Onkologische Früherkennung mit der Ganzkörper-MRT: Möglichkeiten und Grenzen

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Ganzkörper-MRT J. F. Schäfer · A. Fischmann · M. Lichy · J. Vollmar · M. Fenchel · C. D. Claussen H.-P. Schlemmer Abteilung für Radiologische Diagnostik, Universitätsklinikum Tübingen Onkologische Früherkennung mit der Ganzkörper-MRT: Möglich- keiten und Grenzen Radiologe 2004 · 44:854–863 DOI 10.1007/s00117-004-1104-y Online publiziert: 3. September 2004 © Springer Medizin Verlag 2004 Im letzten Jahrzehnt hat das Interesse an Früherkennungsuntersuchungen mit bild- gebenden Verfahren erheblich zugenom- men. Bemerkenswerterweise betrifft dies nicht in erster Linie Ärzte, die ihre Patien- ten im Rahmen geregelter Vorsorgekon- zepte versorgen wollen, sondern vielmehr medizinische Laien, sog. „Kunden“ oder „Selbstzuweiser“, die sich eigenverantwort- lich und gut informiert um ihre Gesund- heit bemühen. Ein Grund hierfür ist si- cherlich der Widerspruch zwischen dem einerseits gesteigerten wie auch politisch gewollten Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung und den andererseits endlo- sen Diskussionen um die Senkung medi- zinischer Kosten und Renten. Zunächst hat die Computertomographie erhebli- che Fortschritte gemacht und die Untersu- chung des ganzen Körpers ermöglicht, die in den USA bereits zu einem kommerzi- ellen Angebot von Vorsorgeuntersuchun- gen geführt hat. Problematisch ist aller- dings die Anwendung von Röntgenstrah- len bei überwiegend gesunden Menschen. So verbietet die Europäische Union die Anwendung von Röntgenstrahlen zum Zweck des Screenings, mit Ausnahme der Röntgenmammographie. Die weltweit größte kontrollierte und randomisierte Studie zum Ganzkörperscreening ist der PLCO-(Prostate, Lung, Colon, Ovarian-) Cancer Screening Trial. Die letzten Teil- nehmer wurden gerade, bei einer Gesamt- zahl von nahezu 155.000 Teilnehmern, ein- geschlossen [37]. An bildgebenden Verfah- ren wurden nur die Röntgenuntersuchung des Thorax und der transvaginale Ultra- schall angewendet. Die MRT des gesamten Körpers war bisher nicht möglich, da eine notwendi- ge Umlagerung der Probanden mit Spu- lenwechsel einerseits unpraktikabel, an- dererseits aber auch die intravenöse Kon- trastmittelgabe in einem Untersuchungs- gang nicht adäquat durchführbar war. Mit Tischverschiebung und Verwendung der Ganzkörper- [12] oder einer Phased-ar- ray-Spule (AngioSurf®) konnte auch die MRT für Ganzkörperuntersuchungen ein- gesetzt werden [39]. Erste Untersuchun- gen zum Screening kardiovaskulärer Er- krankungen wurden mit einem konventio- nellen 1,5-Tesla-MRT durchgeführt [38]. Die Untersuchungen wurden dann ausge- weitet und auch für das Tumorscreening eingesetzt [16, 18]. Unabhängig von der Evidenz solcher Ganzkörperuntersuchun- gen in der onkologischen Sekundärpräven- tion hat sich die Screeningdiskussion aller- dings grundlegend geändert, da jetzt eine Abb. 1 8 Krebsmortalität. Prozentualer Anteil an der Zahl der Krebssterbefälle in Deutschland im Jahr 2000 (Männer: 108.835, Frauen: 100.349). (Aus [28]) 854 | Der Radiologe 9 · 2004

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Ganzkörper-MRT

J. F. Schäfer · A. Fischmann · M. Lichy · J. Vollmar · M. Fenchel · C. D. Claussen H.-P. SchlemmerAbteilung für Radiologische Diagnostik, Universitätsklinikum Tübingen

Onkologische Früherkennung mit der Ganzkörper-MRT: Möglich-keiten und Grenzen

Radiologe 2004 · 44:854–863DOI 10.1007/s00117-004-1104-yOnline publiziert: 3. September 2004© Springer Medizin Verlag 2004

Im letzten Jahrzehnt hat das Interesse an Früherkennungsuntersuchungen mit bild-gebenden Verfahren erheblich zugenom-men. Bemerkenswerterweise betrifft dies nicht in erster Linie Ärzte, die ihre Patien-ten im Rahmen geregelter Vorsorgekon-zepte versorgen wollen, sondern vielmehr medizinische Laien, sog. „Kunden“ oder „Selbstzuweiser“, die sich eigenverantwort-lich und gut informiert um ihre Gesund-heit bemühen. Ein Grund hierfür ist si-cherlich der Widerspruch zwischen dem einerseits gesteigerten wie auch politisch gewollten Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung und den andererseits endlo-sen Diskussionen um die Senkung medi-zinischer Kosten und Renten. Zunächst hat die Computertomographie erhebli-che Fortschritte gemacht und die Untersu-chung des ganzen Körpers ermöglicht, die in den USA bereits zu einem kommerzi-ellen Angebot von Vorsorgeuntersuchun-gen geführt hat. Problematisch ist aller-dings die Anwendung von Röntgenstrah-len bei überwiegend gesunden Menschen. So verbietet die Europäische Union die Anwendung von Röntgenstrahlen zum Zweck des Screenings, mit Ausnahme der Röntgenmammographie. Die weltweit größte kontrollierte und randomisierte Studie zum Ganzkörperscreening ist der PLCO-(Prostate, Lung, Colon, Ovarian-) Cancer Screening Trial. Die letzten Teil-nehmer wurden gerade, bei einer Gesamt-zahl von nahezu 155.000 Teilnehmern, ein-

geschlossen [37]. An bildgebenden Verfah-ren wurden nur die Röntgenuntersuchung des Thorax und der transvaginale Ultra-schall angewendet.

