Die neolithische Feuchtbodensiedlung Bad Oldesloe-Wolkenwehe LA 154. Vorbericht zu den...
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Transcript of Die neolithische Feuchtbodensiedlung Bad Oldesloe-Wolkenwehe LA 154. Vorbericht zu den...
Offa
Berichte und Mitteilungen zur Urgeschichte, Frühgeschichte
und Mittelalterarchäologie
Band 61/62 • 2004/05
WachhOltz Verlag NeUMüNster
herausgegebenvom Institut für Ur- und Frühgeschichte der christian-albrechts-Universität zu Kiel
und dem archäologischen landesmuseum der stiftung schleswig-holsteinische landesmuseen schloß gottorf, schleswigsowie dem archäologischen landesamt schleswig-holstein, schleswig
durch
claUs von carNap-BOrNheIM, schleswig, JOhaNNes Müller und UlrIch Müller, beide Kiel
redaktion: anke Wesse, Kieltechnische redaktion und Umschlagentwurf: holger Dieterich, Kiel
IssN 0078-3714IsBN 978 3 529 01260 0
alle rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks,der fotomechanischen oder digitalen Wiedergabe und der übersetzung, vorbehalten.
Wachholtz Verlag Neumünster
2007
gedruckt mit Unterstützung durch denVerein zur Förderung des archäologischen landesmuseums e.V.
Feuchtbodenarchäologie zum Neolithikum im nördlichen Mitteleuropa ist bisher mit Ausnahme der „Hunte-Siedlungen“ am Dümmer geprägt von Fundsituationen, in denen Abfallzonen in Uferberei-chen von Seen, Inseln oder am Ufer anderer Wasser-läufe aufgedeckt worden sind, aber keine primären Siedlungsareale. Dies steht im Gegensatz zur archäo-logischen Situation in den circumalpinen Regionen Mitteleuropas: Dort kennen wir aufgrund jahr-zehntelanger Untersuchungen Hinterlassenschaften neolithischer Einzelhöfe, Weiler und Dörfer, deren Siedlungsstrukturen mit Resten der hölzernen Ar-chitektur erhalten geblieben sind.
Umso reizvoller ist die Aufgabe, die Feuchtge-biete Nordmitteleuropas und entsprechende Hin-weise auf neolithische oder frühbronzezeitliche Feuchtbodensiedlungen zu überprüfen. Handelt es sich in allen Fällen um Spornsiedlungen, deren Ab-fallzonen im Feuchten lagen und liegen, während das eigentliche Siedlungsareal unter Mineralboden-bedingungen sedimentiert wurde? Oder finden sich, vergleichbar zum bereits angesprochenen circumal-pinen Raum, auch Fundplätze, deren Architektur auf niedrigen Uferterrassen oder niedrigen Sporn-situationen ebenfalls in Feuchtarealen konserviert wurden?
In Schleswig-Holstein bieten die zahlreichen Grabungsaktivitäten Hermann Schwabedissens um
die Mitte des 20. Jahrhunderts eine erste Möglich-keit, Entsprechendes zu überprüfen. Während un-ter den wenigen, wissenschaftlich abschließend publizierten Fundplätzen mit neolithischer Zeit-stellung nur die geschilderten Abfallzonen erfasst wurden, finden sich zumindest vereinzelt unter sol-chen Fundplätzen, für die nur kurze Fundnachrich-ten vorgelegt wurden, Hinweise auf primäre Sied-lungsareale.
Ein solcher Fundplatz ist die neolithische Sied-lung von Bad Oldesloe-Wolkenwehe LA �54. Die ersten Neugrabungen zeigen, wie hoch das Potential in noch nicht gegrabenen Arealen des Wolkenwe-her Siedlungsareales ist. Die Situation am Fund-platz ermutigt zu weiteren Untersuchungen zum Fragenkomplex nordmitteleuropäischer neolithi-scher Feuchtbodensiedlungen, natürlich auch in Verbindung mit neuen Prospektionen. Die nach-folgenden Aufsätze bilden die erste Ergebnisvorla-ge zur angesprochenen Fragestellung. Darüber hin-aus werden nicht nur die Vorteile interdisziplinärer Zusammenarbeit von Naturwissenschaftlern und Archäologen deutlich, sondern auch die zwischen dem Archäologischem Landesamt Schleswig-Hol-stein, dem Archäologischen Landesmuseum der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen, beide Schleswig, und dem Institut für Ur- und Frühgeschichte der Christian-Albrechts-Universi-tät zu Kiel.
GELEItWORt
Abfallzonen und Siedlungsareale: Fragen zur neolithischen Fundsituation in nordmitteleuropäischen Feuchtgebieten
Johannes Müller
�
INHALTSVERZEICHNIS
Sönke Hartz, Doris Mischka und Johannes Müller Die neolithische Feuchtbodensiedlung Bad Oldesloe-Wolkenwehe LA 1�4. Resultate der Untersuchungen 19�0–19�2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Doris Mischka, Walter Dörfler, Piet Grootes, Dirk Heinrich,Johannes Müller und Oliver Nelle Die neolithische Feuchtbodensiedlung Bad Oldesloe-Wolkenwehe LA 1�4. Vorbericht zu den Untersuchungen 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2�
Doris Mischka Zum Zerstörungsgrad neolithischer Siedlungen im Oldenburger Graben. Die Fundstelle Oldenburg LA 2��, Kreis Ostholstein. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6�
Helle Vandkilde A Review of the Early Late Neolithic Period in Denmark: Practice, Identity and Connectivity . . . . . . 7�
Konstantin Skvorzov Das Gräberfeld der römischen Kaiserzeit von Bol’šoe Isakovo (ehemals Lauth, Kreis Königsberg). Katalog der Funde aus den Grabungen 1998 und 1999. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
Bengt Nordqvist Der Kriegsbeuteopferplatz von Finnestorp in Schweden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221
Michaela Helmbrecht Der frühe nordische Greiftierstil. Studien zu einer stilistischen, räumlichen und chronologischen Gliederung . . . . . . . . . . . . . . . . 239
Thorsten Lemm Maskendarstellungen der Wikingerzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309
Nelly Friedland Die slawenzeitliche Besiedlung der Insel Olsborg LA 1 im Großen Plöner See, Kreis Plön. Das Fundmaterial der Grabungen 2004 und 200� sowie die Grabungsergebnisse von 19�0. . . . . . . . 3�3
Inga Hägg Grab 81 von Mill Hill, Deal, Kent/England. Mikrostratigrafische Untersuchung von Fundmaterial aus der angelsächsischen Männerbestattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417
Anna B. Kowalska Shoemaking in Medieval Wolin and Szczecin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43�
Buchbesprechungen
Lykke Johansen/Dick Stapert, Oldeholtwolde. A Hamburgian family encampment around a hearth (Thomas Terberger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4��
Maria A. Očir-Gorjaeva, Pferdegeschirr aus Chošeutovo (Nina Lau) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4�7
6
Ole Crumlin-Pedersen/Athena Trakadas (Hrsg.), Hjortspring. A pre-Roman Iron Age warship in context (Ole Harck) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460
Nordeuropæisk dyrestil 400–1100 e. Kr. Hikuin 29, 2002 (Sunhild Kleingärtner) . . . . . . . . . . . . . . . 463
Sebastian Brather, Ethnische Interpretationen in der frühgeschichtlichen Archäologie. Geschichte, Grundlagen und Alternativen (Kerstin P. Hofmann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468
Arne Schmid-Hecklau, Die archäologischen Ausgrabungen auf dem Burgberg in Meißen (Martina Kotkova) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471
Hansjürgen Brachmann u. a., Das Zisterzienserkloster Dargun (Doris Bulach) . . . . . . . . . . . . . . . . 476
Felix Biermann/Günter Mangelsdorf (Hrsg.), Die bäuerliche Ostsiedlung des Mittelalters in Nordostdeutschland (Ulrich Müller). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477
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Im Sommer 2006 fand eine vierwöchige archäologische Untersuchung des neolithischen Fundplatzes Bad OldesloeWolkenwehe LA 154 im Brenner Moor statt (Abb. 1). Die Feldarbeiten wurden vom Institut für Ur und Frühgeschichte der Universität Kiel initiiert und sie sind eingebunden in ein Prospektionsprogramm, das primär das Auffinden neolithischer Feuchtbodensiedlungen zum Ziel hat. Aufgrund der Ausgrabungen, die vor mehr als 50 Jahren (1950–1952) durch Hermann Schwabedissen in Wolkenwehe durchgeführt wurden (vgl. Hartz u. a. 2004/05), schien dieser Fundplatz vielversprechend: Aus LA 154 kennen wir das einzige „Pfahlfeld“, das Schwabedissen im Rahmen seiner Grabungsaktivitäten im südjütischen Raum dokumentierte.
Von Doris Mischka, Walter Dörfler, Piet Grootes, Dirk Heinrich, Johannes Müller und Oliver Nelle, alle Kiel
Die neolithische Feuchtbodensiedlung Bad OldesloeWolkenwehe LA 154Vorbericht zu den Untersuchungen 2006
Offa 61/62, 2004/05 (2007) 25–63.
Einleitung
50 km
WolkenweheWolkenwehe
Abb. 1. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. Lage des Fundplatzes.
Lage
Das Brenner Moor ist ein aus Seggen und Schilftorfen aufgebautes Niedermoorgebiet von maximal 3 m Mächtigkeit an der mittleren Trave, deren Niederung sich hier beckenartig verbreitert (vgl. Hartz u. a. 2004/05, 9 Abb. 2). Der heutige Flusslauf bildet die östliche und nördliche Grenze des Moores. Über die Kartierung limnischer Sedimente konnte U. Cimiotti (1983, 68 f.) die Landschaftsgeschichte in groben Zügen nachzeichnen. Demnach entwickelte sich im Spätglazial in der Niederung ein relativ großflächiges, seeartiges, pflanzen und nährstoffreiches, langsam fließendes Gewässer, dessen allmähliche Verlandung im Atlantikum einsetzte. Im relativ trockenen Subboreal wurde diese Entwicklung durch Wasserspiegelsenkungen verstärkt;
großflächige Bruchwaldgebiete bildeten sich, die jedoch im feuchtkühleren Subatlantikum partiell durch erneute Niedermoorbildung wieder zurückgedrängt wurden.
Das Brenner Moor zeichnet sich durch das Vorkommen halophytischer Vegetation aus; an verschiedenen Punkten tritt – zum Teil sogar warme – Sole mit Salzgehalten zwischen 1–2,5 % an der größten binnenländischen Salzstelle der jütischen Halbinsel aus (Bobrowski 1974, 18; Cimiotti 1983, 45 f.).
Aus den Unterlagen Schwabedissens lässt sich die ungefähre Lage der Ausgrabungsstelle nordöstlich Wolkenwehes im Brenner Moor rekonstruieren. Unter den Akten befindet sich eine alte Flurkarte, mit deren Hilfe auch das betreffende Flurstück Schier-
26
10m50
N
Steine
Grabensystem
Moderne Drainage
Pfähle
Schnitt 2
Schnitt 1
Schnitt 4
Schnitt 3
100,00
105,00
140,00
95,0095,00 130,00
Stechkastenprofil
Bohrung A
B
C
D
E
Abb. 2. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. Grabungsplan mit den Grabungsflächen von 1950–1952 und 2006 sowie der Bohrpunkte und Entnahmestelle des Stechkastenprofils in Schnitt 1.
27
blicken ermittelt werden konnte1. Der Fundplatz befindet sich inmitten der Traveniederung etwa 300 m entfernt vom Lauf der heutigen Trave in einem etwa 1 km breiten Niederungsbecken. Erst bei Wolken
wehe steigt das Gelände deutlich um ca. 15 m zur Niederterrasse an. Ein rezenter Salzaustritt befindet sich in ostnordöstlicher Richtung ca. 300 m entfernt von der Siedlungsstelle2.
Forschungsgeschichte
1950 förderten Meliorationsarbeiten Funde zutage, die bei der systematischen Landesaufnahme durch E.W. Bötel erfasst und zunächst für mesolithisch gehalten wurden. Die Funde veranlassten H. Schwabedissen noch in demselben Jahr zur Anlage eines 17 x 2 m messenden NordSüd orientierten Schnitts parallel zu einem großen Entwässerungsgraben, der an seiner nördlichen Seite um 12 m² nach Osten erweitert wurde (vgl. Hartz u. a. 2004/05, 11 Abb. 4). Aufgrund des hohen Fundaufkommens ließ er die Grabungsfläche in den folgenden zwei Jahren mit Hilfe von Schülern und Arbeitern auf über 1 000 m² vergrößern. Beim Abtiefen der Quadratmeter mit dem Spaten wurden Funde geborgen und Befunde eingemessen. Über 500 hölzerne Pfahlspitzen, die sich über das gesamte Grabungsareal in unterschiedlicher Häufigkeit verteilten, wurden kartiert und zur Untersuchung in ein Münchener Labor geschickt, wo sich ihre Spur verliert. Neben den Hölzern fallen mehrere Steinsetzungen von quadratischer und rundlicher Form auf, die bis über 1 m Durchmesser besitzen und als Feuerstellen interpretiert wurden (Abb. 2). Als dritter besonderer Befund sei ein Grabensystem unbekannter Funktion erwähnt, wel
ches sich in der Nordwesthälfte der Grabungsfläche erstreckt. Es handelt sich um ca. 50 cm breite und ca. 20 cm tiefe Gräbchen, die in die hell gefärbte Feindetritusmudde des Untergrundes eingetieft sind. Zwar diskutierten die Ausgräber auch einen natürlichen Ursprung, ein anthropogener Charakter erscheint jedoch wahrscheinlich. Aus dem Grabensystem selber sind zahlreiche Funde, Steinartefakte und vor allem Knochen überliefert. Unter den Knochen befinden sich auch menschliche, unter anderem ein relativ vollständiger Schädel.
Schwabedissen versuchte, über die Anlage etwa 1 x 1 m großer Spatensondagen die Ausdehnung der Fundstelle und die Topografie des Untergrundes zu erfassen. Die angegebenen Mächtigkeiten der Kulturschichten deuten an, dass damals nicht der gesamte Siedlungsbereich erfasst wurde (vgl. Hartz u. a. 2004/05, 10 Abb. 3). Nach Westen und Norden konnte zwar keine, im Osten beziehungsweise Nordosten jedoch noch eine 17 cm starke Kulturschicht angetroffen werden. In Richtung Süden wurde das Schichtpaket noch in einer Mächtigkeit von bis zu 25 cm beobachtet.
Paläoökologische Untersuchungen und Bohrungen 2006
Voruntersuchungen am Fundplatz Wolkenwehe konzentrierten sich zunächst auf Stechrohrbohrungen mit 5,5 cm Kerndurchmesser, um die Torfmächtigkeit und den Schichtenverlauf im Untergrund zu klären. In 10mAbständen wurden diese Bohrungen entlang eines NordSüdTranssektes bis zum mineralischen Untergrund ausgeführt. Die Bohrkerne wurden der Länge nach aufgeschnitten, fotografisch dokumentiert und beschrieben. In Abbildung 2 ist die Position der Bohrungen und in Abbildung 3 die Stratigrafie der Bohrkerne wiedergegeben. Der erste Bohrkern (A) nördlich des Grabens weist insgesamt 159 cm Torf auf, der von Wechsellagen grauer Kalk und Sandmudden unterlagert
wird. Von 2 m bis in 3 m Tiefe unter der Geländeoberfläche konnte eine graue Sandmudde erbohrt werden, die mit unterschiedlich grober Körnung fluviatile Ablagerungsbedingungen erkennen lässt. Aufgrund des geringen organischen Gehalts sind diese Schichten sehr wahrscheinlich spätglazialen Ursprungs. Der Bohrkern aus dem ehemaligen Grabungsschnitt (Kern B) zeichnete sich durch sehr inhomogenen Torf aus, bei dem der Zersetzungsgrad mehrfach wechselte, so dass er auch makroskopisch als Grabungsverfüllung anzusprechen war.
Der nächste Bohrpunkt (C) befindet sich etwa 7 m südlich der Grabung aus den 1950er Jahren. Der mineralische Untergrund liegt an dieser Position
1 Ein schematischer Plan mit eingetragenen Sondagen verzeichnet einen größeren NordSüd verlaufenden und einen kleineren grob WestOst verlaufenden Wassergraben, mit deren Hilfe die ungefähre Position der Grabungsfläche auf diesem Flurstück lokalisiert werden konnte.
2 Bei der Beurteilung der Position von Quellaustritten ist Vorsicht geboten, da das Torfwachstum sowie wasserbauliche Maßnahmen jüngerer Zeit zu einer Veränderung der Hydrologie geführt haben könnten (freundl. mündl. Mitt. U. Gräber).
28
in 75 cm Tiefe unter der Oberfläche. Zur Orientierung wurden aus diesem Bohrkern fünf Pollenproben in 10cmAbständen entnommen und aufbereitet. Die der Oberfläche nächste Probe in 20 cm Tiefe weist durch das Vorkommen von Roggen und Buchweizen auf jüngere Verunreinigungen hin. Weitere Proben zeigen, dass die Kulturschicht in 40 cm Tiefe durch relativ hohe Getreidewerte, allerdings auch durch einen hohen Zersetzungsgrad der Pollenkörner gekennzeichnet ist. Auch in 50 cm Tiefe treten noch Siedlungszeiger auf, dominiert wird das Pollenspektrum allerdings vom Kiefernpollen, der ungewöhnlich hohe Werte aufweist. Die sich daran anschließende Probe in 60 cm Tiefe ist durch sehr hohe Birken und Kiefernwerte geprägt, während Wärme liebende Laubbäume fehlen, so dass ein frühholozänes Alter dieser Schichten nahe liegt. Demnach kann am Rand der flachen Sandkuppe nicht von kontinuierlicher Sedimentation während des gesamten Holozäns ausgegangen werden.
Der sich nach Süden anschließende Bohrpunkt D hat eine ähnliche Zusammensetzung, allerdings geht hier der Torf schon in 59 cm Tiefe in eine sandige graue Feindetritusmudde über. Wiederum 10 m weiter südlich im Bohrkern E liegt eine andere Ab
folge der Schichten vor: Unter einem schwach zersetzen Torf beginnt in 21 cm Tiefe ein dunkelbrauner,
6,5
6,0
5,5
5,0
4,5
4,0
A B
CD
E
stark sandiger Torf
mäßig sandiger Torf
schwach sandiger Torf
Seggentorf
Feindetritusmudde
Kalkmudde
Sandmudde
Schluffmudde
lehmiger Sand
PPP
P
PP
P
XX
XX
Pollenprobe
Holzkohle
Flint
Knochen
mNN
Abb. 3. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. Stratigrafie der Bohrkerne A, B, C, D und E.
