Kontrastiv-linguistische Analysen der koreanischen Sprache: Koreanisch - Deutsch

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Kontrastiv-linguistische Analysen der koreanischen Sprache 한국어의 비교-언어학적 분석 Koreanisch – Deutsch 한국어-독일어 Frank Kostrzewa Forschungsarbeit Sprachen

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Kontrastiv-linguistische Analysen der koreanischen Sprache한국어의 비교-언어학적 분석Koreanisch – Deutsch

한국어-독일어

Frank Kostrzewa

F o r s c h u n g s a r b e i t

Sprachen

Kontrastiv-linguistische Analysen der koreanischen Sprache

Koreanisch – Deutsch

한국어의 비교-언어학적 분석

한국어-독일어

Frank Kostrzewa

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Inhaltsverzeichnis Seite I.  Kausalitätsmarkierungen im Deutschen und im Koreanischen 3 

II.  Funktionsverbgefüge im Deutschen und im Koreanischen 18 

III.  Konjunktionen im deutsch-koreanischen Sprachvergleich 38 

IV.  Präpositionen und Postpositionen im deutsch-koreanischen Sprachvergleich 47 

V.  Adverbien und Adverbialien im Deutschen und Koreanischen -

Schwierigkeiten des Erwerbs der deutschen Adverbien und Adverbialien

durch koreanische Lerner des Deutschen 78 

VI.  Der Quotativ - die indirekte Rede im Deutschen und im Koreanischen 90 

VII.  Onomatopöie am Beispiel des Koreanischen 103 

VIII.  Sprichwörter im Deutsch-Koreanischen Sprachvergleich 119 

IX.  Schimpf- und Tabuwörter im Deutschen, Englischen und Koreanischen 132 

X.  Lehnwörter und Fremdwörter im Kontext ihrer Etymologie 150 

XI.  Der Satz im Koreanischen 170 

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I. Kausalitätsmarkierungen im Deutschen und im Koreanischen

1.0 Einleitung

Im vorliegenden Beitrag sollen die Möglichkeiten der Kausalitätsmarkierung im Deutschen

und im Koreanischen erörtert werden.

Der Kausalzusammenhang wird von Hartung (1961, 55) als „eine spezifische Relation

zwischen zwei Sachverhalten (Erscheinungen) definiert, die dann gegeben ist, wenn der eine

Sachverhalt den anderen notwendig hervorbringt. Der Sachverhalt, der den anderen

hervorbringt, ist die Ursache, der hervorgebrachte die Wirkung“. Kausalzusammenhänge

bestehen also im Kern immer in einer Ursache-Wirkung-Beziehung.

Der Duden (1998, 791) weist darauf hin, dass der Begriff der Kausalität auf sprachliche

Äußerungen der Alltagssprache „nicht im wissenschaftlich strengen Sinn“ angewandt werden

kann. Diese Ansicht wird anhand der folgenden Beispiele belegt:

Weil der Motor kaputt war, brannte auch das Lämpchen nicht mehr.

Weil das Lämpchen nicht mehr brannte, war der Motor kaputt.

Laut Duden (ebd.) lassen sich die Unterschiede zwischen den Teilsätzen anhand der

folgenden Paraphrasen verdeutlichen:

Dass der Motor kaputt war, war der Grund dafür, dass auch das Lämpchen nicht mehr

brannte.

Dass das Lämpchen nicht mehr brannte, war ein Zeichen dafür, dass der Motor kaputt war.

Nur in dem ersten Beispielsatz stecke hinter der Konjunktion weil tatsächlich eine

Kausalbeziehung. Der zweite Fall sei als eine Art Symptombeziehung zu verstehen.

Obwohl Satzgefüge der „Symptombeziehung“ gegen die Sprachlogik im strengen Sinne

verstießen, kämen sie in der Alltagssprache relativ häufig vor.

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Hinsichtlich der sprachlichen Realisierungsmöglichkeiten der Kausalität durch Kausalsätze

im weiteren Sinne differenziert Jude (1972, 273) zwischen den folgenden fünf Satztypen:

- eigentliche Kausalsätze (Begründungssätze)

- Finalsätze (Absichtssätze)

- Konditionalsätze (Bedingungssätze)

- Konzessivsätze (Einräumungssätze)

- Konsekutivsätze (Folgesätze)

Kausalitätsmarkierende Wortklassen sind im Wesentlichen die kausalen Konjunktionen, die

Kausaladverbien und die kausalen Präpositionen. Drosdowski (1984, 376) zählt zu den

kausalen Konjunktionen die Konjunktionen denn und weil, wobei denn ausschließlich

zwischen Sätzen stehen kann (Duden 1998, 403):

Wir gingen wieder ins Haus, denn es war draußen sehr kühl geworden.

Das schlechte, weil fehlerhafte Buch. Das Buch ist schlecht, weil fehlerhaft.

Während mit denn und weil eine Begründung ausgedrückt (rein kausal) wird, wird mit wenn

auch eine Einräumung (konzessiv) markiert:

Der gute, wenn auch langsame Arbeiter …

Er arbeitet gut, wenn auch langsam.

Weil und wenn auch werden zwischen zwei Adjektive gesetzt (Duden 1998, 403).

Kausaladverbien wie darum oder folglich stehen in der Regel zwischen den Sätzen an erster

Position. Es folgen das konjugierte Verb an zweiter und das Subjekt an dritter Position:

Er will arbeiten, darum hat er sein Zimmer gekündigt.

Durch Umstellung ist eine Positionierung der Kausaladverbien an dritter Stelle möglich:

Er will arbeiten, er hat darum sein Zimmer gekündigt.

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Weitere kausale und logische Adverbien sind u.a. deswegen, nämlich, anstandshalber,

meinethalben, demzufolge, somit etc.

Kausale und logische Adverbien gehören laut Duden (1998, 370f.) zusammen mit den

konditionalen und konsekutiven Adverbien, den konzessiven, restriktiven und adversativen

Adverbien und den interrogativ und relativisch gebrauchten Konjunktionaladverbien zur

Gruppe der Konjunktionaladverbien. Konjunktionaladverbien nehmen „eine Zwischenstellung

zwischen Adverbien und Konjunktionen ein“ (Duden 1998, 370) und setzen Gegebenheiten

oder Sachverhalte zueinander in Beziehung oder verbinden sie.

Zu den kausalen Präpositionen im weitesten Sinne rechnet der Duden (1998, 370) die

folgenden:

angesichts, anlässlich, auf, aus, behufs, bei, betreffs, bezüglich, dank, durch, für, gemäß,

halber, infolge, kraft, laut, mangels, mit, mittels(t), nach, ob, seitens, trotz, über, um, um …

willen, unbeschadet, ungeachtet, unter, vermittels(t), vermöge, von, vor, wegen, zu, zufolge,

zwecks.

Der Duden (1998, 390) weist darauf hin, dass Präpositionen wie behufs, betreffs, bezüglich,

mangels, seitens, vermittels(t) und zwecks als Papierdeutsch gelten.

Wegen und für gehören nach Drosdowski (1984, 376) zu den kausalen bzw. konsekutiven

Präpositionen im engeren Sinne:

Sie konnten wegen des Regens nicht gehen.

Er ist zum Weinen glücklich.

Im folgenden Kapitel stehen nun zunächst die kausalen Satztypen im Deutschen im

Mittelpunkt. Anschließend wird näher auf die syntaktische Struktur von Kausalsätzen mit

kausalen Konjunktionen eingegangen. Im dritten Kapitel werden die Möglichkeiten der

Kausalitätsmarkierung im Koreanischen erörtert. Hierbei findet insbesondere die Verwendung

von Kausaladverbien und kausalen Hilfspartikeln („connectors“) Berücksichtigung.

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2.0 Kausalitätsmarkierungen im Deutschen

2.1 Eigentliche Kausalsätze

Eigentliche Kausalsätze bezeichnen den Grund der Hauptsatzhandlung auf die Fragen:

Warum? Weshalb? Weswegen? Wodurch? Als Konjunktionen werden in den eigentlichen

Kausalsätzen vornehmlich weil, da, denn und zumal verwendet.

„Da/Weil eine Baustelle eingerichtet wird, gibt es eine Umleitung. Die Tanzweisen

vermischten sich, da in jedem Saal etwas anderes gespielt wurde, zu einem wilden,

ohrenbetäubenden Lärm“.

(Duden 1998, 789)

Der eigentliche Kausalsatz kann auch durch die Konjunktion dass eingeleitet werden. Ihr

entsprechen im Hauptsatz die Korrelate darum, deswegen, deshalb. Zu den in eigentlichen

Kausalsätzen verwendeten Kausaladverbien gehören darum, deshalb, deswegen etc. Kausale

Relationen können auch durch Präpositionen wie auf, aus, infolge, um …willen, vor, wegen

etc. markiert werden.

2.2 Finalsätze

Ein Finalsatz gibt an, zu welchem Zweck sich das Geschehen im übergeordneten Satz

vollzieht. Finalsätze werden häufig durch die Konjunktionen damit und dass eingeleitet. Ein

finaler Nebensatz kann durch die Verwendung von darum, deswegen, deshalb, dazu im

Hauptsatz angekündigt werden. Konjunktionale Nebensätze lassen sich durch um + zu +

Infinitiv bzw. durch zu + Infinitiv substituieren.

2.3 Konditionalsätze

In einem Konditionalsatz wird die Bedingung genannt, unter der sich das im übergeordneten

Satz genannte Geschehen vollzieht. Konditionalsätze werden häufig durch die Konjunktionen

wenn oder falls eingeleitet. Als entsprechende Hauptsatzkorrelate können dann, als dann oder

so auftreten.

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2.4 Konzessivsätze

Der Konzessivsatz nennt einen Gegengrund zu dem im übergeordneten Satz genannten

Sachverhalt. Konzessivsätze können durch die Konjunktionen obgleich, obwohl, obschon,

wenn auch, wennschon, wenngleich etc. eingeleitet werden. Seltener kommen die

Anschlussmittel ungeachtet und gleichwohl vor. Entsprechende Korrelate im Hauptsatz sind

trotzdem oder dennoch. Als konzessive Kausaladverbien können u.a. dennoch, allerdings und

indessen auftreten.

2.5 Konsekutivsätze

In einem Konsekutivsatz wird die Folge des im übergeordneten Satz genannten Sachverhalts

angegeben. Konsekutivsätze können durch die Konjunktionen dass, sodass, als dass, um-zu,

zu etc. eingeleitet werden.

„Es regnete stark, sodass die Wanderung recht anstrengend wurde. Sie hatte aber bald nach

der Beerdigung angefangen, die Dinge der Welt mehr und öfter nach religiösen

Gesichtspunkten zu beurteilen, sodass sie keine rechte Hilfe war und im Grunde der Aufsicht

bedurfte.“ (Duden 1998, 792)

Die Markierung eines Konsekutivsatzes ist auch durch die Verwendung konsekutiver

Konjunktionaladverbien wie also, so, folglich, infolgedessen, demnach, insofern etc. möglich.

In allen genannten Typen von Kausalsätzen können kausale Konjunktionen auftreten.

Helbig/Buscha (1987, 445) unterscheiden zwei Gruppen von Konjunktionen nach ihrem

Einfluss auf die Stellung des finiten Verbs in dem von einer Konjunktion eingeleiteten Satz,

und zwar zum einen subordinierende und zum anderen koordinierende Konjunktionen.

Hartung (1961, 42) verwendet mit derselben Bedeutung die Begriffe unterordnende und

beiordnende Konjunktionen. Koordinierende (beiordnende) Konjunktionen verbinden zwei

Hauptsätze miteinander. Das finite Verb steht in Zweitstellung hinter dem Subjekt:

Die Eltern fahren unbeschwert ab, denn die Tante sorgt für die Kinder.

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Subordinierende (unterordnende) Konjunktionen leiten einen Nebensatz mit Endstellung des

finiten Verbs ein:

Bei solch einem Wetter bleiben wir lieber im Hotel, zumal unsere Ausrüstung nicht gut ist.

Nebensätze mit Endstellung des finiten Verbs werden von Hartung (1961, 49) als Gliedsätze

bezeichnet, die dazu gehörigen nicht-markierten Sätze als Hauptsätze. Gliedsätze sind

inhaltlich unvollständige Sätze, die nicht allein stehen können. Drosdowski (1984, 669)

betrachtet Gliedsätze als diejenigen Nebensätze, die an der Stelle eines Satzgliedes stehen.

Der konjunktionale Gliedsatz und der nicht-konjunktionale Hauptsatz bilden eine

syntagmatische Einheit. Während sich der konsekutive Gliedsatz inhaltlich aus einer

vorangehenden Handlung ergibt und daher hinter dem Hauptsatz steht, können kausale

Konjunktionalsätze dem Hauptsatz voran- oder nachgestellt werden.

3.0 Kausalitätsmarkierungen im Koreanischen

Im Koreanischen können Kausalzusammenhänge durch Kausaladverbien und sogenannte

kausale Konnektoren („connectors“; An 1980, 205) markiert werden, die aus Hilfspartikeln

bestehen. Nam/Ko (1985, 388) verwenden zur Bezeichnung der Konnektoren den

koreanischen Begriff „yongyol-omi“. Hilfspartikeln (Suffixe) spielen in einer

agglutinierenden Sprache wie dem Koreanischen eine zentrale Rolle zur Markierung von

syntaktischen Beziehungen und Funktionskategorien. Hilfspartikeln als Endungsmorpheme

können in terminale und konjunktionale Endungen untergliedert werden. Zusammen mit dem

Wortstamm bilden die terminalen und konjunktionalen Endungen die prädikativen Endungen.

Die prädikativen Endungen wiederum lassen sich in Hauptprädikate (Terminalformen) und

Nebensatzprädikate (Konjunktionalformen) unterteilen. Die erstgenannten bilden den Schluss

eines Einzelsatzes oder Satzgefüges, während letztere einen Nebensatz begrenzen und eine

überleitende Funktion besitzen.

Semantisch können die Kausalsätze im weiteren Sinne, wie im Deutschen, in eigentliche

Kausalsätze, Finalsätze, Konditionalsätze, Konzessivsätze und Konsekutivsätze differenziert

werden, wobei die Finalsätze nach Nam/Ko (1985, 388ff.) in Absichts- und Zwecksätze

gegliedert werden können. Im Folgenden werden nun die Möglichkeiten der

Kausalitätsmarkierung durch Kausaladverbien und kausale konjunktionale Hilfspartikeln

(„connectors“) im Koreanischen näher erläutert. Die koreanischen Beispiele sind zur besseren

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Nachvollziehbarkeit für die Leserinnen und Leser in lateinischer Schreibweise wiedergegeben

und nicht in der koreanischen Hangul-Schrift.

Kausaladverbien und kausale Hilfspartikeln zur Markierung eigentlicher Kausalsätze

Kausaladverbien

kuromuro: also, darum, deshalb, deswegen, folglich

woenjahamjon: weshalb, weil

guraeso: aus diesem Grund, daher, darum, deshalb, folglich

Hilfspartikeln

-ni (kka): weil

-ki-ttaemune: weil

-toni: weil

-(u)muro: dadurch, dass, da

-killae: dadurch, dass

-kkadalke: aus dem Grund, dass

Hilfspartikeln zur Markierung von Finalsätzen

-ke: damit, um zu

-ro: um zu

-ryo: um zu

-ki-wihajo: um zu

Es existieren keine Kausaladverbien zur Markierung eines Finalsatzes.

Kausaladverbien und kausale Hilfspartikeln zur Markierung von Konditionalsätzen

Kausaladverbien

gurotchianumyon: wenn nicht

-guraeyo: nur (dann), wenn

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Hilfspartikeln

-myon: wenn

-(k)odun: wenn

-ttaraso: demnach, demzufolge

-rado: selbst wenn

-dorado: selbst wenn

-mangjeong: obgleich

-chionjeong: wenn auch

-jindae: gesetzt den Fall

Der Hilfspartikel –myon können die Adverbien manjake oder manile zur besonderen

Betonung vorangestellt werden.

Kausaladverbien und kausale Hilfspartikeln zur Markierung von Konzessivsätzen

Kausaladverbien

-guromedobulguhago: trotzdem

Hilfspartikeln

-to: obgleich, selbst wenn

-kiro: trotz

-kodo: wenn auch

-sodo: wenn auch

-myonsodo: obgleich

-rado: selbst wenn

-dorado: selbst wenn

-(k)onul: obgleich

-ttaraso: demnach, demzufolge

-kirosoni: selbst wenn

-toe: obgleich

-na: wenn auch

-nama: wenn auch

-mangjong: obgleich

-chionjong: wenn auch

-chirado: selbst wenn

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Bei den Hilfspartikeln –to, -rado, -na, -nama, -mangjong, -chionjong und -chirado kann das

Adverb birok zur Betonung am Anfang des markierten Satzes stehen.

Kausaladverbien und kausale Hilfspartikeln zur Markierung von Konsekutivsätzen

Kausaladverbien

-kolgoajouro: folglich

Hilfspartikeln

-torok: bis dass

-ke: so dass

-hane: soviel, soweit

-isang: insoweit

Im Koreanischen markieren die Konjunktionalformen das Prädikat eines Nebensatzes, der

einem anderen Satz nebengeordnet und in der Regel vorangestellt ist. Die Satzglieder werden

dabei nicht umgestellt, sondern die Terminalform lediglich mit der Konjunktionalform

vertauscht. Mehrere Nebensätze können ein Satzgefüge bilden, an dessen Ende ein Hauptsatz

mit terminalem Prädikat steht.

Pi-ga mani o-n-da. Kil-i maeu ji-l-da.

(Regen – NS viel komm – PS – tE Straße – NS sehr naß – PS – tE)

Es regnet viel. Die Straße ist sehr nass.

NS: Nominativsuffix

PS: Präsenssuffix

tE: terminale Endung

Pi-ga mani o-myon kil-i maeu jil-da.

(Regen – NS viel komm – K – Straße – NS sehr nass – PS – tE)

Wenn es viel regnet, wird die Straße sehr nass.

Die Straße wird sehr nass, wenn es viel regnet.

NS: Nominativsuffix

K: konjunktionale Hilfspartikel

PS: Präsenssuffix

tE: terminale Endung

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Kanghan nunsatae-rul jesanghae-ss-ki-ttaemune uri-dul-un uri-dul-ui sop’ung-ul jongihae-ss-

ta.

(stark – Schneefall – AS – vorausseh – Prät.S – K – wir – NS – unser – Ausflug – AS –

verschieb – Prät.S – tE)

Weil man starke Schneefälle vorausgesagt hatte, mussten wir unseren Ausflug verschieben.

Wir mussten unseren Ausflug verschieben, weil man starke Schneefälle vorausgesagt hatte.

NS: Nominativsuffix

AS: Akkusativsuffix

Prät.S: Präteritumssuffix

K: konjunktionale Hilfspartikel

tE: terminale Endung

Werden Kausalsätze mit Kausaladverbien gebildet, so werden diese in der Regel nachgestellt

und leiten einen Hauptsatz ein. Zwischen dem markierten und dem unmarkierten Satz kann

ein Punkt oder Komma stehen.

Gu-nun jolsimi ilha-n-da. Guromuro gu-nun songgongha-lgos-ida.

(Er-NS fleißig arbeit-PS-tE. Darum (Ka) er-NS erfolg-wird-tE)

Er arbeitet fleißig, darum wird er Erfolg haben.

Er arbeitet fleißig, er wird darum Erfolg haben.

Gu-nun maeu sodul-oss-ta, guromedobulguhago gu-nun nomu nukke o-tta.

(Er-NS-sehr-beeil-Prät.S-tE, trotzdem-(Ka)-er-NS-zu spät komm-Prät.S-tE)

Er hat sich sehr beeilt, trotzdem kam er zu spät.

NS: Nominativsuffix

PS: Präsenssuffix

Prät.S: Präteriumssuffix

Ka: Kausaladverb

tE: terminale Endung

Es zeigt sich, dass die Gliedsätze im Koreanischen keine Satzumstellung erfahren. Vielmehr

werden die konjunktionalen Hilfspartikeln an das Verb angehängt (S + … V + K, Hauptsatz).

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Auch die Hauptsätze mit Kausaladverbien erfahren im Koreanischen keine Umstellung. Sie

werden nach dem Muster (Ka + S + … + V) gebildet.

4.0 Ausblick/Forschungsdesiderate

Ein zentrales Forschungsdesiderat stellt trotz bestehender umfangreicher linguistischer

Vorarbeiten die detaillierte Erforschung des Erwerbs der Kausalität im Erst- sowie im Zweit-

und Fremdsprachenerwerb dar.

Dittmann (2006, 88) weist darauf hin, dass Kinder im Erstspracherwerb erste Kausalsätze

(weil …) erst dann bilden, wenn sie die Grundzüge der Temporalität beherrschen und

allmählich die Idee der Verursachung eines Ereignisses durch ein anderes entwickeln. Dies ist

ab einem Alter von durchschnittlich drei Jahren der Fall. Ab dem vierten Lebensjahr wäre

dann auch die Bildung von Finalsätzen (damit …) möglich, denn Finalität sei „eine Art in die

Zukunft gerichteter Kausalität“ (Dittmann ebd.). Der Erwerb der Konzessivität (obgleich …)

und der Irrealität setzten den Begriff der Kausalität voraus und entwickelten sich im fünften

Lebensjahr.

Cheon-Kostrzewa/Kostrzewa (1995) konnten für erwachsene koreanische Deutschlerner das

Vorkommen der folgenden kausalindizierten Formen nachweisen:

Kausale Konjunktionen

weil, damit, um … zu, wenn, obwohl

Kausaladverbien

deshalb, deswegen, trotzdem

Kausale Präpositionen

für

Die von den untersuchten Probanden am variantenreichsten verwendeten kausalindizierten

Formen waren die Konjunktionen weil und wenn. Sie wurden in den folgenden Strukturen

verwendet (Cheon-Kostrzewa/Kostrzewa 1995, 169ff.):

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weil + S + V + …-Struktur

weil uhm ich bes … mein vater/mein vater bezahle für mei:n uh studium viel geld uh:

Dieses Beispiel zeigt eine defizitäre Leistung im Bereich der Verbkonjugation. Anstelle der

ersten Person Singular Indikativ Präsens Aktiv ich bezahle, sollte die dritte Person er bezahlt

verwendet werden, denn das angesprochene Subjekt ist mein Vater. Die fehlerhafte Verbform

wird möglicherweise dadurch verwendet, dass durch die Interviewsituation ein sehr

persönlicher Bezug des Informanten zu den thematisierten Inhalten entsteht. Daher scheint

das Zurückgreifen auf die erste Person Singular sehr intuitiv. Auch eine Übergeneralisierung

der erworbenen Verbform ich bezahle auf andere Personen ist durchaus denkbar. Der Versuch

zur Verbkonjugation wird in diesem Fall unternommen, weil der Monitor offenbar den

Einsatz einer Infinitivform verbietet.

weil + S + … + V-Struktur

weil er hat … er uh: seine beruf … seine beruf ist uh:m diligent ja weil seine beruf diligent ist.

Hier liegt der erste Fall einer offensichtlichen Selbstkorrektur der Informantin M. vor. M.

entscheidet sich zunächst für die Konstruktion weil sein(e) Beruf Dirigent ist, also eine

Aufeinanderfolge von Subjekt + Verb + Prädikativum. Diese Struktur wird jedoch

zurückgenommen und korrigiert in die Kausalstruktur weil sein Beruf Dirigent ist

umgewandelt.

weil + (S) + … + V-Struktur

weil uh: nur lesen uh ein bisschen deutsche bücher lesen und übersetzen und

Auffällig an diesem Beispiel ist das Fehlen eines Subjekts im Anschluss an den kausalen

Marker weil. Die hier wahrscheinlich intendierte Proposition in Korea liest und übersetzt man

nur bzw. in Korea haben wir/habe ich nur gelesen und übersetzt, wird syntaktisch fehlerhaft

bzw. defizitär realisiert. Unterstellt man eine beabsichtigte Allgemeinaussage, so könnte die

ansonsten fehlerhafte Infinitivform in eine korrekte Infinitivkonstruktion der Art man lernt

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nur lesen und übersetzen überführt werden. In diesem Fall wären bestimmte Teile der

Konstruktion korrekt realisiert.

weil + (S) + V … -Struktur

weil uh: mein … mein uh:m mein interessant … interessant uh: ist über frauenforschung oder

frauenemanzipation usw.

In diesem Beispiel fällt die fehlerhafte grammatikalische Umsetzung des Subjekts auf. Eine

komplette Struktur, etwa in der reflexiven Form ich interessiere mich für, oder in der

Formulierung mein Interesse liegt im Bereich ...ist nicht auszumachen. Statt des intendierten

Subjekts Interesse wird das Adjektiv interessant subjektivisch und damit fehlerhaft

verwendet. Die Verwendung reflexiver Verbformen stellt für koreanische Lerner eine

besondere Schwierigkeit dar, die zwar registriert, aber zumeist noch nicht aufgelöst werden

kann. Strategisch begeben sich die Lerner folglich im Sinne einer Vermeidungsstrategie auf

die Suche nach einer adäquaten Substitution für die reflexive Verbform.

weil + … + V + S-Struktur

weil uh: unserer wohnheim … wohnheim leben uh: algerisch men … man + reich/und uh:

deutsche und koreani … koreani … koreanerin ich (lacht) und uh: 1 uh: verschiedene …

verschiedene … länder

Diese Äußerung wird mit einer lokalen adverbialen Bestimmung (in unserem Wohnheim)

eingeleitet. Im Anschluss an diese Struktur folgt eine Verb + Substantiv-Struktur, obwohl das

Verb in Finalposition erscheinen sollte. Die subjunktionale Verwendung von weil in der

Äußerung weil in unserem Wohnheim viele Ausländer leben scheint akzeptabler als die

konjunktionale Verwendung weil in unserem Wohnheim leben viele Ausländer, obwohl auch

die zweite Variante unter Zugrundelegung der Normen der gesprochenen Sprache möglich

erscheint.

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weil + S + … + V2 + V1-Struktur

ja weil uh ich … uh: weil ich … uh: 2 sehr viele/verschiedene/frauen treffen/hatte getroffen

hatte ja +

In diesem Beitrag mit der syntaktischen Struktur Konjunktion (weil) + Subjekt + Vollverb +

Hilfsverb fällt die gelungene Selbstkorrektur des Informanten auf. Während das Tempus des

Plusquamperfekts zunächst fehlerhaft über eine Verwendung des Vollverbs treffen, also einer

Infinitivform des Vollverbs realisiert wird, wird durch die Selbstkorrektur und Verwendung

des Partizips getroffen, das Plusquamperfekt in adäquater Weise gebildet.

wenn + S + … + V, (dann) + S + V … -Struktur

i … wenn ich (kichert) später schlafen/ich gehe nicht an der uni/das ist … meinen rekord/ist

(hustet) niedrig

Diese Lerneräußerung dokumentiert ein latentes Wissen um die Existenz einer wenn-dann-

Struktur. Wenngleich der Marker dann nicht realisiert wird, so wird doch ein kausales Gefüge

bestehend aus Bedingung (wenn ich später schlafen) und Folge (ich gehe nicht an der uni)

aufgebaut.

wenn + S + … V, (dann) + S + V1 + … + V2-Struktur

aber benn/diese fakultelt/mir schlekt/is uh: ich/will: nach hannover gefahren

wenn + S + … + V, (dann) + S + V1 + … + (V2)-Struktur

wenn ich/unterricht/uh: (hustet) nicht teilnehme/ich kann nicht/mein noten

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5.0 Literatur

An, D.H.: Semantics of Korean Tense Markers. Unveröffentlichte Dissertation. Georgetown

University 1980.

Cheon-Kostrzewa, B.J./Kostrzewa, F.: „Die Verwendung kausaler Strukturen bei

koreanischen Lernern des Deutschen“. In: Die Neueren Sprachen 94:2 (1995), 164-

175.

Dittmann, J.: Der Spracherwerb des Kindes – Verlauf und Störungen. München 2006.

Drosdowski, G. et al.: Duden Band 4. Mannheim 1984.

Duden: Grammatik der deutschen Gegenwartssprache. 6. neu bearbeitete Auflage. Mannheim

1998.

Hartung, W.: Systembeziehungen der kausalen Konjunktionen in der deutschen

Gegenwartssprache. Dissertationsmanuskript. Berlin 1961.

Helbig, G./Buscha, J.: Deutsche Grammatik. Ein Handbuch für den Ausländerunterricht.

Leipzig 1987.

Jude, W.: Deutsche Grammatik. Braunschweig 1972.

Nam, K.S./Ko, Y.K.: P’ojun kugo munpomnon (Koreanische Grammatik). Seoul 1985.

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II. Funktionsverbgefüge im Deutschen und im Koreanischen

Im vorliegenden Artikel werden die morphologischen und syntaktischen Eigenschaften von

Funktionsverbgefügen in einer kontrastiven Beschreibung und Analyse (Deutsch-

Koreanisch) untersucht. Dabei erfahren die Eigenschaften von Funktionsverbgefügen im

Koreanischen als einer agglutinierenden Sprache besondere Berücksichtigung. Schließlich

wird der Frage nach der semantischen Leistung von Funktionsverbgefügen nachgegangen.

1.0 Einleitung

Bei den Funktionsverbgefügen handelt es sich nach Winhart (2005, 1) um »feste oder

halbfeste Prädikatsausdrücke, die zwischen idiomatischen Verbindungen und Kollokationen«

anzusiedeln sind. Als zweiteilige Konstruktionen, die als verbales Gefüge eine inhaltliche

Einheit darstellen, bilden sie das Prädikat.

Während die eigentliche Bedeutung des Prädikats in die nominalen Glieder des

Funktionsverbgefüges verlagert ist, haben die Funktionsverben ihre ursprünglich konkrete

Bedeutung ihrer neuen Satzfunktion geopfert (von Polenz 1963, 11) und werden aus der

Gruppe der finiten Verben als diejenige Gruppe von Verben ausgegliedert, die das Prädikat

nicht allein ausdrücken können. Sie werden zu Hilfsverben, indem sie in einem spezifischen

Kontext mit weitgehend reduziertem konzeptuellem Gehalt erscheinen (Heidolph et al. 1981).

Winhart (2005, 1) betrachtet es für die Einstufung einer Konstruktion als

Funktionsverbgefüge als elementar, dass das Verb als »semantisch leer« bezeichnet werden

kann. Das Verb sei auf seine grammatischen Funktionen reduziert und markiere Tempus,

Numerus, Person, Modus und Genus verbi.

In der Literatur finden sich verschiedene Bezeichnungen für die Funktionsverbgefüge. So

werden sie u. a. als »nominale Umschreibungen« (Daniels 1963), »analytische

Verbalverbindungen« (Riesel 1959), »Funktionsverbformeln« (von Polenz 1963) oder auch

»Streckformen« (Schmidt 1966) bezeichnet. Winhart (2005, 2) erklärt die Entstehung des

Begriffs »Streckform« für Funktionsverbgefüge aus dem Umstand, dass »die komplexe

Verbindung durch ein einzelnes, dem Nomen zugrunde liegendes Verb ersetzt werden kann«.

Sie kritisiert den Begriff der Streckform jedoch vor dem Hintergrund, dass dieser Begriff die

Leistungen eines Funktionsverbgefüges in Relation zu dem zugrunde liegenden Verb

unterschlage. Zu diesen gehörten neben pragmatischen Unterschieden auch die Möglichkeiten

der Passivumschreibung und der Kausativierung. Wotjak/Heine (2005, 145) klassifizieren

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Funktionsverbgefüge als Phraseologismen unterhalb der Satzebene. Bei den

Funktionsverbgefügen handele es sich um lexikalisierte, jedoch nichtidiomatische komplexe

Prädikatsausdrücke (u. a. »unter Beweis stellen«, »Verwendung finden«, »in Kontakt treten“)

bestehend aus Verb und Substantiv. Die Gesamtbedeutung sei in der Regel aus der Summe

der Einzelbedeutungen erschließbar (Frege’sches Prinzip). Van Pottelberge (2001, 455)

betrachtet die Verb-Substantiv-Verbindungen als ein sprachliches Phänomen, das sich nicht

leicht definieren und abgrenzen lässt, da es unterschiedlichen linguistischen Teilbereichen

zuzuordnen sei, u. a. der Phraseologie, der Wortbildung, der Lexikographie und der Stilistik.

Wotjak/Heine (2005, 144) stimmen den von van Pottelberge formulierten Schwierigkeiten

zwar zu, fordern jedoch von Linguisten und Lexikographen eindeutige Definitionen und

begründete Grenzziehungen. Nach Wotjak/Heine (2005, 145) teilen sich die

Funktionsverbgefüge zusammen mit den Wortidiomen und Kollokationen das Merkmal der

Abrufbarkeit als Entitäten. Anders als die Funktionsverbgefüge zeichneten sich die

Wortidiome jedoch teilweise durch die Verwendung unikaler Komponenten aus.

2.0 Funktionsverbgefüge im Deutschen

2.1 Morphologische Beschreibung

Nach Helbig/Buscha (1987, 93) lassen sich die Funktionsverbgefüge in zwei Hauptklassen

untergliedern, nämlich in eine, in der das Funktionsverb mit einer Präpositionalgruppe auftritt

und eine zweite, in der das Funktionsverb zusammen mit einem im Akkusativ stehenden

nominalen Glied auftritt. Darüber hinaus gibt es eine kleinere Menge von Funktionsverben,

die sowohl mit einer Präpositionalgruppe als auch mit einem im Akkusativ stehenden

nominalen Glied auftreten können.

Zu den Funktionsverben, die ausschließlich mit einer Präpositionalgruppe auftreten können,

gehören u. a. die folgenden:

sich befinden, bleiben, bringen, gehen, gelangen, geraten, kommen, liegen, sein, setzen,

treten, versetzen.

20

Funktionsverben, die ausschließlich mit einem nominalen Glied im Akkusativ auftreten, sind

u. a.:

anstellen, aufnehmen, ausüben, bekommen, besitzen, erfahren, erheben, erhalten, finden,

genießen, leisten, machen, treten, üben, unternehmen.

Funktionsverben, die sowohl mit einer Präpositionalgruppe als auch mit einem nominalen

Glied im Akkusativ auftreten können, sind u.a.:

führen, geben, haben, halten, nehmen, stellen.

Treten die Funktionsverben mit einer Präpositionalgruppe auf, so zumeist mit den

Präpositionen auf, aus, außer, bei, hinter, in, um, unter und zu, wobei die Präpositionen in

und zu besonders häufig auftreten. Die wesentliche Funktion der Präpositionen besteht in der

Aktionsartbezeichnung.

Die Substantive in den Funktionsverbgefügen weisen einen festen Artikelgebrauch auf. Es

steht entweder der Nullartikel oder aber der definite Artikel, der mit der vorangehenden

Präposition obligatorisch verschmolzen ist. Der Artikel steht in der Regel beim Nomen

actionis (z. B. zur Besinnung kommen, zur Ruhe kommen), und zwar vor allem in den Fällen,

in denen der Artikel mit der Präposition verschmelzen kann. Daher heißt es ins Schwitzen

kommen/bringen, zur Einsicht kommen/bringen, aber in Bewegung kommen/bringen, in

Schwung kommen/bringen etc.

Typisch für die Funktionsverbgefüge ist auch der Verlust der Pluralfähigkeit. So existiert

beispielsweise für die Sätze Diese Lösung kommt nicht in Frage und Der Student erfährt

Förderung kein entsprechendes Pluraläquivalent. Die entsprechenden Sätze *Diese Lösungen

kommen nicht in Fragen und *Der Student erfährt Förderungen sind ungrammatisch. Der

Verlust der Pluralfähigkeit ist nur in wenigen Fällen aufgehoben (vgl. Wir stellen ihm eine

Frage vs. Wir stellen ihm Fragen).

21

2.2 Syntaktische Struktur

Von Polenz (1963, 23) illustriert die zwischen den Funktionsverbgefügen und den freien

Verbindungen bestehenden Unterschiede in der syntaktischen Struktur anhand folgender

Beispielsätze:

Ich bringe das Geld zur Verteilung.

Ich bringe das Geld zur Buchhaltung.

Während im ersten Satz das Nomen Verteilung als Nomen actionis auftritt und mithin den

Vorgang »verteilt werden« bezeichnet, dient das Nomen Buchhaltung im zweiten Satz nicht

zur Vorgangsmarkierung, sondern zur Bezeichnung einer realen Größe. Die syntaktischen

Unterschiede zwischen Funktionsverbgefügen und freien Verbindungen werden bei der

Oppositionsbildung von Sätzen mit völliger lexikalischer Identität besonders augenfällig.

Das Bild kommt zur Versteigerung.

Der Maler des Bildes kommt zur Versteigerung.

Nach von Polenz (1963, 24) handelt es sich bei der syntaktischen Struktur des ersten Satzes

um die Kombination von Leitglied, Funktionsverb und Nennglied, während im zweiten Satz

ein Vollverb mit einer ergänzenden Zielgröße kombiniert wird.

Kontrovers wird in der Literatur (Heringer 1968, Engelen 1968, Helbig/Buscha 1987) die

Frage nach dem Gesamtspektrum der Funktionsverbgefüge diskutiert.

Neben den bereits erwähnten Verbindungen von Funktionsverb und Präpositionalgruppe

sowie Funktionsverb und Substantiv im Akkusativ werden gelegentlich auch Verbindungen

des Typs Funktionsverb und Substantiv im Nominativ, Funktionsverb und Substantiv im

Dativ sowie Funktionsverb und Substantiv im Genitiv zu den Funktionsverbgefügen

hinzugerechnet. Die jeweiligen Typen sollen anhand der folgenden Beispiele illustriert

werden.

Typ 1: Funktionsverb + Präpositionalgruppe

Das Verfahren kommt zur Anwendung.

22

Typ 2: Funktionsverb + Substantiv im Akkusativ

Er nimmt von dem Einspruch Kenntnis.

Typ 3: Funktionsverb + Substantiv im Nominativ

Zwischen den Delegierten besteht keine Übereinstimmung.

Typ 4: Funktionsverb + Substantiv im Dativ

Wir unterziehen den Doktoranden einer Prüfung.

Typ 5: Funktionsverb + Substantiv im Genitiv

Dieses Thema bedarf noch einer genaueren Untersuchung.

2.2.1 Ersetzbarkeit

Funktionsverbgefüge können in vielen Fällen durch entsprechende Vollverben bzw. durch

Kopula und Adjektiv ersetzt werden. Winhart (2005, 7) illustriert dies an folgenden

Oppositionspaaren:

Er brachte seine Papiere in Ordnung vs. Er ordnete seine Papiere.

Er kommt in Verlegenheit vs. Er wird verlegen.

Problemfälle, in denen eine solche Substituierung jedoch nicht möglich ist, sind nach Winhart

(ebd.) u. a. in Einklang bringen und im Wettbewerb stehen.

Es hat den Anschein, als ob teilweise durch die Funktionsverbgefüge Lücken im lexikalischen

System der deutschen Sprache geschlossen werden können.

2.2.2 Anaphorisierbarkeit

In den lexikalisierten Funktionsverbgefügen können die nominalen Bestandteile nicht durch

ein Pronomen oder ein Pronominaladverb ersetzt werden.

Er gab dem Kind Brot. (Vollverb)

Er gab es dem Kind.

23

Er gab dem Kind Antwort. (Funktionsverb)

*Er gab sie dem Kind.

Wir gehen zur Veranstaltung.

Wir gehen dorthin.

Die Sache kam zur Verhandlung.

*Die Sache kam dahin.

Auf die in der Regel nicht mögliche Anaphorisierbarkeit und Erfragbarkeit der nominalen

Bestandteile eines Funktionsverbgefüges verweist auch Detges (1996, 19) wenn er schreibt:

»Auf syntaktischer Ebene sind N(FVG) keine E der FV und aus diesem Grund weder

erfragbar noch anaphorisierbar«. Da das Nomen zusammen mit dem Verb das Prädikat bildet,

kann es nicht als Ergänzung des Verbs betrachtet werden. Somit erweist sich der Nicht-

Ergänzungsstatus des N(FVG) vor allem durch die fehlende Anaphorisierbarkeit und

Erfragbarkeit des N(FVG).

2.2.3 Erfragbarkeit

Die in lexikalisierten Funktionsverbgefügen stehenden Präpositionalgruppen und Akkusative

sind nicht unmittelbar erfragbar. Die Verbalphrasen in den folgenden Sätzen haben eine

identische syntaktische Struktur, aber unterschiedliche Funktionen:

Das Bild kommt zur Versteigerung. (*Wohin kommt es?)

Der Maler kommt zur Versteigerung. (Wohin kommt er?)

Die Maschine wurde in Gang gebracht. (= Funktionsverb) (*Wohin wurde sie gebracht?)

Er versetzte das Kind in Schrecken. (= Funktionsverb) (*Wohin versetzte er das Kind?)

Erfragbar und pronominalisierbar sind nach Winhart (2005, 28) jedoch die nicht-

lexikalisierten, akkusativischen Funktionsverbgefüge. Winhart (ebd.) präsentiert zur

Illustration die folgenden Beispiele:

24

a) Was erhob die Staatsanwaltschaft? Anklage.

b) Die Staatsanwaltschaft, die hinter der Vereinsfassade aus Hilfsbereitschaft und

Edelmut Betrüger am Werke wähnte, erhob Anklage. Die schmolz im Prozess

allerdings auf wenige Punkte zusammen.

c) Desto mehr muss man sich hüten, dort Anklage zu erheben, wo sie nicht gerechtfertigt

ist.

d) Was hegte er beim letzten Spiel? Zuerst große Hoffnung, dann große Zweifel.

e) Nach dem ersten Durchgang hegte Schwabings Trainer Jürgen Pfletschinger noch

Hoffnung. Doch sie wurde bald im Keim erstickt.

f) Heg nicht zu große Hoffnungen. Sie könnten enttäuscht werden.

(vgl. auch Heidolph et al. 1981, 442)

g) Was machte er gestern? Eine sensationelle Beobachtung.

h) Er machte gestern eine sensationelle Beobachtung. Er wird sie bald veröffentlichen.

Winhart (ebd.) hebt hervor, dass lediglich die Kombination Hoffnung hegen mit Hoffnung im

Singular problematisch sei.

Die schlechte Erfragbarkeit und Pronominalisierbarkeit lexikalisierter akkusativischer

Funktionsverbgefüge demonstriert Winhart (2005, 29) anhand folgender Beispiele:

a) Weißt du, was er von den guten Noten seiner Tochter nahm? *Absolut keine Kenntnis.

b) *Er nahm von den Noten zwar Kenntnis, aber sie erfreute ihn nicht.

c) Dieses Verfahren findet nur in der Industrie Anwendung. Was findet dieses Verfahren?

*Anwendung in der Industrie.

2.2.4 Modifizierbarkeit

Die Möglichkeiten, Substantive in Funktionsverbgefügen durch adjektivische Attribute (oder

Genitivattribute bzw. Präpositionalattribute) zu erweitern, sind deutlich eingeschränkt. Eine

nähere Bestimmung des Gefüges ist nur mit Hilfe eines Adverbs möglich.

*zum guten Ausdruck kommen

gut zum Ausdruck kommen

25

*zur schnellen Wirkung kommen

schnell zur Wirkung kommen

*Der Betriebsleiter nahm von den Beschlüssen schnelle Kenntnis.

*Er brachte die Angelegenheit zur sofortigen Sprache.

*Er kommt nicht in (eine) Frage der Wichtigkeit.

*Wir bringen ihn in Verlegenheit von Dauer.

Heringer (1968, 49) weist darauf hin, dass einige Substantive in Funktionsverbgefügen durch

Attribute erweiterbar sind.

Er stellt hohe (beachtliche, geringe) Anforderungen an seine Mitarbeiter.

Er bringt sie in große (schreckliche) Verlegenheit.

In manchen Fällen konkurrierten Adverbialbestimmungen und Attribute ohne wesentlichen

Bedeutungsunterschied miteinander (Heringer ebd.).

Wir bringen die Vorzüge zur vollen Geltung.

Wir bringen die Vorzüge voll zur Geltung.

zur vollen Wirkung kommen

voll zur Wirkung kommen

Das folgende Oppositionspaar jedoch enthält nach Helbig (1979, 279) eine semantische

Differenzierung.

in schnelle Schwingung kommen

schnell in Schwingung kommen

Einige Substantive besitzen nach Helbig (ebd.) sogar ein obligatorisches Attribut, ohne das sie

ungrammatisch wären.

