Adam Smiths Problem. Die Wirkungsgeschichte der philosophischen Theorie und ökonomischen Lehre von...

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Adam Smiths Problem Die Wirkungsgeschichte der philosophischen Theorie und ökonomischen Lehre von Adam Smith und ihre Probleme Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Theologisches Seminar Bachelorarbeit Betreuer: Prof. Dr. Klaus Tanner Fachbereich: Systematische Theologie Student: Jonas Bedford-Strohm 1 Matrikelnummer: 3122527 Abschluss: Bachelor of Arts 1. Hauptfach: Christentum und Kultur 2. Hauptfach: Philosophie Anschrift: Friedrich-Ebert-Anlage 15, 69117 Heidelberg, Email: [email protected]. 1

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!!!!!!Adam Smiths Problem

Die Wirkungsgeschichte der philosophischen Theorie und ökonomischen Lehre von Adam Smith und ihre Probleme

!!!!

Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Theologisches Seminar

!Bachelorarbeit

Betreuer: Prof. Dr. Klaus Tanner

Fachbereich: Systematische Theologie

!Student: Jonas Bedford-Strohm 1

Matrikelnummer: 3122527

Abschluss: Bachelor of Arts

1. Hauptfach: Christentum und Kultur

2. Hauptfach: Philosophie

!

Anschrift: Friedrich-Ebert-Anlage 15, 69117 Heidelberg, Email: [email protected]

!!!!

»Ich bin ein Teil von jener Kraft,

die stets das Böse will und stets das Gute schafft.« 2

Mephistopheles

!!

»Von einer unsichtbaren Hand werden sie dahin geführt, beinahe die gleiche Verteilung

der zum Leben notwendigen Güter zu verwirklichen, die zustande gekommen wäre,

wenn die Erde zu gleichen Teilen unter alle ihre Bewohner verteilt worden wäre; und so

fördern sie, ohne es zu beabsichtigen, ja ohne es zu wissen, das Interesse der Gesellschaft

und gewähren die Mittel zur Vermehrung der Gattung.« 3

Adam Smith

!!

!!

VON GOETHE, JOHANN WOLFGANG: Werke - Hamburger Ausgabe, Band III, Dramatische Dichtungen I, Faust I, 2

München 1982, S. 47.

SMITH, ADAM: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 2010, S. 296f.3

Abstrakt:

Diese Arbeit widmet sich dem sogenannten Adam-Smith-Problem, das der Autor als

„Adam Smiths Problem” versteht und in einer postulierten Differenz von „Theory of

Moral Sentiments” und „Wealth of Nations” nicht erschöpfend behandelt sieht. Die

Arbeit formuliert deshalb Gedanken auf dem Weg zu einem integrierten Verständnis der

Hauptwerke Smiths und stellt die Sympathie als Prinzip sittlicher Richtigkeit von

Handlungen als Grundlage der Moralphilosophie Adam Smiths dar. Sie wendet

multikontextuelles Denken auf das Adam-Smith-Problem an und entwickelt aus der

Smithschen Anthropologie Ansätze für einen relationalen Rationalitätsbegriff. Die Arbeit

plausibilisiert Kants Begriff des moralischen Geschmacks im Kontrast zum moralischen Gefühl

bei Smith, dem moralischen Sinn bei Hume und dem Common Sense von Reid und Arendt

und zeigt, dass Gemeinwohl und Eigennutz keineswegs als sich gegenüberstehende

Entitäten in Smiths Werken zu finden sind. Die Arbeit spürt der Entstehungs- und

Rezeptionsgeschichte, anthropologischen Grundpfeilern, sowie erkenntnistheoretischen

und religiösen Grundlagen in Smiths Hauptwerken nach. Abschließend gewinnt sie aus

den Überlegungen zur empiristischen und deistischen Prägung Smiths einige

Schlussfolgerungen für aktuelle Debatten zu Modus und Orientierung der modernen

Ökonomik.

!

!3

I. Einführung und Kontext 6

A. Motivation und Methodik der Arbeit 6

B. Entstehung und Aufnahme der Smithschen Hauptwerke 9

II. Grundzüge der Moralphilosophie 13

A. Sympathie als Prinzip sittlicher Richtigkeit der Handlungen 13

B. Der unparteiische Zuschauer 16

C. Harmonie der Einzelinteressen 18

III. Das „Adam-Smith-Problem” 24

A. Verhältnisbestimmung von Theory und Wealth 24

B. Moral Hazard und die Rationalitätenfalle 30

C. Die funktionalistische Anonymität des Marktes 33

D. Der Markt als System der sozialen Kommunikation 35

E. Relationale Rationalität und detranszendentalisierte Vernunft 41

F. Die Kontextualität menschlicher Existenz 43

IV. „Inquiry into the Nature” - Smiths Rhetorik der Natur 46

A. Der deistische Naturbegriff 46

B. Der natürliche Preis und die Gravitationsmetapher 50

C. Das System der natürlichen Freiheit 54

D. Vergesellschaftung durch Kommerzialisierung 56

V. Erkenntnistheoretische Grundlagen 58

A. Grundgedanken des angelsächsischen Empirismus 58

B. Moderne Wirkungsgeschichte des Empirismus 60

C. Der Wissenschaftsbegriff: Popper, Kant, Smith 64

D. Common Sense statt Moral Sense 66

VI. Schlussfolgerungen für die Politische Ökonomik 67

A. Die Autonomie der Wirtschaftswissenschaft 67

B. Der neue Protest gegen die neoklassische Lehre 73

C. Abschließende Überlegungen zu Smiths Anthropologie 75

!4

D. Zusammenfassende Thesen 77

VII. Literaturverzeichnis 80

A. Werkausgaben 80

B. Sekundärliteratur zu Adam Smith: Monographien 80

C. Sekundärliteratur zu Adam Smith: Aufsätze und Artikel 81

D. Ergänzende Primärliteratur 82

E. Ergänzende Sekundärliteratur 84

F. Lexikonartikel 86

G. Links 87

VIII. Erklärung 88

!5

I. Einführung und Kontext

A. Motivation und Methodik der Arbeit

„It is terrific to contemplate the abysmal gulf of incomprehension that has

opened itself between us and the classical economists. Only one century

separates us from them: ...I say a century; but even a century after, in 1870, they

did not understand it.... The classical economists said things which were

perfectly true, even according to our standards of truth: they expressed

them very clearly, in terse and unambiguous language, as is proved by the

fact that they perfectly understood each other. We don’t understand a word

of what they said: has their language been lost? Obviously not, as the

English of Adam Smith is what people talk today in this country. What has

happened then?” 4

Mit diesem Zitat von Piero Sraffa eröffnet Tony Aspromourgos seine Untersuchung der

ökonomischen Lehre Adam Smiths und der Konstruktion der Politischen Ökonomik als

eigenständiger Disziplin. Sraffa drückt darin 1927 eine grundlegende Herausforderung

der ökonomischen und wirtschaftsgeschichtlichen Wissenschaft seiner Zeit aus. Er trifft

damit auch heute noch den berühmten Nagel auf den Kopf. Diese Arbeit soll deshalb

der Wirkungsgeschichte der ökonomischen Lehre und philosophischen Theorie Adam

Smiths nachspüren und ihren Fehlentwicklungen und Zerrbildern durch eine

Rekonstruktion anthropologischer Grundkonstanten und theoretischer Grundlagen in

Smiths Werk entgegenwirken. Denn auch für Smith gilt, was Jürgen Habermas nüchtern

feststellt: „die Wirkungsgeschichte unsrer Texte weht, wohin sie will.” 5

Das Thema „Adam Smiths Problem. Die Wirkungsgeschichte der philosophischen

Theorie und ökonomischen Lehre von Adam Smith und ihre Probleme” habe ich

gewählt vor dem Hintergrund der schleichenden „Immunisierung gegen die Erfahrung

als Tendenz der Neoklassik”, wie sie Hans Albert schon 1963 in seinem Aufsatz „Modell-

Platonismus. Der neoklassische Stil des ökonomischen Denkens in kritischer

!6

PASINETTI, LUIGI L.: Continuity and Change in Sraffa’s Thought: an Archival Excursus, in: COZZI, TERENZIO; 4

MARCHIONATTI, ROBERTO: (HRSG.): Piero Sraffa’s Political Economy: a Centenary Estimate, London 2001. S.153.