100 110 156
170 156
100 110 156
170 156
100 110 156
170 156
6,1
5,7
5,8
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9
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9
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5,8
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6,0
6,1
6,1
6,1
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5,7
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6,8
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6,8
6,8
6,8
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6,7 6,7
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6,9
7,2 6,9
6,9
0,75
0,75
0,750,85
0,85
0,85
0,85
0,85
0,95
0,95
0,95
0,95
1,05
1,05
1,05
1,15
1,151,25
1,15
1,15
1,15
1,15 1,
25
1,35
1,45
1,55
1,65
1,75
1,75
1,15
A
B
CN
NN
Abb. 4. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. Heutiges Relief des Fundplatzes: Oberfläche (A), Untergrund (B) und Mächtigkeit
der organischen Ablagerungen (C).
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mäßig zersetzter Moostorf, der in 78 cm Tiefe in einen graubraunen Seggentorf übergeht. Eine Pollenprobe aus diesem Material aus 130 cm Tiefe datiert diese Schicht in das Atlantikum. Eine braune Feindetritusmudde schließt sich in 141 cm Tiefe an und geht bei 156 cm in eine graue Sandmudde über.
Alle Bohrkerne weisen zwischen 18–20 cm eine Grenze zwischen stark zersetztem schwarzbraunen Torf unten und einem relativ schwach zersetzen Torf nahe der Oberfläche auf. Offenbar ist dieser Bereich durch Kultivierungsmaßnahmen beeinträchtigt, so dass die Schichtfolge in den obersten 20 cm als gestört anzusehen ist.
Es zeigte sich schon bei den Bohrungen im Gelände, dass der Fundplatz nach Süden ausläuft und hier, dem Relief folgend, mächtigere organische Schichten anzutreffen sind. Offenbar lag der Fundplatz auf einer flachen Geländekuppe im ehemaligen Seebecken, das zum Zeitpunkt der Nutzung aber bereits großflächig verlandet war. Wie die Pollenanalysen aus Bohrung C zeigen, muss der Wasserstand im frühen Holozän deutlich höher gewesen sein, sich dann aber im mittleren Holozän verringert haben, so dass an dieser Stelle über lange Zeit keine Sedimente abgelagert wurden. Zum Zeitpunkt der Benutzung dürfte der Wasserstand zumindest temporär wieder etwas höher gelegen haben, so dass sich die Torfe bilden konnten, in die die Funde eingebettet sind. Eine genauere Rekonstruktion des Seespiegels soll im weiteren Verlauf der Untersuchungen durch detaillierte Analysen erfolgen.
Die Auswertung von 144 genau eingemessenen Bohrungen mit einem PürckhauerBohrstock während der Feldmaßnahme 2006 erbrachte im erfassten Gelände ein schwaches Relief mit maximalen Hö
henunterschieden von 75 cm zwischen NN +6,45 m und +7,20 m (Abb. 4). Mithilfe der Bohrungen, die in einem Netz von etwa 5 m Abstand zueinander abgeteuft wurden, konnte belegt werden, dass auch die Oberfläche der Feindetritusmudde, die unter den Torfschichten ansteht, in etwa dem heutigen Oberflächenrelief entspricht. Die aus den Bohrdaten erfassten Angaben lassen sich in einem Geländemodell interpolieren und zeigen, dass sich der von Schwabedissen erfasste Fundplatzbereich an der Westseite einer schwachen Erhebung erstreckt. Nach Süden fällt der Untergrund deutlich ab, die Torf und Muddeschichten werden hier insgesamt mächtiger als etwa 2 m und wurden nicht mehr mit dem Pürckhauer in ihrer gesamten Mächtigkeit erfasst (Abb. 4).
Welchen Charakter hat der Fundplatz im Neolithikum gehabt und wie war diese Insel bewachsen? Aufbauend auf die Voruntersuchungen wurde, um dies zu klären, ein Stechkastenprofil aus dem Ostprofil des Schnittes 1 entnommen3.
Der Stechkasten reicht bis in 70 cm Tiefe und weist die bereits in den Bohrungen erfasste Stratigrafie von mäßig zersetztem gestörten Torf (6,73–6,53 m) über dunkelbraunem Bruchwaldtorf (6,53–6,25 m), über dunkelbraunem Seggentorf (6,25–6,065 m) und über einer grauweißen sandiglehmigen Feindetritusmudde (6,065–6,03 m) auf. Im Labor wurde das Stechkastenprofil beprobt, und zwar in 4cmIntervallen für die Pollenanalyse sowie in 1cmSchritten für die Glühverlustbestimmung und die quantitative Bestimmung von Holzkohle. Die feinstratigrafische Auswertung der Holzkohlepartikel erfolgte allerdings nur in dem ungestörten neolithischen Schichtpaket zwischen 6,53–6,25 m.
Methoden
Die Aufbereitung für die Pollenanalyse erfolgte nach Standardverfahren (Moore u. a. 1991), die Auszählung bei 400facher Vergrößerung bis zu einer Bezugssumme von mindestens 500 Baumpollenkörnern. Getreidetypen wurden bei 1000facher Vergrößerung im PhasenkontrastVerfahren bestimmt. Die Analysen führte Ute Westermann durch. Das Pollendiagramm wurde mit der TILIASoftware (Grimm 1990) berechnet und gestaltet.
Für die Glühverlustbestimmung wurde der zentrale Teil des Kerns zwischen 20–48 cm in 1cmIntervalle
unterteilt, getrocknet, bei 550° C für vier Stunden verascht, um den organischen Anteil zu beseitigen, und anschließend noch einmal bei 925° C vier Stunden behandelt, um den Kalkgehalt zu bestimmen.
Der Anteil feiner Holzkohlepartikel im Sediment wurde ermittelt, indem ein weiterer Teil des Kerns ebenfalls in 1cmSegmente unterteilt und in KOH aufgekocht wurde. Die Suspension wurde mit einem Sieb mit 0,1 mm Maschenweite gesiebt und der Rückstand in einer Petrischale unter dem Binokular durchmustert. Holzkohlepartikel konnten ausge
3 Die Grabungskoordinaten für die Oberkante des Profilkastens lauten: x = 133,395, y = 113,763, z = NN +6,73 m.
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lesen, getrocknet und auf der Analysenwaage gewogen werden4.
14CProben wurden aus dem Stechkasten in 10cmAbständen aus dem ungestörten Mittelteil des Torfes entnommen. Sie wurden in demineralisiertem Wasser in Suspension gebracht und unter dem Binokular durchmustert. Grobe Holzreste wurden manuell entfernt. Anschließend wurde zunächst mit 1 mm Maschenweite gesiebt. Der Durchsatz wies allerdings noch einen hohen Anteil von Feinwurzeln
auf, die möglicherweise erst nachträglich in den Torf eingewachsen sind und somit nicht das ursprüngliche Ablagerungsalter des Torfes repräsentieren. Deshalb wurde nochmals mit 0,1 mm Maschenweite gesiebt. Der unter dem Binokular durchmusterte Durchsatz enthielt nur noch feine Torfmatrix ohne erkennbaren Anteil an Wurzeln und wurde dem LeibnizLabor in Kiel für die 14CAMSDatierungen übergeben.
Ergebnisse
Pollenanalyse
Pollenstratigrafisch lassen sich die in dem Stechkasten erfassten Ablagerungen in drei Einheiten untergliedern, die von unten nach oben als lokale Pollenzonen (local pollen assemblage zones = lPAZ) beschrieben werden. Abbildung 5 zeigt ein Diagramm mit den häufigsten Pollentypen. Bezugssumme ist die Gesamtzahl der Baumpollenkörner, die Kurven sind sowohl normal (schwarz) als auch in 10facher Überhöhung (hell) wiedergegeben.
lPAZ A (6,07–6,23 m)Die Pollenzusammensetzung wird von Kiefer und
Birke dominiert. Außer Eiche und Ulme, die in Spuren auftreten, sind keine Wärme liebenden Bäume vertreten. Der Nachweis von Hystrichospaerideen (marine Organismen) weist auf einen Anteil umgelagerten, älteren Materials hin, so dass die Ulmen und Eichenvorkommen ebenfalls als umgelagert anzusehen sind. Dies ist sehr wahrscheinlich, da auch die Hasel, die sich als erste Wärme liebende Baumart im Holozän ausbreiten konnte, noch fehlt. Relativ hohe Werte von Beifuß, Mädesüß und Wacholder legen ein frühholozänes Alter nahe. Die Ablagerungen stammen demnach aus dem Präboreal (etwa 11 500–10 000 cal BP). Das Material kann als ein Verlandungstorf mit Seggen und Schilfanteilen beschrieben werden. Regelmäßiges Vorkommen von Süßwasseralgen der Gattung Pediastrum, von See und Teichrose sowie weiterer Wasserpflanzen lassen auf eine flache Uferzone schließen, die im Winter und Frühjahr überflutet war.
lPAZ B (6,27–6,51 m)Ein abrupter Wechsel in der Pollenzusammenset
zung zeigt, dass zwischen den Proben bei 6,23 m und 6,27 m ein Hiatus vorliegt. Zwar dominiert nach wie vor die Kiefer das Pollenspektrum bei 6,27 m, doch weist der Pollen von Erle, Eiche, Linde und das Vorkommen von Buche auf eine Alterseinstufung in das frühe Subboreal. Die hohen Kiefernwerte und gleichzeitig geringe Birkenwerte sind für diese Zeit und diesen Raum sehr ungewöhnlich und nur durch ablagerungsspezifische Anreicherung zu erklären. Im nur wenige hundert Meter entfernt gelegenen Profil „Altfresenburg“ (Averdieck 1987; 1990) erreicht die Kiefer Werte um 10 % des Baumpollens zu dieser Zeit. Eine selektive Zersetzung des Pollens ist unwahrscheinlich, da die Pollenerhaltung und das Auftreten auch empfindlicher Pollentypen gegen eine solche Erklärung sprechen. Sehr wahrscheinlich ist die starke Anreicherung mit Kiefernpollen durch das Zusammenschwemmen des Blütenstaubs im Ufersaum eines Sees zu erklären. Im zeitigen Frühjahr, zur Blütezeit der Kiefern, tritt an der Wasseroberfläche häufig ein schwefelgelber Film aus gut schwimmfähigen Pollenkörnern auf. Dieser wird im Ufersaum zusammengespült und kann dort in den natürlichen Ablagerungen erhalten bleiben.
Ein farnreiches Röhricht ist als torfbildende Pflanzengesellschaft zu erkennen. Der Niedermoortorf, der daraus hervorgegangen ist, weist keine Reste von unter Wasser wachsenden Pflanzen auf und die geringen PediastrumWerte sprechen ebenfalls für nur gelegentliche Überflutungen bzw. einen Spülsaum. Entsprechend der jahreszeitlichen Niederschlags
4 Die Auslese konnte dadurch vereinfacht werden, dass die Petriglasschale auf einem Drehteller zunächst in Rotation gebracht und dann abgebremst wurde. Das plötzliche Abbremsen bewirkt eine Schweretrennung der Partikel, wobei
leichtere Blattreste und unverkohlte Pflanzenreste am Rand des Glases verbleiben und die schwerere Holzkohle und mineralische Partikel sich im Zentrum anreichern.
31
106,
63
6,59
14
6,55
18
6,51
22
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Abb
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32
verteilung dürften diese Überflutungen hauptsächlich den Winter und das Frühjahr betroffen haben, so dass dieses Niveau des Fundplatzes zu den anderen Jahreszeiten relativ trocken gewesen sein wird. Die hohen Werte der Pollendichte im Sediment belegen eine langsame Wachstumsgeschwindigkeit. Der gleichmäßige Verlauf der Kurven, der keine Sprünge erkennen lässt, spricht für kontinuierliches Wachstum ohne bioturbate Störung: Hätten Boden wühlende Tiere oder Menschen die Schichtabfolge gestört oder unterbrochen, so wäre dies im Pollendiagramm zu sehen. Bei der Zuordnung von Funden zu Schichten mit entsprechenden Höhenangaben kann demnach von einer weitgehend ungestörten Stratigrafie ausgegangen werden.
Erstaunlich gering sind die Werte siedlungsanzeigender Pollentypen: Pollenkörner vom Getreidetyp treten nur vereinzelt auf und lassen erkennen, dass die Insel nicht dauerhaft besiedelt gewesen ist. Eine lückenlose Beprobung dieses Schichtpaketes wird sich anschließen, um auch kürzere Phasen mit Getreideverarbeitung, wie sie in den Voruntersuchungen angetroffen wurden, zu erfassen.
In den Randbereichen des Niedermoores werden zu dieser Zeit Erlenbestände gestockt haben. Die umgebende Landschaft war von Eichenmischwäldern dominiert. Die kontinuierlich ansteigenden Prozentwerte der Laubwaldarten sind vor allem durch den Rückgang der in die Prozentrechnung mit einfließenden Kiefernwerte bedingt und entsprechen keinem tatsächlichen Wandel der Landschaft zu dieser Zeit. Siedlungsanzeigende Pollentypen sind auch im Pollendiagramm „Altfresenburg“ sehr selten, so dass keine großflächige Öffnung der Landschaft anzunehmen ist. Allerdings weisen schon seit dem Beginn des Holozäns auftretende Pollenkörner der Besenheide darauf hin, dass es in begrenztem Umfang im Einzugsgebiet auch offene Standorte auf armen Böden gegeben hat. Auffällig ist, dass auch im Profil „Altfresenburg“ die Grenze Atlantikum/Subboreal mit einem Wechsel im Sediment verbunden ist. In 410 cm unter heutiger Oberfläche tritt hier ein Wechsel von Mudde zu Niedermoortorf auf, der auf eine Absenkung des Seespiegels bzw. die Verlandung des Sees an dieser Stelle schließen lässt. Damit ist auch für den Fundplatz Wolkenwehe anzunehmen, dass die Sandkuppe nicht in einem großflächigen See, sondern in einem ausgedehnten Niedermoorareal gelegen hat, das regelmäßig bei Hochwässern der Trave überflutet wurde.
lPAZ C (6,55–6,63 cm)Etwa bei 20 cm unter der Oberfläche tritt bei NN
+6,53 m im Pollendiagramm erneut ein Hiatus auf, der auf eine lange währende Unterbrechung der Torfbildung oder Störung schließen lässt. Die obersten 20 cm sind durch hohe Getreidewerte, darunter
der erst seit dem Mittelalter in hohen Werten nachgewiesene Roggen, sowie hohe sonstige Siedlungszeigerwerte geprägt. Als Torf bildende Pflanzengesellschaft ist nunmehr ein Hochmoor zu rekonstruieren, das durch hohe Werte von Torfmoossporen, von Süß und Sauergräsern sowie der Besenheide charakterisiert ist. Dies ist eine ganz junge Bildung, die – wie neuzeitlicher Schutt in den obersten Schichten vermuten lässt – zudem durch Einträge und Umlagerungen gestört ist.
Glühverlustbestimmung
Abbildung 6 gibt die Ergebnisse der Glühverlustbestimmung und der quantitativen Analyse feiner Holzkohlepartikel wieder. Die erste Kurve zeigt den Wassergehalt des Torfes, der mit dem mineralischen Anteil negativ korreliert ist. Die Werte schwanken um die 80%Marke, was typisch für Niedermoortorf ist. Ein Wassergehalt von über 80 % tritt nur in den Proben zwischen 6,26–6,21 m auf, die zugleich
Abb. 6. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. Ergebnisse der Glühverlustbestimmung und der quantitativen Analyse feiner
Holzkohlepartikel.
33
die mit dem geringsten Glührest darstellen. In diesem Bereich scheint das Torfwachstum relativ ungestört erfolgt zu sein. Die zweite Kurve zeigt die Ergebnisse der Glührestbestimmung. Ganz links ist der Anteil von Calciumcarbonat, also Schnecken und Muschelschalen sowie sedimentäre Kalkbildungen, angezeigt, es folgt der übrige mineralische Anteil am Sediment bzw. Torf und ganz rechts die organische Komponente. Der Kurvenverlauf zeigt an der Basis einen abnehmenden Kalkgehalt. Im Verlauf des frühen Holozäns liegen aus den glazialen Ablagerungen noch reiche Kalkreserven vor, so dass das Sediment reichlich kalkige Anteile aufweist. Ab 6,19 m gehen die Werte aber auf unter 5 % zurück, was auf eine allmähliche Verlandung schließen lässt. Dies wird auch durch den hohen organischen Anteil in diesen Proben bestätigt. Auch wenn der oben erwähnte Hiatus im Torf optisch kaum auszumachen ist, so zeigt die Kurve des Glührestes einen deutlichen Sprung zwischen 6,25 m und 6,26 m. Höhere Glührestwerte legen ein anderes Ablagerungsmilieu nahe: Der gelegentlich überflutete Niedermoortorf hat einen relativ hohen mineralischen Anteil, der erst im oberen Drittel der untersuchten Sequenz allmählich abnimmt. Diese Einträge sind aber offenbar natürlichen Ursprungs, da sie nicht mit der Quantität der Holzkohlepartikel korrelieren.
Quantitative Holzkohlebestimmung
Dieses Verfahren versprach eine feinstratigrafische Untergliederung der Torfschicht in Phasen unterschiedlicher Nutzungsintensität. Der Pollen spiegelt diese Nutzung nur recht schwach wider. Dies ist damit zu erklären, dass der meiste Blütenstaub von Getreide bei der Ernte und beim Dreschen freigesetzt wird. Liegen die Felder entfernt, auf den umgebenden Anhöhen und erfolgte das Dreschen an anderem Ort, etwa den permanenten Siedlungen, so kann hier Nahrung zubereitet worden sein, ohne dass dies mit Mitteln der Pollenanalyse nachzuweisen wäre. Die Aktivitäten auf der Insel waren aber offenbar immer mit dem Anfachen von Feuer verbunden, so dass Holzkohle in den Fundschichten sehr häufig ist. Die feinstratigrafische Analyse des Bereiches zwischen 6,26–6,55 m ergab die in der dritten Kurve in Abbildung 6 wiedergegebene Verteilung. Die Kurve zeigt einen insgesamt dreigipfeligen Verlauf. Ein erstes Maximum ist im Bereich zwischen 6,31–6,34 m auszumachen. Für 3 cm gehen die Werte wieder deutlich zurück, um dann zwischen 6,38–6,41 m ein zweites Maximum zu er
reichen. Der allmähliche Rückgang vollzieht sich bis zu den Proben bei 6,51–6,52 m, die erneut einen abrupten Anstieg erkennen lassen. Wie im Folgenden gezeigt wird, entspricht diese Dreigipfeligkeit sehr gut den Aktivitätsphasen des Fundplatzes.
