In die Tiefe dringen, um den Widerstand zu verankern. Klaus Huber und die Geistliche Musik, in:...

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«Die schwierigste Frage ist heute wohl die: Was ist geistlich?» Klaus Huber stellte sie an der katholischen Elisabeth University in Tokio, am 29. Septem- ber 1986, in einem Referat, gewidmet seinem Schüler Toshio Hosokawa, in einem Manuskript, das später in der von Max Nyffeler herausgegebenen Textsammlung veröffentlicht worden ist. 1 Ersetzt hatte er jedoch diese Fas- sung, wie so oft, durch freie Rede. Da er dabei aber, teils bis in die Formulie- rungen, seinen Gedanken jeweils sehr treu bleibt, scheint es mir statthaft, von seinem Manuskript auszugehen. Ein Thema aufgrund der Äußerungen des Autors in Angriff zu neh- men, ist nicht unproblematisch. Eine kritische Lektüre, die darauf folgende Einordnung in den aktuellen Diskurs sowie eine Analyse einzelner Aspekte anhand ausgewählter Werke soll aber Zirkelschlüsse vermeiden helfen. Gerade dank der Perspektive von außen – Huber wandte sich hier an ein japanisches Publikum, das weder mit westlichem noch spezifisch christlichem Gedanken- gut aufgewachsen war – näherte er sich dem Thema voraussetzungslos und stieß so zu grundsätzlichen Erkenntnissen vor. In nuce finden wir hier seine ganze Überzeugung, nicht nur was geistliche Musik betrifft, sondern seine ästhetisch-ethische Haltung insgesamt. Er beginnt fast apodiktisch: «Es war grundsätzlich klar, dass die ganze Musik der christlichen Kirche geistliche Musik war. Daran konnte man nicht zweifeln.» Auch wenn er später relativiert, «natürlich vereinfache ich vieles», ist man versucht zu ergänzen, dass auch seine eigene Musik – und zwar je län- ger je mehr: fast jedes seiner Werke – geistliche Musik sei. Diesen Begriff und diese These zu begründen, ist das Ziel meines Versuches. Im Folgenden nennt Huber die westliche Musik «eine Kunstmusik, die ohne allen Zweifel durch die eigentümliche Entwicklung der geistlichen Musik, also der Musik der christlichen Kirche, ihren entschiedenen Anstoß erhielt.» 2 51 «In die Tiefe dringen, um den Widerstand zu verankern» Klaus Huber und die Geistliche Musik Thomas Gartmann

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«Die schwierigste Frage ist heute wohl die: Was ist geistlich?» Klaus Huberstellte sie an der katholischen Elisabeth University in Tokio, am 29. Septem-ber 1986, in einem Referat, gewidmet seinem Schüler Toshio Hosokawa, ineinem Manuskript, das später in der von Max Nyffeler herausgegebenenTextsammlung veröffentlicht worden ist.1 Ersetzt hatte er jedoch diese Fas-sung, wie so oft, durch freie Rede. Da er dabei aber, teils bis in die Formulie-rungen, seinen Gedanken jeweils sehr treu bleibt, scheint es mir statthaft,von seinem Manuskript auszugehen.

Ein Thema aufgrund der Äußerungen des Autors in Angriff zu neh-men, ist nicht unproblematisch. Eine kritische Lektüre, die darauf folgendeEinordnung in den aktuellen Diskurs sowie eine Analyse einzelner Aspekteanhand ausgewählter Werke soll aber Zirkelschlüsse vermeiden helfen. Geradedank der Perspektive von außen – Huber wandte sich hier an ein japanischesPublikum, das weder mit westlichem noch spezifisch christlichem Gedanken-gut aufgewachsen war – näherte er sich dem Thema voraussetzungslos undstieß so zu grundsätzlichen Erkenntnissen vor. In nuce finden wir hier seineganze Überzeugung, nicht nur was geistliche Musik betrifft, sondern seineästhetisch-ethische Haltung insgesamt.

Er beginnt fast apodiktisch: «Es war grundsätzlich klar, dass die ganzeMusik der christlichen Kirche geistliche Musik war. Daran konnte man nichtzweifeln.» Auch wenn er später relativiert, «natürlich vereinfache ich vieles»,ist man versucht zu ergänzen, dass auch seine eigene Musik – und zwar je län-ger je mehr: fast jedes seiner Werke – geistliche Musik sei. Diesen Begriff unddiese These zu begründen, ist das Ziel meines Versuches.

Im Folgenden nennt Huber die westliche Musik «eine Kunstmusik, dieohne allen Zweifel durch die eigentümliche Entwicklung der geistlichen Musik,also der Musik der christlichen Kirche, ihren entschiedenen Anstoß erhielt.»2

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«In die Tiefe dringen, um den Widerstand zu verankern» Klaus Huber und die Geistliche Musik

Thomas Gartmann

Dabei ordnet er sich selbst in die Tradition ein, um dies allerdingssogleich wieder einzugrenzen: Musikalisch sieht er sich als Teil dieser Tradition,kirchlich hingegen nur in einem erweiterten Sinne: «Ich bin selbst nichtKatholik, aber ein großer Anhänger der christlichen und einer erweitertenökumenischen Bewegung, wie sie etwa im Weltkirchenrat, der seinen Sitz inGenf hat, einen deutlichen Ausdruck findet. Trotzdem kam ich mit dem Gre-gorianischen Choral als Musiker, als Komponist, immer wieder in engsteBerührung. Wie wäre das auch anders möglich, denn hier ist ein melodischerRiesenbau oder besser: ein riesiger, weitverzweigter Baum gewachsen in tau-sendfünfhundertjähriger Geschichte.»3

Es fällt auf, wie sich Huber hier in einen organischen geschichtlichenZusammenhang einzuordnen und zugleich als fortschrittlich zu positionierenversucht. Im Folgenden nimmt er das Bild des Baumes nochmals auf, um sichin der musikalischen Tradition zu verorten: «Er ist tatsächlich eine der Haupt-wurzeln europäischer Kunstmusikentwicklung, weil er die vielleicht größtenBesonderheiten abendländischer Musik direkt oder indirekt mit hervorge-bracht hat: die mehrstimmige Polyphonie, ohne welche kein Bach, kein Mozartoder Beethoven, auch kein Schubert oder Bruckner, kein Schönberg oder garWebern und – in aller Bescheidenheit – auch meine Musik nicht möglichgeworden wäre.»4

Die musikalische Ahnenreihe lässt etwas stutzen. Sie besteht vorab auskatholischen Komponisten. Bach ist natürlich auch dabei, Schütz fehlt aber –auf ihn verweist Huber erst 15 Jahre danach, vor allem in Bezug auf den«Todeston»5; auch zu Gesualdo kommt er erst in späteren Jahren, vorab inZusammenhang mit der Mikrotonalität. Strawinsky vermisst man hier eben-falls. Dessen Threni hatten Huber ein Durchbruch-Erlebnis bedeutet – späterst kehrt er zu diesem Schlüsselwerk kompositorisch zurück, 2008, mit einerRekomposition.6 Einige Gedanken weiter kommt er im Zusammenhang der«eigen artigen, bohrenden Spiritualität»7 Strawinskys dann doch noch auf ihnzu sprechen; auch Olivier Messiaen erwähnt er erst unter diesem Aspekt. Dieerste Aufzählung aber konzentriert sich noch ganz auf den deutschen Kultur-raum. In Zusammenhang mit geistlicher Musik erstaunt hingegen, dass HuberSchönberg und Webern nennt. Offenbar geht es ihm weniger um den geistlichenInhalt, als um den geistigen Anspruch der Komposition, um die an spruchs -volle mehrstimmige Polyphonie und um künstlerische Avanciertheit, wie erim nächsten Satz ausführt: «Meine These lautet: Europäische, abendländischeKunstmusik (das mittelalterliche, christliche Europa als Herz des Abendlan-des) war a priori von Anfang an dort, wo sie am weitesten fortgeschritten war,geistliche Musik – über lange Zeit und unbestritten.»8