Die MRT des gesamten Körpers war bisher nicht möglich, da eine notwendi-ge Umlagerung der Probanden mit Spu-lenwechsel einerseits unpraktikabel, an-dererseits aber auch die intravenöse Kon-trastmittelgabe in einem Untersuchungs-gang nicht adäquat durchführbar war. Mit Tischverschiebung und Verwendung der Ganzkörper- [12] oder einer Phased-ar-

ray-Spule (AngioSurf®) konnte auch die MRT für Ganzkörperuntersuchungen ein-gesetzt werden [39]. Erste Untersuchun-gen zum Screening kardiovaskulärer Er-krankungen wurden mit einem konventio-nellen 1,5-Tesla-MRT durchgeführt [38]. Die Untersuchungen wurden dann ausge-weitet und auch für das Tumorscreening eingesetzt [16, 18]. Unabhängig von der Evidenz solcher Ganzkörperuntersuchun-gen in der onkologischen Sekundärpräven-tion hat sich die Screeningdiskussion aller-dings grundlegend geändert, da jetzt eine

Abb. 1 8 Krebsmortalität. Prozentualer Anteil an der Zahl der Krebssterbefälle in Deutschland im Jahr 2000 (Männer: 108.835, Frauen: 100.349). (Aus [28])

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die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen der MRT in der bildgebenden Vorsorge für die am häufigsten zum Tode führen-den Krebsarten (. Abb. 1) diskutiert wer-den [28].

Methodik der Ganzkörper-MRT

Im November 2003 wurde an der Radiolo-gischen Klinik der Universität Tübingen ein neuer 1,5-Tesla-Ganzkörper-MRT (MAGNETOM Avanto, Siemens Medi-cal Solutions, Erlangen, Germany) instal-liert, das erstmals eine Ganzkörperunter-suchung mit hoher räumlicher Auflösung in einem Untersuchungsgang und ohne Umlagerung des Patienten ermöglicht.

bekannt sein, sodass nicht unnötigerwei-se eine Vielzahl nicht lebensverkürzender Vorstufen gefunden werden. Die Krank-heit muss insbesondere im Frühstadium kurabel sein. Neben der Sensitivität muss die Spezifität des Tests möglichst hoch sein, damit nicht zahlreiche falsch-positi-ve Befunde auftreten. Gleichzeitig sollte im Patientengut eine hohe Prävalenz für die Krankheit vorliegen, denn nur bei ent-sprechend hoher Prävalenz und Genauig-keit des Tests ist der prädiktive Wert der Methode ausreichend.

Im Folgenden sollen geeignete Proto-kolle zum onkologischen Screening aus der Tübinger Erfahrung mit der neuen Vielkanaltechnik vorgestellt werden und

hochaufgelöste MRT des ganzen Körpers durchgeführt werden kann.

Allerdings ist trotz fehlender Strahlen-exposition vor einem ungezielten Einsatz zu warnen, da im Einzelnen bisher weder die Effektivität, noch die Evidenz der Ganz-körper-MRT nachgewiesen sind. Prinzipi-ell sind aber für das onkologische Scree-ning mit der MRT die gleichen Vorausset-zungen wie für andere Tests im Rahmen der Sekundärprävention zu fordern [3]. Die Krebsart muss eine hohe Inzidenz und Mortalität haben. Gleichzeitig muss die präklinische Phase des Tumorleidens aus-reichend lang sein, um akzeptable Scree-ningintervalle zu ermöglichen. Die biolo-gische Entwicklung der Tumoren muss

Abb. 2 8 Ganzkörper-MRT am Beispiel eines 53-jährigen Mannes mit Vorsorgewunsch. Anam-nestisch Zustand nach invertiertem Papillom linke Nasennebenhöhle, positive Raucherana-mnese. Links: STIR koronar. Mitte links: Kopf (FLAIR), Lunge (Maximum-intensity-Projektion der VIBE), Oberbauch (FLASH-T1w), Becken (FLASH-T1w). Mitte rechts: Kopf (STIR), Thorax (STIR), Oberbauch (TSE-T2w), Becken (STIR). Rechts: Kontrastuntersuchung in Bauchlage mit MRC (arterielle- und PV-Phase). Bei Symptomfreiheit Darstellung von Fremdgewebe im Sinus ethmoidalis und frontalis links. Die zusätzlich angefertigten Aufnahmen nach i.v.-Gd-DTPA- Applikation (nicht gezeigt) bestätigen die Verdachtsdiagnose eines Rezidivs des invertierten Papilloms

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Das System erlaubt den Anschluss von bis zu 76 Spulenelementen und gleichzeitige Signalaufnahme mit bis zu 32 unabhän-gigen Empfangskanälen. Die Kombinati-on von automatischer Tischverschiebung, 500 mm field of view (FOV), High-perfor-mance-Gradientensystem (max. Amplitu-de: 45 mT/m) und Einsatz paralleler Bild-gebung in allen 3 Raumrichtungen ermög-licht in weniger als 1 h Untersuchungszeit eine State-of-the-art-MRT mit maximaler Scanlänge von 205 cm. Die Patienten wer-den für die Ganzkörper-MRT in Rücken-lage mit seitlich an den Körper angelegten Armen positioniert. Es werden insgesamt 5–6 Phased-array-Spulen aufgelegt, mit 12 Spulenelementen für den Kopf, 4 für den Hals, je 6 für Thorax, Abdomen und Be-cken und 16 für die untere Extremität. Die 24 Elemente der Wirbelsäulenspule sind im Tisch eingebettet. Das Anbringen der Spulen dauert ca. 3 min. Die bisherigen Er-fahrungen zeigen, dass die Verwendung vieler Oberflächenspulen bei den Patien-ten nur selten Platzangst auslöst.