14CDatierungen
Die an feiner Torfmatrix durchgeführten 14CDatierungen belegen ein kontinuierliches, recht langsames Wachstum des Torfes. Abbildung 7 zeigt ein ZeitTiefenDiagramm mit der 2sigmaStandardabweichung der kalibrierten Werte. Nur die obersten 12 cm der Fundschicht scheinen sehr schnell akkumuliert zu sein. Projiziert man die drei Aktivitätsphasen aus der quantitativen Holzkohlebestimmung in dieses Diagramm, so ergeben sich deutliche Unterschiede für diese Nutzungsphasen. Eine liegt ca. 3500–2500 v. Chr., die zweite ca. 2000–1300 v. Chr. und die dritte etwa um 1000 v. Chr. Die in diesem Diagramm angeführten Tiefen beziehen sich selbstverständlich nur auf das aus der Grabungswand gewonnene Stechkastenprofil. Da die Fundschichten innerhalb der Grabungsfläche ein geringfügiges Gefälle haben, können die Funde nicht 1:1 in die Profilwand übertragen werden. Eine Abweichung der einzelnen Funde bzw. Fundschichten im Bereich von wenigen Zentimetern muss deshalb einberechnet werden.
22
30
38 6,35
6,43
6,51
6,2746
Tief
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N
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I
II
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4500 4000 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500cal BC
KIA-32803
KIA-32802
KIA-32801
KIA-32800
Abb. 7. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. ZeitTiefenDiagramm mit der 2sigmaStandardabweichung der kalibrierten
Werte.
34
Im Umfeld des Siedlungsplatzes sind in den 1980er Jahren eine Reihe von Untersuchungen zur Geomorphologie durchgeführt worden (Cimiotti 1983; 1984; 1987; Willkomm 1987 a). Aus einem Radius von 4 km um den Fundplatz liegen drei Pollenanalysen vor. Eine stammt aus dem Seefelder See, etwa 3,5 km nördlich des Brenner Moores, eine aus dem Poggensee, rund 2,8 km östlich, bei dem dritten handelt es sich um das Diagramm Wolkenwehe, das aus dem Brenner Moor stammt und etwa 500 m westlich des Fundplatzes entnommen wurde (Averdieck 1987; 1990; Willkomm 1987 b). Ein weiteres Diagramm, das zum Vergleich herangezogen werden kann, stammt aus dem 32 km nordnordwestlich gelegenen Belauer See (Wiethold 1998). Die Daten dieses Sees sind aufgrund neuerer Datierungen (Dörfler u. a. in Vorbereitung) und einer gut zählbaren Jahresschichtung dazu geeignet, eine Chronologie der beobachteten Phänomene zu liefern.
Im Belauer See zeichnet sich um 3500 v. Chr. die mittelneolithische Landnahmephase mit einem Steilanstieg der Siedlungszeiger ab. Zu Beginn des 3. Jts. endet diese Landnutzungsphase und eine Regeneration der Wälder setzt ein. Bereits um 2800 v. Chr. nehmen allerdings die Siedlungszeigerwerte wieder leicht zu und laufen dann bis 2350 v. Chr. fort. Zu dieser Zeit kommt es erneut zu einem Rückgang der Siedlungszeiger. Wenn auch die Getreidenachweise zuvor nicht kontinuierlich waren, so fällt doch auf, dass sie nunmehr für zweieinhalb Jahrhunderte ganz ausfallen. Ein deutlicher Rückgang der Besiedlung um 2350 v. Chr. mit einer Regeneration des Waldes ist hieraus abzuleiten. Ein erneutes Ansteigen der Siedlungszeigerwerte ist erst um 2100 v. Chr. zu beobachten. Somit sind im 4. und 3. Jt. v. Chr. im Umfeld des Belauer Sees mehrere deutliche Schwankungen in der Intensität und Art der Besiedlung und Waldnutzung zu erkennen (Wiethold 1998; Dörfler im Druck).
Ein ganz ähnlicher Kurvenverlauf ist im Diagramm Seefeld (Averdieck 1987; 1990, umgezeichnet bei Wiethold 1998) zu beobachten. Das Ende des Atlantikums ist hier durch den Ulmenfall in einer Tiefe zwischen 840–815 cm zu beobachten. Dieses Ereignis datiert auf 3900 cal BC. Kurz darauf setzt der Spitzwegerich ein, der als bester Anzeiger für anthropogene Eingriffe in die Landschaft anzusehen ist. Zu einer deutlichen Zunahme der Siedlungszeiger kommt es allerdings erst in einer Tiefe
von 710 cm, was der mittelneolithischen Landnahmephase aus dem Belauer See entsprechen dürfte. Viele Parallelen – wie etwa der synchrone Rückgang der Eschen und Lindenwerte – sprechen dafür, dies als überregionales Phänomen anzusehen.
Im Poggensee ist der Ulmenfall in 1705–1745 cm Tiefe zu beobachten. Aufgrund der höheren Wachstumsgeschwindigkeit der Sedimente verlaufen in diesem Profil die Prozesse, ähnlich wie im Belauer See, über größere Tiefenbereiche gestreckt. Der Ulmenfall ist hier durch konventionelle 14CMessungen und durch Korrektur des Hartwassereffekts und einer dendrochronologischen Kalibrierung (Willkomm 1987 a) auf 4000 v. Chr. datiert, was als recht gute Übereinstimmung anzusehen ist. Der schnelle Anstieg der Siedlungszeiger in 1200 cm Tiefe ist mit demselben Verfahren auf etwa 3550 cal BC datiert, was ebenfalls eine befriedigende Übereinstimmung darstellt5.
Beim Poggensee handelt es sich um ein kleines Seebecken mit nur 300 x 350 m Durchmesser. Eine neolithische Siedlung muss in unmittelbarer Nähe gelegen und die Produktivität des Gewässers offenbar so stark beeinflusst haben, dass sich in kurzer Zeit große Sedimentmengen angereichert haben. Im Belauer See dauert diese Phase etwa 500 Jahre und erstreckt sich über 75 cm im Sediment, im Seedorfer See über 35 cm, im Poggensee über 90 cm. Die Zeitdauer kann in diesen beiden Seen nur grob auf ebenfalls 500 Jahre geschätzt werden.
Das Diagramm aus dem Brenner Moor, Bohrpunkt Altfresenburg, hat eine deutlich geringere Auflösung, so dass die neolithischen Siedlungsphasen hier nur in Einzelproben repräsentiert sind. Zudem hat es keine unabhängige Altersbestimmung und kann nur grob über einige pollenstratigrafische Fixpunkte datiert werden. Zu beachten ist allerdings der relativ starke Kontrast zwischen dem Diagramm aus dem vergleichsweise großen Moor, das nur schwache Landschaftsveränderungen zeigt, und den Diagrammen aus kleineren Seen, die starke Auswirkungen im kleinräumigen Maßstab erkennen lassen. Bemerkenswert an diesem Profil ist vor allem, wie bereits oben erwähnt, dass am Ende des Atlantikums das Seebecken offenbar so stark verlandet war, dass die im frühen Holozän überflutete Insel trocken gefallen ist. Willkomm (1987 b) hat eine Reihe von MuddeTorfKontakten aus dem Travetal datiert und kann belegen, dass an mehreren Po
Diskussion
5 Allerdings weisen in diesem Bereich der Kernfolge 3 m Sediment ein nahezu gleiches Alter auf, so dass hier eine Nachmessung mit AMS14CDatierungen angebracht erscheint.
35
sitionen ein Torf, der im späten Atlantikum gebildet wurde, direkt über einer frühholozänen Mudde liegt, ähnlich wie dies auch am Fundplatz der Fall ist. Demnach ist nicht nur mit kleinräumigen, sondern mit regionalen Schwankungen des Wasserstandes zu rechnen6.
Im Bereich dieser aus paläoökologischer Sicht hochspannenden Gewässer und Verlandungssituation setzte die Neugrabung Wolkenwehe an, um das archäologische Potential des Fundplatzes mit seiner nur mäßig dokumentierten Altgrabung zu evaluieren.
Grabungstechnik und Verlauf der Grabung
Der Grabungsplan Schwabedissens verweist auf ein Vermessungssystem, das sich am Verlauf des Hauptentwässerungsgrabens orientierte. Bei der Nachgrabung 2006 wurde daher versucht, dem Grabungskoordinatensystem exakt diese Ausrichtung zu geben, um den bestehenden Plan unkompliziert um die neu untersuchten Flächen ergänzen zu können und Distanzen leicht „abzugreifen“. Der Koordinatenursprung mit den Koordinaten 100/100 wurde in der Nordwestecke eingerichtet, die xAchse erstreckt sich nach Süden, die yAchse nach Osten (siehe S. 26 Abb. 2). Im Verlauf der Kampagne wurden drei Schnitte von 2,60 x 4 m und 2,80 x 4 m und eine Sondage von 1 x 1 m (Schnitt 4) angelegt. Mit Schnitt 1 sollte ein Teil der Altgrabung so erfasst werden, dass sie eindeutig positioniert werden konnte. Dazu wurde ein Bereich im Süden der Altgrabung mit winkelartigem Verlauf der Grabungsgrenze ausgewählt. Diese Ecke bot zudem den Vorteil eines im alten Grabungsplan eingezeichneten „Drainagegrabens“. Bereits nach dem Abdecken des Oberbodens mit seiner überwiegend aus über 1,6 m hohen Brennnesseln bestehenden Vegetation, bei der bereits zahlreiche Flintartefakte zutage kamen, war im Planum eine Zweiteilung zu sehen, die sich in der Folge als die alte Grabungsgrenze zu erkennen gab. Dass bereits mit dem ersten Schnitt die Ecksituation erfasst worden war, konnte beim Begradigen des Profils sicher erkannt werden.
Östlich und parallel zum ersten Schnitt wurde in 1,20 m Abstand und mit 2 m Versatz nach Süden ein zweiter Schnitt begonnen. Nach dem Abtrag des Oberbodens zeichnete sich im Planum ein diagonaler Befund ab, der in Form eines knapp 40 cm breiten Streifens von Südosten nach Nordwesten verlief und exakt der Verlängerung des Drainagegrabens aus Schwabedissens Plan entsprach (siehe S. 26 Abb. 2; 39 Abb. 11).
Nachdem die Ecksituation im Altplan lokalisiert und das neue Grabungssystem deckungsgleich über dem alten ausgerichtet war, wurde die bereits in den 1950er Jahren ausgegrabene Nordhälfte des ersten Schnittes zügig abgetieft; in diesem gestörten Bereich waren keine Befunde mehr zu erwarten. Der Fund der Tonrohrdrainage bestätigte einerseits die vorläufige Interpretation des streifenförmigen Befundes aus Schnitt 2 als Verlauf des Drainagegrabens, andererseits bot sich die Gewissheit, die Position der alten Grabungsfläche erfasst zu haben.
Das im weiteren Vorgehen angestrebte Graben nach natürlichen Schichten war aufgrund der schwierigen Erkennbarkeit von Befundgrenzen nur eingeschränkt möglich. Da die natürlichen Schichten in Form von Torfpaketen unterschiedlich und zum Teil fast 40 cm mächtig waren, wurden künstliche Zwischenplana in 5–20cmAbhüben angelegt7. Das Einmessen „besonderer“ Funde (Steingeräte, Keramikscherben, Knochenartefakte) erfolgte punktgenau mit einem elektronischen Tachymeter. Andere Funde wurden nach Planum, Quadratmeter und Befund erfasst.
Aufgrund der exakten Korrelation unseres Messnetzes mit dem SchwabedissenMessnetz wurde im Bereich der Altgrabung eine Stelle von etwa 1 m² sondiert, an der im Altplan mehrere Pfähle dicht beieinander eingezeichnet waren (Schnitt 4; siehe S. 26 Abb. 2). Ziel war es zu überprüfen, ob Schwabedissen möglicherweise doch nicht alle Pfähle hat entnehmen lassen. Leider war dies nicht der Fall: Gefunden wurde einzig ein alter Messpflock, Pfähle fehlten.
Ein dritter Schnitt von 2,6 x 4 m Größe wurde im Nordosten der Fläche begonnen, dessen Südwestecke einen Teil der alten Grabungsfläche beinhaltet. Aufgrund der schlechten Witterung während der Ausgrabungsperiode konnten die Arbeiten leider nicht beendet werden8.
6 Mit weiteren Pollenanalysen aus dem Bereich des Brenner Moores soll diesen Fragen und der Frage nach dem Alter der Salzquellen im Umfeld des Fundplatzes in den nächsten Jahren nachgegangen werden.
7 Kellen stellten das bevorzugte Grabungswerkzeug dar. Der Grundwasserstand von durchschnittlich 25 cm unter der Geländeoberfläche erforderte den Einsatz von Pumpen;
Grabungsbrücken des Typs Hornstaad kamen zum Einsatz.8 Die Fundschicht im unteren Teil des Torfes konnte freige
legt, fotografiert, Planum und Funde eingemessen werden, eine Zeichnung wurde nicht mehr angefertigt. Eine Plane schützt diesen Zustand für das Weiterarbeiten bei zukünftigen Grabungen.
36
10m50
N
100,00
105,00
140,00
95,0095,00 130,00Mittelneolithikum
Frühneolithikum
spätes Jungneolithikum
frühes Jungneolithikum
Abb. 8. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. Diachrone Kartierung von Keramikscherben nach A. Moser.
37
In den Vorberichten zur Altgrabung werden stratigrafische Beobachtungen erwähnt, die in den wenigen Unterlagen allerdings nicht dokumentiert sind. So sollen ein Horizont vom Übergang Früh/Mittelneolithikum mit Keramik im Fuchsbergstil, ein frühjungneolithischer mit Schnurverzierung der Einzelgrabkultur und ein spätjungneolithischfrühbronzezeitlicher Horizont mit Glockenbecherscherben, gestielten und geflügelten Pfeilspitzen und einem Dolchbruchstück unterschieden werden können (Schwabedissen 1953, 231; 1958, 27; Hartz u. a. 2004/05). Die frühneolithischen Funde seien „von dem [Horizont] der jüngeren Besiedlung abgesetzt, während sich der mittlere und jüngere Horizont überlagerten“ (Schwabedissen 1958, 27). Unklar bleibt also, ob die älteste Phase räumlich oder stratigrafisch von den übrigen Hinterlassenschaften getrennt ist. Eine erste Kartierung ausgewählter Keramikformen durch Andrea Moser lässt keine horizontalstratigrafische Trennung zwischen Früh, Mittel, Jung oder Spätneolithikum erkennen (Abb. 8).
Profilverläufe sind zwar im alten Schnittplan verzeichnet, es existieren jedoch keine Aufzeichnungen, die in diesem Punkt Aufschluss geben könnten. Bei der Ausgrabung 2006 konnte folglich auf keine durch Schwabedissen wissenschaftlich dokumentierte Schichtabfolge zurückgegriffen werden.
Die generelle Schichtabfolge in den drei Schnitten des Jahres 2006 war auffallend konstant, so dass hier stellvertretend für die neuen stratigrafischen Beob
achtungen das Ostprofil in Schnitt 2 in seinem Profilaufbau beschrieben wird (Abb. 9).
Schicht 1000–20 cm (NN +6,84 m bis 6,64 m): Oberboden, stark sandiger Torf, durchwurzelt und mit prähistorischem und rezentem Fundmaterial durchsetzt.
Schicht 20020–65 cm (NN +6,64 m bis 6,19 m): Dunkelbrauner Bruchwaldtorf, durchsetzt mit bis zu 20 cm langen, sehr weichen Holzstückchen und Wurzelresten. Aufgrund des Fundvorkommens und der Holzreste lässt sich der Bruchwaldtorf in drei Bereiche differenzieren:– Schicht 201, 20–30 cm (NN +6,64 m bis 6,54 m):
fast fundleer, Unterkante markiert durch Oberkante von Pfahl 6261;
– Schicht 202, 30–50 cm (NN +6,54 m bis 6,34 m): fundreich, in Schnitt 1 und 2 Schnurkeramik/Glockenbecherscherben, Unterkante markiert durch Oberkante von Pfahl 2423;
– Schicht 203, 50–65 cm (NN +6,34 m bis 6,19 m): fundreich, in allen Schnitten mittelneolithische Scherben, Unterkante markiert durch Seggentorf und Oberkanten verschiedener Pfähle.
Schicht 30065–85 cm (NN +6,19 m bis 5,99 m): Grünbrauner Seggen/Schilftorf ohne Funde mit Pfählen. In
Befunde und Stratigrafie
KIA–30913672+85calBC
25–14
6–261
24–12
XX XX
3-52
25-16
25-15
25-14
6-261
25-13
24-12
24-11
KIA-30913770-550calBC
KIA-309152870-2670calBC
KIA-309142890-2690calBC
6,80
100
201
202
203
300
400
6,60
6,40
6,20
6,00
5,80
Schicht
135,28117,70
138,80117,70N
mNN
Holzpfahl
XXFelsgestein
Flint
Knochen0 5 10
10020120220
0
203300400
Menge Felsgesteintrümmer pro Schichtstark sandiger Torf
mäßig sandiger Torf
Seggentorf
Feindetritusmudde
Störung (Drainagerohr)
Abb. 9. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. Ostprofil des Schnittes 2 mit hineinprojizierten Funden der Schnitte 1 und 2.
38
Schnitt 2 erwiesen sich die Holzpfähle als an der Grenze zwischen dieser Schicht und der darüber befindlichen abgewittert.
Schicht 40085–95 cm (NN +5,99 m bis 5,89 m): Grauweiße sandig lehmige Feindetritusmudde (in Schnitt 1 auch weißgraues schmales Band aus Sand), fundsteril,
vereinzelt durchwurzelt.
Neben den pollenanalytischen Befunden belegen die vertikalen Positionen der Unterkanten größerer Steine die vorgenommene Schichtunterteilung. So ist die Verteilung der Tiefenwerte bimodal: erfasst wird wohl ein Laufhorizont in Höhen NN +6,34–6,40 m, ein anderer in ca. NN +6,25 m (siehe Abb. 9).
Befunde und Pfähle
An rezenten Befunden wurde neben der alten Grabungsfläche ein Drainagegraben mit Drainagerohr dokumentiert. Innerhalb der Schichten, vor allem im Bruchwaldtorf (Schicht 200, Abb. 9) fielen wiederholt lehmigere Flecken von gräulichbrauner Farbe auf, die sich nicht als flächige Befunde erfassen ließen. Mit Ausnahme des Pfahles 6261 (Oberkante an der Oberkante von Schicht 202 abgewittert) steckten alle Pfähle in der untersten Torfschicht (Schicht 300): Es fanden sich sechs bearbeitete Pfahlspitzen (2411, 2412, 2513, 2514, 2515, 2516), erhalten noch mit einer Länge von ca. 10–40 cm (Abb. 9–12; Tab. 1)9.
