% (p>0,05) niedriger als in der Kontrollgruppe [14]. Im Mai 2007 veröffentlichte die MASSStudie ihre 7JahresErgebnisse: Im Vergleich zur Kontrollgruppe hatte die untersuchte Gruppe 55% weniger Rupturen (p<0,05), 59% weniger Notoperationen (p<0,05), 48% weniger AAAbedingte Todesfälle (p<0,05) und absolut 3,3% weniger Todesfälle zu insgesamt (p=0,05) zu verzeichnen [15].
Metaanalyse der 4 MRC-Studien
In einer Arbeit von Lindholt et al. [24] wurden die Ergebnisse aller 4 Studien für Männer zwischen 64 und 80 Jahren zur Bewertung der AAAbedingten To
10.87 0.92 (0.49, 1.71) 58.14 0.41 (0.29, 0.57) 21.02 0.32 (0.17, 0.60) 9.97 1.05 (0.56, 1.97) 100.00 0.51 (0.40, 0.65)
Chichester 19/2995 21/3045
Total Events : 97 (Invited), 191 (Control) Test for heterogeneity : Chi2 = 12.28, df = 3 (P = 0.006), F = 75.6%Test for overall e�ect : Z = 5.41 (P < 0.00001)
MASS 45/33839 111/33961Viborg 10 yr 13/6333 40/6306West Australia 20/19352 19/19352Total (95% CI) 62519 62664
Studie Einbestellte Kontrolle OR(95% CI) Anteil der OR (95% CI) Studie in %
pro Screening
0.1 0.2 0.5 1 2 5 10
Chichester 41/2995 19/3045
Total Events : 374 (Invited), 258 (Control) Test for heterogeneity : Chi2 = 4.47, df = 3 (P = 0.22), F = 32.8%Test for overall e�ect : Z = 13.21 (P < 0.00001)
MASS 450/33839 156/33961Viborg 10 yr 76/6333 29/6306West Australia 107/19352 54/19352Total (95% CI) 62519 62664
21.09 1.99 (1.43, 2.76)
7.30 2.21 (1.28, 3.82) 60.34 2.92 (2.43, 3.51) 11.28 2.63 (1.71, 4.04)
100.00 2.64 (2.29, 3.05)
Studie Einbestellte Kontrolle OR(95% CI) Anteil der OR (95% CI) Studie in %
pro Screening
0.1 0.2 0.5 1 2 5 10
Chichester 57/2995 40/3045
Total Events : 767 (Screening), 438 (Control) Test for heterogeneity : Chi2 = 3.32, df = 3 (P = 0.34), F = 9.7%Test for overall e�ect : Z = 9.46 (P < 0.00001)
MASS 495/33839 267/33961Viborg 10 yr 99/6333 69/6306West Australia 116/19352 62/19352
Total (95% CI) 62519 62664
9.02 1.46 (0.97, 2.19) 60.90 1.87 (1.61, 2.18) 15.78 1.44 (1.05, 1.96) 14.29 1.88 (1.38, 2.56)
100.00 1.77 (1.57, 1.99)
Studie Einbestellte Kontrolle OR(95% CI) Anteil der OR (95% CI) Studie in %
pro Screening
0.1 0.2 0.5 1 2 5 10
a
b
c
Abb. 4 9 Langfristiger Ein-fluss des AAA-Screenings auf AAA-Operationen (a) elektiv, (b) Notfall (c) Ge-samtanzahl (Männer 64–83 Jahre) [23]
356 | Gefässchirurgie 5 · 2009
Leitthema
desfälle herangezogen (. Tab. 3). Die in der MASSStudie verzeichneten Todesfälle durch Ruptur nicht näher bestimmter Aortenabschnitte wurden aus den Metaanalysen ausgeschlossen. Die gepoolten mittelfristigen Effekte wurden nach 3–5 Jahren Nachbeobachtungszeit und die gepoolten Langzeiteffekte nach 7–10 Jahren Nachbeobachtung ausgewertet. Aufgrund mangelnder Langzeitergebnisse aus der australischen Studie (abgesehen von der Gesamtmortalität) wurden hier die mittelfristigen Ergebnisse für die Langzeitanalyse verwendet. Die Analysen basierten auf dem IntentiontotreatPrinzip mit Berechnung der gepoolten OddsRatios und der 95%igen Vertrauensintervalle. Die Heterogenität zwischen den Studien wurde mit dem χ2Test beurteilt.