Die Messungen erfolgen in 5 aufeinan-der folgenden Tischpositionen. Prinzipiell lassen sich verschiedene Protokollmodule miteinander kombinieren (. Tabelle 1).

Tabelle 1

Exemplarische Sequenzparameter einer Ganzkörper-MRT für ein onkologisches Screening

Orientierung TI (ms) TR (ms) TE (ms) Voxel (mm) iPat TA (min) Besonderheiten

STIR Kopf/Thorax Cor 150 5490 87 1,8×1,3×5,0 2 2:44 –

STIR Thorax/Abdomen Cor 150 6100 87 1,8×1,3×5,0 2 3:04 –

STIR Becken/Oberschenkel Cor 150 8540 87 1,8×1,3×5,0 2 2:17 –

STIR Oberschenkel/Knie Cor 150 7630 87 1,8×1,3×5,0 2 2:02 –

STIR Knie/Unterschenkel Cor 150 7380 87 1,8×1,3×5,0 2 1:43 –

FLAIR (Gehirn) Tra 2500 9380 108 1,2×0,9×4,0 Off 2:30 –

T1-SE (Gehirn) Tra – 500 8 0,9×0,9×4,0 Off 2:59 –

STIR (Hals) Tra 150 5560 59 1,2×0,9×5,0 2 2:17 –

FLASH-2D (Hals) Tra – 337 4,10 1,1×0,8×5,0 2 0:48 –

STIR (Thorax) Tra 150 3800 100 1,8×1,2×6,0 2 0:48 mbh

VIBE-3D-FS (Thorax) Tra – 337 1,21 2,0×2,0×2,0 Off 0:20 x2 bh, fs

T2-TSE-FS (Abdomen) Tra – 5640 95 1,6×1,2×6,0 2 1:46 trigger, fs

Flash-2D-FS (Abdomen) Tra – 242 4,10 2,1×1,5×6,0 2 0:59 mbh, fs

STIR (Becken) Tra 150 7100 70,00 1,3×1,0×4,0 2 4:31 –

FLASH-2D (Becken) Tra – 248 4,10 2,1×1,5×4,0 2 0:57 mbh

VIBE-3D-FS (Kolon, Abdomen) Cor – 3,1 1,2 2,0×2,0×2,0 Off 0:20 bh, fs, dynamisch, Bauchlage

bh breath hold, mbh multiple breah hold, fs fat sat

Für die Akquisition von STIR-(Short-tau-inversion-recovery-)Sequenzen liegt be-reits eine Reihe von Erfahrungen in der Ganzkörper-MRT vor [24, 29, 52, 54]. Ei-ne koronare STIR-Turbospinecho (TSE) als Basismodul (Suchsequenz) wird da-her an den Anfang der Untersuchung gestellt, gefolgt von einer axialen T1w-TSE. Es folgen für den Schädel eine axi-ale FLAIR (fluid attenuated inversion re-covery) und für Thorax und Lunge eine axiale STIR und VIBE (volume interpola-ted breathhold examination). Im Bereich des Oberbauchs und des Beckens werden T2w-TSE-Sequenzen mit Fettsättigung akquiriert. Alle Untersuchungen in Tho-rax und Abdomen werden in Atemstopp oder mit Navigator unter freier Atmung gemessen. Die Wirbelsäule wird fakulta-tiv mit einer sagittalen STIR-Sequenz auf-genommen. Für die Untersuchung des Kolons in Form einer Magnetresonanz-kolonographie (MRC) erfolgt eine Umla-gerung des Patienten in Bauchlage. Dies ist trotz des Zeitaufwandes notwendig, da nur in Bauchlage von einer idealen Dis-tension des Darms ausgegangen werden kann. Die MRC wird in Form einer „Dark-lumen-Darstellung“ nach einem Einlauf

von Leitungswasser in Hypotonie und mit einer intravenösen Applikation von para-magnetischem Kontrastmittel durchge-führt. Alternativ kann auch Luft, wie bei der CT-Kolonographie, insuffliert werden. Abschließend können dann noch T1-ge-wichtete Aufnahmen des Körperstamms erfolgen. Ein exemplarisches Untersu-chungsprotokoll ist in . Tabelle 1 näher spezifiziert. . Abbildung 2 zeigt typische Beispiele für die in allen Körperabschnit-ten erreichbare Bildqualität.

Eine Ganzkörperuntersuchung un-ter Einschluss einer MRC ist in 60 min durchführbar. Die Bildbeurteilung ist da-rin nicht eingeschlossen. Es muss mit ei-ner Anzahl von ca. 1000 Bildern gerech-net werden, die beurteilt werden müssen. Einzelne Module können auch mit der Herz- und Gefäßbildgebung kombiniert werden.