FUNKEN, MICHAEL (HRSG.): Über Habermas. Gespräche mit Zeitgenossen, Darmstadt 2008. S. 189.5

Beleuchtung” beschreibt, war doch Adam Smith als der Gründervater der 6

Nationalökonomie selbst stark durch den schottischen Empirismus seiner Zeit geprägt. 7

Dieses Paradox weist uns auf eine provokante Zeitdiagnose: Die Volkswirtschaftslehre

hat sich heute nicht nur immunisiert gegen weite Teile der menschlichen Erfahrung, sie

hat vor allem ihren disziplinimmanenten Reflexionsrahmen für die Grundbegriffe der

eigenen Wissenschaft weitgehend abgeschafft bzw. in die Philosophie abgedrängt. Diesen

Rahmen versuchen nun Initiativen rund um die Welt wiederherzustellen und wählen

dafür zunehmend den Modus des interdisziplinären Gesprächs. Wie die Philosophie darf

sich auch die Theologie diesem Thema nicht entziehen, denn: Ökonomische Theorie

prägt wie nur wenig andere theoretische Voraussetzungen unserer Gesellschaftsordnung

unser aller täglich Leben.

Nun kann die Theologie dieses Thema also nicht einfach von sich weisen und den

Ökonomen allein, oder im Verbund mit den empirischen Sozialwissenschaften das Feld

überlassen, betrifft doch alles, was zum Thema diskutiert wird, die christliche Kirche, die

Theologie und Milliarden Gläubige rund um den Globus in einer Art und Weise, die

keine Ignoranz erlaubt, wenn die gesellschaftlichen Grundimpulse der christlichen Idee

Wirkung erfahren sollen. So kann die Theologie in den anthropologischen Diskussionen

um das Menschenbild des homo oeconomicus liefern, indem sie Kon- und Divergenzen zum

Menschenbild der Bibel herausarbeitet wie es auch die Rechtswissenschaft im Verhältnis

zum Menschenbild des Grundgesetzes unternommen hat. 8

Die Theologie kann ferner helfen, die quasireligiösen Elemente und theologischen

Grundlagen ökonomischer Sozialtheorien zu verstehen und dazu beitragen, die idolatrous

elements der herrschenden Glaubenssysteme zu identifizieren. Diese Elemente in den

nichtreligiösen Glaubenssystemen der verschiedenen Wirtschaftstheoretiker können ein

außerordentlich gesellschaftsschädigendes Moment entwickeln. Was Paul Tillich für den

!7

ALBERT, HANS: Modell-Platonismus. Der neoklassische Stil des ökonomischen Denkens in kritischer Beleuchtung. 6

in: KARRENBERG, FRIEDRICH; ALBERT, HANS (HRSG.): Sozialwissenschaft und Gesellschaftsgestaltung. Festschrift für Gerhard Weisser, Berlin 1963. S. 51.

Smith wird oft auch (gemeinsam mit François Quesnay) als Gründervater der Politischen Ökonomik bezeichnet. 7

Für eine ausführliche Geschichte der Entstehung der Politischen Ökonomik vgl. HUTCHISON, TERENCE WILMOT: Before Adam Smith: the Emergence of Political Economy, 1662–1776, Oxford 1988. Und: TROELTSCH, ERNST: Gesammelte Schriften, Band IV: Aufsätze zur Geistesgeschichte und Religionssoziologie, Tübingen 1925. S. 345f.

Vgl. GRÖSCHNER, ROLF: Der homo oeconomicus und das Menschenbild des Grundgesetzes. in: ENGEL, 8

CHRISTOPH; MORLOK, MARTIN (HRSG.): Öffentliches Recht als ein Gegenstand ökonomischer Forschung, Tübingen 1998.

religiösen Glauben formuliert, gilt selbstverständlich auch für säkulare Glaubenssysteme:

„Idolatrous faith has more disintegrating power than indifference, just because it is faith

and produces a transitory integration. This is the extreme danger of misguided,

idolatrous faith, and the reason why the prophetic Spirit is above all the Spirit which

fights agains the idolatrous distortion of faith.” Qualifizierte Kritik kann auf diesem 9

Gebiet vor allem von Religionsphilosophie und Theologie geübt werden. Insofern ist die

Beteiligung an den laufenden Diskursen der Wirtschaftstheorie notwendigerweise ein

Diskurs, an dem sich Religionsphilosophie und Theologie zu beteiligen haben.

Für die fruchtbare Beteiligung am interdisziplinären Gespräch ist es für die Theologie

notwendig, die Ursprünge der Diskurse kennenzulernen und die philosophischen

Entscheidungen nachzuvollziehen, die das heutige Bild der Ökonomie und unseres

Verständnisses von Wirtschaft und ihrer Wissenschaft prägen. Deshalb habe ich mich

bemüht, nicht nur isoliert den Denker Adam Smith darzustellen, sondern immer wieder

knappe Verbindungslinien in die griechische Antike, die frühe Neuzeit, das schottische

Umfeld Smiths und die Korrespondenz zur aufklärerischen Philosophie auf dem

Festland bis hin zu Anknüpfungspunkten und Gegenreaktionen im 20. Jahrhundert zu

ziehen. Durch eingestreute Referenzen auf aktuelle Diskurse habe ich mich bemüht,

beispielhaft die unmittelbare Relevanz der historischen Aufarbeitung philosophischer

Theorien für das Verständnis unserer Welt heute zu zeigen.

Bei einem solch weit gespannten Spektrum an Literatur droht die Unübersichtlichkeit

und Beliebigkeit, deshalb habe ich mich bemüht, die weiterführenden Hinweise sorgfältig

auszuwählen. Das ausführliche Studium der Fußnoten wird auf einen reichen Schatz an

Literatur zum Thema und seinem Kontext verweisen, den ich selbst beim Schreiben

dieser Zeilen in seiner Fülle und Tiefe nicht voll zu erschließen imstande war. Insofern

sind diese Hinweise nicht nur als Referenzen, sondern auch als Auftrag zu verstehen, den

in seiner aktuellen Form noch jungen Diskurs weiter zu stimulieren und in Verbindung

zu vergangenen Debatten zum Thema zu setzen.

Diese Arbeit wird von der traditionellen Form des generischen Maskulinums als

grammatisch inklusiver Form Gebrauch machen. Ich werde aus Gründen der flüssigen

Lesbarkeit außerdem die kursiv gedruckten Schlüsselwörter Theory und Wealth statt der

gängigen Abkürzungen TMS und WN als Kurzform für die „Theory of Moral

!8

TILLICH, PAUL: Dynamics of Faith, New York 1957. S. 110. 9

Sentiments” und die „Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations”

verwenden.

Als Textgrundlage dienen vor allem die „Theorie der ethischen Gefühle” im von Walther

Eckstein übersetzten Text der sechsten Originalauflage, der „Wohlstand der Nationen” 10

in der Übersetzung von Horst Recktenwald, sowie die „Essays on Philosophical 11

Subjects” in der von Ross, Bryce und Wightman besorgten Ausgabe der Glasgow

Edition. 12

B. Entstehung und Aufnahme der Smithschen Hauptwerke

Adam Smith, 1732 in Kirkcaldy geboren und 1790 in Edinburgh gestorben, gilt im

öffentlichen Bewusstsein heute vor allem als Gründervater der modernen

Nationalökonomie. Begründet liegt das in seiner umfangreichen und leicht 13

verständlichen Formulierung und Weiterentwicklung des marktwirtschaftlichen Denkens

seiner Zeit in seinem ökonomischen Hauptwerk „An Inquiry into the Nature and Causes

of the Wealth of Nations”. Smith selbst verstand sich allerdings nicht explizit als

Ökonom, sondern vor allem als Moralphilosoph. Die Profession des Ökonomen ist kein

zeitgenössischer Begriff, sondern wurde erst im Lauf der Rezeptionsgeschichte der

klassischen Ökonomen zu einem eigenständigen Berufsbild. Deswegen lohnt die

Betrachtung von Smiths Werken nicht nur unter rein wirtschaftstheoretischen, sondern

auch philosophischen bzw. philosophiegeschichtlichen Gesichtspunkten. Diese Arbeit

widmet sich deshalb in ihren Hauptteilen den Grundzügen der Smithschen

Moralphilosophie (II), dem integrierten Verständnis von Smiths Gesamtwerk (III), sowie

einem rhetorisch-analytischen Teil (IV), der am Beispiel von Smiths Newton-Rezeption

und seiner Verwendung des Naturbegriffs einige Problemanzeigen für die kritische

Lektüre Adam Smiths formuliert. Aus dem philosophiegeschichtlichen Teil (V) heraus,

der Smith ins Denken seiner Zeit einordnet und Diskussionslinien in die heutige Zeit

nachzeichnet, skizziert die Arbeit einige Schlussfolgerungen für die Politische Ökonomik

und den öffentlichen ökonomischen Diskurs heute (VI). Die Arbeit schließt ab mit einer

!9

SMITH, ADAM: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 2010.10

RECKTENWALD, HORST CLAUS (HRSG.): Adam Smith. Der Wohlstand der Nationen, München 1978.11

WIGHTMAN, W.P.D.; BRYCE, J.C.; ROSS, I.S. (HRSG.): Adam Smith. Essays on Philosophical Subjects (Glasgow 12

Edition of the Works and Correspondence of Adam Smith, Vol. 3), Oxford 1980.