Ergebnisse einer Metaanalyse aller 4 Studien
Die Gesamtzahl der Teilnehmer, die Teilnahmequote am Screening, die Altersgruppen und die Prävalenz des AAA werden in . Tab. 1 angegeben. In den Studien wurden insgesamt 113.274 Männer zwischen 64 und 80 Jahren und 125.576 Männer zwischen 64 und 83 Jahren erfasst. Die Teilnahmequote reichte von 63% (bzw. 70% bei Verwendung der MASSAusschlusskriterien – s. oben) in Westaustralien bis 80% in der MASSStudie. Die AAAPrävalenz lag zwischen 4,0% in der Viborg und 7,7% in der „ChichesterStudy“ (p<0,05; [22]). Die Frauen der
„ChichesterStudy“ wurden nicht in die Analyse eingeschlossen.
Die mittelfristigen Ergebnissen zeigen, dass die Sonographie als Screeningmethode zu einer signifikanten Reduktion der Wahrscheinlichkeit einer AAARuptur um 47%führte (OR=0,53; 95%KI=0,42–0,67). Dieses Ergebnis blieb auch in der Langzeitanalyse unverändert (OR=0,53; 95%KI=0,45–0,63) (. Abb. 2).
Mittelfristig führte das Screening zu einer Steigerung der elektiven AAAOperationen um mehr als das 3Fache (OR=3,14; 95%KI=2,63–3,75), weiterhin zu einer 45% geringeren Wahrscheinlichkeit einer Notoperation (OR=0,55; 95%KI=0,39–0,64) und insgesamt zu 1,9mal häufigeren Operationen (OR=1,90; 95%KI=1,57–2,28; . Abb. 3). Langfristig wurden diese Trends noch deutlicher: Das Screening führte zu einer 2,6fach erhöhten Anzahl an geplanten Operationen (OR=2,64; 95%KI=2,29–3,06), zu 49% weniger Notoperationen (OR=0,51; 95%KI=0,40–0,61) und insgesamt zu 1,8mal mehr Operationen (OR=1,77; 95%KI=1,57–1,99; . Abb. 4).
Sowohl die mittel als auch die langfristigen Ergebnisse zeigten ein durch screeningbedingtes 44% niedrigeres Risiko, an einem AAA zu sterben (. Abb. 5).
Allerdings ist fraglich, ob die Aufnahme von Männern >80 Jahren in das Screeningprogramm sinnvoll ist, denn viele Männer dieses Alters würden nicht zur Untersuchung kommen und auch keine geplante AAAOperation angeboten bekommen. Nimmt man diese Männer aus
der Metaanalyse aus, so ergibt sich, dass das Screening die AAAbedingte Mortalität mittelfristig signifikant um 53% (OR=0,47; 95%KI=0,36–0,63) und langfristig um 47% (OR=0,53; 95%KI=0,44–0,65) reduziert (. Abb. 5).
Schließlich ergab die kombinierte Analyse der Gesamtmortalität mittelfristig eine signifikante Senkung der Sterbewahrscheinlichkeit um 7% (OR=0,93; 95%KI=0,90–0,96) und langfristig ebenfalls eine Senkung um 7% (OR=0,93; 95%KI=0,90–0,96) ohne Hinweise auf Heterogenität (p=0,15; . Abb. 6).
Nimmt man die westaustralische Studie aufgrund fehlender Langzeitdaten aus der langfristigen Analyse aus, so reduziert das Screening die AAAbedingte Letalität signifikant (OR=0,50, 95%KI=0,40–0,62), die gepoolte OR für geplante Operationen liegt bei 2,81 (95%KI=2,40–3,30). Für Notoperationen liegt dann die OR bei 0,45 (95%KI=0,34–0,59) und für alle Operationen bei 1,75 (95%KI=1,54–1,99).