*Die Versammlung nahm einen Verlauf.

Die Versammlung nahm einen ausgezeichneten Verlauf.

26

*Die Umstrukturierung nahm eine Entwicklung.

Die Umstrukturierung nahm eine günstige Entwicklung.

Helbig (ebd.) weist darauf hin, dass in diesen Sätzen eindeutig der semantische Aspekt

dominiere. Eine Ergänzung, die sich im Allgemeinen auf das Grundverb beziehe, könne für

das ganze Gefüge verwendet werden, wenn dieses semantisch eine Einheit bilde.

Winhart (2005, 9) betont, dass die Möglichkeit der Erweiterung eines Substantivs in einem

Funktionsverbgefüge durch einen Relativsatz äußerst eingeschränkt ist.

*Die Kenntnis, die er genommen hat.

Ebenso problematisch sind:

*Die Gefahr, die er gelaufen ist.

*Der Ausdruck, zu dem er die Sache gebracht hat.

2.2.5 Stellungseigenschaften

Funktionsverbgefüge mit einer Präpositionalgruppe werden grundsätzlich durch nicht und

nicht durch kein negiert. Es erfolgt also eine Satz- und keine Wortnegation.

Er setzte die Maschine nicht in Betrieb (= Funktionsverbgefüge)

*Er setzte die Maschine in keinen Betrieb.

*Er setzte die Maschine in Betrieb nicht.

Dagegen sind folgende Negationen bei Vollverben bzw. Funktionsverben ohne

Präpositionalgruppe möglich:

Er arbeitet im Betrieb nicht.

Er arbeitet nicht im Betrieb.

Er leistet der Aufforderung nicht Folge.

Er leistet der Aufforderung keine Folge.

27

Nach Winhart (2005, 11) zählt es zu den besonderen Stellungseigenschaften von

Funktionsverbgefügen, »dass Nominalisierung und Funktionsverb in Nebensatzstellung nicht

getrennt werden können und im Hauptsatz eine Satzklammer bilden«.

Helbig/Buscha (1999, 101) belegen dies anhand folgender Beispielsätze:

*Er sagt, dass das in Frage nicht kommt.

*Er sagte, dass er der Aufforderung Folge nicht leistet.

*Er nahm auf seine Freunde Rücksicht nicht.

3.0 Funktionsverbgefüge im Koreanischen

Die Funktionsverbgefüge im Koreanischen lassen sich nach der morphologischen Form des

nominalen Glieds in drei Klassen unterteilen, und zwar erstens in die Klasse der

Funktionsverben mit einem Substantiv im Akkusativ, zweitens in die Klasse der

Funktionsverben mit einem Substantiv im Nominativ und drittens in die Klasse der

Funktionsverben mit einer Suffixgruppe.

Die koreanischen Funktionsverbgefüge sollen anhand der folgenden Beispiele illustriert

werden. Die Beispiele sind zur besseren Nachvollziehbarkeit für europäische Leserinnen und

Leser in lateinischer Schreibweise wiedergegeben und nicht in der koreanischen Hangul-

Schrift.

1) Funktionsverb + Substantiv im Akkusativ1

Zanggun – un buha – ege myongryong – ul närinda.

(General + Nominativsuffix (Ns) Untergebenen + Dativsuffix (Ds) Befehl +

Akkusativsuffix (As) fällt)

→ Der General gibt dem Untergebenen einen Befehl.

2) Funktionsverb + Substantiv im Nominativ

Na – nun gu – ege uisim – i ganda.

(Ich + Ns er + Ds Verdacht + Ns gehe)

→ Ich habe ihn im Verdacht.

In der Beschreibung und Analyse der koreanischen Funktionsverbgefüge werden eine Reihe von

Kürzeln verwendet, die an dieser Stelle zusammenfassend aufgeschlüsselt sind: Ns (Nominativsuffix), Ds (Dativsuffix), As (Akkusativsuffix), Os (Ortssuffix), Hs (Honorativsuffix), Fs (Fragesuffix), Ps (Pluralsuffix).

28

3) Funktionsverb + Suffixgruppe

Whaga – nun gurin – ul gyongmä – e butchinda.

(Maler + Ns Bild + As Versteigerung + Ortssuffix (Os) festigt)

→ Der Maler bringt das Bild zur Versteigerung.

Die koreanische Sprache ist eine agglutinierende Sprache mit der Elementenfolge Subjekt –

Objekt – Verb (S-O-V). Die Satzstellung im Koreanischen ist, abgesehen von der finalen

Verbstellung, relativ frei. Grammatische Beziehungen, die im Deutschen durch Präpositionen

markiert würden, werden in der koreanischen Sprache durch Postpositionen realisiert. Die

Suffixe im Koreanischen können also zum Teil Äquivalente der deutschen Präpositionen oder

Konjunktionen darstellen. Weitere Funktionen der Suffixe bestehen in der Markierung von

Kasus und Numerus. Die Art der Suffixe ist u. a. phonologisch motiviert. So treten, wenn das

Substantiv in einem Funktionsverbgefüge auf einen Konsonanten endet, die Nominativsuffixe

i und un auf. Endet das Substantiv jedoch auf einen Vokal, so lauten die analogen Suffixe ga

und nun. Bei dem Funktionsverbgefüge vom Typ Funktionsverb + Substantiv im Akkusativ

wird der Akkusativ durch ul markiert, wenn ein Konsonant vor dem Suffix steht. Im Falle

eines Vokals steht das Suffix rul. Der Bedeutung der deutschen Präpositionen in und zu

entsprechen zwei Suffixe in der Kombination Funktionsverb + Suffixgruppe, nämlich das

Ortssuffix e mit der Bedeutung der deutschen Präposition in und das ortsverändernde Suffix

(u) ro mit der Bedeutung der deutschen Präposition zu.

Die koreanische Sprache verfügt im Gegensatz zur deutschen über keinerlei Artikel, weder

definite noch indefinite. Wie im Deutschen geht auch bei den koreanischen

Funktionsverbgefügen die Pluralfähigkeit verloren, jedoch ist feststellbar, dass die

Markierung der Pluralform ohnehin häufig unterbleibt, obwohl eine Pluralmarkierung durch

das Suffix til prinzipiell möglich ist. Lediglich nach vokalischem Auslaut bzw. nach Lateralen

und Nasalen steht statt des Suffixes til das Suffix dil. Es liegt eine komplementäre

Distribution vor. Kasusmarkierungen (ul, ege etc.) stehen in jedem Fall nach der

Numerusmarkierung. Die fehlende Pluralfähigkeit, auch der koreanischen

Funktionsverbgefüge, soll anhand der folgenden Beispiele illustriert werden.

Na – nun gamgyong – e ppazinda.

(Ich – Ns Begeisterung – Os falle)

→ Ich bin begeistert.

29

*Na – nun gamgyong – dul – e - ppazinda.

(Ich – Ns Begeisterung – Pluralsuffix – Os falle)

Im Folgenden werden die am häufigsten auftretenden koreanischen Funktionsverben,

entsprechend der Reihenfolge nach dem koreanischen Alphabet aufgeführt:

gada (gehen), gazida (haben), gonneda (überreichen, übergeben), närida (fallen), danghada

(geraten), donzida (werfen), duda (stellen, setzen), durogada (eintreten), durooda

(hereinkommen, eintreten), matta (begrüßen, empfangen), mitchida (sich ausdehnen,

erreichen), mätta (verknüpfen, verbinden), batta (bekommen), bepulda (erteilen, geben), boda

(sehen), butchida (anheften, kleben), bbazida (fallen), bbaturida (fallen lassen), soda (stehen)

etc.

3.1 Syntaktische Struktur

3.1.1 Ersetzbarkeit

Funktionsverbgefüge können im Koreanischen wie im Deutschen zumeist durch ein

entsprechendes Vollverb ersetzt werden.

Sonsäng – nim – i hagsäng – ege zilmun – ul donzinda.

(Lehrer – Honorativsuffix (Hs) – Ns Schüler – Ds Frage – As wirft.)

→ Der Lehrer stellt dem Schüler eine Frage.

Sonsäng – nim – i hagsäng – ege zilmunhanda.

(Lehrer – Hs – Ns Schüler – Ds fragt.)

→ Der Lehrer fragt den Schüler.

Da die koreanischen Verben häufig bereits eine Nominalform beinhalten, besteht ein

Unterschied zu den nominalisierten Verbformen des Deutschen. Substantive, die insgesamt

größtenteils sinokoreanischen Ursprungs sind, werden im Koreanischen mit Hilfe des Verbs

hada (tun, machen) verbalisiert.

30

Mutta (fragen)

Mur – um – ul donzida.

(Frage – Ns – As – werfen)

→ Eine Frage stellen.

Zilmunhada (fragen)

(Frage + hada)

Zilmun – ul donzida.

(Frage – As werfen)

→ Eine Frage stellen.

3.1.2 Anaphorisierbarkeit

Eine Anaphorisierbarkeit der nominalen Bestandteile eines Funktionsverbgefüges ist im

Koreanischen wie im Deutschen nicht gegeben.

Sonsäng – nim – i hagsäng – ege zilmun – ul donzinda (= Funktionsverbgefüge)

(Lehrer – Hs – Ns Schüler – Ds Frage – As wirft.)

→ Der Lehrer stellt dem Schüler eine Frage.

*Sonsäng – nim – i hagsäng – ege gugoss – ul donzinda.

(Lehrer – Hs – Ns Schüler – Ds sie – As wirft.)

Dagegen bei Verwendung eines Vollverbs:

Sonsäng – nim – i hagsäng – ege – tchäg – ul donzinda.

(Lehrer – Hs – Ns Schüler – Ds Buch As wirft.)

→ Der Lehrer gibt dem Schüler ein Buch.

Sonsäng – nim – i hagsäng – ege gugoss – ul donzinda.

(Lehrer – Hs – Ns Schüler – Ds es – As wirft.)

→ Der Lehrer gibt es dem Schüler.

31

3.1.3 Erfragbarkeit

Die in den koreanischen Funktionsverbgefügen enthaltenen Suffixgruppen und

Akkusativformen sind, wie die Präpositionalgruppen und Akkusative im Deutschen, nicht

direkt erfragbar.

Whaga – nun gurim – ul gyongmä – e butchinda. (= Funktionsverb)

(Maler – Ns Bild – As Versteigerung – Os festigt.)

→ Der Maler bringt das Bild zur Versteigerung.

*Whaga – nun gurim – ul odi – e – butchinunya?

(Maler – Ns Bild – As wohin festigt – Fragesuffix (Fs))

→ Wohin bringt der Maler das Bild?

Dagegen ist bei entsprechend vorliegenden Vollverben eine Erfragbarkeit gegeben.

Whaga – nun gurim – ul byog – e butchinda. (= Vollverb)

(Maler – Ns Bild – As Wand – Os festigt.)

→ Der Maler hängt das Bild an die Wand.

Whaga – nun gurim – ul odi – e butchi – nunya?

(Maler – Ns Bild – As wohin festigt – Fragesuffix (Fs))

→ Wohin hängt der Maler das Bild?

3.1.4 Modifizierbarkeit

Das Koreanische ist hinsichtlich der Erweiterung von Substantiven in Funktionsverbgefügen

durch adjektivische Attribute deutlich freier als das Deutsche. Neben der Erweiterung durch

adjektivische Attribute ist im Allgemeinen auch eine Erweiterung durch Adverbien gegeben.

Die Verwendung von adjektivischen Attributen einerseits und Adverbien andererseits führt im

Koreanischen zu keinem Bedeutungsunterschied.

Zasehi solmyong – ul zuda.

(genau (adv.) Erklärung geben)

32

Zasehan solmyong – ul zuda.

(genaue (adj.) Erklärung geben)

Ganghage zagug – ul zuda.

(stark (adv.) Anregung – As geben)

Ganghan zagug – ul zuda.

(stark (adj.) Anregung geben)

Einige Funktionsverbgefüge lassen sich jedoch auch im Koreanischen lediglich durch ein

Adverb modifizieren.

Bballi gyongmä – e butchida.

(schnell (adv.) Versteigerung – Os festigen)

→ Schnell zur Versteigerung kommen.

*Bbarun gyongmä – e butchinda.

(schnell (adj.) Versteigerung – Os festigen)

→ *Zur schnellen Versteigerung kommen.

Daneben gibt es einige Substantive in Funktionsverbgefügen, die ohne ihre obligatorischen

Attribute grammatisch inkorrekt wären.

Gu- nun saram – dul – ege sohun insang – ul zunda.

(er – Ns Mensch – Pluralsuffix (Ps) – Ds gut Eindruck – As gibt)

→ Er macht auf die Menschen einen guten Eindruck.

*Gu – nun saram – dul – ege insang – ul zunda.

(er – Ns Mensch – Ps – Ds Eindruck – As gibt)

→ Er macht auf die Leute Eindruck.

33

3.1.5 Stellungseigenschaften

Die Funktionsverbgefüge im Koreanischen weisen keine spezifischen Stellungseigenschaften

auf. Hinsichtlich der Negationselemente ist hervorzuheben, dass im Koreanischen eine Satz-

und keine Wortnegation existiert. Negationselemente können in Lang- oder Kurzform

auftreten und sind zudem bezüglich der Kategorien Fähigkeit und Absicht kategorisierbar.

an: Absichtsnegation, Kurzform

hazi – anihada: Absichtsnegation, Langform

mot: Fähigkeitsnegation, Kurzform

hazi – mothada: Fähigkeitsnegation, Langform

Da die Negation im Koreanischen immer vor dem Verb steht (an-Form) bzw. mit dem Verb

verschmolzen ist, besteht zwischen Sätzen mit Vollverben und solchen mit

Funktionsverbgefügen kein Stellungsunterschied. Die Stellungseigenschaften im Nebensatz

und die entsprechenden Unterschiede bei der Verwendung von Vollverben bzw.

Funktionsverbgefügen sollen anhand der folgenden Sätze illustriert werden.

Gu – nun gu – ga zilmun – ul donzi – zi ani – handa – go malhanda. (= Funktionsverb)

(er – Ns er – Ns Frage – As wirft – Ngs Ngs tut – Nebensatzsuffix sagt)

→ Er sagt, dass er keine Frage stellt.

Gu – nun gu – ga zilmun – ul an donzinda – go malhanda. (= Vollverb)

(er – Ns er – Ns Frage As Negationssuffix sagt)

→ Er sagt, dass er keine Frage stellt.

Auffällig ist bei diesen Konstruktionen, dass nicht nur die einzelnen Satzglieder, sondern auch

der Nebensatz selbst mit einem eigenen Suffix markiert wird.

34

4.0 Zur semantischen Leistung der Funktionsverbgefüge

Nach Helbig/Buscha (1987, 103) können Funktionsverbgefüge ein Geschehen als beginnend

und einen Zustand als sich verändernd oder bewirkend markieren. Häufig findet entsprechend

dieser Gliederung eine Unterteilung der Funktionsverbgefüge hinsichtlich ihrer Aktionsart

statt. Bei der Kategorie der Aktionsart handelt es sich nach Lewandowski (1984, 36) um eine

»semantische Kategorie des Verbs, die den verbalen Vorgang in seiner je besonderen Art und

Weise charakterisiert«. Die Kategorie der Aktionsart stehe der des Aspekts nahe, jedoch mit

dem Unterschied, dass sie keine Paradigmatik ausgebildet habe und auf der lexikalisch-

semantischen Ebene verbleibe. Nach Lewandowski (1984, 36 f.) bezeichnen Verben mit

unterschiedlicher Aktionsart unterschiedliche Handlungen und Vorgänge. Folgende

Aktionsarten der Verben sind nach Lewandowski (ebd.) zu unterscheiden:

inchoative/ingressive Verben (entbrennen)

iterative Verben (sticheln, streicheln)

resultative Verben (verbrennen, besteigen)

kausative Verben (tränken < trinken)

faktitive Verben (füllen < voll machen)

durative Verben (arbeiten)

Im Folgenden sollen durative, ichoative und kausative Verben des Deutschen und des

Koreanischen vorgestellt werden, die Teil eines Funktionsverbgefüges sein können.

durativ inchoativ kausativ

in Bewegung sein kommen setzen

in Gang sein kommen bringen

zur Verfügung stehen/haben bekommen stellen

gangpo-rul gazida otta zuda

(Angst) (haben) (bekommen) (geben)

zilmun-ul gazida otta donzida

(Frage) (haben) (bekommen) (werfen)

35

Von Polenz (1963, 14) demonstriert die semantische Leistung der Funktionsverbgefüge an

folgendem Beispiel:

Der Bundestag entscheidet über diese Frage.

Der Bundestag bringt diese Frage zur Entscheidung.

Im ersten Satz bezeichne das Verb entscheiden einen momentanen Vorgang, der ohne

Begrenzung oder Abstufung dargestellt sei. Das Verb bringen im zweiten Satz verweise

jedoch auf einen Vorgang von längerer Dauer. Zur Entscheidung bringen bedeute somit nicht

dasselbe wie entscheiden, sondern sei hinsichtlich seiner Bedeutung den Formen einer

Entscheidung zuführen, eine Entscheidung herbeiführen und eine Entscheidung vorbereiten

und treffen ähnlich. Dieses Beispiel belege nach von Polenz (ebd.) auch die Tatsache, dass die

Funktionsverben in den Funktionsverbgefügen keinesfalls völlig bedeutungsleer seien,

obwohl der semantische Gehalt des Funktionsverbs im Funktionsverbgefüge deutlich

reduziert sei.

Funktionsverbgefüge scheinen nach von Polenz (ebd.) auch geeignet, an den Stellen, an denen

es keine entsprechenden Vollverben gebe (z. B. zur Vernunft bringen, auf den Gedanken

bringen), die Ausdrucksmöglichkeiten einer Sprache zu bereichern.

Helbig (1979, 280) weist darauf hin, dass es durch Verwendung von Funktionsverbgefügen

auch möglich ist, die Mitteilungsperspektive in einem Satz zu verändern. Dies gelinge

dadurch, dass im Falle der Funktionsverbgefüge die bedeutungstragenden Glieder an das

Ende eines Satzes treten, mithin also in eine Position, die den vom Mitteilungsgehalt her

wichtigsten Gliedern (Rhema) zukommt. Helbig (ebd.) illustriert diesen Sachverhalt anhand

des folgenden Beispiels:

Die Landwirtschaft entwickelt sich gut.

Die Landwirtschaft nimmt eine gute Entwicklung.

Möglich ist auch eine Spitzenstellung des Substantivs im Sinne einer Topikalisierung.

Eine gute Entwicklung nimmt die Landwirtschaft.

36

5.0 Zusammenfassung

Im vorliegenden Beitrag wurden die syntaktischen und semantischen Besonderheiten von

Funktionsverbgefügen dargestellt. Im Bereich der Syntax konnte u. a. gezeigt werden, dass

Funktionsverbgefüge in vielen Fällen durch Vollverben bzw. Kopula und Adjektive ersetzbar

sind. Eine Anaphorisierbarkeit der nominalen Bestandteile der lexikalisierten

Funktionsverbgefüge ist jedoch nicht gegeben. Zudem sind die in den lexikalisierten

Funktionsverbgefügen stehenden Präpositionalgruppen und Akkusative nicht direkt erfragbar.

Es konnte zudem gezeigt werden, dass die Möglichkeiten der Modifizierung von Substantiven

in Funktionsverbgefügen durch adjektivische Attribute deutlich eingeschränkt sind. Eine

Modifikation mit Hilfe von Adverbien hingegen ist möglich. Hinsichtlich der

Stellungseigenschaften wurde hervorgehoben, dass Funktionsverbgefüge mit nicht und nicht

durch kein negiert werden. Es erfolgt also eine Satz- und keine Wortnegation.

Es wurde gezeigt, dass die Funktionsverbgefüge im Koreanischen morpho-syntaktische

Besonderheiten vor allem in der Kombination eines Funktionsverbs mit einem Suffix oder

einer Suffixgruppe aufweisen. Dies wurde als typische Besonderheit einer agglutinierenden

Sprache interpretiert. Bezüglich der Kategorien der Ersetzbarkeit, Erfragbarkeit und

Anaphorisierbarkeit waren keine wesentlichen Unterschiede zwischen koreanischen und

deutschen Funktionsverbgefügen feststellbar. Deutliche Unterschiede konnten jedoch im

Bereich der Modifizierbarkeit festgestellt werden. Hier erwies sich das Koreanische

hinsichtlich der Erweiterung von Substantiven in Funktionsverbgefügen durch adjektivische

Attribute als deutlich freier als das Deutsche. Die Negation erfolgt auch im Koreanischen als

Satz- und nicht als Wortnegation. Negationselemente können dabei in Lang- oder Kurzform

auftreten und sind zudem bezüglich der Kategorien Fähigkeit und Absicht kategorisierbar.

37

6.0 Literatur

Daniels, Karlheinz (1963): Substantivierungstendenzen in der deutschen Gegenwartssprache.

Nominaler Ausbau des verbalen Denkkreises. Düsseldorf.

Detges, Ulrich (1996): Nominalprädikate. Tübingen (= Linguistische Arbeiten 345).

Engelen, Bernhard (1968): »Zum System der Funktionsverbgefüge«. In: Wirkendes Wort 18,

S. 289–303.

Heidolph, Karl Erich/Flämig, Walter/Motsch, Wolfgang (Hgg.) (1981): Grundzüge einer

deutschen Grammatik. Berlin.

Helbig, Gerhard/Buscha, Joachim (1987): Deutsche Grammatik – ein Handbuch für den

Ausländerunterricht. Leipzig.

Heringer, Hans-Jürgen (1968): Die Opposition von »kommen« und »bringen« als

Funktionsverben. Untersuchungen zur grammatischen Wertigkeit und Aktionsart.

Düsseldorf.

Koo, John (1991): Let’s speak Korean. Seoul.

Lewandowski, Theodor (1984): Linguistisches Wörterbuch. Band 1. Köln.

Riesel, Elise (1959): Stilistik der deutschen Sprache. Moskau.

Van Pottelberge, Jeroen (2001): Verbonominale Konstruktionen, Funktionsverbgefüge. Vom

Sinn und Unsinn eines Untersuchungsgegenstandes. Heidelberg.

Von Polenz, Peter (1963): »Funktionsverben im heutigen Deutsch. Sprache in der

rationalisierten Welt«. In: Wirkendes Wort (Beiheft) 5.

Winhart, Heike (2005): Funktionsverbgefüge im Deutschen – Zur Verbindung von Verben und

Nominalisierungen. Dissertation Universität Tübingen 2002 (online-Ressource 2005).

Wotjak, Barbara/Heine, Antje (2005): »Zur Abgrenzung und Beschreibung verbonominaler

Wortverbindungen (Wortidiome, Funktionsverbgefüge, Kollokationen)«. In: Deutsch

als Fremdsprache 3, S. 143–153.

38

III. Konjunktionen im deutsch-koreanischen Sprachvergleich

1.0 Einleitung

Sprachkontrastive Untersuchungen belegen die deutlichen Unterschiede zwischen dem

deutschen und dem koreanischen Konjunktionalsystem. Während es sich bei den Junktionen2

im Deutschen entweder um eingliedrige (und, dass, ob, seit, bis), komplexe (damit, obwohl,

wenngleich), mehrteilige (so dass, insofern, es sei denn dass) oder paarige Junktionen (sowohl

- als auch, nicht nur - sondern auch, entweder - oder; vgl. Duden 2006, 627) handelt,

existieren im Koreanischen zum einen Konjunktionalformen, die als Suffixe an die

Verbalbasen, die erweiterten Stämme oder die Partizipialformen des Verbs angehängt werden

und zum anderen nominalwertige Konjunktionalformen, die im Kern aus einem Nomen oder

einem nominalwertigen Wort bestehen. Die solchermaßen generierten Bedingungsgefüge und

Abhängigkeitsverhältnisse des Nebensatzes zu seinem Folgesatz können nach Lewin (1970,

34) höchst unterschiedlicher Art sein (koordinativ, temporal, konditional, kausal, konzessiv,

adversativ, distributiv, alternativ, final, resultativ, gradativ, mutativ und stativ). Während die

Funktionen der deutschen Konjunktionen denen der koreanischen Konjunktionalformen

weitgehend ähneln, ist die Schnittmenge semantisch bedeutungsgleicher Konjunktionen

geringer. So weisen beispielsweise sowohl das Deutsche als auch das Koreanische im Bereich

der Temporalität Konjunktionalformen auf, die den Kategorien der Vorzeitigkeit und der

Nachzeitigkeit zuzuordnen sind, während die Kategorie der Gleichzeitigkeit im Deutschen

nicht vollkommen identisch ist mit der Kategorie der Abruptheit im Koreanischen (자 – (cha

(kaum)), 즈음 – (chuum (gerade als)), 대로 – (taero (sobald als)). Des Weiteren stehen

Konjunktionalformen des Deutschen, die ausschließlich einer Kategorie (z.B. konzessiv,

kausal, konditional) zuzuordnen sind, teilweise polyvalente Formen des Koreanischen

gegenüber, beispielsweise nominalwertige Konjunktionalformen, die in lokativer oder

instrumental-direktionaler Funktion auch adverbial verwendet werden können.

Diese und weitere Unterschiede zwischen den Konjunktionalsystemen des Deutschen und des

Koreanischen können im Spracherwerbsprozess zu sprachkontrastiv bedingten Fehlern

führen. So ist zum einen zu erwarten, dass Konjunktionalformen, die nur in einer der beiden

Sprachen existieren, beim Erwerb der jeweils anderen Sprache zu Fehlern führen oder aber im

Sinne einer Vermeidungsstrategie vollkommen ausgelassen werden. Gleichzeitig können auch

2 Oberbegriff für Konjunktionen und Subjunktionen (vgl. Duden Band 4: Die Grammatik. Mannheim 2006)

39

Übergeneralisierungen ähnlicher und vermeintlich sicher beherrschter Formen antizipiert

werden.

Um der Frage nachzugehen, welche Fehler im deutschen Konjunktionalsystem bei

koreanischen Lernern des Deutschen auftreten, sollen in dem vorliegenden Beitrag, basierend

auf einer Studie von Kim (1994), Schwierigkeiten fortgeschrittener koreanischer Lerner beim

Erwerb des deutschen Konjunktionalsystems beschrieben und analysiert werden. Zuvor

jedoch sollen die Konjunktionalsysteme des Deutschen und des Koreanischen dargestellt und

linguistisch differenziert werden.

2.0 Zur Differenzierung der Konjunktionen im Deutschen und im Koreanischen

Buscha (1989, 9) betrachtet Konjunktionen als „in morphologischer Hinsicht unveränderliche

Worteinheiten, die als syntaktische Verknüpfungszeichen ohne Satzgliedwert mit je

verschiedener Verknüpfungsbedeutung gebraucht werden“. Dieser Aspekt einer

unflektierbaren und nicht satzgliedfähigen Wortart wird auch von Bußmann (1983, 258)

betont, die zudem, hinsichtlich ihrer Stellungseigenschaften, zwischen echten und unechten

Konjunktionen unterscheidet. So seien echte Konjunktionen wie aber, allein, denn, oder, und,

sondern nicht vorfeldfähig, während sich unechte Konjunktionen (Konjunktionaladverbien)

satzgliedhaft wie Adverbiale verhielten und eine Inversion bewirken könnten.

Lewandowski (1985, 562) nimmt hinsichtlich der syntaktischen Kriterien eine

Unterscheidung zwischen subordinativen und koordinativen Konjunktionen vor und rechnet

zu den letzteren die kopulativen (und, sowohl … als auch), die disjunktiven (oder, entweder

… oder), die restriktiven (außer), die adversativen (aber, jedoch, sondern) und die kausalen

Konjunktionen (denn). Während subordinative (subordinierende) Konjunktionen „einen von

ihnen eingeleiteten Nebensatz in einen übergeordneten Satz, der ein Hauptsatz oder ein

Nebensatz sein kann“ (vgl. Helbig/Buscha 1986, 182) einbetten, verbinden koordinative

(koordinierende) Konjunktionen Hauptsätze, Nebensätze gleichen Grades oder Satzglieder

miteinander. Bei der Verwendung hauptsatzverbindender Konjunktionen stehe das finite Verb

hinter der Konjunktion und dem ersten Satzglied. Die Positionierung sei denn auch das

entscheidende Kriterium der Differenzierung zwischen Konjunktionen und Adverbien

(Konjunktionaladverbien).

Die differenzierteste Unterscheidung hinsichtlich der Bedeutungen und Funktionen von

Konjunktionen findet sich bei Buscha (1989, 16 ff.), der neben den von Bußmann und

Lewandowski genannten Kategorien eine Reihe weiterer Differenzierungen vornimmt und

40

zusätzlich unter anderem zwischen alternativ-konzessiv subordinierenden (ob … ob),

explikativ koordinierenden (das heißt), final subordinierenden (auf dass, damit, dass, um …

zu), instrumental subordinierenden (als dass, um … zu), irreal-konsekutiv subordinierenden

(als dass), komitativ subordinierenden (indem), konditional subordinierenden (falls, sofern,

wenn) und temporal subordinierenden (als, da, indes, seitdem) Konjunktionen unterscheidet.

Helbig/Buscha (1986) differenzieren in den jeweiligen Gruppen der subordinierenden und

koordinierenden Konjunktionen zwischen einfachen, zusammengesetzten und mehrteiligen

Konjunktionen. Zu den einfachen subordinierenden Konjunktionen rechnen Helbig/Buscha

(1986, 182) die Konjunktionen dass, weil, bevor, ehe, obwohl, als, obgleich, während, damit,

falls, indem, wenn und sobald. Zu den zusammengesetzten subordinierenden Konjunktionen

werden die Konjunktionen als dass, so dass, (an)statt dass, ohne dass, als ob, als wenn und

außer dass gerechnet. Typisch für die zusammengesetzten subordinierenden Konjunktionen

sei ihr gleichzeitiges Miteinanderauftreten und Nebeneinanderstehen und die Untrennbarkeit

der beiden Komponenten (Er erlaubt sich ein Urteil, ohne dass er die Literatur gründlich

kennt). Eine Trennung der beiden Konjunktionskomponenten sei in diesen Fällen nur durch

die Einfügung eines Korrelats möglich (Er erlaubt sich ein Urteil, ohne die Tatsache, dass er

die Literatur gründlich kennt). Mehrteilige Konjunktionen können nach Helbig/Buscha (ebd.)

sowohl in subordinierender (je … desto, wenn auch … so doch) als auch in koordinativer

Funktion (entweder … oder, nicht nur … sondern auch) auftreten.

Nach Lewin (1970, 34ff.) sind die Konjunktionalformen des Koreanischen insbesondere in

Bezug auf die Anschlusstypen zu differenzieren, die als Basen für die konjunktionalen

Endungen dienen können. Hierbei könne zwischen athematischen (Anschlusstyp 1) und

thematischen Verbalbasen (Anschlusstyp 2), den Konverbal- (Anschlusstyp 3) und den

Temporalstämmen (Anschlusstyp 4) sowie dem Präsens- (Anschlusstyp 5), dem Präterial-

(Anschlusstyp 6) und dem Futurpartizip (Anschlusstyp 7) differenziert werden. Lewin (1970,

35ff.) beschreibt die semantischen Funktionen der koreanischen Konjunktionalformen

exemplarisch anhand der temporalen, konditionalen und kausalen Marker.

I. Temporale Konjunktionalformen

Postverbal Vorzeitigkeit (der Nebensatzhandlung) 아/어 (nachdem, Konverbalstamm) 서 3-so (nachdem) 서야 3-soya (erst wenn) 고서 1-goso (als, wenn)

41

고는 1-gonun (als, nachdem) 고야 1-goya (nachdem) 면서부터 2-myonsobuto (seitdem) Nominalwertig 뒤(에) 6-dui(e) (nachdem) 후(에) 6-hu(e) (nachdem) 사이(에) 6-sai(e) (nachdem) 다음(에) 6-daum(e) (nachdem) 지 6-ji (nachdem, seitdem) 이래(로) 6-irae(ro) (seitdem) Gleichzeitigkeit 매 2-mae (als) 면서 2-mynso (während) 니(까) 2-ni(kka) (als) 더니 1,4-doni (als, retrospektiv) 때 – 7 ttae (als, wenn) 무렵(에) – 7 muroyp(e) (während) 동안(에) – 5 tongan(e) (während) 사이(에) – 5 sai (e) (während) 중에 – 5 chunge (während) 길(에) – 5 kyol(e) (während) 적(에) – 7 chok(e) (wenn, gelegentlich) 제 – 7 che (wenn, gelegentlich) 족족 – 5 chokchok (jedesmal wenn) Nachzeitigkeit 기(도)전에 – 1 ki(do)jone (bevor) Abruptheit 자 – 1 cha (kaum) 자마자 – 1 chamaja (kaum) 자말자 – 1 chamalja (kaum) 다(가) – 1 ta(ga) (kaum) 즈음 – 7 chuum (gerade als) 차 – 6 ch’a (gerade als) 참에 – 5 ch’ame (gerade als) 대로 – 5 taero (sobald als) 기가바쁘게 – 1 ki-ga pappuge (kaum)

42

II. Konditionale Konjunktionalformen

Postverbal 면 - 2 myon (wenn) 다면 – 1 tamyon (wenn, Quot.) 자면 – 1 chamyon (wenn, Opt.) 느라면 – 1 nuramyon (wenn) 느라니까 – 1 nuranikka (wenn) 느니 – 1 nuni (wenn) 거든/어든 – 1 (k)odun (wenn) 건대/언대 – 1 (k)ondae (wenn) 고는 – 1 konun (wenn) 고서는 – 1 kosunun (wenn) 고야 – 1 koya (wenn) 서야 – 3 soya (wenn) 야 – 3 ya (nur) 던들 – 1 tondul (gesetzt den Fall) Nominalwertig

들 – 6 tul (wenn) 진대 – 7 chindae (gesetzt den Fall) III. Kausale Konjunktionalformen

Postverbal

니(까) – 2 ni(kka) (weil) 느니 – 1 nuni (weil) 나니 – 1 nani (weil) 거니 – 1 koni (weil) 더니 – 1 toni (weil) 거늘 – 1 konul (weil) 매 – 2 mae (weil) 서 – 3 so (weil) 느라고 – 1 nurago (da gerade) 관대 – 1 kwandae (etwas wegen) Nominalwertig 므로 – 7 muro (dadurch dass) 고로 – 5,6 koro (weil) 기로 – 1 kiro (in Anbetracht von) 기에 – 1 kie (dadurch dass) 길래 – 1 killae (dadurch dass) 기때문(에) – 1 ki-ttaemun (e) (weil) 까닭(에) – 5,6,7 kkadalk (e) (aus dem Grunde dass)

43

바람에 – 5 parame (infolge) 걸 – 6 kyol (infolge) 나머지(에) – 5,6 namoji (e) (bedingt durch) 사이(에) – 7 sai (e) (weil) 대로 – 5,6,7 taero (entsprechend) 지라 – 5,6 chira (weil) 지니- 7 chini (weil) 즉 – 6 chuk (weil)

* Die angegebenen Ziffern beziehen sich auf den jeweiligen konjunktionalen Anschlusstyp.

Lewins Analyse zeigt, dass die postverbalen Konjunktionalformen sowohl mono- als auch

polyfunktional verwendet werden können. Dabei verweist Lewin auf die Polyfunktionalität

der Konjunktionalformen insbesondere in den temporal-kausal-konditionalen und den

konzessiv-adversativen Bereichen. So können beispielsweise die Formen 니(까) (-ni(kka))

und 서 (so) postverbal zur Markierung der Temporalität (Gleichzeitigkeit) als auch als

postverbale kausale Konjunktionalformen verwendet werden.

3.0 Schwierigkeiten koreanischer Lerner beim Erwerb der deutschen Konjunktionen

In einer empirischen fehleranalytischen Untersuchung markanter Fehler fortgeschrittener

koreanischer Deutschlerner analysierte Kim (1994) auch die Probleme dieser Lerner beim

Erwerb des deutschen Konjunktionalsystems. Dabei konnte er feststellen, dass es im Bereich

der subordinierenden Konjunktionen häufig zu Vertauschungen der finalen Konjunktion

damit mit der kausalen Konjunktion weil kommt.

Nach Buscha (1989, 56) haben die Konjunktionen damit und um … zu finale Bedeutung und

drücken aus, „dass der Sachverhalt des Nebensatzes bzw. des Infinitivs die Absicht (den

Zweck, das Ziel) des Hauptsatz-Sachverhalts darstellt“. Die Absicht sei „an ein personales

Subjekt gebunden und mit einem Willenselement verbunden, das auf die Realisierung des

Hauptsatz-Sachverhalts gerichtet ist“. Es seien zwei Varianten der Realisierung des

Finalsatzes feststellbar, bei denen das wollende Personalsubjekt und das realisierende Subjekt

identisch (Er beeilt sich, damit der den Zug noch erreicht) oder aber nicht identisch (Er stellt

mir den Ausländer vor, damit ich ihn kennenlerne) sein können.

Die Konjunktion weil hat nach Buscha (1989, 125) eindeutig kausale Bedeutung und drückt

aus, „dass der Nebensatz-Sachverhalt der Grund (die Ursache) für den Hauptsatz-Sachverhalt

ist“. Der Nebensatz stehe häufig als Nachsatz, sei aber auch als Vordersatz möglich. Im

44

Hauptsatz könnten auch Korrelate wie darum, deshalb, deswegen, aus diesem Grund auf den

Nebensatz verweisen.

Kim (1994) stellte fest, dass von den beobachteten Lernern zur Markierung eines Zwecks

oder einer Absicht statt der finalen Konjunktion damit häufig die Konjunktion weil verwendet

wird, die als Anschlussmittel für Kausalsätze fungiert.

Man lernt Fremdsprachen, weil man anderes Volk verständigen kann. → damit

Auch der umgekehrte Fall der Verwendung einer finalen Konjunktion zur Markierung eines

kausalen Bedingungsgefüges konnte von Kim (ebd.) festgestellt werden.

Ich lerne Deutsch, damit ich mich für Deutsch interessiere. → weil

Damit ich Deutschroman lesen möchte, lerne ich Deutsch. → Weil Ein häufig anzutreffender Fehler ist darüber hinaus die Vertauschung der finalen Konjunktion

damit mit der Infinitivkonstruktion um … zu, die ebenfalls zur Realisierung eines finalen

Bedingungsgefüges verwendet wird.

Aber ich will Fremdsprachen lernen, damit ich Ausländer verstehen will. → um Ausländer zu verstehen. Ich muss fließend Deutsch sprechen, um die Schüler auch gut Deutsch zu sprechen. → damit die Schüler auch gut Deutsch sprechen. Kim (1994, 79) konnte feststellen, dass eine fehlerhafte Verwendung der Konjunktion damit

insbesondere dann auftritt, wenn parallel die Modalverben sollen und können verwendet

werden, die ihrerseits bereits einen Willen, eine Absicht oder einen Wunsch markieren, so

dass die zusätzliche Markierung des Willenselements durch die finale Konjunktion damit

redundant erscheint.

Die Beobachtungen Kims stehen insgesamt in Einklang mit den Überlegungen Lewins zur

Polyfunktionalität der koreanischen Konjunktionalformen. Offenbar wird von den Lernern die

im Koreanischen bestehende Polyfunktionalität im Sinne eines Sprachentransfers auf das

zielsprachliche deutsche Konjunktionalsystem übertragen.

Eine von koreanischen Lernern häufig vermiedene Konjunktion ist die konditionale

Konjunktion wenn bei gleichzeitiger Übergeneralisierung der Wendung „es … dass“. Die

Vermeidung der Konjunktion wenn mag aus sprachkontrastiver Perspektive zunächst

überraschen, da im Koreanischen eine ganze Reihe postverbaler und nominalwertiger

Konjunktionalformen mit äquivalenter Bedeutung existieren (postverbal u.a.: 면 - myon,

45

다면 – tamyon, 자면 – chamyon, 느라면 – nuramyon, 느라니까 – nuranikka;

nominalwertig: 들 – tul). Möglicherweise wird die Konjunktion wenn von den Lernern

vornehmlich als temporale subordinierende Konjunktion, die der Markierung von

Gleichzeitigkeit oder Vorzeitigkeit dient, betrachtet. Ein weiterer Grund für die Vermeidung

der Konjunktion wenn als subordinierender konditionaler Konjunktion könnte zudem darin

bestehen, dass insbesondere die Verwendung dieser Konjunktion in irrealen

Konditionalsätzen auch eine Verwendung des Konjunktivs erforderlich macht.

Es wäre besser, dass wir Fremdsprache in ihrer Art denken. → wenn Es ist dem Körper gesund, dass man jeden Tag ein Glas Milch trinkt. → wenn

Eine im Allgemeinen von koreanischen Lernern leicht zu erwerbende Konjunktion ist

hingegen die temporale Konjunktion dann, die ihnen in eben jener Funktion aus ihrer L2

Englisch als Konjunktion then bekannt ist. Dennoch treten auch in diesem Fall Fehler auf, wie

das folgende Beispiel illustriert.

Als Deutschlehrer muss ich Deutschland und Deutsche gut verstehen, deshalb kann ich noch

besser lehren. → dann

4.0 Zusammenfassung

Im vorliegenden Beitrag wurden unter Einnahme einer sprachkontrastiven Perspektive die

Konjunktionalsysteme des Deutschen und des Koreanischen beschrieben und miteinander

verglichen. Dabei wurde für das Deutsche eine Differenzierung zwischen echten und

unechten sowie koordinierenden und subordinierenden Konjunktionen vorgenommen. In

Anlehnung an Lewandowski und Buscha wurde die Gruppe der subordinierenden und

koordinierenden Konjunktionen weiter ausdifferenziert (kopulativ, disjunktiv, restriktiv,

adversativ etc.).

Für das Koreanische als einer agglutinierenden Sprache konnte mit Lewin festgestellt werden,

dass die entsprechenden Konjunktionalformen an die Verbalbasen, die erweiterten Stämme

bzw. an die Partizipialformen angehängt werden. Die durch die Verwendung der

Konjunktionalformen entstehenden Nebensätze wurden als koordinativ, temporal,

konditional, kausal, konzessiv, adversativ, distributiv etc. beschrieben. Es wurden in

Anlehnung an Lewin insgesamt sieben Anschlusstypen benannt, die als Basen für

konjunktionale Endungen dienen können. Die semantischen Funktionen der

46

Konjunktionalendungen wurden anhand der temporalen, konditionalen und kausalen

Konjunktionalendungen illustriert.

Bezüglich der Schwierigkeiten koreanischer Lerner beim Erwerb des deutschen

Konjunktionalsystems konnte festgestellt werden, dass Vertauschungen finaler (damit) und

kausaler (weil) Konjunktionen auftreten. Offenbar wird in einigen Fällen die

Polyfunktionalität koreanischer Konjunktionalformen auf das deutsche Konjunktionalsystem

transferiert. Im Sinne einer Vermeidungsstrategie wurden von den beobachteten koreanischen

Lernern bestimmte Konjunktionen (z.B. die konditionale Konjunktion wenn) bei

gleichzeitiger Übergeneralisierung anderer Formen (z.B. es … dass) ausgelassen.

Konjunktionalformen, die den Lernern bereits aus dem Erwerb anderer Fremdsprachen (z.B.

then aus dem Englischen) bekannt sind, bereiten ihnen nur in wenigen Fällen

Schwierigkeiten.

5.0 Literatur

Buscha, Joachim (1989): »Lexikon deutscher Konjunktionen.« Leipzig.

Bußmann, Hadumod (1983): »Lexikon der Sprachwissenschaft.« Stuttgart.

Duden Band 4: Die Grammatik. Mannheim 2006.

Helbig, Gerhard/Buscha, Joachim (1986): »Kurze deutsche Grammatik für Ausländer.«

Leipzig.

Kim, Yong-Shin (1994): »Schwierigkeiten beim Lernen und Lehren der deutschen Sprache

durch Koreaner. Eine fehleranalytische Untersuchung bei koreanischen

Deutschlehrern an Oberschulen.« Eichstätt (unveröffentlichte Magisterarbeit).

Lewandowski, Theodor (1985): »Linguistisches Wörterbuch Band 2.« 4. Auflage Heidelberg

1985.

Lewin, Bruno (1970): »Morphologie des koreanischen Verbs.« Wiesbaden.