DIE ZEIT: Auf der Suche nach Adam Smith. 14. August 2013, Nr. 34.13

Abschlussreflexion zu Smiths Anthropologie und fasst die Ergebnisse der Arbeit

thesenartig zusammen.

Adam Smith gilt als einer der prägendsten Denker der Neuzeit und das mit Recht. Und

doch begegnet dem geneigten Leser und Hörer eine erstaunliche Oberflächlichkeit, mit

der Smiths Gesamtwerk abgehandelt und bisweilen reduziert wird. Landläufig wird der

Wealth of Nations, der die Politische Ökonomie als eigenständigen Gegenstandsbereich

der Wissenschaft begründet hat, als Smiths Hauptwerk rezipiert. Der für den Wealth

grundlegende Text, die Theory of Moral Sentiments, ist im öffentlichen Bewusstsein deutlich

an den Rand gedrängt worden, und das nicht erst in der Hochphase des

Wirtschaftsliberalismus nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in den Neunziger

Jahren des 20. Jahrhunderts. Schon 1926 schreibt Walther Eckstein im Vorwort seiner

Ausgabe der Theory über die schwierige Rezeptionsgeschichte des Smithschen

Gesamtwerks. Bei näherem Hinsehen wird jedoch schnell ersichtlich, dass Smiths

ökonomische Theorie nie ohne seine Moralphilosophie zu verstehen ist. Die Theory

erschien von 1759 bis 1790 in sechs Auflagen aus Smiths eigener Feder. Vor dem

Hintergrund dieser enormen Akribie und Arbeitsleistung erscheint der über ein Jahrzehnt

später als Erstausgabe erschienene Wealth of Nations beinahe wie ein ökonomisches

Addendum zur grundlegenden Arbeit der Theory. Und doch hat der Wealth wohl den

größeren Einfluss auf die sozio-ökonomische Entwicklung des Okzidents gehabt.

Adam Smith war 1752 zum Professor für Moralphilosophie an der Universität Glasgow

ernannt worden und hatte eine Überblicksvorlesung über alle Bereiche der Ethik zu

halten. Dieser Vorlesungskurs bestand aus den Teilen Natürliche Theologie, Ethik,

Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft. Während der vierte Teil sich auf Fragen der

Zweckmäßigkeit staatlicher Maßnahmen konzentrierte und damit die Basis für den 24

Jahre später veröffentlichten Wealth lieferte, behandelte der zweite Teil mit der Ethik im

engeren Sinn das, was Smith im Jahr 1759 als Theory publizieren sollte. Ihre

Entstehungsgeschichte als Ethikvorlesung könnte die wenig systematische Anordnung

des Buches erklären und ebenso „die große Lebendigkeit der Darstellung, die Fülle von

Beispielen und Zitaten, die in ihrer Anschaulichkeit und Mannigfaltigkeit einen der

Hauptvorzüge des Buches ausmachen.” 14

!10

ECKSTEIN, WALTHER: Einleitung des Herausgebers. in: SMITH, ADAM: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 14

2010. S. XVI.

Walther Eckstein sieht schon im Titel der Theory den klaren Ausdruck der Smithschen

Definition von Moralphilosophie, deren Aufgabe „die deskriptive Darstellung der

ethischen Gefühle und zugleich [der] Versuch einer Zurückführung dieser Phänomene

auf gewisse Prinzipien” ist. Diese Prinzipien sind allerdings nicht nur als Grundsätze zu 15

verstehen, sondern auch Grundkräfte und -triebe. Smith beschreibt die Theory selbst als

Untersuchung, die nicht eine Frage des Sollens betrifft, sondern eine Frage nach

Tatsachen. Überhaupt zeigt Smith neben seinen feinfühligen, fantasievollen 16

Beobachtungen immer wieder ein pragmatisch-faktisches Verständnis der Welt. Schon für

Smith scheint zu gelten, was Wittgenstein deutlich später formuliert: Die Welt ist die

Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge. Das Bestehen und Nichtbestehen von

Sachverhalten, also der Verbindung von Dingen, ist die Wirklichkeit. 17

Die Aufnahme der Theory war von Erscheinen an überaus positiv, oft beeindruckt,

bisweilen euphorisch. Eckstein zitiert einen Brief David Humes, der mit Smith eng

befreundet war, der eine rege Nachfrage erlebt und dafür das Interesse mehrerer

Bischöfe, Herzöge, sowie einen Verleger und den späteren Staatskanzler Charles

Townshend anführt. Eine Rezension vom Juli 1759 im Monthly Review stimmt eine 18

regelrechte Lobeshymne auf den Autor an: „Das ganze Werk zeigt ein Maß von

Feinfühligkeit und Verstandesschärfe, wie man es selten findet; und was noch besonders

erwähnt zu werden verdient: in dem ganzen Buch wird die strengste Rücksicht auf die

Prinzipien der Religion gewahrt, so dass ein ernster Leser nichts finden wird, woran er

mit gutem Grund Anstoß nehmen könnte. Mit einem Wort - ohne Parteilichkeit

gegenüber dem Autor - er ist einer der elegantesten und anziehendsten Schriftsteller auf

dem Gebiete der Ethik, die wir kennen.” Ähnliche Reaktionen sind in der Rezeption 19

von Smiths ökonomischem Hauptwerk zu finden. Auch in Frankreich und Deutschland

wurde die Theory wohlwollend aufgenommen. Eckstein erwähnt in diesem

!11

Ebd.15

Zitiert nach: ebd., S. XVIII.16

Vgl. WITTGENSTEIN, LUDWIG: Tractatus Logico-philosophicus, Logisch-philosophische Abhandlung, Frankfurt 17

am Main 2003.

ECKSTEIN, WALTHER: Einleitung des Herausgebers. in: SMITH, ADAM: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 18

2010. S. XVIIIf.

Zitiert nach: Ebd., S. XIXf.19

Zusammenhang Lessing, Rautenberg, Garve und auch Immanuel Kant. Dieser hat

sowohl Wealth als auch die Theory rezipiert und geschätzt. 20

Eine Notiz zur Übersetzung des Titels der Theory of Moral Sentiments ist noch zu machen:

Die seit der Studienausgabe Walther Ecksteins von 1926 gängige Übersetzung der moral

sentiments als „ethische Gefühle” ist unzulänglich. Eine adäquatere Übersetzung ist

„moralische Gefühle” oder „moralisches Empfinden”. So verwundert es auch nicht, dass

alle drei Übersetzer einen je unterschiedlichen Titel gewählt haben. Neben Ecksteins

„Theorie der ethischen Gefühle” wählt Rautenberg den Titel „Theorie der moralischen

Empfindungen” und Kosegarten „Theorie der sittlichen Gefühle”. Wenn man davon 21 22

ausgeht, dass Moral im Individuum und Gruppen fest verankert ist, dann behandelt der

Begriff der Moral, wie Karl Graf Ballestrem schreibt, ein „psychisches und soziales

Faktum, das entweder beschrieben und erklärt [...] oder zum Ausgangspunkt normativer

Überlegungen gemacht werden kann”. Wenn also Ethik eine normative Theorie der Moral 23

meine, so sei es sinnlos, von einer „Theorie der ethischen Gefühle” zu sprechen, weil die

Ethik eine Theorie und kein Gefühl ist, so Ballestrem. Vor dem Hintergrund unserer 24

!12

Ebd., S. XXII.20

Vgl. RAUTENBERG, CHRISTIAN GÜNTHER (HRSG.): Adam Smith. Theorie der moralischen Empfindungen, 21