Das vorgestellte Protokoll wurde bis-lang in Tübingen sowohl zur sekundären, vorwiegend aber auch tertiären Präventi-on, d. h. bei Patienten/Kunden mit Vor-geschichte einer bösartiger Tumorerkran-kung eingesetzt. Hierbei wurden eine hohe Leistungsfähigkeit des Verfahrens und eine sehr gute Akzeptanz der Pati-

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Ganzkörper-MRT

Zusammenfassung · Abstract

Radiologe 2004 · 44:854–863DOI 10.1007/s00117-004-1104-y© Springer Medizin Verlag 2004

J. F. Schäfer · A. Fischmann · M. Lichy · J. Vollmar · M. Fenchel · C. D. Claussen H.-P. Schlemmer

Onkologische Früherkennung mit der Ganzkörper-MRT: Möglichkeiten und Grenzen

ZusammenfassungIm letzten Jahrzehnt hat das Interesse an Früherkennungsuntersuchungen mit bild-gebenden Verfahren auch bei informier-ten Laien enorm zugenommen. Unabhän-gig von der Evidenz solcher Ganzkörperun-tersuchungen in der onkologischen Sekun-därprävention muss die Screeningdiskus-sion aufgrund der neuesten technischen Entwicklungen neu überdacht werden, da jetzt eine hochaufgelöste MRT des ganzen Körpers durchgeführt werden kann. Das neueste System erlaubt den Anschluss von bis zu 76 Spulenelementen und simulta-nen Signalempfang mit bis zu 32 unabhän-gigen Empfangskanälen. Eine Ganzkörper-

untersuchung unter Einschluss einer Ma-gnetresonanzkolonographie (MRC) ist in 60 min durchführbar. Es werden mögliche Untersuchungsprotokolle vorgestellt und die Möglichkeiten, aber auch Grenzen der Ganzkörper-MRT in der Prävention der am häufigsten zum Tode führenden Krebsar-ten anhand eigener Erfahrungen und Bei-spiele der Literatur diskutiert.

SchlüsselwörterScreening · Onkologie · Ganzkörperunter-suchung · Magnetresonanztomographie (MRT)

AbstractIn the last decade the interest in radio-logical screening examination increased among informed laymen enormously. Inde-pendent from the evidence of whole-body examinations for cancer prevention the discussion about screening must again be considered again due to the newest techni-cal developments, since MRI of the whole-body with high spatial resolution is feasi-ble now within one single examination. The newest system permits simultaneous connection of up to 76 coil elements and signal reception from 32 independent re-ceiving channels. Whole-body MRI includ-

ing magnetic resonance colonography (MRC) is feasible within 60 min. In this re-view potential investigation protocols will be presented. Potentials, challenges and limitations of whole-body MRI in the pre-vention of the malignancies most frequent-ly leading to death are discussed on the ba-sis own experiences examples and the lit-erature.

KeywordsScreening · Oncology · Whole-body examination · Magnetic resonance imaging (MRI)

Oncologic screening with whole-body MRI: possibilities and limitations

enten/Kunden und Zuweiser beobachtet. Die Zwischenauswertung der noch laufen-den Studie ergibt, dass in 7% der Fälle das therapeutische Management durch die zu-sätzlich erfolgte Ganzköper-MRT bei vor-handener CT und teilweise PET im Sub-kollektiv geändert wurde. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel zeigt . Abb. 3.

Bronchialkarzinom

Das Bronchialkarzinom (BC) ist das am häufigsten zum Tode führende Malignom überhaupt. Bei Männern steht es an 1. Stel-le, bei Frauen an 3. Stelle der Krebsmortali-tät. Pro Jahr versterben in Deutschland da-ran ca. 38.000 Menschen, davon sind ca. 8000 unter 60 Jahre alt. Während bei Män-nern die Inzidenz langsam fällt, steigt die-se bei Frauen, wahrscheinlich aufgrund der geänderten Rauchergewohnheiten, seit Jahren an. Das mittlere Erkrankungs-alter liegt bei 67–68 Jahren [28]. Aufgrund der Tatsache, dass das BC spät Symptome zeitigt, wird es meist erst in fortgeschritte-nen Stadien entdeckt. Infolge dessen liegt die mittlere Fünfjahresüberlebensrate bei 13–14%. Bislang gibt es noch keine gesi-cherten Daten, dass ein Screening über-haupt zu einer Senkung der Mortalität führt. Erste Ergebnisse kontrollierter, ran-domisierter Studien zur Low-dose-Com-putertomographie sind ab 2005 und 2006 zu erwarten. Metaanalysen älterer Studien ergaben, dass weder die Röntgenaufnah-me alleine, noch in Verbindung mit Spu-tumuntersuchungen einen messbaren Vor-teil erbrachten. Die Effektivität des Scree-nings mittels CT bestätigt sich aber inso-fern, dass das BC in deutlich früheren Sta-dien als klinisch üblich entdeckt wurde [23]. Je nach Studie waren 60–88% der Karzinome im Stadium I [9, 10, 20, 51]. Die Untersuchung wird als Low-dose-CT durchgeführt, wobei die diagnostische Ge-nauigkeit mit sinkender Dosis abnimmt [8]. Gleichzeitig muss eine Vielzahl von Patienten kontrolliert werden, da bei bis zu 50–60% der Patienten Rundherde ge-funden wurden, die Prävalenz des BC aller-dings im Risikokollektiv bei nur ca. 0,1% liegt. Die Algorithmen der Kontrollunter-suchungen sind noch Gegenstand der For-schung. Neueste Ergebnisse zeigen, dass ein Kontrollintervall von 12 Monaten bei Herden kleiner als 5 mm ausreicht. Grö-

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ßere Herde (>5 mm) sollen alle 3 Monate mit der CT kontrolliert werden [20].