Den musikalischen Fortschritt, den Huber vorab bei der geistlichenMusik ortet, führt er nun aber nicht auf innermusikalische Entwicklungenzurück, sondern auf den geistigen Inhalt, womit er auch die Bedeutung des

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Wortes unterstreicht: «Das a priori Neue, auch gegenüber dem klassischenGriechentum vollkommen Neue, kam […] aus der um 1200 modernen Theo-logie […]. Theologische Spekulation führte zur polyphonen Mehrstimmig-keit.»9

Noch vor der melodischen Verwurzelung im gregorianischen Choralund vor der Polyphonie als über die Jahrhunderte konstantes und Strukturbildendes Merkmal geistlicher Musik kommt er auf den Inhalt, den Gehalt zusprechen: «Geschrieben wurde Musik in der christlichen Tradition ja vor allem,um die Wahrheit – auch in der Musik! – festzuhalten, weiterzugeben.»10

Von dieser christlich-abendländische Tradition grenzt er sodann diechinesische ab: Weil diese nicht so sehr in einer der Religionen des frühen China,sondern vielmehr in dessen Philosophie wurzle, gehe die klassische chinesi-sche Musik auch nicht zurück auf eine geistliche Musik des alten China. DieserGedanke ist in zweifacher Hinsicht problematisch: Religion und Philosophiedes frühen China lassen sich kaum voneinander trennen, und zeitgenössischeKomponisten Chinas beziehen sich durchaus sehr eng auf das alte China, wasteils musikalisch festzumachen ist, teils aber nur einen ideologischen Überbaubetrifft, mit dem man die durch die Kulturrevolution verursachten Brüche zuüberbrücken versucht.

Die polyphone Dreistimmigkeit führt Huber dann auf den christlichenGlaubensinhalt der Dreieinigkeit zurück und nennt dies eine Widerspiege -lung11 und deren theologisch-symbolische Seite.12

Geistliche Musik als mehrfacher Spiegel

Im Folgenden vertieft Huber die Denkfigur dieses Spiegels, ausgehend vonder Dialektik der Gegensätze bis hin zur Mystik ihres Eins-Werdens: «DieIdee des Spiegels, das Widerspiegeln brachte, so meine ich eben, von vornhe -rein grundsätzlich dialektische Tendenzen in das abendländische Kulturden-ken, ebenso in die abendländische Musik. Erstens: der christliche Glaube. Der‹Spiegel› geistlicher Musik soll die Inhalte dieses Glaubens, besonders derGlaubenshoffnungen so ungetrübt wie möglich ‹widerspiegeln›. Zweitens: dieMusik als Kunst. Der Spiegel der Kunstmusik wird hierfür geschliffen undweitergeschliffen. Er wird durch die Ratio so fein und präzis wie möglichbearbeitet. Das zeigt sich vor allem in der immer feineren Ausarbeitung derRhythmus-Notation und Entwicklung von der modalen zur mensuralen No -ta tion. Dies würde heißen: Konstruktion (nämlich das rationale Hervorbrin-gen und Überprüfen zum Beispiel des Rhythmus, der Intervalle, der Form)und Symbol (nämlich Widerspiegelung des Glaubens) liegen, von Anfang an,an der Wurzel abendländischer Kunstmusik eng beisammen, dialektisch bei-sammen. Sie bedingen einen Widerspruch, der in der Musik als Kunst aufge-löst werden soll. Das ist zweifellos ein gewaltig utopisches Element an der

Wurzel unserer westlichen Musiktraditionen. Erst Jahrhunderte später wer-den – und das auch in der Musik – Konstruktion und Intuition so weit aus-einander gerissen, dass man nun zu glauben beginnt: Musik ist entweder Ord-nung (durch spekulative Konstruktion) oder sie ist Gefühl, Fantasie (durchIntuition). Dieses gewaltsame Auseinanderreißen des fruchtbaren Gegensatz-paares hat – immer, wenn es auftrat – der Entwicklung unserer Musik ehergeschadet als gedient. Die ‹Konstruktion der Freiheit›, wie mein italienischerKollege und Freund Luca Lombardi das Ziel seiner kompositorischen Bemü -hungen umschreibt, ist also älteste europäische Tradition. Ich nenne nur Namenwie Machaut, Ockeghem, Obrecht, Josquin Desprez oder Bach, Beethoven,Schönberg, Webern. Heute hört man immer wieder Polemiken wie: DieMusik hat für nichts Außermusikalisches Platz, sie soll ganz immanent, ganzbei sich bleiben; oder: Die Musik soll nur Gefühle ausdrücken, sie soll nichtdenken. Solche Polemiken sind, schaut man auf das alte Europa, unhistorisch.Aber ich möchte hier keine vergleichende Musikgeschichte bieten. Das istauch nicht mein Fach. Mir geht es um etwas ganz Anderes.»13

Diese große Aufgabe nennt Huber nun in Anlehnung an Luca Lom-bardi die «Konstruktion der Freiheit». Das Ziel ist ganz klar das «Eins-Wer-den der Gegensätze»: «Ich möchte in das eindringen, was man das Spirituelleeiner Kultur, etwas enger gefasst: das Geistliche einer Kultur nennen mag.»14

Das mystische Erleben und Denken bezeichnet Huber als dritte Inter-pretation des «Spiegels». Für Huber sind dies zentrale Begriffe. Hier sieht erauch eine Konvergenz des europäisch-westlichen Denkens und fernöstlicherSpiritualität. Der symbolträchtige Ort des Vortrags mag diese Überlegungennoch befördert haben, nämlich die Einladung seines Schülers Toshio Hosokawaan die katholische Universität in Tokio. Am Beispiel des Franz von Assisikommt er dann auf die kosmische Mystik zu sprechen, die ganz in der Naturaufgeht und sich voller Demut kompromisslos mit radikaler Armut verbindetund mit radikalem Pazifismus.15 Auch hier sieht er eine erstaunliche Nähe zueinigen der größten Zen-Meister Japans. Die europäische Mystik nennt erauch einen Spiegel Gottes und erwähnt dabei die großen Mystiker unsererKultur: Juan de la Cruz, Meister Eckhart, Hildegard von Bingen, Mechtildvon Magdeburg, aber auch den Sufisten Rumi – alles Mystiker, die Huber imLaufe seines Lebens, teils öfters, vertont hat.16 Und über die Auseinanderset-zung mit diesen Mystikern sei er schließlich auf Zen gekommen. «Ich weiß esnicht genau zu sagen, aber ich versuchte, in die Tiefe einzudringen, um soetwas wie Identität in meiner eigenen Kultur, in der Kultur, die mich überallumgibt, zu finden.»17

Angesichts von Kolonialismus, Krieg und menschlicher Barbarei, aberauch der Unverbindlichkeit modischer Postmoderne fordert er für den Westenwie für den Osten eine «neue, frische, mutige Spiritualität», die in die Tiefedringe. Er nennt sie «eine Haltung des Widerstands. Sie allein, also eine Geis -

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teshaltung, die sich den Zwängen zur Anpassung, zur Lüge widersetzt.» Dazusetzt er eine möglichst umfassende kulturelle Toleranz voraus.18 Um die eige-ne kulturelle Identität zu finden, müsse man gleichzeitig Rückschau haltenund in die eigene Tiefe dringen – und an die Zukunft glauben. Nach dem Vor-bild von Ernesto Cardenals und Dorothee Sölles «Meditation und Wider-stand» hieße es also: «Neu in die Tiefe dringen, um den Widerstand zu veran-kern.»19 «Meditation ist beziehungsweise wird Widerstand.» Seine Hoffnungsetzt er auf den ebenso christlichen wie zen-buddhistischen Begriff der«Meta noia», der als Aufruf zur Umkehr in seinen Schriften und Kompositio-nen immer wieder an zentraler Stelle vorkommt, sei es als Stichwort oder alsEreignis. Aus diesen Schlussgedanken leitet sich der Titel des ungehaltenenVortrags her: «Die Tiefe des eigenen Herzens ausloten. Zu einer zeitgemäßenMystik in gegensätzlichen Kulturen.»