Braunschweig 1770. Dass gerade Rautenberg das Projekt der Übersetzung gewagt hat, ist kein Zufall. Er interessierte sich wie Smith für eine aufgeklärte, christlich geprägte Vernunftreligion. Rautenberg war Prediger an der Braunschweiger Martinikirche und bemüht um die Verteidigung der Vernunft der Religion, wie eine Predigt für Herzog Ferdinand von Braunschweig und Lüneburg vom 1. November 1768 zeigt. Smiths 3. Auflage der Theory, an der sich Rautenberg orientiert, war 1767 herausgekommen. Es ist also zu vermuten, dass Rautenberg zum Zeitpunkt der Predigt also schon im Begriff war, die Übersetzungsarbeiten zu beginnen, oder schon begonnen hat. Die Predigt trägt den Titel „Von dem vernünftigen Glauben des Christen” und ist - wie im Vorwort anklingt - gedacht, um die Zweifel dan der Vereinbarkeit von Vernunft und Glauben zu zerstreuen: „ich weiß wol, daß die Betrachtungen, die sie enthält, nicht neu und mir nicht eigentümlich sind; da sie aber nur zerstreut in manchen Büchern angetroffen werden, die viele nicht lesen und wegen ihrer Weitläufigkeit nicht zu lesen Lust haben, so habe ich geglaubt, daß es sie unter einem Gesichtspunkte in der Kürze gesammelt darstellete, und vielleicht kann schon das bey denen, die Vernunft und Glauben einander entgegen setzen, einen heilsamen Eindruck machen, wenn sie sehen, daß selbst ein Prediger des Glaubens den richtigen Gebrach der Vernunft ernstlich einschärffet.” Zitiert nach: RAUTENBERG, CHRISTIAN GÜNTHER: Predigt über den Vernünftigen Glauben des Christen, Braunschweig 1768. Abrufbar im digitalen Archiv der TU Braunschweig unter: http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00040336 (Stand: 17. Juli 2014, 19.40 Uhr)

Vgl. KOSEGARTEN, LUDWIG GOTTHARD (HRSG.): Adam Smith. Theorie der sittlichen Gefühle, Leipzig 1791. 22

Interessanterweise war auch Kosegarten evangelischer Pfarrer. Er wurde 1792 ordiniert und Pfarrer der evangelischen Pfarrkirche zu Altenkirchen auf Rügen. 1793 wurde Kosegarten an der Universität Rostock zum Dr. theol. promoviert und war während der Übersetzungsarbeiten zur Theory nicht nur beschäftigt mit der Arbeit an der Promotion, sondern auch mit der Abfassung seines Romans „Ewalds Rosenmonde”, der ebenfalls 1791 veröffentlicht wurde. Später wurde Kosegarten als Professor für Theologie an die Universität Greifswald berufen und Rektor der Universität.

BALLESTREM, KARL GRAF: Adam Smith, München 2001. S. 59.23

Ebd.24

begrifflichen Verwendung von Ethik und Moral heute erscheint der Titel „Theorie der

moralischen Gefühle” als die idiomatisch sinnvollste Option.

II. Grundzüge der Moralphilosophie

A. Sympathie als Prinzip sittlicher Richtigkeit der Handlungen

In dem Begriff der Sympathie sieht Smith nicht nur das, was die Begriffe Mitleid und

Erbarmen erfassen, nämlich das Mitgefühl mit dem Kummer oder verwandten negativ

erlebten Affekten. Der Begriff der Sympathie, so Smith, umfasst vielmehr das Mitgefühl

mit jeder Art von Affekten, also auch solche, die als tendenziell neutral oder positiv erlebt

werden. Sympathie bei Smith kann keinesfalls, wie beispielsweise Gide und Zeyß 25

postulieren, als altruistisches Gefühl verstanden werden. Die Sympathie beschreibt das 26

Prinzip des Urteilens, nicht das Ergebnis des Urteilens. Smith schreibt im ersten Satz

seiner Theorie der moralischen Gefühle: „Mag man den Menschen für noch so egoistisch

halten, es liegen doch offenbar gewisse Prinzipien in seiner Natur, die ihn dazu

bestimmen, an dem Schicksal anderer Anteil zu nehmen, und die ihm selbst die

Glückseligkeit dieser anderen zum Bedürfnis machen, obgleich er keinen anderen Vorteil

daraus zieht, als das Vergnügen, Zeuge davon zu sein.” 27

Smith hält für selbstverständlich, dass Mitgefühl tief in der menschlichen Natur verankert

ist. „Dass wir oft darum Kummer empfinden, weil andere Menschen von Kummer erfüllt

sind, das ist eine Tatsache, die zu augenfällig ist, als dass es irgendwelcher Beispiele

bedürfte, um sie zu beweisen; denn diese Empfindung ist wie alle anderen ursprünglichen

Affekte des Menschen keineswegs auf die Tugendhaften und human Empfindenden

beschränkt, obgleich diese sie vielleicht mit der höchsten Feinfühligkeit erleben mögen,

sondern selbst der ärgste Rohling, der verhärtetste Verächter der Gemeinschaftsgesetze

ist nicht vollständig dieses Gefühles bar.” Gleichsam ist es uns unmöglich, in derselben 28

Intensität zu fühlen, was der andere fühlt, selbst wenn uns dieser andere noch so nah

stehen mag. Unsere Sinne „konnten und können uns nie über die Schranken unserer

!13

SMITH, ADAM: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 2010. S. 8.25

Vgl. ZEYß, RICHARD: Adam Smith und der Eigennutz, Tübingen 1889. Vgl. auch: GIDE, CHARLES: Geschichte 26

der volkswirtschaftlichen Lehrmeinungen, Jena 1913.

SMITH, ADAM: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 2010. S. 5.27

Ebd.28

eigenen Person hinaustragen und nur in der Phantasie können wir uns einen Begriff von

der Art seiner Empfindungen machen.” 29

Einer, der seine Imaginationskraft nicht ausgebildet hat oder - sei es bewusst, sei es

unbewusst - wählt, von ihr nur eingeschränkt Gebrauch zu machen, wird

dementsprechend weniger intensiv an den Gründen des Leidens und Freuens seiner

Mitmenschen teilhaben können und aufgrund dessen Unverständnis und letztendlich ein

Gefühl des Verurteilens empfinden. Einer, der seine Imaginationskraft stärker ausgebildet

hat, von ihr Gebrauch macht und so die Ursache-Wirkung-Dynamik hinter dem

beobachteten Affekt des anderen nachvollziehen kann, wird eine größere

Identifikationserfahrung machen und so eher zu einem positiven ethischen Gefühl

gelangen. „Vermöge der Einbildungskraft versetzen wir uns in seine Lage, mit ihrer Hilfe

stellen wir uns vor, dass wir selbst die gleichen Martern erlitten wie er, in unserer

Phantasie treten wir gleichsam in seinen Körper ein und werden gewissermaßen eine

Person mit ihm”. 30

Als Quelle des Mitgefühls identifiziert Smith das Vermögen, kraft der Imagination die

Affekte des anderen (zu einem gewissen Grade) selbst zu erleben. Von „diesem

Standpunkt aus bilden wir uns eine Vorstellung von seinen Empfindungen und erleben

sogar selbst gewisse Gefühle, die zwar dem Grade nach schwächer, der Art nach aber den

seinigen nicht ganz unähnlich sind.” Wenn der eine des anderen Motive und Affekte 31

durch das Mitgefühl nachvollzogen hat, wird er fragen, was der unparteiische Zuschauer

davon halten mag. Hier mag dann vielleicht eine persönliche Identifikationserfahrung

vorliegen und der eine des anderen Motive und Affekte gut nachvollziehen können, das

ethische Gefühl wird deswegen aber keineswegs immer positiv ausfallen. Walther

Eckstein stellt hier fest, dass es genau so wie es von den Umständen und insbesondere

dem Gegenstand des sympathetischen Mitfühlens abhängt, ob das auf Sympathie

beruhende Gefühl angenehm oder unangenehm ist, auf die Verhältnisse und

insbesondere den Charakter des Handelnden ankommt, ob das sympathetische Gefühl

egoistische oder altruistische Willensakte hervorruft. Nur diese volitiven Phänomene 32

!14

Ebd., S. 6.29

Ebd.30

Ebd.31

Vgl. ebd., S. 66-76.32

könne man im eigentlichen Sinn egoistisch oder altruistisch nennen. Das Mitgefühl ist 33

dagegen mit Max Scheler gesprochen prinzipiell wertblind. 34

Friedrich Jodl sieht im Mitgefühl „die Fähigkeit der Nachbildung fremder Gefühle

überhaupt”. Das Prinzip der Sympathie ist für Jodl „der psychologische Mechanismus, 35

durch welchen ethische Beurteilung überhaupt zustande kommt, nämlich Umsetzung der

Gefühle anderer in eigene Gefühle.” Es sei nicht identisch mit dem Altruismus, das heißt

einem „allgemeinen Grundtrieb des Wohlwollens oder der Menschenliebe”. Das 36

Prinzip der Sympathie fasst also zusammen den Prozess der Sinneswahrnehmung der

Gefühle anderer Menschen, deren Übersetzung in eigene Gefühle durch die

Einbildungskraft, den Vergleich der eigenen Gefühle mit denen des anderen und dem

daraus folgenden positiven oder negativen Urteil über die Gefühle des anderen. 37

Das Ergebnis des Prozesses ist die Erfahrung von Identifikation oder Diskrepanz.