Die MRT der Lunge ist bislang kein gän-giges Verfahren in der klinischen Routine, allerdings könnte sich dies nicht zuletzt durch die zunehmende Verbreitung der Ganzkörpertomographen rasch ändern. Unter anderem muss geklärt werden, wie auffällige Befunde in der Lunge zu bewer-ten sind, die im Rahmen kardiovaskulärer Untersuchungen auffallen. Die bisher zur Diagnostik von Rundherden mit der MRT publizierten Studien zeigen bereits eine hohe Sensitivität, im Vergleich zur CT als

Goldstandard mit ca. 93% detektierten Lä-sionen bei einer minimalen Läsionsgröße von 2 mm [32]. Dass prinzipiell eine hohe Signalintensität in T2-betonten Sequenzen auf einen malignen Prozess schließen lässt, hat sich nicht bestätigt. Allerdings zeigte sich, dass die Detektionsrate maligner Her-de höher ist als z. B. von Granulomen. Die-ser Umstand könnte bei Vorsorgeuntersu-chungen vorteilhaft sein. Ausreichende Da-ten hierzu gibt es noch nicht. Alle Arbeiten zeigen eine klare Größenabhängigkeit der Detektionssicherheit mit insgesamt einer Rate z. T. unter <50% bei Herden <5 mm

[5, 25, 27, 32, 42]. Gerade aber diese Her-de sind mit hoher Wahrscheinlichkeit beni-gne. Für die Klärung von Herden >5 mm könnte neben der Verlaufskontrolle die dy-namische kontrastverstärkte MRT eine Rol-le spielen [35, 43]. Obwohl es vielverspre-chende Ansätze der MRT gibt und mit der neuesten Technik erhebliche Verbesserun-gen in der Ortsauflösung und der Artefakt-reduktion erzielt worden sind (. Abb. 2, 4 und 5), ist die Effektivität der MRT noch nicht ausreichend belegt. Zudem wird das Screening des Lungenkrebs außerhalb von Studien nicht empfohlen [9].

Abb. 3 9 Koronare STIR einer Ganzkörper-MRT im Rahmen der Nachsorge bei malignem Melanom eines 37-jährigen Mannes. Überraschender Befund einer bis dahin in keiner anderen Untersuchungs- methode bemerkten, 6 cm messenden Weichteil-metastase am linken dorsalen Oberschenkel (Pfeil)

Abb. 4a–c 8 Bronchialkarzinom (Stadium T1) bei einem 65-jährigen Mann (Pfeil). In der VIBE-Sequenz kontrastreiche Darstellung eines spikulierten Herdes im Segment 1 rechts (a). In der STIR (b) etwas signalschwächere, aber sehr ähnliche Abbildung im Vergleich zur CT (c)

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Ganzkörper-MRT

im Darm entstehen. Zudem kann die Beur-teilung anderer Organe beeinträchtigt wer-den. Generell ist davon auszugehen, dass die MRC wie auch die CTC eine Lücke zwischen dem nichtinvasiven Hämooc-cult und der hohen Koloskopie schließen könnte. Insbesondere für die MRC fehlt noch der Effektivitätsnachweis an größe-ren Kollektiven. Im Rahmen einer onkolo-gischen Vorsorge mit bildgebenden Verfah-ren ist die MRC allerdings ein wesentlicher Bestandteil.

Mammakarzinom

Das Mammakarzinom ist die häufigste Krebserkrankung der Frau. Jährlich er-kranken ca. 47.500 Frauen, davon sind ca. 19.000 Frauen unter 60 Jahre alt. Die diag-nostischen Strategien sind in den Leitlini-en der Deutschen Gesellschaft für Senolo-gie klar geregelt [45] Eine primäre Diag-nostik mit der MR-Mammographie wird sowohl aus Kostengründen als auch auf-grund des geringen positiven Vorhersage-wertes nicht empfohlen. Ebenso wird ein Screening mit der MR-Mammographie lediglich bei Hochrisikopatientinnen mit dichtem Drüsenparenchym als indiziert angesehen [26].

Abb. 5a–c 8 Rundherd 8 mm messend, im Mittellappen (Pfeile) bei einem 58-jährigen Mann. In der Röntgenaufnahme (Ausschnitt) kann der Herd leicht übersehen werden (a). Klare Detektion in der STIR (b) mit größengleicher Darstellung zur CT (c). Histologisch wurde ein Hamartom gefunden

Kolorektales Karzinom

Das kolorektale Karzinom steht bei beiden Geschlechtern an 2. Stelle in der Statistik der tumorbedingten Todesursachen [28]. Es geht mehrheitlich aus Adenomen mit einer langen Latenz von ca. 10 Jahren her-vor. Durch die Polypektomie kann eine ef-fektive Tumorprophylaxe erreicht werden. Aufgrund dieser Eigenschaften eignet sich das Kolonkarzinom zur sekundären Prä-vention mit entsprechend längeren Un-tersuchungsintervallen [6, 47]. Die Früh-erkennung mit Hilfe des Stuhltests ist seit dem 1.10.2002 etabliert und wurde durch die hohe 2-malige Koloskopie als Bestand-teil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland er-weitert. Entscheidend für das Gelingen eines auch kosteneffizienten Screenings sind neben hohen Qualitätsstandards mit niedrigen Komplikationen die allgemeine Verfügbarkeit der Methode und die Ak-zeptanz bei den Betroffenen [48]. Genau darin wird der Vorteil der virtuellen Ko-loskopie gesehen. Zur diagnostischen Ge-nauigkeit der CT-Kolonographie (CTC) gibt es mittlerweile umfangreiches Daten-material, zuletzt mit einer vergleichenden Studie an 1233 asymptomatischen Teilneh-mern[36]. Hierbei zeigte sich eine sehr hohe Genauigkeit im Vergleich zur Kolo-skopie, mit einer Sensitivität in Abhängig-keit zur Größe von 89–94%. Für kolorek-tale Raumforderungen im Bereich von ≥10 mm konnten mit der MR-Kolonogra-pie gleich gute Detektionsraten erzielt wer-den, die Datenbasis ist allerdings deutlich geringer [1, 30, 31, 41]. Das Risiko einer malignen Entartung von Polypen unter 10 mm ist limitiert. Daher erscheint u. U. die geringere Sensitivtät der MRC für klei-ne Polypen hinnehmbar [2]. Die Detekti-onsrate ist abhängig von der Voxelgröße, wobei im vorgestellten Protokoll eine iso-trope Auflösung von 2 mm verwirklicht wurde (. Abb. 6 und 7). Eine noch höhe-re Auflösung in Schichtrichtung ist mögli-cherweise notwendig.