Was also ist gemäß Klaus Huber geistliche Musik? Huber liebt nichtDefinitionen – auch wenn er zuweilen durchaus einen apodiktischen Schreib-stil pflegt –, sondern die Entwicklung von Gedanken. Es sind weder Funktio-nen, noch Bezeichnungen, die geistliche Musik ausmachen, sondern Voraus-setzungen. Die Verwurzelung in der Tradition als melodische Referenz an dengregorianischen Choral, die satztechnische an eine anspruchsvolle polyphoneMehrstimmigkeit – wie wir sehen werden, gilt dies auf verschiedenen, auchMeta-Ebenen –, vor allem aber die geistige, der enge Bezug zum Inhalt, zueiner Theologie, die auf zwei Pfeilern gründet, der Mystik und dem humanenEngagement. Dieses bipolare Denken wird dabei nicht als Widerspruch wahr-genommen, sondern als Einheit, ja als Voraussetzung: Mystik hat zeitgemäßzu sein als humanes Engagement.

Geistliche Musik – was ist das?

Wie weit deckt sich dieses Begriffskonzept Hubers mit dem allgemeinenaktuellen Verständnis geistlicher Musik? Unbestritten ist die Feststellung,dass Geistliche Musik im Unterschied zu Kirchenmusik nicht an den Kir-chenraum gebunden ist. Bei der Darmstädter Frühjahrstagung des Institutsfür Neue Musik und Musikerziehung von 2007 unter der Leitung von JörnPeter Hiekel finden sich Überlegungen, die Klaus Huber sehr nahe kom-men.20 Hiekel kleidet es in einige Fragen: «Handelt es sich dabei um ent-scheidende Kraftquellen für eine interkulturell orientierte neue Musik, diegerade in ihrer hybriden Anlage Räume für eine spezifische neue Form spiri-tueller Erfahrung schafft? Und kann es gelingen, religiös fundierte interkultu-relle Werke zu schaffen, die tatsächlich entschieden mehr sind als eineoberfläch liche Berührung von Elementen einer Kultur mit den einer andern,vielleicht sogar im Sinne eines echten Dialogs auch der spirituellen Dimensionvon Kulturen?»21

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Für Thomas Ulrich ist der Begriff «geistliche Musik» schwammig. Esgeht ihm weniger um eine Funktionalisierung, die sie in den kirchlichen Ver-kündigungsdienst stellen und somit normieren würde, sondern um den geist-lich-künstlerisch höchsten Anspruch, den Anspruch religiöser Wahrheit –und um das Verständnis des Spirituellen im Sinne der Mystik.22 Hans Zenderbringt es in seinem Beitrag «Spirituelle Musik – was ist das?» auf den Nenner:«Musik, welche religiöse Texte und Inhalte verarbeitet.» In Absetzung vomNew-Age-Gebrabbel spricht er dabei von spiritueller Musik und erwähnt dieZahlenmystik als Referenz an die Mystik. Auch er verlangt dabei nach ästhe-tischem und ethischem Anspruch und nennt hierzu die notwendige innermu-sikalische Qualität und die Kategorie der Moral.23 Auf die knappste Formelbringt es schließlich Helga de la Motte: Spiritualität bedeute «Grenzüber-schreitung als Sinngebung».24

Wie hat sich das Konzept geistlicher Musik nun in Klaus Hubers eige-nem Schaffen ausgebildet? Gibt es da Kontinuitäten, Brüche, Differenzen?Und wie zeigt sich die von Huber beschworene Gleichsetzung von ästheti-scher und ethischer Haltung, die sich verbindet mit politisch-humanitäremEngagement? Kann Huber seine kühne Konstruktion in seinen Werken einlö-sen oder bleibt es bei einer schönen Utopie – oder aber einer Selbststilisie-rung?

Der Anteil und damit auch die Bedeutung geistlicher Musik ist inHubers Œuvre immer groß gewesen. Geistliche Musik (in einem weiten Sinn)– das beginnt früh, gleich mit dem ersten Eintrag auf der Werkliste von Mahn-kopf: Abendkantate (Gryphius, 1952), es folgten Kleine Taufkantate (Bibel,1952) und Sonata da Chiesa – ein rein instrumentales Werk (1953). Bald schonverband Huber verschiedene Texte, erstmals 1956 Thomas Münzer und Mich-ael Weisse für das Te Deum. Mystiker inspirieren die nächsten Werke: OratioMechthildis (1956/57), Des Engels Anredung (Johann Georg Albini, 1957),Soliloquia nach Augustinus (1959-64). … inwendig voller Figur … stellt 1970/71 der Johannes-Apokalypse Albrecht Dürer gegenüber – und verweist in sei-ner Lesart darauf, dass die Apokalypse hier konkret die drohende atomareWeltvernichtung meine.

In einer Einführung für das Radio 1971 sagte Huber, worum es ihmgehe mit geistlicher und engagierter Musik: «Ich schreibe also eine extremengagierte Musik nicht mit der Absicht, soziale Strukturen durch sie verän-dern zu wollen. Ich schaffe diese engagierte Musik, um durch sie das ein-fühlende Erleben und damit das Bewusstsein des Aufnehmenden durch denChoc und die Turbulenz der Aussage zu erschüttern und auf diese Weise zuverändern. […] Deshalb glaubte ich immer und glaube auch heute daran, dassMusik legitimiert sei, sich auf der Ebene von Religions- und Glaubensinhal-ten zu bewegen, vorausgesetzt, diese bleiben sehr allgemein. Das hieße, sofernsie eben keine Ideologien sind. Von da an ist Musik Bekenntnismusik.»25

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… Ausgespannt … von 1972 wird explizit «Geistliche Musik» genannt.Hier verbinden sich alte und neue Theologien von Hiob, Juan de la Cruz, Joa-chim de Fiore, Quirinius Kuhlmann, Teilhard de Chardin. Bei Beati Pauperes(1979) erweist die Bergpredigt ihre Aktualität in der Gegenüberstellung mitErnesto Cardenal. Die Befreiungstheologie Cardenals prägt ebenso Erniedrigt –Geknechtet – Verlassen – Verachtet … (1982), wo Texte von Jesaja und FlorianKnobloch, George Jackson, Carolina Maria de Jesus einander gegenübergestelltsind. Geistliche und weltliche Texte von Hildegard von Bingen und HeinrichBöll werden auch in der «Raummusik» Cantiones de Circulo Gyrante (1985)miteinander konfrontiert. In Lamentationes sacrae et profanae ad responsoriaIesualdi steht die Polarität bereits im Titel. Der biblische Jeremiah erhält seineAktualisierung durch Verse des persischen Dichters Doulatabadi sowie Textevon Ernesto Cardenal und Klaus Huber selbst (1997). In Miserere hominibusvon 2005-2007 schließlich kommentieren sich wechselseitig der Psalm 51, dasAgnus Dei, Octavio Paz, Mahmoud Darwisch, Carl Amery, Jacques Derrida.

Allein schon von der Textwahl her zeigt sich die Nähe zur Mystik und– mit der wachsenden Politisierung – zu engagierten Stimmen. In zunehmen-dem Maße konfrontiert Huber die Textebenen miteinander, einerseits, um diefrüheren Texte zu aktualisieren, aber auch, um den Hörer aus einer mysti-schen Versenkung wieder heraus zu reißen ins Hier und Heute, im Sinne derMetanoia, der Umkehr. Immer mehr fügen sich die Texte dabei zu einer eige-nen Polyphonie zusammen, einer Mehrstimmigkeit von Texten, besonders inden Hauptwerken Erniedrigt – Geknechtet – Verlassen – Verachtet …,Lamentationes und Miserere.