47

IV. Präpositionen und Postpositionen im deutsch-koreanischen Sprachvergleich

1.0 Einleitung

Ulrich (1975, 111) betrachtet Präpositionen (Verhältniswörter, Fallfügteile) als eine Wortart,

die als Bindeglied beim Zusammenfügen einzelner Wörter zu Wortgruppen fungiert. Dabei

kennzeichnen die Präpositionen die Relation der Syntagmakonstituenten zueinander und

markieren diese als lokal (auf, unter, über), temporal (während, zwischen), kausal (infolge,

unbeschadet) oder modal (einschließlich, gemäß). Die Präpositionen stellen eine nicht

flektierende und nicht satzgliedfähige Wortart dar, die zudem zahlenmäßig begrenzt ist und

mithin eine geschlossene Klasse bildet (vgl. Bußmann 1983, 401).

Zentrales Merkmal der Präpositionen ist nach Risel (2007, 79) die Eigenschaft dieser Wortart,

einen bestimmten Kasus zu verlangen und diesen zu regieren.

Präpositionen treten nach Hoberg/Hoberg (2009, 308) nicht allein, sondern zusammen mit

anderen Wörtern oder Wortgruppen auf, mit denen sie eine Präpositionalgruppe

(Präpositionalphrase, Präpositionalgefüge) bilden. Eine Präpositionalgruppe/

Präpositionalphrase besteht dabei im Kern aus einer Präposition und einer Nominalphrase, die

durch Pronominaladverbien sowie Raum- und Zeitangaben substituiert werden kann (vgl.

Lewandowski 1985, 803).

Auch in Präpositionalobjekten ist die Rektion des Präpositionalkasus nicht unmittelbar vom

Verb, sondern von der eingefügten Präposition abhängig (vgl. Lewandowski 1985, 803).

Dabei sind Präpositionalobjekte, wie Ulrich (1975, 111) betont, von Adverbialbestimmungen

zu unterscheiden.

Bußmann (1983, 401) verweist darauf, dass Präpositionen in ihrer Eigenschaft, Beziehungen

zwischen Satzelementen aufzuzeigen, den Adverbien und einigen Konjunktionen ähneln,

während die Eigenschaft der Rektion ein Alleinstellungsmerkmal der Präpositionen darstelle.

Ursprünglich aus lokalen Adverbien entstanden, zeige sich die adverbiale Herkunft der

Präpositionen zum Beispiel bei der Präposition durch, die als Präposition (durch den Park

laufen), als Präfix mit lokaler Semantik (den Park durchlaufen) und auch adverbial (durch

und durch) verwendet werden könne. Im Deutschen ist die Voranstellung der Präpositionen

vor den abhängigen Wörtern üblich, während eine nachgestellte (postpositionale)

Verwendung selten ist. Althaus et al. (1980, 548) ordnen die Präpositionen sprachtypologisch

den VO-Sprachen zu, während OV-Sprachen vorwiegend Postpositionen enthielten. Dabei

handelt es sich bei den VO-Sprachen um solche Sprachen, bei denen die Objekte auf die

48

Verben folgen (z.B. Deutsch, Englisch), während in den OV-Sprachen die Objekte den

Verben vorausgehen (z.B. Japanisch, Koreanisch). Für das Deutsche gelte, dass sich die

Postpositionen (entgegen, entlang, gegenüber) erst nach Einführung der OV-Wortstellung in

Nebensätzen am Anfang des 16. Jahrhunderts entwickelt hätten.

Die Analyse von Präpositionen und Postpositionen bedarf also neben einer synchronen auch

einer diachronen Sprachanalyse. Risel (2007, 81) weist für die Präpositionen darauf hin, dass

sprachgeschichtlich ältere Präpositionen (in, auf, ohne) einfach gebaut seien, während der

Aufbau jüngerer Präpositionen (oberhalb, abzüglich, entsprechend) oftmals komplex sei.

Sprachgeschichtlich sei festzustellen, dass Präpositionen zum Teil aus anderen Wortarten

entstanden seien. So seien beispielsweise die Präpositionen kraft und dank aus Substantiven

entstanden.

Im vorliegenden Beitrag sollen nun die Präpositionen einer flektierenden VO-Sprache

(Deutsch) mit dem System der Postpositionen in einer agglutinierenden Sprache (Koreanisch)

kontrastiv verglichen werden. Dabei soll für das Deutsche auf Stellung und Funktion

verschiedener Adpositionen sowie auf die besondere Bedeutung der gebundenen

Präpositionen (vgl. Peschel 2012) eingegangen werden. Sprachkontrastiv sollen die im

Koreanischen verwendeten affigierten Postpositionspartikeln dem deutschen

Präpositionalsystem gegenübergestellt werden. In einem weiteren Schritt soll erläutert

werden, welche Funktion die koreanischen Suffixpartikeln für die Kasusmarkierung besitzen.

In einem letzten Schritt soll auf der Basis einer empirischen Untersuchung von schriftlichen

Texten koreanischer Deutschlerner (Studierende des dritten und vierten Studienjahres der

Seouler Fremdsprachenuniversität) die Verwendung der deutschen Präpositionen in der

Interlanguage koreanischer Lerner beschrieben und analysiert werden.

2.0 Die Präpositionen im Deutschen

Nach Schröder (1986, 11) treten Präpositionen nicht als selbständige Satzglieder, sondern

vielmehr als zu einem Satzglied gehörig auf, mit dem sie durch Rektion verbunden sind.

Während die Voranstellung (Prä-Position) die im Deutschen übliche Positionierung der

Präpositionen sei, seien auch andere Positionierungen wie die Post- oder Zirkumposition

möglich. Einige Präpositionen (entgegen, entlang, entsprechend, gegenüber, gemäß, nach)

könnten sowohl als Prä- als auch als Postpositionen auftreten, während andere (gemäß,

halber, hindurch, lang, zufolge) ausschließlich eine Postpositionierung erlaubten.

Präpositionen wie um … willen oder von … aus träten in Zirkumposition auf.

49

Bußmann (1983, 401) nimmt eine ähnliche Differenzierung vor und ergänzt diese um die

Ambiposition (der Ehre wegen vs. wegen der Ehre). Bußmann (ebd.) betont, dass

Präpositionen in Präpositionalphrasen außer im adverbialen Bereich auch im verbalen Bereich

vorkommen. Adverbiale in Präpositionalphrasen könnten je nach Verbvalenz als

valenznotwendige, obligatorische (Martina wohnt in Stuttgart) oder als nicht

valenznotwendige, fakultative Adverbiale (Sie sucht ihre Lampe auf/unter/neben dem Tisch)

auftreten. Nach Schröder (1986, 11) entstehen Adverbien unter anderem durch eine feste

Verbindung von Präpositionen und Substantiven (erwartungsgemäß, umstandshalber,

jahrelang). Die durch die Verschmelzung von Präpositionen und Substantiven entstehenden

Adverbien (erwartungsgemäß) ließen sich durch den Einsatz von Substantiven wieder in

Satzglieder (gemäß seiner Erwartung) überführen, in denen das Nomen hinsichtlich seines

Kasus von der Präposition abhängig sei. In Präpositionalobjekten mit einem

valenznotwendigen Auftreten eines Objekts (glauben an, sich verlassen auf) seien die

Präpositionen weitgehend durch das Verb determiniert und semantisch leer.

Nach Bußmann (1983, 402) können Präpositionalphrasen syntaktisch auch die Funktion eines

Attributs (Der Betrug am Wähler; Der Eingang zum Theater) oder eines

Funktionsverbgefüges (in Rechnung stellen, zur Abstimmung kommen) übernehmen.

Althaus et al. (1980, 627) beschreiben die deutsche Gegenwartssprache die Tendenz,

Präpositionalgruppen zunehmend auszuklammern. Dies gelte für Präpositionalgruppen

sowohl in Umstandsangaben als auch in Präpositionalobjekten. Die Ausklammerung von

Präpositionalgruppen sei bislang von den Grammatiken nicht anerkannt gewesen. Diese

hätten lediglich die Ausklammerung von Infinitivkonstruktionen, von Glied- und

Attributsätzen sowie von Satzgliedern und Nebensätzen anerkannt. Althaus et al. (ebd.)

führen die zunehmende Tendenz der Ausklammerung von Präpositionalphrasen auf den

Einfluss der gesprochenen Sprache zurück, in der der Satzrahmen nicht so streng gehandhabt

werde und weitgespannte Bögen im Satzbau vermieden würden. Insgesamt ermögliche die

Ausklammerung eine Auflockerung des Satzbaus und eine größere Variabilität des

Satzrhythmus.

Peschel (2012) fordert, die gebundenen Präpositionen (Verb + regierte Präposition) intensiver

als bisher im Grammatikunterricht zu behandeln. Während die Wechselpräpositionen

verbunden mit der Kasusrektion im Unterricht eine besondere Rolle spielten, würden die

gebundenen Präpositionen trotz der mit dem Erwerb dieser Präpositionen verbundenen

Lernschwierigkeiten weitgehend vernachlässigt. Die Probleme von Lernern bei der

Verwendung der gebundenen Präpositionen seien aber vielfältig. So würden Präpositionen

50

teilweise fehlerhaft verwendet (*sich orientieren nach; *sich zusammensetzen in), wobei die

Ursache dieses fehlerhaften Gebrauchs häufig in einer Kontamination konkurrierender,

semantisch ähnlicher Konstruktionen bestehe. Zudem könne die Wahl eines zu kolloquialen

Stils in einer formellen Textsorte zu Problemen bei der Wahl der adäquaten Präposition

führen. Festzustellen seien auch Kasusfehler in der Folge von Präpositionen (*Diese

Erklärungen sollen dann aber (…) auf eigene Experimente beruhen) und Auslassungen von

Präpositionen (*um für Kinder wenigstens ein angenehmes Lernklima zu sorgen). Letztere

seien insbesondere dann feststellbar, wenn mehrere Präpositionen in gleich- oder

verschiedenartigen Satzgliedern unmittelbar nacheinander verwendet würden.

Eine Untersuchung Peschels (2012) zur Darstellung gebundener Präpositionen in

ausgewählten Grammatiken (Helbig/Buscha 1991, Eisenberg 2006, Duden 2009) ergab eine

Berücksichtigung der gebundenen Präpositionen insbesondere in der Dudengrammatik.

In dieser Grammatik würden die gebundenen Präpositionen gleich zu Beginn der Darstellung

der Präpositionen präsentiert und erläutert. Es erfolge der Hinweis darauf, dass gebundene

Präpositionen zusammen mit dem Verb eine feste Bedeutungseinheit bilden und nicht

austauschbar seien. Gebundene Präpositionen verlören allerdings weitgehend ihre Bedeutung.

In Eisenbergs „Grundriss der deutschen Grammatik“ (2006) würden die gebundenen

Präpositionen auch unter diachroner Perspektive betrachtet und die Frage gestellt, inwieweit

die Bedeutung gebundener Präpositionen auf eine lokale Grundbedeutung zurückzuführen sei.

Helbig/Buscha (1991) schließlich ordnen die gebundenen Präpositionen dem Satzglied

Präpositionalobjekt zu und betrachten sie ansonsten als semantisch weitgehend entleert und

lediglich von syntaktischem Fügungswert.

Peschel (2012, 52) führte für die gebundenen Präpositionen eine Kookkurrenzanalyse unter

Verwendung des Cosmas-Korpus des Instituts für deutsche Sprache in Mannheim durch.

Hierbei handelt es sich um eine Sammlung digitalisierter Texte aus Zeitungen sowie aus

klassischen und zeitgenössischen Romanen. Für das Verb abmelden konnte Peschel (ebd.) ein

häufiges kookkurrentes Auftreten mit der Präposition von feststellen. Einzelne Belege fanden

sich jedoch auch für eine Kookkurrenz mit der Präposition für. Peschel (ebd.) nimmt an, dass

die Verbindung abmelden für in Analogie zu der Verbindung anmelden für entstanden sein

könnte. Für das Verb mitwirken konnte Peschel (ebd.) eine gleiche Anzahl von

Kookkurrenzen mit der Präposition an wie mit der Präposition für finden, während sich für

das Verb leiden eine leicht höhere Kookkurrenz mit der Präposition unter als mit der

Präposition an ausmachen ließ.

51

Peschel (ebd.) weist darauf hin, dass zwischen den Kookkurrenzen leiden an und leiden unter

kollokative Unterschiede bestehen. Während die Verbindung leiden unter mit beinahe jedem

negativ konnotierten Substantiv verwendet werden könne, werde die häufig auftretende

Verbindung leiden an ausschließlich im Kontext der Denotation von Krankheiten verwendet.

Für das Verb untersuchen fand Peschel (ebd.) eine deutlich höhere Kookkurrenz mit der

Präposition auf als mit der Präposition nach. Die Verwendungsunterschiede der

Verbindungen untersuchen auf und untersuchen nach seien primär textsortenbedingt mit

einem häufigen Auftreten der Verbindung untersuchen nach in naturwissenschaftlichen

Texten.

3.0 Die Postpositionen im Koreanischen

In einer agglutinierenden OV-Sprache wie dem Koreanischen können postpositionierte

Partikeln der Kasusmarkierung dienen oder aber als Postpositionspartikeln, den deutschen

Präpositionen entsprechend, verwendet werden.

Kim (1999, 14) weist darauf hin, dass die Kasusmarkierungen im Koreanischen durch das

Anhängen einer Kasuspartikel an ein Nomen vorgenommen werden. So könnten die

Kasuspartikeln -이(-i) und -가 (-ga) ausschließlich als Nominativpartikeln verwendet werden.

Die Form -께서 (-kkesO) (Honorativ) könnte als Quasi-Nominativpartikel betrachtet werden,

da sie neben der Nominativmarkierung weitere semantische und pragmatische Funktionen

erfüllt.

Nach Kim (ebd.) besitzt auch die Genitivpartikel -의 (-ui) eine adnominale Funktion. Es

erfolge jedoch zumeist eine Tilgung dieser Partikel.

Die Partikeln -에게 (-ege) und -한테 (-hante) markieren beide den Dativ, wobei die Form

에게 (-ege) zumeist in schriftlichen Texten und die Form -한테 (-hante) in gesprochener

Sprache Verwendung findet. Die Partikel -에게 (-ege) besitzt darüber hinaus in der Form -께

(-kke) die pragmatische Funktion der Honorativmarkierung.

Die Akkusativpartikeln -을 (-ul) und -를 (-rul) dienen zur Markierung eines direkten Objekts.

Neben den Kasuspartikeln existieren im Koreanischen mit den Topikpartikeln -은 ((-un)

(nach einem Auslaut)) und -는 (-nun) sowie den Delimiterpartikeln 도 (-do) und 만 (-man)

Hilfspartikeln, die eine vornehmlich diskurspragmatische Funktion besitzen.

52

Nach Kim (1999, 14) können diese Hilfspartikeln weitestgehend durch Kasuspartikeln ersetzt

werden oder aber mit diesen zusammenstehen. Eine Einschränkung bestehe lediglich darin,

dass Delimiterpartikeln grundsätzlich nicht nach der Genitivpartikel auftreten könnten.

Die folgenden Beispielsätze sollen die Verwendung der Hilfspartikeln illustrieren:

오늘만 싸게판다 .

Oneul man ssage panda.

Das Angebot gilt nur für heute.

할머니도 같이 간다.

Halmeonido gatchi ganda.

Die Oma kommt auch mit.

Bei der koreanischen Pluralpartikel 들 (-dul) handelt es sich weder um eine Kasus- noch um

eine Postpositionspartikel. Vielmehr entspricht die Pluralpartikel dem Numerusmarker im

Deutschen.

선생님은 학생들과 산책을 갔다.

Seonsaengnimun hagsaengdulgwa sanchaegul gatta.

Der Lehrer ging mit den Schülern spazieren.

Im Folgenden sollen exemplarisch anhand von Satzbeispielen einige derjenigen koreanischen

Postpositionspartikeln aufgeführt werden, die in ihrer Funktion weitgehend den deutschen

Präpositionen entsprechen. Dabei weisen die koreanischen Postpositionspartikeln keine

Abhängigkeit von einem bestimmten Kasus auf, sondern sind vornehmlich nach ihrer

Bedeutung zu differenzieren.

Deutsche Präposition: ab

Koreanische Postposition: -에서 (-eso) → Lokalpartikel

그 기차는 프랑크푸르터에서 출발한다.

Geu gichaneun peurangkeupureuteoeso chulbalhanda.

Der Zug geht ab Frankfurt.

53

Deutsche Präposition: auf

Koreanische Postposition: (-위)에 (-ui)e → Lokalpartikel (Markierung eines direkten

Kontakts)

(1)

책은책상 (위)에 놓여있다.

Chegeun chaegsanguie nohyeoitta.

Das Buch liegt auf dem Tisch.

(2)

그녀는 책을 책상(위)에 놓는다.

Geunyeoneun chaegeul chaegsanguie noneunda.

Sie legt das Buch auf den Tisch.

Deutsche Präposition: aus

Koreanische Postposition: -에서 (-eso) → Lokalpartikel (Bewegung aus einem Raum)

그는 찬장에서 선물을 꺼냈다.

Geuneun chanjangeso seonmureul kkeonetta.

Er nahm das Geschenk aus dem Schrank.

Deutsche Präposition: aus

Koreanische Postposition: -에서 (-eso) → Lokalpartikel (Herkunft)

그녀는 핀란드에서 왔다.

Geunyeoneun pinlandeueso watta.

Sie kommt aus Finnland.

Deutsche Präposition: bei

Koreanische Postposition: (근처)에 (-guncho)e → Lokalpartikel (bei = in der Nähe von)

슈타른베륵은 뮌헨 근처에 있다.

Syutareunbereugeun mueonhen gunchoe itta.

Starnberg liegt bei München.

54

Deutsche Präposition: bei

Koreanische Postposition: (집)에서 (-eso) → Lokalpartikel (bei Personennennung)

에바는 아직도 그녀의 부모님 집에서 산다.

Ebaneun ajigdo geunyeoe bumonim chibeso sanda.

Eva wohnt noch bei ihren Eltern.

Deutsche Präposition: bei

Koreanische Postposition: 에서 (-eso) → Lokalpartikel (bei Nennung von Einrichtungen,

Firmen etc.)

그는 지멘스에서 일한다.

Geuneun jimenseueso ilhanda.

Er arbeitet bei Siemens.

Deutsche Präposition: bis

Koreanische Postposition: 까지 (-kkadzi) → Lokal- (Richtungspartikel) und Temporalpartikel

(1)

그 기차는 프랑크푸르트까지 간다.

Geu kichaneun peurangkeupureuteukkadzi ganda.

Der Zug geht nur bis Frankfurt.

(2)

열 시까지 밖에서 놀아도 된다.

Yeol shikkadzi bakkeso norado doenda.

Bis zehn darfst du draußen bleiben.

55

Deutsche Präposition: entlang

Koreanische Postposition: 따라 (-ttara) → Lokalpartikel (Markierung von Parallelität)

그들은 강을따라 산책을 했다.

Geudeureun gangeulttara sanchaekeul haetta.

Sie spazierten den Fluss entlang.

Deutsche Präposition: hinter

Koreanische Postposition: 뒤에 duie → Lokalpartikel

자동차가집 뒤에 주차해있다 .

Jadongchaga chibduie juchahe itta.

Das Auto parkt hinter dem Haus.

Deutsche Präposition: in/im (Wechselpräposition)

Koreanische Postposition: (안)에 -(an)e → Lokalpartikel

신문은 거실(안)에 있다.

Shinmuneun geoshilane itta.

Die Zeitung ist im Wohnzimmer.

Deutsche Präposition: in das/ins

Koreanische Postposition: -(안)(으)로 -(an)(u)ro → Lokalpartikel (Richtungsmarkierung)

그는 거실로 간다.

Geuneun geoshillo ganda.

Er geht ins Wohnzimmer.

56

Deutsche Präposition: mit

Koreanische Postposition: -(이)와 -(i)wa und -과 –(gwa), (bei Auslaut): → Komitativpartikel

(formell)

Ohne Auslaut:

나는오늘내친구 와 영화를보러간다 .

Naneun oneul nae chinguwa yeonghwareul boreoganda.

Ich gehe heute mit meiner Freundin ins Kino.

Mit Auslaut:

나는 오늘 내 남동생과 영화를 보러간다.

Naneun oneul nae namdongsaenggwa yeonghwareul boreoganda.

Ich gehe heute mit meinem kleinen Bruder ins Kino.

Deutsche Präposition: mit

Koreanische Postposition: 하고 (-hago) → Komitativpartikel (geringerer Grad an Formalität)

Ohne Auslaut:

나는 오늘 내 친구하고 영화를 보러간다.

Naneun oneul nae chinguhago yeonghwareul boreoganda.

Ich gehe heute mit meiner Freundin ins Kino.

Mit Auslaut: (Form 하고 (-hago) bleibt unverändert)

나는 오늘 내 남동생하고 영화를 보러간다.

Naneun oneul nae namdongsaenghago yeonghwareul boreoganda.

Ich gehe heute mit meinem kleinen Bruder ins Kino.

Deutsche Präposition: mit

Koreanische Postposition: (이)랑 -(i)rang: → Komitativpartikel (informell)

Ohne Auslaut:

나는 오늘 내 친구랑 영화를 보러간다.

Naneun oneul nae chingurang yeonghwareul boreoganda.

Ich gehe heute mit meiner Freundin ins Kino.

57

Mit Auslaut:

나는 오늘 내 남동생이랑 영화를 보러간다.

Naneun oneul nae namdongsaengirang yeonghwareul boreoganda.

Ich gehe heute mit meinem kleinen Bruder ins Kino.

Deutsche Präposition: nach

Koreanische Postposition: (으)로 -(u)ro → Lokalpartikel (Richtungsmarkierung)

그녀는 기차를 타고 프랑크푸르트로 갔다.

Geunyeoneun kicharel tago peurangkeupureuteuro gatta.

Sie fährt mit dem Zug nach Frankfurt.

Deutsche Präposition: neben

Koreanische Postposition: 옆에 (-yeope) → Lokalpartikel

자동차가 집옆에 주차해 있다.

Jadongchaga chibyeope juchahe itta.

Das Auto parkt neben dem Haus.

Deutsche Präposition: über (Wechselpräposition)

Koreanische Postposition: 위에 (-uie) → Lokalpartikel

(1)

전등은 침대 위에 달려있다.

Jeondeungeun chimdaeuie dalyeo itta.

Die Lampe hängt über dem Bett.

(2)

나는 전등을 침대 위에 단다.

Naneun jeondeungeul chimdaeuie danda.

Ich hänge die Lampe über das Bett.

58

Deutsche Präposition: unter (Wechselpräposition)

Koreanische Postposition: 아래에 (-araee) → Lokalpartikel

(1)

개가 책상 아래에 누워있다.

Kaega chaeksang araee nuweo itta.

Der Hund liegt unter dem Tisch.

(2)

개가 책상 아래에 눕는다.

Kaega chaeksang araee numneunda.

Der Hund legt sich unter den Tisch.

Deutsche Präposition: von

Koreanische Postposition: 에서 (-eso) → Lokalpartikel (Richtungsmarkierung:

Ausgangspunkt: eine Person)

나는 지금 나의 오빠 집에서 온다.

Naneun chigeum naoe oppa chibeso onda.

Ich komme gerade von meinem Bruder.

Deutsche Präposition: von … aus

Koreanische Postposition: 에서 (-eso) → Lokalpartikel (Richtungsmarkierung: Ereignisort als

Ausgangspunkt)

모든 세미나가 베를린에서 계획된다.

Modeun seminaga bereulineso gyehoekdoenda.

Alle Seminare werden von Berlin aus organisiert.

59

Deutsche Präposition: von … bis

Koreanische Postposition: -(에서)부터 …까지 -(eso)buto … kkachi → Temporalpartikel

(Markierung eines Zeitraums)

우리는 오늘 두 시부터 열 시까지 일했다.

Urineun oneul du shibuteo yeolshikkaji ilhaetta.

Wir haben heute von zwei bis zehn Uhr gearbeitet.

Deutsche Präposition: von … bis

Koreanische Postposition: -(에서)부터 …까지 -(eso)buto … kkachi → Lokalpartikel (von

einem Ausgangsort zu einem Zielort)

서울에서부터 부산 까지는 자동차로 5시간 걸린다.

Seoulesobuto busankkachi jadongcharo 5 shigan keolinda.

Von Seoul bis Busan dauert es mit dem Auto fünf Stunden.

Deutsche Präposition: vor (Wechselpräposition)

Koreanische Postposition: 앞에 (-ape) → Lokalpartikel

(1)

자동차가 집 앞에 주차해 있다.

Jadongchaga chibape juchahe itta.

Das Auto parkt vor dem Haus.

(2)

나는 자동차를 집 앞에 주차한다.

Naneun jadongchareul chiape juchahanda.

Ich fahre das Auto vor das Haus.

60

Deutsche Präposition: zu

Koreanische Postposition: (으)로 -(u)ro → Lokalpartikel (Richtungsmarkierung in Richtung

eines Ortes)

나는 지금 비행장으로 간다.

Naneun jigeum bihaengjangeuro ganda.

Ich fahre jetzt zum Flughafen.

Deutsche Präposition: zu

Koreanische Postposition: 한테 (-hante) oder 에게 (-ege) → Lokalpartikel

(Richtungsmarkierung in Richtung einer Person)

(1)

나는 지금 내 친구한테 간다.

Naneun jigeum nae chinguhante ganda.

Ich fahre jetzt zu meiner Freundin.

(2)

나는 지금 내 친구에게 간다.

Naneun jigeum nae chinguege ganda.

Ich fahre jetzt zu meiner Freundin.

Deutsche Präposition: zwischen

Koreanische Postposition: 사이에 (-saie) → Lokalpartikel

자동차가 집 사이에 주차해 있다.

Jadongchaga chibsaie juchahe itta.

Das Auto parkt zwischen den Häusern.

61

Als Vergleichspartikeln fungieren im Koreanischen die Partikeln 만큼 ((-mankum) (so wie))

und 보다 ((-boda) (als)).

(1)

만큼 ((-mankum) (so wie))

에리카는 한스만큼 크다.

Erikaneun hanseumankum keuda.

Erika ist genauso groß wie Hans.

(2)

보다 ((-boda) (als))

에리카는 한스보다 작다.

Erikaneun hanseuboda chagda.

Erika ist kleiner als Hans.

4.0 Präpositionen in der Lernersprache koreanischer Deutschlerner

Im Rahmen einer empirischen Untersuchung von schriftlichen Texten koreanischer

Germanistikstudenten der Seouler Fremdsprachenuniversität (drittes und viertes Studienjahr)

wurde die Verwendung der deutschen Präpositionen durch koreanische Deutschlerner

überprüft. Die von den Studierenden verwendeten Präpositionen sind in der folgenden

Auflistung durch Fettdruck hervorgehoben. Die Beschreibung und Klassifizierung der

Präpositionen erfolgt auf der Basis von Jochen Schröders „Lexikon deutscher Präpositionen“

(1986).

62

Präpositionen in der Interlanguage koreanischer Deutschlerner:

auf: lokal: Lokalisierung unter Bezugnahme auf eine Basisfläche

bis: temporal; vor Zeitadverbien, Uhrzeitangaben und Jahreszahlen

bei weitem: Graduierung eines Geschehens oder Sachverhalts

dank: Genitiv oder Dativ; kausal

durch: Markierung einer Kausalbeziehung

einschließlich: Genitiv; oftmals auch ohne erkennbaren Kasus; Angabe einer Menge-Teil-

Relation

für: temporal

gegen: 1. adversativ; in wenigen Fällen wie entgegen; 2. temporal (Angabe einer Zeitspanne

vor einem Zeitpunkt)

hinter: 1. lokal; 2. Sonderformen, z.B.: es faustdick hinter den Ohren haben

innerhalb: Genitiv; innerhalb von Dativ; Angabe/Markierung eines räumlichen

Lokalisationsbereichs

mit: 1. komitativ; 2. instrumental

nach: 1. Angabe eines zu erreichenden Lokalisationsbereichs (nach- oder vorangestellt); 2.

temporal

nahe: Dativ; lokale Bedeutung ; häufige Umschreibung in der Nähe von

ohne: Akkusativ; Angabe/Markierung des Nichtvorhandenseins/Fehlens von irgendetwas

oder irgendjemand

seit: Dativ; temporal

statt: Genitiv oder Dativ; Bedeutung vgl. anstatt (Stellvertretung)

trotz: konzessiv; mit Genitiv oder Dativ; entgegen einem Erwartungswert

von: Modifikation nach dem Substantiv; häufig in Verbindung mit einer Wahrnehmung oder

einer Fortbewegung ohne Direktion

während: Genitiv; temporal; bei Deverbativa

wegen: literatursprachlich mit Genitiv; umgangssprachlich häufig mit Dativ

zwischen: lokale Bedeutung; allgemeine Beziehungen: Wechselbeziehungen zwischen

verschiedenen Größen

63

Im Folgenden werden die von den Lernern verwendeten Präpositionen in ihrem

Verwendungskontext präsentiert. Dabei sind die Textproduktionen der Lerner mit einem (*)

markiert. Die linguistische Beschreibung der von den Lernern verwendeten Präpositionen

erfolgt erneut auf der Basis von Schröder (1986).

auf:

*Wir stiegen auf einen Hügel, von wo aus wir die Stadt überblicken konnten.

Bei der Präposition auf handelt es sich nach Schröder (1986, 67) um eine Lokalpräposition, in

deren Verwendungskontext der Bezugsbereich genannt wird, auf den eine Fortbewegung

gerichtet ist. Weitere Verwendungsbeispiele sind:

„Der Verkehrspolizist geht auf die Kreuzung.

Das Auto fährt auf den Marktplatz.

Er tritt auf den Flur/in den Flur.

Die Mutter sieht vom Fenster aus auf den Hof/in den Hof.

Martin Luther kam 1521 auf die Wartburg.

Im Sommer kommen viele Urlauber auf die Insel Rügen.“

Schröder (1986, 67)

bis:

*Die Kinder spielten im Garten bis es dunkel wurde.

Bei der Präposition bis handelt es sich nach Schröder (1986, 94) um eine

Temporalpräposition, die vor Zeitadverbien, Uhrzeitangaben und Jahreszahlen verwendet

wird und die Grenze einer abgelaufenen Zeitspanne angibt. Beispiele zur Illustration dieser

Verwendung sind:

„Bis heute war schönes Wetter.

Bis 19 Uhr werde ich auf dich warten.

Bis 1973 war die DDR noch nicht UNO-Mitglied.“

Schröder (1986, 94)

64

Schröder (1986, 94) weist darauf hin, dass die Präposition bis vor eigentlichen Zeitbegriffen

wie Tag, Woche, Monat oder Jahr stehen kann. In diesen Fällen wird in der Regel bis zu

verwendet. Während bis allein den Akkusativ regiert, verlangt bis zu den Dativ. Diese

Verwendung der Präposition bis kann durch folgende Beispiele illustriert werden:

„Bis (zum) Sonntag sind noch Ferien.

Bis Sonntag, den 31. August … (AKK)

Bis zum Sonntag, dem 31. August … (DAT)

Bis (zum nächsten) nächstes Jahr will er mit seiner Arbeit fertig sein.

Bis Ende August hat er noch Urlaub.“

Schröder (1986, 94)

bei weitem:

*Der Herbst ist bei weitem die schönste Jahreszeit.

Bei weitem wird nach Schröder (1986, 91) zur Graduierung eines Geschehens oder

Sachverhalts verwendet. Weitere Verwendungsbeispiele sind:

„Sie ist bei weitem die Fähigste (von allen Studenten dieser Gruppe).

Ich habe dir bei weitem (längst) noch nicht alles gesagt.

Die Romane Fontanes übertreffen seine Balladen bei weitem (um vieles).“

Schröder (1986, 91)

dank:

*Dank ihrer Hilfe konnte ich das Deutschlehrbuch verbessern.

Bei der Präposition dank handelt es sich nach Schröder (1986, 98) um eine kausale

Präposition, bei der die Präpositionalphrase eine vom Sprecher positiv beurteilte

Voraussetzung angibt. Die folgenden Beispiele illustrieren die Verwendung der Präposition

dank:

„Dank ihrem guten Zeugnis wurde sie immatrikuliert.

Dank der vorzüglichen Ausstattung entwickelte sich das Institut schnell.“

Schröder (1986, 98)

65

durch:

*Es gibt eine Lösung der Wohnungsfrage durch die neu gebauten Häuser und die

Entwicklung des Verkehrs.

Die Präposition durch wird nach Schröder (1986, 102f.) zumeist kausal verwendet. Dabei

ermöglicht das im Adverbialsubstantiv gegebene Geschehen den im Satz ausgedrückten

Sachverhalt. Die folgenden Beispiele mögen die Verwendung der Präposition durch

verdeutlichen:

„Er hatte durch übermäßiges Rauchen seiner Gesundheit geschadet.

→Indem er übermäßig geraucht hatte, …

→Weil er übermäßig geraucht hatte, …

Durch Rationalisierung kann man die Arbeitsbedingungen verbessern.

→Indem man rationalisiert, …

→Wenn man rationalisiert, …

Durch Fleiß, Beharrlichkeit und Ausdauer hatte er diese Leistungen erzielt.

Er erfuhr durch Zufall (zufällig), dass sein Freund krank war.

Durch Schaden wird man klug.“

Schröder (1986, 102f.)

einschließlich:

*Die Menschen können die vielen Tiere einschließlich der Löwen sehen.

Die Präposition einschließlich wird nach Schröder (1986, 105) zumeist mit dem Genitiv

verwendet und markiert eine Teil-Ganzes-Relation. Die Verwendung dieser Präposition kann

durch die folgenden Beispielsätze illustriert werden:

„Der Preis versteht sich einschließlich der Verpackung/des Portos.

Der neue Wagen kostet einschließlich des Zubehörs über 23000 Mark.“

Schröder (1986, 105)

66

für:

*Für die Olympischen Spiele werden die notwendigen Einrichtungen gebaut.

Die Präposition für markiert nach Schröder (1986, 110) in Verbindung mit einem Zeitbegriff

in der für-Phrase ein (verdecktes) Geschehen. Die folgenden Beispielsätze illustrieren diese

Verwendung:

„Er hob sich sein Frühstück für die Mittagspause auf.

(um es in der Mittagspause zu essen)

Er hatte eine kleine Summe für die Zukunft zurückgelegt.

(um sie in der Zukunft zu nutzen)

Sie hatte die Wanderschuhe für den Urlaub gekauft.“

Schröder (1986, 111)

gegen:

*Es ist eine unangenehme Sache, wenn die Bürger gegen ihren Staat demonstrieren.

*Die Menschen können gegen den Willen Gottes nichts bewirken.

Die Präposition gegen wird häufig adversativ und bisweilen ähnlich wie entgegen verwendet.

Die folgenden Beispiele können dies illustrieren:

„Gegen den Befehl hatte er den Posten verlassen.

Entgegen dem Befehl hatte er den Posten verlassen.

Was du da tust, ist gegen jede Abmachung.

Was du da tust, ist entgegen jeder Abmachung.“

Schröder (1986, 118)

Nach Schröder (1986, 114) kann die Präposition gegen auch temporal verwendet werden. In

diesen Fällen wird mit gegen eine Zeitspanne angegeben, die unmittelbar vor einem Zeitpunkt

oder einer als Zeitpunkt zu verstehenden Zeitspanne liegt. Von den koreanischen Lernern

wurde gegen in diesem Sinne lediglich einmal verwendet:

*Das Flugzeug landet gegen vier Uhr.

67

Weitere Beispiele wären:

„Wir kommen gegen 16 Uhr (umgangssprachlich: gegen vier) zum Kaffee.

Gegen Morgen schlief er schlecht.

Gegen Ende der langen Versammlung wurde es immer unruhiger.

gegen Mittag

gegen Abend

gegen Mitternacht

nicht: *gegen Frühe, gegen Vormittag, gegen Nachmittag, gegen Nacht, gegen Tag“

Schröder (1986, 114)

hinter:

*Brecht sagt mit diesem Gedicht, dass viele Menschen hinter diesen berühmten Menschen

stehen.

*Sie versteckt das Gefühl hinter einer Fassade.

Nach Schröder (1986, 124) kann die Präposition hinter sowohl lokal als auch in

Sonderformen verwendet werden. Mögliche Sonderformen sind:

„hinter etwas/hinter jemandem stehen (zu jemandem halten)

hinter etwas zurückbleiben/hinter jemandem zurückbleiben (z.B. in der Leistung)

hinter jemandem/hinter etwas her sein (jemanden verfolgen/begehren; etwas besitzen wollen)

jemanden hinter sich (Dativ) lassen (jemanden in der Leistung übertreffen)

sich hinter einer Ausrede/hinter jemandem verschanzen (etwas/jemandes Meinung als

Ausrede benutzen)

etwas hinter jemandes Rücken tun (etwas tun, ohne dass derjenige es weiß)

es faustdick hinter den Ohren haben (verschlagen sein)“

Schröder (1986, 124)

68

Innerhalb:

*Jedesmal wenn es klingelt, bellt der Hund innerhalb des Hauses.

Schröder (1986, 139f.) bezeichnet innerhalb als eine Präposition zur Markierung eines

räumlichen Lokalisationsbereichs. Während innerhalb allein mit dem Genitiv stehe und bei

Ortsnamen verwendet werde, werde innerhalb von zusammen mit dem Dativ verwendet.

Folgende Beispiele können zur Illustration dienen:

„Der Stadttarif gilt nur innerhalb Leipzigs/innerhalb von Leipzig.

Das Rauchen ist innerhalb dieses Betriebes verboten.

Bei Bezugnahme auf die Grenzen eines Gebietes

Gegensatz: außerhalb

Der Stadttarif gilt nur innerhalb der Stadtgrenzen.

Wird der Spieler innerhalb der Strafraummarkierung gefoult, gibt es einen Elfmeter.

Innerhalb seiner vier Wände fühlt er sich am wohlsten.“

Schröder (1986, 139f.)

mit (komitativ):

*Mit wem gingst du nach Chejudo?

mit (instrumental):

*Ich fuhr mit der Eisenbahn nach Pusan und von dort mit dem Schiff nach Chejudo.

Die Präposition mit kann nach Schröder (1986, 146-150) entweder komitativ oder aber

instrumental verwendet werden. Bei der komitativen Verwendung wird in der mit-Phrase ein

Begleiter genannt, während bei der instrumentalen Verwendung ein intentional oder nicht

intentional gebrauchter Gegenstand genannt wird. Die folgenden Beispiele mögen diese

Verwendungen illustrieren:

69

mit (komitativ):

„Inge ging (zusammen) mit ihrem Mann ins Konzert.

→Inge und ihr Mann gingen ins Konzert.

→Inge ging in Begleitung ihres Mannes ins Konzert.

Die Mutter ging mit ihrer Tochter Bärbel das erste Mal in die Schule.

→Bärbel ging in Begleitung ihrer Mutter das erste Mal in die Schule.

→Bärbel und ihre Mutter gingen (zusammen) in die Schule.“

Schröder (1986, 150)

mit (instrumental):

„→Er löste die Mutter mit einem Schraubenschlüssel, nachdem er sie mit dem Hammer

gelockert hatte.

→Sie wäscht die Buntwäsche mit der Waschmaschine.

→Sie schrieb den Artikel mit der Maschine, die Unterschrift aber mit dem Kugelschreiber.

→Zu Ehren des hohen Gastes schoss man mit Kanonen Salut.“

Schröder (1986, 146)

nach:

*Ich hoffe, dass du die Gelegenheit hast, nach Chejudo zu fahren.

*Heutzutage kommen zahlreiche Touristen nach Korea.

Nach Schröder (1986, 155) kann die Präposition nach zum einen verwendet werden, um

einen zu erreichenden Lokalisationsbereich anzugeben. Dabei stehe die Präposition nach in

der Regel vor artikellosen Ortsnamen sowie Länder-, Landschafts- und Kontinentnamen.

Beispiele hierfür sind:

„Er fuhr nach Frankfurt.

Sie wollen im Urlaub nach Thüringen.

Millionen Europäer wanderten nach Übersee aus.

Diese Autobahn führt nach Polen.

Der Mensch drang immer weiter nach Norden vor.

Die Bauarbeiter der Baikal-Amur-Magistrale arbeiteten sich immer weiter nach Osten vor.

Schröder (1986, 155)

70

Die Präposition kann nach Schröder (1986, 156) auch temporal verwendet werden. In diesem

Fall werde mit nach eine Zeitspanne wiedergegeben, die bereits vergangen sei, wenn das

Satzgeschehen stattfinde. Diese Verwendungsmöglichkeit illustrieren die folgenden Beispiele:

*Nach der Zusammenarbeit konnten die Schüler schon viel besser Deutsch sprechen.

„Nach dem Regen begann alles zu grünen.

Unser Besuch kommt erst nach dem Essen/nach Tisch.

Heinrich Heine starb 1856 nach langem schwerem Leiden.

Nach einigen Sekunden absoluter Ruhe erhielt der Künstler den wohlverdienten Beifall.

Nach ein paar Tagen kam er wieder.“

Schröder (1986, 156)

Nach kann nach Schröder (1986, 159) auch als Satzadverbiale verwendet werden. In diesem

Fall stehe nach bei Substantiven, die sich auf persönliche Meinungen oder Gefühle beziehen

und werde zumeist zusammen mit Possessivpronomen verwendet. Dies zeigen die folgenden

Beispiele:

„Meiner Meinung nach hat die Ligamannschaft gegen den Meister durchaus eine Chance.

Nach meiner Meinung hat die Ligamannschaft gegen den Meister durchaus eine Chance.

Meiner Meinung nach ist es so, dass …“

Schröder (1986, 159)

nahe:

*Der Berg ist nahe der nordkoreanischen Hauptstadt.

Bei der Präposition nahe handelt es sich nach Schröder (1986, 160) um eine

Lokalpräposition, auf die der Dativ folgt und die häufig durch in der Nähe (von) umschrieben

wird. Die folgenden Beispiele illustrieren dies:

Wir wohnten nahe dem Bahnhof.

Nahe der Elbe gestaltete man neue Grünanlagen.

Schröder (1986, 160)

71

Ohne:

*Ohne das Auto wird er nicht pünktlich ankommen.

Bei der Präposition ohne handelt es sich um eine Instrumentalpräposition, die zusammen mit

dem Akkusativ steht. Dabei werde nach Schröder (1986, 162) durch ohne auf das

Nichtvorhandensein von irgendetwas oder irgendjemand verwiesen. Die Verwendung der

Präposition ohne illustrieren die folgenden Beispiele:

„Ohne Schlüssel kannst du die Tür nicht öffnen.

(Wenn du keinen Schlüssel hast, kannst du die Tür nicht öffnen.)

Er wird nicht ohne Wagen nach Berlin fahren.

(Er wird nicht nach Berlin fahren, wenn er keinen Wagen hat/bekommt.)“

Schröder (1986, 163)

seit:

*Ich habe keine Nachricht von ihm bekommen, seit er nach Daejon umgezogen ist.

Bei der Präposition seit handelt es sich um eine Temporalpräposition, die den Dativ regiert.

Dabei geben die seit-Adverbialien nach Schröder (1986, 166f.) wieder, „dass ein Geschehen

in einer Zeitspanne verläuft, die in der Vergangenheit begonnen hat und bis zur

Sprechergegenwart reicht“. Voraussetzung für die Verwendung der Präposition seit ist das

Vorhandensein eines durativen Verbs. Die folgenden Beispiele illustrieren die Verwendung

der Präposition seit:

„Seit 1973 ist die DDR Mitglied der UNO.

Seit drei Wochen gehört Elke zu unserer Klasse.

Seit Goethe haben sich immer wieder Schriftsteller am „Faust“ versucht.

Seit vorgestern/gestern/heute.“

Schröder (1986, 167)

72

statt:

*Wenn die Eltern ihren Kindern statt ihrer Echtheit nur ihre Unechtheit zeigen, verhalten sich

die Kinder bald unnatürlich und gekünstelt.

Die Präposition statt wird zumeist zusammen mit dem Genitiv verwendet und regiert in

wenigen Fällen den Dativ:

(An)statt eines Mopeds kaufte er sich ein Motorrad.

Statt des Ministers sprach der Staatssekretär.

Schröder (1986, 169)

Die Präposition statt kann in den meisten Fällen gleichbedeutend mit anstatt verwendet

werden, das den Genitiv regiert und dabei eine Stellvertretung ausdrücken. In diesen Fällen

werde in der Präpositionalphrase der allgemein übliche oder ursprünglich geplante

Gegenstand oder die Person genannt, die einen Austausch oder eine Stellvertretung erfährt.