Der entscheidende Vorteil der MRC im Vergleich zur CT liegt nicht unbedingt nur in der fehlenden Strahlenexposition, da mittlerweile extreme Low-dose-Untersu-chungen (20 mAs) möglich sind [40], son-dern in der Tatsache, dass sich die MRC in ein Mehrorganscreening ohne Abstriche

an die Qualität der Untersuchung integrie-ren lässt. Durch die sog. Dark-lumen-Dar-stellung nach Einlauf von Leitungswasser (oder Luftinsufflation) und Gabe von pa-ramagnetischem KM kann eine mehrpha-sische Messung des gesamten Abdomen und Beckens erfolgen (. Abb. 2), wodurch auch eine qualifizierte Aussage über ande-re Zielorgane möglich wird. Zuvor sollten native T1- und T2-gewichtete Aufnahmen erfolgen. Inwieweit sogar artdiagnostische Aussagen anhand der Kontrastaufnahme der Darmveränderungen möglich werden, ist Gegenstand der Forschung. Ein wichti-ger Vorteil der neuen Vielkanaltechnik mit großem FOV ist die Tatsache, dass der ge-samte Dickdarm in einer Atemanhaltepha-se untersucht werden kann. Durch die par-allele Bildgebung wird zudem die Messzeit verkürzt. Allerdings sind aufgrund des re-lativ niedrigen Kontrast-zu-Rauschen zwi-schen der Darmwand und dem Lumen hier Grenzen gesetzt. Die in den Anfän-gen der MRC publizierte Methode des Gadoliniumeinlaufs könnte hiervon deut-licher profitieren, sodass sehr kurze Mess-zeiten möglich wären [50]. Allerdings sind die Nachteile einer Umlagerung und einer erneuten Messung in Kauf zu nehmen, da Spiegel zwischen Luft und Kontrastmittel

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Abb. 6a, b 8 Zufallsbefund eines Kolonkarzinoms (Stadium T3) im Colon transversum bei einer 83-jährigen Frau. Hochaufgelöste VIBE koronar mit Darstellung des alle Wandschichten durchsetzenden Tumors (a). Die hochgradige (koloskopisch) nicht passierbare Stenose ist in der Oberflächenrekonstruktion (endo view, b) erkennbar (Pfeile)

Aufgrund der hohen Prävalenz benig-ner und maligner Befunde der weiblichen Brust sowie der hohen Sensitivität der Ma-gnetresonanztomographie für Mammalä-sionen ist damit zu rechnen, dass durch das Ganzkörperscreening bei einem er-heblichen Teil der Patientinnen Läsionen detektiert werden. Im Rahmen der Ganz-körper-MRT ist keine dezidierte Mamma-diagnostik mit hoher Ortsauflösung und Kontrastmitteldynamik möglich, welche für eine ausreichende Spezifität insbeson-dere bei prämenopausalen Patientinnen benötigt wird [46]. Zunächst sollte im Fall eines suspekten Mammabefundes bei der Ganzkörper-MRT eine konventionel-le Diagnostik mit Palpation, Mammogra-phie und Ultraschall angeschlossen wer-den. Falls diese kein Korrelat zeigt und der Herd kleiner als 1 cm ist, ist das Karzi-nomrisiko gering [7]. Hier erscheint eine

Kontrolle mittels gezielter MR-Mammo-graphie inklusive Dynamik, ggf. nach ei-nem Intervall von zumindest 6 Monaten, indiziert [4, 15]. Bei größeren Herden soll-te in jedem Fall eine MR-mammographi-sche Abklärung erfolgen, da in diesem Fall bereits aufgrund der Morphologie der Lä-sion eine hohe Spezifität zu erzielen ist [7]. Über die Kosten-Nutzen-Relation ei-nes solchen Vorgehens gibt es keine Daten. Die Patientinnen müssen über die fehlen-de Spezifität und unzureichende Sensitivi-tät der Ganzkörper-MR für den Nachweis oder Ausschluss des Mammakarzinoms genau aufgeklärt werden.

Prostatakarzinom

In den westlichen Ländern ist das Prosta-takarzinom die häufigste bösartige Tumor-erkrankung des Mannes und stellt nach