Diskussion
In dieser Übersichtsarbeit wurden die 4 bekannten randomisierten kontrollierten Studien zum AAAScreening vorgestellt. In jeder Studie wird ein signifikanter Vorteil des Screenings für Männer nachgewiesen. Kombiniert man die Daten aus allen Studien mittels einer Metaanalyse, so ergibt sich mittelfristig eine hochsignifikante Reduktion sowohl der
Tab. 5 Vergleich des AAA mit verschiedenen Krankheitsbildern, für die ein Screeningprogramm in Deutschland eingeführt wurde
Krankheitsbilder Altersgipfel (Jahre)
Neuerkran-kungen/Jahr
Inzidenz 100.000/Jahr
Dokumentierte Todesfälle/Jahr
Methode/Spezifität RCT Screening etabliert
Akzep tanz (%)
Prostatakarzinom 60–70 79.000 100 11.000 PSA/80% Nein - 16
Kolonkarzinom 60–70 73.000 72 20.000 Koloskopie/ Nein - 4
Mammakarzinom 60–70 57.000 80 17.000 Mammographie/6% Ja - 55
Melanom 50–60 15.000 10 2000 Ganzkörperuntersu-chung/86%
Nein - k.A.
AAA 60–70 ??? 21 1295 Sono/>95% Ja Nein -
Tab. 4 Vorschlag für ein ultraschallgestützes Überwachungsprogramm im hausärzt-lichen Bereich
Aortendurchmesser (cm) Empfehlung
<3,0 Keine weitere Untersuchung
3,0–4,0 Jährliche Ultrschalluntersuchung
4,0–4,5 Halbjährliche Ultraschalluntersuchung
>4,5 Überweisung an den Gefäßmediziner
357Gefässchirurgie 5 · 2009 |
AAAbedingten Letalität als auch der Gesamtletalität nach 3–5 Jahren, die sich auch im Langzeitverlauf bestätigt. Durch das Screening erhöhte sich der Anteil der geplanten Operationen hochsignifikant, während der Anteil der Notoperationen AAA signifikant zurückgeht.
Einige Ungewissheiten bleiben allerdings bestehen, da Hinweise auf eine He
terogenität der Daten in allen 4 Studien bestehen. Man kann bezweifeln, ob man die westaustralische Studie mit Ausnahme der Gesamtmortalität in die langfristige Metaanalyse einbeziehen soll. Jedoch hat diese Studie aufgrund des großen Gewichts der MASSStudie kaum Einfluss auf das Ergebnis.
Zudem ist die Berechnung der OR nicht die ideale statistische Methode – das „Coxsche Proportional Hazards Ratio“ wäre besser geeignet, würde aber den Zugang zu umfassenden Rohdaten aus allen Studien erfordern.
Die Heterogenität bei der Analyse der geplanten Operationen ist möglicherweise auf Unterschiede bei der AAAPrävalenz
Studie Einbestellte Kontrolle OR(95% CI) Anteil der OR (95% CI)
pro Screening 1 5 10
Studie Einbestellte Kontrolle OR(95% CI) Anteil de OR (95% CI)
Studie in %
Studie in %
pro Screening
0.1 0.2 0.5
0.1 0.2 0.5 1
2
2 5 10
West Australia 2232/19352 2571/19352Chichester 532/3205 508/3228MASS 3750/33839 3855/33961 Viborg 939/6333 1019/6306
Total (95% CI) 62729 62847
Total Events : 7453 (Invited), 7953 (Control) Test for heterogeneity : Chi2 = 16.15, df = 3 (P = 0.001), F = 81.4%Test for overall e�ect : Z = 4.19 (P < 0.00001)
32.55 0.85 (0.80, 0.90) 6.04 1.07 (0.93, 1.22) 48.96 0.97 (0.93, 1.02) 12.45 0.90 (0.82, 0.99)
100.00 0.93 (0.90. 0.96)
Total Events : 14922 (Invited), 15568 (Control) Test for heterogeneity : Chi2 = 5.80, df = 3 (P = 0.12), F = 48.2%Test for overall e�ect : Z = 4.31 (P < 0.0001)
Chichester 2036/2995 2067/3045MASS 3750/33839 3855/33961Viborg 10 yrs 1376/6333 1452/6306West Australia 7760/19352 8194/19352Total (95% CI) 62519 62664
6.48 1.00 (0.90, 1.12) 33.79 0.97 (0.93, 1.02) 11.25 0.93 (0.85, 1.01) 48.48 0.91 (0.88, 0.95)100.00 0.94 (0.91, 0.97)
a
b
Abb. 6 9 Einfluss des AAA-Screenings auf die Gesamt-mortalität (a) mittelfristig (b) langfristig (Männer 64–83 Jahre) [23]
Studie Einbestellte Kontrolle OR(95% CI) Anteil der OR (95% CI)
pro Screening
0.1 0.2 0.5 1 2 5 10
Studie Einbestellte Kontrolle OR(95% CI) Anteil der OR (95% CI)
Studie in %