«Des Engels Anredung an die Seele» – Konstruktionen

Den internationalen Durchbruch schaffte Klaus Huber am Weltmusikfest1959 mit seiner Kammerkantate von 1957, Des Engels Anredung an die Seelefür Tenor, Flöte, Klarinette, Horn und Harfe. Das Stück ist in strenger Sym-metrie aufgebaut. Das zeigt sich schon in der großformalen spiegelsymme-trischen Abfolge der sieben Teile. Der von Huber angesprochene Spiegelfindet sich aber auch auf der Ebene von Melodie und Tempi: Anfang undSchluss des Stückes entsprechen sich in rückläufiger Lesung genau. DasKontra-F der Harfe rahmt als Extrem-Ton Anfang und Schluss, der zartausgehaltene sordinierte Hornton des ersten Stücks (as) entspricht dem lei-sen Verklingen auf dem As des Tenors am Ende (NB 1a).26

Spiegelachse ist der Mittelpunkt des Stücks (Nr. 4, T. 6) mit dem zwei-maligen «steh auf, steh auf». Zuerst mit großer Septime, dann mit kleinerNone, zugleich molto forte hervorgehoben wird der höchste Ton des Werkeserreicht. Tonlage, Sprung und Dynamik bilden einen starken Kontrast zu denleisen, tiefen Liegetönen von Anfang und Schluss (NB 1d).

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NB 1a-e: Klaus Huber: «Des Engels Anredung an die Seele|Kammerkantate»

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Diese madrigalistische Steh-auf-Formel mit Sept- und Non-Auf-schwung wird übrigens bereits im zweiten Stück (T. 9) vorgebildet. WeitereTextsymmetrien und Entsprechungen gliedern, ja formen die Komposition.

Spiegelsymmetrie findet sich teils auch auf der Mikroebene der Inter-valle: So wird am Anfang die Kleinterz nach unten durch die folgende Klein-terz nach oben gespiegelt, ähnlich, wie wir es von Werken Weberns kennen.Auf einer anderen Achse spiegeln sich Klarinette und Horn wie in T. 13 (undin ähnlicher Weise bereits in den Takten zuvor) (NB 1b).

Oder nochmals auf einer andern Ebene: Der Beginn des Tenors mitfallender kleiner Sekund, fallender großer Sekund wird gespiegelt durch stei-gende kleine Sekunde, steigende große Sekunde (NB 1c)

Anfänglich identisch findet sich diese Intervallfolge zum Text «LiebsteBraut, Du schöne …» vierzig Jahre später wieder beim Agnus, das Huber demMiserere für die Luzerner Aufführung angehängt hat.

Ein letztes, aber um so frappierenderes Beispiel: Am Schluss des erstenTeils wird der Tonraum durch die Harfe förmlich aufgerissen, von der Oktave/None über drei und dann fast fünf Oktaven gestreckt, durch sforzato hervor-gehoben und unterstützt durch die Verdichtung in den Bläsern, das Accele-rando und Crescendo – und natürlich auch optisch durch das Auseinander-greifen der beiden Hände. Subito tranquillo folgt als Schnitt ein Pianissimomit langer Fermate, die Huber als spannungsvollen Stillstand bezeichnet – diezweite Fermate wirkt dann als Entspannung vor dem allein einsetzendenTenorwort «Liebste Braut …». Dies ist einer der ersten großen Kontrast-Effekte Hubers als Aufschrecken zur Umkehr, der Metanoia – oder hier inzeitlich umgekehrter Richtung im Sinne einer intensivierten Hinwendung(NB 1e).

Das Umkreisen und Liegenlassen von Tönen ruft tonale Zentren her-vor. Inspiriert von Strawinskys Threni schafft sich Huber eine eigene, oft quasidiatonisch erscheinende, freie Zwölftönigkeit. Auffallend sind dabei die häu -figen kleinen Terzen (wie z.B. in der Flöte am Anfang) und kleinen Nonensowie die Ostinati (z.B. linke Hand der Harfe). Diese kleinen Terzen undNonen bilden auch später Konstanten in Hubers Werk. EnharmonischeUmdeutungen verweisen ebenfalls auf den tonalen Kontext. Fis und cis derKlarinette in T. 4 werden so in T. 5 zu ges und des. In T. 2 fügen sich die Lie-getöne sogar zu einem ungetrübten cis-Moll-Dreiklang zusammen, der erst inder Folge durch die Verdoppelung von Harfe und Klarinette deutlich durchdie chromatischen Nebentöne gefärbt wird. Auch chromatische Linien sindhörbar, so durch die drei Phrasenansätze der Klarinette in T. 4, hervorgeho-ben durch ein poco espressivo. Ergibt sich in der großformalen Gliederungeine Siebenteiligkeit, sehen wir in den Tempo-Verhältnissen – oder auch imKleinen, wie eben in der Anzahl der chromatisch verschobenen Phrasen -einsätze – die andere symbolische Zahl, die Drei: Die Tempi molto sostenuto

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(54-58), poco agitato (80-84), subito tranquillo (56-60) und dann das poco piùanimato (Achtel bis 126) verhalten sich jeweils zum nächst rascheren wieZwei zu Drei. Auch rhythmisch findet sich die ternäre Teilung auffallend häu-fig, gelegentlich auch in Spannung zur binären.

Klaus Huber hat seine unverwechselbare Sprache sehr rasch herausge-bildet. Musikalisch ist hier schon alles angelegt. Einzig die politische, enga-gierte Komponente fehlt noch.

Soliloquia Sancti Aurelii Augustini heißt das Oratorium auf Texte ausdem ersten Buch der Selbstgespräche von Augustinus. Der zweite Teil wurdeam Weltmusikfest der IGNM 1962 von Hans Rosbaud in London uraufge-führt, während der erste Hauptteil, ein Auftrag des Internationalen Kongres-ses für Kirchenmusik in Bern, dort 1962 unter Erich Schmid seine Urauf-führung erlebte. Die frühchristliche Mystik zeitigt hier in der «Intonatio» eineVersenkung in Symmetrien, in Vokalisen, im musikalischen Kreisen, im ein -fachen Bicinnium, bei dem sich die beiden Stimmen umspielen. Mit demBeginn der «Invocatio» folgt einer der ersten für Klaus Huber so typischenKontraste, wo auf die in time Zwiesprache mit Gott die allgemeine Anrufungdes Weltschöpfers folgt, dabei ins zarte Pianissimo der Kammermusik diegeballte Macht der Orchestermasse einfällt, den Hörer erschreckt und zurUmkehr aufruft, zur Metanoia, zur Wahrheit.

Das Gegenstück zu Soliloquia ist dann laut Harry Halbreich Ernied-rigt – Geknechtet – Verlassen – Verachtet …: das subjektiv-individuell mysti-sche Bekenntnis wird hier ins Universelle des Welt-Mit-Leidens erweitert.27

Der Prophet Jesaja des Alten Testaments und der Befreiungstheologe derGegenwart zielen in die gleiche Richtung, was Huber im Nebeneinander derbeiden Texte deutlich macht. Claus Steffen Mahnkopf nahm diesen Gedankenin seine Laudatio zum Salzburger Biennale-Preis auf und umreißt so gleich-sam den Kern von Hubers Ethik: «Die Ideen Freiheit, Liebe, Umkehr, Ge -rechtigkeit, Frieden, Mitleid zielen alle auf eine Revolution, eine Umwälzungder menschlichen Verhältnisse. Insofern ist Huber auch Marxist und einChrist, der die ursprüngliche Botschaft Jesu von Nazareth beim ganzen Ernstnimmt. Es geht Huber um nichts Geringeres als die Utopie einer gerechten,befriedeten Gesellschaft.»28

«Kleine deutsche Messe» – Suche nach Freiheit

In mehrfacher Hinsicht ist die Kleine deutsche Messe von 1969 einzigartigals einziges voll funktionales Werk für die Kirche, wie Huber selbst im Vor-wort der Partitur festhält: «Die Kleine deutsche Messe ist – neben der ganzanders ausgerichteten Musik zu einem Johannes-der-Täufer-Gottesdienst –meine einzige streng liturgisch bezogene Musik. In diesem Sinn hat sie – sohoffe ich – einen dienenden Charakter. Gerade deshalb sollen verschiedene

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Möglichkeiten der Besetzung und der Abfolge offen blieben. Ich gebe im Fol-genden ein paar mögliche Fassungen als Beispiele: Originalfassung: Chor,Gemeinde, Orgel, Streichtrio, Harfe (1 Schlagzeug ad lib.), Orgelfassung li -tur gisch, Orgelfassung konzertant, A cappella, Kammermusik-Fassung (auchals konzertante Aufführung möglich), Lateinische Fassung Missa brevissima.»