Die Pfähle steckten mehr oder weniger schräg im Boden, die Oberkante lag bei ungefähr NN +6,18 m an der Befundgrenze zwischen Schicht 300 und Schicht 203 (Abb. 9). Einige ergeben eine lineare Anordnung (Abb. 10–11). Radiometrische Datierungen von zwei Pfählen belegen eine Zeitstellung im älteren Jungneolithikum (nach Hübner 2005) um 2750 cal BC (Proben: KIA30914, KIA30915).
Im Gegensatz dazu wurde die Oberkante des Pfahls 6261 im Grenzbereich der Schichten 201 und
202 des Bruchwaldtorfes bei NN +6,42 m gemessen. Dieser Pfahl weist mit 672 ± 85 cal BC (KIA30913) ein deutlich jüngeres Alter auf als die stratigrafisch tiefer liegenden 14Cdatieren Pfähle und ist mit 26 cm wesentlich kürzer erhalten (Tab. 1–2; Abb. 9).
Abb. 10. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. Foto der Pfähle des Schnittes 2 in situ.
Tab. 1. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. Maße der Pfähle und Holzarten (Bestimmung H. Kroll).
FundNr. Holzart Art der Zurichtung maximaler Durchmesser
erhaltene Länge
Oberkante (NN)
Unterkante (NN)
14CDatumProbeNr.
cal BC
6261 Alnus (Erle) polygonal zugespitzt 8,0 cm 25,6 cm 6,42 m 6,16 m KIA30913 770–5502411 Alnus (Erle) gegenständig zugespitzt
(zweiseitig) 6,5 cm 36,8 cm 6,17 m 5,87 m KIA30914 2890–2690
2412 Acer (Ahorn) einseitig zugespitzt? 6,5 cm 11,0 cm 6,19 m 6,09 m . .2513 Alnus (Erle) zweiseitig zugespitzt 6,0 cm 42,0 cm 6,17 m 5,80 m KIA30915 2870–26702514 Acer (Ahorn) zweiseitig zugespitzt 5,0 cm 10,0 cm 6,18 m 6,08 m . .2515 Alnus (Erle) einseitig oder zweiseitig 5,0 cm 29,6 cm 6,18 m 5,91 m . .2516 Alnus (Erle) polygonal zugespitzt 5,5 cm 38,0 cm 6,20 m 5,84 m . .2181 Alnus (Erle) Bearbeitungsspuren 11,0 cm 42,0 cm . 6,50 m . . 352 Alnus (Erle) nicht zugerichtet? 7,0 cm 17,6 cm 6,11 m 5,93 m . .2423 Alnus (Erle) nicht zugerichtet? 19,0 cm 37,6 cm . 5,79 m . .
9 Dazu gesellen sich zwei weitere Hölzer (352, 2423), deren artifizieller Charakter als unsicher bezeichnet werden muss, und
ein drittes deutlich härteres Holzstück mit Schnittspuren (2181) aus einem gestörten Bereich der Altgrabung (Schnitt 3).
39
Auch Schwabedissen hatte neben unterschiedlichen Pfahllängen – die Pfähle seines „Glockenbecherhorizonts“ waren länger (Schwabedissen 1958, 27) – Differenzen in der Tiefenlage der Hölzer be
obachtet10 (Hartz u. a. 2004/05). Beim jetzigen Kenntnisstand würden wir somit zwischen spätbronzezeitlichen und jungneolithischen Pfählen differenzieren.
10 Höhenmesswerte sind jedoch aus den Unterlagen nicht zu entnehmen.
24-12
6-261
Pumpen-sumpf
Altgrabung
24-11
25-13
24-12
25-15
25-16
25-14
24-23
Holzpfahl
Felsgestein
Holzkohle
Lehmflecken
Störung(Drainagerohr/-graben)
Knochen
Flint
Keramik
1m0
N
114
137
111
137
133
114
111 133
118139
115
139
135
118
115 135
Abb. 11. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. Detail des Grabungsplans mit den Schnitten 1 und 2 im 5. Planum (Schicht 202). Die Pfähle aus der tieferen Schicht 300 sind zur Veranschaulichung ihrer Anordnung in die Fläche projiziert.
40
Von vier AMSDaten der Funde weisen drei ein neolithisches Alter auf (Tab. 2). Das älteste Datum von ca. 3500 v. Chr. stammt von einer Speisekruste aus dem Inneren einer Scherbe, die typologisch in die mittelneolithische Trichterbecherkultur einzuordnen ist. Ihr δ13CWert liegt weit im negativen Bereich, was auf ein etwas zu hohes Alter hinweisen könnte (siehe S. 42).
Zwei Pfahlspitzen, deren Oberkanten etwa auf gleicher Höhe bei NN +6,17 m erhalten blieben,
stammen aus dem frühen Jungneolithikum, ihre kalibrierten Alter liegen bei etwa 2750 v. Chr. Die Oberkante der meisten anderen zugespitzten Pfähle befindet sich auf ähnlichen Niveaus, so dass sie möglicherweise ein vergleichbares Alter aufweisen.
Ein weiterer Pfahl in stratigrafisch höherer Position datiert in die späte Bronzezeit und zeigt damit Aktivitäten in diesem Gebiet auch in deutlich jüngerer Zeit an, die auch durch die feinstratigrafische Analyse der Holzkohlepartikel nahe gelegt werden.
14CDatierungen
Tab. 2. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. 14CDaten.
ProbeNr. Messwert (BP) cal BC (1 σ) Probenmaterial δ13C ‰ FundNr.
KIA30819 4700 ± 30 3630–3370 Speisekruste –31,46 ± 0,18 676KIA30915 4150 ± 29 2870–2670 Holz –26,48 ± 0,14 2513KIA30913 2514 ± 26 770–550 Holz –26,56 ± 0,10 6261KIA30914 4188 ± 38 2890–2690 Holz –26,39 ± 0,12 2411
KIA32800 2969 ± 23 1258–1130 Niedermoortorf –24,80 ± 0,30 22 cmKIA32801 2935 ± 24 1210–1052 Niedermoortorf –27,15 ± 0,18 30 cmKIA32802 3876 ± 29 2455–2295 Niedermoortorf –26,32 ± 0,11 38 cmKIA32803 5269 ± 28 4219–3997 Niedermoortorf –23,73 ± 0,18 46 cm
Funde
Holz
Die Holzartenbestimmung der Pfähle und anderer, unbearbeiteter Hölzer ergab eine deutliche Erlendominanz (Alnus) unter den 15 Funden11 (Tab. 1). Abgesehen von zwei Pfählen aus Ahornholz (Acer) und einem Astbruchstück aus Eiche (Quercus) gehören alle der Erle an (Abb. 12). Die sieben Pfähle weisen partiell Facetten auf: Sie sind einseitig oder po
lygonal zugespitzt. Der mittlere Durchmesser der Stücke beträgt 6,1 cm bzw. 6,2 cm für die Pfähle aus Erlenholz. Dieser Mittelwert liegt deutlich über dem der schweizerischen Pfahlbausiedlung ArbonBleiche 3 mit mittleren Durchmessern von nur 4,7 cm, für die eine Funktion als Bauhölzer anzusetzen ist (Leuzinger 2000, 89 Abb. 112).
Keramik
Die aus den fast 21 m³ Fundschichten geborgenen knapp 1400 Keramikscherben (Gesamtgewicht: über 1,3 kg) sind aufgrund des sauren Bodenmilieus nur partiell gut erhalten (Abb. 13). Die Scherben stammen im Wesentlichen aus den Schichten 202 und
20312. Von den wenigen verzierten Keramikeinheiten (61 verzierte Scherben, also 4,4 % [161 g]: 6 Rand , 39 Wand, 16 Bodenscherben und unbestimmbare Fragmente) werden im Folgenden in stratigrafischer Reihenfolge die diagnostischen vorgestellt.
11 Wir danken H. Kroll, Institut für Ur und Frühgeschichte der Universität Kiel, sehr herzlich für die Bestimmung der Holzarten.
12 Sie ließen sich aufgrund der schwierigen Trennung beider Befunde manchmal nur über die Niveauwerte zuweisen.
41
Facette Rinde
1
2
4
3
Abb. 12. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. Fotos und Zeichnungen der Pfähle. 1 Pfahl Nr. 6261. 2 Pfahl Nr. 2411. 3 Pfahl Nr. 2513. 4 Pfahl Nr. 2515. Fotos A. Heitmann, Zeichnungen I. Reese, K. Winter. M. 1:4.
42
Schicht 203
Eine Randscherbe (Abb. 13, 1) mit einer horizontal unter dem Gefäßabschluss angebrachten Reihe innenständiger Lochbuckel ist frühneolithisch: Lochbuckel gelten als Elemente aus frühem Michelsberger Kontext. Klassen (2004, 159–167) diskutierte zuletzt ihre Bedeutung und nennt Vergleichsfunde, darunter Keramik aus Flintbek, Wangels und SatrupPöttmoor. Bei der vorliegenden Scherbe sind die Eindrücke außen nicht rund, sondern eher länglich, die Eindrücke auf der Innenseite weisen die typische runde Form auf. Die Scherbe stammt aus einem oberen Niveau der Schicht 203, was eher für eine Verlagerung spricht.
Eine mit stehenden Dreiecken unter dem Rand verzierte Scherbe (Abb. 13, 4) kann aufgrund typologischer Vergleiche dem Mittelneolithikum I (Troldebjerg) zugeordnet werden (vergleichbar z. B. Keramik aus Lindø, vgl. Hoika 1987, Taf. 37, 1). Die Dreiecke sind mit Furchenstichlinien gefüllt und durch Ritzlinien eingegrenzt.
Umbruchscherben eines zweigliedrigen Konusrandgefäßes mit horizontaler Henkelöse aus Schnitt 1 lassen sich typologisch dem Mittelneolithikum II (Blandebjerg) zuordnen (Abb. 13, 5). Über den Umbruch verläuft eine vertikale Fransenverzierung aus Ritzlinien, von denen die beiden äußeren und eine weitere quergekerbt sind. Auf der Innenseite der Scherbe befand sich eine Speisekruste, deren AMSDatum in das 36. oder 35. vorchristliche Jahrhundert weist (KIA30819; Tab. 2). Da allerdings der δ13CWert der Speisekruste einen sehr hohen negativen Wert von –31,46 ‰ besitzt, ist ein Hartwassereffekt anzunehmen: Offensichtlich bestand der verbrannte Rückstand (Speiserest oder Brandkruste der Tranherstellung) aus marinen Produkten.
Der einzige südjütische Fundplatz mit typologisch vergleichbarer Keramik (Hoika 1987, Taf. 11, 8; 12, 8) und einem 14CDatum (H 9221283 4490 ± 60 BP; 3184 ± 122 cal BC, Holzkohle aus einer Siedlungsgrube) ist NeukirchenSütel (ebd. 111; Midgley 1992, 210; 496).
12
12
34
5
6 7
8
9 10 11
Abb. 13. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. Keramikfunde. 1 Nr. 636; 2 Nr. 688; 3 Nr.133; 4 Nr. 12175; 5 Nr. 676, 6183; 6 Nr. 12183; 7 Nr. 1242; 8 Nr. 6143; 9 Nr. 638; 10 Nr. 1081; 11 Nr. 988; 12 Nr. 9171. Zeichnungen K. Winter. M. 2:3.
43
Das Fragment einer unverzierten Tonscheibe („Backteller“; Abb. 13, 6) aus Schnitt 2 kann ebenfalls als mittelneolithisch bezeichnet werden (vgl. Hoika 1987, 82).
Mittelneolithisch ist weiterhin eine Randscherbe mit vertikal bis unter der Randlippe angebrachten gegenständigen Fingernageleindrücken, die ein Tannenzweigmuster bilden. An der Bruchstelle dürfte eine vertikale Linienzier das Motiv begleiten (Abb. 13, 12). Vergleichbares kennen wir zum Beispiel aus WenningstedtDenghoog/Sylt (vgl. Hoika 1987, 158 Abb. 61, 1) oder aus BundsøFlintholm (vgl. ebd. Taf. 74, 7), was auf eine Belegung im Mittelneolithikum III hindeuten könnte.
Bei der Bauchscherbe (Abb. 13, 7), die ebenfalls aus Schicht 203 in Schnitt 2 stammt, handelt es sich aufgrund der starken Krümmung um die untere, kugelige Partie eines Trichterrandgefäßes. Sie ist mit eng gestellten Riefen durchgehend verziert. Der Verrollungsgrad deutet auf eine Verlagerung hin. Eine dünnwandige, ritzverzierte Wandscherbe mit eng gestellten Ritzlinien (Abb. 13, 8) gehört möglicherweise ebenfalls zu einem Trichterbecher. Vergleichsfunde finden sich zum Beispiel in Sarup, wo entsprechende Dekorelemente Sarup I oder II (also dem FN II oder MN Ib) zugeordnet werden (Andersen 1999, Taf. 82, b; 124, a).
Schicht 202Eine Randscherbe aus Schnitt 1 (Abb. 13, 9) ge
hört zu einem schnurverzierten Becher der Einzelgrabkultur. Bei dem vorliegenden Stück befindet sich eine Einstichreihe zwischen dem Randabschluss und mehreren randparallelen Schnureindrücken (vgl. z. B. HamburgOhlsdorf nach Struve 1955, Taf. 12, 3).
Drei weitere Scherben stammen von einem Glockenbecher (Abb. 13, 10–11; o. Abb. FundNr. 683; Schnitte 1 und 2). Das größte Fragment lässt einen geschweiften Becher mit flächig angebrachter Ornamentik erkennen. Diese besteht aus feinen, in Furchenstichtechnik ausgeführten parallelen Linien, die ein Gitter aus Rauten einfassen. Zum Gefäßbauch hin schließen sich schräge, ebenfall sehr fein ausgeführte Furchenstichlinien an. Aufgrund der Krümmung der mittelgroßen Scherbe, die eher im Bauchbereich des Bechers zu positionieren ist, deutet sich eine Wiederholung des Musters auf dem Bauch an. Eine typologische Parallele findet sich in einem jü
tischen Glockenbecher aus Tørsinggård, Lindknud (Ebbesen 2006, 80 Abb. 51). Die Scherben stammen aus der Schicht 202 bzw. einer Störung13. Auch bei einer kleinen dünnwandigen Wandscherbe mit einer horizontalen Einstichreihe sehr feiner Stiche handelt es sich wohl um das Bruchstück eines Glockenbechers (Abb. 13, 2; Schnitt 1). Eine Scherbe aus der Altgrabung gehört vermutlich ebenfalls zu diesem Becher (Hartz u. a. 2004/05, 16 Abb. 9, 5).
Schicht 100 und unstratifiziert
Eine aus dem Abraum stammende zahnstockverzierte Wandscherbe mit zwei fast rechtwinklig aufeinander stehenden Doppellinien und einem metopenartigen Feld ist glockenbecherzeitlich und findet die nächsten Entsprechungen in SeedorfHeidmoor, LA 246 (Abb. 13, 3; vgl. Clausen 1996, 416 Abb. 40, 16).
Interpretation
Die typologisch diagnostischen Keramikeinheiten befinden sich mit Ausnahme der frühneolithischen Lochbuckelscherbe in einer deutlichen stratigrafischen Abfolge14. Schicht 203 lässt sich primär dem MN I/II zuordnen mit einer Konzentration in Niveauhöhen um NN +6,30 m. Keramikeinheiten aus der Schicht 202 mit Höhenwerten um NN +6,35–6,40 m verweisen auf das Jungneolithikum mit Schnurkeramik und frühen Glockenbechern. Möglicherweise haben wir es mit zwei Besiedlungsabläufen zu tun, die im Grabungsausschnitt fassbar werden. Ob es sich dabei um langwierigere Prozesse handelt (MN I–III; frühes JN–spätes JN) oder ob dies nur aufgrund der noch geringen statistischen Basis vorgespiegelt wird, muss an dieser Stelle offen bleiben. Grundsätzlich entspricht die typochronologische Einordnung der diagnostischen Scherben den beiden älteren Aktivitätsphasen, die u. a. im Rahmen der Pollenanalysen identifiziert werden konnten. Die etwas zu junge Interpolation der jungneolithischen Aktivitätsphase kann sicherlich auf Niveauunterschiede zwischen Profilkasten und der entsprechenden Fundschicht zurückgeführt werden. Es sind die schnurkeramischen Hinweise aus dem frühen Jungneolithikum, die offensichtlich in Zusammenhang mit den Pfählen stehen.
13 Die beiden Scherben 683 und 988 (Abb. 13, 11) lagen mehr als 4 m voneinander entfernt, jeweils am östlichen Rand der Schnitte 1 und 2, allerdings auf gleicher Höhe bei NN +6,35 m in Schicht 202. Scherbe 1081 (Abb. 13, 10) entstammt dagegen der Störung durch den Drainagegraben, al
lerdings von einer Position etwa mittig zwischen den beiden anderen Scherben.
14 Da aufgrund der Altgrabungen auch andere Begehungen des Fundplatzes nachgewiesen sind, könnte es sich bei der Lochbuckelscherbe um eine Intrusion handeln.
44
Tab. 3. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. Flint und Felsgestein. Grundformen.
Grundformen: Anzahl
Abschläge Klingen und bruchstücke
Kerne und Kerntrümmer
Trümmer Summe Prozent Felsgesteintrümmer
Gesamtsumme
%
Schicht 201unverbrannt 347 9 3 203 562 63 142 704 68verbrannt 159 2 2 168 331 37 1 332 32Summe 506 11 5 371 893 100 143 1036 100Prozent 57 1 1 42 100 . . . .
Prozent ges. 49 1 0 36 86 . 14 100 .
Schicht 202unverbrannt 1845 47 37 709 2638 73 736 3374 78verbrannt 489 10 2 467 968 27 10 978 22Summe 2334 57 39 1176 3606 100 746 4352 100Prozent 65 2 1 33 100 . . . .
Prozent ges. 54 1 1 27 83 2 17 100 .
Schicht 203unverbrannt 511 18 19 215 763 83 118 881 85verbrannt 74 0 0 80 154 17 4 158 15Summe 585 18 19 295 917 100 122 1039 100Prozent 64 2 2 32 100 . . . .
Prozent ges. 56 2 2 28 88 10 12 100 .
Grundformen: Gewicht (g) Abschläge Klingen und
bruchstückeKerne undKerntrümmer
Trümmer Summe Prozent Felsgesteintrümmer
Gesamtsumme
Prozent
Schicht 201unverbrannt 1417 31 279 1588 3315 78 894 4209 82verbrannt 397 1 64 449 911 22 42 953 18Summe 1814 32 343 2037 4226 100 936 5162 100Prozent 43 1 8 48 100 . . . .
Prozent ges. 35 1 7 39 82 2 18 100 .