Ersteres, das Erlebnis der Harmonie des vorgestellten eigenen Affekts (und der

resultierenden erfahrenen Emotion) mit dem beobachteten Affekt (und der daraus

abgeleiteten Emotion des anderen) erleben wir als ein im Einklang Sein. Die Differenz von

eigenem Affekt und beobachtetem Affekt beim Anderen erleben wir hingegen als

Entfremdung. Die Beschreibung dieses Prozesses setzt erstens eine existente und

zumindest teilweise intakte Imaginationskraft und zweitens die Fähigkeit zur Reflexion

der eigenen Affekte oder zumindest eine einigermaßen ausgeprägte Fähigkeit zur

ungestörten Wahrnehmung der Affekte voraus. Was zunächst selbstverständlich klingt,

entpuppt sich bei näherem Hinsehen als ganz und gar nicht selbstverständlich, man

denke an die große Herausforderung posttraumatischer Belastungsstörungen nach

Missbrauchs- oder Kriegserfahrungen. Nicht umsonst bezeichnet der Volksmund einen

geistig Erkrankten als gestört, wenn er zur Wahrnehmung seiner eigenen Affekte nicht

!15

ECKSTEIN, WALTHER: Einleitung des Herausgebers. in: SMITH, ADAM: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 33

2010. S. LI.

SCHELER, MAX: Wesen und Formen der Sympathie, Frankfurt am Main 1948. S. 2.34

JODL, FRIEDRICH: Lehrbuch der Psychologie, Band II, Stuttgart/Berlin 1903. S. 346f.35

JODL, FRIEDRICH: Geschichte der Ethik als philosophischer Wissenschaft, Stuttgart/Berlin 1930. S. 379.36

Smiths Theorie der moralischen Gefühle ist nicht nur für die Philosophie, sondern besonders auch für die 37

Psychologie interessant. Für Überlegungen zur Schnittstelle zwischen Philosophie und Psychologie in Smiths Werk vgl. SOLOMON, ROBERT C.: Sympathie für Adam Smith. Einige aktuelle philosophische und psychologische Überlegungen. in: FRICKE, CHRISTEL; SCHÜTT, HANS-PETER (HRSG.): Adam Smith als Moralphilosoph, Berlin 2005. S. 251-276.

imstande ist oder diese zumindest nicht in der Lage ist, so zu kommunizieren, dass sie

von der Mehrheit der nicht oder wenig Erkrankten als solche wahrgenommen und

verstanden werden. Die praktische, sinnlich-rezeptive Erkenntnis der empirischen

Anschauung und die theoretisch-rationale Erkenntnis des reinen Denkens sind bei Smith

also wie in Kants Kritiken nicht als voneinander getrennte Entitäten, sondern als

verschränkte Dimensionen der Urteilskraft zu verstehen. 38

B. Der unparteiische Zuschauer

Die Sympathie ist bei Smith also keineswegs gleichbedeutend mit Wohlwollen und

Altruismus, sondern das Prinzip der Feststellung sittlicher Richtigkeit und Unrichtigkeit

von Handlungen. Je intensiver die Erfahrung von Einheit durch Konvergenz des eigenen

erfahrenen Affekts mit dem beobachteten Affekt der anderen Person ist, desto mehr

ähnelt das Prinzip des Urteilens über die Affekte der Menschen nun dem Prinzip der

Selbstbilligung oder Selbstmissbilligung. In Smiths Worten: „Das Prinzip, nach welchem

wir unser eigenes Verhalten natürlicherweise billigen oder missbilligen, scheint ganz

dasselbe zu sein, wie dasjenige, nach dem wir die gleichen Urteile über das Betragen

anderer Leute fällen.” Wir billigen oder missbilligen, so Smith, das Verhalten anderer

Menschen, indem wir uns in ihre Lage hineindenken und unser Gefühl darauf prüfen, ob

wir mit den Empfindungen und Beweggründen, die es leiten, sympathisieren können

oder nicht. In gleicher Weise billigen oder missbilligen wir unser eigenes Verhalten, indem

wir uns in die Lage des Anderen versetzen und gleichsam mit seinen Augen betrachten.

Von dieser Perspektive aus beurteilen wir, ob wir an den beobachteten Empfindungen

und Beweggründen, die das Verhalten antreiben, Anteil nehmen, mit ihnen

sympathisieren könnten oder eben nicht. Das Urteil über das eigene Verhalten ist folglich

maßgeblich geprägt vom Urteil anderer und umgekehrt und insofern bestimmt durch

unser moralisches Bewusstsein. „Niemals können wir unsere Empfindungen und 39

Beweggründe überblicken, niemals können wir irgendein Urteil über sie fällen, wofern

!16

Zum Begriff der ästhetischen Urteilskraft vgl. KANT, IMMANUEL: Kritik der Urteilskraft, Hamburg 2009. S. 47 - 226. 38

Zu Kants Differenzierung des Begriffs der Anschauung vgl. unter anderem KANT, IMMANUEl: Kritik der reinen Vernunft, Riga 1787. S. 143 - 156. Smiths und Kants Überlegungen sind nicht rein theoretische Konstrukte, sie haben unmittelbar praktische Relevanz. Denn wenn Smith mit der Charakterisierung der Sympathie als der Grundlage der Beurteilung sittlicher Richtig- oder Unrichtigkeit von Handlungen Recht hat, so muss der Förderung von Kreativität und Imagination in Jugend- und Erwachsenenbildung höchste Priorität beigemessen werden. Selbiges gilt für die Schulung des emotionalen und kognitiven Selbstbewusstseins.

Vgl. VON VILLIEZ, CAROLA: Sympathetische Unparteilichkeit: Adam Smiths moralischer Kontextualismus. in: 39

FRICKE, CHRISTEL; SCHÜTT, HANS-PETER (Hrsg.): Adam Smith als Moralphilosoph, Berlin 2005. S. 64-87.

wir uns nicht gleichsam von unserem natürlichen Standort entfernen, und sie gleichsam

aus einem gewissen Abstand von uns selbst anzusehen trachten.” Das Entfernen vom 40

natürlichen Standort, so Smith, ist aber nicht anders möglich als durch den Versuch,

unsere eigenen Empfindungen und Beweggründe mit den Augen des oder der Anderen

zu sehen. Smith folgert daraus, dass jedes Urteil, das wir fällen, immer eine gewisse

unausgesprochene Bezugnahme auf die Urteile anderer hat, da wir jederzeit danach streben,

unser Verhalten so zu prüfen, wie es ein „gerechter und unparteiischer Zuschauer”

prüfen würde. 41

Der von Smith so genannte unparteiische Zuschauer, dessen Position wir kraft unserer

Imagination zumindest annähernd einzunehmen in der Lage sind, hat eine zentrale Rolle

in Smiths Moralphilosophie. Er ist es, der uns das rechte Urteil anempfiehlt. „Wenn wir 42

uns erst in seine Lage versetzen und wir dann immer noch an allen Affekten und

Beweggründen, die unser Verhalten bestimmten, durchaus inneren Anteil nehmen, dann

billigen wir dieses Verhalten aus Sympathie mit der Billigung dieses gerechten Richters,

den wir in Gedanken aufgestellt haben.” Fällt die Prüfung jedoch anders aus, so

missbilligen wir unsere Beweggründe und verurteilen unser Verhalten. So entsteht nach 43

Smiths Verständnis also aus dem Prinzip der Sympathie das moralische Bewusstsein und

schließlich das Gewissen des Menschen, welches das Selbstinteresse moralisch qualifiziert

und an das kollektive moralische Empfinden bindet. Diese Bindung drückt sich aus in

den moralischen Gefühlen. Durch Beobachtung des Handelns anderer Menschen lernen

wir, welches Verhalten als angemessen empfunden wird und bilden so unbewusst eine

Art moralischen Kompass aus, also gewisse Grundregeln, die eine intuitive Bewertung

konkreter Einzelfälle ermöglichen. Die wechselseitige Begegnung, Beobachtung und

Beurteilung ist also die treibende Kraft hinter kollektiven moralischen Standards.

Immanuel Kant (1724-1804) hatte großes Interesse für Smiths Philosophie und nimmt in

seinen Reflexionen zur Anthropologie Smiths Theorie des unparteiischen Zuschauers

!17

SMITH, ADAM: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 2010. S. 177f.40

Ebd., S. 178.41

Es kann hier allerdings nicht ohne weiteres von einem objektiven Urteil gesprochen werden. Weiterführendes dazu 42

in: OTTESON, JAMES R.: Adam Smith und die Objektivität moralischer Urteile: Ein Mittelweg. in: FRICKE, CHRISTEL; SCHÜTT, HANS-PETER (HRSG.): Adam Smith als Moralphilosoph, Berlin 2005. S. 15-32.