Der Komponist möchte natürlich, dass sein Werk möglichst zahlreicheAufführungen erlebt. So schlägt er diese vielen Alternativen vor: von derBesetzung her bietet er aufwändigere und einfachere Fassungen an, von derFunktion her die liturgische für den Gottesdienst und die konzertante für denKonzertsaal. Dass er nicht-deutschsprachigen Chören zuliebe die lateinischenTexte in Rückübersetzungen der Musik unterlegt, befördert ebenfalls eine wei-tere Verbreitung. Darüber hinaus geht es ihm damit aber auch um das Ver-ständnis der Texte, wobei eine Rückkehr zum Latein nach dem Zweiten Vati-kanum gerade bei Huber etwas zu erstaunen vermag. Die Offenheit geht hieraber noch sehr viel weiter – ich zitiere aus dem Vorwort: «Frauen- sowie Män-nerstimmen singen [im «Alleluja»] individuell geteilt, d. h. jede(r) Sänger(in)singt selbstständig (auch innerhalb seiner (ihrer) Teilungsgruppe!). – Die ange-geben Motive können und sollen in beliebiger Reihenfolge gesungen werden,wobei jede(r) eine individuelle (wenn möglich andere) Abfolge wählt.»

Huber stellt den Sängern hierzu einfache Patterns zur Verfügung,Viertongruppen innerhalb eines Terz-Ambitus, mit Permutationen und unter-schiedlichen Ausgangstönen, sodass das ganze Zwölftonfeld bespielt wird.

Die Hintergründe für diese Offenheit sind vielseitig: Seit UmbertoEcos Opera aperta von 1962 wird das offene Kunstwerk breit diskutiert. Mit1968 geht es auch um eine Emanzipation der Interpreten – und des Publi-kums. Entsprechend breit sind die Anteile von Improvisation: «NB. AuchTempo, Diktion, Phrasierung mag von Sänger zu Sänger individuell verschie-den sein. […] Auch das spontane Erfinden individueller, freier Texte (in derMuttersprache!) sollte angeregt werden!»

Die Individualität wird hier sehr groß geschrieben. Dazu kommt aucheine ausgesprochen starke Partizipation: alle sollen hier im Gottesdienst ein-gebunden werden. Besonders am Herzen liegt Klaus Huber dabei die Ge -meinde selbst. In seinen Partituranmerkungen wählt er hierzu zum einzigenMal Majuskeln. «DIE TONHÖHEN DES GEMEINDEGESANGES SINDNICHT ABSOLUT FIXIERT. […] Jedes Gemeindeglied singt seine ‹Alle -luja’s› spontan von irgend einer Tonhöhe aus […], die seiner Stimmlage ange-nehm entspricht.»

Am Schluss nennt er auch explizit Ziel und Absicht dieser noch unge-wohnten Anforderungen: «Die Grundidee besteht also in einem neuen, spon-tanen, individuell befreiten Gemeindegesang.» Hier haben wir die volleEmanzipation der Gemeinde, angetönt ist aber auch die Aufhebung derkirchlichen Machtstrukturen, wie sie Huber später bei Franz von Assisi so

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bewundert hat. Zehn Jahre danach hat sich Huber nochmals mit der Fragenach seinem Verhältnis zu funktionaler geistlicher Musik, zu Musik im Dienstder Kirche auseinandergesetzt: «Wenn an mich als Komponist die Frage ge -stellt wird, ob ich in der Lage und dazu bereit sei, ‹vollwertige› Kirchenmusikzu schreiben, die im Rahmen der Möglichkeiten einer aufgeschlossenenGemeinde einer mittelgroßen Stadt in zumutbarer Einstudierungszeit reali-sierbar ist, muss ich als ersten Schritt die Intentionen der Frage selbst zuklären versuchen.»29

Klar lehnt er jede Affirmation durch Musik ab, bei der «keine durchungewohnte musikalische Inhalte verursachte Erschütterung, weder eineemotionale noch eine theologische in Kauf genommen werden» soll.30 Zielsind vielmehr «wesentliche Werke für eine offene Kirche. […] Was der Kom-ponist wie jeder verantwortliche Künstler immer wieder zu leisten versucht,nämlich zu einer Einheit von Gehalt und Form in seiner Arbeit zu gelangen,müsste zum eigentlichen kirchenmusikalischen Ziel werden: Wort und Musikzu einer sich gegenseitig beleuchtenden, ‹erklärenden›, verdeutlichenden Ein-heit zusammenzufassen. […]

Auch und gerade in der Musik ginge es darum, mit zu bezeugen, dassnicht alles in Ordnung ist. […] Brauchbare Musik in der Kirche müsste unsdaher weit mehr bedeuten, als dass sie praktikabel ist. Sie müsste in Gottes-dienst und Gemeinde eine eigene, starke Funktion zu übernehmen bereit sein,und wäre dies nur, das Bewusstsein derer, die sie machen und derer, die sieteilhabend hören, hin zu neuen Grenzen, vielleicht zu neuen Inhalten zuführen – vor allem aber: hin zum Menschen in seiner heutigen Existenz. Unddarum wäre es auch eines ihrer wertvollsten Ziele, dass möglichst viele, wennnicht alle, an ihr aktiv teilhaben, sei es mitsingend, mitsprechend, mittanzend,oder in einer heute vielleicht noch selten praktizierbaren Weise: in Freiheitmitmusizierend (improvisierend).»31

Der geistlichen Musik wird also eine mehrfache Aufgabe zuerkannt:Sie soll als Einheit von Form und Inhalt diesen Inhalt verdeutlichen underklären und dadurch zugleich den Menschen emanzipieren, zu einem kritischdenkenden und aktiv agierenden Wesen. Da die eingeforderte Freiheit desTuns auch im Werk selbst Realität finden soll, ist die Aufgabe eine höchstanspruchsvolle, ja letztlich eine Utopie.

Bezeichnenderweise hat sich Huber nur einmal, eben in dieser Kleinendeutschen Messe, so weit vorgewagt. Damit auch die große Masse aktiv teilha-ben kann, mussten die künstlerischen Ansprüche gewisser Passagen hinunter-geschraubt werden. Huber ging dabei sehr pragmatisch vor: Die Faktur isteinfach, aber avanciert die improvisatorische Freiheit, wie in dem vorhinangesprochenen aleatorisch offenen Feld. Und doch finden sich auch in derKleinen deutschen Messe Kontinuitäten von Hubers geistlichem Komposi -tionsstil (NB 2a).

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NB 2 a-b: Klaus Huber: «Kleine deutsche Messe»

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NB 3 a-b: Klaus Huber: «Agnus Dei per finire il Miserere hominibus»

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In der Intonatio des Agnus knüpft Huber mit den aufsteigenden Quint-schritten an den Beginn von Alban Bergs Violinkonzert an; sein fast diatoni-scher Umgang mit der Zwölftönigkeit zeigt sich beim ersten «Christe» in derKombination von Moll-Dreiklang und Tritonus-Quinte – zuerst sukzessiv,dann gleichzeitig erklingend. Auch wenn der gregorianische Choral – wie inanderen Werken Hubers – kaum irgendwo anklingt, ist die starke Verankerungin der Musik-Tradition hörbar. Aufschlussreich das dritte «Christe» (NB 2b).