Schicht 202unverbrannt 9904 181 2790 18666 31541 87 30132 61673 76verbrannt 1598 23 81 3097 4799 13 14842 19641 24Summe 11502 204 2871 21763 36340 100 44974 81314 100Prozent 32 1 8 60 100 . . . .
Prozent ges. 14 0 4 27 45 . 55 100 .
Schicht 203unverbrannt 3569 54 1752 7947 13322 94 14865 28187 85verbrannt 319 0 0 601 920 6 4084 5004 15Summe 3888 54 1752 8548 14242 100 18949 33191 100Prozent 27 0 12 60 100 . . . .
Prozent ges. 12 0 5 26 43 0 57 100 .
45
Rohmaterial und Grundformen
Den größten Anteil im Fundmaterial nehmen mit 12 231 Stücken und einem Gewicht von 344 kg die Steinartefakte ein. Da im Moor natürlicherweise keine Steine vorkommen, können alle Funde als Artefakte oder zumindest als Manuporte bezeichnet werden (Mischka 2007).
Das Rohmaterial der Silices besteht zum größten Teil aus dunklem, glasigen Feuerstein (Senonfeuerstein), der in zum Teil recht großen Stücken an den Fundplatz gebracht wurde. Die Qualität ist meist schlecht, das Material rissig, wovon zahlreiche Abfälle in Form zerplatzter Trümmer zeugen. Auffällig ist ein recht einheitliches Farbspektrum besonders in Schnitt 3, aus dem fast ausschließlich dunkle Varietäten, dunkelgraugrüne bis schwarze Stücke kommen. Die Silexfunde der anderen beiden Schnitte weisen dagegen eine größere Farbdiversität und ein regelmäßiges Vorkommen auch hellerer Silices auf. Eine statistisch abgesicherte und nach Schichten differenzierte Aussage kann jedoch erst nach der systematischen Aufnahme der Funde erfolgen. Ob sich in der Farbe der Silices unterschiedliche Rohmaterialbeschaffungsaktionen oder nur verschiedene Knollen widerspiegeln, muss derzeit noch offen bleiben.
Im Folgenden werden zunächst die Verteilung der Grundformen in den Schnitten 1 und 2 sowie anschließend die Geräte in ihrer stratigrafischen Abfolge vorgestellt15.
Bei den Grundformen dominieren Abschläge und (artifizielle sowie natürliche) Trümmer (Tab. 3). Kerne und Klingen nehmen durch alle Schichten hindurch 1–2 % ein. Bei den artifiziellen Trümmern handelt es sich meist um große zersplitterte Stücke, an denen keine eindeutigen Schlagmerkmale zu erkennen sind. Bei Grabungen außerhalb von Mooren sind diese Stücke kaum von natürlichen Trümmern zu unterscheiden, wie sie in rohmaterialreichen Geschiebegebieten zu Massen auftreten und demzufolge nicht quantitativ erfasst werden. Obwohl das Material in Wolkenwehe qualitativ schlecht ist, wurde es in die Siedlung gebracht und hier erst verworfen. Werden die Gewichtsprozente betrachtet, macht diese Grundform sogar die Hälfte des angetroffenen Silexfundmaterials aus. Ein ähnliches Verhalten ist möglicherweise für Siedlungen in Mineralbodenbereichen anzunehmen, ohne dass die anthropogen
verlagerten Stücke vom natürlichen Umfeld unterschieden werden können.
Hinzu kommen in Wolkenwehe noch natürliche Trümmer aus Silex und Felsgestein. Neben Geröllen in der Größe von Kieselsteinen finden sich auch große unbearbeitete Steinblöcke von bis zu 30 x 30 cm Größe, die möglicherweise als Trittsteine interpretiert werden können. Eine schwere Steinplatte von 60 x 50 x 12 cm Größe und einem Gewicht von 63 kg befand sich in Schnitt 2, Schicht 202, im jungneolithischen Laufhorizont.
Die Verteilung der verbrannten Stücke zeigt durch alle Schichten einen insgesamt hohen Anteil von Silices zwischen 11–37 %. Schicht 201 fällt durch ihren besonders hohen Anteil verbrannter Stücke auf.
In den unteren beiden Schichten machen die Felsgesteintrümmer etwa die Hälfte aller Funde aus. In diesen Schichten befinden sich auch die größeren schweren Gerölle, die als Trittsteine interpretiert werden. Schicht 201 zeichnet sich zudem durch eine verhältnismäßig große Zahl von kleinen Steinen bezogen auf das Gewicht aus. Von den Felsgesteinen ist nur ein geringer Teil verbrannt, so dass die Interpretation als Grundlage oder Einfassung von Feuerstellen als Funktion dieser Stücke ausgeschlossen werden kann.
Geräte
Geräte allgemein (Tab. 4)
Unter den Geräten werden im Folgenden neben den Beilen die Pfeilspitzen, Bohrer, Klingen mit Sichelglanz, Schleif und Reibsteine sowie eine Keule betrachtet. Die vertikalstratigrafische Auswertung der Bohrer und Schaber beziehungsweise Kratzer16 bleibt der ausführlichen Bearbeitung der Fundstelle vorbehalten. In diesem Vorbericht seien nur einige allgemeine Beobachtungen aufgeführt:
Alle Bohrer wurden aus Abschlägen angefertigt. Die Bohrerspitzen sind meist von der Ventralseite aus herauspräpariert. Eine mögliche Vorarbeit (FundNr. 2125) zeigt eine noch unretuschierte Spitze. Etwa die Hälfte der Stücke weist einen dreieckigen Querschnitt auf. Bohrer 12248 wurde aus einem Abschlag mit Schliff hergestellt, die Spitze wurde von der Seite mit Schliff aus präpariert. Ein Bohrer (982) ist verbrannt.
Silex und Felsgesteine
15 Die Besprechung der Steinartefakte aus Schnitt 3 wird mit Ausnahme einiger Geräte bis zur vollständigen Ausgrabung dieses Schnittes noch zurückgestellt.
16 Die Begriffe Schaber und Kratzer werden hier synonym verwendet, wie in der schleswigholsteinischen Archäologie üblich.
46
Tab. 4. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. Flint und Felsgestein. Geräte.
Geräte: Anzahl
Pfei
lspitz
eBo
hrer
Sich
elgl
anz
Scha
ber
Endr
etus
che
Late
ralre
tusc
heK
linge
nfra
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tusc
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tSt
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lA
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lag,
m
odifi
zier
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ische
nsum
me
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chla
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Beil,
fra
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Klo
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Schl
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Reib
stei
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rät
Kern
gerä
t
bear
beite
ter S
tein
Zwisc
hens
umm
e Ke
rnge
räte
Sum
me
Proz
ent
Abs
chla
g m
it Sc
hliff
Schicht 201Silex unverbrannt . 1 . 2 . . 1 . 1 5 1 . . . 1 . 2 7 4 4
verbrannt . . . . . . . . . 0 . . . . . . 0 0 0 .Silexgeräte Zwischen
summe . 1 . 2 . . 1 . 1 5 1 0 . . 1 . 2 7 4 4
Felsgestein unverbrannt . . . . . . . . . 0 . 2 . . . . 2 2 1 .Summe . 1 . 2 . . 1 . 1 5 1 2 . . 1 . 4 9 5 4Prozent . 20 . 40 . . 20 . 20 100 25 50 . . 25 . 100 5 . .
Schicht 202Silex unverbrannt 8 2 1 19 2 1 . 1 2 36 9 2 0 3 . 0 14 50 70 16
verbrannt 1 1 1 5 0 0 . 0 0 8 1 1 0 0 . 0 2 10 14 4Silexgeräte Zwischen
summe 9 3 2 24 2 1 . 1 2 44 10 3 0 3 . 0 16 60 85 20
Felsgestein unverbrannt 0 0 0 0 0 0 . 0 0 0 0 6 4 0 . 1 11 11 15 0Summe 9 3 2 24 2 1 . 1 2 44 10 9 4 3 . 1 27 71 100 20Prozent 20 7 5 55 5 2 . 2 5 100 37 33 15 11 . 4 100 . . .
Schicht 203Silex unverbrannt 2 . 2 6 . . . . 2 12 5 . . . . . 5 17 74 1
verbrannt . . . 1 . . . . . 1 . 1 . . . . 1 2 9 .Silexgeräte Zwischen
summe 2 . 2 7 . . . . 2 13 5 1 . . . . 6 19 83 1
Felsgestein unverbrannt . . . . . . . . . 0 1 3 . . . . 4 4 17 .Summe 2 . 2 7 . . . . 2 13 6 4 . . . . 10 23 100 1Prozent 15 . 15 54 . . . . 15 100 60 40 . . . . 100 100 . .
Geräte: Gewicht (g)
Pfei
lspitz
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Beil,
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Kern
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ter S
tein
Zwisc
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umm
e Ke
rnge
räte
Sum
me
Proz
ent
Abs
chla
g m
it Sc
hliff
Schicht 201Silex unverbrannt . 2 63 . . . 3 . 62 130 27 . . . 26 . 53 183 29 13
verbrannt . . . . . . . . . 0 . . . . . . 0 0 0 .Silexgeräte Zwischen
summe . 2 63 . . . 3 . 62 130 27 0 . . 26 . 53 183 29 13
Felsgestein unverbrannt . . . . . . . . . 0 . 443 . . . . 443 443 71 .Summe . 2 63 . . . 3 . 62 130 27 443 . . 26 . 496 626 100 13Prozent . 1 49 . . . 2 . 48 100 5 89 . . 5 . 100 . . .
47
Die häufigste Geräteklasse bilden die Schaber/Kratzer mit 90 Funden (30 % aller Geräte), darunter acht verbrannte Stücke. Die Funde differieren, neben adhocGeräten, die ein schaberartiges Gebrauchsende aufweisen, gibt es exakt herausgearbeitete runde Schaber aus großen und kleinen Abschlägen sowie fein herauspräparierte Kratzerkappen an Klingen (vgl. Hartz u. a. 2004/05).
20 Beile bzw. Beilfragmente, darunter zwei aus Felsgestein, gehören zum Wolkenweher Inventar. Aus den oberen Schichten 100 und 201 stammen keine Beilfragmente. Ein so genannter Schaftzapfenkeil (Absatzbeil) aus Felsgestein (Abb. 14, 1) stammt aus der Störung des Drainagegrabens und ist daher stratigrafisch nicht einzupassen.
Geräte aus Schicht 202
Aus Schicht 202 stammen acht Beilfragmente, darunter neben dem Schneidenfragment eines dickblattigen Beils (Abb. 14, 3) drei dickblattigdicknackige Formen (Abb. 14, 6; o. Abb. FundNr. 12156, 12242) und ein dünnblattiges Stück (12117). Zu den dicknackigen Formen kann noch ein weiterer
Fund gezählt werden (Abb. 14, 2), der aufgrund seiner stratigrafischen Lage (NN +6,34 m) genau zwischen Schicht 202 und Schicht 203 angetroffen wurde. Gleiches gilt für ein dünnblattigdicknackigs Stück (Abb. 14, 4).
Das Schneidenbruchstück (Abb. 14, 3) weist eine sehr scharfe, fein geschliffene Schneide von 5,5 cm Breite auf. Auch hier ist die Breite nicht ganz erhalten, es fehlen jedoch maximal 2–3 mm. Die Kanten zwischen Breit und Schmalseiten sind scharfkantig und weisen keinerlei Stumpfung auf. Das Beil wurde durch einen Schlag etwa mittig halbiert. Die Bruchfläche wurde dann als Abbaufläche genutzt, um eine Klinge und einen Abschlag zu gewinnen, die über eine Kante geleitet wurden, aber im Wesentlichen Material von der Breitseite entfernten. Ausgehend von diesen Negativflächen wurde dann versucht, weiteres Material abzubauen, so dass sich in der Aufsicht der Eindruck einer seitlichen Einschnürung des Beilkörpers ergibt. Vielleicht wurde versucht, so eine neue Schäftung anzubringen, da die Schneide noch gut erhalten ist, obwohl dieser Bereich nur noch 2 cm lang ist. Die maximale erhaltene Dicke des Beils beträgt noch 2,7 cm, daher die Ansprache als dickblattiges Beil.
Tab. 4. Fortsetzung. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. Flint und Felsgestein. Geräte.
Geräte: Gewicht (g)
Pfei
lspitz
eBo
hrer
Sich
elgl
anz
Scha
ber
Endr
etus
che
Late
ralre
tusc
heK
linge
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zier
tZw
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nsum
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Beil,
fra
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Kern
gerä
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beite
ter S
tein
Zwisc
hens
umm
e Ke
rnge
räte
Sum
me
Proz
ent
Abs
chla
g m
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hliff
Schicht 202Silex unverbrannt 11 83 15 1163 24 20 . 1 138 1455 557 479 0 57 . 0 1093 2548 27 128
verbrannt 1 3 8 44 0 0 . 0 0 56 8 362 0 0 . 0 370 426 5 10Silexgeräte Zwischen
summe 12 86 23 1207 24 20 . 1 138 1511 565 841 0 57 . 0 1463 2974 32 138
Felsgestein unverbrannt 0 0 0 0 0 0 . 0 0 0 0 1548 4634 0 . 213 6395 6395 68 0Summe 12 86 23 1207 24 20 . 1 138 1511 565 2389 4634 57 . 213 7858 9369 100 138Prozent 1 6 2 83 2 1 . 0 9 100 7 30 59 1 . 3 100 . . .
Schicht 203Silex unverbrannt 5 . 21 392 . . . . 25 443 665 . . . . . 665 1108 43 12
verbrannt . . . 102 . . . . . 102 . 81 . . . . 81 183 7 .Silexgeräte Zwischen
summe 5 . 21 494 . . . . 25 545 665 81 . . . . 746 1291 50 12
Felsgestein unverbrannt . . . . . . . . . 0 690 620 . . . . 1310 1310 50 .Summe 5 . 21 494 . . . . 25 545 1355 701 . . . . 2056 2601 100 12Prozent 1 . 4 91 . . . . 5 100 66 34 . . . . 100 . . .
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Abb. 14. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. Steinartefakte. 1 Nr. 105; 2 Nr. 12188; 3 Nr. 216; 4 Nr. 12123; 5 Nr. 9183; 6 Nr. 9106; 7 Nr. 6246. Zeichnungen K. Winter. M. 1:2.
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Bei den dickblattigdicknackigen Formen, die aufgrund ihrer Dicke von mehr als 2,4 cm durch Umkehrung der Definition Nielsens (1977 b, 110) als dickblattig bezeichnet werden, handelt es sich um vier Nackenbruchstücke. Sie weisen Nackenindizes von deutlich mehr als 40 % auf und sind somit zu den dicknackigen Typen zu rechnen (Vang Petersen 1993, 110).
Bei den Fragmenten 9106 (Abb. 14, 6) und 12242 (o. Abb.) wurden die Nackenflächen als Schlagflächen zur Gewinnung von Klingen oder Abschlägen benutzt, so dass die angegebenen Maße mit Vorsicht zu betrachten sind.
Becker (1973) unterscheidet zwischen den Typen Lindø und Valby, bei denen er Nackenindizes von 50–75 % für den Typ Lindø angibt und > 75 % für ValbyBeile. Beil 9106 (Abb. 14, 6) könnte auch einen mehr langrechtigen Nacken gehabt haben, so dass auch noch ein Beil Typ Bundsø infrage käme. Bei Nielsen (1977 a, 68) werden alle diese Typen unter ABeilen zusammengefasst, deren wichtiges Kriterium ein Schmalseitenwinkel von mindestens 8° ausmacht, was für alle hier vorliegenden Beile zutrifft: 13° (12156), 17° (12188), 20° (12242) und 12° (9106, aber schlechte Erhaltung).
Wird nun die Wölbung der Stücke für eine weitere Ansprache betrachtet, zeigt sich, dass die Wölbung bei 12242 nicht mehr bestimmbar ist, da das Stück bis zum Nacken hin wie ein Kern abgebaut
wurde, wobei im Bereich der ehemaligen Schneide eine schneidenartige Kante bestehen blieb. Der Nacken ist aber nicht abgeschlagen worden, da er weitgehend mit Rinde bedeckt ist, auch eine Schmalseite zeigt einen Rest Rinde.
Beil 9106 (Abb. 14, 6) besitzt deutlich gewölbte Breitseiten und kaum gewölbte Schmalseiten wie es für Typ Bundsø beschrieben wird. Gleiches gilt für das Beilfragment 12156, wobei die Wölbung der Breitseiten nicht so stark ist. Lediglich das Nackenfragment 12188 (Abb. 14, 2) weist weder besonders gewölbte Breit noch Schmalseiten auf, wie es für den Typ Valby charakteristisch ist. Dieses Stück ist allerdings nachgeschlagen. Schliffspuren auf der Oberfläche lassen erkennen, dass nur sehr wenig der Oberfläche entfernt wurde, auch ist die Lage der ursprünglichen Kanten aufgrund von Schliffresten noch erkennbar. Außerdem scheint eine Breitseite bei diesem Fund entweder Rindenreste zu tragen oder doch zumindest aus dem Randbereich einer Knolle zu stammen. Das Rohmaterial dieses Stückes weicht von den anderen ab, vermutlich handelt es sich um Danflint, während die anderen Stücke aus Senonfeuerstein hergestellt sind. Alle vier Stücke weisen auf den Breitseiten Schliff auf und an den Schmalseiten nicht, mit Ausnahme von Fragment 12188. Bei diesem Stück ist auch ein kleiner Schliffrest auf einer Schmalseite vorhanden. Bei dem Beilrest 12242 ist unsicher, ob Schmalseitenschliff ehemals vorhanden
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Abb. 15. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. Steinartefakte und Bernsteinperle. 1 Nr. 2190; 2 Nr. 687; 3 Nr. 9221; 4 Nr. 6144; 5 Nr. 164; 6 Nr. 12172; 7 Nr. 2150; 8 Nr. 9157. Zeichnungen K. Winter; Bernsteinperle K. Rothe. 1 M. 1:2; sonst M. 1:1.
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war – wenn, dann sicherlich nur partiell, da an einer Stelle noch Rinde zu erkennen ist. Die Schmalseitenretuschen wurden bei 9106 und 12156 sorgfältig ausgeführt und reichen selten über die gesamte Dicke hinweg. Bei den anderen beiden Stücken ist aufgrund der Erhaltung keine sichere Aussage möglich. Die Kantenbearbeitung und leicht erhabene Grate sind bei 12188 auffällig, da sie verrundet und leicht glänzend wirken. Zwei Beile (1224, 12188) lassen einen schrägen Nacken erkennen, 12156 einen geraden und bei 9106 ist eine Bestimmung nicht sicher möglich. Ein schräger Nacken gilt als Hinweis auf eine parallele Schäftung. Bei 9106 unterstützt zudem eine gerundete, leicht schiefe Schneide die Interpretation einer parallelen Schäftung.