dem Bronchialkarzinom die zweithäufigs-te zum Tode führende Tumorerkrankung dar. Allein in Deutschland erkranken jähr-lich ca. 31.500 Männer an einem Prostata-karzinom und ca. 11.000 Männer verster-ben im gleichen Zeitraum an dieser Er-krankung [28]. Die Einführung eines ein-fachen Serumtests zur Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA) hat in den 80er Jahren entscheidend zu einer frühen Diagnosefindung mit einer häu-fig noch auf die Prostata beschränkten Tu-morausdehnung beigetragen. Die Effekti-vität konnte in einer erst kürzlich publi-zierten großen randomisierten Studie ge-zeigt werden [22]. Die Evidenz der Metho-de hinsichtlich einer Senkung der Morta-lität ist allerdings noch unbewiesen [33]. Die Ergebnisse z. B. des PLCO-Trials [37] sind abzuwarten. Die Problematik der Me-thode ist die geringe Spezifität, da eine er-höhte PSA-Serumkonzentration auch bei gutartigen Erkrankungen (z. B. Prostatitis, benigne Prostatahypertrophie) gefunden wird. Verschiedene Verbesserungen des PSA-Tests, wie z. B. die Bestimmung des Verhältnisses von freiem zu Gesamt-PSA, sind in Erprobung. Der transrektale Ultra-schall (TRUS) wird wegen geringer Sen-sitivität und Spezifität vornehmlich für die Steuerung der Biopsie eingesetzt. Die Computertomographie (CT) hat für das lokale Staging im Frühstadium keine Be-deutung und ist lediglich für die Diagnos-tik von Fernmetastasen geeignet.

Für das lokale Staging ist die MRT mit kombinierter Endorektal- und Körper-pha-sed-array-Spule (endoMRT) die z. Z. sen-sitivste Methode (ca. 90%) mit der höchs-ten räumlichen Auflösung bei allerdings nur geringer Spezifität (ca. 50%). Die Kom-bination von hoher Sensitivität bei gerin-ger Spezifität ist für ein Screening jedoch sehr problematisch. Bei Untersuchungen sind häufig pathologische Signalverände-rungen zu erwarten, die aber nicht eindeu-tig zugeordnet werden können (Prostati-tis, benigne Prostatahyperthrophie, Kar-zinom; . Abb. 8). Nach bioptischer Di-agnosestellung vermag die endoMRT an-dererseits ein organbegrenztes von einem organüberschreitenden Tumorwachstum mit hoher Spezifität (bis ca. 95%) zu unter-scheiden, was von großer Bedeutung für die Indikationsstellung zur radikalen Pro-statektomie ist. Zu Erhöhung der Spezifi-

Abb. 7a, b 8 Großer, teilweise gestielter Polyp (Pfeil) – histologisch tubulovillöses Adenom des Colon sigmoideum bei einer 66-jährigen Frau. Detailreiche Darstellung in der koronaren VIBE (a) und in der VC (b)

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Ganzkörper-MRT

tät könnte die Messung der MRT-basier-ten PSA-Dichte beitragen [34]. Die Treff-sicherheit für das MR-tomographische Staging hängt erwiesenermaßen erheb-lich von der individuellen Erfahrung des befundenden Radiologen ab.

Die dynamische, KM-unterstützte MRT ermöglicht es, Mikrovaskularisati-ons-abhängige Gewebeparameter von Tu-moren zu erfassen, die quantitative Hin-weise auf die jeweilige Mikrogefäßdich-te geben können [44]. Mit der 1H-MR-Spektroskopie können zudem nichtinva-siv Metabolite (Zitrat, Cholin, [Phospho-]Kreatin) detektiert werden, die eine Dif-ferenzierung von malignen und benignen Stoffwechselveränderungen ermöglichen. Die Integration der 1H-MR-spektroskopi-schen Bildgebung in die MRT kann Sen-sitivität und Spezifität sowohl für die Tu-mordetektion und -lokalisation als auch für die Erkennung einer extrakapsulären Ausbreitung steigern [21]. Diese Metho-den sind aber sicherlich nicht im Rahmen einer Screeninguntersuchung durchzufüh-ren. Der Stellenwert der MRT für die Früh-diagnostik könnte darin liegen, bei unkla-ren PSA-Erhöhungen und negativer Biop-sie die Detektion des Prostatakarzinoms zu verbessern. Ausreichende Daten hier-für gibt es jedoch z. Z. nicht.

Da im Rahmen einer Screeningunter-suchung eine hochaufgelöste T2-gewich-tete MRT des Beckens durchgeführt wer-den sollte, muss auch die Prostata bewer-tet werden. Daher sollte im Rahmen einer Ganzkörper-MRT als Vorsorge bei entspre-chendem Risiko der PSA-Wert bekannt sein, oder besser, jeder Patient, der zur Vorsorge eine Ganzkörper-MRT durch-führen lässt, sollte sich auch einer urolo-gischen Vorsorgeuntersuchung unterzie-hen. Falls diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, sollte der Patient im Rah-men der schriftlich dokumentierten Auf-klärung ausdrücklich über die begrenzte Aussagekraft der Methode hinsichtlich der Detektion eines Prostatakarzinoms hinge-wiesen werden. Wenn der behandelnde Urologe bereits ein Prostatakarzinom ver-mutet, kann nach bioptischer Diagnosesi-cherung nur eine MRT mit Endorektalspu-le sinnvoll eingesetzt werden. Bei entspre-chender Prätestwahrscheinlichkeit auf ein Prostatakarzinom (PSA-Erhöhung) könn-te anstelle der MRC auch eine endoMRT

der Prostata mit kombinierter Endorektal- und Körper-phased-array-Spule durchge-führt werden.

Andere Malignome und Nebendiagnosen

Geschlechtsspezifisch liegt neben den Leukämien und Lymphomen die Morta-lität bei Malignomen der Ovarien, des Magens, des Pankreas, der Niere und der Harnblase jeweils im Bereich von ca. 3–6% aller Krebsarten. In der Summe dieser Tumoren sind es allerdings für Frauen ca. 23,2 und für Männer 18,7%.