Anstatt eines Geschenkes lade ich dich ins Theater ein.

→Anstatt dir ein Geschenk zu machen, …

Schröder (1986, 61)

Statt oder anstatt ohne direkte Kasusanforderung erlaube die Einbettung unterschiedlicher

Adverbialien. Die Präposition habe in diesen Fällen eine eher konjunktionale Funktion.

„Anstatt vor dem Kino trafen wir uns erst im Saal.

Anstatt beim Arbeiten fand ich ihn eingeschlafen.

Anstatt mit dem Hammer schlug er mit dem Schraubenschlüssel gegen die zu fest sitzende

Mutter.

Anstatt über Goethe sprach er über Schiller.“

Schröder (1986, 61)

73

trotz:

*Der Sportmeister hat trotz der Verletzung den Tenniswettkampf gewonnen.

Die Präposition trotz wird konzessiv verwendet und regiert den Genitiv oder den Dativ. Dabei

wird auf ein Ereignis Bezug genommen, das entgegen einem Erwartungswert stattfindet (vgl.

Schröder 1986, 169). In dem trotz-Adverbial werde der objektive oder subjektive Umstand

angegeben, der die nicht erwartete Folge oder Wirkung zeige. Diese Verwendungsweise

zeigen die folgenden Beispiele:

„Bei dichtem Nebel kamen sie trotz der Markierungsbojen vom Kurs ab.

Trotz allen Fleißes erreichte die das Ziel der Klasse nicht.

Trotz dem Verbot des Schwimmmeisters ging der Nichtschwimmer in das Becken.

Mit der, aller, alle nur mit DAT

Trotzdem/trotz alledem/trotz allem gelang der Mannschaft der Sieg.“

Schröder (1986, 170)

von:

*Von diesem Berg aus kann man bis nach Seoul schauen.

Die Präposition von wird nach Schröder (1986, 200) häufig zur Markierung eines

Ausgangsbereichs (als Grenzbereich) verwendet. Die Verwendung der Präposition von stehe

in diesen Fällen in Verbindung mit einer Wahrnehmung oder einer Fortbewegung ohne

Direktion. Dies zeigen die folgenden Beispiele:

„Von diesem Turm aus kann man weit sehen. Wir gehen von hier aus zu Fuß. Von Leipzig aus fahren wir mit dem Zug.“ Schröder (1986, 200) während: *Während der Landung des Flugzeugs darf man nicht rauchen. Die Temporalpräposition während regiert den Genitiv und steht nach Schröder (1986, 217)

„kaum bei eigentlichen Zeitbegriffen“. Die Präposition verbinde sich häufig mit Deverbativa,

die eine Handlung oder ein Ereignis wiedergeben, das zeitgleich mit einem im Satz

ausgedrückten Geschehen stattfindet. Daneben finde sich die Präposition während auch bei

74

temporal begrenzten Substantiven. Die folgenden Beispiele mögen die Verwendungsweise

der Präposition während illustrieren:

„Während des Vortrags (umgangssprachlich: während dem Vortrag)/beim Vortrag ist es unhöflich zu sprechen. Während des Essens/im Verlaufe des Essens wurden mehrere Toasts ausgebracht. Er besuchte während seines Aufenthalts/bei seinem Aufenthalt/im Verlaufe seines Aufenthalts in der Stadt alle Museen.“ Schröder (1986, 217ff.) wegen: *Nun war der Schmied sehr müde wegen des Laufens. *Er konnte nicht mehr stehen vor den Augen der Elisabeth wegen seiner Müdigkeit. *Erstens habe ich fleißig arbeiten müssen. Zweitens habe ich eine Reise machen wollen, aber wegen des heißen Wetters habe ich nichts gemacht. *Wegen des starken Regens habe ich keine Reise gemacht. Die Präposition wegen wird nach Schröder (1986, 219) literatursprachlich zumeist zusammen

mit dem Genitiv, umgangssprachlich jedoch häufig zusammen mit dem Dativ verwendet.

Wegen wird vor allem verwendet, um zu markieren, dass Handlungen, Vorgänge oder

Zustände für ein Geschehen verantwortlich gemacht werden. Wegen kann in einigen Fällen

durch aufgrund ersetzt werden. Die folgenden Beispiele illustrieren die Verwendungsweise

der Präposition wegen:

„Wegen des starken Schneefalls musste der Straßenwinterdienst eingesetzt werden. Wegen seiner Krankheit konnte er die Arbeit nicht termingemäß abschließen. Wegen des starken Gewitters war er viel zu spät gekommen. Ich musste die Fahrt wegen eines Motorschadens unterbrechen. Wegen Mangel(s) an Beweisen wurde er freigesprochen.“ Schröder (1986, 241) zwischen: *Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Texten liegt darin, ob man außer dem Gebet noch etwas für die christlichen Ideen tut oder nicht. *Das ist ein großer Unterschied zwischen dem Christentum und dem Buddhismus. Die Lokalpräposition zwischen wird nach Schröder (1986, 240) eingesetzt, um eine Lokalisation innerhalb von zwei oder mehr Körpern oder Flächen zu markieren. „Die Blumenbank steht zwischen Schrank und Tisch. Sie saß zwischen meinem Freund und mir.

75

Zwischen Berlin und Prag gibt es noch keine Autobahnverbindung. Zwischen der DDR, Schweden und Dänemark bestehen Fährverbindungen.“ Schröder (1986, 241) Nach Schröder (ebd.) kann eine Begrenzung auch durch Substantive im Plural oder durch Mengenbegriffe markiert sein: „Wir gingen zwischen den Buden des Weihnachtsmarktes auf und ab. Das Lesezeichen steckt zwischen den Buchseiten. Zwischen den Kiefern stehen einige Birken. Sie saß zwischen uns. Es wächst viel Unkraut zwischen der Petersilie. Sie stand zwischen ihren Schülern.“

Schröder (1986, 241) Eine weitere Verwendungsmöglichkeit der Präposition zwischen besteht nach Schröder (ebd.)

darin, Größen zueinander in Beziehung setzen zu können und Wechselwirkungen zwischen

ihnen zu markieren:

„Zwischen dir und mir/zwischen uns gibt es keine Beziehungen mehr. Der Rechtsanwalt versuchte, zwischen den beiden Parteien zu vermitteln. Zwischen ihr und ihm/zwischen den beiden/zwischen ihnen wurden Blicke gewechselt/Meinungen ausgetauscht. Ein Elfmeterschießen hatte zwischen den beiden Mannschaften zu entscheiden. Für die Urlaubsreise musste sie zwischen Flug oder Bahnfahrt wählen.“ Schröder (1986, 241) 5.0 Fazit

Im vorliegenden Beitrag wurden die Präpositionen des Deutschen und die Postpositionen des

Koreanischen einander kontrastiv gegenübergestellt. Dabei wurden die Präpositionen als eine

nicht flektierende und nicht satzgliedfähige Wortart definiert, die einen bestimmten Kasus

regiert. Das Auftreten von Präpositionen in Präpositionalphrasen und Präpositionalgefügen

wurde beschrieben und analysiert. Hinsichtlich der Etymologie von Präpositionen wurde

dafür plädiert, neben einer synchronen auch eine diachrone Perspektive einzunehmen. In

Anlehnung an Althaus et al. (1980) wurde die auf den Einfluss der gesprochenen Sprache

zurückzuführende Tendenz zur Ausklammerung von Präpositionalphrasen dargestellt. Mit

Peschel (2012) wurden die gebundenen Präpositionen als eine besondere Lernschwierigkeit

auf syntaktischer und semantischer Ebene beschrieben und festgestellt, in welchen

76

Grammatiken die Behandlung der gebundenen Präpositionen eine besondere

Berücksichtigung erfährt.

Für das Koreanische als einer agglutinierenden OV-Sprache aus der ural-altaischen

Sprachfamilie wurden die postpositionierten Partikeln als Partikeln beschrieben, die entweder

der Kasusmarkierung dienen können oder aber als Postpositionspartikeln ähnlich wie die

deutschen Präpositionen fungieren. Für die Nominativpartikeln konnte festgestellt werden,

dass neben ausschließlich als Kasuspartikeln fungierenden Partikeln auch Quasi-

Nominativpartikeln existieren, die die pragmatische Funktion der Honorativmarkierung

erfüllen. Entsprechendes gilt auch für die Dativmarkierung. Es wurde zudem darauf

hingewiesen, dass neben den Kasuspartikeln und den analog zu den deutschen Präpositionen

fungierenden Postpositionspartikeln mit den Topik- und Delimiterpartikeln Hilfspartikeln mit

weitgehend pragmatischer Funktion existieren.

Anhand von Satzbeispielen wurden exemplarisch diejenigen koreanischen

Postpositionspartikeln illustriert, die in ihrer Funktion weitegehend den deutschen

Präpositionen entsprechen. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass die koreanischen

Postpositionspartikeln keine Kasusabhängigkeit aufweisen, sondern vornehmlich nach ihrer

Bedeutung zu differenzieren sind.

In einem letzten Schritt wurden die Ergebnisse einer empirischen Untersuchung von

schriftlichen Texten koreanischer Germanistikstudenten der Seouler

Fremdsprachenuniversität präsentiert. Diese Texte wurden hinsichtlich der Verwendung der

deutschen Präpositionen in der Interlanguage koreanischer Deutschlerner überprüft. Dabei

ergab sich ein Vorkommen der folgenden Präpositionen:

Auf, bis, bei weitem, dank, durch, einschließlich, für, gegen, hinter, innerhalb, mit, nach,

nahe, ohne, seit, statt, trotz, von, während, wegen, zwischen.

Diese von den Lernern verwendeten Präpositionen wurden in ihrem Verwendungskontext

präsentiert. Die linguistische Beschreibung und Analyse der verwendeten Präpositionen

erfolgte auf der Basis von Schröder (1986).

77

6.0 Literatur

Althaus, Hans Peter/Henne, Helmut/Wiegand, Herbert Ernst: Lexikon der Germanistischen

Linguistik. 2. vollständig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Tübingen 1980.

Bußmann, Hadumod: Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart 1983.

Duden. Die Grammatik. Unentbehrlich für richtiges Deutsch. Band 4. 8. überarbeitete

Auflage. Herausgegeben von der Dudenredaktion. Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich

2009.

Eisenberg, Peter: Grundriss der deutschen Grammatik. Band 2: Der Satz. 3. Durchgesehene

Auflage. Stuttgart 2006.

Helbig, Gerhard/Buscha, Joachim: Deutsche Grammatik. Ein Handbuch für den

Ausländerunterricht. 13. durchgesehene Auflage. Leipzig 1991.

Hoberg, Ursula/Hoberg, Rudolf: Der kleine Duden - Deutsche Grammatik. 4. vollständig

überarbeitete Auflage. Mannheim 2009.

Kim, Young-Soon: „Hierarchie und Linearität im Kasuspartikelsystem des Koreanischen“. In:

Philologie im Netz 8 (1999), 10-26.

Lewandowski, Theodor: Linguistisches Wörterbuch Band 2. 4. neubearbeitete Auflage.

Heidelberg 1985.

Peschel, Corinna: „Gebundene Präpositionen - (k)ein Bereich für Wahlmöglichkeiten und

Zweifelsfälle?“ In: Der Deutschunterricht 1 (2012), 48-57.

Risel, Heinz: Grammatik kompakt. Stuttgart 2007.

Schröder, Jochen: Lexikon deutscher Präpositionen. Leipzig 1986.

Ulrich, Winfried: Wörterbuch Linguistische Grundbegriffe. 2. neubearbeitete und erweiterte

Auflage. Kiel 1975.

78

V. Adverbien und Adverbialien im Deutschen und Koreanischen -

Schwierigkeiten des Erwerbs der deutschen Adverbien und Adverbialien

durch koreanische Lerner des Deutschen

1.0 Einleitung

Nach Bußmann (1983, 8) handelt es sich bei den Adverbien um diejenige Wortart, „die der

semantischen Modifizierung von Verben, Adjektiven, Adverbialen und ganzen Sätzen dient“.

Adverbien gehören zu den nicht flektierbaren Wortarten und werden zur Untergruppe der

Partikeln gerechnet. Kaltenbacher (1996, 8) geht davon aus, dass sich Adverbien als

heterogene Wortart „am besten durch ihre syntaktische Leistung“ charakterisieren lassen.

Adverbien können allein Satzglied sein, sind jedoch weder satzbildend noch flektierbar. In

dieser Hinsicht ergibt sich neben einer Affinität zu den Präpositionen und Konjunktionen

auch eine Übereinstimmung mit den Partikeln und Modalwörtern und ein

merkmalsspezifischer Kontrast zu den Wortarten der Verben, Substantive und Adjektive.

Nach Kaltenbacher (1996, 9) können Adverbien als Adverbialbestimmungen und Prädikative

Satzglieder und als Attribute Satzgliedteile repräsentieren und nehmen eine „Zwitterstellung

zwischen Autosemantika und Funktionswörtern“ ein.

Hoffmann (2007, 223) rechnet zu den Adverbien diejenigen Ausdrücke, „mit denen ein

propositionaler oder prädikativer Gehalt in integrativer Kombination spezifiziert werden

kann“. Einige Adverbien bildeten zusammen mit einem Kopulaverb den Ausdruck einer

Prädikation und leisteten dabei „einen zentralen Beitrag zum Gehalt der Prädikation“

(Hoffmann ebd.). Hinsichtlich ihrer möglichen Satzpositionen sei feststellbar, dass Adverbien,

anders als Abtönungs- oder Negationspartikeln, auch das Vorfeld eines Satzes besetzen

könnten (vgl. Hoffmann 2007, 224). Die meisten Adverbien seien zudem mithilfe von

Frageadverbien erfragbar:

temporal: jetzt, heute, damals, einst → wann?

lokal: da, hier, dahinter, drüben, links, nirgends, oben → wo?

frequentativ/iterativ: einmal, immer, oft, samstags, wieder → wie oft?

durativ: bisher, weiterhin, zeitlebens → wie lange?

final: dafür, dazu → wofür, wozu?

kausal/konditional: daher, deshalb, gegebenenfalls, sonst → weshalb? warum?

instrumental/komitativ: hiermit, damit → womit?

79

modifikativ (Art und Weise): anders, blindlings, so, gern → wie?

direktional: bergauf, dorthin, fort, querfeldein → wohin?

(Hoffmann 2007, 224)

Während „Adverbien, die der Form nach mit den Adjektiven übereinstimmen“

(Adjektivadverbien) „alle Möglichkeiten der Graduierung“ besitzen (vgl. Helbig/Buscha

1986, 136), gilt insgesamt eine eingeschränkte Graduierbarkeit der Adverbien. Gelegentlich

lasse sich eine vorgenommene Graduierung jedoch auch noch verstärken:

Der Betrieb arbeitet am allerbesten.

Weinrich (1993, 552) geht davon aus, dass zur Steigerung bzw. Nuancierung eines „Adjektivs

oder Adverbs als Applikations-Basis“ das adverbiale Applikat der Basis immer vorausgehe:

Das Wetter ist sehr gut.

Ich habe noch gestern den Rasen gemäht.

Hinsichtlich der Graduierung von Adverbien kann laut Weinrich (1993, 551) festgestellt

werden, dass diese zum Teil unregelmäßig mithilfe anderer Wortformen vorgenommen

werde.

Positivstufe Komparativstufe Superlativstufe viel/sehr mehr am meisten gern lieber am liebsten wenig weniger am wenigsten wohl wohler am wohlsten (bald) eher am ehesten oft öfter(s) (am häufigsten)

(Weinrich 1993, 551)

80

2.0 Adverbien und Adverbialien im Deutschen

Bußmann (1983, 9) bezeichnet als „Adverbale“ diejenigen „Präpositionen und Adverbien, die

sich semantisch auf das Verb beziehen (hoffen auf, gut aussehen).“ Daneben existiere die

Gruppe der Adverbialadjektive, bei denen es sich um aus Adverbien abgeleitete Adjektive

handele, die jedoch nur attributiv, nicht jedoch prädikativ zu verwenden seien (sein heutiger

Entschluss). Satzglieder, die „einen Sachverhalt hinsichtlich Zeit, Ort, Art und Weise u.a.

charakterisieren“, sind nach Bußmann (ebd.) als Adverbiale zu bezeichnen. Entsprechend der

traditionellen Grammatik sei zwischen temporalen, lokalen, modalen, kausalen, konditionalen

und konsekutiven Adverbialien zu differenzieren. Eine weitere Differenzierung der

Adverbialien ergibt sich nach Bußmann (ebd.) hinsichtlich ihrer Valenz. So sei zwischen

valenznotwendigen (obligatorischen) und valenzmöglichen (fakultativen) Adverbialien zu

differenzieren. Entsprechend der valenzgrammatischen Terminologie werde begrifflich auch

zwischen den obligatorischen Adverbialergänzungen und den fakultativen Adverbialangaben

differenziert.

Helbig/Buscha (1986) differenzieren die „aus einem, mehreren Wörtern oder einem Satz“

bestehenden Adverbialien in Temporal-, Lokal-, Modal- und Kausaladverbiale und nehmen

eine spezifischere Differenzierung insbesondere der Modal- und Kausaladverbialien vor. So

seien zu den Modaladverbialien auch die Verneinungen (Wir riefen nicht an), die Angaben

zum Ausmaß einer Handlung (Wir freuen uns sehr) und die Angaben zum Mittel (Wir fahren

mit dem Auto) zu rechnen. Zu den Kausaladverbialien gehörten u.a. auch die Angaben zum

Zweck (Wir fuhren zur Erholung nach München), die Angaben zur Folge (Du singst zum

Davonlaufen), die Angaben zur Bedingung (Bei Regen bleiben wir zu Hause) und die

Angaben zur Einräumung eines Gegengrundes (Trotz des Regens kamen wir).

Heinle (2004) beschreibt, dass die Gliederung der Adverbien traditionell entweder

vorwiegend semantisch oder aber morphosyntaktisch erfolge. So werde häufig zwischen

„reinen Adverbien im Sinne von Autosemantika“ (Heinle 2004, 28) und „verschiedenen Arten

von Pronominaladverbien (demonstrativ, interrogativ, relativ, indefinit) differenziert.

Hinsichtlich der Wortbildung seien Zusammensetzungen bestehend aus Adverbien und

anderen Wortarten möglich. So gebe es beispielsweise Zusammensetzungen von Adverbien

wie da, hier oder wo mit Präpositionen wie an, auf, aus, bei, für und mit, die zumeist eine

lokale Bedeutung hätten und demonstrativ, relativ und interrogativ verwendet werden

könnten. Diese Gruppe von Adverbien werde als Pronominaladverbien bezeichnet. Bei einer

weiteren Gruppe, den Konjunktionaladverbien (z.B. (je)doch oder gleichwohl) erfülle ein

81

Adverb in Erststellung vor dem finiten Verb die Funktion einer koordinierenden Konjunktion

(vgl. Heinle 2004, 22).

Eine noch differenziertere Gliederung der Adverbien findet sich bei Hoffmann (2007), der

zwischen den folgenden Adverbien unterscheidet:

Positions-Adverbien

Dimensions-Adverbien

Direktions-Adverbien

Präpositional-Adverbien

Tempus-Adverbien

Sequenz-Adverbien

Frequenz-Adverbien

Status-Adverbien

Modal-Adverbien

Deskriptions-Adverbien

Evaluations-Adverbien

Grad-Adverbien

Schätz-Adverbien

Intensitäts-Adverbien

Fokus-Adverbien

Argumentations-Adverbien (mit den Untergruppen der Geltungs- und Nexus-Adverbien)

Hoffmann (2007, 557) betrachtet die Positions-Adverbien da, hier und dort als diejenigen

Adverbien, die „die Position der kommunikativen Dyade schlechthin“ bezeichnen und

geeignet sind, „die ganze Gesprächssituation in ihrer leiblich-räumlichen Konfiguration“ zu

beschreiben.

Ich rufe nur mal an, um zu sehen, ob du da bist.

Ja, komm nur vorbei, ich bin bestimmt da.

(Hoffmann 2007, 557)

Im Gegensatz zu den Positions-Adverbien da und dort werde das Positions-Adverb hier

eingesetzt, „um eine Äußerung innerhalb der kommunikativen Dyade ausdrücklich beim

Sprecher zu situieren“ (Hoffmann 2007, 561). Die Dimensions- und Direktionsadverbien sind

82

nach Hoffmann (2007, 563f.) als Untergruppen der Positions-Adverbien zu klassifizieren,

wobei für die Dimensions-Adverbien eine Spezifizierung nach den „Dimensionen der

Leiblichkeit“ und eine Organisation nach Oppositionspaaren charakteristisch sei. Die

Dimensionen der Leiblichkeit würden dabei durch die Kategorien Frontalität (vorne/hinten),

Vertikalität (oben/unten), Lateralität (rechts/links) und Interiorität (innen/außen) spezifiziert.

Die Organisation in Oppositionspaaren lässt sich nach Hoffmann (2007, 563) anhand der

folgenden Beispielsätze illustrieren:

Das Haus hat vorne einen Erker und hinten einen Balkon.

Die Vorderfront ist oben mit Holz verkleidet und unten weiß getüncht.

Die Wände sind auch von innen isoliert.

Können wir mal nach oben gehen?

Bei den Präpositional-Adverbien handelt es sich nach Hoffmann (2007, 568) um

Kombinationen aus Positions-Adverbien und geläufigen Präpositionen (z.B. dahinter,

daneben), wobei letztere in der Kombination die zweite Position einnehmen. Eine

Kombination mit Präpositionen ist auch im Bereich der Direktions-Adverbien (hinauf,

herüber) möglich. Tempus-Adverbien haben nach Hoffmann (2007, 572) die „primäre

Funktion, einen Sachverhalt von der Zeit her zu determinieren“. Als Gruppen von Tempus-

Adverbien lässt sich zwischen Tempus-Adverbien im engeren Sinne (zunächst, dann,

übermorgen, vorhin), Sequenz-Adverbien (vorher, zuerst, schon) und Frequenz-Adverbien

(immer, oft, stets, zeitlebens, fortwährend etc.) differenzieren.

Status-Adverbien dienen nach Hoffmann (2007, 582) dazu, „einen Sachverhalt auf

verschiedene Aspekte der Situation einzustellen“. Der Sachverhalt erhalte dadurch im Text

einen „hinsichtlich seiner Form, Qualität, Quantität oder bezüglich seines Informationswertes

gekennzeichneten Status“ (vgl. Hoffmann ebd). Das wichtigste Adverb dieser Gruppe sei das

Rahmen-Adverb so.

Hoffmann (2007, 586) gliedert die Modal-Adverbien in Deskriptions- (umsonst, vergebens,

insgeheim) und Evaluations-Adverbien (gern, leider, hoffentlich). Während Deskriptions-

Adverbien im Wesentlichen dazu dienten, die Art und Weise eines Sachverhalts zu

differenzieren, werde durch Evaluations-Adverbien eine wertende Einstellung des Sprechers

zum Ausdruck gebracht.

83

Grad-Adverbien mit ihren Untergruppen, den Schätz- und Intensitäts-Adverbien, dienen laut

Hoffmann (2007, 590) dazu, einen Sachverhalt hinsichtlich seines quantitativen Status zu

determinieren. Dabei hätten Schätz-Adverbien (etwa, ungefähr, schätzungsweise, circa) die

Funktion, einen quantitativen Umfang zu bezeichnen, während durch Intensitäts-Adverbien

(sehr, ziemlich, ausgesprochen) in erster Linie der Ausprägungsgrad einer bestimmten

Eigenschaft markiert werde.

Fokus-Adverbien (hauptsächlich, insbesondere, verzugsweise, besonders, vornehmlich,

namentlich) haben nach Hoffmann (2007, 595) die primäre Funktion, aus einer Menge

vergleichbarer Elemente eines hervorzuheben. Sie trügen daher das Merkmal [+

AUFFÄLLIGKEIT].

Hoffmann (2007, 598) nimmt eine Differenzierung der Gruppe der Argumentations-

Adverbien, die dazu dienen, „Argumente zu Argumentationsketten zu verbinden“, in die

Untergruppen der Geltungs- (wirklich, vermutlich) und der Nexus-Adverbien (deswegen,

nämlich) vor. Während Geltungs-Adverbien entweder eine bekräftigende Funktion haben

(zweifellos, selbstredend, bekanntlich etc.) oder aber eine Einschränkung markieren könnten

(höchstwahrscheinlich, ausreichend, wohl, vielleicht etc.), dienten Nexus-Adverbien

(Konjunktional-Adverbien) dazu, „eine Feststellung so in den Argumentationsvorgang

einzubinden, dass sie zu dem voraufgehenden Kontext oder zur Situation in Beziehung gesetzt

wird“ (Hoffmann 2007, 600).

3.0 Adverbien und Adverbialien im Koreanischen

Die Adverbialformen des Koreanischen lassen sich nach Lewin (1970, 43) in eine produktive

und eine unproduktive Gruppe unterteilen. Während es sich bei den historischen Formen mit

den Endungsmorphemen -i (이) und -u (우) (gelegentlich auch -o (오)) um unproduktive,

lexikalisierte Formen handele, die nicht von jedem Verb paradigmatisch gebildet werden

könnten, seien insbesondere die Endungsmorpheme -ke (게) und -ya (야) produktiv und an

viele Verbformen anschließbar. Produktiv seien darüber hinaus die Konverbalformen -a (아)

und -o (오) sowie die koordinative Konjunktionalform -ko (고).

Die Adverbialform -i (이), die eine Formidentität mit der entsprechenden Nominalform

aufweist, kann (wenngleich unproduktiv) durch Anschluss an die konsonantischen

Verbalbasen von vielen Verben gebildet werden (vgl. Lewin ebd.).

84

Regelmäßig erfolgt die Bildung der Adverbialformen bei den folgenden Verben:

hoch (sein): 높다 (Verb: nopda) hoch: 높은 (Adjektiv: nopeun) die Höhe: 높이 (Nomen: nopi) hoch: 높이 (Adverb: nopi) tief sein: 깊다 (Verb: kipda) tief: 깊은 (Adjektiv: kipeun) die Tiefe: 깊이 (Nomen: kipi) tief: 깊이 (Adverb: kipi) gleich sein: 같다 (Verb: katta) gleichsam/gemeinsam: 같이 (Adverb: katchi) nicht da sein: 없다 (Verb: eobda) ohne: 없이 (Adverb: eobshi) viel sein: 많다 (Verb: manhda) viel: 많이 (Adverb: manhi)

Unregelmäßigkeiten in der Bildung der Adverbialformen auf -i (이) ergeben sich in folgenden

Fällen:

Liegt eine p (ㅍ, ㅂ)/w (ㅚ)-Verbalbasis vor, so wird der Schlusskonsonant vor der

Adverbialendung -i (이) getilgt:

nahe sein: 가깝 (다) (Verb: kakkabda) nahe: 가까이 (Adverb: kakkai) ≠ kakkawi

Endet die Verbalbasis auf -u (우), (으) oder -i (이) so wird der Schlussvokal vor der

Adverbialendung in vielen Fällen getilgt:

eilig sein/beschäftigt sein: 바쁘 (다): (Verb: bappeu(da)) eilig/beschäftigt: 바삐 (Adverb: bappi) → alternative Adverbform: (바쁘게: bappeuge)

85

Die l- (을) und Nullbasen sowie die ru (르)-Basen reduplizieren nach Lewin (ebd.) die

Liquide vor der Adverbialendung:

schnell sein: 빠르 (다) (Verb: bbareu(da)) schnell: 빨리 (Adverb: bballi) → alternative Adverbform (빠르게: bbareuge) verschieden sein: 다르 (다) (Verb: dareu(da)) verschieden: 달리 (Adverb: dalli) → alternative Adverbform (다르게: dareuge) Lewin (1970, 44) verweist darauf, dass die Adverbialform des Hilfsverbs 하다 (machen) 히 (hi) lautet. Dies gelte auch für kompositionelle Verbalformen. Bei der Bildung der Adverbialform werde das h (하) häufig elidiert. fleißig sein: 부지런하다 (Verb: bujireonhada) fleißig: 부지런히 (Adverb: bujireonhi) → alternative Adverbform (부지런하게: bujireonhage) Einige Verben bilden ihre Adverbialformen auf -o (오) bzw. -u (우), dabei folgt die

Adverbialendung -o (오) in der Regel auf die Stammvokale -a (아) bzw. -o (오). Auf alle

anderen Stammvokale folgt die Adverbialendung -u (우). Allerdings sind auch hier einige

Irregularitäten feststellbar:

häufig sein: 잦다 (Verb: jatta) häufig: 자주 (Adverb: jaju) Lewin (1970, 45) hält die Adverbialform -게 (-ge) für eine der produktivsten

Adverbialendungen. Dabei sei die adverbiale Form mit der gleichlautenden konjunktionalen

Form zur Bezeichnung eines Zwecks identisch. Die Adverbialform -게 (-ge) wird an die

konsonantische Verbalbasis angehängt:

machen: 하다 (Verb: hada) machend: 하게 (Adverb: hage) hoch sein: 높다 (Verb: nopda) hoch: 높게 (Adverb: nopge) nicht wissen: 모르다 (Verb: moreuda) unwissend: 모르게 (Adverb: moreuge) spät sein: 늦다 (Verb: neutta) spät: 늦게 (Adverb: neuge)

86

Als weniger produktiv gelten die Adverbialformen 야 (-ya) und 고 (-go). Während 야 (-ya) als

Adverbialform ausschließlich vor den Hilfsverben 하다 (hada) und (doeda) sowie einigen

sinokoreanischen Adverbialbildungen auftritt (vgl. Lewin 1970, 45), fungiert die Endung 고

(-go) adverbial vor Verben des Sagens und Denkens sowie vor Hilfsverben der Befindlichkeit

(vgl. Lewin ebd.).

4.0 Fehler in der Verwendung von Adverbien bei koreanischen Lernern des

Deutschen

Kim (1994) ging in einer empirischen Arbeit zum Erwerb des Deutschen als Fremdsprache

durch koreanische Lerner der Frage nach, welche Fehler in den verschiedenen Bereichen der

Sprachverwendung dominieren (Verb-Rektion, Genus, Kasus, Adverbien, Pronomen,

Präpositionen, Konjunktionen etc). Bei den untersuchten Fremdsprachenlernern handelte es

sich um fortgeschrittene Lerner des Deutschen, die in ihrem Heimatland als Deutschlehrer

tätig waren und seit einer durchschnittlichen Dauer von fünf bis sieben Jahren Deutsch an

Oberschulen unterrichteten. Gegenstand der Untersuchung Kims waren die Aufsätze von 98

koreanischen Deutschlehrern, die er einer vornehmlich kontrastivlinguistischen Analyse

unterzogen hat.

Ein zentrales Problem der beobachteten koreanischen Lerner im Bereich der Adverbien

bestand in einer fehlerhaften Bedeutungszuschreibung der Modaladverbien. So verwendeten

einige der Lerner das Temporaladverb zuerst im Sinne des Modaladverbs vor allem.

Meine Note war die beste in der Schule. Deutsch ist zuerst interessant (vor allem, besonders).

Also muss Fremdsprachenlehrer zuerst gute Fremdsprache sprechen und nützen (vor allem).

Deutscher Lehrer muss zuerst Deutschkenntnisse genug haben (vor allem).

Zuerst ist die Welt heutzutage eine Familie (vor allem).

Ich möchte zum ersten Mal Deutsch gut lernen (vor allem).

Schwierigkeiten bestanden darüber hinaus auch in der Markierung von Gradangaben

(Komparativ und Superlativ) bei Adverbien, wie sich anhand der folgenden Beispiele

illustrieren lässt.

Aber wir lernen am wichtigsten Grammatik (vor allem).

Mein Hauptfach Germanistik will ich weiter besser studieren (verstärkt, intensiver).

87

Man kann heutzutage sehr leichter als früher eine Reise machen (viel).

Deutschland ist eines der Länder, nach denen ich mich am besten sehne (am meisten, sehr).

Probleme ergaben sich auch in der Verwendung des Modaladverbs sogar, dessen zentrale

Bedeutung in der Markierung eines überraschenden bzw. ungewöhnlichen Sachverhalts oder

der Überschreitung einer impliziten oder aber expliziten Grenzmarkierung besteht (Sogar

wochentags findet man dort einen Parkplatz).

Sogar manchmal regnet es zu viel.

Sprechen und sogar Hören sind am wichtigsten.

Weitere Bedeutungsverwechslungen bzw. fehlerhafte Verwendungen von Adverbien

betreffen eine Reihe weiterer Temporal- und Lokaladverbien (vorher, gestern, früher, überall

etc.).

Und heutzutage ist die Weltreise leichter als vorher (früher).

Nach der Wiedervereinigung von Deutschland interessieren sich viele Koreaner für

Deutschland viel mehr als gestern (vorher).

Früher hat Goethe gesagt: „Wer fremde Sprachen nicht kennt …“ (einmal).

Wenn Du eine Reise nach Korea machen willst, willkomme ich Dich irgendwann (jederzeit).

Am Ende letzten Augusts habe ich hier angekommen (Ende August).

Besonders in Korea ist die amerikanische Kultur überall (allgegenwärtig).

Ich möchte irgendwo reisen (irgendwohin).

Fehler im Bereich der Relativ- und Interrogativadverbien (wo, wohin, woher, wann, wie,

wieso, weshalb, weswegen, womit) konnte Kim (ebd.) in den schriftlichen Texten der

untersuchten Deutschlerner nicht feststellen, wenngleich er einen hohen Fehleranteil in

diesem Bereich in der gesprochenen Sprache vermutet (Kim 1994, 62).

88

5.0 Zusammenfassung

Der vorliegende Beitrag hatte die semantische und syntaktische Differenzierung von

Adverbien und Adverbialen zum Gegenstand. Die besondere semantische Leistung der

Adverbien zur Modifizierung von Verben, Adjektiven, Adverbialen und ganzen Sätzen wurde

von Bußmann (1983) hervorgehoben, während Kaltenbacher (1996) auf die syntaktischen

Leistungen der Adverbien fokussierte. In Anlehnung an Helbig/Buscha (1986) und Weinrich

(1993) wurde der Frage nach der Graduierbarkeit von Adverbien nachgegangen. Eine weitere

Ausdifferenzierung der Adverbien als Wortklasse zwischen den Syn- und Autosemantika

erfolgte mit Bezugnahme auf Heinle (2004), die u.a. zwischen Modal- und Kausaladverbien

sowie zwischen Pronominal- und Konjunktionaladverbien unterschied.

Die differenzierteste Gliederung der Adverbien fand sich bei Hoffmann (2007), der zwischen

Positions-, Dimensions-, Direktions- und Präpositionaladverbien etc. trennte.

Die koreanischen Adverbialformen ließen sich in eine produktive und eine unproduktive

Gruppe untergliedern. Dabei wurden die historischen Formen -i (이) und -u (우) (gelegentlich

auch -o (오)) als lexikalisiert und unproduktiv charakterisiert, während die an die

konsonantische Verbalbasis angehängte Adverbialform -게 (-ge) als produktive

Adverbialendung beschrieben wurde, die an eine Vielzahl von Verbalbasen angehängt werden

kann. Die Adverbialformen 야 (-ya) und 고 (-go) wurden als weniger produktiv

charakterisiert, da sie in ihrer Verwendungsweise weitergehenden Restriktionen unterliegen.

Während 야 (-ya) als Adverbialform ausschließlich vor den Hilfsverben 하다 (hada) und

(doeda) sowie einigen sinokoreanischen Adverbialbildungen auftritt (vgl. Lewin 1970, 45),

fungiert die Endung 고 (-go) adverbial lediglich vor Verben des Sagens und Denkens sowie

vor Hilfsverben der Befindlichkeit (vgl. Lewin ebd.).

Bezugnehmend auf die empirische kontrastivlinguistische Arbeit Kims (1994) wurde der

Frage nachgegangen, welche Fehler im Bereich der Adverbien bei fortgeschrittenen

koreanischen Lernern des Deutschen bestehen. Im Rahmen der von Kim vorgelegten Studie

konnte festgestellt werden, dass Fehler bei dieser Lernergruppe vornehmlich in einer

fehlerhaften Bedeutungszuschreibung von Modaladverbien bestanden. Fehler fanden sich

ebenfalls im Bereich der Temporal- und Lokaladverbien, während, zumindest in der

schriftlichen Textproduktion, keine Fehler im Bereich der Relativ- und Interrogativadverbien

feststellbar waren. Fehler im Bereich der gesprochenen Sprache wurden jedoch antizipiert.

89

6.0 Literatur

Bergenholtz, Henning/Mugdan, Jochen (1979): »Einführung in die Morphologie.« Stuttgart.

Bußmann, Hadumod (1983): »Lexikon der Sprachwissenschaft.« Stuttgart.

Heinle, Eva-Maria (2004): »Diachronische Wortbildung unter syntaktischem Aspekt: Das

Adverb.« Heidelberg.

Helbig, Gerhard/Buscha, Joachim (1986): »Kurze deutsche Grammatik für Ausländer.«

Leipzig.

Hoffmann, Ludger (Hg.) (2007): »Handbuch der deutschen Wortarten.« Berlin/New York.

Kaltenbacher, Erika (1996): »Zur sprachtypologischen Fundierung der kontrastiven

Linguistik: Wortarten.« In: Informationen Deutsch als Fremdsprache 23 (1), S. 3-23.

Kim, Yong-Shin (1994): »Schwierigkeiten beim Lernen und Lehren der deutschen Sprache

durch Koreaner. Eine fehleranalytische Untersuchung bei koreanischen

Deutschlehrern an Oberschulen.« Eichstätt (unveröffentlichte Magisterarbeit).

Lewandowski, Theodor (1984): »Linguistisches Wörterbuch, Band 1.« Heidelberg.

Lewin, Bruno: »Morphologie des koreanischen Verbs. « Wiesbaden 1970.

Weinrich, Harald (1993): »Textgrammatik der deutschen Sprache.« Mannheim.

90

VI. Der Quotativ - die indirekte Rede im Deutschen und im Koreanischen

1.0 Einleitung

Der vorliegende Beitrag thematisiert die indirekte Rede im Deutschen und im Koreanischen.

Dabei wird für das Deutsche zunächst auf Besonderheiten der Transformation von der

direkten in die indirekte Rede, beispielsweise die Verwendung von Deiktika, eingegangen.

Auch die mögliche Anpassung der Tempora wird als ein Moment dieses

Transformationsprozesses beschrieben. Des Weiteren wird die Verwendung periphrastischer

würde-Formen als Ersatz nicht eindeutiger oder ungebräuchlicher Konjunktivformen

behandelt. Eine Betrachtung der redeeinleitenden Verben und der grammatisch-lexikalischen

Konjunktivparaphrasen schließt die Beschreibung der indirekten Rede im Deutschen ab.

Bezüglich der Realisierung der indirekten Rede im Koreanischen wird auf die Verwendung

kompositioneller Konjunktionalformen und ihre möglichen Kontraktionen eingegangen.

Anhand von Beispielsätzen wird die Realisierung des Quotativs als Teil des Prädikats und des

Attributs sowie in verschiedenen Zeitstufen und Satztypen aufgezeigt. Zudem wird die

Realisierung einiger koreanischer Sätze in den verschiedenen Honorativstufen illustriert.

Eine Betrachtung der Verwendung und Funktionsweise des Evidentialitätsmarkers „ay (애)”

schließt den Beitrag ab.

2.0 Die indirekte Rede im Deutschen

Nach Bußmann (1983, 202) dient die indirekte Rede (auch: oblique Rede) der Wiedergabe

von Aussagen und Fragen sowie von Gedanken, Überlegungen und Wünschen, die mittelbar

berichtet werden. Der Unterschied zum Zitieren in der direkten Rede bestehe u.a. in dem

Vorhandensein eines Verbes des Sagens (verbum dicendi) in der indirekten Rede, das explizit

vorhanden sein oder aber nur rekonstruierbar sein könne.

Bei der Transformation der direkten in die indirekte Rede sei auch der damit verbundene

regelmäßige Wechsel der Deiktika zu beachten. So entstehe aus dem Satz „Er sagt: Ich

komme morgen dorthin“, der indirekte Satz „Er sagte gestern, er käme heute hierher.“

Lewandowski (1985, 415) betont, dass die indirekte Rede dazu diene, Gesagtes oder

Gedachtes in eine aktuelle Sprechsituation hineinzuholen. Dabei werde in der indirekten Rede

häufig nicht zwischen dem Konjunktiv I und dem Konjunktiv II unterschieden, so dass in der

geschriebenen Sprache häufig der Konjunktiv II statt des Konjunktivs I stehe (vgl. „Er hätte

es nicht gewusst, sagte er“; Lewandowski 1985, 415). In der gesprochenen Sprache dominiere

91

der Indikativ vor dem Konjunktiv II und dem Konjunktiv I. Nach Lewandowski (ebd.) ist der

Konjunktiv II aber auch geeignet, eine relativierende Distanz auszudrücken.

Ulrich (1975, 117) differenziert zwischen der direkten/wörtlichen Rede, der

indirekten/abhängigen Rede und der erlebten Rede. Während die direkte Rede der

unmittelbaren Wiedergabe einer Äußerung diene („Wohin gehst du?“ fragte er), fungiere die

indirekte Rede als mittelbares Berichten von Aussagen und Gedanken („Er versicherte, dass

alles gut gehen werde“.) Die erlebte Rede (auch: innerer Monolog) bewege sich zwischen der

direkten und der indirekten Rede und diene vornehmlich der Wiedergabe eines

Selbstgesprächs oder eines nicht verbalisierten Gedankens („Sollte er sich etwa von Eva

scheiden lassen?“).

Im kleinen Duden (2009, 134) wird darauf verwiesen, dass bei der Transformation von der

direkten in die indirekte Rede zwar eine Anpassung der Deiktika (Personen-, Orts- und

Zeitangaben) erfolgen müsse, das Tempus in einem indirekten Satz in der Regel jedoch das

gleiche bleibe wie im entsprechenden direkten Satz (Er erklärt/erklärte/hat erklärt …, dass der

nicht zurücktrete; … dass er nicht zurücktreten werde). Für die Transformation von Sätzen in

direkter Rede in den Zeitstufen Präteritum und Plusquamperfekt gelte, dass in der indirekten

Rede Tempus übergreifend auf den Konjunktiv Perfekt zurückgegriffen werde („Sie

behauptet/behauptete/hat behauptet …ich wusste nichts davon/ich habe nichts davon

gewusst/ich hatte nichts davon gewusst“ → Sie behauptet/behauptete/hat behauptet, sie habe

nichts davon gewusst). Der Konjunktiv I werde in indirekter Rede zumeist noch in offizieller

Sprache verwendet, aber auch nur sofern eindeutige, vom Indikativ unterscheidbare

Konjunktiv I-Formen vorhanden seien („Der Störfall sei sicherheitstechnisch nicht von

Bedeutung“, erklärte das Ministerium; das Personal der Anlage und die Umgebung seien nicht

gefährdet gewesen; Der kleine Duden 2009, 135). Auch das Vorhandensein von Modalverben

sowie des Verbes „wissen“ im Singular erfordere in der Regel den Konjunktiv I in der

indirekten Rede (Der Arzt sagt, ich dürfe aufstehen, solle mich aber noch schonen; man wisse

nie, ob es nicht einen Rückfall geben könne).

Die würde-Form habe sich inzwischen zu einer Art „Einheitskonjunktiv“ entwickelt (Der

kleine Duden 2009, 137). In vielen Fällen würden Formen des Konjunktivs I und II durch

periphrastische würde-Formen ersetzt. Dies gelte insbesondere in den Fällen, in denen die

Formen des Konjunktivs I und II nicht eindeutig seien. So werde statt der Konjunktivform

„das freute mich“ in der Regel die periphrastische Form „das würde mich freuen“ verwendet.

Auch ungebräuchliche Konjunktiv II-Formen würden in der Regel durch periphrastische

würde-Formen ersetzt (Der kleine Duden 2009, 138).

92

So würde statt der Konjunktiv II-Form „Ich hülfe dir, wenn ich könnte“ in der Regel die

periphrastische Form „Ich würde dir helfen, wenn ich könnte“ verwendet. Gleiches gelte auch

für die Form „Es wäre zu schön, wenn wir gewännen/gewönnen“ statt derer die

periphrastische Form „Es wäre zu schön, wenn wir gewinnen würden“ verwendet wird.