SMITH, ADAM: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 2010. S. 178.43

interessanterweise an der Stelle auf, wo er den Begriff des Geschmacks bespricht. Der 44

Geschmack sei ein gesellschaftlich-sinnliches Urteil über das, „was wohlgefällt nicht

unmittelbar durch den Sinn, auch nicht durch allgemeine Begriffe der Vernunft. Der

Geschmak geht auf das angenehme das Schöne (edle) und das rührende. Das letztere ist

nicht eigentlich erhaben, ob es zwar oft die wirkung vom erhabnen ist.” Der 45

Geschmack bewirke, so Kant weiter, dass der Genuss sich kommuniziert. Er ist für Kant

folglich „ein Mittel und eine Wirkung von Vereinigung der Menschen.” Die bloße

Gründlichkeit desjenigen, den ein Gegenstand interessiert, sei aus der Perspektive der

Anderen eine Grobheit, so Kant. „Der Gründliche, der dergleichen sieht oder ließt, hat

doch kein vollkommen wohlgefallen daran, weil er auch nicht blos aus seinem sondern

aus Gemeinschaftlichem Gesichtspunkte es betrachtet (der unpartheyische zuschauer).”

Der Pedant, so Kant weiter, begehe diese Grobheit aus Ungeschicktheit und werde

deshalb verlacht. „Der Mangel des Geschmaks oder wohl gar die Abneigung und

Gleichgültigkeit dagegen zeigt immer ein enges Herz an, welches sein Wohlgefallen auf

sich einschränkt.” Kant unterscheidet daraufhin das Urteil vom Gefühl und schreibt:

„Der Geschmak geht auf das Urtheil, nicht auf das Gefühl”. Der Geschmack, so Kant,

ist deshalb die Geschliffenheit der Urteilskraft. So kann Kant von einem moralischen 46

Geschmack sprechen, der sich vom ästhetischen Geschmack unterscheidet. „Der

moralische Geschmak ist das Vermögen, an demienigen, was beym Guten zur

Allgemeinheit gehöret, Wohlgefallen zu finden.” Anders der ästhetische Geschmack: „das

Vermögen, an dem, was beym sinnlichen Wohlgefallen zur allgemeinheit desselben

gehöret, wohlgefallen zu finden.” Der Begriff des moralischen Geschmacks grenzt Kant

insofern von Smith ab, als er (zumindest in diesem konkreten Fall) das Urteil dem Gefühl

gegenüberstellt und seine Moraltheorie auf ersterem aufbaut, während Smith explizit vom

moralischen Gefühl spricht und Urteil und Gefühl nicht dichotomisch versteht.

C. Harmonie der Einzelinteressen

Teil A und B haben gezeigt: Die Sympathie als Prinzip der Feststellung sittlicher

Richtigkeit und Unrichtigkeit von Handlungen ist keineswegs gleichbedeutend mit

!18

Weiterführendes zum spezifischen Einfluss Smiths auf Immanuel Kant in: KRAUSE, JENS PATRICK: Immanuel 44

Kant und Adam Smith. Präsenz, Wirkung und Geltung der ‘Theory of Moral Sentiments’ in Kants Werk. Dissertation an der Universität zu Köln, Philosophische Fakultät, Köln 1997.

KANT, IMMANUEL: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie, Berlin 1900ff. S. 334.45

Ebd.46

Wohlwollen und Altruismus. Im Gegenteil: Smith sieht die Antriebe der Selbstliebe sogar

als stärker als die Antriebe des Wohlwollens an. Es sei nicht die sanfte Gewalt der

Menschlichkeit, nicht „jener schwache Funke von Wohlwollen, den die Natur im

menschlichen Herzen entzündet hat”, die derart imstande wären, den stärksten Antrieben

der Selbstliebe entgegenzuwirken, so Smith. Allerdings ist die Selbstliebe für Smith auch 47

nicht nur negativ konnotiert: „Die Rücksicht auf unser eigenes Glück und auf unseren

persönlichen Vorteil erscheint aber in zahlreichen Fällen auch als ein sehr lobenswertes

Prinzip des Handelns. [...] Wirtschaftlichkeit, Fleiß, Umsicht, Aufmerksamkeit, geistige

Regsamkeit werden nach allgemeinem Dafürhalten aus eigennützigen Beweggründen

gepflegt und doch hält man sie zugleich für sehr lobenswürdige Eigenschaften.” Indem 48

er betont, dass auch die Triebfeder der Selbstliebe zu tugendhaftem Verhalten führen

könne, widerspricht Smith ausdrücklich seinem Lehrer Hutcheson.

Auch hier ist ein Blick zu Kant von Belang, der hier nun weitgehend Smiths Position

folgt: „Den Neigungen des Genusses hat etwas müssen entgegen gesetzt werden, welches

blos darauf gerichtet ist, daß andre Richter seyn müssen.” Der unparteiische Zuschauer 49

verhilft, so Kant, zum Geschmack, also zur „Modestie und Gefalligkeit [als] Charakter,

welcher dem Geschmak zum Grunde liegt.” Die Tugend solle sich daher vom 50

Geschmack gewissermaßen informieren lassen. Andere Richter sein zu lassen fordere 51

viele heraus, so Kant. Es zeuge aber von Geschmack und Tugend, die eigenen

Bedürfnisse in einer Art und Weise zu befriedigen, die „den fleis und auch die

Geschiklichkeit anderer cultivirt. Es ist eine triebfeder des Fleisses und

Geschiklichkeit.” 52

Zurück zu Smith: In seiner Distanzierung von denjenigen Systemen der

Moralphilosophie, die vor allem das Wohlwollen als Tugend averstehen, steckt eine der

grundlegenden Voraussetzung für die später im Wealth ökonomisch explizierte Theorie

!19

SMITH, ADAM: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 2010. S. 215.47

Ebd., S. 496f.48

KANT, IMMANUEL: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie, Berlin 1900ff. S. 335.49

Ebd.50

Im Original schreibt Kant: „Das störrische hält viele ab und ist also der Ausbreitung entgegen; daher die Tugend 51

selbst vom Geschmak empfehlung entlehnen.” in: KANT, IMMANUEL: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie, Berlin 1900ff. S. 335.

KANT, IMMANUEL: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie, Berlin 1900ff. S. 335.52

der Harmonie der Einzelinteressen. Wenn die Selbstliebe nicht mehr als lasterhaftes 53

Gegenüber des Wohlwollens, sondern als zumindest potenziell tugendfördernd

verstanden wird, verändern sich einige entscheidende Parameter der moralischen

Bewertung ökonomischer Theorien. Das Verfolgen des Eigeninteresses wird nicht mehr

als egoistisch, sondern potenziell gemeinwohlfördernd verstanden. Mit der Theorie der

Harmonie der Einzelinteressen verfolgt Smith also gewissermaßen die Umdeutung eines

Lasters zur Tugend. Mit Goethes Mephisto gesprochen wird das Laster zum „Teil von

jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft.” 54

In der Theory findet sich diese Theorie im Kapitel über den Einfluss der Nützlichkeit auf

das Gefühl der Billigung. Dort schreibt Smith über die Freuden, die uns dazu treiben, viel

Mühe und Ängste auf Rang und Wohlstand zu verwenden. Es sei gut, sagt er, dass „die

Natur uns in dieser Weise betrügt.” Denn diese Täuschung ist es, die den Fleiß der

Menschen weckt und in Bewegung hält. Smith beschreibt anschaulich, wie „der stolze 55

und gefühllose Grundherr seinen Blick über seine ausgedehnten Felder schweifen lässt

und ohne einen Gedanken an die Bedürfnisse seiner Brüder in seiner Phantasie die ganze

Ernte, die auf diesen Feldern wächst, selbst verzehrt. Das ungezierte und vulgäre

Sprichwort, dass das Auge mehr fasse als der Bauch, hat sich nie vollständiger

bewahrheitet als in Bezug auf ihn. Das Fassungsvermögen seines Magens steht in keinem

Verhältnis zu der maßlosen Größe seiner Begierden, ja, sein Magen wird nicht mehr

aufnehmen können als der des geringsten Bauern.” Den Rest müsse der Grundherr unter

denjenigen verteilen, „die auf das sorgsamste das Wenige zubereiten, das er braucht”,

unter denjenigen, „die den Palast einrichten und instandhalten, in welchem dieses Wenige

verzehrt werden soll”, sowie unter denjenigen, „die all den verschiedenen Kram und

Tand besorgen und in Ordnung halten, der in der Haushaltung der Vornehmen

gebraucht wird”. Sie alle bezögen, so Smith, von seinem Luxus und seiner 56

Launenhaftigkeit ihren Teil an lebensnotwendigen Gütern, den sie sonst vergebens von

!20

Smith entfernt sich mit seiner Kritik an den „Systemen der Moralphilosophie, die die Tugend allein im 53

Wohlwollen bestehen sehen” inhaltlich von Francis Hutcheson, der in seiner Philosophie den christlichen Liebesbegriffs durch die Betonung des Wohlwollens deutlich zur Geltung kommen lässt. Vgl LEIDHOLD, WOLFGANG (HRSG.): Francis Hutcheson: Eine Untersuchung über den Ursprung unserer Ideen von Schönheit und Tugend, Hamburg 1986.