Zwei Beile aus dieser Schicht sind dünnblattig (Abb. 14, 4; o. Abb. FundNr. 12117). Vollständig erhalten bietet das Beil 12123 eine gute Möglichkeit, alle Maße zu nehmen, wobei auch hier wieder ein überarbeitetes Exemplar vorliegt. Der Fund ist 9,9 cm lang, an der Schneide 4,5 cm breit und 1,3 cm dick. Die dickste Stelle liegt im Bereich des unteren Drittels. Der gerade Nacken ist von schmalrechteckiger Form und durch Abschläge herauspräpariert. Die Schneide ist symmetrisch und gerundet. Die Breitseiten sind aufgewölbt, die Schmalseiten nicht. Das Beil ist interessanterweise auf drei Seiten vollständig neu zugeschlagen worden, lediglich eine Breitseite wurde nicht bearbeitet, mit Ausnahme des Schneidenbereichs, der sauber herauspräpariert wurde. Die Schneide weist einen ganz leichten „Sägezahn“ auf, so dass vor Gebrauch zumindest dieser Bereich hätte geschliffen werden müssen. Somit wird in dem Stück ein Halbfertigprodukt gesehen. Der Schmalseitenwinkel beträgt 18°.
Bei dem zweiten dünnblattigen Beil (12117) handelt es sich um ein Nackenfragment mit einem gleich großen Schmalseitenwinkel. Das Fragment ist noch 6,5 cm lang und ursprünglich mehr als 4 cm breit gewesen. Die dickste erhaltene Stelle misst 1,6 cm. Die Breitseiten sind gewölbt und geschliffen, die Schmalseiten dagegen nicht. An den Kanten zwischen Schmal und Breitseiten finden sich partiell stark glänzende Flächen. Die Behauung der Schmalseiten greift oft fast ganz über die Schmalseite hinweg. Es kann nicht ganz sicher entschieden werden, ob der ursprüngliche Nacken erhalten ist. Vermutlich ist dies nicht der Fall, da es eine Schräge von einer zur anderen Breitseite gibt. Auf dem aus einer Negativfläche gebildeten jetzigen Nacken findet sich jedoch mittig ein stark glänzender Streifen, der vielleicht von einer Schäftung zurückgeblieben ist17. Das
Stück ist durch einen Angelbruch unbrauchbar geworden.
Schließlich seien noch drei sehr kleinteilig zerbrochene Beilfragmente aus dieser Schicht erwähnt, die keine detaillierte Einordnung erlauben.
In Schnitt 3 wurde in 6,43 m Tiefe (Schicht 202) eine Keule aus metamorphem Gestein mit sanduhrförmiger Durchlochung aufgefunden (Abb. 15, 1). Die Oberfläche der Keule ist aufgrund des sauren Bodenmilieus sehr schlecht erhalten, scheint aber ursprünglich geschliffen gewesen zu sein. An den schmaleren Enden zeigen sich Zermürbungen wie sie beim hammerartigen Gebrauch entstehen.
Unter den Pfeilspitzen überwiegen die trapezförmigen symmetrischen und asymmetrischen Querschneider mit 14 in ihrer Größe variierenden Exemplaren, die in den Schichten 201–203 vertreten sind (Abb. 15, 3–6). Daneben gibt es eine dreieckige Pfeilspitze mit partieller dorsoventraler Flächenretusche (Abb. 15, 2), die exakt zwischen Schicht 202 und 203 eingemessen wurde, und eine nicht flächig retuschierte Pfeilspitze mit herausgearbeitetem Stielansatz und dorsoventraler Kantenretusche in Schnitt 3, die in Schicht 202 gehört (Abb. 15, 7).
Aufgrund der gestielt und geflügelten Form kann die Spitze 2150 nach Kühn (1979, 69 f.) mit Glockenbechern in Zusammenhang zu bringen sein, ungewöhnlich ist jedoch die Art der Retuschierung. Auch die dreieckige Pfeilspitze lässt sich mit Glockenbechern verknüpfen (ebd. 70).
Zwei Klingen besitzen glänzende Säume an den Kanten. Die erste Klinge (9285) mit 6,8 cm Länge und 2,5 cm Breite ist am Distalende ebenso wie in der Mitte einer Lateralseite retuschiert, während der Glanzsaum an der der retuschierten Seite gegenüberliegenden Lateralseite beobachtet wurde. Die zweite Klinge (9283) misst 7,7 x 2,8 cm und ist ebenfalls endretuschiert, sowohl proximal als auch distal. Eine Lateralseite weist über ihre ganze Länge Retuschen auf sowie einen dorsoventralen schmalen Glanzsaum. Die andere Lateralseite ist partiell retuschiert.
Unter den Felsgesteinen mit Schliff aus dem oberen Laufhorizont zwischen NN +6,40 bis 6,34 m lassen sich mehrere Fragmente von Schleifsteinen ausmachen, darunter eine etwa in der Mitte durchgebrochene Schleifwanne mit beidseitigen muldenförmigen Schleifflächen (9113). Neben handgroßen kugeligen Reibsteinen liegen Bruchstücke größerer Platten mit unregelmäßigem partiellem Schliff vor. Vermutlich handelt es sich ebenfalls um Fragmente von Schleifsteinen. Ein Geröll von etwa 11 cm
17 Es könnte sich auch um einen natürlichen Einschluss handeln.
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Durchmesser und 6 cm Dicke weist auf den Breitseiten zentrale gepickte Mulden auf (9159). Auffällig ist das bisherige Fehlen von Mahlsteinen. Dies ist als Indiz für eine Sonderfunktion der Fundstelle aufzufassen, da in einer Siedlung üblicherweise Getreide verarbeitet und gemahlen wird. Die Klingen mit Glanzsäumen („Sichelglanz“) müssen nicht zwangsläufig mit Getreideverarbeitung in Zusammenhang zu sehen sein, da entsprechende Glanzsäume auch beim Schneiden anderer Pflanzen, wie beispielsweise von Schilf, entstehen können.
Geräte aus Schicht 203
Aus Schicht 203 wurden sechs Beile oder fragmente geborgen, darunter ein dünnblattiges Beil (12104), ein morphologisch als Scheibenbeil zu deklarierendes (622) und zwei Ovalbeile, davon eines aus Silex mit gratförmigem Nacken (Abb. 14, 5) und ein weiteres aus Basalt mit spitzem Nacken (Abb. 14, 7).
Das dünnblattige Beil 12104 ist 10,9 cm lang, 1,8 cm dick, an der Schneide maximal nur 3,1 cm breit und weist einen Schmalseitenwinkel von 7° auf. Damit gehört das Stück noch zu den dünnblattigen Beilen, da die Definition von Schmalmeißeln eine maximale Breite von nur 3 cm und einen Schmalmeißelwinkel von maximal 3° erlaubt (Malmer 1962, 367). Dieser Fund ist zwar mit relativ großen, weit auf die Fläche reichenden Negativen nachgearbeitet worden, doch weisen kleine Schliffspuren an den Schmalseiten darauf hin, dass es ursprünglich nicht viel breiter war. Über die Dicke kann eine solche Aussage nicht mit Sicherheit getroffen werden. Der Schliff lässt Facetten erkennen. Die gerade Schneide ist durch kleine Aussplitterungen beschädigt. Das Stück ist leicht asymmetrisch, die Oberseite ist etwas stärker aufgewölbt und auch die Art der Schneidenbeschädigung könnte auf eine Querschäftung als Dechsel hindeuten. Zum Nacken hin wird das Beil deutlich dünner, vielleicht weil versucht wurde, eine Nachpräparation durchzuführen. Der Nacken wurde vermutlich nachträglich präpariert und weist jetzt eine schmalrechteckige Form auf.
Ein Stück (622) entspricht streng morphologisch einem Scheibenbeil. Bei dem nur 6 cm langen Fund könnte jedoch auch die Herstellung einer Bohrerspitze an dem der Schneide gegenüberliegenden Ende Ziel der Bearbeitung gewesen sein, so dass eine typochronologische Zuordnung an dieser Stelle zurückgestellt wird.
Das Schneidenfragment 9133 wurde sekundär als Kern genutzt, indem eine Breitseite abgebaut wurde. Demzufolge ist es nicht mehr möglich, eine Dicke festzustellen. Die Schneidenbreite beträgt noch
6,4 cm, wobei vermutlich fast die ehemalige Breite vorliegt. Die Schneide ist scharf, unbeschädigt und ganz leicht schief. Die erhaltene Breitseite ist gewölbt und sorgfältig geschliffen. Die Kanten sind leicht angeschliffen, auf den Schmalseiten sind allerdings keine Schliffspuren zu erkennen.
Ein weiteres etwa 4 cm dickes Beilfragment (12158), das sekundär als Klopfstein diente, erlaubt keine weitere typologische Beschreibung, ebenso zwei sehr kleinteilig zerbrochene Fragmente (9287, 1287).
FundNr. 9183 weist als einziges Silexbeil einen ovalen Querschnitt auf (Abb. 14, 5). Es handelt sich um ein überarbeitetes älteres Beil, was sich aufgrund von umfangreichen Schliffflächen rekonstruieren lässt. Das Stück ist 10,7 cm lang, 4,8 cm breit, an seiner dicksten Stelle – etwa in der Mitte des Beils – 2,1 cm dick und besitzt einen gratförmigen Nacken. Die Schneide ist gerade, wobei an einer Ecke Aussplitterungen vorliegen, die möglicherweise zum Verwerfen des Objekts geführt haben. Interessant sind die Seitenkanten, die geschliffen sind, so dass man den Eindruck gewinnt, es könnte sich vor der Umarbeitung um ein vierseitiges Beil gehandelt haben, ein Phänomen, das schon Brandt (1967, 82) beschreibt. Er bildet auch derartige dünnblattige Flintovalbeile ab (ebd. Taf. 14, bes. Nr. 2). Vang Petersen (1993, 116 f. Abb. 177) ordnet ein sehr ähnliches Stück ins Frühneolithikum ein.
FundNr. 6246 ist ein vollständig geschliffenes 14,3 cm langes, 4,5 cm dickes und 7,4 cm breites symmetrisches spitznackiges Felsovalbeil aus Basalt (Abb. 14, 7). Am Nacken finden sich Gebrauchsspuren und an der relativ geraden Schneide hat sich ein größerer Abschlag in einigem zeitlichen Abstand zu den sonstigen Gebrauchsspuren an Schneide und Nacken gelöst. Neben diesen Absplitterungen lässt ein Narbenfeld eine sekundäre Verwendung des Stücks als Retuscheur vermuten. Die Seiten sind stark gewölbt und gut geschliffen. Typologisch gehört das Stück in das Frühneolithikum. Nach Klassen (2004, 99) wurden solche Beile wahrscheinlich im Zeithorizont Michelsberg, also im späten 5. Jt./erste Hälfte 4. Jt. hergestellt.
Zwei in Schicht 203 geborgene Klingen weisen Glanzsäume auf. Ein mediales Klingenbruchstück von 4,2 cm Länge und 2,2 cm Breite zeigt einen weit auf die Fläche reichenden diagonalen Sichelglanz, der typisch für neolithische Sicheleinsätze (9194) ist. Die drei anderen Stücke weisen hingegen nur ganz schmale Glanzsäume an Teilen der Kanten auf, wie sie auch bei einer Nutzung als „normales“ Messer entstehen können. Die Klinge 9241 ist 10,2 cm lang und 1,8 m breit und besitzt einen dreieckigen Querschnitt. Ein Ende ist stielartig retuschiert.
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Unstratifiziert
Das Felsgesteinbeil bzw. der Schaftzapfenkeil 105 ist typologisch aus Kontexten der Einzelgrabkultur bekannt (Abb. 14, 1)18. So bildet zum Beispiel Ebbesen ähnliche Funde aus den Depots Tulstupgård, Åstrup oder Klelund Mark ab, in denen sie mit Beilen der Einzelgrabkultur vergesellschaftet sind (Ebbesen 1982, 147; 153; 156). Das vorliegende Stück weist eine gerade Oberseite auf, während beide Außenseiten etwa ab der Beilmitte einziehen. Der Nacken verläuft schräg.
Interpretation der Beilfunde und Pfeilspitzen
Drei Horizonte mit Beilfunden lassen sich differenzieren: – Im unteren Bereich der Schicht 203 befinden sich
in einer Höhe von NN +6,20 bis 6,26 m frühneolithische Formen, vertreten durch ein großes Felsovalbeil aus Basalt und ein weiteres Ovalbeil aus Silex (Abb. 14, 5.7). Bei allen anderen Beilfunden handelt es sich um solche mit rechteckigem Querschnitt. Typologisch nicht eindeutig zuzuordnen, gehört eines der beiden Schneidenfragmente ebenfalls in diese Schicht (9133).
– An der Grenze zwischen Schicht 203 und 202 in einer Höhe von ungefähr NN +6,34 m fanden sich vor allem dünnblattige Flachbeile sowie ein dickblattigdicknackiges Stück (Abb. 14, 2.4; o. Abb. FundNr. 12104, 12117). Typochronologisch können die Flachbeile bisher nicht eingeordnet werden. Nach Vang Petersen (1993, 116 f.) sind diese Formen vom Frühneolithikum bis in die Einzelgrabkultur vertreten. Das dicknackige Exemplar ist entweder ganz an das Ende des Mittelneolithi
kums (ValbyPhase) oder schon in die jungneolithische Einzelgrabkultur zu stellen. Eine dreieckige Pfeilspitze (Abb. 15, 2), die typologisch in das Jungneolithikum eingeordnet werden kann (Kühn 1979, 69 f.), wurde ebenfalls im Grenzbereich zwischen den Schichten 202 und 203 verortet.
– In einer Höhe um NN +6,40 m finden sich ausschließlich dicknackigedickblattige Typen (Abb. 14, 3.6; o. Abb. FundNr. 12156, 12242). Diese gehören typochronologisch entweder in die zweite Hälfte des Mittelneolithikums (MN III–V)19 oder in das Jungneolithikum20, dem sie hier aufgrund ihrer stratigrafischen Position zuzuordnen sind. Hinzu kommt eine dreieckige Pfeilspitze (Abb. 15, 7), wie sie ebenfalls aus anderen jungneolithischen Zusammenhängen bekannt ist (Kühn 1979, 69 f.).
Auffällig im Inventar von Wolkenwehe bleibt der geringe Anteil von sicher quergeschäfteten Beilen. Abgesehen von dem recht schmalen Fund 12104 finden sich nur Hinweise auf parallele Schäftungen, zum Beispiel in Form von schiefen Schneiden (Abb. 14, 6; o. Abb. FundNr. 9133).
Als Fazit bleibt festzuhalten, dass die stratigrafische Lage der Beilfunde und Pfeilspitzen der typochronologischen Zuordnung entspricht. Ebenso wie bei der Untersuchung der Keramik zeigen sich zwei Horizonte um NN +6,25 m bis 6,30 m und um NN +6,35 m bis 6,40 m. Im unteren Horizont (Schicht 203) finden sich vor allem Ovalbeile, im oberen dicknackigdickblattige Typen (Schicht 202). Hinzu kommt ein weiterer Fundhorizont in der Höhe von NN +6,34 m und somit zwischen den beiden gerade genannten, der durch das Auftreten vor allem von dünnblattigen Beilen und einer dreieckigen Pfeilspitze charakterisiert ist.
18 Der Fund stammt aus dem Drainagegraben und muss als verlagert angesehen werden.
19 Beiltypen: Bundsø, Lindø und Valby nach Becker (1947, 126–130) bzw. ABeile nach Nielsen (1977 a, 68).
20 Dies gilt insbesondere für das Nackenfragment 12188 (Abb. 14, 2) mit Retuschen, die unregelmäßig weit auf die Fläche übergreifen, und verrundeten Kanten, aber auch für das Nackenfragment mit Rinde 12242 (Struve 1955, 59).
Bernstein
In Schnitt 2 fand sich im Bruchwaldtorfpaket, dicht bei einem kissengroßen Granit, eine doppelaxtförmige Perle aus Bernstein in NN +6,37 m, Schicht 202 (Abb. 15, 8). Sie entspricht Ebbesen Typ a1, bei dem die Bohrung in Bezug auf die Mittelachse zentral liegt (Ebbesen 1995, 34–36). In den von Ebbesen untersuchten Hortfunden der Trichterbecherkultur in Südskandinavien kommen solche doppelaxtförmigen Stücke eher selten vor. Aufgrund von Fundkombinationen werden sie in das Mittelneolithikum
(MN I–V) datiert, wobei sich die Doppelaxtperlen aus Hortfunden auf das frühe Mittelneolithikum (bis MN II) beschränken (ebd. 48 f.). In Ganggräbern und Flachgräbern kommen sie regelmäßig vor (Midgley 1992, 291), wie zum Beispiel in Gundsølille auf Seeland (Ebbesen 1975, 364 f.). Siedlungsfunde belegen eine Nutzung auch im MN III/IV, wie zum Beispiel in NeukirchenBostholm (MeurersBalke u. a. 1985, 317; 319), und im MN V, wie zum Beispiel in Spodsbjerg (Skaarup 1985, 31).
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Die frühjungneolithischen so genannten Bernsteinscheiben (Hübner Typ 2) haben zwar dieselbe Form, sind aber durchschnittlich mindestens dop
pelt so groß wie die Doppelaxtperlen der Trichterbecherkultur (Hübner 2005, 378 bes. Abb. 276, e.f).
Knochen / Geweih
Aus den drei Schnitten stammen etwas mehr als 2 400 Knochen und mehr als 150 Zähne mit einem Gewicht von etwa 14,7 kg. Die Funde aus den Schnitten 1 und 2 wurden bereits archäozoologisch analysiert.
Untersucht wurden bislang die Knochenfunde zweier eng benachbarter und nur durch die lineare Störung eines Drainagegrabens getrennter Bereiche innerhalb des Schnittes 2 sowie eines Grabungsbereiches innerhalb des nur wenig westlich davon gelegenen Schnittes 1, nämlich des Teils, der unmittelbar an die seinerzeit von H. Schwabedissen ergrabene Fläche anschließt. Die Knochenreste aller drei Bereiche, die sämtlich der Bruchwaldtorfschicht (Schichtpaket 200) entstammen, ähneln sich sehr (Tab. 5): Sie sind von fester Konsistenz, jedoch stark fragmentiert, und die Anzahl nach Skelettelement und Art determinierter Reste ist daher verhältnismäßig gering. Bei einer Gesamtzahl von 2 017 Knochenresten konnten 428 (21 %) Funde bestimmt werden. Der hohe Fragmentierungsgrad lässt die Funde eindeutig als Reste von Schlacht und Speiseabfall erkennen. Für Letzteres sprechen zudem auch einige unbestimmbare Fragmente, die Brandspuren aufweisen oder gar weiß gebrannt sind; hinzu kommt das Dentale eines Hechtes (Esox lucius), das dem Feuer ausgesetzt war. Diese Funde zeigen, dass die Menschen ihre Speisen teilweise über offenem Feuer bereiteten.