Helbig/Buscha (1987, 195) stellen fest, dass die indirekte Rede durch die Verwendung eines

Konjunktivs, einer Nebensatzform und eines redeeinleitenden Verbs formal gekennzeichnet

sei. Wenngleich keines dieser Mittel obligatorisch sei, so werde in der Regel doch zumindest

eines dieser Mittel zur Kennzeichnung der indirekten Rede verwendet.

Hinsichtlich der redeeinleitenden Verben betonen Helbig/Buscha (1987, 197) die

Abhängigkeit der indirekten Rede von einem übergeordneten Verb des Sagens. Bei diesem

Verb müsse es sich jedoch nicht zwingend um ein Verb des Sagens im engeren Sinne

handeln, da auch Verben des Fragens und des Aufforderns als redeeinleitende Verben in

Frage kämen („Er hat gefragt/wissen wollen/die Frage gestellt/um Auskunft gebeten/…, ob

…//Er hat angeordnet/befohlen/verlangt/gewünscht/gedroht/…, dass …“). Auch Verben des

Denkens und Fühlens könnten als redeeinleitende Verben fungieren („Er hat

geglaubt/gewusst/gehofft/sich vorgestellt/geahnt/ …, dass …“).

Laut Helbig/Buscha (1987, 200) existieren zusätzlich zu den aufgeführten Formen der

Redewiedergabe einige Konkurrenzformen der indirekten Rede, bei denen anstelle eines

Hauptsatzes mit redeeinleitendem Verb eine Paraphrase unter Verwendung eines Modalverbs,

eines Modalwortes, einer präpositionalen Gruppe oder eines Nebensatzes stehe. So könnten

statt des Hauptsatzes „Er sagt, er habe mich mehrmals angerufen“ die folgenden

grammatisch-lexikalischen Paraphrasen verwendet werden:

Er will mich mehrmals angerufen haben. (Modalverb)

Er hat mich angeblich mehrmals angerufen. (Modalwort)

Nach seinen Worten hat er mich mehrmals angerufen. (präpositionale Gruppe)

Wie er sagt, hat er mich mehrmals angerufen. (Nebensatz)

93

3.0 Die indirekte Rede im Koreanischen

Nach Lewin (1970, 47) ist der Bereich der indirekten Rede (des Quotativs) im Koreanischen

morphologisch durch kompositionelle Aussageweisen geprägt. In diese Kategorie gehöre

insbesondere die Aussageweise des Typs -ko (고) -hada (하다) → (sagen):

tago-hada (다고하다): heißen, dass; sollen

Im Anschluss an eine Kopulaform könne das Verb rago-hada (라고하다): (heißen, dass;

sollen) verwendet werden.

Bei der Bildung eines Kompositums zur Markierung eines Quotativs könne es durch eine

Elision von -ko (고) und -ha (하) zu den kontrahierten Verbformen tanda (단다) und randa

(란다) kommen, die in der Honorativstufe des „Panmal“ zu -tae (대) bzw. -rae (래) verkürzt

würden.

Die Form -tago (다고) könne ohne Hilfsverb auch in Terminalform verwendet werden und

besitze in diesem Fall eine interrogative Funktion. Typisch für das Vorkommen

kompositioneller Konjunktionalformen sei das Auftreten von Kontraktionen. So seien die

Konjunktionalformen der Form -chamyon (자면) und -tamyon (다면) als Kontraktionen der

Formen chago (자고) + hamyon (하면) bzw. tago (다고) + hamyon (하면) zu betrachten.

Beide Formtypen würden jedoch gleichermaßen in der Verwendung des Quotativs eingesetzt.

Hoppmann (2007, 105) beschreibt den Quotativ im Koreanischen als eine Kategorie, die

gekennzeichnet sei durch einen vollständigen Satz, der den Inhalt transportiere, das Hauptverb

dieses Satzes, das in der Regel in der zweiten Soziativstufe stehe und mit der quotativen

Konjunktionalform -ko (고) ausgestattet sei und einem Verb des Sagens, Fühlens, Denkens,

u.a.: 말하다 (malhada, sprechen), 듣다 (deuda, hören), 생각하다 (saenggakhada, denken),

물어보다 (mureoboda, fragen), 명령하다 (myeongryeonghada, befehlen), 제안하다

(jeanhada, vorschlagen), 대답하다 (daedabhada, antworten).

Hoppmann (2007, 106ff.) illustriert anhand von Beispielsätzen, dass der Quotativ als Teil des

Prädikats und des Attributs sowie in verschiedenen Satztypen (Aussagesatz, Interrogativsatz,

Propositivsatz, Imperativsatz) und Zeitstufen verwendet werden kann. In den Beispielsätzen,

die den Quotativ als Teil des Prädikats illustrieren, erfolgt jeweils eine Satzrealisierung auf

der zweiten, vierten und fünften Soziativstufe. Hierbei wird auch die Vereinfachung

kompositioneller Verbformen zu kontrahierten Formen aufgezeigt:

94

Beispielsatz 1: Der Quotativ als Teil des Prädikats

Man sagt, dass (er) erhält; es heißt, dass (er) erhält; (er) soll erhalten

Realisierung des Satzes auf der zweiten Honorativstufe

Kontraktion der kompositionellen Verbformen:

받는다고 한다 (baneundago handa)

받는다 한다 (baneunda handa)

받는단다 (baneundanda)

Realisierung des Satzes auf der vierten Honorativstufe

Kontraktion der kompositionellen Verbformen:

받는다고 해요 (baneundago haeyo)

받는대요 (baneundaeyo)

Realisierung des Satzes auf der fünften Honorativstufe

Kontraktion der kompositionellen Verbformen:

받는다고 합니다 (baneundago hamnida)

받는다 합니다 (baneunda hamnida)

받는답니다 (baneundamnida)

(Hoppmann 2007, 106)

Beispielsatz 2: Der Quotativ als Teil des Prädikats

Man sagt, dass (es) da ist; es heißt, dass (es) da ist: (es) soll da sein

Realisierung des Satzes auf der zweiten Honorativstufe

Kontraktion der kompositionellen Verbformen:

있다고 한다 (ittago handa)

있단다 (ittanda)

95

Realisierung des Satzes auf der vierten Honorativstufe

Kontraktion der kompositionellen Verbformen:

있다고 해요 (ittago haeyo)

있대요 (ittaeyo)

Realisierung des Satzes auf der fünften Honorativstufe

Kontraktion der kompositionellen Verbformen:

있다고 합니다 (ittago hamnida)

있답니다 (ittamnida)

(Hoppmann 2007, 106)

Beispielsatz 3: Der Quotativ als Teil des Prädikats

Sagt man, dass es schwer ist? heißt es, dass (es) schwer ist? (es) soll schwer sein?

Realisierung des Satzes auf der zweiten Honorativstufe

Kontraktion der kompositionellen Verbformen:

어렵다고 하느냐? (eoryeobdago haneunya?)

어렵다느냐? (eoryeobdaneunya?)

Realisierung des Satzes auf der vierten Honorativstufe

Kontraktion der kompositionellen Verbformen:

어렵다고 해요? (eoryeobdago haeyo?)

어렵대요? (eoryeobdaeyo?)

Realisierung des Satzes auf der fünften Honorativstufe

Kontraktion der kompositionellen Verbformen:

어렵다고 합니까? (eoryeobdago hamnikka?)

어렵답니까? (eoryeobdamnikka?)

(Hoppmann 2007, 106)

96

Beispielsatz 1: Der Quotativ als Teil des Attributs

Die Geschichten, in denen es heißt, dass Sie ins Krankenhaus gekommen sind.

입원하셨다는 이야기 (ibweonhashyeottaneun iyagi)

입원하셨단 이야기 (ibweonhashyeottan iyagi)

Beispielsatz 2: Der Quotativ als Teil des Attributs

Die Sache, von der es heißt, dass sie merkwürdig ist.

이상하다는 것 (isanghadaneun geot)

이상하단 것 (isanghadan geot)

(Hoppmann 2007, 106)

Der Quotativ in verschiedenen Satztypen und Zeitstufen

Der Aussagesatz:

소라는 일한다고 들었습니다.

Soraneun ilhandago deureossumnida.

Ich habe gehört, dass Sora arbeitet.

소라는 일하지 않는다고 들었습니다.

Soraneun ilhaji anneundago deurossumnida.

Ich habe gehört, dass Sora nicht arbeitet.

소라는 일했다고 들었습니다.

Soraneun ilhaettago deurossumnida.

Ich habe gehört, dass Sora gearbeitet hat.

소라는 일할 것이라고 들었습니다.

Soraneun ilhal geoshirago deurossumnida.

Ich habe gehört, dass Sora arbeiten wird.

97

소라는 일하겠다고 했습니다.

Soraneun ilhagettago haessumnida.

Sora hat gesagt, dass sie arbeiten will.

Der Fragesatz:

소라도 가느냐고 물어봤습니다.

Sorado ganeunyago mureobwassumnida.

Man hat gefragt, ob Sora auch mitgeht.

소라도 갔느냐고 물어봤습니다.

Sorado ganeunyago mureobwassumnida.

Man hat gefragt, ob Sora auch mitgegangen ist.

소라도 갈것이냐고 물어봤습니다.

Sorado kalgoshinyago mureobwassumnida.

Man hat gefragt, ob Sora auch mitgehen wird.

소라도 가겠느냐고 물어봤습니다.

Sorado gagetneunyago mureobwassumnida.

Man hat gefragt, ob Sora auch mitgehen will.

그는 퇴원하느냐고 물어봤습니다.

Keuneun toeweonhaneunyago mureobwassumnida.

Man hat gefragt, ob er entlassen wird.

그는 퇴원할 것이냐고 물어봤습니다.

Keuneun toeweonhal goshinyago.

Man hat gefragt, ob er entlassen werden wird.

98

Der Propositivsatz:

그가 맥주 한 잔 하자고 합니다.

Keuga maegju han jan hajago hamnida.

Er sagt, wir wollen ein Bier trinken.

그가 육개장을 먹자고 합니다.

Keuga yukkaejangeul meogjago hamnida.

Sie sagt, wir wollen Yukkaejang essen.

Der Imperativsatz:

부모님께서 저에게 공부하라고 하십니다.

Bumonimkkeseo jeoege kongbuharago hashimnida.

Die Eltern sagen, ich soll studieren.

소라가 저에게 이 음식을 먹으라고 합니다.

Soraga jeoege i eumsigeul meogeurago hamnida.

Sora sagt, ich soll das essen.

(Hoppmann 2007, 107)

Kwon (2011) hat die Funktion und Bedeutung des Evidentialitätsmarkers „ay (애)” in der

indirekten Rede (Quotativ) im Koreanischen untersucht. Dabei versteht er unter der

quotativen Evidentialität den Modus, durch den der Sprecher Zugang zu einer Information

bekommen hat. Der Sprecher habe die Information durch eine in der Regel spezifisch

identifizierbare Person erhalten und gebe sie an einen weiteren Adressaten in der Weise ihres

vorherigen Erhalts wieder.

Während es sich bei dem Satz (내일 비가 온다/Naeil piga onda/Es regnet morgen) um eine

indikativische Äußerung ohne Evidentialitätsmarkierung handele (Kwon 2011, 25), werde in

dem Satz (내일 비가 온대/Naeil piga ondae/(Jemand sagte mir): Es regnet morgen) die

Evidentialität, d.h. der Zugang des Sprechers zu dieser Information klar markiert.

99

Die Verwendung des Evidentialitätsmarkers „ay (애)” verlange in jedem Fall, dass die Quelle

der Information eine dritte Person ist. Auf diese Quelle könne in expliziter aber auch

impliziter Weise Bezug genommen werden. Die Verwendung der ersten Person Singular

zusammen mit einem berichtenden Evidentialitätsmarker ergäbe jedoch einen unzulässigen

Satz.

So sei der Satz (철수가 너를 사랑한대/Cheolsuga neoreul saranghandae/Cheolsu sagte mir,

dass er (Cheolsu) dich liebt) korrekt und hinsichtlich der Verwendung des

Evidentialitätsmarkers (hier: 대) eindeutig, da eine dritte Person (Cheolsu) als Quelle der

Information des Sprechers benannt werden könne. Der Satz (*내가 너를 사랑한대/*Naega

neoreul saranghandae/*Ich sagte mir selbst, dass ich dich liebe) unterliege jedoch

grammatischen Restriktionen, da keine dritte Person als Informationsquelle benannt werden

kann. Für einen Satz wie (꿈속에서 내가 너를 사랑한대/Kkumsokeseo naega neoreul

saranghandae/In meinem Traum hörte ich mich sagen, dass ich dich liebe) gelte diese

Restriktion hingegen nicht. Der Sprecher beziehe sich auf ein im Traum geführtes

Selbstgespräch, von dem er dem Hörer berichte. Die Quelle der Sprecherinformation sei

gewissermaßen dessen eigene Stimme im Traum. Diese Quelle könne gegenüber dem Hörer

explizit gemacht werden oder aber auch implizit bleiben.

Kwon (2011, 28) beschreibt anhand des Satzes (농장이 경찰의 습격을 받았대/Nongjangi

kyeongchaloe seubgyeogeul badatdae/Es wird gesagt, dass der Bauernhof von der Polizei

angegriffen wird) die semantischen Eigenschaften der -ay (애)-Konstruktion. In diesem Satz

werde vom Sprecher eine Information verbreitet, ohne dass die Informationsquelle explizit

gemacht werde. Durch das Fehlen einer expliziten Informationsquelle sei auch niemand

verantwortlich für die Gültigkeit der transportierten Information. Es bleibe zudem unklar, ob

die Information vom Sprecher selbst oder aber von einer nicht genannten dritten Person

stamme.

In den beiden Sätzen (우리 왕초가 (사장이) 괜찮으면 사겠대/Uri wangchoga (sajangi)

gwaenchaneumyon sagetdae/Unser Boss sagte mir, dass er es kaufen wird, falls das in

Ordnung ist) und (김부장님이 결혼하지 말래/Kim bujangnimi kyeoreunhaji mallae/Chef

Kim sagte mir, dass ich nicht heiraten solle) werde die Quelle der Information durch das

grammatische Subjekt (unser Boss/Chef Kim) explizit gemacht. Im zweiten Satz werde

zudem durch den Evidentialitätsmarker „ay (애)” eine Imperativstruktur realisiert.

100

Der Satz (철수가 영희를 좋아한대/Cheolsuga Yeonghoireul johahandae) biete zwei

verschiedene Interpretationsmöglichkeiten. Dabei könne die Informationsquelle entweder eine

nicht genannte dritte Person (Man sagt, dass Cheolsu Yeonghoi mag) oder aber der genannte

Cheolsu selbst sein (Mir wurde von Cheolsu erzählt, dass er (Cheolsu) Yeonghoi mag). Nur in

letzterem Falle liege ein Quotativ im engeren Sinne vor. Bei unspezifischer

Informationsquelle bleibe auch offen, ob der transportierte Inhalt des Satzes wahr oder falsch

sei. Sei jedoch der genannte Cheolsu selbst die Informationsquelle, so könne davon

ausgegangen werden, dass der Inhalt des Satzes wahr ist.

Der Satz (엄마가 그것을 누르면 안 됀대/Eommaga keugeoseul nureumyon an dwaendae/

Meine Mutter sagte mir, dies nicht zu drücken/Meine Mutter sagte mir, dass ich dies nicht

drücken solle) sei hinsichtlich der Verwendung des Evidentialitätsmarkers „ay (애)”

unbedenklich, da eine dritte Person als Informationsquelle (die Mutter des Sprechers) genannt

werde. Der Sprecher zitiere direkt, was er von seiner Mutter gehört habe.

Der Satz (내가 그것을 누르면 안 됀대/Naega keugeoseul nureumyon an dwaendae/Ich

sagte mir selbst, dass ich dies nicht drücken solle) sei jedoch nicht akzeptabel, da hier kein

Kontext vorstellbar sei, in dem der Sprecher sich selbst zitiere. Die syntaktische und

semantische Restriktion des Satzes bestehe darin, dass als Informationsquelle auf eine dritte

Person Bezug genommen werden müsse. Die Informationsquelle dürfe in jedem Fall nicht der

Sprecher oder der Adressat der im Satz dokumentierten Äußerung sein.

Kwon (2011, 35) erläutert anhand der Sätze (비가 온다고해/Piga ondagohae/ Sie sagen, dass

es regnet) und (비가 온대/Piga ondae/Sie sagen, dass es regnet) die unterschiedlichen

Negationsmöglichkeiten dieser Sätze und ihre Bedeutungen. Während für die Konstruktion

(비가 온다고해) zwei Negationsmöglichkeiten zur Verfügung stünden, böte der Satz (비가

온대) lediglich eine Negationsmöglichkeit. Der Satz (비가 온다고해) verfüge über die zwei

potentiellen Negationsformen (비가 온다고 안 해/Piga ondago an hae/Sie sagen nicht, dass

es regnet) und (비가 안온다고 해/Piga anondago hae/Sie sagen, dass es nicht regnet). Im

Falle der Verwendung der ersten Negationsform werde lediglich die ursprüngliche Äußerung

(Sie sagen, dass es regnet) negiert, während bei der Verwendung der zweiten Negationsform

das kommentierte Ereignis selbst (Es regnet) negiert werde.

Der Satz (비가 온대) verfüge lediglich über die Negationsform (비가 안온대/Piga

anondae/Sie sagen, dass es nicht regnet), durch die ausschließlich das kommentierte Ereignis

(Es regnet) negiert werde.

101

Bezüglich des Satzes (내가 너를 사랑한다(고) 했어/Naega neoreul

saranghanda(go)haesseo/Mir wurde (von mir selbst) gesagt, dass ich dich liebe/Man sagt, dass

ich dich liebe) führt Kwon (2011, 42) aus, dass dieser im Gegensatz zu dem Satz (*내가 너를

사랑한대/*Naega neoreul saranghandae/*Ich sagte mir selbst, dass ich dich liebe) korrekt sei

und keinen grammatischen Restriktionen unterliege. Der Grund dafür liege in dem final

platzierten Element (했어), das die Vergangenheit bzw. einen Perfektaspekt markiere. Durch

diesen Marker werde ein vergangener Raum und eine vergangene Zeit evoziert, die den

Rahmen für eine subjektive Erfahrung des Sprechers schaffe. Der Satz sei daher korrekt und

unterliege keinen grammatischen Restriktionen.

4.0 Zusammenfassung und Fazit

Bezüglich der Bildung und Markierung der indirekten Rede im Deutschen konnte festgestellt

werden, dass die indirekte Rede, im Unterschied zum Zitieren, eines Verbes des Sagens

(verbum dicendi) bedarf, das explizit oder implizit vorhanden sein kann.

Der Konjunktiv I wurde als Modus der offiziellen geschriebenen Sprache beschrieben. In der

gesprochenen Sprache dominiere der Indikativ vor dem Konjunktiv II und dem Konjunktiv I.

Zudem sei eine zunehmende Dominanz periphrastischer Konjunktiv II-Formen feststellbar.

Mit Helbig/Buscha (1987) wurde auf die grammatisch-lexikalischen Paraphrasen der

indirekten Rede verwiesen, bei denen anstelle eines Hauptsatzes mit redeeinleitendem Verb

eine Paraphrase unter Verwendung eines Modalverbs, eines Modalwortes, einer

präpositionalen Gruppe oder eines Nebensatzes findet.

Hinsichtlich der Markierung der indirekten Rede (des Quotativs) im Koreanischen konnte mit

Lewin (1970) festgestellt werden, dass es sich bei den in der indirekten Rede verwendeten

Verben morphologisch um kompositionelle Verbformen handelt. Typisch bei der

Verbverwendung sei eine Kontraktion der kompositionellen Konjunktionalformen.

Mit Hoppmann (2007) konnte gezeigt werden, dass der Quotativ als Teil des Prädikats und

des Attributs sowie in verschiedenen Satztypen und Tempora realisiert werden kann.

Bezüglich der verwendeten Honorativstufe konnte festgestellt werden, dass bei der

Realisierung des Quotativs als Prädikat, das Verb zumeist in der zweiten Soziativstufe steht.

Mit Kwon (2011) wurden die Funktion und Bedeutung des Evidentialitätsmarkers „ay (애)”

thematisiert. Dieser Marker werde verwendet, um den Modus des Zugangs des Sprechers zu

einer Information zu markieren. Die semantisch-syntaktische Restriktion der Verwendung des

Evidentialitätsmarkers bestehe darin, dass ein Rückgriff auf eine dritte Person als Quelle der

102

Sprecherinformation erfolgen müsse. Auf diese Quelle könne explizit oder implizit Bezug

genommen werden.

5.0 Literatur:

Bußmann, Hadumod: Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart 1983.

Der kleine Duden: Deutsche Grammatik. Mannheim 2009.

Der Duden. Band 4. Die Grammatik. Mannheim 2006.

Helbig, Gerhard/Buscha, Joachim: Deutsche Grammatik - Ein Handbuch für den

Ausländerunterricht. Leipzig 1987.

Hoppmann, Dorothea: Einführung in die koreanische Sprache. Hamburg 2007.

Kwon, Iksoo: „Mental Spaces in the Korean Reportive/Quotative Evidentiality Marker -Ay.”

In: Discourse and Cognition 18 (2), 2011, 23-50.

Lewandowski, Theodor: Linguistisches Wörterbuch Band 2. Heidelberg. 4. Auflage 1985.

Lewin, Bruno: Morphologie des koreanischen Verbs. Wiesbaden 1970.

Ulrich, Winfried: Linguistische Grundbegriffe. Kiel. 2. Auflage 1975.

103

VII. Onomatopöie am Beispiel des Koreanischen

1.0 Einleitung

Bußmann (1983, 359) definiert die Onomatopöie als Lautmalerei und Schallnachahmung. Im

Prozess der lautmalenden Wortschöpfung würden neue Worte durch die Nachahmung von

Naturlauten gebildet. Dabei erfolge jedoch keine vollständige Imitation der ursprünglichen

Naturlaute. Vielmehr werde das neugebildete Wort in das phonologisch-morphologische

System der betreffenden Sprache integriert (Bußmann 1983, 360). Dies führe dann zu

unterschiedlichen Nachahmungen desselben Naturlautes in den verschiedenen Sprachen. So

bringe beispielsweise das akustische Vorbild des Hahnenschreis unterschiedliche lautmalende

Wortschöpfungen in den jeweiligen Sprachen hervor. Neben dem deutschen kikeriki und dem

schweizerdeutschen güggerügü käme es im Englischen zur Lautmalerei cock-a-doodle-doo,

im Französischen zur Realisierung cocorico und im Russischen zur onomatopoetischen

Annäherung kukareku (vgl. Bußmann 1983, 359).

Auch Lewandowski (1985, 732) sieht in der onomatopoetischen Wortbildung eine nur

„relative Affinität mit natürlichen Erscheinungen“. Ein naturgegebener Zusammenhang

zwischen dem Signifiant und dem Signifié scheine nicht zu bestehen. Die Beziehung

zwischen dem Zeichen und dem Bezeichneten sei auch im Bereich der Onomatopoetika als

arbiträr zu betrachten. Lewandowski (1985, 733) betont, dass das Spektrum der

Onomatopoetika von direkten Lautnachahmungen bis zur Lautsymbolik reiche. Lautmalende

Tierlaute wie wauwau, mäh-mäh, kikeriki, kuckuck oder quak-quak seien keine rein

naturalistischen Kopien des akustischen Vorbildes, sondern vielmehr symbolistische

Abstraktionen. Die auf der Basis der Existenz der Onomatopoetika formulierte Hypothese

eines semantischen Naturalismus (vgl. Lewandowski 1985, 733), in deren Kontext die

Entstehung der Sprache(n) durch die Nachahmung von Lauten erklärt wird, scheint zumindest

in ihrer starken Variante nicht länger haltbar zu sein.

Auch Linke/Nussbaumer/Portmann (2004, 23) sehen in der auch im Deutschen geringen

Anzahl klar erkennbarer Onomatopoetika einen zentralen Grund für die Zurückweisung

starker naturalistischer Positionen. Wenngleich lautmalerische Wörter wie wauwau, kuckuck

etc. ikonisch zu sein schienen, überwiege doch eindeutig ihr symbolischer Charakter. In

vielen Fällen seien onomatopoetische Ausdrücke durch symbolische Ausdrücke

substituierbar, ohne dass es in diesem Zuge zu einem Bedeutungsverlust oder einer

Bedeutungsverschiebung komme. Unter sprachhistorischer Perspektive weisen

Linke/Nussbaumer/Portmann (2004, 23) darauf hin, dass Wörter zum Teil nur unter

104

Einnahme einer synchronen Perspektive als onomatopoetisch erschienen. Die Einnahme einer

diachronen Perspektive führe jedoch in vielen Fällen dazu, vermeintliche Onomatopoetika als

vielmehr symbolische Ausdrücke zu klassifizieren.

Auch Zöllner (2004, 9) betont die Notwendigkeit einer historischen Kontextualisierung von

Onomatopoetika und hebt hervor, dass Wörter durch einen Form- und Bedeutungswandel

ihren onomatopoetischen Charakter erhalten oder aber auch verlieren können.

Onomatopoetische Formen würden phonologisiert und unterlägen damit den lautgesetzlichen

Veränderungen einer jeweiligen Sprache. Die Eigenschaften eines Sprachsystems setzten sich

letztlich auch im Bereich der Onomatopoetika durch. Bühler (1983, 199) bezeichnet die durch

das Lautsystem einer jeweiligen Einzelsprache gegebene phonetische Begrenztheit der

Onomatopoetika als „Phonemriegel“. Neu entstehende wohlgeformte Wörter und Wortfolgen

entstünden in erster Linie auf der Basis der Bildungs- und Kompositionsregeln einer Sprache.

Erst in zweiter Linie entstünde so etwas wie „der sekundäre Hauch eines Lautgemäldes“

(Bühler 1983, 202). Bühler (ebd.) differenziert zwischen erscheinungstreuen und

relationstreuen onomatopoetischen Wiedergaben und betrachtet die erscheinungstreuen

Wiedergaben als das echteste und unmittelbarste Lautmalen. Jede erscheinungstreue

Wiedergabe schließe eine relationstreue Wiedergabe ein, während dies umgekehrt nicht der

Fall sei.

Yang (2002) untersuchte Interjektionen und Onomatopoetika im deutsch-chinesischen

Sprachvergleich und differenzierte in Anlehnung an Groß (1988) zwischen lautmalenden

Wörtern sowie integrierten und eigentlichen Onomatopoetika. Während integrierte

Onomatopoetika wie Geplätscher oder Geklirr nicht oder nicht ausschließlich auf ein

Geräusch, sondern vornehmlich auf ein Objekt oder eine außerakustische Bewertung eines

Geräusches oder einer Geräuschquelle referierten, stehe bei den lautmalenden Wörtern

(piepsen, quietschen) stets die Referenz auf ein Geräusch oder auf Vorgänge und Objekte, die

im Zusammenhang mit Geräuschen stehen, im Vordergrund. Eigentliche Onomatopoetika wie

plumps oder ticktack referieren nach Yang (2002, 20) ausschließlich auf ein Geräusch und

sind über ihre Flexionslosigkeit zu definieren. Integrierte Onomatopoetika hingegen seien

ebenso wie lautmalende Wörter flektierbar.

Surhone/Timpledon/Marseken (2010, 18) verweisen auf die Bildung onomatopoetischer

Wörter in agglutinierenden oder synthetischen Sprachen. In Sprachen dieses Typs würden

onomatopoetische Wörter flexibel in eine bestehende Struktur integriert. Im Zuge der Bildung

eines neuen Wortes könne dann das Onomatopoetikum vielfach nicht länger als solches

wahrgenommen werden.

105

Yang (2002, 21) betont die starke Ähnlichkeit zwischen Onomatopoetika und Interjektionen

in phonologischer, lexikalischer, morphologischer und syntaktischer Hinsicht.

Onomatopoetische Laute könnten in Lockrufen (hüh, hott) und Interjektionen (pst, pscht, pfui,

pah, puh) enthalten sein, wobei die Gruppe der Interjektionen weiter auszudifferenzieren sei

in primäre und sekundäre Interjektionen. Der Bereich der primären Interjektionen umfasse

neben den Empfindungswörtern (ach, pfui) und den Onomatopoetika (plumps, peng) auch die

sogenannten Lock- und Scheuchwörter (put, put), während zu den sekundären Interjektionen

Ausrufe wie O Mann! zu rechnen seien.

Havlik (1981) differenziert in seinem Lexikon der Onomatopöien zwischen echten und

umschreibenden Onomatopoetika. Diese unterscheiden sich nach Havlik (1981, 38)

vornehmlich in ihrer Semantik. Während nämlich echte Onomatopoetika keinen semantischen

Gehalt und keine beschreibende Funktion besäßen, beschrieben umschreibende

Onomatopoetika stets einen Vorgang oder eine Tätigkeit. Havlik (ebd.) betrachtet die

umschreibenden Onomatopoetika nicht als direkte Lautimitationen, da sie Laute nicht direkt

ikonisieren, sondern lediglich benennen. Während es sich bei einem echten

Onomatopoetikum wie bum um eine reine Lautnachahmung handele, seien umschreibende

Onomatopoetika wie flatter, stöhn, zirp oder brems nicht ausschließlich mit den

korrespondierenden Geräuschen assoziiert. Die Lautkette bremz beispielsweise impliziere

nicht nur ein quietschendes Geräusch beim Bremsen, sondern referiere zudem auf den

eigentlichen Vorgang des Bremsens.

Havlik (1981, 38) differenziert tabellarisch folgendermaßen zwischen umschreibenden

Onomatopoetika und echten Lautimitationen:

Umschreibende Onomatopoetika vs. echte Lautimitationen nach Havlik (1981, 38):

Umschreibende Onomatopoetika Echte Lautimitationen

kreisch hieeeeh

schnarch rrrch

spitz, zisch pssssscht

rassel drr

knurr rrrgggrrrrwwww

heul buaaa

106

2.0 Funktionen von Onomatopoetika

Wrocklage (2005, 18) sieht eine der Funktionen von Geräuschimitationen in Gesprächen

darin, Unmittelbarkeit herzustellen. In Erzählungen werde der Hörer durch die Verwendung

von Onomatopoetika unmittelbar in das geschilderte Geschehen integriert. Wrocklage (ebd.)

präsentiert zur Illustration dieser Funktion der Onomatopoetika die folgenden Beispiele:

„franz is ja neulichst reingekommen das erste sofort (-) topf genommen wasser und sch sch

(= Geräusch strömenden Wassers)“.

„wir hatten vierzig bierdosen dabei glaub ich und da immer die leeren bierdosen klonk (=

Aufprall der Bierdosen auf der Straße)“.

Schwitalla (2003, 160) geht davon aus, dass Onomatopoetika in den zitierten oder ähnlichen

Fällen stellvertretend für ganze Sätze stehen, mit denen das Geräusch umschrieben werden

könnte. Die Verwendung von Onomatopoetika und die damit verbundene Verkürzung der

Sachverhaltsschilderung wirkten jedoch deutlich eindringlicher.

Lautimitationen würden aus dem Augenblick heraus geboren und seien lexikalisch nicht

fixiert. Insgesamt handele es sich bei den Onomatopoetika aber um Randphänomene der

Sprache.

Surhone/Timpledon/Marseken (2010, 18) verweisen auf die Bedeutung der Verwendung von

Onomatopoetika in der Werbung. Onomatopoetika würden in der Werbung als

mnemotechnische Stütze eingesetzt, die es dem Konsumenten erleichtere, sich an Produkte

und Produktnamen zu erinnern.

Sornig (1986) weist auf das hohe Maß der Verwendung von Onomatopoetika in Comics hin.

Lautimitationen in Comics seien in großer Zahl übersetzt, entlehnt und erfunden worden,

wobei sie oftmals gegen die phonologischen und graphischen Konventionen einer jeweiligen

Sprache verstießen. Nach Sornig (ebd.) lassen sich die Lautimitationen in Comics in drei

Kategorien einteilen, und zwar zunächst in die onomatopoetisch bzw. lautsymbolisch

gestützten Exponenten, zum zweiten in die Geräuschsignale, die aus anderen Sprachen mit

keinen oder nur geringen graphemischen oder phonologischen Änderungen übernommen

wurden und schließlich in die lexikalisierten deskriptiven Muster. Sornig rechnet zu den

onomatopoetisch bzw. lautsymbolisch gestützten Exponenten insbesondere die

Geräuschwörter (ratatat, rums, klatsch), die Tiersignale (wauwau, muh, miau) und die

107

Gefühlswörter (pah, juchu). Dieser Typus von Lautimitationen umfasse die im Deutschen

konventionalisierten Interjektionen und Onomatopoetika.

Bei der Gruppe der Geräuschsignale, die aus anderen Sprachen mit nur geringen

graphemischen oder phonologischen Änderungen übernommen wurden, handelt es sich um

Geräuschwörter wie roarr, schlurp oder slurp, Tiersignale wie arf oder har oder

Gefühlswörter wie sgrompf. Bei diesem Typus der Geräuschsignale handelt es sich also

vornehmlich um entlehnte bzw. transferierte Lautimitationen, die oftmals fremdwortartige

Eigenschaften aufweisen und gegen die orthographischen Regularitäten des Deutschen

verstoßen.

Zur dritten Gruppe der lexikalisierten deskriptiven Muster zählt Sornig Geräuschwörter wie

gähn, glitsch oder dröhn, Tiersignale wie wieher, schnaub oder zirp und Gefühlswörter wie

stöhn oder knirsch. Bei diesem dritten Typus handelt es sich nach Sornig um keine

Lautimitationen im engeren Sinne, sondern vielmehr um eine spezielle Gruppe von

Onomatopoetika mit lautimplizierender Funktion.

Burger (1980, 64) betrachtet die Onomatopoetika der dritten Gruppe als Verkürzungen bereits

vorhandener Handlungsverben (gähn-gähnen, stöhn-stöhnen, knirsch-knirschen). Von Havlik

(1981) werden die Onomatopoetika dieses Typs auch als umschreibende Onomatopoetika

bezeichnet. Ehlich (1986) hebt hervor, dass die Onomatopoetika dieses Typs oftmals von

besonderer sprachspielerischer alltagspraktischer Ironie geprägt seien und eine bedeutsame

Novität innerhalb einer Sprache darstellten.

Nach Surhone/Timpledon/Marseken (2010) werden onomatopoetische Ausdrücke auch dazu

verwendet, um beim Hörer den Eindruck einer sensorischen Wahrnehmung (Geruch, Farbe,

Form, Geräusch, Bewegung) entstehen zu lassen. Onomatopoetika dieses Typs werden von

Surhone/Timpledon/Marseken (ebd.) auch als Ideophone bezeichnet. Bei der Wortklasse der

Ideophone handelt es sich um keine grammatische Wortklasse im traditionellen Sinne,

vielmehr erfolgt die Klassifikation nach phonosemantischen Kriterien. Auffällig ist auch der

potentielle Satzcharakter von Ideophonen, von denen einige eine komplette Äußerung

denotieren können. Surhone/Timpledon/Marseken (2010) führen als Beispiele für Ideophone

die japanischen Formen shiin (als onomatopoetische Form der Beschreibung absoluter Stille)

und kirakira (als onomatopoetische Form der Beschreibung glitzernder Objekte) an. Sprachen

würden sich zum Teil deutlich hinsichtlich des Kontextes, in dem Ideophone zum Einsatz

kommen, unterscheiden. In den meisten Sprachen fänden Ideophone mit ihrer expressiven

Funktion vornehmlich in narrativen Kontexten Verwendung. Die Frequenz der Verwendung

von Ideophonen in der geschriebenen Sprache sei dagegen deutlich geringer. Ein wesentliches

108

Merkmal von Ideophonen sei quer über die Einzelsprachen hinweg die Möglichkeit, ein

Ideophon durch ein verbum dicendi einzuleiten.

3.0 Onomatopoetika im Koreanischen

Der häufige und vielfältige Gebrauch von Onomatopoetika ist ein Spezifikum der

koreanischen als auch der japanischen Sprache (vgl. Tanaka 2011). Tanaka (2011, 188)

erklärt das gehäufte Vorkommen onomatopoetischer Ausdrücke im Japanischen damit, dass

der relativ kleine Adjektiv- und Adverbwortschatz einer Ergänzung durch Onomatopoetika

bedarf. Bei den onomatopoetischen Ausdrücken im Japanischen (und dies gilt auch für das

Koreanische) existiere auch eine Reihe onomatopoetischer Ausdrücke, die keine lautliche

Imitation, sondern eine Zustandsbeschreibung darstellten. Bei der koreanischen und der

japanischen Sprache handelt es sich um agglutinierende Sprachen der ural-altaischen

Sprachfamilie, die einen etwa achtmal höheren Anteil an Onomatopoetika aufweisen als die

meisten Sprachen aus dem europäischen Kontext. So seien im Japanischen und Koreanischen

(vgl. Tanaka 2011, 188) über 2000 Onomatopoetika Gegenstand der alltäglichen

Kommunikation. Tanaka (2011, 192) sieht eine häufige Verwendung von Onomatopoetika

auch in Chat-Foren und SMS-Texten. Dort würden sie neben den sogenannten „Emoticons“

verstärkt eingesetzt. Bei den Emoticons handele es sich um ikonische Nachbildungen von

Emotionen, denen in der pseudo-mündlichen Kommunikation eine besondere

Aufmerksamkeit zukomme. Durch die Verwendung ikonischer (Emoticons) und

indexikalischer Mittel (Onomatopoetika) werde in der Kommunikation ein virtueller

Kommunikationsraum konstruiert.

Bei den im Folgenden aufgelisteten Onomatopoetika aus dem Koreanischen handelt es sich

um eine Zusammenstellung auf der Basis des koreanisch-deutschen Kleinwörterbuchs von

Kih-Seong Kuh, das im Jahre 1985 vom Institut für koreanische Kultur in Bonn

herausgegeben wurde. Das der Publikation des Wörterbuchs vorausgegangene

Wörterbuchprojekt erstreckte sich über einen Zeitraum von fünf Jahren. In das Wörterbuch

fanden circa 16500 Vokabeln auf 300 Seiten Eingang. Angeordnet sind die aufgelisteten

Onomatopoetika entsprechend dem koreanischen Hangul-Alphabet. Zur besseren

Nachvollziehbarkeit und Illustration der phonetischen Realisierung der jeweiligen

Onomatopoetika findet sich in Klammern die jeweilige romanisierte Transliteration, die vom

Verfasser auf der Basis der von Shin und Cho in ihrem Buch „Korean Conversation“ (Seoul

1993) vorgeschlagenen Romanisierung vorgenommen wurde. Die Orientierung am Hangul-

109

Alphabet bezieht sich jedoch ausschließlich auf die zunächst erfolgende Gesamtübersicht der

koreanischen Onomatopoetika. In den weiteren Klassifizierungen (Gruppen 1 bis 5; Gruppe

der Ideophone) erfolgte die Auflistung entsprechend dem lateinischen Alphabet. Die

Transliterationen wurden erneut in Anlehnung an Shin/Cho (1993) vorgenommen.

in Fetzen gerissen: 갈기갈기(galgi galgi)

unschlüssig sein: 갈팡질팡(galpang, chilpang)

gehorsam: 고분고분(gobun gobun)

fast randvoll: 그렁그렁(geureong, geureong)

voller Juckreiz: 근질근질(geunchil geunchil)

hopp, hopp: 깡총깡총, 껑충껑충(kkangchong kkangchong)

gerade und stark: 꼬장꼬장(kkochang kkochang)

festgebunden, festgefroren: 꽁꽁, 꽝꽝(kkong kkong, kkoang kkoang)

zerknittert: 꼬깃꼬깃, 꾸깃꾸깃(kkogish kkogish, kkugish kkugish)

schlummernd: 꼬박꼬박, 꾸벅꾸벅(kkobag kkobag, kkubeog kkubeog)

schwärmend: 꾸역꾸역(kkuyeog kkuyeog)

schlingend, gierig trinkend: 꼴깍꼴깍, 꿀꺽꿀꺽(kkolkkag kkolkkag, kkulkkog kkulkkog)

untereinander: 끼리끼리(kkiri kkiri)

wie lecker! : 냠냠(nyam nyam)

lumpig: 너덜너덜(nodol nodol)

langsam und träge: 느릿느릿(neurish neurish)

auf Anhieb: 다짜고짜(dajja gojja)

übereinander geschichtet: 닥지닥지(dagchi dagchi)

umhertappend: 더듬더듬(deodeum deodeum)

rollenförmig: 둘둘, 뚤뚤(dul dul, dul dul)

durchsuchend: 뒤적뒤적(duijog duijog)

durcheinander: 뒤죽박죽(duijug bagjug)

gelegentlich: 드문드문(deomun deomun)

ständig ein- und ausgehend: 들락날락(deollag nallag)

vereinzelt: 듬성듬성(deomsong deomsong)

einzeln: 따로따로(ttalo ttalo)

110

knacks/haargenau: 딱(ttag)

klingeling: 달랑달랑, 덜렁덜렁 (dallang dallang, dollong dollong)

klar und deutlich: 또박또박(ttobag ttobag)

stolzierend: 또박또박, 뚜벅뚜벅(ttobag ttobag, ttubog ttubog)

tropfenweise: 똑똑, 뚝뚝(ttog ttog, ttug ttug)

hellwach: 말똥말똥, 멀뚱멀뚱(malttong malttong, molttung molltung)

schnell steigend, wachsend: 무럭무럭(murog murog)

haufenweise steigend: 뭉게뭉게(mungge mungge)

heftig zitternd: 벌벌(bol bol)

brodelnd: 보글보글, 부글부글(bogeol bogeol, bugeol bugeol)

heftig zitternd: 부들부들, 와들와들(budeol budeol, wadeol wadeol)

in Windeseile: 부랴부랴 (burya burya)

wankend: 비틀비틀(biteol biteol)

fliehend: 비실비실(bishil bishil)

fröhlich lächelnd: 빙글빙글, 싱글싱글(binggeol binggeol, shinggeol shingeol)

heftig schwitzend: 뻘뻘(ppol ppol)

knirschend:뽀드득 뽀드득(ppodeodeog, ppodeodeog)

verstreut: 뿔뿔이(ppul ppuli)

knarrend: 삐걱삐걱(ppigog ppigog)

sacht und lautlos: 사르르(sareoreo)

zerstreut: 산산이(sansani)

heimlich: 살금살금, 슬금슬금(salgeom salgeom, seolgeom seolgeom)

schüttelnd: 살래살래, 설레설레(sallae sallae, sollae sollae)

anlächelnd: 생글생글, 싱글싱글(saengeol saengeol, shinggeol shinggeol)

etwas aufgeregt:술렁술렁(sullong sullong)

glatt, fließend: 술술(sulsul)

ohne Eile: 쉬엄쉬엄(shuiom shuiom)

unbemerkt: 슬슬(seol seol)

kränklich: 시름시름(shireom shireom)

schmunzelnd: 실실(shil shil)

111

freudig lächelnd: 싱글싱글, 벙글벙글, 싱글벙글(shingeol shingeol, bonggeol bonggeol,

shingeol beonggeol)

unruhig: 싱숭생숭(shingsung sengsung)

paarweise: 쌍쌍이(ssangssangi)

Gerüchte verbreitend: 쑥덕쑥덕(ssugdog ssugdog)

kräftig kratzend: 싹싹,쓱쓱(ssagssag sseogsseog)

muskelzuckend: 쌜룩쌜룩, 씰룩씰룩(ssellug ssellug, ssillug ssillug)

unsicher und wacklig: 아장아장(ajang ajang)

ungeduldig, nervös: 안절부절(anjol bujol)

Stückchen für Stückchen: 야금야금(yageom yageom)

trödelnd: 어물어물(eomul eomul)

immer wieder, flüchtig: 언뜻언뜻(eontteosh eontteosh)

notdürftig, grob: 얼기설기(eolgi seolgi)

ohne Prinzip herumtreibend: 엄벙덤벙(eombong deombong)

stark anhängend: 연연(yeonyeon)

heftig zitternd: 오들오들(odeol odeol)

kommend und gehend: 오락가락(orag garag)

auf und ab: 오르락내리락(oreorag nerirag)

friedlich (plaudernd): 오손도손(osondoson)

streitend: 옥신각신(ogshingagshin)

in Gruppen: 옹기종기(onggijonggi)

donnernd, krachend: 와당탕, 우당탕(wadangtang, udangtang)

zusammenstürzend: 와르르, 우루루(wareoreo, ururu)

krachend: 와지끈, 우지끈(wajikkeon, ujikkeon)

wimmelnd: 우글우글(ugeol ugeol)

zerbeult: 우글쭈글(ugeoljjugeol)

leise raschelnd: 우수수(ususu)

und so weiter: 등등 (deong deong)

heftig brennend: 이글이글(igeol igeol)

immer stärker: 점점(jom jom)

unzählig hängend: 주렁주렁(jurong jurong)