VON GOETHE, JOHANN WOLFGANG: Werke - Hamburger Ausgabe, Band III, Dramatische Dichtungen I, Faust I, 54

München 1982, S. 47.

SMITH, ADAM: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 2010. S. 295f.55

Ebd., S. 296.56

seiner Menschlichkeit oder von seiner Gerechtigkeit erwartet hätten. Der Ertrag des

Bodens erhalte zu allen Zeiten ungefähr jene Anzahl von Bewohnern, die er zu erhalten

fähig ist. „Nur dass die Reichen aus dem ganzen Haufen dasjenige auswählen, was das

Kostbarste und ihnen Angenehmste ist.” 57

Hier wird die stoische Prägung Smiths deutlich: Die Reichen, so Smith, verzehren wenig

mehr als die Armen trotz ihrer „natürlichen Selbstsucht und Raubgier und obwohl sie nur

ihr eigene Bequemlichkeit im Auge haben”. Obwohl ihr alleiniges Ziel also nicht mehr als

die Befriedigung ihrer „eitles und unersättlichen Begierden” sei, teilten sie ihren Ertrag

mit den Armen. Das berühmte Bild der unsichtbaren Hand, welches bis heute die

populäre Smith-Rezeption maßgeblich prägt, findet sich in diesem Kontext: „Von einer

unsichtbaren Hand werden sie dahin geführt, beinahe die gleiche Verteilung der zum

Leben notwendigen Güter zu verwirklichen, die zustande gekommen wäre, wenn die

Erde zu gleichen Teilen unter alle ihre Bewohner verteilt worden wäre; und so fördern

sie, ohne es zu beabsichtigen, ja ohne es zu wissen, das Interesse der Gesellschaft und

gewähren die Mittel zur Vermehrung der Gattung.” Interessant ist, dass das zentrale 58

Anliegen Smiths hier die gerechte Verteilung der Güter ist. Er macht klar, dass er das

selbstsüchtige Verhalten des Grundherren nicht für gut hält. Die kapitalistische

Organisation des Wirtschaftens hält er aber trotzdem nicht für gänzlich ungerecht, da die

Verteilung der lebensnotwendigen Güter zumindest nahezu gleich sei, wie wenn der

Boden zu gleichen Teilen verteilt gewesen wäre. Das ist für ihn deshalb ein annähernd

gerechter Modus, da Smith als Stoiker allen „eitlen” Luxus nicht nur als wertneutralen

Überfluss, sondern als tatsächlich überflüssig ansieht. 59

Zu beachten ist das kleine Wörtchen „nahezu”. Smith sieht in einem kapitalistischen

Wirtschaftssystem die lebensnotwendigen Güter nicht vollständig, aber nahezu gerecht verteilt.

Hier schimmert eines der Herzensanliegen Smiths durch: der Ausgang aus der Armut für

die working poor, für die er deutlich mehr Sympathie als für den merkantilistischen Adel zu

hegen scheint. Die Bedeutung einer starken Mittelklasse für den Wohlstand der Nation

!21

Ebd.57

Ebd., S. 296f.58

Ob Smiths Beschreibung der adeligen Grundherren seiner Zeit ohne Weiteres auf andere Zeiten und 59

Weltgegenden zu übertragen ist, darf bezweifelt werden.

macht er auch im Wealth unmissverständlich klar: „Es kann sicherlich eine Gesellschaft

nicht blühend und glücklich sein, deren meiste Glieder arm und elend sind.” 60

Smith ohne Weiteres den Gerechtigkeitsbegriff der neoklassischen Marktlogik

zuzuschreiben, die von knappen Ressourcen ausgehend maßgeblich Konkurrenzlogik ist,

ist also abwegig. Allerdings geht auch Smith wie beschrieben davon aus, dass in der

kapitalistisch organisierten Gesellschaft ein gewisses Maß an Gerechtigkeit herrscht, da

der Mensch durch die göttlich grundgelegte Moral in der Weise einer unsichtbaren Hand

dahin geführt werde, seinen Überfluss in dem Maße zu teilen, dass annähernd dieselbe

Verteilung erreicht ist wie bei gerechter Bodenverteilung.

Unter theologischen Gesichtspunkten sind die darauffolgenden Zeilen Smiths besonders

interessant: „Als die Vorsehung die Erde unter eine geringe Zahl von Herren und

Besitzern verteilte, da hat sie diejenigen, die sie scheinbar bei ihrer Teilung übergangen

hat, doch nicht vergessen und nicht ganz verlassen. Auch diese letzteren genießen ihren

Teil von allem, was die Erde hervorbringt.” Smith arbeitet hier offen mit einer religiösen

Providenzvorstellung, die charakteristisch für den damals unter Intellektuellen populären

Duktus einer deistischen Vernunftreligion ist. Smiths ökonomische Lehre steht unter den

eschatologischen und soteriologischen Vorzeichen der Vorsehung des allmächtigen und

allwissenden Gottes, der die Welt gut geschaffen und geordnet hat. Smiths deistische 61

Prägung kommt hier in ähnlicher Weise wie bei US-amerikanischen Deisten seiner Zeit

zum Tragen. Die Providenzvorstellung, der Versuch der Vereinbarung von Vernunft 62

und Religion bzw. Natur und Religion, sowie ein aufgeklärtes, aufs Diesseits fokussiertes

Denken führt im entstehenden US-amerikanischen Nationalstaat zum Entstehen einer

Zivilreligion. Weitere Konsequenzen des deistischen Denkens sind dort die Ausbildung 63

des religiösen Nationalismus (American exceptionalism) und eines säkularisierten,

!22

STIRNER, MAX (HRSG.): Adam Smith. Untersuchungen über das Wesen und die Ursachen des 60

Nationalreichthums, Band I, Leipzig 1846. S. 110.

Weiterführendes zu den theologischen Grundannahmen in Smiths Schriften in: LUTERBACHER-MAINERI, 61

CLAUDIUS: Adam Smith - theologische Grundannahmen: eine textkritische Studie, Fribourg 2008.

Der Fokus aufs Diesseits, die Unterscheidung zwischen Natürlichem und Übernatürlichem, sowie die Reduktion 62

metaphysisch-spekulativer Theologie auf wenige als vernünftig empfundene Denkfiguren, die in den deistisch-vernunftreligiösen Kreisen in den amerikanischen Kolonien und dem Gebiet des heutigen Großbritanniens aufkommt kann mit Habermas als Entwicklung hin zum nachmetaphysischen Denken interpretiert werden. Vgl. HABERMAS, JÜRGEN: Nachmetaphysisches Denken II, Berlin 2012.

! Vgl. BELLAH, ROBERT N.: Civil Religion in America. in: Dædalus. Journal of the American Academy of Arts and 63Sciences, Vol. 96, Nr. 1, Cambridge 1967. S. 1-21. Und: BELLAH, ROBERT N.: The Broken Covenant: American Civil Religion in Time of Trial, Chicago 1992.

protestantischen Berufsethos’, wie es sich exemplarisch bei Benjamin Franklin zeigt. 64

Dessen Autobiographie wird Max Weber später als eine der primären Quellen für seine 65

Theorie von der protestantischen Ethik und dem Geist des Kapitalismus dienen. 66

Auf die Gedanken zur Bodenverteilung durch Vorsehung folgen Zeilen, die Aufschluss

geben über Smiths Vorstellung vom guten Leben, das für den besitzlosen Armen

unmittelbar, für den reichen König jedoch nur mit erheblichem Aufwand zu erreichen ist:

„In dem Wohlbefinden des Körpers und in dem Frieden der Seele stehen alle

Lebensstände einander nahezu gleich und der Bettler, der sich neben der Landstraße

sonnt, besitzt jene Sicherheit und Sorglosigkeit, für welche Könige kämpfen.” Smith ist 67

in diesem Reichtumsverständnis nah bei Aristoteles, das Streben nach Reichtum versteht

der allerdings ganz anders: Reichtümer sind für Aristoteles in Wahrheit „die zur

Erhaltung des Lebens notwendigen Dinge, sobald sie sicher im Rahmen der

Gemeinschaft aufbewahrt sind, deren Unterhaltsmittel sie repräsentieren.” Die

menschlichen Erfordernisse in Haushalt und polis sind nach Aristoteles nicht grenzenlos.