Studie in %
pro Screening
0.1 0.2 0.5 1 2 5 10
West Australia 18/19352 25/19352Chichester 10/3205 17/3228MASS 65/33839 113/33961Viborg 9/6333 27/6306Total (95% CI) 62729 62847
Total Events : 102 (Invited), 182 (Control)Test for heterogeneity : Chi2 = 2.57, df = 3 (P = 0.46), F = 0%Test for overall e�ect : Z = 4.67 (P < 0.00001)
West Australia 18/19352 25/19352
Chichester 47/2995 54/3045MASS 65/33839 153/33961
Viborg 7 yrs 9/6333 39/6306
Total (95% CI) 62519 62664
Total Events : 141 (Invited), 271 (Control)Test for heterogeneity : Chi2 = 14.30, df = 3 (P = 0.003), F = 79.0%Test for overall e�ect : Z = 6.26 (P < 0.00001)
13.46 0.72(0.39, 1.32) 9.31 0.59 (0.27, 1.29) 62.04 0.58 (0.42, 0.78) 14.89 0.33 (0.16, 0.70) 100.00 0.56 (0.44, 0.72)
14.50 0.23(0.11, 0.47) 19.59 0.88 (0.60, 1.31) 56.63 0.44 (0.33, 0.58) 9.28 0.72 (0.39, 1.32) 100.00 0.52 (0.42, 0.64)
a
b
Abb. 5 9 Einfluss des AAA-Screenings auf die AAA-assoziierte Mortalität (a) mittelfristig (b) langfristig (Männer 64–83 Jahre) [23]
358 | Gefässchirurgie 5 · 2009
Leitthema
und den Indikationen für den geplanten Eingriff zwischen den verschiedenen Studien zurückzuführen. Eine Heterogenität wurde auch bei den Langzeitergebnissen hinsichtlich der AAAbedingten Letalität festgestellt. Obwohl sie nicht signifikant ist, könnte man hier doch einen Trend postulieren, der Spekulationen über die verschiedenen Methoden der Selektion und Klassifizierung von AAAbedingten Todesfällen zulässt, denn die MASSStudie stützte sich allein auf die Angaben auf dem Totenschein, während bei den anderen Studien unabhängige Ärzte die Todesfälle auf eine mögliche Aneurysmaursache hin überprüften. Dies könnte eine wichtige Quelle für einen Bias zu Ungunsten des AAAScreenings sein: bei den Männern mit kleinem AAA und gleichzeitiger ischämischer Herzerkrankung, die plötzlich versterben, wird der Tod eher auf das AAA zurückgeführt als bei den Patienten ohne AAA. Schließlich wurde auch für Notoperationen eine Heterogenität festgestellt. In Chichester und Westaustralien ergab sich keine Reduktion dieser Operationen durch das Screening, während in der MASS und der ViborgStudie signifikant weniger solcher Operationen beobachtet wurden. Auch in den Kontrollgruppen differierte die Häufigkeit der Notoperationen mittelfristig erheblich: Sie lag bei 9,8/10.000 in Australien mit einer postoperativen Letalität von 24%, 15,9/10.000 in der MASS, 24,8/10.000 in der Chichester und 31,7/10.000 mit 66%iger postoperativer Letalität in der ViborgStudie. . Abb. 2 zeigt einen deutlich positiven Zusammenhang zwischen dem Vorteil der gesenkten Zahl von Notoperationen und der Häufigkeit von Notoperationen in der Kontrollpopulation. Solche Unterschiede können einen signifikanten Einfluss auf das KostenNutzenVerhältnis von Screeningprogrammen haben.
Schließlich sank auch die Gesamtsterblichkeit um 6–7%. Dies ist mehr, als aufgrund der Reduktion der AAAbedingten Sterblichkeit allein zu erwarten gewesen wäre. Dafür gibt es wahrscheinlich viele mögliche Erklärungen; wie erwähnt, wirkt sich aber das Risiko der Fehlklassifikation von AAAbedingten Todesfällen bei Patienten mit bekanntem oder unbekanntem AAA in beiden Situationen zu Ungunsten des Screenings aus. Außer
dem wurde in der UKSATStudie (UK Small Aneurysm Trial) eine geringere Letalität der frühzeitig operierten Patienten im Vergleich zu denjenigen festgestellt, die 8 Jahre beobachtet wurden, was auf Änderungen des Lebenswandels zurückgeführt wurde [23]. Dies könnte die Gesamtmortalität beeinflussen, aber es könnte auch noch ein weiterer nicht spezifischer Vorteil bestehen.