112

ununterbrochen fallend: 주럭주럭(jurog jurog)

schleppend: 질질(jil jil)

krachend, kaputtschlagend: 쨍그랑, 째그렁(jjaenggeorang, jjaegorong)

zwitschernd: 찍찍(jjig jjig)

sorgfältig: 차근차근(chageon chageon)

randvoll: 철철(chol chol)

übereinander gelegen: 첩첩이(chobchobi)

Schicht für Schicht: 층층이(cheongcheongi)

knallend, donnernd: 쾅, 쿵(kwang, kung)

laut schnarchend: 쿨쿨(kulkul)

klopfend: 탁탁, 툭툭(tagtag, tugtug)

bums: 텅(tong)

aufgeschwollen: 탕탕, 퉁퉁(tangtang, tungtung)

zügig: 팍팍(pagpag)

plötzlich aufspringend: 펄쩍, 풀쩍(poljjog, puljjog)

freudig oder zornig hüpfend: 펄펄(polpol)

in üppigen Flocken: 펑펑(pongpong)

plumps: 퐁당,풍덩(pungdang, pungdang)

atemlos: 허겁지겁(hogobjogob)

atemlos, hastig: 허둥지둥(hodungjidung)

aufflammend: 활활, 훨훨(hwalhwal, hweolhweol)

unverrichteter Dinge: 흐지부지(heojibuji)

grinsend: 히죽히죽(hijughijug)

Gruppe 1: Lautsprachliche Realisation von Tierlauten:

(Biene) summen: (벌): 잉잉, 윙윙 (ing ing, weong, weong)

(Ente) quaken: (오리): 꽉꽉(kkwag, kkwag)

(Gans) schnattern: (거위): 꽉꽉(kkwag, kkwag)

(Hahn) kikeriki: 꼬끼오(kkokkio)

(Henne) 꼬꼬댁 꼬꼬(kkokkodaeg kkokko)

113

(Hund) wauwau: 멍멍(mong mong)

(Kalb) blöken: (송아지): 음메(eumme)

(Katze) miauen: (고양이): 냐옹(nyaong)

(Krähe) krächzen: (까마귀): 까악 까악(kkaag kkaag)

(Kuckuck) kuckuck: 뻐꾹뻐꾹(ppeokkug ppeokkug)

(Kuh) muhen: (소): 음메(eumme)

(Maus) piepsen: (쥐): 찍찍(jjig jjig)

(Pferd) wiehern: (말) 히히힝(hihihing)

(Schaf) blöken: (양): 메(me)

(Schlange) zischen: 쉭쉭(shweog, shweog)

(Schwein) quiek-quiek: 꿀꿀(kkul kkul)

(Taube) gurgeln, schnattern: 꼬르륵 꼬르륵, 꾸르륵 꾸르륵(kkoreoreog kkoreoreog,

kkureoreog, kkureoreog)

(Taube) gurren: (비둘기): 구구(gugu)

(Truthahn) schnattern: (칠면조): 꽉꽉(kkwag, kkwag)

(Uhu) uhu, uhu: 부엉부엉(buong buong)

(Vögel) zwitschern: 찍찍(jjig jjig)

(Ziege) blöken: (염소): 메(me)

Gruppe 2: Außersprachliche Geräusche

heftig stöhnen: 끙끙, 낑낑(kkeung kkeung, kking kking)

heulen, weinen: 엉엉울다(ongongulda)

in sich hineinlachen: 껄껄웃다(kkolkkolutta)

keuchen: 시근시근(shigeun shigeun)

kichern: 낄낄대다(kkilkkildaeda)

knurren, brummen: 투덜거리다(tudolgorida)

kreischen: 외치다(oechida)

kreischen, schreien: 빽 소리치다(baegsorichida)

laut lachen: 하하웃다(hahautta)

laut lachen: 깔깔 (웃다) (Frau) (kkalkkal (utta))

114

laut lachen 껄껄 (웃다) (Mann) (kkolkkol (utta))

laut schnarchen: 쿨쿨(kulkul)

murmeln: 소곤거리다(sogongorida)

schluchzen: 훌쩍거리다(huljjoggorida)

Die Gruppe 3 setzt sich zu gleichen Teilen aus der Gruppe der Wassergeräusche und

der nicht-akustischen Phänomene zusammen:

platschen: 철퍽철퍽(cholpog cholpog)

plätschern: 찰랑찰랑, 철렁철렁(challang challang, chollong chollong)

plätschern: 졸졸(jol jol)

rauschen: 줄줄(jul jul)

tröpfeln, rieseln: 질끔찔끔(chilkkeum chilkkeum)

rieselnd: 보슬보슬, 부슬부슬(boseul boseul, buseul buseul)

tröpfeln (des Regens in kleinen Blasen): 방울 방울(bangul bangul)

Gruppe der nicht-akustischen Phänomene: (zur Gruppe der Ideophone

hinzuzurechnen)

flackern, flimmern: 깜빡거리다(kkamppag gorida)

flattern, zittern, sich unruhig hin und her bewegen: 펄럭거리다(pollog gorida)

grinsen: 히죽히죽(hijug hijug)

schimmern: 반짝거리다(banjjag gorida)

schlummern: 꼬박꼬박, 꾸벅꾸벅(kkobag kkobag, kkubog kkubog)

schmunzeln: 실실(shil shil)

tapsen, watscheln, unsicheres Gehen (des Babys): 아장아장 (아기) (ajang ajang)

Gruppe 4: sprachliche Geräusche

gründlich (fragen): 꼬치꼬치(kkochi kkochi)

leise flüsternd: 소곤소곤, 수군수군(sogon sogon, sugon sugon)

wispernd: 수덕수덕(sudeog sudeog)

115

Gruppe 5 der atmosphärischen Geräusche:

heulen (Wind): 휘이이(hwiii)

leise rauschen, sanft wehen: 솔솔(sol sol)

leise rauschend: 살살(sal sal)

Gruppe der Ideophone

Nach Surhone/Timpledon/Marseken (2010) onomatopoetische Ausdrücke, die beim Hörer

den Eindruck einer sensorischen Wahrnehmung (Geruch, Farbe, Form, Geräusch, Bewegung

etc.) erzeugen sollen:

Onomatopoetische Ausdrücke zur sensorischen Wahrnehmung (Bewegung):

rollend: 데굴데굴, 떼굴떼굴(degul degul, ttegul ttegul)

langsam und träge: 느릿느릿(neurit neurit)

sacht schreitend: 사뿐사뿐 (sappun sappun)

Onomatopoetische Ausdrücke zur sensorischen Wahrnehmung (Form):

geschlängelt: 구불구불(gubul gubul)

gebogen, kurvenreich: 굽이굽이(gubi gubi)

zickzack, gewunden: 꼬불꼬불, 꾸불꾸불(kkobul kkobul, kkubul kkubul)

zerbeult: 우글쭈글(ugeul jjugeul)

Onomatopoetische Ausdrücke zu sensorischen Wahrnehmung (Farbe):

rötlich: 발긋발긋, 빨긋빨긋(bageut bageut, ppalgeut ppalgeut)

rötlich: 불긋불긋, 뿔긋뿔긋(bulgeut bulgeut, ppulgeut ppulgeut)

bunt: 울긋불긋(ulgeut bulgeut)

Die Analyse der aufgelisteten Onomatopoetika aus dem Koreanischen zeigt, dass die

lautsprachlichen Realisationen von Tierlauten (Gruppe 1) den größten Anteil der

116

Onomatopoetika ausmachen. Dabei fällt auf, dass im Koreanischen einige Tiersignale, die im

Deutschen eine Differenzierung erfahren, mit derselben Lautimitation bedacht werden. So

lautet die lautsprachliche Realisierung des Quakens der Ente, des Schnatterns der Gans und

des Truthahns꽉꽉(kkwag, kkwag). Ebenso wird sowohl das Piepsen der Maus als auch das

Zwitschern des Vogels lautlich mit dem Onomatopoetikum찍찍(jjig jjig) realisiert. Auch das

Blöken des Schafs und der Ziege erfährt dieselbe lautsprachliche Realisierung 메(me).

Hinsichtlich des quantitativen Umfangs stellen die außersprachlichen Geräusche die

zweitgrößte Gruppe der Onomatopoetika im Koreanischen dar. Zu dieser Gruppe zählen

lautsprachliche Realisierungen wie 끙끙 낑낑, (kkeung kkeung, kking kking) zur Beschreibung

eines heftigen Stöhnens oder 엉엉울다(ongongulda) zur Denotation des Weinens.

Die drittgrößte Gruppe der Onomatopoetika bilden zu etwa gleichen Teilen die Gruppen der

Wassergeräusche und der nicht-akustischen Phänomene. Dabei kann die Gruppe der nicht-

akustischen Phänomene (z.B. 깜빡거리다(kkamppag gorida) oder 반짝거리다(banjjag

gorida)) zu den Ideophonen gerechnet werden, da durch ihre Verwendung beim Hörer der

Eindruck einer sensorischen Wahrnehmung entstehen kann.

Von deutlich geringerem quantitativem Umfang sind die Gruppen der sprachlichen

(수덕수덕(sudeog sudeog) = wispernd) und der atmosphärischen Geräusche (휘이이(hwiii) =

heulen des Windes).

In der Gruppe der Ideophone, die beim Hörer den Eindruck einer sensorischen

Wahrnehmung bezüglich Geruch, Farbe, Form, Geräusch oder Bewegung erzeugen können,

dominieren die onomatopoetischen Ausdrücke zur sensorischen Wahrnehmung von

Bewegung (z.B. 데굴데굴, 떼굴떼굴 = rollend), Form (z.B. 구불구불 = geschlängelt) und Farbe

(z.B. 발긋발긋 빨긋빨긋, = rötlich).

4.0 Fazit

Gegenstand des vorliegenden Beitrags waren die onomatopoetischen Ausdrücke im

Koreanischen. Es wurde festgestellt, dass es sich bei den Onomatopoetika nicht um

vollständige Imitationen ursprünglicher Naturlaute handelt, sondern um Ausdrücke, die eine

nur relative Affinität zu natürlichen Erscheinungen aufweisen. Starke naturalistische

Positionen, die in der Imitation von Naturlauten den Schlüssel für die Entstehung von Sprache

sehen, wurden zurückgewiesen.

117

Es wurde zudem für die Einnahme einer sprachhistorischen Perspektive bei der Betrachtung

von Onomatopoetika plädiert, da die Bewertung onomatopoetischer Ausdrücke bei der

Einnahme einer synchronen Perspektive anders ausfallen kann als bei Einnahme einer

diachronen Perspektive.

Mit Groß (1988) und Yang (2002) wurde zwischen lautmalenden Wörtern sowie integrierten

und eigentlichen Onomatopoetika differenziert. Während die flektierbaren lautmalenden

Wörter stets auf ein Geräusch referieren, beziehen sich die ebenfalls flektierbaren integrierten

Onomatopoetika nicht ausschließlich auf ein Geräusch, sondern auch auf außerakustische

Kategorien. Die eigentlichen Onomatopoetika sind vornehmlich über das Merkmal ihrer

Flexionslosigkeit definiert.

Hinsichtlich der Funktionen von Onomatopoetika wurde mit Wrocklage (2005) auf die

Funktion von Geräuschimitationen in Gesprächen verwiesen. Onomatopoetika dienten in

diesem Kontext dazu, Unmittelbarkeit im Gespräch herzustellen und den Hörer in das

geschilderte Geschehen zu integrieren.

Mit Surhone/Timpledon/Marseken (2010) und Sornig (1986) wurde auf die Bedeutung der

Verwendung von Onomatopoetika in der Werbung und das hohe Maß ihrer Verwendung in

Comics verwiesen. Onomatopoetische Ausdrücke, die beim Hörer den Eindruck einer

sensorischen Wahrnehmung bezüglich Geruch, Farbe, Form, Geräusch oder Bewegung

entstehen lassen können, wurden in Anlehnung an Surhone/Timpledon/Marseken (2010) als

Ideophone bezeichnet.

Bezüglich der Verwendung von Onomatopoetika im Koreanischen wurde festgestellt, dass

das Koreanische, ebenso wie das Japanische, über einen hohen Anteil onomatopoetischer

Ausdrücke verfügt. Offenbar bedarf der relativ kleine Adjektiv- und Adverbwortschatz in

diesen beiden agglutinierenden Sprachen der ural-altaischen Sprachfamilie einer Ergänzung

durch Onomatopoetika.

Hinsichtlich der Verteilung der Onomatopoetika im Koreanischen konnte festgestellt werden,

dass die lautsprachliche Realisation von Tierlauten die größte Gruppe der Onomatopoetika

ausmacht. Als zweitgrößte Gruppe folgen die Onomatopoetika zur Denotation

außersprachlicher Geräusche. Nach den quantitativ etwa gleichgroßen Gruppen der

Wassergeräusche und der nicht-akustischen Phänomene folgen im Weiteren die Gruppen der

sprachlichen Geräusche und der atmosphärischen Geräusche.

In der Gruppe der Ideophone dominieren die onomatopoetischen Ausdrücke zur sensorischen

Wahrnehmung von Bewegung, Form und Farbe.

118

5.0 Literatur:

Bühler, Karl: Sprachtheorie. Stuttgart/New York 1983.

Burger, Harald: „Interjektionen - eine Randwortart?“ In: Sitta, Horst (Hrsg.): Ansätze zu einer

pragmatischen Sprachgeschichte. Tübingen 1980, 53-69.

Bußmann, Hadumod: Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart 1983.

Ehlich. Konrad: Interjektionen. Tübingen 1986.

Gross, Michael: Zur linguistischen Problematisierung des Onomatopoetischen. Hamburg

1988.

Havlik, Ernst: Lexikon der Onomatopöien. Die lautmalenden Wörter im Comic. Frankfurt

1981.

Kuh, Kih-Seong: Koreanisch-deutsches Kleinwörterbuch. Institut für koreanische Kultur

Bonn (Hrsg.). Bonn 1985.

Sornig, Karl: Holophrastisch-expressive Äußerungsmuster. Anhand der Onomasiologie und

Semasiologie der interjektionellen und expressiven Ausdrucks- und Darstellungsmittel

der trivial-narrativen Gattung „fumetti“. Graz 1986.

Surhone, Lambert M. /Timpledon, Miriam T. /Marseken, Susan F. (Hrsg.): Sign. Beau Bassin.

Mauritius 2010.

Tanaka, Shin: Deixis und Anaphorik: Referenzstrategien in Text, Satz und Wort.

Berlin/Boston 2011.

Lewandowski, Theodor: Linguistisches Wörterbuch. Band 2. Heidelberg 1985.

Linke, Angelika/Nussbaumer, Markus/Portmann, Paul R.: Studienbuch Linguistik. 5.

erweiterte Auflage. Tübingen 2004.

Schwitalla, Johannes: Gesprochenes Deutsch. Eine Einführung. Berlin 2003.

Shin, Myong-Sup/Cho, Hong-Seob: Korean Conversation. Seoul 1993.

Wrocklage, Nadine: Lexikalische Kategorien: Interjektionen und Onomatopoetika. München

2005.

Yang, Chaiqin: Interjektionen und Onomatopoetika im Sprachvergleich: Deutsch versus

Chinesisch. Freiburg im Breisgau 2002 (Dissertation).

Zöllner, Philipp: Onomatopoetika verschiedener Sprachen im Vergleich. München 2004.

119

VIII. Sprichwörter im Deutsch-Koreanischen Sprachvergleich

1.0 Einleitung

Bei Sprichwörtern wie Hunde, die bellen, beißen nicht oder Morgenstund hat Gold im Mund

handelt es sich nach Althaus et al. (1980, 185) um „allgemein bekannte, festgeprägte Sätze,

die eine Lebensregel oder Weisheit in prägnanter, kurzer Form ausdrücken, häufig mit End-

oder Stabreim“. Idiome könnten Teile von Sprichwörtern sein, wie das Sprichwort Wer

andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein mit seinem idiomatischen Bestandteil jemandem

eine Grube graben illustriere.

Nach Häusermann (1977) gehören Sprichwörter nicht zur Gruppe der Phraseologismen, da es

sich bei ihnen stets um selbständige, motivierbare Texte handele, die sich durch ihre

Bildlichkeit auszeichneten. Anders als Häusermann (ebd.) rechnet Burger (2007, 110) die

Sprichwörter zum Bereich der Phraseologie. Sprichwörter seien polylexikalisch, in gewissen

Grenzen fest und in unterschiedlichem Grad idiomatisch. So seien Sprichwörter mit nur einer

Lesart (Ein Unglück kommt selten allein, Geld macht nicht glücklich, Aus Schaden wird man

klug) von Sprichwörtern mit zwei Lesarten (Wie man sich bettet, so schläft man, Keine Rose

ohne Dornen, Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, Wenn die Katze aus dem Haus ist, tanzen

die Mäuse auf dem Tisch, Der Krug geht so lange zu Brunnen, bis er bricht) zu unterscheiden.

Teilweise wiesen Sprichwörter, häufig diejenigen mit einem höheren Maß an Idiomatizität,

auch Irregularitäten in ihrer Bildung auf (Wes‘ Brot ich ess‘, des Lied ich sing, Gut Ding will

Weile haben, Eigener Herd ist Goldes wert).

Lewandowski (1985, 1044) betrachtet Sprichwörter als feste Wortverbindungen, die aus

vollständigen bzw. formal und inhaltlich abgeschlossenen Sätzen bestehen. Sprichwörter wie

Es ist nicht alles Gold, was glänzt, Lügen haben kurze Beine oder Ohne Fleiß kein Preis seien

ein Ausdruck von Erfahrungen, Meinungen oder Anschauungen und stellten ein Gemeingut

einer Sprachgemeinschaft dar.

Lewandowski (ebd.) sieht die Hauptfunktion eines Sprichwortes in der Stützung oder

Unterstreichung der eigenen Meinung. So könne beispielsweise eine Argumentation in einem

Sprichwort kulminieren oder durch ein solches abgeschlossen werden.

Weitere Funktionen von Sprichwörtern seien die Warnung, Überredung, Bestätigung,

Besänftigung, Überzeugung, Mahnung, Zurechtweisung, Feststellung, Charakterisierung,

Erklärung, Beschreibung, Rechtfertigung, Zusammenfassung oder aber der Trost.

120

Abzugrenzen seien Sprichwörter von sprichwörtlichen Redensarten wie etwas auf die leichte

Schulter nehmen oder jemanden am Gängelband führen, die stets syntaktisch einzubetten

seien.

Burger (1973, 54) stellt fest, dass sich Sprecher bei der Verwendung eines Sprichwortes auf

eine Volkswahrheit berufen. Im Sprichwort breche eine längst empfundene Wahrheit

blitzartig hervor. Dem Sprichwort hafte zudem eine stilistische Wirkung mit ausgeprägten

poetischen Elementen an. Gekennzeichnet seien sie zudem häufig durch Rhythmus oder

Parallelismus.

Burger (1973, 55) gliedert die Sprichwörter in zwei Gruppen, wobei zu der ersten Gruppe

diejenigen Sprichwörter gerechnet werden, deren Bedeutung sich direkt aus den

Einzelkomponenten ergibt. Hierzu gehören u.a. die folgenden:

Irren ist menschlich

Wer wagt, gewinnt

Ende gut, alles gut

Ehrlich währt am längsten

Lügen haben kurze Beine

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold

Zur zweiten Gruppe gehören diejenigen Sprichwörter, bei denen die allgemeine Bedeutung

durch ein Bild vermittelt wird. Auch idiomatische Elemente können Teile der Sprichwörter

dieser Gruppe sein. Der Sinn des Sprichwortes ergibt sich in diesen Fällen nicht zwingend aus

dem Bild.

Man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist

Je näher der Kirche, je weiter von Gott

Mitgefangen, mitgehangen

Neue Besen kehren gut.

Burger (1973, 56) betont hinsichtlich der Merkmale von Sprichwörtern, dass diese teilweise

Anomalien aufweisen können. Zwischen den einzelnen Gliedern innerhalb eines Sprichwortes

könne zudem eine Opposition bestehen, die aber auch fehlen könne. Formal würden

Sprichwörter im Allgemeinen als Aussagen, Aufforderungen oder Fragen realisiert. Typisch

für ein Sprichwort sei, dass es sich zwar auf einen Einzelfall beziehe, von diesem Einzelfall

121

ausgehend jedoch eine Beziehung zu einer Regel herstelle, die zudem begründet werde. Auf

diese Weise werde eine gegenwärtige Situation gegen den Hintergrund allgemeiner Erfahrung

gehalten.

Wer ein Sprichwort verwende, distanziere sich von einer unmittelbar gegebenen Situation und

trete in einem Akt der Reflexion aus dieser Situation heraus. Der adäquate Gebrauch eines

Sprichwortes setze auf Seiten des Sprechers ein gewisses Maß der Bewusstheit des Sprechens

voraus, während auf Seiten des Hörers insbesondere die Fähigkeit zum Durchschauen der

Transparenz eines Sprichwortes erforderlich sei.

Burger (2007, 108) betont, dass Sprichwörter in ihrer Produktion und Rezeption ganzheitlich

als Einheiten abgerufen werden und keinerlei textlinguistischer Anpassung an einen Kontext

bedürfen. Sprichwörter seien mithin als „geschlossene Sätze“ (geschlossene Formen) zu

begreifen, die zudem auf der Hörerseite kontextfrei zu verstehen seien. Nach Burger (ebd.)

weisen Sprichwörter häufig die Form eines Allsatzes auf (Wer A sagt, muss auch B sagen,

Lügen haben kurze Beine), zudem seien sie entindexikalisiert und enthielten keine Hinweise

auf Sprecher, Ort und Zeitpunkt einer Äußerung oder eines Sachverhaltes.

Burger (2007, 109) betont in Anlehnung an Permjakov (1984) auch die interkulturelle

Dimension von Sprichwörtern. So seien über Kulturgrenzen hinaus konstante Bildungstypen

von Sprichwörtern feststellbar. So gebe es bei Völkern, die kein Eisen kennen,

selbstverständlich nicht das Sprichwort Man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist,

wohl aber gebe es Ausdrücke wie Forme aus dem Lehm, solange er feucht ist oder Bereite

den Kürbis zu, solange das Feuer nicht erloschen ist. Alle diese Texte bedeuteten in der Tat

dasselbe, nämlich dass eine Sache zu tun sei, solange es noch nicht zu spät dazu ist.

Burger (2007, 111) hebt auch die enge Verwandtschaft zwischen Sprichwörtern einerseits und

Gemeinplätzen und Truisms hervor. Durch Gemeinplätze (Was man hat, das hat man, Was

sein muss, muss sein, Was zu viel ist, ist zu viel) oder Truisms (So jung kommen wir nicht

mehr zusammen, Wir sind alle nur Menschen, Man lebt nur einmal) werde dem Gemeinten,

wie auch durch ein Sprichwort, Nachdruck verliehen. Oftmals enthalte das Gesagte auch

einen Hauch von Fatalismus (Was sein muss, muss sein).

122

2.0 Sprichwörter im Deutschen und im Koreanischen

Baur/Chlosta (1996, 22) führen in ihrem Beitrag zur Sprichwortforschung und

Sprichwortdidaktik die folgenden Sprichwörter als die zentralen und frequentesten deutschen

Sprichwörter auf, von denen viele korrespondierende Sprichwörter im Koreanischen

aufweisen, die im Folgenden aufgeführt sind:

Liste deutscher Sprichwörter:

Wer A sagt, muss auch B sagen.

Man ist so alt, wie man sich fühlt.

Aller Anfang ist schwer.

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Ausnahmen bestätigen die Regel.

Doppelt hält besser.

Wie du mir, so ich dir.

Eigenlob stinkt.

Einmal ist keinmal.

Ende gut, alles gut.

Man muss die Feste feiern, wie sie fallen.

Ohne Fleiß kein Preis.

Gegensätze ziehen sich an.

Geld allein macht nicht glücklich.

Gelegenheit macht Diebe.

Über den Geschmack lässt sich nicht streiten.

Frisch gewagt ist halb gewonnen.

Wie gewonnen, so zerronnen.

Es ist nicht alles Gold, was glänzt.

Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.

Eine Hand wäscht die andere.

Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.

Wer nicht hören will, muss fühlen.

123

Ein blindes Huhn findet auch einmal ein Korn.

Hunde, die bellen, beißen nicht.

Irren ist menschlich.

Kleider machen Leute.

Der Klügere gibt nach.

Viele Köche verderben den Brei.

In der Kürze liegt die Würze.

Ein Küsschen in Ehren kann niemand verwehren.

Wer zuletzt lacht, lacht am besten.

Andere Länder, andere Sitten.

Den Letzten beißen die Hunde.

Was sich liebt, das neckt sich.

Lügen haben kurze Beine.

Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.

Morgenstunde hat Gold im Munde.

Von nichts kommt nichts.

Wer den Pfennig nicht ehrt, ist den Taler nicht wert.

Probieren geht über Studieren.

Wer rastet, der rostet.

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.

Scherben bringen Glück.

Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung.

Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte.

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.

Übung macht den Meister.

Ein Unglück kommt selten allein.

Unkraut vergeht nicht.

Wer wagt, gewinnt.

Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es wieder heraus.

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

Die Zeit heilt alle Wunden.

Kommt Zeit, kommt Rat.

124

Liste der deutschen Sprichwörter und ihrer koreanischen Entsprechungen:

Wer A sagt, muss auch B sagen.

한 번 시작한 일은 끝을 맺어야 한다.

Aller Anfang ist schwer.

시작이 반이다. (eher im Sinne von: frisch gewagt ist halb gewonnen)

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.

그 아버지에 그 아들.

Doppelt hält besser.

공든 탑이 무너지랴.

Wie du mir, so ich dir.

심은 대로 그둔다.

Eigenlob stinkt.

자화자찬은 듣기 거북하다.

Einmal ist keinmal.

첫 술에 배 부르랴.

Ende gut, alles gut.

끝이 좋으면 모두가 좋다.

Frisch gewagt ist halb gewonnen.

시작이 반이다. (s.o.)

Es ist nicht alles Gold, was glänzt.

반짝이는 것이 모두 금은 아니다.

125

Eine Hand wäscht die andere.

가는 정 오는 정.

Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.

남잡이가 제잡이.

Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.

오늘 할 일을 내일로 미루지 말라.

Ein blindes Huhn findet auch einmal ein Korn.

쥐 구멍에도 볕들 날 있다.

Hunde, die bellen, beißen nicht.

짓는 개가 물지 않는다.

Irren ist menschlich.

과오는 누구에게나 있는 것이다.

Kleider machen Leute.

옷이 날개다.

Der Klügere gibt nach.

현자는 다투지 않는다.

Viele Köche verderben den Brei.

사공이 많으면 배가 산으로 간다.

Wer zuletzt lacht, lacht am besten.

길고 짧은 것은 대봐야 안다.

Andere Länder, andere Sitten.

로마에 가면 로마법을 따라야 한다.

126

Lügen haben kurze Beine.

거짓말은 다리가 짧다.

Morgenstunde hat Gold im Munde.

아침 시간은 금이다.

Von nichts kommt nichts.

세상에 공짜란 없다.

Probieren geht über Studieren.

백문이 불여일견.

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.

침묵은 금이요, 웅변은 은이다.

Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung.

너 자신을 알라.

Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte.

고래 싸움에 새우 등 터진다.

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.

길고 짧은 것은 대봐야 안다

Ein Unglück kommt selten allein.  

엎친 데 덮친 격이다.

Wer wagt, gewinnt.  

용감한 자가 미인을 얻는다. 

Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es wieder heraus.

콩 심은데 콩나고, 팥 심은데 팥 난다.

127

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.  

뜻이 있는 곳에 길이 있다.

Die Zeit heilt alle Wunden.  

세월이 약이다.

Die Analyse der korrespondierenden koreanischen Sprichwörter zeigt, dass einige von ihnen

direkte Übersetzungen aus dem Englischen zu sein scheinen:

Ende gut, alles gut.

끝이 좋으면 모두가 좋다.

(All is well that ends well.)

Andere Länder, andere Sitten.

로마에 가면 로마법을 따라야 한다.

(When in Rome do as the Romans do.)

Keine Nachricht ist eine gute Nachricht.

무소식이 희소식이다.

(No news is good news.)

Der Sprichwortvergleich zwischen dem Deutschen und dem Koreanischen zeigt zudem, ganz

im Sinne Permjakovs (s.o.) Annahme konstanter Bildungstypen von Sprichwörtern, dass

einige koreanische und deutsche Sprichwörter bei Unterschieden in der sprachlichen Bildung

einen weitgehend identischen Inhalt (Sinn) transportieren.

In diese Kategorie fällt beispielsweise das Sprichwort:

Viele Köche verderben den Brei.

사공이 많으면 배가 산으로 간다.

Hier lautet die wörtliche koreanische Entsprechung: „Zu viele Kapitäne/Ruderer steuern das

Schiff auf den Berg“.

128

Ähnliches gilt auch für das Sprichwort:

Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte.

고래 싸움에 새우 등 터진다.

Hier lautet die wörtliche koreanische Entsprechung: „Wenn die Wale streiten, platzt der

Rücken der Garnelen“. Der Sinn der Sprichwörter („Die Handlungen anderer haben

Auswirkungen auf Dritte“) bleibt weitgehend erhalten.

Das Sprichwort세상에 공짜란 없다 (Auf der Welt gibt es nichts umsonst) entspricht

weitgehend den deutschen Sprichwörtern Von nichts kommt nichts bzw. Ohne Fleiß kein

Preis.

Das koreanische Sprichwort윗 물이 맑아야 아랫 물도 맑다 (Nur wenn der Oberlauf klar

ist, ist auch der Unterlauf klar) entspricht weitgehend dem deutschen Sprichwort Der Fisch

stinkt vom Kopf her.

Die koreanische Entsprechung zu dem deutschen Sprichwort Ein blindes Huhn findet auch

einmal ein Korn lautet쥐 구멍에도 볕들 날 있다 (Auch in ein Mauseloch fällt irgendwann

einmal ein Lichtstrahl). Der transportierte Sinn ist in beiden Sprichwörtern weitgehend

identisch.

Neben diesen festgestellten Korrespondenzen zwischen koreanischen und deutschen

Sprichwörtern gibt es jedoch auch eine Reihe von koreanischen Sprichwörtern zu denen eine

Entsprechung im Deutschen fehlt. In diese Gruppe fallen u.a. die folgenden Sprichwörter:

Wo die Nadel hingeht, geht auch der Faden hin.

바늘 가는 데 실 간다.

(Bedeutung: Zwei Menschen machen alles gemeinsam und sind unzertrennlich.)

Auch einen Weg von Tausend Meilen beginnt man mit einem Schritt.

천리 길도 한 걸음부터.

(Bedeutung: In vielen kleinen Schritten gelangt man zu einem großen Ziel.)

129

Worte ohne Füße gehen tausend Meilen.

발 없는 말이 천리 간다.

(Bedeutung: Gerüchte verbreiten sich schnell und lang anhaltend.)

Der hohe Baum ist dem Wind am stärksten ausgesetzt.

높은 나무가 바람 더 탄다.

(Bedeutung: Wer aus (der Masse) herausragen will, ist in Gefahr.)

Selbst das Diamantengebirge sollte man nach dem Essen genießen.

금강산도 식후경이다.

(Bedeutung: Mit leerem Magen kann man auch das Diamantengebirge nicht genießen; man

muss alles gut gestärkt tun.)

Kommt aus einem Kamin, der nicht an ist, Rauch hervor?

아니 땐 굴뚝에 연기 날까?

(Bedeutung: Keine Wirkung ohne Ursache)

Auch Affen fallen aus den Bäumen.

원숭이도 나무에서 떨어질 날 있다.

(Bedeutung: Auch der Meister macht einmal Fehler; Irren ist menschlich.)

Ein leerer Karren rattert lauter.

빈 수레가 요란하다. 빈 깡통이 요란하다.

(Bedeutung: Jemand mit einem leeren Hirn verursacht besonders viel Lärm.)

Nach dem Verlust einer Kuh repariert man den Stall.

소 잃고 외양간 고친다.

(Bedeutung: Das Kind ist bereits in den Brunnen gefallen.)

Sammele Staub, um einem Berg zu errichten.

티끌 모아 태산.

(Bedeutung: Sei sparsam!)

130

Wer zwei Hasen zugleich hetzt, bekommt keinen.

두 마리의 토끼를 쫓다가 한 마리도 못 잡는다.

(Bedeutung: Man sollte sich auf ein Ziel konzentrieren.)

Baur/Chlosta (1996, 125) betonen für die Sprichwörter des Deutschen, dass die traditionellen

Muster der Sprichwortverwendung allmählich in den Hintergrund zu treten scheinen.

Charakteristisch, insbesondere für den Sprichwortgebrauch in öffentlicher Sprachverwendung

in den Medien und der Werbung, sei der insgesamt spielerische Umgang mit Sprichwörtern.

Beim spielerischen Umgang mit Sprichwörtern spielten vor allem auch ihre Festigkeit und

Metaphorizität eine entscheidende Rolle. Sprichwörter würden nicht nur im historischen

Rückblick, sondern auch in ihrer aktuellen Verwendung Modifikationen erfahren. Insofern

unterscheide sich der Umgang mit Sprichwörtern nicht wesentlich vom Umgang mit anderen

Arten von Phraseologismen.

Ziel der heutigen Sprichwortforschung sollte es sein, sogenannte „Sprichwort-Minima“, also

Sammlungen allgemein bekannter Sprichwörter zu erstellen. Dies sei unter kulturellen

Gesichtspunkten auch deshalb interessant, weil die gebräuchlichsten Sprichwörter Aufschluss

darüber geben können, wie Sprecher die Welt typischerweise sehen. Baur/Chlosta (1996, 127)

gehen davon aus, dass in Sprichwörtern versprachlichte Situationen im Bewusstsein einer

Sprechergemeinschaft von besonderer Bedeutung sind. Sprichwortsammlungen könnten also

mithin Auskunft darüber geben, welche Sprichwörter zu einem gegebenen Zeitpunkt in einer

Sprechergemeinschaft als wichtig gelten und wie sie gegebenenfalls modifiziert werden.

3.0 Fazit

Im vorliegenden Beitrag wurden, nach einer theoretischen Einführung in den

Gegenstandsbereich der Sprichwörter, die Sprichwörter des Deutschen und des Koreanischen

miteinander verglichen. Dabei wurden die Sprichwörter, als Gegenstandsbereich der

Phraseologie, zunächst als feste Wortverbindungen charakterisiert, die aus vollständigen bzw.

formal und inhaltlich abgeschlossenen Sätzen bestehen. Die Hauptfunktion der Sprichwörter

wurde in der Unterstreichung der eigenen Meinung gesehen. Abgegrenzt wurden

Sprichwörter von sprichwörtlichen Redensarten, da letztere stets syntaktisch einzubetten

seien. In Anlehnung an Burger (1973) wurde zwischen Sprichwörtern, deren Bedeutung sich

aus den Einzelkomponenten ergibt und solchen, deren Bedeutung durch ein Bild vermittelt

wird, differenziert. Es wurde zudem betont, dass Sprichwörter zum Teil Anomalien aufweisen

131

können und gerade diese Sprichwörter einen oftmals höheren Grad an Idiomatizität besitzen.

In Anlehnung an Burger (2007) und Permjakov (1984) wurde festgestellt, dass Sprichwörtern

häufig eine interkulturelle Dimension zu eigen ist. Es seien über Kulturgrenzen hinweg

konstante Bildungstypen von Sprichwörtern feststellbar. Mit Burger (2007) wurde festgestellt,

dass Sprichwörter eine enge Verwandtschaft zu Gemeinplätzen und Truisms aufweisen. Alle

drei Bereiche der Phraseologie dienten dazu, einer Aussage Nachdruck zu verleihen.

Ein Vergleich der frequentesten deutschen Sprichwörter (nach Baur/Chlosta 1996) mit

koreanischen Sprichwörtern ergab, dass viele deutsche Sprichwörter korrespondierende

Sprichwörter im Koreanischen aufweisen. Einige koreanische Sprichwörter scheinen zudem

direkte Übersetzungen aus dem Englischen zu sein. Im Sinne Permjakows (1984) konnte

bestätigt werden, dass im Koreanischen und Deutschen ähnliche (konstante) Bildungstypen

von Sprichwörtern zu existieren scheinen. Trotz unterschiedlicher sprachlicher Realisierung

wird ein weitgehend identischer Sinn (Inhalt) transportiert.

Abschließend wurde mit Baur/Chlosta (1996) gefordert, „Sprichwort-Minima“, also

Sammlungen bekannter Sprichwörter (auch kontrastiv) anzulegen. Auf diese Weise seien

Einblicke in die typische Weltsicht von Sprechern verschiedener Sprachen und Kulturen

möglich.

4.0 Literatur:

Althaus, Hans Peter/Henne, Helmut/Wiegand, Herbert Ernst: Lexikon der germanistischen

Linguistik. Tübingen 1980.

Baur, Rupprecht S./Chlosta, Christoph: Welche Übung macht den Meister? Von der

Sprichwortforschung zur Sprichwortdidaktik“. In: Fremdsprache Deutsch 15 (1996),

17-24.

Burger, Harald: Idiomatik des Deutschen. Tübingen 1973.

Burger, Harald: Phraseologie. Eine Einführung am Beispiel des Deutschen. 3. neu bearbeitete

Auflage. Berlin 2007.

Häusermann, Jürg: Phraseologie. Tübingen 1977.

Lewandowski, Theodor: Linguistisches Wörterbuch, Band 3. Tübingen 1985.

Permjakov, Grigorij L’vovic: „Die Grammatik der Sprichwörterweisheit“. In: Peter Grzybek

(Hrsg.): Semiotische Studien zum Sprichwort. Simple Forms Reconsidered I. Hrsg.

von Peter Grzybek unter Mitarbeit von Wolfgang Eismann. Special Issue of: Kodikas

Code - Ars Semiotica. An International Journal of Semiotics 3/4 (1987).

132

IX. Schimpf- und Tabuwörter im Deutschen, Englischen und Koreanischen

1.0 Einleitung

Bei Schimpfwörtern (Lateinisch: maledictum - maledicta) handelt es sich um Wörter, die

durch ihre stark abwertende pejorative Bedeutung geeignet sind, andere Personen zu

beleidigen oder herabzusetzen. Während Vulgarismen durch ihre Derbheit und Obszönität

primär das Schamgefühl anderer Menschen verletzen, handelt es sich bei diskriminierenden

Schimpfwörtern um rassistische, chauvinistische, sexistische oder homophobe

Herabsetzungen. Ethnophaulismen diskriminieren ganze ethnische Gruppen und durch

blasphemische Ausdrücke werden Glaubensinhalte einer Religion verhöhnt. Als

Unterdisziplin der Linguistik beschäftigt sich die Malediktologie mit der Semantik und

Pragmatik von Schimpfwörtern.

Gelegentlich ist in Bedeutung und Verwendung von Schimpfwörtern auch die Tendenz einer

positiven Umdeutung ursprünglicher Schimpfwörter beobachtbar. So werden zum Teil

Wörter, die der Herabsetzung einer Personengruppe dienten (z.B. Hure, schwul) von dieser

ameliorisiert.

Unter Tabuwörtern versteht Bußmann (1983, 529f.) Ausdrücke, die vornehmlich dem

religiösen, abergläubischen, politischen oder sexuellen Bereich entstammen und einem

Meidungsgebot unterliegen. Ausdrücke dieser Art würden zumeist durch euphemistische

Umschreibungen ersetzt (z.B. verflixt für verhext, Potzblitz für Gottes Blitz, Gottseibeiuns für

Teufel). Lewandowski (1985, 1086) spricht im Zusammenhang der Tabuwörter auch von

Wort- und Satztabus bzw. von sprachlicher Geheimhaltung. Ein zumeist aus dem religiösen

oder intimen Bereich stammendes Wort dürfe in einer Sprachgemeinschaft nur unter

besonderen Bedingungen verwendet werden. Ein Tabuwort dürfe keineswegs leichtfertig

ausgesprochen werden.

Lewandowski (ebd.) betont, dass es sich bei Tabus keinesfalls um allgemein menschliche

Erscheinungen (Universalien) handelt. Tabus seien vielmehr an bestimmte Gemeinschaften

und Epochen gebunden und der tabuisierte Ausdruck könne auch gruppenspezifischer Art

sein. Dem Sprachtabu werde eine magische Kraft beigemessen. Das Aussprechen des

tabuisierten Wortes berge das Potential der Veränderung der Welt.

Tabus können sich mit ihrem sozialen Normcharakter auf Wörter, Dinge (z.B.

Nahrungstabus), Handlungen (z.B. Inzesttabu) und ganze Themenbereiche beziehen. Durch

die Tabubelegung werden bestimmte Themen vor dem Diskurs in einer Gemeinschaft

133

geschützt. Tabuthemen betreffen insbesondere Zustände der Körperlichkeit wie die Sexualität,

die Krankheit sowie das Altern und den Tod.

2.0 Schimpf- und Tabuwörter im Deutschen

Pinker (2007, 430) illustriert die Bedeutung und Verwendung deutscher Schimpf- und

Tabuwörter am Beispiel der speziellen Begriffe für Fäkalien. Diese vielfältigen Begriffe seien

vermutlich „gleichermaßen ekelerregend und unvermeidlich“ (Pinker ebd.). Neben den

Tabuwörtern für Fäkalien existierten auch eine Reihe formaler, euphemistischer und

dysphemistischer Begriffe. Weitere Begriffe seien ausschließlich für die Bezeichnung der

kindlichen Ausscheidungen reserviert, während andere Begriffe entweder im medizinischen

Kontext verwendet würden oder sich auf tierische bzw. landwirtschaftlich verwertbare

Fäkalien bezögen.

tabu: Scheiße, Kacke

leicht dysphemistisch: Kack, Scheiß, Schitt(e), Schiss(e), Schiet(e), Driet(e), Driss, Haufen

leicht euphemistisch: Mist, Unrat, Sauerei, Dreck

formal: Fäkalien, Exkremente, Ausscheidungen, Stuhlgang, Kot

bei Kindern: Aa, Kacka, Häufchen, Stinkerchen, Wurst, Würstchen, Bescherung, Geschäft,

groß machen, Windel voll haben

medizinisch: Stuhl, Stuhlgang, Defäkation, Darmentleerung

Tier: Fladen, Äpfel, Haufen, Kötel, Küttel, Mist

Tier, wissenschaftlich: Losung, Koprolith, Dung

Tier, landwirtschaftlich: Dünger, Dung, Mist, Guano

Mensch, landwirtschaftlich: Abtrittsdünger, Braunwasser, Klärschlamm

Pinker, Steven: Der Stoff, aus dem das Denken ist. New York, 2007, 430.

Zu jedem Schimpf- oder Tabuwort bzw. jedem Standardfluch existierten jedoch eine Reihe

bereinigter und damit sozial akzeptierter Alternativen. Pinker (2007, 414f.) illustriert dies am

Beispiel der als Schimpf- bzw. Fluchwort verwendeten Ausdrücke Gott/Herrgott, Jesus/Herr

Jesus, verdammt, Sakrament, Scheiße, ficken und Arschloch:

Für Gott/Hergott:

Goddele, Gottachgott, Gottogott, meine Güte, Herrgöttchen, Herrgöttle, Herre, Herrm

134

Für Jesus/Herr Jesus:

Jesses, Jessas, je, o je, ei je, herrje, ei herrje, herrjemine

Für verdammt:

verdammich, verdummich, verdummt, verdorrich, verdorri, verdellich, verdelli, verdöllt,

tamtata

Für Sakrament:

sapperment, sakra, sakradi

Für Scheiße:

Schande, Scheibe, Scheibenkleister, Scheiß, Schiss, Schisse, Schitt, Schitte, Schiet, Schiete,

Driss, Gedriss, Driete

Für ficken:

vögeln, bügeln, fegen

Für Arschloch:

A-loch, A…, Arschgeige, Arschkeks, Armloch, Armleuchter, Gesäßloch

Pinker, Steven: Der Stoff, aus dem das Denken ist. New York, 2007, 414f.