Nachdem die Funde in das Substrat eingelagert waren, hat es anscheinend kaum noch Umlagerungen infolge späterer Störungen durch menschliche oder natürliche Einwirkungen gegeben. Dies lassen mehrere innerhalb eines Befundes oder einander benachbart geborgene zusammengehörende Knochen eines Tieres erkennen. Weitere Beispiele hierfür sind Knochenfragmente, die zu einem Stück zusammengefügt werden konnten wie vier kleine Fragmente aus der Diaphyse einer WildschweinTibia (Sus scrofa) oder fünf Stücke aus der Tibia eines Rothirsches (Cervus elaphus).
Der Anteil der Haustiere umfasst mit 209 Funden knapp 49 % der Tierreste insgesamt. Die meisten Funde entfallen auf Rind (Bos primigenius f. taurus; n = 79) und Schwein (Sus scrofa f. domestica; n = 90), der Anteil der kleinen Wiederkäuer (Schaf, Ovis ammon f. aries, und Ziege, Capra aegagrus f. hircus; n = 38) mit sicheren Nachweisen allein für das Schaf ist deutlich geringer, zwei Fundstücke weisen auf den Hund (Canis lupus f. familiaris). 151
Funde sind von Wildsäugetieren, dabei kommt dem Rothirsch (n = 79) ein besonderes Gewicht zu. Als weitere Paarhufer sind Reh (Capreolus capreolus), Ur (Bos primigenius) und Wildschwein mit mehreren Resten vertreten; mit 31 Stücken ist der Biber (Cas-tor fiber) recht gut repräsentiert; mit Einzelfunden sind Dachs (Meles meles), Rotfuchs (Vulpes vulpes) und Marder (Martes spec.) nachgewiesen – vermutlich handelt es sich um den Baummarder (Martes martes), denn der Steinmarder (Martes foina) ist selbst in mittelalterlichen Fundzusammenhängen selten; er muss als später Einwanderer in unser Gebiet betrachtet werden (Heinrich 1991). Schließlich ist das Pferd noch zu erwähnen, das durch ein Hufbein belegt ist; aufgrund der zeitlichen Stellung und der Lage des Fundstückes in der Schicht 202 dürfte es sich um den Rest eines Wildpferdes (Equus fe-rus) handeln.
Während alle genannten Wildsäuger im Umfeld der Siedlung zu erwarten sind, trifft das für die Kegelrobbe (Halichoerus grypus), von der zwei Phalanges 2 gefunden wurden, nicht zu. Die Fundstücke beweisen, dass Verbindungen der Bewohner zur Küste bestanden, sei es zu dort lebenden Menschengruppen, sei es, dass sie Jagdzüge dorthin unternahmen. So könnte auch der so genannte Speisekrustenrest einer mittelneolithischen Scherbe, der mit einem sehr hohen negativen δ13CWert von –31,46 ‰ auf marine Herkunft hindeutet (siehe S. 42), ein Relikt aus der Trangewinnung sein, den man aus dem Blubber von Robben auskochte, um damit Lampen zu füllen. Zu erwähnen ist, dass auch im Tierknochenmaterial vom neolithischen Fundplatz Heidmoor Robbenknochen (n = 29) gefunden wurden (Ewersen 2001).
Bei 30 Fundstücken war eine Zuordnung zum Hausrind oder zu dessen Stammart – dem Ur – aufgrund intermediärer Größe nicht möglich. Entsprechendes gilt für neun weitere Funde, die nach ihrer Größe zu urteilen entweder vom Wildschwein oder vom Hausschwein stammen könnten.
Als einziger Vogelknochen ist im vorliegenden Fundgut ein Humerusfragment einer Ente nachgewiesen; aufgrund der Größe und auch nach morphologischen Merkmalen stammt es wahrscheinlich von einer Stockente (Anas platyrhynchos).
Die Gruppe der Fische ist mit 28 Resten, fast nur Wirbel, vertreten. Dabei entfallen 22 Stücke auf den Hecht, drei sind von Karpfenfischen (Cyprinidae), darunter sicher belegt der Brachsen (Abramis bra-
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ma) mit einem Wirbel, zwei Knochenreste sind vom Flussbarsch (Perca fluviatilis) und ein Wirbel weist auf den Wels (Silurus glanis).
Neben dieser allgemeinen Darstellung ist eine differenzierte Auswertung nach Schichten entscheidend für die Beurteilung der Tierknochen. Von ihrer Gesamtmenge standen hierfür nur 397 stratifizierte
Stücke zur Verfügung (Tab. 5; Abb. 16). Die oberste und damit jüngste Schicht 201 musste aufgrund von nur sechs Knochenresten, die ihr zugeordnet werden konnten, aus dem Vergleich ausscheiden. Es kann hier nur dokumentiert werden, dass Hausschwein und Ur jeweils mit zwei Funden sowie Biber und Kegelrobbe mit je einem Fund nachgewiesen sind (Tab. 5). Die beiden tieferen jung und mittelneolithischen
Tab. 5. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. Schnitt 1 und 2. Anzahl der Tierknochenfunde gesamt und Aufschlüsselung nach Schichten (Bestimmung D. Heinrich und R. Lücht).
Schnitt 1 und 2gesamt
Schnitt 1 und 2
Schicht 201 Schicht 202 Schicht 203Tierart n % n % n % n %
HaustiereRind 79 37,8 – – 56 35,2 15 46,9Schaf 6 2,9 – – 5 3,1 1 3,1Schaf/Ziege 32 15,3 – – 24 15,1 8 25,0Schwein 90 43,1 2 100,0 72 45,3 8 25,0Hund 2 0,9 – – 2 1,3 – –
SummeAnteil eindeutiger Haustiere
209 100,0 58,1
2 100,0 159 100,0 65,4
32 100,0 37,2
WildtiereRothirsch, Cervus elaphus 79 52,3 – – 35 41,6 41 75,9Reh, Capreolus capreolus 7 4,6 – – 7 8,3 – –Ur, Bos primigenius 11 7,3 2 50,0 5 6,0 3 5,5Wildschwein, Sus scrofa 16 10,6 – – 12 14,3 1 1,9Wildpferd, Equus ferus 1 0,6 – – 1 1,2 – –Biber, Castor fiber 31 20,5 1 25,0 20 23,8 8 14,8Dachs, Meles meles 2 1,3 – – 1 1,2 1 1,9Marder, Martes spec. 1 0,6 – – 1 1,2 – –Rotfuchs, Vulpes vulpes 1 0,6 – – 1 1,2 – –Kegelrobbe, Halichoerus grypus 2 1,3 1 25,0 1 1,2 – –
SummeAnteil eindeutiger Wildsäugetiere
151 100,0 41,9
4 100,0 84 100,0 34,6
54 100,0 62,8
Stockente, Anas platyrhynchos (?) 1 1,5 – . – . 1 .Brachsen, Abramis brama 1 1,5 – . – . 1 .Karpfenfische, Cyprinidae 2 2,9 – . 2 . – .Hecht, Esox lucius 22 32,3 – . 15 . 4 .Wels, Silurus glanis 1 1,5 – . 1 . – .Flussbarsch, Perca fluviatilis 2 2,9 – . 2 . – .Rind/Ur 30 44,1 – . 24 . 6 .Haus/Wildschwein 9 13,3 – . 2 . 4 .
Summe 68 100,0 – . 46 . 16 .
Gesamtsumme 428 . 6 . 289 . 102 .
55
Schichten 202 und 203 weisen mit 289 respektive 102 Knochenresten hingegen genügend Funde auf, um zumindest als Trend Übereinstimmungen oder Unterschiede erkennen und bewerten zu können. Vergleicht man zunächst den Haustieranteil mit dem der Wildsäugetiere (ohne Berücksichtigung der wegen unsicherer Zuordnung als „Rind/Ur“ bzw. „Haus/Wildschwein“ gekennzeichneten Knochenreste), so kehren sich die Zahlenverhältnisse um: In der unteren Schicht 203 entfallen auf die Wildsäugetiere 63 % der Funde gegenüber einem Anteil von 37 % für die Haustiere. In der höher gelegenen und
damit jüngeren Schicht 202 kommen hingegen auf die Haustiere 65 % der Funde gegenüber 35 % für die Wildsäuger (siehe Tab. 5; Abb. 16).
So zeigt sich im Trend eine im Laufe der Zeit zunehmende Bedeutung der Haustiere. Es hat den Anschein, dass dabei die Schweinehaltung immer wichtiger wird, denn im oberen Schichtpaket (202) schlägt das Schwein mit 45 % (n = 72) an den Haustierresten deutlich höher zu Buche als im unteren (203), an dem es nur 25 % (n = 8) ausmacht. Entsprechend verschieben sich die Anteile der übrigen Haustierarten. So sinkt der Anteil des Rindes von 47 % (n = 15)
47,7 %
Pro
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30
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0
HaustiereWildtiere
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30
HaustiereWildtiere
A
B
Abb. 16. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. Verteilung der bestimmbaren Tierknochen von Haus und Wildsäugetieren. A Schicht 202 (n = 243). B Schicht 203 (n = 86). Zu den Werten siehe S. 54 Tab. 5 (Bestimmung D. Heinrich und R. Lücht).
56
in der unteren Schicht auf 35 % (n = 56) in der oberen21.
Im Falle der Wildtiere sind die Fundzahlen für sichere Aussagen zu gering. Die durch mehr als nur einen Fund vertretenen Arten sind mit Ausnahme des Rehs, von dem nur aus der oberen Schicht 202 einige Reste vorliegen, alle in beiden Schichtpaketen vertreten. Die weitaus meisten Funde entfallen dabei in beiden Schichten auf den Rothirsch; an zweiter Stelle folgt der Biber. Die Gesamtzahl der Funde ist wohl zu gering, um zu sicheren und abschließenden Aussagen zu gelangen. Alles in allem hat es demnach den Anschein, dass es keine großen Unterschiede in der artlichen Zusammensetzung der Wildtiere zwischen der jung und mittelneolithischen Schicht gibt. Gravierende wirtschaftliche Veränderungen, soweit es die Jagd und die darauf bezogene Nahrungswirtschaft betrifft, hat es zwischen den durch diese Schichten gespiegelten Epochen also anscheinend nicht gegeben. Allerdings hat die Tierhaltung im Jungneolithikum, das durch die höher gelegene Schicht 202 repräsentiert wird, wohl an Bedeutung gewonnen.
Wenn die Mengenverhältnisse also auch mit Vorbehalt zu betrachten sind, sei doch erwähnt, dass erste Analysen am umfangreichen Fundgut, das seinerzeit von Schwabedissen (1958) ergraben wurde, insgesamt hierzu passen: Auch in dem alten Fundgut von mehr als 8 000 bestimmten Resten sind weit mehr als 40 % von Haustieren, allerdings mit dem Rind an erster Stelle, gefolgt vom Schwein und einem geringen Anteil von kleinen Wiederkäuern. Unter den Wildsäugetierresten des Altmaterials nimmt ebenfalls der Rothirsch den ersten Platz ein. Auch die übrigen im neuen Fundgut aus Wolkenwehe verhältnismäßig gut vertetenen Arten sind im alten die nächst häufigen, wenn auch nicht in identischer Abfolge, nämlich Biber, Reh, Wildschwein und Ur. Mit geringer Fundzahl sind auch Robben – als Sattelrobben (Phoca groenlandica) bestimmt – nachgewiesen. Vögel sind nur mit Einzelfunden vertreten und der Anteil der Fische am Knochenmaterial ist recht gering (Lüttschwager 1967).
Kleine Knochen wie jene von Vögeln und Fischen sind im Altmaterial sicher infolge unzureichender Grabungstechnik – Materialausschlämmungen wurden nicht vorgenommen – stark unterrepräsentiert. Auch im hier vorgestellten Fundgut sind zur Zeit Kleinfunde wie von Vögeln und insbesondere von Fischen noch zu gering vertreten, und nicht von
ungefähr ist der Hecht mit zahlreichen, auch ohne Schlämmtechnik relativ leicht zu entdeckenden Wirbeln verhältnismäßig großer Individuen vertreten22.
Einige Knochen zeigen Zurichtungsspuren (Abb. 17). So liegen im Inventar drei zugespitzte Pfrieme vor. Ein besonders großer ist aus dem proximalen Bereich des Radius eines Rindes gefertigt (12166), bei den anderen beiden – sehr viel zierlicheren – , die aus Metapodien gefertigt wurden, ist nicht zu entscheiden, ob sie von Schaf oder Ziege sind oder vom Reh stammen (12162, 12186). Aus einer Geweihsprosse vom Rothirsch ist ein Stück flach herausgeschnitten (9201). Zwei Schneidezähne vom Biber (9232, 9257) sind anscheinend so hergerichtet, dass allein der – auf die Lage im Unterkiefer bezogen – außen liegende besonders harte Schmelzbereich erhalten blieb; mit letzter Sicherheit ist allerdings nicht zu entscheiden, ob es sich hierbei tatsächlich um eine Zurichtung handelt. Der einzige Nachweis für den Wels, ein präkaudaler Wirbel (1255), weist in der Mitte des Wirbelkörpers eine Durchbohrung von knapp 5 mm auf; weitere Zurichtungen sind nicht erkennbar. Diese Funde zeigen, dass Knochen ein
Abb. 17. Knochenspitze, Nr. 12162. Zeichnung K. Winter. M. 1:1.
21 Da jedoch die Fundanzahl für die Haustiere insgesamt besonders im unteren Schichtpaket mit nur 32 Knochenresten sehr gering ist, kann dieses Ergebnis auch zufällig sein.
22 Zwar wurden bei den Sondagen 2006 einige Quadratmeter
vorgeschlämmt, aufgrund des dicht mit faserigen Pflanzen durchsetzten Sediments war aber sowohl Sieben als auch Schlämmen stark erschwert; die Untersuchung der Proben steht noch aus.
57
begehrter Rohstoff für die Herstellung von Geräten und Schmuck war.
Insgesamt betrachtet kann aus den Knochenfunden abgeleitet werden, dass die Menschen des Wohnplatzes Wolkenwehe eine entwickelte Viehwirtschaft betrieben, in der Rinder und Schweine sowie in geringerem Maße Schafe und wohl auch Ziegen eine wesentliche Grundlage für die Versorgung mit Fleisch und vermutlich auch anderen tierischen Produkten darstellten. Materielle Belege für die ganzheitliche Nutzung der Haustiere, aber auch der Wildtiere, sind die wenigen überlieferten aus Knochen, Geweih und Zähnen hergerichteten Geräte. Neben der Haustierhaltung waren aber auch Jagd und Fischfang den Fundzahlen zufolge wichtig im Rahmen der Subsistenzsicherung.
Das Spektrum der Wildtiere kennzeichnet, abgeleitet aus den Lebensansprüchen der verschie
denen Arten, die Landschaft um den Siedlungsplatz als waldreich – dafür stehen Rothirsch und Marder – , doch durchsetzt von offenen Flächen, die den Bedürfnissen des Wildpferdes entsprechen. Zudem kann das Reh hier angeführt werden, das auch als Waldrandtier bezeichnet wird, denn es benötigt sowohl Unterstände als auch offenes Gelände. Das Wildschwein wird ebenfalls in einer so strukturierten Landschaft gute Lebensmöglichkeiten gefunden haben.
Es versteht sich von selbst, dass die Bewohner dieser Feuchtbodensiedlung im Travetal auch Gewässer bezogenen Arten nachstellten; die bislang wenigen Fischreste, der Knochen einer Ente, besonders aber die zahlreichen Biberknochen sind Beweis dafür. Allein die Robbenknochen passen nicht in das so gezeichnete Bild. Sie zeigen indessen, dass die Menschen auch Beziehungen zur Küstenregion hatten.
Holzkohle
Aus den drei Schnitten der Grabung 2006 wurden 41 Holzkohleproben auf Holzart und stärke analysiert23. Die Proben enthielten zwischen einer und mehr als 50 Holzkohlefragmente. Besonders fundreich waren die Schichten in Schnitt 3. 238 Stückbestimmungen mit einem Gesamtgewicht von 106 g (durchschnittlich 0,4 g pro Holzkohlefragment) liegen vor. Es konnten insgesamt zehn Gehölztaxa nachgewiesen werden (Tab. 6): Erle (Alnus) 76 %, Hasel (Corylus) 12 %, Esche (Fraxinus) 6 % sowie Eiche (Quercus), Kernobstgewächse (Pomoideae, möglich sind hier Weißdorn, Apfel, Birne), Linde (Tilia), Ahorn (Acer, bei den vier AcerKohlen handelt es sich aufgrund der zwei bis dreireihigen Holzstrahlen um Feldahorn, Acer campestre) und je ein Stück Pappel/Weide (Populus/Salix), Kreuzdorn (Rham-nus) und Birke (Betula). Insgesamt fünf Rindenstücke waren im Fundmaterial enthalten. Die Bestimmungen erfolgten nach Schweingruber (1990 a; 1990 b) sowie einer Vergleichssammlung. Die Holzstärken werden als Mindestdurchmesser ermittelt, indem die Stücke anhand der Jahrringkrümmung und der Winkel der Holzstrahlen in eine Schablone eingepasst und einer von fünf Durchmesserklassen zugeordnet werden (Nelle 2002 a; 2002 b). So lassen sich einerseits Histogramme der Anteile der jeweiligen Klassen in einer Probe, andererseits über eine Formel ein mittlerer Durchmesser in Zentimeter ermitteln und so Proben untereinander bzw. mit Referenzproben von Holzkohle bekannter eingesetzter
Holzstärken vergleichen. Der mittlere Durchmesser (mDWert, siehe Tab. 6) kann berechnungsbedingt zwischen 1–15 cm liegen. 1 cm entspricht dabei kleinem Zweigmaterial, 15 cm starkem Stammholz, wobei diese Werte nicht als tatsächliche Durchmesser, sondern als Vergleichsdaten zu behandeln sind (Details zur Methode siehe Nelle 2002 b; Nelle/Bankus 2002).