Auf dem Boden der vorgestellten evidenzbasierten Datenlage dieser 4 randomisierten Studien (EMBLevel I) veröffentlicht die „U.S. Preventive Services Task Force“ (USPSTF) folgende Empfehlungen (sog. „recommendation statement“ [25, 26]):1. Einmalige Ultraschalluntersuchung
für AAA bei Männern zwischen 65 und 75 Jahren, die jemals geraucht haben (>100 Zigaretten im Leben).
2. Es wird keine Empfehlung ausgesprochen für oder wider einer Screeninguntersuchung bei Männern zwischen 65–75 Jahren, die nie geraucht haben.
3. Keine Empfehlung für AAAScreening bei Frauen.
4. Wenn kein AAA >3 cm diagnostiziert wurde, ist eine erneute Untersuchung nicht notwendig.
5. Für AAA zwischen 4 und 5,5 cm ist die Ultraschallüberwachung ausreichend.
Ähnliche Empfehlungen für ein AAAScreening, allerdings mit Einschluss weiblicher Patienten, wurden von Kent et al. 2004 publiziert [27]:F alle Männer von 60–85 Jahren,F Frauen von 60–85 Jahren mit kardio
vaskulären Risikofaktoren,F Männer oder Frauen >50 Jahre mit
positiver Familienanamnese,F Patienten, die für eine Intervention
(offen oder endovascular) nicht fit erscheinen, sollten nicht gescreent werden.
Daraus kann folgender Vorschlag in . Tab. 4 für ein ultraschallgestützes Überwachungsprogramm im hausärztlichern Bereich abgeleitet werden [27].
Die Ultraschalluntersuchung ist derzeit als IGELLeistung zu vergüten.
Fazit für die Praxis
Zusammenfassend lässt sich feststel-len, dass das Screening die Häufigkeit von AAA-Rupturen und AAA-bedingten Todesfällen um etwa 50% und im Lang-zeitverlauf die Gesamtletalität um 6–7% senkt. Die Inzidenz geplanter Operation verzweifacht bzw. verdreifacht sich. Die Zahl der Notoperationen sinkt um 50%. Durch die Unterschiede in den Gesund-heitssystemen der jeweiligen Länder wird das lokale Kosten-Nutzen-Verhältnis eines Screeningprogramms beeinflusst. Im Vergleich zu anderen Krankheits-bildern wie z. B. dem Kolonkarzinom, Mammakarzinom oder der Depressi-on, für die in Deutschland Screeningpro-gramme durch die Politik (Gemeinsamer Bundesausschuss) und die Kostenträger (Krankenkassen) etabliert wurden, zeigt sich das abdominelle Aortenaneuysma für eine Vorsorgeuntersuchung bestens eignet (. Tab. 5). Ein nationales Scree-ningprogramm für Deutschland ist somit längst überfällig [28].
KorrespondenzadresseProf. Dr. D. Böckler
Klinik für Gefäßchirurgie, Vaskuläre und Endovaskuläre Chirurgie, Chirurgische Universitäts-klinikIm Neuenheimer Feld 110, 69120 [email protected]
Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Arterienerkrankungen
Erkrankungen der
Arterien werden
häufig, in Bezug auf
die Beeinflussung
der Mortalität sowie
teils erheblichen
Einschränkungen
der Lebensqualität,
falsch eingeschätzt.
Die gründliche Anamnese bleibt der Schlüs-
sel zur Diagnose und besonders auch zur
differenzialdiagnostischen Abgrenzung.
Das Leitthemenheft „Arterienerkrankungen“
der Fachzeitschrift „Der Internist“ (Ausgabe
8/09) dient zur Auffrischung der Kenntnisse
der wichtigsten Arterienerkrankungen.
Es beinhaltet u.a. Beiträge zu folgenden
Themen:
- Periphere arterielle Verschlusskrankheit
- Arterielle Verschlusskrankheit
- Diabetisches Fußsyndrom
- Erkrankungen der hirnversorgenden Gefäße
- Durchblutungsstörungen der Nieren- und
Mesenterialarterien
- Vaskulitiden der großen Gefäße
- Das thorakale Aortenaneurysma
- Infrarenales Aortenaneurysma
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Lesetipp
361Gefässchirurgie 5 · 2009 |