Pinker (2007, 434) bezeichnet das Verb fuck in Anlehnung an die Anthropologin Ashley

Montagu als „ein transitives Verb für die transitivste aller menschlichen Tätigkeiten.“

Transitive Verben für Sex passen in die Leerstelle der Struktur Paul [verb-te] Paula, u.a.:

ficken, bumsen, vernaschen, pimpern, vögeln, poppen, rammeln, durchnudeln, knallen.

Während diese Verben größtenteils respektlos oder abstoßend auf den Liebesakt referieren,

tun dies die bereinigten Alternativwörter und -ausdrücke in einer Form, die deutlich positiv

evaluativ ist:

Sex haben, Liebe machen, zusammen schlafen, ins Bett gehen, eine Beziehung haben,

Geschlechtsverkehr haben, intim sein, den Beischlaf vollziehen, kopulieren, koitieren

Die Analyse der Verben für Sex zeigt nach Pinker (ebd.), dass die direkten respektlosen

Varianten des Verbs fuck allesamt transitiv sind, während die sozial akzeptierteren

Alternativformen intransitiv seien. Das Wort für den Sexualpartner werde jedes Mal mit der

Präposition mit eingeleitet. Viele dieser alternativen Verben seien zudem keine

135

eigenständigen Verben, sondern Wendungen, bei denen ein Nomen oder Adjektiv mit einem

light verb wie haben, sein oder machen kombiniert werde.

Es sei der Tabustatus, der einem Wort seine emotionale Schärfe verleihe. Auf diese Weise

entstünden zahlreiche Redewendungen, die Tabuwörter enthielten. Viele der Tabuwörter und

tabuisierten Wendungen wiesen keine erkennbare Analogie mehr zu ihrem ursprünglichen

Gegenstand mehr auf und bedienten sich des Tabuworts lediglich, um eine Wirkung beim

Hörer zu erzielen.

Klugscheißer!

Das geht dich einen Scheißdreck an.

Er weiß einen Scheiß, was hier los ist.

Stell deinen Scheiß hierhin.

Sieh zu, dass du deinen Scheiß geregelt kriegst.

Das sieht scheiße aus.

Die ist dumm wie (Schiffer)scheiße.

Der baut nur Scheiße.

Was für ein Scheißwetter!

Mir geht’s scheiße.

Ohne Scheiß?

Mach keinen Scheiß!

Friss Scheiße!

Pinker, Steven: Der Stoff, aus dem das Denken ist. New York, 2007, 438.

Scheißviel

Scheißegal

Scheißfreundlich

Scheißvornehm

Lass uns Shit rauchen.

Verpiss dich!

Er ist ein blöder Pisser.

Das war so was von bepisst!

Diese Pissnelke!

Ich pisse auf deinen Rat.

So ein Arsch!

136

Setz deinen Arsch in Bewegung!

Beweg deinen Arsch hier rüber!

Saftarsch!

Das geht mir am Arsch vorbei.

Die kriegt den Arsch nicht hoch.

Zieh deinen Kopf aus deinem Arsch.

Darauf kannst du deinen Arsch verwetten.

Leck mich am Arsch!

Er ist ein Arschkriecher.

Wir haben uns den Arsch aufgerissen.

Er hat seinen Arsch riskiert.

Ich hab mir den Arsch abgefroren.

Himmel, Arsch und Wolkenbruch!

Himmel, Arsch und Zwirn!

Er geht mir auf den Sack.

Sackratte!

Sackgesicht!

Sturer Sack!

Schnarchsack!

Fauler Sack!

Geiler Sack!

Blöder Sack!

Fetter Sack!

Feiger Sack!

Drecksack!

Fettsack!

Saftsack!

So ein Hirnfick!

Verfickte Scheiße!

Du bist so ein Ficker.

Fick dich!

Was für eine abgefuckte Scheiße!

Pinker, Steven: Der Stoff, aus dem das Denken ist. New York, 2007, 439.

137

Nach Pinker (2007, 416) bedienen sich Schimpfwörter häufig einer bestimmten

Lautsymbolik. So enthielten obszöne Ausdrücke häufig Laute, die als schnell und grob

empfunden würden. Im Deutschen seien dies zumeist Einsilber oder Trochäen mit kurzen

Vokalen und stimmlosen Plosiven (p, t, k) oder Zischlauten (s):

Depp, Bock, Pack, Sack, Schmock, Mist, Schwanz, Titten, Trottel, Nutte, Tunte, Kacke,

schnackseln, verrecken, lecken, ficken, Bastard, Fotze, Pisse, Tusse.

Pinker, Steven: Der Stoff, aus dem das Denken ist. New York, 2007, 416.

Crystal (1995, 61) beschreibt die vielfältigen Fluchwörter und Schimpftiraden in den Werken

Gargantua und Pantagruel (1532) von François Rabelais (um 1495 - 1553).

In der deutschen Übersetzung von Engelbert Hegaur und Dr. Owlglass von 1951 findet sich in

Kapitel XVII des Gargantua die folgende Passage:

Zum Henker!

Hol’s der Teufel!

Da schlag‘ ein Donnerwetter drein!

Potzelement!

Stockschwerenot!

Dass dir der Schorbock in die Kachel fahr‘!

Beim Galgen von Golgatha!

Heiliges Zähholz!

Sand und Sack am Bändel!

Potz Türkenblut!

Tod und Teufel!

Da fall‘ Ostern und Pfingsten auf einen Tag!

Stern und Hagel!

Mort bieu!

Bei meinem Bart!

Dass dich der Donnerstag!

O seliger Veit und Florian übereinander!

Sankt Blunzen und Kohlsuppe!

Crystal, David: Die Enzyklopädie der Sprache. Frankfurt/New York 1995, 61.

138

Crystal (1995, 61) beschreibt, dass auch die Schrifttafeln im antiken Rom und Griechenland

häufig Schimpfwörter und Flüche enthalten hätten. Die mit Flüchen versehenen Schrifttafeln

seien dann eingegraben oder im tiefen Wasser versenkt worden. Eine der Tafeln hätte

folgende Inschrift getragen:

„Gute und schöne Prosperina (oder Salvia, solltest du dies vorziehen), mögest du dem Plotius

Gesundheit, Körper, Aussehen, Kraft und Fähigkeiten entreißen und sie deinem Gatten Pluto

übertragen. Stelle sicher, dass es ihm durch eigene Kraft nicht gelingt, dieser Strafe zu

entgehen. Mögest du ihn dem Quartan- und Tertianfieber sowie dem täglichen Fieber

anheimgeben, auf dass sie ihn bekriegen und bekämpfen, bis sie ihn seiner Seele beraubt

haben …

Ich gebe dir seine Ohren, Nase, Nüstern, Zunge, Lippen und Zähne, damit er von seiner Qual

nicht sprechen kann; seinen Nacken, Schultern, Arme und Finger, damit er sich selbst nicht

helfen kann …“.

Crystal, David: Die Enzyklopädie der Sprache. Frankfurt/New York 1995, 61.

Verschiedentlich seien Schimpf- und Tabuwörter sogar Gegenstand gerichtlicher

Auseinandersetzungen gewesen (vgl. Crystal 1995, 61). So sei die 1959 vom Verlag Grove

Press in New York publizierte Fassung von D.H. Lawrences Lady Chatterly’s Lover

unzensiert gewesen und aufgrund der mehrmaligen Verwendung des Wortes fuck wegen

angeblicher Obszönität verboten worden. Dies habe sowohl in den USA als auch in

Großbritannien einige Prozesse nach sich gezogen, von denen einer, der im Oktober 1960 vor

dem Old Bailey stattfand mit einem Freispruch geendet habe. Daraufhin sei das Tabuwort

fuck in Literatur und Tagespresse häufiger erschienen, selbst wenn es im öffentlichen

mündlichen Gebrauch weiterhin mit einem starken Tabu belegt gewesen sei.

3.0 Schimpf- und Tabuwörter im Englischen

Swan (1980, 589) gliedert die Schimpf- und Fluchwörter des Englischen in die Bereiche

annoyance (Verärgerung), Überraschung (surprise), überraschte Frage (surprised question)

und Beleidigung (insult). Dabei differenziert er zwischen dem britischen und dem US-

amerikanischen Sprachgebrauch:

139

Annoyance:

Damn (it)!

God damn (it)! (especially US)

Hell!

God!

My God!

Jesus!

Jesus Christ!

Shit!

Fuck (it)!

GB only:

Blast (it)!

Bugger (it)!

Sod (it)!

Christ! It's raining again!

Oh, fuck! I've lost the address.

Damn it! Can't you hurry up?

Surprise:

God!

My God!

Christ!

Jesus Christ!

God damn! (especially US)

Well, I’ll be damned!

Mainly GB:

Damn me!

Fuck me!

Well, I’m buggered!

Bugger me!

Sod me!

Well, I’m damned!

140

My God! Look at those tits!

Well, I'm damned! What are you doing here?

Bugger me! There's Mrs. Smith - I thought she was on holiday.

Surprised question:

What the hell do you think you're doing?

Where the fuck are the car keys?

Insult:

prick

cunt

bastard

fucker

bugger (GB)

cunt

shit (GB)

wanker (GB)

sod (GB)

asshole (US)

You bastard!

He’s a prick

Stupid fucker!

That guy's a real asshole!

Screw the government!

Swan, Michael: Practical English Usage. Oxford 1980, 589.

Beleidigungen (insults) werden nach Swan (ebd.) zumeist in der Struktur imperative verb +

object realisiert. Dabei können die Imperativformen der Funktion dienen, eine andere Person

auf beleidigende Art zu bitten sich zu entfernen:

141

Insult (imperative verb + object):

Damn …

Blast … (GB)

Sod … (GB)

Bugger … (GB)

Fuck …

Screw … (especially US)

Screw the government!

Damn that child!

Fuck you!

Insulting request to go away:

Fuck off!

Piss off!

Bugger off (GB)

Sod off! (GB)

Can I have a word with you? Fuck off!

Swan, Michael: Practical English Usage. Oxford 1980, 589.

Swan (1980, 590) weist in seiner Rubrik Miscellaneous (Verschiedenes, Vermischtes) darauf

hin, dass einige, vordergründig auf den sexuellen Bereich bezogene Verben, wie fuck (up),

screw (up) und bugger (up) (GB) auch in der Bedeutung von ruin, spoil oder destroy

(ruinieren, verderben, zerstören) verwendet werden können:

You've buggered my watch!

Somebody's fucked up the TV.

Fucked and buggered can mean ‘exhausted’ (GB):

Want another game of tennis? No, I'm fucked.

Screw (especially US) can be used to mean ‘exhausted’ (GB)

Don't buy a car from that garage. They'll screw you!

Cock (up) GB, balls up (GB), fuck up and screw up can be used (as verbs) to refer to mistakes

of organization.

That bloody secretary's ballsed up my travel arrangements.

The nouns cock-up, balls-up, fuck up and screw up are used in the same sense.

142

Sorry you didn't get your invitation to the party. Mary made a balls-up.

The conference was a complete fuck-up.

Balls (GB), bullshit (US) and crap are used to mean ‘nonsense’.

Don't talk crap!

What's his new book like? A load of balls.

Bugger all and fuck all are used in British English to mean ‘nothing’.

There's fuck all in the fridge. We'll have to eat out.

Swan, Michael: Practical English Usage. Oxford 1980, 590.

Swan (1980, 589) unternimmt den Versuch, die Tabuwörter des Englischen hinsichtlich des

Grades ihrer Tabuisierung zu gliedern, indem er sie in Bezug auf ihre soziale Akzeptanz bzw.

Ächtung mit einem Sternchen (*) versieht. Während ein Tabuwort mit nur einem Sternchen

nur wenige Sprachbenutzer irritieren wird, wirkt ein vier- oder fünf-Sterne-Tabuwort in der

Regel äußerst schockierend auf den Hörer:

taboo word meaning

damn* condemn to hell

blast* strike down with divine punishment

hell*

God**

Jesus***

Christ***

piss*** urine, urinate

crap*** excrement, defecate (same as shit)

arse*** (US ass) bottom, buttocks, anus

arsehole*** (US asshole) anus

balls*** testicles

bollocks*** (GB only) testicles

tits*** breasts

bastard*** illegitimate child

shit**** excrement, defecate

prick**** penis

cock**** penis

bugger**** (GB only) have anal sexual intercourse with a person or animal

143

taboo word meaning

sod**** (GB only) homosexual (abbreviation of sodomite)

fuck**** have sexual intercourse (with)

screw (especially US) have sexual intercourse (with)

come**** reach a sexual climax (orgasm)

wank**** (GB only) masturbate

cunt***** woman’s sexual organs

Swan, Michael: Practical English Usage. Oxford 1980, 589.

Nach Pinker (2007, 413) können Schimpf- und Tabuwörter auch in der Form von Akronymen

auftreten. Dabei wird aus den Anfangsbuchstaben mehrerer Wörter ein neuer Ausdruck

(Initialwort) gebildet, der überwiegend in Buchstabierweise ausgesprochen wird. Einige

dieser Akronyme finden sich im Armee-Slang des Zweiten Weltkriegs:

Acronyms in army slang in World War II:

snafu: situation normal, all fucked up

tarfu: things are really fucked up

fubar: fucked up beyond all recognition

Pinker, Steven: Der Stoff, aus dem das Denken ist. New York, 2007, 413.

Teilweise tritt die exzessive Verwendung von Schimpf- und Tabuwörtern auch im Kontext

bestimmter Erkrankungen, wie dem Tourette-Syndrom, auf. Die folgende Übersicht listet die

von Tourette-Patienten verwendeten Schimpf- und Tabuwörter in der Reihenfolge der

Häufigkeit ihres Auftretens auf:

fuck, shit, cunt, motherfucker, prick, dick, cocksucker, nigger, cockey, bitch, pregnant-

mother, bastard, tits, whore, doody, penis, queer, pussy, coitus, cock, ass, bowel movement,

fangu (Italian for "fuck"), homosexual, screw, fag, faggot, schmuck, blow me, wop

Pinker, Steven: Der Stoff, aus dem das Denken ist. New York, 2007, 413.

144

4.0 Schimpf- und Tabuwörter im Koreanischen

Die Schimpf- und Tabuwörter im Koreanischen beziehen sich zum Teil auf Eigenschaften

einer Person (Intelligenz, Charakter) und bedienen sich zudem des Vergleichs der

beschimpften Person mit einem Tier (Hundesohn, Hündin). Andere Schimpfwörter sind

eindeutig sexuell motiviert und referieren auf die Geschlechtsorgane von Mann und Frau

sowie auf den Geschlechtsakt. In weiteren Schimpf- und Fluchwörtern und komplexeren

Ausdrücken wird auf Schicksalhaftes referiert, das einem Menschen mit einem schlechten

Charakter widerfahren wird.

Es finden sich im Koreanischen auch Schimpfwörter, die die politische Einstellung eines

Menschen thematisieren (linksradikal, rechtsradikal) bzw. mit denen pejorativ auf bestimmte

Nationalitäten referiert wird (Yankees).

Auf die (mangelnde) Intelligenz eines Menschen bezogen:

Dummkopf, dummes Huhn: 바보 (babo), 멍청이 (meongcheongi), 골빈놈 (golbin)

Tiervergleich:

Hundesohn: 개새끼(gaesaekki), 개자식(gaejashik)

Hündin (eine Frau, wie ein Hund): 개같은 년(gaegateun nyeon)

Sexuell motivierte Schimpfwörter:

Geschlechtsorgan des Mannes und der Frau:

Penis: 좇 (jot)

Vagina: 씹 (ssib)

Sexualakt:

좇같은 놈 (jotgateun nom)

시팔년 (씹할 년) (sipal nyeon)

Fuck you: 씨발 (놈, 년) (sipal nom); (sipal nyeon)

Fuck you: 엿 먹어라 (yeot meogeora)

Motherfucker: 니미 씹할 놈 (nimi ssibhal nom)

Prostituierte: 화냥년, 서방질할 년 (hwanyang nyeon; seobangjilhal nyeon)

145

Auf den (schlechten) Charakter eines Menschen bezogen:

Scheißkerl: 똥이나 먹어라 (ttongina meogeora)

schlechter Kerl: 나쁜 놈 (nappun nom), 나쁜 새끼 (nappun saeki), 제기랄 (jegiral), 젠장

(jenjang)

ein Mensch (ein „Kerl“), dem ein (Kains)mal auf die Stirn tätowiert ist: 경칠 놈 (gyeongchil

nom)

eine Frau wie ein Schmutzlappen: 걸레같은 년 (geolle gateun nyeon)

Schicksalhaftes, das einem schlechten Menschen widerfahren wird:

ein Mensch (ein „Kerl“), der niemals Glück haben wird; der vom Unglück verfolgt wird:

좇 같은 놈 (jotgateun nom), 불쌍놈(년) (bulssang nom; nyeon)

쌍것들 (ssanggeotdeul)

쌍놈의 새끼 (천민) (ssangnomeui saekki); (cheonmin)

제수없는 놈 (jesueomneun nom)

ein Mensch (ein „Kerl“), der urplötzlich sterben wird:

지랄한다 (jiralhanda)

지랄할 놈 (jiralhal nom)

급살맞을 놈 (geobsalmajeol nom)

ein Mensch (ein „Kerl“), der (wie) vom Blitz getroffen sterben wird:

벼락 맞아 되질 놈 (byeorag maja doijil nom)

ein Mensch (ein „Kerl“), der durch Folter (Fesselung, Vierteilung etc.) sterben wird:

주리를 틀어 죽일 놈 (jurireul teureo jugil nom)

육실할 놈 (yugshilhal nom)

사지를 찢어 죽일 놈 (sajireul jjijeo jugil nom)

능지처참할 놈 (neungjicheochamhal nom)

우라질 놈 (urajil nom)

Politisch motivierte Schimpfwörter:

Kommunist, Roter: 빨갱이새끼 (ppalgaengi saekki)

linksradikaler (roter) Zombie: 좌빨좀비(joabbal jombi)

Rechtsradikaler: 꼴통보수 (kkolteong bosu)

146

Abwertende Bezeichnungen für bestimmte Nationalitäten:

Amerikaner (Yankees): 양키(yangki)

Chinesen: 짱개, 되놈 (jjanggae, doi nom)

Japaner („mit Sandalen“): 쪽바리 (jjogbari)

Auch in der Sprache von koreanischen Schulkindern ist die Verwendung von Schimpf- und

Tabuwörtern weit verbreitet. Diese beziehen sich zum einen auf die soziale

Schichtzugehörigkeit (Bettler, Unterschichtsangehöriger) und des Weiteren auf Krankheiten

und andere körperliche Defizite (Typhuskranker, Behinderter, Unfruchtbarer, Impotenter).

Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer heterogener Schimpf- und Tabuwörter

(schmutziges Weib, Unverschämter etc.).

Bettler: 그지새끼 (geujisaekki), 거지 (geoji),

거지놈 (geoji nom)

Unterschichtsangehöriger: 쌍놈 (ssang nom), 쌍년 (ssangnyeon)

Typhuskranker: 앰병 (aembyeong)

Willst du sterben? Soll ich dich töten? 뒤질래 (dweojillae),

뒤질랜드 (dweojillaendeu),

죽어버려새끼야 (jugeobeoryeoseakkiya)

Behinderter: 장애인놈 (jangaein nom), 애자 (aeja),

애자새끼 (aejasaekki),

장애인새끼(jangaeinsaekki)

schmutziges Weib/white trash: 잡련 (jabryeon), 개잡년아 (gaejabnyeona),

쓰레기년 (sseuraegi nyeon)

Dummkopf: 멍청이 (meongcheongi)

Unverschämter, Unverschämte: 싸가지 (ssagaji)

„Kerl“ ohne Vater: 호러새끼 (horeo saekki),

호로자슥 (horojaseuk)

„Kerl“ ohne Mutter: 에미없는놈 (emiomneun nom)

Unfruchtbarer, Impotenter: 고자 (goja), 고자섹기 (gojasekki),

장애인코끼리 (jangaeinkokiri)

147

Bezüglich der Bildungsmechanismen koreanischer Schimpf- und Tabuwörter überwiegen die

Abkürzungen gegenüber den Verschmelzungen des Koreanischen mit der Fremdsprache

Englisch:

Abkürzungen:

거지같은 놈 (geojigateun nom) ->그지새끼 (geuji saekki), 거지 (geoji),

거지놈 (geoji nom), (Bettler)

쌍놈 (ssang nom), 쌍년 (ssang nyeon) ->ㅆㄴ(ss + n), (Unterschichtsangehöriger)

옘병할 놈 (aembyeong nom) -> 앰병 (aembyeong), (Typhus)

너 죽을래? (neo jugeoeullae) -> 뒤질래 (dweojillae), 뒤질랜드 (dweojillaendeu),

죽을 (jugeul)? (Willst du sterben? Soll ich dich töten?)

쓰레기 같은 년 (sseuraegi gateun nyeon) -> 잡련 (jabnyeon),

쓰레기년 (sseuraegi nyeon), (schmutziges Weib/white trash)

Verschmelzungen (Koreanisch + Fremdsprache Englisch):

뒤질랜드 (dweojillaendeu) = 뒤질 (dweojil) + 랜드 (laendeu = land)

5.0 Fazit

Während Schimpfwörter, in der Form von Vulgarismen oder Ethnophaulismen, durch ihre

pejorative Bedeutung andere Personen oder Gruppen herabsetzen und beleidigen, entstammen

Tabuwörter primär dem tabuisierten religiösen, abergläubischen, politischen oder sexuellen

Bereich und unterliegen wie die Schimpfwörter einem Meidungsgebot. Dabei scheinen die

Tabus gesellschafts- und epochengebunden zu sein und keine sprachlichen oder kulturellen

Universalien darzustellen.

Für das Deutsche konnte der Bereich der Fäkalien als ein Bereich ausgemacht werden, der

durch eine Reihe von Tabuwörtern geprägt ist, die formal, euphemistisch oder dysphemistisch

verwendet werden. Zu vielen dieser Schimpf- und Tabuwörter existieren bereinigte und

sozial akzeptierte Alternativformen.

Für den Bereich der „transitivsten aller menschlichen Tätigkeiten“ konnte mit Pinker (2007,

414f.) festgestellt werden, dass die respektlos oder abstoßend auf den Liebesakt referierenden

Verben allesamt transitive Verben sind, während die positiv evaluativen Verben intransitiv

sind. In tabuisierten Wendungen wiesen die Tabuwörter häufig keine Analogie mehr zu

148

ihrem ursprünglichen Gegenstand auf und bedienten sich des Tabuworts lediglich, um eine

bestimmte Wirkung beim Hörer zu erzielen.

Für die Auswahl und Verwendung von Schimpfwörtern muss eine bestimmte Lautsymbolik

angenommen werden. So konnte mit Pinker (2007, 416) festgestellt werden, dass obszöne

Ausdrücke häufig aus Einsilbern oder Trochäen mit kurzen und stimmlosen Plosiven oder

Zischlauten bestehen.

Für das Englische konnte mit Swan (1980, 589) festgestellt werden, dass viele der englischen

Schimpf,- Fluch- oder Tabuwörter den Bereichen annoyance (Verärgerung), Überraschung

(surprise), überraschte Frage (surprised question) und Beleidigung (insult) entstammen.

Dabei muss auch zwischen einem britischen und US-amerikanischen Sprachgebrauch

differenziert werden. Einige der vordergründig auf den sexuellen Bereich bezogenen Verben,

wie fuck (up), screw (up) und bugger (up) (GB) können auch in der Bedeutung von ruin, spoil

oder destroy (ruinieren, verderben, zerstören) verwendet werden.

Teilweise treten die Schimpf- und Tabuwörter des Englischen auch in Form von Akronymen

(Initialwörtern) auf oder sind in ihrer exzessiven Verwendung Teil eines Krankheitsbildes

(Tourette-Syndrom).

Im Koreanischen beziehen sich die Schimpf- und Tabuwörter häufig auf Eigenschaften einer

Person. Auch Vergleiche der beschimpften Person mit einem Tier sind feststellbar. Darüber

hinaus finden sich Schimpfwörter, die eindeutig dem sexuellen Bereich entstammen und auf

die Geschlechtsorgane von Mann und Frau oder den Sexualakt referieren. Gelegentlich wird

durch Schimpf- und Tabuwörter die politische Einstellung eines Menschen thematisiert oder

auf bestimmte Nationalitäten pejorativ referiert. Auch in der Sprache koreanischer

Schulkinder finden sich zahlreiche Schimpf- und Tabuwörter.

Hinsichtlich der Bildung koreanischer Schimpf- und Tabuwörter überwiegen die

Abkürzungen gegenüber den Verschmelzungen des Koreanischen mit der Fremdsprache

Englisch.

149

6.0 Literatur

Baek, Haewon Geebi: Dirty Korean. Berkeley (California) 2010.

Bußmann, Hadumod: Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart 1983.

Crystal, David: Die Enzyklopädie der Sprache. Frankfurt/New York 1995.

Lewandowski, Theodor: Linguistisches Wörterbuch Band 3. Heidelberg. 4. Auflage 1985.

Liptak, Peter & Lee, Siwoo: As much as a rat’s tail. Korean Slang. An irreverent look at

language within culture. Roseville 2009.

Pinker, Steven: Der Stoff, aus dem das Denken ist. New York 2007.

Swan, Michael: Practical English Usage. Oxford 1980.

150

X. Lehnwörter und Fremdwörter im Kontext ihrer Etymologie

1.0 Einleitung

Lewandowski (1985, 627) definiert Lehnwörter (loan words, borrowed words; mots

d’emprunt) als sprachliche Zeichen, die eine Überführung von einer Sprache in eine andere

erfahren. Das solchermaßen aus einer anderen Sprache übertragene Wort werde in das eigene

Sprachsystem übernommen und eingebürgert.

Schmidt (1972, 75) betrachtet die Lehnwörter des Deutschen als ehemalige Fremdwörter, die

sich dem Deutschen in Lautgestalt, Betonung und Flexion angepasst haben.

Nach Hjelmslev (1968, 74) können Fremdwörter mithin als diejenigen Lehnwörter verstanden

werden, die „in ihrer äußeren Form fremdartig und abstehend wirken.“ Diese Fremdartigkeit

könne zum Beispiel durch einen ungewöhnlichen Silbenbau bedingt sein.

Hjelmslev (ebd.) betont zudem, dass Lehnwörter dem Laien hinsichtlich ihrer Etymologie

häufig undurchsichtig bleiben. Insbesondere die phonetisch-phonologischen Aspekte von

Lehnwörtern seien jedoch von besonderem linguistischem Interesse, da ihre Analyse „zur

Klärung phonetischer Fragen der Geber- und Empfängersprache zur Zeit der Entlehnung

beitragen“ könne (Hjelmslev 1968, 74).

Die Untersuchung von Lehnwörtern im deutschen Sprachsystem zeige, dass einige

Lehnwörter bereits vor der Lautverschiebung entlehnt worden seien. In vielen dieser früh

entlehnten Wörter blieben die Deklinationsformen der Gebersprache (z.B. Genus - Genera;

Komma - Kommata) erhalten.

Bezüglich der Klassenzugehörigkeit von Lehnwörtern stellt Bynon (1981, 220ff.) fest, dass

Lehnwörter zumeist den offenen Klassen angehören (Substantive, Verben, Adjektive).

Pronomina, Konjunktionen und Präpositionen würden hingegen in der Regel nicht oder nur

bei intensivem Sprachkontakt entlehnt.

Nach Bynon (ebd.) erweitern Lehnwörter das Lexikon der Empfängersprache und tragen

bisweilen auch zum Umbau bestehender lexikalischer Felder bei. Die präzise Trennung von

Lehnwort und Fremdwort hält Bynon (ebd.) für schwierig. Eine solche Differenzierung bleibe

zumeist auch ohne jeden praktischen Nutzen und könne allenfalls sprachpuristischen

Zwecken dienen. Bynon (1981, 628) geht davon aus, dass Sprachbenutzer die Unterscheidung

zwischen Fremd- und Lehnwörtern auf der Basis der morphologischen Struktur, der

Geläufigkeit und der Orthographie dieser Wörter treffen. Das philologische Prinzip, nach dem

für das Deutsche alle Fremdwörter aus alt- und mittelhochdeutscher Zeit als Lehnwörter, alle

151

anderen nach dem Jahre 1500 entlehnten Wörter hingegen als Fremdwörter bezeichnet

werden, ist nach Ansicht Bynons (ebd.) nicht aufrechtzuerhalten.

Bußmann (1983, 293) differenziert zwischen Lehnwörtern im engeren und im weiteren Sinne.

Während es sich bei den Lehnwörtern im engeren Sinne um Entlehnungen einer Sprache A

aus einer Sprache B handele, die sich in Lautung, Schriftbild und Flexion vollständig an die

Sprache A angeglichen hätten (z.B. Fenster aus lateinisch fenestra; Wein aus lateinisch

vinum), verwendet Bußmann (ebd.) den Begriff des Lehnworts im weiteren Sinne als genus

proximum für Lehn- und Fremdwörter. Im Kontext der Lehnwörter im weiteren Sinne

differenziert Bußmann (ebd.) zwischen lexikalischen und semantischen Entlehnungen.

Während bei den lexikalischen Entlehnungen ein Wort zusammen mit seiner Bedeutung und

einer entlehnten „Sache“ in die eigene Sprache übernommen werde (z.B. Psychologe, Sputnik

etc.), gehörten zu den semantischen Entlehnungen unter anderem die von einem

Ausgangswort formal unabhängigen Lehnschöpfungen (Zartgefühl aus französisch

délicatesse; Umwelt aus französisch milieu; Niethosen aus englisch blue jeans; Sinnbild aus

griechisch Symbol) und die Glied für Glied vorgenommenen Lehnübersetzungen (Halbwelt

aus französisch demi-monde; Gewissen aus lateinisch conscientia; Mitlaut aus lateinisch

Konsonant; Rechtschreibung aus griechisch Orthographie).

Lewandowski (1985, 624) ergänzt diese Klassifizierung um die Kategorien der

Lehnbedeutung, der Lehnbildung und der Lehnprägung. Während Lewandowski (ebd.) unter

einer Lehnbedeutung eine aus einer Gebersprache übernommene zusätzliche Bedeutung

versteht (z.B. Ente von französisch canard im Sinne der „falschen Zeitungsmeldung“), wird

die Lehnprägung als die Reproduktion lexikalischer Komplexe der Gebersprache mit den

Mitteln der integrierenden Sprache verstanden. Der Begriff der Lehnprägung umfasst dabei

sowohl die inhaltlichen als auch die formalen Aspekte des Wortmaterials.

Lewandowski (1985, 624) subsumiert die Lehnbildung unter die Lehnprägung. Bei der

Lehnprägung werde ein Wort mit den Mitteln der Nehmersprache und unter dem Einfluss der

Fremdsprache neu gebildet. Bei dem neu gebildeten Wort könne es sich um eine

Lehnübersetzung, eine Lehnübertragung oder eine Lehnschöpfung handeln.

Eggers (1965, 626) differenziert zwischen Lehnschöpfungen, Lehnsyntax, Lehnübersetzungen

und Lehnübertragungen. Die Lehnschöpfung wird von Eggers (ebd.) als die freieste Form der

Lehnbildung verstanden. Dabei werde eine Wortschöpfung auf der Basis des

fremdsprachlichen Wortmaterials vollzogen (Automobil → Kraftwagen, Cognac →

Weinbrand, Milieu → Umwelt).

152

Unter dem Terminus der Lehnsyntax versteht Eggers (1965, 626) die Nachahmung bzw.

Nachbildung fremdsprachlicher Strukturen in der integrierenden Sprache. Dabei könne es sich

beispielsweise um die Nachbildung des lateinischen Ablativus absolutus oder aber des

griechischen Dativus absolutus handeln. Insgesamt vertritt Eggers (ebd.) jedoch die Ansicht,

dass der Einfluss der fremdsprachlichen Syntax auf die integrierende Sprache eher gering ist.

Insbesondere ungewöhnliche syntaktische Konstruktionen könnten sich in der Regel auf

Dauer nicht durchsetzen.

Die Glied-für-Glied-Übersetzung und die inhaltlich-formale Reproduktion von Einheiten der

interferierenden in der integrierenden Sprache sieht Eggers (1965, 626) im Zentrum der

Lehnübersetzung (z.B. Gewissen aus lateinisch conscientia, Mitleid aus lateinisch compassio,

Ausstellung aus französisch exposition). Dabei werde im Prozess der Lehnübersetzung jedes

Morphem der Gebersprache durch das semantisch nächststehende Morphem der

Empfängersprache übersetzt.

Kessel/Reimann (2008, 197) unterscheiden im Bereich der Fremdwörter zwischen denen, die

als Ganzes aus einer anderen Sprache entlehnt wurden (z.B. Shampoo, Bluff, Garage, Creme)

und solchen, bei denen die Einzelelemente eines Wortes aus einer anderen Sprache stammen.

In letzterem Fall würden die fremdsprachlichen Elemente dann nach den Regeln der

deutschen Wortbildung zu Wörtern kombiniert. Diese Gruppe von Fremdwörtern dominiere

insbesondere im Fachwortschatz griechischen und/oder lateinischen Ursprungs (z.B.

Polykondensat, bilateral, Hypotonie), sei jedoch auch in der Gemeinsprache (z.B.

multikulturell, Television, Teleskop) anzutreffen.

Innerhalb des Regelsystems der deutschen Wortbildung seien aber auch Mischwörter

möglich, die Anteile aus deutschem und fremdsprachlichem Wortmaterial (z.B. Haarspray,

Wellness-Hotel, neongelb) enthielten.

Kessel/Reimann (2008, 198) weisen darauf hin, dass für Fremdwörter andere Phonem-

Graphem-Korrespondenzen gelten als für Lehnwörter. Fremdes Wortmaterial könne auf

unterschiedliche Weise in das deutsche Sprachsystem integriert sein. So bestehe die

einfachste Form der Übernahme von Fremdwörtern darin, sie ohne jegliche Veränderung in

Lautung und Schreibung aus der jeweiligen Herkunftssprache zu übernehmen (z.B. Computer,

Make-up). Eine solche Übernahme sei vor allem dann unproblematisch, wenn die

Fremdwörter keine fremden Laute enthielten (z.B. Chef, Christ, Shampoo). Es könnten durch

die Entlehnung aber auch Laute aufgenommen werden, die das Deutsche selbst nicht besäße.

Die Lautung erfolge dann entsprechend den Regeln der Herkunftssprache (z.B. Garage,

Loge).

153

Eine weitere Form der Übernahme von Fremdwörtern in das Deutsche bestehe in der

Ersetzung fremder Laute durch eine Lautung, die der Schreibung des Deutschen entspreche.

So könne (vgl. Kessel/Reimann 2008, 198) eine Angleichung an die Lautstruktur des

Deutschen in den Fällen stattfinden, in denen die fremdsprachlichen Grapheme deutschen

Phonemen zugeordnet werden könnten. In diesen Fällen sei von einer Leseaussprache die

Rede (z.B. Balkon ohne finalen Nasallaut; Akzentverschiebung bei Praline aus französisch

praliné).

Eine dritte Form der Übernahme fremdsprachlichen Wortmaterials bestehe darin, die fremde

Schreibung entsprechend den Regeln des deutschen Kernwortschatzes zu ersetzen. In diesen

Fällen finde eine Angleichung an die im Deutschen übliche Schreibung für bestimmte Laute

statt (z.B. Schikane aus französisch chicane; Karosse aus französisch carrosse;

(Computer)maus aus englisch mouse).

Die weitreichendste Form der Übernahme fremdsprachlichen Wortmaterials in das deutsche

Sprachsystem bestehe darin, sowohl die Lautung als auch die Schreibung den Regeln des

deutschen Kernwortschatzes anzupassen (z.B. Parfum → Parfüm; Sauce → Soße). Mit der

Anpassung an die deutsche Lautung gehe häufig auch eine Angleichung an den deutschen

Wortakzent einher.

2.0 Fremdsprachliche Transferenzen im Deutschen

Haspelmath/Tadmor (2009, 337) beschreiben in ihrem komparativen Handbuch der

Weltsprachen den fremdsprachlichen Einfluss auf das Althochdeutsche. Dabei sind

insbesondere Einflüsse griechischen und lateinischen Ursprungs feststellbar. Bezüglich der

Lehnwörter griechischen Ursprungs differenzieren Haspelmath/Tadmor (ebd.) zwischen

Wörtern griechischer und vulgärgriechischer Provenienz. Althochdeutsche Lehnwörter

griechischen Ursprungs sind u.a.:

pfanna (Pfanne)

tep (p) it (Teppich)

papir (Papier)

kuphar (Kupfer)

helfant (Elefant)

leo (Löwe)

pheffir, pheffar (Pfeffer)

154

scorp (i) o (Skorpion)

sitih (Sittich)

skuola (Schule)

astrih, estrih (Estrich)

Ein althochdeutsches Lehnwort vulgärgriechischer Herkunft ist das Wort kririhha → Kirche.

Hinsichtlich der althochdeutschen Lehnwörter lateinischer Provenienz differenzieren

Haspelmath/Tadmor (ebd.) zwischen Lehnwörtern lateinischer, vulgärlateinischer sowie spät-

und mittellateinischer Herkunft. Folgende althochdeutsche Lehnwörter sind lateinischen

Ursprungs:

ketin (n) a (Kette)

seganon (segnen)

esil (Esel)

finestra (Fenster)

flamma (Flamme)

furka (Gabel), (fork)

kasi (Käse)

kerza (Kerze)

kohhon (kochen)

kurz (kurz)

markat (Markt)

palma (Palme)

pfifon (pfeifen)

soc (Socke)

spiagal (Spiegel)

tempal (Tempel)

tisc (Tisch)

win (Wein)

ziegal (Ziegel)

155

Bei den althochdeutschen Lehnwörtern vulgärlateinischer Provenienz handelt es sich u.a. um

die folgenden:

fackala (Fackel)

isila (Insel)

mantal (Mantel)

muscula (Muschel)

Althochdeutsche Lehnwörter spätlateinischer Herkunft sind u.a.:

altari (Altar)

briaf (Brief)

pelliz (Pelz)

straza (Straße)

Aus dem Mittellateinischen stammen die althochdeutschen Lehnwörter arzat (Arzt) und

kurbiz (Kürbis).

Henne/Wiegand (1980, 584) verweisen auf den französischen Einfluss auf die deutsche

Sprache in der höfischen Zeit. Damals habe Frankreich als Vorbild auf kulturellem Gebiet

gegolten und zusammen mit den französischen Sitten seien auch zahlreiche Lehnwörter in das

Deutsche übernommen worden. Während ein Großteil dieser Wörter (z.B. Abenteuer, fein,

klar, Lanze, Melodie, Revier, Tanz, Turnier) in die deutsche Sprache integriert worden seien,

seien Lehnwörter aus dem Kontext des Rittertums bald wieder verlorengegangen. Zu diesen

entlehnten Wörtern gehören u.a. die folgenden:

bûhurt → Ritterspiel

garzûn → Page

leisieren → die Zügel freigeben

tjost → Zweikampf

Neben den französischen Transferenzen sind insbesondere auch die englischen,

niederländischen, skandinavischen und jiddischen Transferenzen im Deutschen zu beachten

(vgl. u.a. Henne/Wiegand 1980, 667ff.; Stiven 1936, 78-101; Althaus 1963, 104-156; Althaus

1965, 20-41).

156

2.1 Die englischen Transferenzen im Deutschen

Henne/Wiegand (1980, 667) weisen darauf hin, dass es sich bei den englischen Transferenzen

im Deutschen um die am besten erforschten Transferenzen handelt. Bereits im 17. und 18.

Jahrhundert habe ein reges Interesse an England eingesetzt, das sich insbesondere auf seine

politischen Institutionen sowie seine Philosophie und Dichtung konzentriert habe. In der

damaligen Zeit seien direkte Sprachkontakte jedoch selten gewesen, so dass diese

vornehmlich durch literarische Übersetzungen hergestellt worden seien. Hinsichtlich der

Entlehnungen aus dem Englischen sei eine deutliche Dominanz von Lehnprägungen

gegenüber Lehnwörtern festzustellen. Hierzu gehörten u.a.:

hero → Held

dead languages → tote Sprachen

sentimental → sentimental(isch) empfinden

popular song → Volkslied

inward form → innere Form

community weal → Gemeinwohl

self-government → Selbstverwaltung

minority → Minderheit

freedom of press → Pressefreiheit

high treason → Hochverrat

Andere Wörter der Herkunftssprache, von Henne/Wiegand (1980, 667) als „englische

Exozismen“ bezeichnet, blieben bei einem nur geringen Maß an Integration in der Form ihrer

Ursprungssprache erhalten (z.B. City, Bowle, boxen, Roastbeef, Whisky).

Im 19. Jahrhundert habe eine deutliche Intensivierung der deutsch-englischen Sprachkontakte

eingesetzt. Dabei hätten insbesondere Englands Führungsposition in der industriellen

Revolution sowie das Prestige der Gesellschaft und die Entwicklung des Pressewesens zu

einer Steigerung englischer Transferenzen (in Form von Lehnwörtern und Lehnprägungen)

ins Deutsche geführt. Die Kategorien der Industrialisierung, des Handels, der

Arbeiterbewegung, des Parlamentarismus und Rechtswesens sowie des Gesellschaftslebens

hätten den größten Zuwachs an Lehnwörtern und Lehnprägungen erfahren.

157

Industrialisierung:

steam engine → Dampfmaschine

cokes (Plural) → Koks

locomotive engine → Lokomotive

steamer → Dampfer

tramway → Tram(bahn)

Handel:

national economy → Volkswirtschaft

freedom of trade → Freihandel

cartel → Kartell

Arbeiterbewegung:

strike → Streik, Ausstand

lockout → Aussperrung

Parlamentarismus, Rechtswesen:

parliamentary → Parlamentarier

maidenspeech → Jungfernrede

voting cattle (American English) → Stimmvieh

hear hear → hört hört

King’s evidence → Kronzeuge

Gesellschaftsleben:

first-class → erstklassig

fashionable → fesch

slips → Schlips

Die gegenüber Lehnwörtern und Lehnprägungen deutlich seltener vorkommenden

Lehnübersetzungen seien verstärkt in der Kategorie des Sports und auch in der des

Pressewesens anzutreffen, u.a.:

158

Sport:

crew, team → Mannschaft

outsider → Außenseiter

goal → Tor

bicycle → Zweirad

Pressewesen:

leading article → Leitartikel

Penny-a-liner → Zeilenschinder

Review → Rundschau

Henne/Wiegand (1980, 668) konstatieren, dass ab den 1920er Jahren der Einfluss des

Amerikanischen Englisch bei gleichzeitigem Rückgang der Bedeutung des Britischen

Englisch zugenommen habe. In dieser Zeit sei die amerikanische Industrie- und

Konsumgesellschaft zum Leitbild geworden. Entsprechend hätten sich zahlreiche

Entlehnungen aus dem amerikanischen Englisch insbesondere in den Kategorien Wirtschaft,

Technik, Vergnügungsindustrie, Körperpflege, Essen, Wohnen, Freizeit sowie in den

Kategorien Wissenschaft, Politik und Wehrwesen durchgesetzt, u.a.:

Wirtschaft:

Boom, Marketing, Trend, Service, Supermarkt, Image

Technik:

data processing → Datenverarbeitung

weitere Wörter: Transistor, Radar

Vergnügungsindustrie:

Live-Sendung, Musical, Quiz, Striptease, Schaugeschäft

Körperpflege, Essen, Wohnen, Freizeit:

Make-up, Blazer, Minirock, Ketchup, Hobby-Raum, Swimming-Pool

159

Wissenschaft, Politik, Wehrwesen:

summit conference → Gipfelkonferenz

electronic brain → Elektronengehirn

late developer → Spätentwickler

language laboratory → Sprachlabor

2.2 Die niederländischen Transferenzen im Deutschen

Die niederländischen Einflüsse auf den deutschen Wortschatz reichen nach Henne/Wiegand

(1980, 668) vom Mittelalter bis in die Gegenwart und betreffen die Dialekte und

Sondersprachen als auch die Standardsprache. Insbesondere in den Hansestädten Bremen und

Hamburg hätte sich der niederländisch beeinflusste Fachwortschatz aus den Kategorien des

Wasserbaus und der Urbarmachung des Landes erhalten, u.a.:

dik → mittelniederländisch: dijc → mittelniederdeutsch (Deich)

sluse → mittelniederländisch: sluise → mittelniederdeutsch (Schleuse)

Auch auf den Gebieten der Seemannssprache, des Schiffbaus und der Schiffahrtstechnik sei

der Einfluss des Niederländischen unübersehbar:

afsteker → Abstecher

opklaren → aufklaren

uitkijk → Ausguck

baggeren → baggern

bui → Bö

Zudem seien auch solche Lehnwörter ins Deutsche gelangt, die zuvor bereits als

Entlehnungen aus dem Französischen, Spanischen, Portugiesischen und Italienischen in das

Niederländische übernommen worden seien (z.B. Barke, Bai, Barkasse, Brigg, Boje).