Die Erle ist in 33 der 41 Proben anwesend, die mit 12 Stückzahl% deutlich geringer vertretene Hasel erreicht jedoch eine Stetigkeit von 41 %. Auch die Esche kommt in 27 % der Proben vor und komplettiert das dominierende Spektrum eines lokalen Feuchtwaldes. Gehölze, die auf mineralischen, trockeneren Standorten stocken, kommen nur sehr vereinzelt vor. Die Arten des atlantischen Eichenmischwaldes Eiche, Linde und Ahorn sind nur mit einzelnen Stücken vertreten, Ulme konnte nicht nachgewiesen werden, ebenso wenig wie die Kiefer, die im Pollendiagramm ungewöhnlich hohe Werte aufweist. Da weder Rotbuche noch Hainbuche, beide erst ab dem Subboreal im Raum um Wolkenwehe vorkommend, noch neuzeitlich angepflanzte Nadelgehölze im Material gefunden wurden, stammen die Holzkohlen wahrscheinlich aus dem Atlantikum oder frühen Subboreal, die Fundschicht wurde nicht mit jüngeren Holzkohlen verunreinigt.
Ob es sich um verkohlte Reste von Brennholz oder Bauholz handelt oder gar von einem Waldbrand, kann an den Holzkohlen selbst nicht erkannt wer
23 Doris Jansen sei für die Mitarbeit bei der Holzkohleanalyse gedankt.
58
Tab. 6. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. Ergebnisse der Holzkohleanalyse der Proben aus dem Jahr 2006, sortiert nach Fundstellen (Analyse D. Jansen und O. Nelle).
Archäologische Daten Anthrakologische Daten Holzkohle: Anzahl nach Arten
ProbeNr. x y Schi
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201
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–3)
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)
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rn)
Betu
la (B
irke)
Rind
e
Schicht 201914 . . 201 10 2,20 0,22 8 4 10 . . . . . . . . . .
126 . . 201 2 0,43 0,22 1 3 2 . . . . . . . . . .
Summe Schicht 201 . . . 12 2,60 0,22 9 4 12 . . . . . . . . . .N % 100 . . . . . . . . . G % 100 . . . . . . . . .
Schicht 202
697 136 112 202 1 0,39 0,39 1 8 . . 1 . . . . . . . .6100 135 112 202 3 0,32 0,11 0 . 2 1 . . . . . . . . .6101 135 112 202 8 0,74 0,09 3 8 4 . 2 2 . . . . . . .6143 135 113 202 4 1,16 0,29 3 5 4 . . . . . . . . . .6170 136 113 202 1 0,59 0,59 1 3 . . . . 1 . . . . . .6207 135 112 202 2 0,82 0,41 2 15 . . 2 . . . . . . . .6327 135 112 202 1 0,07 0,07 1 8 . 1 . . . . . . . . .9105 138 117 202 8 2,31 0,29 7 6 7 . 1 . . . . . . . .9213 . . 202 1 0,48 0,48 1 4 . . 1 . . . . . . . .
12238 137 116 202 1 0,31 0,31 1 1 . . . . 1 . . . . . .
Summe Schicht 202 . . . 30 7,20 0,24 20 7 17 2 7 2 2 . . . . . .N % . . . . . . . . 57 7 23 7 7 . . . . . G % . . . . . . . . 49 4 33 1 12 . . . . .
Schicht 203
9238 135 117 203 2 0,50 0,25 2 9 1 . . . 1 . . . . . .
Schnitt 3: Planum 2, 31631 109 125 02 6 1,29 0,22 4 5 5 1 . . . . . . . . .1638 109 126 02 8 1,67 0,21 6 4 7 1 . . . . . . . . .1640 112 126 02 8 2,02 0,25 6 9 6 2 . . . . . . . . 11642 109 127 02 2 0,57 0,29 2 15 2 . . . . . . . . . .1650 111 126 02 9 7,83 0,87 7 7 7 1 1 . . . . . . . .1654 110 127 02 7 4,66 0,67 7 3 1 4 2 . . . . . . . .1657 110 125 02 12 6,92 0,58 8 9 6 2 1 . . . 2 1 . . 11662 109 125 02 6 0,86 0,14 5 5 6 . . . . . . . . . .1666 111 125 02 5 1,29 0,26 3 9 3 . . . . . 2 . . . .1670 02 9 2,77 0,31 8 8 8 1 . . . . . . . . .1710 112 125 02 4 1,01 0,25 4 5 1 3 . . . . . . . . .
59
den. Insgesamt sind die Stücke komplett durchgekohlt. Die Verkohlungsqualität würde man insgesamt als gut bezeichnen. Das Spektrum spiegelt die Nutzung (bzw. das Abbrennen) von Gehölzen auf Feucht bzw. NassStandorten. Dies kann ein Erlen
bruchwald gewesen sein, der mit einzelnen Eschen durchsetzt war, die möglicherweise in Quellsituation standen. Der Haselstrauch kann vereinzelt auch in bzw. am Rand von Bruchwäldern vorkommen. Bei reiner Ausprägung eines Bruchwaldes dominiert die
Tab. 6. Fortsetzung. Bad OldesloeWolkenwehe, LA 154. Ergebnisse der Holzkohleanalyse der Proben aus dem Jahr 2006, sortiert nach Fundstellen (Analyse D. Jansen und O. Nelle).
Archäologische Daten Anthrakologische Daten Holzkohle: Anzahl nach Arten
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Rind
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209 135 112 02 2 0,45 0,23 1 15 1 . . 1 . . . . . . .2010 135 112 02 5 0,49 0,10 1 8 2 2 . . . . . . 1 . .
Summe Planum 2 . . . 83 31,80 0,38 62 7 55 17 4 1 . . 4 1 1 . 2N % . . . . . . . . 66 20 5 . . . 5 1 . . G % . . . . . . . . 61 23 8 1 . . <1 1 <1 .
2113 110 125 03 10 5,02 0,50 10 5 9 1 . . . . . . . . .2118 109 125 03 10 6,49 0,65 9 9 9 1 . . . . . . . . .2123 111 125 03 6 1,65 0,28 5 7 4 2 . . . . . . . . .2128 109 126 03 10 6,34 0,63 10 9 10 . . . . . . . . . .2131 109 127 03 10 11,68 1,17 10 9 10 . . . . . . . . . .2134 110 126 03 29 17,04 0,59 27 8 25 3 . . . . . . . 1 22137 110 127 03 6 5,15 0,86 6 4 5 . 1 . . . . . . . .2146 111 127 03 3 3,22 1,07 3 9 3 . . . . . . . . . .21134 112 127 03 1 0,43 0,43 1 4 . 1 . . . . . . . . 121152 112 126 03 3 0,55 0,18 2 3 3 . . . . . . . . . .21155 110 126 03 10 3,00 0,30 9 10 9 . 1 . . . . . . . .21157 110 127 03 1 0,39 0,39 1 4 . 1 . . . . . . . . .
Summe Planum 3 . . . 99 61,0 0,62 93 8 87 9 2 . . . . . . 1 3N % . . . . . . . . 88 9 2 . . . . . . 1 –G % . . . . . . . . 91 6 2 . . . . . . 1 –
Stratigrafisch undifferenziert 6346 . . . 1 0,70 0,70 1 8 1 . . . . . . . . . .
1627 . . . 7 1,30 0,19 6 12 5 . . . . 2 . . . . .21122 109 126 – 4 0,41 0,10 3 9 3 . 1 . . . . . . . .
Summe (41 Proben) . . . 238 105,52 0,44 196 7 181 28 14 3 3 2 4 2 1 1 5Prozentanteile . . . . . . . . 76 12 6 1 1 1 2 <1 <1 <1 –
60
Schwarzerle, das Vorkommen von Hasel und Esche deutet auf eine BruchwaldRandsituation hin. Möglich ist aber auch, dass Brennholz aus reinen Erlenbeständen und aus Bruchwaldrandsituationen heute als Holzkohlereste gemischt überliefert sind.
Die Verteilung der Holzkohlestücke auf Durchmesserklassen und die mittleren Durchmesserwerte (mD) – im Durchschnitt der Proben bei 7 cm – deuten auf die vollständige Nutzung eines mittelalten Erlenbestandes. Verteilungsmuster und mDWerte einer Probe eines Meilers, in dem Erlenholz ab 5 cm Durchmesser, mehrheitlich aber Scheite mit 10–20 cm Stammdurchmesser verkohlt wurden, zeigen etwas höhere Durchmesser (A. Paysen und O. Nelle, unpubl. Daten). Allerdings wurden im Meiler keine Äste der Erle verkohlt. Wir können im Vergleich mit dieser Rezentprobe also die vollständige Nut
zung eines Erlenbestandes mit Stammdurchmessern bis zu 20 cm, im Einzelfall auch darüber hinaus, postulieren. Ob deutlich stärkere Erlen in der Umgebung des Platzes vorhanden waren und dann möglicherweise als Bauholz genutzt wurden, lässt sich zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Die bisher gefundenen Pfähle sind mit drei Ausnahmen durchweg aus Erlenholz, weisen allerdings einen maximalen Durchmesser von 8 cm auf (siehe S. 38 Tab. 1). Hierzu wie auch zu der Frage, ob sich in den Spektrumsunterschieden der Schnitte standörtliche Unterschiede spiegeln, müsste bei zukünftigen Grabungen weiteres Probenmaterial untersucht werden. Auch bleibt die Frage vorerst offen, ob die Nutzung von Erlenbeständen die Folge einer weitgehenden Entwaldung der mineralischen Standorte ist.
Synthese und Interpretation
Die neuen Untersuchungen in Wolkenwehe haben zu einer Klärung der Erhaltungsbedingungen sowohl des archäologischen als auch des paläoökologischen Substrats des neolithischen Fundplatzes geführt. In Zusammenhang mit pollenanalytischen Analysen konnte die Schichtgenese im Randbereich der Altgrabungen von Schwabedissen geklärt werden. So ist jetzt klar, dass auf einer Detritusmudde (Schicht 400) im Bereich einer flachen Geländekuppe in einem ehemaligen Seebecken, das zum Zeitpunkt der neolithischen Nutzung bereits großflächig verlandet war, sich zwischen ca. 4100 und 1000 v. Chr. ein Bruchwaldtorf bildete. Das die Geländekuppe umgebende Niedermoor wurde regelmäßig von Hochwässern der Trave überflutet, wahrscheinlich auch das Siedlungsareal, was die Entwicklung des Bruchwaldtorfes ermöglichte. Entsprechend der jahreszeitlichen Niederschlagsverteilung dürften diese Überflutungen hauptsächlich den Winter und das Frühjahr betroffen haben, so dass die Aktivitätsareale des Fundplatzes während der anderen Jahreszeiten relativ trocken gewesen sind. Zur Zeit der neolithischen Besiedlungen haben in den Randbereichen des Niedermoores Erlenbestände gestockt. Die umgebende Landschaft war von Eichenmischwäldern dominiert. Pollenkörner der Besenheide weisen darauf hin, dass es im Einzugsgebiet auch offene Standorte auf armen Böden gegeben hat. Entsprechende Offenflächen lassen sich auch aufgrund der Tierartenzusammensetzung sowohl des mittel als auch jungneolithischen Knochenbestandes rekonstruieren.
Der Bruchwaldtorf (Schichtpaket 200) im Bereich der Geländekuppe diente zu unterschiedlichen Zeiten als Siedlungs und Aktivitätsareal neolithischer Gemeinschaften.
Aufgrund der unterschiedlichen Depositionshöhen von Steinen, Funden, Holzkohlen und von anderen, anthropogen eingebrachten bzw. am Ort produzierten Objekten ließen sich innerhalb des Bruchwaldtorfes drei Schichtabschnitte unterscheiden: – Aus der ältesten Schicht 203 stammt neben mög
licherweise verlagerten frühneolithischen Artefakten eine mittelneolithische Keramik, die dem MN I–III zugeordnet werden kann. Hinweise auf eine detailliertere chronologische Differenzierung der Schicht 203 bieten derzeit die Steinartefakte, über die möglicherweise der unterste Bereich der Schicht 203 Hinweise auf eine frühneolithische Begehung bietet.
– Die nächstfolgende Schicht 202 wird charakterisiert durch schnurkeramische und glockenbecherzeitliche Scherben bzw. dickblattigdicknackige Beile, die dem Jungneolithikum zuzuordnen sind. Inwieweit hier eine feinchronologische Differenzierung möglich ist, kann erst über Folgeuntersuchungen geklärt werden. Immerhin sind aus dem unteren Bereich der Schicht 202 auch dünnblattige Beile geborgen worden, die nur frühjungneolithisch sein können.
– Die darüber liegende Schicht 201 zeichnet sich durch eine Fundleere aus, die wohl mit nachlassenden Aktivitäten am Fundplatz zu begründen ist. Ihre Entstehung hängt offensichtlich mit dem obersten aufgedeckten Pfahl zusammen, der spätbronzezeitlich in das 9. vorchristliche Jahrhundert datiert.
Pfähle, die auf einem tieferen Niveau innerhalb und partiell oberhalb der Detritusmudde erhalten sind, datieren beim derzeitigen Kenntnisstand in das 29. oder 28. vorchristliche Jahrhundert. Sie ste
61
hen in Verbindung mit den schnurkeramischen Aktivitäten am Ort, die durch die unteren Abschnitte der Schicht 202 repräsentiert werden.
Sowohl die mittelneolithische als auch die jungneolithische Schicht sind geprägt durch eine extreme Dichte archäologischer Funde und Befunde. Neben Lagen aus Stein und Geröll, dazu Schleifplatten und Ansammlungen möglicher Kochsteine, finden sich Abfallprodukte sowohl der Beil als auch übrigen lithischen Geräteproduktion. Erhebliche Mengen an Holzkohle markieren beide Aktivitätsphasen, von denen zumindest die jüngere mit einer Bauarchitektur, die über die Pfähle erkennbar ist, in Verbindung steht.
Der Charakter der ökonomischen Aktivitäten am Ort ist sowohl für das Mittel als auch das Jungneolithikum aufgrund der kleinen Ausmaße der bisherigen Grabungsflächen nur schwer zu beurteilen. Die archäozoologischen Analysen bezeugen eine Tendenz von einer im Mittelneolithikum sowohl auf Jagd als auch Viehhaltung basierenden Fleischwirtschaft hin zu einer stärker viehhalterischen Komponente, die in sich durch eine relative Erhöhung der Schweineanteile und eine Verminderung der Rinderhaltung gekennzeichnet ist. Ackerbauliche Aktivitäten können bisher für den Fundplatz nicht rekonstruiert werden, weder führten die selektiven botanischen Großrestanalysen zum Nachweis von Getreide24 noch zeichnen sich ackerbauliche Tätigkeiten im Pollenprofil ab. Auch fehlen bisher Mahlsteine.
Insgesamt sind in den Pollenprofilen vom Fundplatz die Werte siedlungsanzeigender Pollentypen
gering: Pollenkörner vom Getreidetyp treten nur vereinzelt auf und lassen erkennen, dass die Insel nicht dauerhaft besiedelt gewesen ist. Eine lückenlose Beprobung dieses Schichtpaketes wird sich anschließen, um auch kürzere Phasen mit Getreideverarbeitung, wie sie in den Voruntersuchungen angetroffen wurden, zu erfassen.
Es muss an Sonderfunktionen des Fundplatzes im Rahmen sowohl des mittelneolithischen als auch des jungneolithischen Siedlungssystems gedacht werden, da eine ganzjährige Besiedlung des Fundplatzes ohne intensive ackerbauliche Aktivitäten nur schwer möglich erscheint. Gedacht wird an eine Beziehung zu den benachbarten Salzquellen, die innerhalb des neolithischen Wirtschaftssystems sicherlich eine erhebliche Bedeutung gehabt haben.
Das Potential des Fundplatzes ist beim derzeitigen Untersuchungsstand also als äußerst hoch einzuschätzen: Zumindest größere Areale der Siedlung sind nicht durch die Altgrabungen gestört, die Pfähle sind nach wie vor erhalten. Die untere Pfahlsetzung konnte als frühjungneolithisch identifiziert und mit der jungneolithischen Aktivitätsphase am Fundplatz assoziiert werden. Die erfasste Vertikalstratigrafie belegt darüber hinaus eine mittelneolithische Besiedlung. Die Rekonstruktion der Umwelt ist sowohl über archäobotanische als auch archäozoologische Analysen möglich. Die bisherigen Informationen zur Wirtschaftsweise lassen zumindest im Bereich des neu gegrabenen Areals an Sonderfunktionen des Fundplatzes innerhalb eines kleinregionalen Siedlungsmusters denken.
Zusammenfassung
Der Artikel gibt einen Vorbericht über eine vierwöchige Grabungskampagne im Jahr 2006 auf dem Fundplatz Bad OldesloeWolkenwehe LA 154. Ziel war es, mit mehreren Sondagen den Erhaltungsgrad am Fundplatz zu klären und die Ergebnisse der Altgrabung (1950–1952) zu überprüfen. Entsprechend werden die Resultate der archäologischen, paläoökologischen (Pollenanalyse und Anthrakologie) und archäozoologischen Untersuchungen vorgelegt. So konnte eine Schichtabfolge mit zahlreichen Funden dokumentiert werden: Mehrere Nutzungsphasen sind dem Mittel (MN I–III) und Jungneoli
thikum (Einzelgrab und Glockenbecherkultur) zuzuordnen. Pfahlspitzen können mit einer Ausnahme der Einzelgrabkultur um 2750 v. Chr. zugewiesen werden. Die pollenanalytischen Ergebnisse belegen, dass unterschiedliche Aktivitätsphasen in nur periodisch überschwemmten Arealen einer Geländekuppe stattfanden. Grundsätzlich sind die Erhaltungsbedingungen als sehr gut einzuschätzen, so dass der Fundplatz als eine der wenigen nordmitteleuropäischen Siedlungen mit Feuchtbodenerhaltung noch ein erhebliches Forschungspotential bietet.
24 Die erste großrestanalytische Untersuchung von zehn Bodenproben im Umfang von je 100 ml erbrachte aufgrund des Zersetzungsgrades des Niedermoortorfes keine unverkohl
ten Pflanzenreste aus den Fundschichten. Wir bedanken uns bei E. Tafel und H. Kroll für die Analyse der Proben.
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The article is the preliminary report of a fourweek excavation in 2006 on the site of Bad OldesloeWolkenwehe LA 154, known since the 1950s. Aim of research was to check the degree of preservation on the site and to verify information from earlier campaigns in 1950–1952. Accordingly, the results of archaeological, palaeoecological (pollen analysis and anthracology) as well as archaeozoological investigations are discussed. A stratigraphy could be recognized with plenty of finds from the Middle Neolithic (MN I–III) and „Young“ Neolithic (Single
Grave Culture and Bell Beakers). Several wooden post tips have been radiocarbon dated to the Single Grave Culture (about 2750 cal BC). The palynological determinations document different activities only on the top of the flat knoll in an area which had been flooded periodically. The site is generally very well preserved and it is thought to be one of only a few settlements in Northmiddle Europe with wetland preservation conditions and a high potential for research.
Summary
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