Die Dissonanz-Spannung der Frauenstimmen wird aufgelöst durch dieTerzschichtung im Schlussakkord der Männerstimmen. Dieses molto f-ff desChriste wirkt als großes Ausrufezeichen, das zusammen mit dem folgendenPiano-Kontrast wiederum in den Metanoia-Zusammenhang gehört. In seinenAnmerkungen zur Partitur unterstreicht dies Huber nochmals deutlich: «Aufextreme Ausdeutung der angegebenen Dynamik ist besonderes Gewicht zulagen. D. h. die drei ‹Christe› des Chores so laut und intensiv wie möglich.‹Du Lamm Gottes› (‹Agnus Dei›) sehr leise, dunkel, die Orgel- (resp. Harfen-)Akkorde so leise und sanft wie möglich.»

«Miserere» – Weltlich und geistlich sind keine Gegensätze

Anklänge an dieses «Christe» finden wir dann im Agnus von 1990/91, dasHu ber dem Miserere von Luzern angehängt hat (Agnus per finire il Miserere,1990/91/2006). Auch dort ist es eine Komposition in Gegensätzen (NB 3a).

Man hört einen anfänglich blockweisen Wechsel von Instrumental- undVokalstimmen, das Gegenüber von Stillstand und Bewegung, den Kontrastvon dreifachem Piano und forte possibile, das auf den Schlussakkord su bito aufmolto piano zurückgenommen wird. Der eröffnende Ton der Theorbe wirktdazu wie ein fernes Echo auf den tiefen Harfenton am Beginn der Engels-Kan-tate – übrigens noch stärker erklingt dieses beim ersten Satz des Miserere, derauch mit einem tiefen Ton der Theorbe beginnt, wiederum mit dem Kontra-Fnämlich, zu dem sich dann Flöte und Klarinette gesellen. Zwar ist es diesmaleine Bassklarinette, aber in deren höchstem Register. Harmonisch ergeben sichwiederum starke Anklänge an Tonalität, respektive hier an Bitonalität: Die dreioberen Stimmen bilden zuerst einen Es-Dur-Akkord,32 der fast wie ein «Trug-schluss rückwärts» in einen verminderten Dreiklang auf d, dann auf e rutscht.Dazu singt der Bariton als Bassstimme mit H-e-A eine Art Kadenzformel aufA (Doppeldominante-Dominate-Tonika). Beim e ist übrigens auch die Dur-Terz dabei, enharmonisch als as im Haut de contre zu finden.33

Der Beginn des Tenorsolos des Engels, «Liebste Braut», wird in derIntonatio zum Agnus (und nachher im Tenor) intervallgetreu aufgenommen,diesmal kontrapunktisch hochkomplex, als cantus cancricans ad inversionem,in prolatione augmentata, also als Krebs-Umkehrung in vergrößerten Noten-werten (NB 3b).

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NB 4 a: Klaus Huber: «Miserere hominibus», «Amplius lava me ...»

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Neben diesem strengen Kontrapunkt sind auch Quinten als Ausgangs-und Zielpunkt Referenzen an die Tradition, ebenso melodischer und rhythmi-scher Duktus des Kontratenors, der einem an Gregorianischen Choral denkenlässt, auch wenn hier keine bestimmte Melodie verarbeitet wird. Bei «Asper-ges me», wo die Anrufung des Herrn gestrichen wird, lehnt sich Huber zuBeginn melodisch scheinbar der gregorianischen Antiphon an: kleine Sekund(hier zur expressiven None gedehnt) und Kleinterz aufwärts und reiche melis-matische Umspielungen.

Die mit christlicher Symbolik verbundene Zahl Sieben führt zur Stim-menzahl. Je sieben Instrumental- und Vokalstimmen fügen sich zu einemMischklang. Im «Amplius lava me ab inquitate mea et a peccato meo mundame» mit sieben Vokalstimmen a cappella wird jede dieser Stimmen mit eige-nen Schwellern hervorgehoben, um Individualität zu markieren, musikalischund inhaltlich (NB 4a).

Die Zwölftönigkeit wirkt hier beinahe diatonisch: Jede Stimme ist fürsich melodisch gedacht, einzelne Stimmen haben Vorhaltsqualität, es gibtNebennoten, unaufgelöste Vorhalte. Auch hier begegnen wir einem Beginnim Quintklang, ja Dur-Dreiklängen wie in T. 2.

Anders als in früheren Werken greift Huber nun in die Textvorlagenein. Aus dem individuellen «Miserere mei» des Buß-Psalms 51 wird das allge-meingültige «Miserere nobis» des Messetextes. Im «Amplius lava me» fügt erim Tenor 1 während der Fermate die englische Übersetzung der King-James-Bibel ein, und zwar in gut verständlicher Sprechstimme: «wash me throughlyfrom mine iniquity.» Dieses tief verinnerlichte Stück rahmt den fast herausgeschrieenen homophonen Text nach Carl Amery «Wachstum, Wachstumüber alles». Nach einem vorhergehenden Diminuendo zum dreifachen Pianound einer Fermata lunghissima bietet diese stark perkussiv begleitete Denun-zierung des reinen Materialismus einen denkbar großen Kontrast. Bei derWiederaufnahme des «Amplius» ergänzt Huber den dritten Vers subtil undnimmt dabei den «Mammonismus»-Begriff Amerys auf, schafft mit dieserIntegration eine Aktualisierung des Psalm-Textes und verweist so auf dasWelt liche im Geistlichen: «Amplius lava nos ab inquitate mammonis et vindicanos ab errore munda nos, vindica nos» (NB 4b, folgende Seite).

Das «inquiTAte», das den Bass verdoppelt, wird nun vom 2. Sopranstatt vom Mezzosopran gesungen, damit dieser frei wird für «Mammonis» mitdem expressiven Kleine-Non-Sprung abwärts. Noch stärker hervorgehobenwird dann das zweite «Mammonis». Mit dem großen Undezim-Sprung auf-wärts sticht das as’ des Tenors deutlich heraus. Dazu wird es noch unterstri-chen durch die Umfärbung der Vokale in den anderen Stimmen auf «o».34

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NB 4 b: Klaus Huber: «Miserere hominibus», «Vindica nos ab errore …»

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Weltlich und geistlich sind bei Klaus Huber keine Gegensätze.Wie weit stimmt diese Behauptung?1984 sieht Clytus Gottwald eine Bruchlinie zwischen politischer und Rück-kehr zur mystisch-religiösen Phase;35 ich würde viel mehr von einer Konti-nuität sprechen. Oder aber von einer Tendenz Richtung Verinnerlichung,Integration, Verbindung, wie es eben beim Miserere zu zeigen versucht wurde.In einem ausführlichen Text hat sich Klaus Huber zur Frage dieser Verbin-dung geäussert und dabei von einem neuen Bewusstsein gesprochen: «Aberrichtig scheint mir schon, dass ein erster Ausbruchsversuch nach innen gehenmuss. Hier sehe ich – als Christ im häretischen, sich einer bürgerlichen Kirchenicht unterordnenden Sinne – die eigentlich Chance, die tiefe Notwendigkeiteiner neuen, sich immer umfassender äußernden Spiritualität, wie sie sich ineinem Neuen Bewusstsein abzuzeichnen beginnt.»36

War es in früheren Werken meist noch das Nebeneinander und Gegen-einander von geistlichen und weltlichen Texten, durch welche die geistlichenInhalte aktualisiert wurden, so gelingt Huber etwa in seinem Miserere, wieangetönt, in Text und Musik die direkte Durchdringung der beiden Sphären.