Auch in der Benennung von Handelsgütern fanden viele Bezeichnungen über das

Niederländische Eingang in die deutsche Sprache (z.B. Anschovis, Aprikose, Apfelsine,

Kattun). Ebenso gab es zahlreiche niederländische Transferenzen aus den Sondersprachen des

Geldes (z.B. Börse aus niederländisch beurs; Aktie aus niederländisch actije) und der

Gartenkunst (z.B. Krokus, Rabatte).

160

2.3 Die skandinavischen Transferenzen im Deutschen

Henne/Wiegand (1980, 669) beschreiben die zahlreichen skandinavischen Transferenzen ins

Hochdeutsche als eine Folge der deutschen Begeisterung für die nordische Mythologie und

Literatur. Der Großteil der Entlehnungen sei dabei norwegischer und dänischer Provenienz,

u.a.:

altnorwegisch: valkyrja → Walküre

altnorwegisch: nornir → Norne

altnorwegisch: vafrlogi → Waberlohe

Skalde → altnorwegisch: skald → Skalde

altnorwegisch: stafr → dänisch: stavrim → Stabreim

dänisch: ellerkonge (Elfenkönig) → Erlkönig

Bei den jüngeren Transferenzen ins Deutsche sei der Anteil der Entlehnungen aus den

Bereichen der Mythologie und der Literatur gering. Es dominierten vielmehr die

Sachentlehnungen, u.a.:

Ski, Fjord, Nordlicht, Rentier, Knäckebrot, Moped, Wehrbeauftragter (schwedisch: militie

ombudsman).

Auch skandinavische Rufnamen gehörten zu den frequenten Entlehnungen:

Birgit, Ingrid, Kerstin, Ulla, Knut, Nils, Sven Torsten.

2.4 Die jiddischen Transferenzen im Deutschen

Nach Henne/Wiegand (1980, 669) betreffen die jiddischen Transferenzen im Deutschen

vornehmlich die gesprochene und weniger die geschriebene Sprache. Althaus (1963, 1965)

fand in seiner Untersuchung der jiddisch-hessischen Sprachbeziehungen und seinen

wortgeographischen und sprachsoziologischen Studien zum jiddischen Lehnwortschatz

heraus, dass einige der jiddischen Lehnwörter aus dem Bereich des Viehhandels stammen

(z.B. Beschores → unerlaubter Gewinn; Behejme → Kuh; Katzoff → Fleischer) und andere

161

über die Gaunersprache des Rotwelschen Eingang in die deutsche Umgangssprache gefunden

haben, u.a.:

Kaff → kephar → Dorf

Kaffer → kaffer → Bauer

m’schuge → meschugge

mies → miess → häßlich

Mischpoke → mischpoche → Sippschaft

schmujess → Schmus

schtuss → Stuss

Tinnef → tinef → Unrat

Einige Jiddismen (u.a. dufte, kess, knorke) hätten über das Berlinerische eine überregionale

Bedeutung erlangt. Viele der jiddischen Lehnwörter seien im Ursprung Hebraismen gewesen,

die in ihrem Übergang zu den Jiddismen bereits eine Anpassung an das Deutsche erfahren

hätten. Bei einigen der jiddischen Entlehnungen habe im Deutschen eine Verballhornung und

semantische Umdeutung der vormaligen Hebraismen stattgefunden, u.a.:

Hals- und Beinbruch → hazloche un broche → Glück und Segen

zoress- und jokresszeit → Saure-Gurken-Zeit → Zeit der Leiden und der Teuerung

Wo der Bartel den Most herholt (Bartel → barsel → Brecheisen), (Most → mojess → Geld):

Wo man durch Einbruch Geld holen kann

3.0 Fremdsprachliche Transferenzen im Koreanischen

Kim-Renaud (2009, 74) stellt fest, dass die koreanische Sprache im Laufe ihrer Entwicklung

einer Reihe fremdsprachlicher Einflüsse ausgesetzt war. In erster Linie seien in diesem

Kontext die chinesischen Schriftzeichen zu nennen, die von den Koreanern aufgrund ihrer

Verehrung der chinesischen Kultur übernommen worden seien und praktische Verwendung

im Alltag fanden.

Andere Transferenzen seien jedoch aus den Sprachen der Besatzungsmächte zwangsweise

erfolgt. In diesem Zusammenhang sei insbesondere der Einfluss der Mongolen, der

Mandschus, der Japaner und Russen als auch der sprachliche Einfluss der Amerikaner zu

nennen. Besonders der Anteil der japanischen und anglo-amerikanischen Lehnwörter habe in

162

den vergangenen Jahren erheblich zugenommen. In letzter Zeit sei jedoch der Einfluss der

sogenannten „Sprachreinheitsbewegung“ („language purification movement“) zunehmend

stärker geworden, deren Ziel es sei, japanische Lehnwörter zugunsten koreanischer Wörter

zurückzudrängen. Die zunehmend kritische Sicht auf das Japanische habe ihren Ursprung

natürlich nicht zuletzt in der von 1910 bis 1945 währenden Kolonialisierung Koreas durch

Japan.

Kim-Renaud (2009, 77) berichtet, dass ab dem 18. Jahrhundert der westliche Einfluss auf das

Koreanische über den Weg des Chinesischen zugenommen habe. Grund dafür sei u.a. das

wachsende Interesse an der römisch-katholischen Kirche und an den westlichen Religionen

insgesamt gewesen. Die Aussprache der sprachlichen Transferenzen dieser Zeit habe sich

jedoch von der ursprünglichen Aussprache der Wörter in der Gebersprache deutlich entfernt,

u.a.:

Vornamen:

Matthew → mat’ae 마태

Luke → nuga 누가

Paul → paoro 바오로 baul 바울

Francisco → prangjisgo 팡지고 pransisko 프란시스코

John → yohan 요한

Städte- und Ländernamen:

San Francisco → saenp’uransisuk’o 샌프란시스코

Los Angeles → rosu aenjelesu 로스앤젤러스

Washington → wosingt’on 워싱턴

France → p’urangsu 프랑스

Kim-Renaud (2009, 77) konstatiert, dass trotz partiell bestehender Ablehnungen

fremdsprachlicher Transferenzen in der koreanischen Gesellschaft, die Globalisierung auch in

der Sprachentwicklung nicht aufzuhalten sei. Heutzutage seien viele Ausdrücke des täglichen

Lebens Lehnwörter aus dem anglo-amerikanischen Raum und auch in Zeitungen werde

vermehrt auf Lehnwörter englischer Provenienz zurückgegriffen, u.a.:

163

download → daunlodu다운로드

digital story → dijit’ol sut’ori 디지털 스토리

log in → roguin 로그인

natural-looking (real) makeup → riol meik’uop 리얼 메이크업

refill → rip’il 리필

site → sait’u 싸이트

service → sobisu 써비스

search engine → soch’i enjin 서치 엔진

star zoom in → sut’ajumin 스타 줌 인

sports lens → sup’och’urenju 스포츠 렌즈

sponsor link → sup’onso ringk’u 스폰서 링크

worldwide → wolduwaidu 월드 와이드

website → wep sait’u 웹 싸이트

image maker → imiji meik’o 이미지 메이커

issue → isyu 이슈

Internet shopping → int’onet syop’ing 인터넷 쇼핑

make-up artist → meik’op at’isut’u 메이크업아티스트

total beauty salon → to’tolbyut’i sallong 토털 뷰티살롱

scrap → suk’uraep 스크랩

news ranking → nyusuraengk’ing 뉴스 랭킹

big bang → bigbaeng 빅뱅

on-offline → on op’urain 온- 오프 라인

comeback → k’ombaek 컴백

campaign → k’aemp’ein 캠패인

complex → k’omp’uleksu 컴플랙스, 콤플랙스

top → t’op 톱

focus → p’okosu 포커스

photo news (journalism) → p’ot’onyusu 포토 뉴스

font → p’ont’u 폰트

164

Dabei seien bezüglich der Adaptation westlicher Lehnwörter in der koreanischen Sprache

einige Regelhaftigkeiten erkennbar. So würden Konsonantencluster unter Verwendung des

schwachen [u]-Vokals in zwei Silben aufgebrochen und wortfinale Silben oder Konsonanten

würden durch die Verschiebung des schwachen [u]-Lautes in die initiale Position der

anschließenden Silbe besonders akzentuiert (vgl. Kim-Renaud 2009, 78).

star → su-t’a 스타

cake → k’eik, k’e-i-k’u 케잌, 케이크

Eine besondere Rolle komme auch der Adaptation von Gleitlauten aus der Gebersprache

Englisch zu. Da das Koreanische im Silbeninnern ausschließlich über den Gleitlaut [y]

verfüge, würden fremde Gleitlaute in Wörtern englischer Herkunft wie down oder sight in der

koreanischen Adaptation zu vollen Vokalen. Dadurch erhielten die betreffenden Wörter eine

zusätzliche Silbe.

download → daunlodu 다운로드

site → sait’u 싸이트

In der Nehmersprache des Koreanischen nicht existierende Laute der Gebersprache wie [f],

[v] oder [z] würden als die diesen Lauten am nächsten kommenden Approximationen

realisiert. So werde beispielsweise der initiale Frikativlaut [f] durch den aspirierten Plosivlaut

[p‘] ersetzt.

font → p’ont’u 폰트

Diese Ersetzung des Frikativlautes durch den Plosivlaut gelte jedoch nicht in allen

Lautumgebungen. Vor Diphthongen oder Vorderzungenvokalen (Merkmal: + front) werde der

Frikativlaut [f] häufig auch als eine Kombination der Laute [h] und [w] wiedergegeben.

fine flowers → hwain p’ullawo 화인 플라워

Kim-Renaud (2009, 79) vergleicht die Bedeutung des gegenwärtigen anglo-amerikanischen

Spracheinflusses mit dem Einfluss des Chinesischen in früheren Zeiten.

165

Interessant sei auch die Tendenz der lautlichen Imitation von Lehnwörtern bei der Bildung

von Neologismen. So würden die Namen von Produkten, Läden und Programmen heutzutage

in einer solchen Weise geprägt, dass sie hinsichtlich ihres Lautgehalts wie Transferenzen aus

westlichen Sprachen oder aber aus dem Japanischen erschienen (vgl. Kim-Renaud 2009, 80).

Die solchermaßen gebildeten Neologismen würden zumeist auf einen Vokal enden und

ähnelten damit häufig italienischen Wörtern. Zur Erreichung dieses Effekts würden auch eine

fehlerhafte Orthographie und die Verwendung umgangssprachlicher oder dialektaler Formen

in Kauf genommen.

Fehlerhafte Orthographie:

it catches the eye → nunettine 눈에 띠네 누네띠네

to the eye → nun-e vs. nu-ne 눈에, 누네

Verwendung umgangssprachlicher Formen:

wanna eat here or take out? → mogullae sagallae 먹을래? 사 갈래?

Verwendung dialektaler Formen:

Shall I bite/eat it or not? → mukkamakka 무까 마까 anstelle von mogulkka malkka 먹을까?

말까?

Obwohl die Form mukkamakka (무까 마까) japanisch klinge, handele es sich um eine

dialektale, umgangssprachliche Variante des Koreanischen.

Kim-Renaud (2009, 80) betont, dass sich die Bildung von Neologismen im Koreanischen

keineswegs auf die ansonsten zu diesem Zweck üblicherweise verwendeten Nomen oder

Nominalphrasen beschränkt. Vielmehr würden auch Adverbialphrasen und ganze Sätze

verwendet, die einen ausländischen Klang imitieren.

Adverbialphrase:

in a skinny manner → ppaeppaero 빼빼로

Verwendung eines ganzen Satzes:

In the month of May create your own magic with text message → owol, muntcha mesiji-ro

masul-ul 오월, 문자 메시지로 마술을

166

Kim-Renaud (2009, 81) kommt hinsichtlich der Bildung und Verwendung von Neologismen

im Koreanischen zu der Erkenntnis, dass diese im Bereich der elektronischen digitalen

Kommunikation besonders frequent seien. Sie entstammten allerdings nicht nur dem

lexikalischen Bereich, sondern seien auch syntaktischer und diskurspragmatischer Natur.

Hinsichtlich der Akzeptanz von Neologismen in der koreanischen Sprachgemeinschaft gelte,

dass diese umso größer sei, je mehr ein Wort oder eine Satzstruktur koreanisch klinge, selbst

wenn sie nicht koreanischer Provenienz seien, u.a.:

have a good day → choun haru toeseyo 좋은 하루 되세요

Koreanische Sprachpuristen drängten dennoch darauf, fremdsprachliche Transferenzen

zugunsten rein koreanischer Wörter zurückzudrängen, u.a.:

association → yonhap 연합

committee → wiwonhoe 위원회

society → hyophoe 협회

Diese Bemühung gelte vor allem den japanischen Lehnwörtern.

Bezüglich der englischen Transferenzen im Koreanischen könne festgestellt werden, dass

englische Lehnwörter zum Teil parallel zu ihren koreanischen Entsprechungen existierten,

u.a.:

character → k’aerikt’o 캐릭터anstelle von inmul 인물

tip → t’ip 팁anstelle von gwittim 귀띰

play → p’ullei 플레이 anstelle von or nori 놀이

4.0 Fazit

Lehn- und Fremdwörter stellen fremdsprachliche Transferenzen aus einer Geber- in eine

Nehmersprache dar, deren Etymologie dem Sprachbenutzer häufig unklar ist.

Während Bußmann (1983, 293) zwischen Lehnwörtern im weiteren und im engeren Sinne

differenziert, führt Lewandowski (1985, 624) die zusätzlichen Kategorien der Lehnbedeutung,

167

Lehnbildung und Lehnprägung ein. Bei Eggers (1965, 626) finden sich zudem die

ergänzenden Kategorien der Lehnschöpfung, Lehnübersetzung und -übertragung.

Das Beispiel des Deutschen illustriert die vielfältigen fremdsprachlichen Einflüsse und

Transferenzen, denen die deutsche Sprache im Laufe ihrer Geschichte ausgesetzt war. So

zeigen sich für das Althochdeutsche insbesondere zahlreiche Transferenzen griechischer und

vulgärgriechischer als auch lateinischer, vulgär- und spätlateinischer Provenienz. Für die

höfische Zeit kann ein starker französischer Einfluss auf die deutsche Sprache konstatiert

werden.

Neben den französischen Transferenzen sind insbesondere auch die englischen,

niederländischen, skandinavischen und jiddischen Transferenzen im Deutschen von

erheblicher Relevanz.

Henne/Wiegand (1980, 667) verweisen auf einen starken englischen Einfluss auf die deutsche

Sprache für das 17. und 18. Jahrhundert, der sich vornehmlich auf die Bereiche der

Philosophie und Dichtung konzentriert habe. Bezüglich der englischsprachigen Transferenzen

sei für diesen Zeitraum eine deutliche Dominanz von Lehnprägungen gegenüber Lehnwörtern

festzustellen. Für das 19. Jahrhundert konstatieren Henne/Wiegand (1980, 667) eine

Steigerung der englischen Transferenzen in den Kategorien der Industrialisierung, des

Handels, der Arbeiterbewegung, des Parlamentarismus, des Rechtswesens und des

Gesellschaftslebens. Für diese Zeit sei auch ein verstärktes Auftreten von Lehnübersetzungen

in den Kategorien des Sports und des Pressewesens feststellbar.

Im 20. Jahrhundert sei der Einfluss des Britischen Englisch zugunsten eines stärkeren

Einflusses des Amerikanischen Englisch zurückgegangen.

Nach Henne/Wiegand (1980, 668) reichen die niederländischen Einflüsse auf das Deutsche

vom Mittelalter bis in die Gegenwart und betreffen vornehmlich die Kategorien des

Wasserbaus und der Urbarmachung (in den Hansestädten) als auch der Seemannssprache, des

Schiffbaus und der Schiffahrtstechnik. Zahlreiche niederländische Entlehnungen im

Deutschen hätten auch über den Umweg des Französischen, Spanischen, Portugiesischen und

Italienischen Eingang in die deutsche Sprache gefunden. Zu beachten sei insgesamt auch der

hohe Anteil niederländischer Transferenzen in den Sondersprachen des Geldes und der

Gartenkunst.

Die skandinavischen Transferenzen im Deutschen beschreiben Henne/Wiegand (1980, 669)

als eine Folge der deutschen Begeisterung für die nordische Mythologie und Literatur. Der

Großteil der Entlehnungen in diesem Bereich sei dabei norwegischer und dänischer

168

Provenienz. Bei den jüngeren skandinavischen Transferenzen dominiere der Bereich der

Sachentlehnungen. Auch skandinavische Rufnamen würden frequent entlehnt.

Henne/Wiegand (1980, 669) sehen von den jiddischen Transferenzen im Deutschen

vornehmlich die gesprochene Sprache betroffen. Einige jiddische Lehnwörter beträfen den

Bereich des Viehhandels, während andere über den Weg der Gaunersprache des Rotwelschen

Eingang in die deutsche Sprache gefunden hätten. Auch über das Berlinerische habe eine

Verbreitung des Jiddischen stattgefunden. Viele der jiddischen Lehnwörter seien im Ursprung

Hebraismen gewesen.

Nach Kim-Renaud (2009, 74) war die koreanische Sprache im Laufe ihrer Entwicklung

zahlreichen Transferenzen ausgesetzt. Hierzu gehörte insbesondere der sprachliche Einfluss

der Besatzungsmächte (Mongolen, Mandschus, Japaner, Russen). In jüngerer Zeit sei der

Anteil japanischer und anglo-amerikanischer Lehnwörter besonders signifikant. Aufgrund der

japanischen Kolonialisierung Koreas (1910-1945) habe die koreanische Gesellschaft jedoch

eine kritische Sicht auf den japanischen Spracheinfluss.

Trotz der Bemühungen der koreanischen Gesellschaft um eine Begrenzung des

fremdsprachlichen Einflusses auf die koreanische Sprache („Sprachreinheitsbewegung“) sei

die Globalisierung jedoch auch im Bereich der Sprachentwicklung nicht aufzuhalten. Viele

Lehnwörter im Koreanischen entstammten heutzutage dem anglo-amerikanischen

Sprachraum. Auch die Presse bediene sich verstärkt englischer Transferenzen. Dabei werde

im Zuge der Adaptation zumeist der Versuch unternommen, westliche Lehnwörter der

koreanischen Lautung anzupassen.

Kim-Renaud (2009, 79) beobachtet die Tendenz der lautlichen Imitation von Lehnwörtern bei

der Bildung von Neologismen. Diese würden häufig dergestalt geprägt, dass sie wie

Transferenzen aus westlichen Sprachen oder dem Japanischen erschienen. Zur Erreichung

dieses Effekts würden auch Abweichungen von der Standardsprache in Kauf genommen.

Kim-Renaud (2009, 81) stellt bezüglich der Verwendung von Neologismen und hinsichtlich

der fremdsprachlichen Transferenzen im Koreanischen eine hohe Frequenz derselben im

Bereich der digitalen Kommunikation fest. Gelegentlich existierten fremdsprachliche

Transferenzen (vornehmlich des Englischen) auch parallel zu ihren koreanischen

Entsprechungen.

169

5.0 Literatur

Althaus, Hans-Peter: „Wortgeographische und sprachsoziologische Studien zum jiddischen

Lehnwortschatz am Beispiel Kazow ‚Fleischer‘.“ In: Zeitschrift für Deutsche Sprache

(ZDS) 21 (1965), 20-41.

Althaus, Hans-Peter: „Jiddisch-hessische Sprachbeziehungen.“ In: Zeitschrift für

Mundartforschung (ZMF) 30 (1963), 104-156.

Bußmann, Hadumod: Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart 1983.

Bynon, Theodora: Historische Linguistik. Eine Einführung. München 1981.

Eggers, Hans: Deutsche Sprachgeschichte. Band I. Berlin 1965.

Haspelmath, Martin/Tadmor, Uri (Hrsg.): Loanwords in the World’s Languages: A

Comparative Handbook. Berlin 2009.

Henne, Helmut/Wiegand, Herbert Ernst: Lexikon der Germanistischen Linguistik. Band IV.

Tübingen 1980.

Henne, Helmut/Wiegand, Herbert Ernst: Lexikon der Germanistischen Linguistik. Band III.

Tübingen 1980.

Hjelmslev, Louis: Die Sprache. Darmstadt 1968.

Kessel, Katja/Reimann, Sandra: Basiswissen deutsche Gegenwartssprache. Basel/Tübingen.

2. Auflage 2008.

Kim-Renaud, Young-Key: Korean. An Essential Grammar. New York 2009.

Lewandowski, Theodor: Linguistisches Wörterbuch Band 2. Heidelberg. 4. Auflage 1985.

Schmidt, Wilhelm: Deutsche Sprachkunde. Berlin 1972.

Stiven, Agnes Bain: Englands Einfluss auf den deutschen Wortschatz. Dissertation. Marburg

1936.

170

XI. Der Satz im Koreanischen

1.0 Einleitung

Beim Koreanischen handelt es sich um eine agglutinierende Sprache der ural-altaischen

Sprachfamilie, die eine Subjekt-Objekt-Verb (S-O-V) - Struktur aufweist. Die Verben werden

von Suffixen gefolgt und können durch die Markierung von Tempus, Aspekt, Modus und

Honorativformen unterschiedliche Sprachstile denotieren. An Nomen, Pronomen und andere

nicht-verbale Wortarten (parts of speech) werden Partikeln angehängt, die ihre grammatische

Rolle im Satz markieren (vgl. Kim-Renaud, Young-Key 2009, 46).

Das Koreanische verfügt über keine Präpositionen. Ein Großteil der grammatischen

Beziehungen und anderer funktionaler Verbindungen, die im Englischen über Präpositionen

sowie subordinierende und koordinierende Konjunktionen markiert werden, werden im

Koreanischen durch postpositionale Partikeln realisiert. Durch diese Markierung mithilfe

einer Postposition kann das Subjekt auch an anderer Stelle als am Satzanfang stehen.

Der übliche koreanische Satzbau folgt dem nachstehenden Muster:

1. Zeitadverbiale

2. Ortsadverbiale

3. Subjekt-Nominalphrase

4. Dativ-Nominalphrase

5. Modale Adverbiale (Adverbiale der Art und Weise)

6. Objekt-Nominalphrase

7. Verb

(Kim-Renaud 2009, 55)

Sohn (1999) beschreibt die koreanische Sprache als eine Sprache mit einem hochentwickelten

Honorativsystem. Die Honorativformen des Koreanischen ließen sich nach dem Merkmal des

Sprachstils in sechs Typen differenzieren. Hierbei werde zwischen zwei honorativen

(deferential, polite) und vier nicht-honorativen Stilen (blunt, familiar, intimate, plain)

unterschieden.

Li und Thompson (1976, 475) beschreiben die koreanische und japanische Sprache als eine

weitgehend Topik-prominente Sprache (topic prominent language). In einer Topik-

prominenten Sprache sei die Syntax so organisiert, dass die Topik-Kommentar-Struktur

(topic-comment-articulation) eines Satzes hervorgehoben werde. Subjekt-prominente

171

Sprachen (subject prominent languages) wie das Englische hingegen wiesen in fast allen

Sätzen ein Subjekt auf. Dies sei selbst dann der Fall, wenn es in diesen Sätzen nichts gebe,

worauf das Subjekt referiere, wie dies bei der Verwendung pleonastischer Subjekte in Sätzen

wie It is raining der Fall sei.

Nach Bußmann (1983, 547f.) kann das Topik unter syntaktischem Aspekt als eine

Konstituente ohne Satzakzent verstanden werden. Bei unmarkierter Wortfolge entspreche das

Topik dem Subjekt eines Satzes, während der Rest des Satzes als Comment bezeichnet

werden könne. Das Topik lasse sich auch über einen Fragetest definieren, insofern es, im

Unterschied zum Comment, in der Frageformulierung als Interrogativpronomen erscheine.

Die Topik-Fokus-Gliederung (Topic-Comment-Articulation) entspricht nach Lewandowski

(1985, 1124) der Thema-Rhema-Gliederung. Die Thema-Rhema-Gliederung sei ein von der

Prager Schule entwickeltes Prinzip der kommunikativ-pragmatischen Gliederung eines

Satzes. Ziel der Anwendung dieses Prinzips sei es, Regularitäten der Satzgliedfolge im

Rahmen von Erfahrungskontext sowie Situations- und Sprachkontext zu erklären. Thema und

Rhema seien dabei als komplementäre Mitteilungsfunktionen zu verstehen.

Li/Thompson (1976, 475) betrachten neben dem Koreanischen und Japanischen die folgenden

Sprachen als weitgehend Topik-prominent:

Topik-prominente Sprachen (topic-prominent languages): Chinesisch, Lahu (eine tibeto-

burmesische Sprache gesprochen in China, Thailand, Myanmar und Laos), Lisu (eine tonale

tibeto-burmesische Sprache gesprochen in Yunnan im Südwesten Chinas, in Myanmar, in

Thailand und einem kleinen Teil von Indien).

Diesen Topik-prominenten Sprachen werden die folgenden Gruppen weitgehend Subjekt-

prominenter Sprachen gegenüber gestellt:

Subjekt-prominente Sprachen (subject-prominent languages): indoeuropäische Sprachen,

Niger-Kongo-Sprachen, finno-ugrische Sprachen, semitische Sprachen, Dyirbal (auch

Djirubal): eine australische Ureinwohnersprache, gesprochen im Nordosten von Queensland.

Die Sprache gehört zum kleinen dyirbalischen Zweig der Pama-Nyunga-Familie.

Als weder Subjekt- noch Topik-prominent (neither subject-prominent nor topic-prominent

languages) gelten nach Li/Thompson (ebd.) die Sprachen Tagalog und Ilocano (eine

172

austronesische Sprache, gesprochen auf den Philippinen, Lingua franca im Norden von

Luzon).

Hoeksema (1990) betrachtet das Koreanische als eine kopffinale Sprache (head-final

language). In Sprachen dieses Typs würden die zentralen Informationseinheiten bzw. der

Kopf einer größeren grammatischen Kategorie am Ende der Einheit stehen. Im Koreanischen

als einer S-O-V-Sprache sei diese Einheit das Verb bzw. die Verbalphrase. Die den Kopf

eines Satzes modifizierenden Einheiten seien als seine Konstituenten definiert. Phrasen mit

einem Kopf werden als endozentrisch bezeichnet, während Phrasen ohne klar erkennbaren

Kopf als exozentrisch bezeichnet werden. Je nach Sprache und Sprachtypus kann der Kopf

phraseninitial (head first) oder phrasenfinal (head last) auftreten oder aber variabel sein (head

variable).

Der Terminus des Kopfes wird nach Hoeksema (ebd.) im Kontext verschiedener

linguistischer Definitionen (semantisch, distributional, morphosyntaktisch, technisch) höchst

unterschiedlich interpretiert. Hoeksema (ebd.) erläutert dies am Beispiel des Kompositums

apple pie. Unter semantischer Perspektive sei der Kopf von A immer als Hyperonym von A

zu betrachten. In dem Kompositum apple pie sei pie der Kopf, da pie das Hyperonym von

apple pie sei, denn jeder apple pie sei auch ein pie. Apple, andererseits, könne nicht der Kopf

sein, da nicht jeder apple pie ein apple sei.

Unter distributionaler Perspektive sei es erforderlich, dass der Kopf von X dieselbe

Distribution aufweise wie X. So seien apple pie und pie gegeneinander austauschbar und

gehörten somit derselben Distributionsklasse an.

Morphosyntaktisch betrachtet gilt der Ort der Inflektion als der Kopf eines Kompositums. Da

apple pie seine Inflektion beim zweiten Glied erfahre (also apple pies anstelle von *apples

pie) sei pie als der Kopf des Kompositums zu betrachten.

Technisch betrachtet sei der Kopf von X der Teil, der X determiniere. In der Verbalphrase ate

the apple sei die Kategorie (ate the apple) durch das Verb ate determiniert. Dadurch könne

ate als Kopf der Phrase andere Phrasen miteinander koordinieren, die ebenfalls mit einem

Verb beginnen. Phrasen, die einen nominalen Teil enthielten, könnten jedoch nicht

koordiniert werden (vgl. peeled the apple and ate the apple vs. *ate the apple and over the

apple).

Die Platzierung des Kopfes determiniert entsprechend dem Kopfdirektionalitätsparameter

wesentlich die Richtung der Verzweigung. So sind kopfinitiale Phrasen rechts- und kopffinale

173

Phrasen linksverzweigt. In einer kopfmedialen Phrase werden Links- und Rechtsverzweigung

miteinander koordiniert.

Hoeksema (ebd.) betont, dass Sprachen in der Regel aus einer Mischung von kopfinitialen

und kopffinalen Anteilen bestehen. Reinformen existierten kaum, wenngleich das Japanische

und Koreanische weitgehend als Reinformen einer kopffinalen und linksverzweigten Sprache

gelten könnten. Die Existenz von Mischformen belegt Hoeksema (ebd.) am Beispiel des

Englischen. Hier existieren kopfinitiale, kopfmediale und kopffinale Phrasen nebeneinander:

Beispiele kopfinitialer, -finaler und -medialer Phrasen:

kopffinale Adjektivphrase (AP): too aggressive

kopffinale Adverbphrase (AdvP): quite slowly

kopfinitiale Verbphrase (VP): run fast

kopfinitiale Präpositionalphrase (PP): under pressure

kopfinitiale to-Phrase (to-P): to study

kopfmediale Adjektivphrase (AP): very happy with it

kopfmediale Verbphrase (VP): carefully clean it

Hoeksema (ebd.)

2.0 Satzmuster und Satztypen im Koreanischen

Kim-Renaud (2009, 54) betrachtet den einfachen Deklarativsatz als grundlegendes Satzmuster

im Koreanischen. Die von ihm präsentierten Beispielsätze werden auf der Basis der Phrasen-

Struktur-Grammatik (IC-Analyse) segmentiert und analysiert.

Grundlegende Satzmuster im Koreanischen:

(1)

Tongsaeng-i cha-yo.

Der jüngere Bruder/die jüngere Schwester schläft.

((tongsaeng-i) NP (choh-ayo) VP (intransitive))S

174

(2)

Sonsaegnim-i choh-ayo.

Der Lehrer/die Lehrerin ist gut.

((sonsaegnim-i) NP (choh-ayo) VP (stative))S

(3)

Saem-i yoja yeyo.

Sam ist eine Frau.

((saem-i) NP ((yoja) NP (yeyo) V (copula)) VP)S

(4)

Chung-i kogi-lul mog-oyo.

Der Mönch isst Fleisch.

((chung-i) NP ((kogi-lul) NP (mog-oyo) V (transitive)) VP)S

(5)

Sonnim-i kkoch‘-e mul-ul chu-oyo.

Der Gast gibt den Blumen Wasser.

((sonnim-i) NP ((kkoch‘-e) NP ((mul-ul) NP (chu-oyo) V (ditransitive)) VP) VP)S

Als einen einfachen Satz betrachtet Kim-Renaud (2009, 49) einen Satz, der aus einer

unabhängigen Phrase besteht, in die keine weitere Phrase eingebettet ist und dem kein

weiterer Satz folgt. Funktional betrachtet können dies sowohl Deklarativ- und Interrogativ-

als auch Imperativ- und Propositvsätze sein.

Einfache Sätze:

(1)

Inho-ka orenji-lul sa-ss-ta.

Inho-Subj. Orange-Obj. kaufen-Präteritum-Deklarativsatz

Inho kaufte Orangen. (Deklarativsatz)

175

(2)

Inho-ka orenji-lul sa-ss-ni?

Inho-Subj. Orange-Obj. kaufen-Präteritum-Interrogativsatz

Kaufte Inho Orangen? (Interrogativsatz)

(3)

Inho-ya orenji-lul sa-la.

Inho-Vokativ Orange-Obj. kaufen-Imperativsatz

Inho, kauf Orangen! (Imperativsatz)

(4)

Inho-ya orenji-lul sa-cha.

Inho-Vokativ Orange-Obj. kaufen-Propositivsatz

Inho, lass uns Orangen kaufen! (Propositivsatz)

(Kim-Renaud 2009, 49)

Zusammengesetzte Sätze:

Zwei oder mehrere Sätze können zu einem zusammengesetzten Satz verbunden werden. Ein

zusammengesetzter Satz ist ein Satz, der mehr als eine Phrase enthält. Diese Phrasen werden

mit einer koordinierenden Konjunktion oder einem Semikolon verbunden. Ein

zusammengesetzter Satz hat die folgende Struktur:

[[Insaeng-un tchalp-ko] S1 [yesurul-un kil-ta] S2] S.

Leben-Top kurz sein-Konj Kunst-Top lang sein-Deklarativ

Das Leben ist kurz und die Kunst ist lang.

(Kim-Renaud 2009, 49)

176

Komplexe Sätze:

Ein komplexer Satz ist ein Satz, der eine unabhängige Phrase und wenigstens eine abhängige

oder untergeordnete Phrase enthält.

Im Englischen beginnt ein untergeordneter Satz häufig mit einer subordinierenden

Konjunktion wie however, although, even though, because. Ein Relativsatz beginnt im

Englischen mit einem Relativpronomen wie who, which oder that.

Im Koreanischen erscheinen die Konjunktionen und modifizierenden Endungen am Ende der

subordinierten Phrase. Ein komplexer Satz im Koreanischen folgt daher der folgenden

Struktur. In dem Beispiel wird die Nominalphrase Orange von Satz 1 (welche ein Freund

verkauft) modifiziert:

[Inho-ka [[chi’in’gu-ka p’a-nun] S1 orenji] NP -lul sa-n-ta] S.

Inho-Subj Freund-Subj verkaufen-Mod Orange- Obj kaufen

Inho kauft die Orangen, die sein Freund verkauft.

(Kim-Renaud 2009, 49f.)

Lewin (1970, 34ff.) klassifiziert die Konjunktionalformen in komplexen koreanischen Sätzen

insbesondere im Hinblick auf die Anschlusstypen, die als Basen für die konjunktionalen

Endungen dienen können. Hierbei könne zwischen athematischen (Anschlusstyp 1) und

thematischen Verbalbasen (Anschlusstyp 2), den Konverbal- (Anschlusstyp 3) und den

Temporalstämmen (Anschlusstyp 4) sowie dem Präsens- (Anschlusstyp 5), dem Präterial-

(Anschlusstyp 6) und dem Futurpartizip (Anschlusstyp 7) differenziert werden. Lewin (1970,

35ff.) beschreibt die semantischen Funktionen der koreanischen Konjunktionalformen

exemplarisch anhand der temporalen, konditionalen und kausalen Marker.

I. Temporale Konjunktionalformen

Postverbal

Vorzeitigkeit (der Nebensatzhandlung)

아/어 (nachdem, Konverbalstamm)

서 3-so (nachdem)

서야 3-soya (erst wenn)

고서 1-goso (als, wenn)

고는 1-gonun (als, nachdem)

177

고야 1-goya (nachdem)

면서부터 2-myonsobuto (seitdem)

Nominalwertig

뒤(에) 6-dui(e) (nachdem)

후(에) 6-hu(e) (nachdem)

사이(에) 6-sai(e) (nachdem)

다음(에) 6-daum(e) (nachdem)

지 6-ji (nachdem, seitdem)

이래(로) 6-irae(ro) (seitdem)

Gleichzeitigkeit

매 2-mae (als)

면서 2-mynso (während)

니(까) 2-ni(kka) (als)

더니 1,4-doni (als, retrospektiv)

때 – 7 ttae (als, wenn)

무렵(에) – 7 muroyp(e) (während)

동안(에) – 5 tongan(e) (während)

사이(에) – 5 sai (e) (während)

중에 – 5 chunge (während)

길(에) – 5 kyol(e) (während)

적(에) – 7 chok(e) (wenn, gelegentlich)

제 – 7 che (wenn, gelegentlich)

족족 – 5 chokchok (jedesmal wenn)

Nachzeitigkeit

기(도)전에 – 1 ki(do)jone (bevor)

178

Abruptheit

자 – 1 cha (kaum)

자마자 – 1 chamaja (kaum)

자말자 – 1 chamalja (kaum)

다(가) – 1 ta(ga) (kaum)

즈음 – 7 chuum (gerade als)

차 – 6 ch’a (gerade als)

참에 – 5 ch’ame (gerade als)

대로 – 5 taero (sobald als)

기가바쁘게 – 1 ki-ga pappuge (kaum)

II. Konditionale Konjunktionalformen

Postverbal

면 - 2 myon (wenn)

다면 – 1 tamyon (wenn, Quot.)

자면 – 1 chamyon (wenn, Opt.)

느라면 – 1 nuramyon (wenn)

느라니까 – 1 nuranikka (wenn)

느니 – 1 nuni (wenn)

거든/어든 – 1 (k)odun (wenn)

건대/언대 – 1 (k)ondae (wenn)

고는 – 1 konun (wenn)

고서는 – 1 kosunun (wenn)

고야 – 1 koya (wenn)

서야 – 3 soya (wenn)

야 – 3 ya (nur)

던들 – 1 tondul (gesetzt den Fall)

Nominalwertig

들 – 6 tul (wenn)

진대 – 7 chindae (gesetzt den Fall)

179

III. Kausale Konjunktionalformen

Postverbal

니(까) – 2 ni(kka) (weil)

느니 – 1 nuni (weil)

나니 – 1 nani (weil)

거니 – 1 koni (weil)

더니 – 1 toni (weil)

거늘 – 1 konul (weil)

매 – 2 mae (weil)

서 – 3 so (weil)

느라고 – 1 nurago (da gerade)

관대 – 1 kwandae (etwas wegen)

Nominalwertig

므로 – 7 muro (dadurch dass)

고로 – 5,6 koro (weil)

기로 – 1 kiro (in Anbetracht von)

기에 – 1 kie (dadurch dass)

길래 – 1 killae (dadurch dass)

기때문(에) – 1 ki-ttaemun (e) (weil)

까닭(에) – 5,6,7 kkadalk (e) (aus dem Grunde dass)

바람에 – 5 parame (infolge)

걸 – 6 kyol (infolge)

나머지(에) – 5,6 namoji (e) (bedingt durch)

사이(에) – 7 sai (e) (weil)

대로 – 5,6,7 taero (entsprechend)

지라 – 5,6 chira (weil)

지니- 7 chini (weil)

즉 – 6 chuk (weil)

* Die angegebenen Ziffern beziehen sich auf den jeweiligen konjunktionalen

Anschlusstyp.

vgl. Lewin, B. (1970, 35ff.) und Kostrzewa, F./Cheon-Kostrzewa, B.J (2013, 69ff.)

180

Exemplarisch für die Verwendung der koreanischen Konjunktionalformen werden im

Folgenden die postverbal verwendeten Konjunktionen in einem satzwertigen Kontext

illustriert.

(1)

서: 선물을 사서 곱게 쌌어요.

Seo: seonmureul saseo gobge ssasseoyo.

Ich habe das Geschenk schön eingepackt, nachdem ich es gekauft hatte.

(2)

고서: 아이는 숙제를 하고서 밥을 먹었다.

goseo: aineun sukjerul hagoseo babeul mogeossta.

Nachdem es die Hausgaben gemacht hatte, hat das Kind gegessen.

(3)

고야: 아이는 숙제를 하고야 밥을 먹었다.

goya: aineun sukjerul hagoya babeul meogeossta.

Nachdem es die Hausgaben gemacht hatte, hat das Kind gegessen.

(4)

고서야: 아이는 숙제를 하고서야 밥을 먹었다.

goseoya: aineun sukjerul hagoseoya babeul meogeossta.

Das Kind hat gegessen, erst nachdem es die Hausaufgaben gemacht hatte.

(5)

면서부터:일을 시작하면서부터 그 남자는 잠을 설쳤다.

myeonseobuteo: ireul shijakha myeonseobuteo namjaneun chameul seolchyeossta.

Er schlief nicht gut, seitdem er mit der Arbeit angefangen hatte.

Kostrzewa, F./Cheon-Kostrzewa, B.J. (2013, 69ff.)

Lewin (1970) zeigt in seiner Analyse der postverbalen Konjunktionalformen, dass diese

sowohl mono- als auch polyfunktional verwendet werden können. Dabei verweist Lewin

(ebd.) auf die Polyfunktionalität der Konjunktionalformen insbesondere in den temporal-

kausal-konditionalen und den konzessiv-adversativen Bereichen. So können beispielsweise

181

die Formen 니(까) (-ni(kka)) und 서 (so) postverbal zur Markierung der Temporalität

(Gleichzeitigkeit) als auch als postverbale kausale Konjunktionalformen verwendet werden.

3.0 Fazit

Das Koreanische ist eine agglutinierende Sprache der ural-altaischen Sprachfamilie mit einer

Subjekt-Objekt-Verb-Struktur. Die Markierung von Tempus, Aspekt, Modus und Honorativ

erfolgt über Suffixe. Weitere grammatische Beziehungen und funktionale Verbindungen

werden über postpositionale Partikeln realisiert.

Die koreanische Sprache kann als eine weitgehend Topik-prominente Sprache beschrieben

werden, bei der die Topik-Kommentar-Struktur des Satzes im Zentrum steht. In Anlehnung an

Hoeksema (1990) wurde die koreanische Sprache entsprechend dem

Kopfdirektionalitätsparameter als kopffinale, linksverzweigte Sprache beschrieben. Es wurde

jedoch betont, dass Reinformen kopffinaler, linksverzweigter oder kopfinitialer,

rechtsverzweigter Sprachen selten sind. Deutlich häufiger sei das Auftreten von Mischformen.

Bei den Satzmustern des Koreanischen kann zwischen einfachen, zusammengesetzten und

komplexen Sätzen unterschieden werden. Während ein einfacher Satz aus einer einzigen

unabhängigen Phrase besteht, werden in einem zusammengesetzten Satz zwei oder mehr

Phrasen durch eine koordinierende Konjunktion miteinander verbunden. Komplexe Sätze

enthalten eine unabhängige und mindestens eine abhängige oder untergeordnete Phrase.

Konjunktionen oder modifizierende Endungen am Ende einer subordinierten Phrase

verbinden die Phrasen eines komplexen Satzes miteinander.

In Anlehnung an Lewin (1970) wurden die Konjunktionen der koreanischen Sprache,

hinsichtlich ihrer semantischen Funktionen, anhand der temporalen, konditionalen und

kausalen Marker exemplifiziert. Abschließend wurde die Verwendung der koreanischen

Konjunktionalformen am Beispiel der postverbal verwendeten Konjunktionen in einem

satzwertigen Kontext illustriert.

182

4.0 Literatur

Bußmann, Hadumod (1983): Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart 1983.

Hoeksema, Jack: „The Head Parameter in Morphology and Syntax”. Vortrag auf dem

holländischen Morphologie-Tag in Utrecht (Frühjahr 1990) und am Max-Planck-

Institut für Psycholinguistik in Nimwegen.

Kim-Renaud, Young-Key: Korean - An Essential Grammar. New York 2009.

Kostrzewa, Frank/Cheon-Kostrzewa, Bok Ja: „Konjunktionen im deutsch-koreanischen

Sprachvergleich - Schwierigkeiten koreanischer Lerner beim Erwerb des deutschen

Konjunktionalsystems“. In: Journal of Linguistics and Language Teaching Volume 4

(2013) Issue 2, 69-81.

Lewandowski, Theodor: Linguistisches Wörterbuch Band 3. Heidelberg. 4. Auflage 1985.

Lewin, Bruno: Morphologie des koreanischen Verbs. Wiesbaden 1970.

Li, Charles N.; Thompson, Sandra A.: "Subject and Topic: A New Typology of Language".

In: Charles N. Li. Subject and Topic. New York: Academic Press. 1976, S. 475.

Sohn, Ho Min: The Korean Language. Cambridge 1999.