Für das Ovarialkarzinom konnte die Ef-fektivität einer Frühdiagnostik mit einer Kombination von transvaginalem Ultra-schall und der Bestimmung des Markers CA-125 gezeigt werden. Die MRT ist sehr genau (>90%) in der Differenzialdiagno-se von unklaren ovariellen Prozessen [53]. Das Potenzial der MRT als initiale Methode für die Früherkennung ist bis-lang unklar. Ähnlich wie beim Mamma-

und Prostatakarzinom sollten diagnosti-sche Algorithmen definiert werden, ins-besondere damit eine gesteigerte Verun-sicherung von Patienten und eine ineffizi-ente Kostensteigerung vermieden werden. Der Wert der MRT in der Frühdiagnose des Magenkarzinoms ist völlig unklar. Nur wenige Publikationen befassen sich mit dem Staging des Magenkarzinoms mit bildgebenden Verfahren [11, 49]. Die gezielte Untersuchung des Magens würde zudem eine adäquate Distension des Ma-gens voraussetzen. Hinsichtlich der Detek-tion des Pankreaskarzinoms mit der wei-terhin sehr schlechten Prognose (Fünfjah-resüberlebensrate von 5%) zeigen CT und MRT vergleichbare Sensitivitäten von 70–80% [14]. Dass ein Screening des Nieren-zellkarzinoms effektiv auch mit Ultra-schall durchgeführt werden kann, wurde im Rahmen einer Machbarkeitstudie ange-nommen [13]. Allerdings zeigte auch die-se Studie die prinzipielle Problematik einer niedriger Inzidenz der Zielerkrankung. Es wurde in 0,1% der Fälle ein Karzinom ge-

Abb. 8 9 Bildliche Veran-schaulichung der Proble-matik beim Prostatakarzi-nom. Ganzkörper-MRT ei-nes 57-jährigen Mannes. Darstellung einer um-schriebenen und unkla-ren Signalabsenkung der peripheren Zone links (Pfeile). Der Serum-PSA-Wert betrug etwas über 4 ng/dl und war damit oberhalb der Normgren-ze. Bei der anschließen-den urologischen Untersuchung wurde die Verdachtsdiagnose einer Prostatitis gestellt. Daher wurde auf eine Biopsie verzichtet und der PSA-Wert im Verlauf kontrolliert. Nach einer leichten Absenkung des Wertes werden vorerst weitere urologische Kon-trollen durchgeführt

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funden, insgesamt waren aber in 1,8% su-spekte Befunde detektiert worden. Darü-ber hinaus wurden insgesamt in 12% wei-tere Nebendiagnosen gestellt. Auch ande-re Studien zeigen, dass bei fehlender Vor-selektion Nebendiagnosen u. U. häufiger vorkommen als Hauptdiagnosen [19]. Die Essener Arbeitsgruppe fand mit der Ganz-köper-MRT 29% der auffälligen Befunde nicht in primären Zielorganen [17]. Die klinische Relevanz im Allgemeinen, die therapeutische Konsequenz einzelner Be-funde sowie die Kosten-Nutzen-Relation solcher Diagnosen bei asymptomatischen Patienten sind weiterhin unklar [3]. Im Einzelfall jedoch kann die Diagnose von höchster Bedeutung sein. Bisher gibt es dazu noch keine ausreichenden Daten, so-dass die Ergebnisse der Essener Studie an 6000 Probanden abgewartet werden müs-sen [18].

Fazit für die Praxis

Durch die neue Technik der Ganzkörper-MRT können sämtliche Körperregionen in einem Untersuchungsgang mit hoher Auflösung dargestellt werden. Die Unter-suchung bleibt ohne relevante Nebenwir-kungen. Daher ist im Gegensatz zu ande-ren Verfahren mit keiner Steigerung der Morbidität im direkten Zusammenhang mit der Methode zu rechnen. Man kann sogar von einem gänzlich neuen Verfah-ren sprechen, da bisher die Kombinati-on der einzelnen Untersuchungsmodule nicht praktikabel war. Aufgrund der ge-nannten Vorteile bietet sich die MRT für die bildgebende Sekundärprävention ma-ligner Tumoren an. An 1. Stelle steht das Kolonkarzinom. Welche weiteren Krebsar-ten sinnvoll mit der MRT untersucht wer-den sollen, ist noch unklar. So gibt es kei-ne Kosten-Nutzen-Berechnungen, unter welchen Bedingungen eine Senkung der Gesamtmortalität durch Krebs mit der MRT beeinflussbar wäre. Daher muss ei-ne breitere Datenbasis geschaffen wer-den, um zunächst die Effektivität in der Detektion nachzuweisen. Dies kann nur in kontrollierten Studien geschehen. Von einem ungezielten Einsatz muss eindeu-tig abgeraten werden. Um nicht eine we-sentliche Neuerung der Radiologie in den „Wellnessbereich“ abrutschen zu las-sen, bedarf es eines fachkundigen Teams

aus Radiologen und z. B. Präventivmedi-zinern. Darüber hinaus müssen medizini-sche Netzwerke geschaffen werden, die unnötige Folgeuntersuchungen verhin-dern und den Betroffenen im positiven Falle zur Seite stehen. Ganz wesentlich er-scheint uns auch, die Patienten/Kunden, die in der Regel ohne Symptome kom-men, vor einer Untersuchung über mögli-che Ergebnisse und die damit verbunde-nen Folgen aufzuklären. Wenn sich aller-dings die positiven Erwartungen erfüllen, muss dafür gesorgt werden, dass die Me-thode einem breiten Bevölkerungsanteil zugänglich gemacht wird.

Korrespondierender AutorDr. J. F. Schäfer

Abteilung für Radiologische Diagnostik, Universitätsklinikum, Hoppe-Seyler-Str. 3, 72076 Tübingen E-Mail: [email protected]

Interessenkonflikt: Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in dem Artikel ge-nannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenz-produkt vertreibt, bestehen.

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