«Durch die Stille hindurch hören» heißt ein Vortrag von 1997, gehal-ten am Japanisch-Deutschen Zentrum in Berlin, also wiederum unter der(diesmal expliziten) Affiche des Kulturdialogs. Huber spricht hier von einer«Musik zwischen Spiritualität und Verdinglichung». Noch ist die Aufhebungder Differenz nur als Ziel definiert: «Mir scheint es dringend nötig, aus derimmer noch gängigen Auffassung eines unauflösbaren Widerspruchs von Spi-ritualität und Materialität gerade auch in der Musik herauszukommen.»37 ImMiserere scheint dieses Ziel dann erreicht. In seiner Laudatio zur Verleihungdes Preises der Europäischen Kirchenmusik stellt Max Nyffeler diese Verbin-dung ins Zentrum: «Zwischen diesen beiden Sphären – Diesseitigkeit undTranszendenz – schlägt seine Musik einen weiten Bogen, und es ist bezeich-nend für Klaus Huber, dass religiöse und soziale Dimension, innere Versen-kung und politischer Protest – oder ‹Meditation und Widerstand›, um ein vonHuber zitiertes Begriffspaar von Ernesto Cardenal in Erinnerung zu rufen –dass diese scheinbar unvereinbaren Dimensionen seit den siebziger Jahren inseinen Werken eine untrennbare Einheit bilden. Die ‹Conjunctio opposi-torum› der Mystiker, das Eins-Werden der Gegensätze, ist ein Grundprinzipseiner Ästhetik, sowohl auf inhaltlicher als auch auf kompositionstechnischerEbene.»38

Die Verbindung von Ästhetik und Ethos steht auch in der Begründungdes Preises: «Seine Musik rührt an existenzielle Fragestellungen, nutzt Mittelder abendländischen wie außereuropäischen Musiktraditionen und erreicht inihrem Ausdruck der außermusikalischen Bezüge und Textvertonungen eineeminent politische Bedeutsamkeit, wie sie selten zu finden ist. Huber gilt alsKomponist, der an die Möglichkeiten einer besseren Welt glaubt und diesen

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Glauben mit hohem künstlerischen Ethos musikalisch überzeugend zum Aus -druck bringt, der mit seiner Musik immer wieder Denkanstöße gibt, derunbequem sein kann und sich nicht scheut, Farbe zu bekennen [….] Sowohlmit seinem Werk als auch in der Lehre ist Huber äußerst einflussreich auf dienachfolgende Generation.»39

Thomas Ulrich hat an die geistliche Musik Ansprüche gestellt, dieHuber in besonderem Masse erfüllt: «Geistliche Musik muss in einem beton-ten Sinne Neue Musik sein.[…] Der höchste Anspruch an den Komponistenund die Hörer, aus der Erkenntnis heraus, dass die Musik dem Geheimnis derWirklichkeit auf der Spur ist.»40 Geistliche Musik in seinem hohen Sinn isteine «dezidiert protestantische Form geistlicher Musik», thematisiert die«Leidensgestalt des Lebens» und dessen Widersprüche und überwindet so dieDistanz von aussen und innen.41 Sie richtet sich demnach an einen emanzi-pierten Hörer – Ulrich spricht sogar von «Der Glaube kommt aus demHören» und fordert so eine radikale Form auch der Rezeption.42

Klaus Huber verbindet geistlich und weltlich, das Einst und Jetzt –und auch Ost mit West, Süd mit Nord. Ein schönes Bild wählt er dafür imMiserere-Satz «O mort, est-ce là l’histoire …» nach Mahmoud Darwisch,wenn er dessen pazifistisches Bild aufnimmt: «Die Taube, sie könnte nisten /Und brüten im Helm des Soldaten / Und die Pappel wachsen auf den Raupeneines zerstörten Panzers. / Was würde also die Geschichte tun mit der Natur,/ wenn die Erde den Himmel heiratete / Und sich ergösse der heilige Regen.»Das Gedicht des Palästinensers wird in Form einer Sarabande vertont, demTanzstück, das via die Mauren in die europäische Musik eingewandert ist. DieHarfenistin spielt, wiederum zum bekannten Kontra-F der linken Hand, mitder Rechten auf dem Spieltisch, wie eine arabische Darabukka. Aus der arabi-schen Musik macht Huber dazu auch Anleihen bei Rhythmus und Tonsys -tem.43 Die Taube steht so gleichzeitig als Metapher für Geist und Seele wie fürden Frieden, die Theologie der Befreiung. Und die Verständigung und Aus-söhnung der Kulturen. Oder, wie es Max Nyffeler nennt: «Der politischeBegriff der Befreiung und der theologische der Erlösung lassen sich nichtvoneinander trennen.»44 Ob religiös oder humanistisch: Klaus Huber verbin-det die Kulturen, ruft zum Denken auf, ein engagierter Protestant und Pro-phet.

«Intarsioso» – Jede Musik kann zur geistlichen werden

Jede Musik kann bei ihm so zur geistlichen werden, wie bei Bach. Das giltauch für eigentlich instrumentale Musik: Intarsioso von 2009 ist die Rekom-position des Kammerkonzerts Intarsi. Dieses war seinerseits eine sub tileHommage an Mozart und Lutosławski, an András Schiff auch, dazu sub -kutan an die Kommunistische Partei (Unità) und die arabische Kultur.45

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In einem Interview hatte Klaus Huber im Vorfeld der Uraufführung mit mirüber dieses Werk gesprochen. Es sei «voll eingelegter Schönheiten […]; eswird zu einer eigenartigen Symbiose kommen».

«Mozart war alles andere als ein Rassist und hat in seinen Alla-turca-Sätzen eine grosse Offenheit bewiesen. […] Am stärksten ist der Mozartbezugin Unità. Das Rondomotiv wird durch rhythmisch ambivalente Prolationessequenzierend weitergeführt und mit Krebs und Krebs-Umkehrung mosaik-artig zusammengebaut. Dazu kommt ein Gegenrhythmus, wiederum ein Vul-gärrhythmus. Darüber gesetzt wird der auch im 2. Streichquartett verborgeneRhythmus «il pueblo unido». Unità sei so halb ironisch zu verstehen: Plan-wirtschaft bringt’s auch nicht. Zugleich sei es eine kleine Hommage an SergioOrtega, der den Volksfront-Gesang komponiert hatte.»46

War schon das Kammerkonzert voll semantischer Anspielungen, mehrpolitischer denn geistiger Art, so wird es nun, in seiner Rekomposition, zurgeistlichen Musik, bei der sich die zwei Schichten widerstreiten, bis in dieZeitstruktur hinein: noch filigraner als zuvor sind die Instrumentalstimmen,teils fast plakativ neu dazu die Vokalstimme mit Kurt Martis Text. Ich endemit Klaus Hubers eigenem Werkkommentar zu seinem Intarsioso: «Bei mei-ner Kontrafaktur mit Streichquartett kann die Balance sicher jetzt der Musikadäquat sein. – Die Reduktion von einem Ensemble mit acht Bläsern, achtStreichern und Schlagzeug auf ein Streichquartett bedeutete nicht bloß eineNeu-Instrumentierung, sondern forderte von mir eine wirklich kreativeRekomposition. So entstand ein in mehr als einer Hinsicht neues Werk! Dassich mich, kaum hatte ich diese Arbeit angefangen, dazu entschloss, eineFrauenstimme einzubeziehen, war eine schöpferische Neuorientierung, wel-che die Kontrafaktur ganz wesentlich bestimmte. Wenn ich Auszüge aus DU.Eine Rühmung von Kurt Marti in die Neukomposition von INTARSIOSOeinbezog, bedeutete das eine radikale Öffnung in Räume, welche die musika-lisch-musikantische Ästhetik der ursprünglichen Musik tiefgründig verwan-deln sollte, in Richtung eines in dieser Tiefe und Radikalität heute seltengeworden urchristlichen Glaubensbekenntnisses.»47

1 Klaus Huber: «Die Tiefe des eigenen Herzens ausloten. Zu einer zeitgemäßen Mystik ingegensätzlichen Kulturen», in: ders.: Umgepflügte Zeit. Schriften und Gespräche, hg. vonMax Nyffeler, Köln 1999, S. 53-66. Max Nyffeler möchte ich an dieser Stelle für verschiedenefruchtbare Hinweise herzlich danken.2 ebd., S. 53.3 ebd.4 ebd., S. 54.5 Zum Todeston vergleiche die Schrift von Hubers Vater Walter Simon Huber: Motivsymbolikbei Heinrich Schütz, Kassel 1961.6 Uraufführung war an der Pariser Opéra am 6. Februar 2009. Zum Phänomen der Rekom-position vgl. Till Knipper: «Klage um Klage. ‹Rekomposition› in Klaus Hubers Spätwerk», in:MusikTexte 123 (2009), S. 61-68.

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7 Huber: «Die Tiefe des eigenen Herzens ausloten», a. a. O., S. 61.8 ebd., S. 55.9 ebd.10 ebd., S. 53.11 ebd., S. 55.12 ebd., S. 56.13 ebd., S. 57.14 ebd.15 ebd.16 ebd., S. 58.17 ebd., S. 59.18 ebd., S. 64.19 ebd., S. 66.20 Jörn Peter Hiekel (Hg.): Sinnbildungen, Spiritualität in der Musik heute (= Veröffentlichun-gen des Instituts für Neue Musik und Musikerziehung Darmstadt, Bd. 48), Mainz 2008.21 Jörn Peter Hiekel: «Sinnstiftung und sakrale Sehnsüchte. Überlegungen zum Aspekt desSpirituellen in der Musik», in: ders. (Hg.): Sinnbildungen, a. a. O., S. 18f.22 Thomas Ulrich: «Kriterien geistlicher Musik», in: Hiekel: Sinnbildungen, a. a. O., S. 77-88, hierS. 78. 23 Hans Zender: «Spirituelle Musik, was ist das?», in: Hiekel: Sinnbildungen, a. a. O., S. 22-34,hier S. 25f.24 Helga de la Motte-Haber: «Sinngebung in der Neuen Musik», in: Hiekel: Sinnbildungen, a. a. O., S. 35-45, und Helga de la Motte-Haber: «Grenzüberschreitung als Sinngebung inder Musik des 20. Jahrhunderts», in: dies. (Hg.): Musik und Religion, Laaber 1995, S. 217-249, hier S. 240.25 zit. nach Max Nyffeler: «Utopie und Apokalypse. Engagement und Transzendenz im Werkvon Klaus Huber», in: Michael Kunkel (Hg.): Unterbrochene Zeichen, a. a. O., S. 208-217, hierS. 212f. 26 Huber spricht im Zusammenhang mit dem Es oft vom Liebeston: «Mein Vater hat immer,wenn er von Tonsymbolik erzählte, das as als Ton der Liebe bezeichnet, er meinte, dassman diesen Ton durch die ganze Literatur, nicht erst bei Schütz, beobachten könne», zit.nach Klaus Huber: Von Zeit zu Zeit, a. a. O., S. 161.27 Harry Halbreich: »Klaus Huber als Fürsprecher einer christlichen Linken», in: Hiekel: Sinn-bildungen, a. a. O., S. 244-251, hier S. 247. 28 Claus Steffen Mahnkopf: Laudatio, zit. nach der Website http://www.salzburg.gv.at/pdf-musikpr_2009_laudatio_klaus_huber.pdf.29 Klaus Huber: «Kirchenmusik», Vortrag zum Jahrestreffen der Evangelischen Kirchenmusi-ker Baden-Württemberg in Herrenalb/Schwarzwald, 16. August 1978, wieder abgedruckt als«Offen für das musikalisch Fremde? Neue Musik in der Kirche von heute», in: ders.: Umge-pflügte Zeit, a. a. O., S. 335-338, hier S. 335.30 ebd.31 ebd., S. 337.32 Nach dem »Liebeston» (vgl. Anm. 26) kommt Huber auch auf den Todeston zu spre-chen:» […] und dass der Ton Es, vor allem wenn er im Bass auftaucht, das Symbol desTodes sei.» (ebd.).33 Wiederum könnte man auch hier – gerade durch diese Dur-Aufhellung – vom LiebestonEs sprechen.34 Der Liebeston Es (vgl. Anm. 26) erscheint hier zur Mammon-Liebe pervertiert.35 Clytus Gottwald, «Nudo que ansi juntais. Anmerkungen zu einem Vokalwerk von KlausHuber», in: Ulrich Tadday (Hg.): Klaus Huber, a. a. O., S. 45.

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36 Klaus Huber: «Metanoia oder der durchkreuzende Sinn der Liebe. Zum Widerspruch desEvangeliums. Johann Baptist Metz», 1984/85, abgedruckt in: Max Nyffeler (Hg.), Pro Helve-tia Dossier, Bern 1989, als «Um der Unterdrückten willen. Gegen die Verdinglichung desMenschen», S. 19. 37 Klaus Huber: «Durch die Stille hindurch hören», in: ders.: Umgepflügte Zeit, a. a. O., S. 79.38 Max Nyffeler: Laudatio auf Klaus Huber zur Verleihung des Preises der Europäischen Kir-chenmusik, 21.7.2007, Schwäbisch Gmünd, zitiert nach der Website http://www.beckmes-ser.de/komponisten/huberklaus/laudatio2007.html.39 Preisbegründung, zitiert nach der Website http://www.remstotal.de/1210.php. (Auch beiseinen Schülern, z. B. bei Daniel Glaus und Ulrich Gasser, findet sich entsprechend nicht nurein großes Interesse an geistlicher – auch kirchlicher – Musik; Mystik und politisches Enga-gement durchdringen sich auch, wenn etwa Gasser bei seinem Streichquartett Christus-dornen mit einer herunterfallenden Besteckschublade das Publikum im Sinne der Meta-noia aus einer allfälligen meditativen Versenkung aufschreckt und wachrüttelt.)40 Ulrich: Kriterien geistlicher Musik, a. a. O., S. 88.41 ebd., S. 85.42 ebd., S. 87.43 Näheres dazu vgl. Kjell Keller: «Klaus Hubers Wege zur arabischen Musik und islamischenMystik», in: Hiekel (Hg.): Sinnbildungen, a. a. O., S. 224-232; Kjell Keller: «Der Klang über dieGrenzen. Der Globus des Komponisten Klaus Huber», in: Beat Schläpfer (Hg.): Swiss, made:die Schweiz im Austausch mit der Welt, Zürich 1998, S. 47-56; ders.: «Klaus Huber und diearabische Musik. Begegnungen, Entgrenzungen, Berührungen», in: dissonanz 88 (Dezem-ber 2004), S.14-20, und in: Kunkel (Hg.): Unterbrochene Zeichen, a. a. O., S. 180-193. Einige arabische Komponisten sehen den Umgang mit ihrer Kultur kritisch, vermissen vorallem den entsprechenden Geist. Der jordanische Komponist Saed Haddad bereitet einePolemik zu diesem Thema vor.44 Max Nyffeler: «Utopie und Apokalypse. Engagement und Transzendenz im Werk vonKlaus Huber», in: Kunkel (Hg.): Unterbrochene Zeichen, a. a. O., S. 208-217, hier S. 212f.45 Thomas Gartmann: «Portrait: Musik als Engagement. Thomas Gartmann im Gesprächmit Klaus Huber», in: Neue Zeitschrift für Musik 5/1994, S. 44-51.46 ebd., S. 51.47 Klaus Huber: «Intarsioso», Werkkommentar, datiert Panicale, 2. August 2009, zitiert nachder Website des Verlags Ricordi. Vgl. auch Knipper. «Klage um Klage», a. a. O.

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