Für ihn gibt es in der Natur auch keine Knappheit an Lebensmitteln wie es die

Neoklassik postuliert. 68

Obwohl Aristoteles und Smith ganz Ähnliches unter dem wahren Reichtum verstehen,

gehen sie anthropologisch getrennte Wege. Smith geht den zynischen Weg und macht aus

seiner Verachtung für den gierigen Menschen keinen Hehl. Womöglich erklärt sich so,

warum Smith so hart daran arbeitete, diesen in seinen Augen verachtenswerten Zug in

der Natur des Menschen zu rationalisieren und zum Guten hin fruchtbar zu machen.

Durch die Idee, dass die Selbstsucht des Menschen das Gemeinwohl fördert, konnte er

ein Denksystem konstruieren, in dem die zu verachtende, egoistische Selbstsucht zu

einem moralisch neutralen wohlverstandenen Eigeninteresse wird. Für Aristoteles ergibt sich

diese Notwendigkeit nicht, da sein Verständnis von Reichtum nicht in Verachtung,

!23

Vgl. GAUSTAD, EDWIN S.; SCHMIDT, LEIGH: The Religious History of America: The Heart of the American 64

Story from Colonial Times to Today, New York 2004. S. 121 - 138.

Vgl. FRANKLIN, BENJAMIN: The Autobiography of Benjamin Franklin (Dover Thrift Editions), Mineola 1996.65

Vgl. WEBER, MAX: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. in: DERS.: Gesammelte Aufsätze 66

zur Religionssoziologie, Band I, Tübingen 1920. S. 17 - 206.

SMITH, ADAM: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 2010. S. 297.67

POLANYI, KARL: Aristoteles entdeckt die Volkswirtschaft, in: HONNETH, AXEL; HERZOG, LISA (HRSG.): Der 68

Wert des Marktes. Ein ökonomisch-philosophischer Diskurs vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Berlin 2014. S. 287f.

sondern dem aufklärerischen Interesse mündet. Er geht den pädagogischen Weg

soziologischer Prägung. Aristoteles lehnt eines der Axiome der neoklassischen Theorie, 69

die Knappheit der Ressourcen, ab. Die Grundnahrungsmittel sind nicht knapp. Was 70

knapp ist, sind die nicht lebensnotwendigen Konsumgüter. Wenn also durch hohe

Nachfrage eine Knappheit entsteht, dann gibt Aristoteles die Schuld einer falschen

Vorstellung vom guten Leben. Dieser falschen (hedonistischen) Vorstellung zufolge ist

das Leben nicht mehr als eine Fülle von materiellen Gütern und ihren Freuden. Das

Elixier des guten Lebens aber kann „weder gehortet noch physisch besessen werden.” 71

Aus einem zweiten Grund lehnt Aristoteles das Postulat der Knappheit der Ressourcen

ab: „Die Ökonomie - der Wortwurzel nach eine Angelegenheit des engeren Haushalts

oder des oikos - befaßt sich direkt mit den Beziehungen von Personen, die die natürlichen

Institution des Haushalts bilden. Er besteht nicht aus Besitztümern, sondern aus Eltern,

Nachwuchs und Sklaven.” 72

Aristoteles’ Begriff der Ökonomie legt nahe, sie als einen Prozess zur Sicherung der

Nachrungsmittelversorgung zu verstehen. „Mit ähnlicher Freiheit der Wortwahl könnte

man sagen, daß Aristoteles die irrtümliche Vorstellung von unbegrenzten menschlichen

Bedürfnissen und Erfordernissen oder von einer allgemeinen Knappheit an Gütern zwei

Umständen zuschreibt: erstens der Beschaffung von Nahrungsmitteln durch

kommerzielle Händler, wodurch Geldverdienst in die Suche nach Nahrung eingeführt

wird; zweitens einer falschen Vorstellung vom guten Leben als einer utilitaristischen

Akkumulation physischer Freuden.” 73

III. Das „Adam-Smith-Problem”

A. Verhältnisbestimmung von Theory und Wealth

!24

Ebd., S. 288.69

Aristoteles hat Recht: „Rein rechnerisch stehen heute jedem Menschen täglich etwa 2.700 Kilokalorien zur 70

Verfügung. Die Nahrung reicht aus, um die Weltbevölkerung von etwa 6,5 Milliarden Menschen gut und angemessen zu ernähren. Das Problem ist die ungleiche Verteilung: Überschussproduktion in den reichen Ländern – mangelnde landwirtschaftliche Erträge in einigen Entwicklungsländern, Tendenz sinkend.” Vgl. WELTHUNGERHILFE (HRSG.): Hunger. Ausmaß, Verbreitung, Ursachen, Auswege, Bonn 2005. S. 10.

POLANYI, KARL: Aristoteles entdeckt die Volkswirtschaft, in: HONNETH, AXEL; HERZOG, LISA (HRSG.): Der 71

Wert des Marktes. Ein ökonomisch-philosophischer Diskurs vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Berlin 2014. S. 288.

Ebd., S. 288f.72

Ebd., S. 289.73

Die Herausforderung, der sich Adam Smith stellt, ist eine der Grundfragen der

Anthropologie: Wie ist das Verhältnis von Selbst- und Gemeinschaftsbezug und wie

verhalten sich selbstische Triebe zum moralischen Bewusstsein? Smith bewegt sich damit

in einem Spannungsfeld, das die Menschheit wohl schon immer, spätestens aber mit dem

Rationalisierungsschub der Achsenzeit. Das, was man paradox als eine Art 74

anthropologischen Imperativ der Bibel bezeichnen könnte, beschreibt mit Gott, dem

Nächsten und der eigenen Person die drei entscheidenden Bezugsgrößen der religiösen

Anthropologie im Lukasevangelium so: „Du sollst Gott, deinen HERRN lieben von

ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüte und

Deinen Nächsten wie Dich selbst.” Damit formuliert die christliche Tradition mit ihrer 75

normativen Vorstellung der Gesellschaftsordnung gleichsam ein gewisses deskriptiv-

anthropologisches Moment: den Transzendenz-, Gemeinschafts- und Selbstbezug des

Menschen. Damit formuliert sie eine der schwierigsten Fragen aller Philosophie und

Theologie: Wie und worin konkretisiert sich die formale Bezogenheit aufeinander? Wie

ist das Individuum in seiner Gemeinschaft zu verstehen? Woran orientiert sich unser

moralisches Bewusstsein? Wie funktioniert die Sozialisation des Menschen und welche

ethische Reflexion ist für ein gelingendes Leben in Gemeinschaft notwendig? Modern

formuliert könnte hinzugefügt werden: Welche ökonomische Interaktion ist die gerechte?

Welchen institutionellen Rahmenbedingungen folgt unser Wirtschaften und welche

Konsequenzen hat die reziproke Bezogenheit des Menschen für den Freiheitsbegriff ?

Durch die Vorläufigkeit und Ambiguität aller Antworten auf diese Frage bedingt kehrt

auch in der Rezeptionsgeschichte Adam Smiths eine Frage immer wieder: Wie ist das

Verhältnis seiner unterschiedlichen Schriften zueinander zu bewerten? Geprägt ist die

Frage vom sogenannten Adam-Smith-Problem, das angenommene Gegensätze in den

Grundaussagen der Theorie der moralischen Gefühle und der Untersuchung des

Wohlstands der Nationen thematisiert. Vertreter dieser Annahme unterstellen, dass die

Moraltheorie Smiths durch die Betonung der Sympathie den Menschen als durchweg

altruistisch darstellt, während die ökonomische Theorie durch die Betonung des

Selbstinteresses den Menschen als durchweg egoistisch beschreibt.

!25

Vgl. JASPERS, KARL: Vom Ursprung und Ziel der Geschichte, Frankfurt am Main, Hamburg 1955.74

Vgl. Leviticus 19,18; Matthäus 19,19; Markus 12,31; Lukas 10,27; Galater 5,14; Römer 13,9; Jakobus 2,8.75

In der Tat weisen Smiths Hauptwerke im Spannungsfeld von Individualität und Sozialität

einige interpretationsbedürftige Merkmale auf, die äußerst widersprüchlich erscheinen.

Die Untersuchung einiger unterschiedlicher Lösungsansätze des postulierten Gegensatzes

wird aber zeigen, dass die Gegenüberstellung von Egoismus im Wealth und Altruismus in

der Theory bei näherer Lektüre beider Werke und im Vergleich der unterschiedlichen

Auflagen der Theory unmöglich aufrecht zu erhalten ist.

Die seinerzeit vor allem von Nationalökonomen vertretene Umschwungtheorie möchte

die empfundenen Gegensätze zwischen Theory und Wealth mit einem Gesinnungswandel

Smiths während dessen Frankreichbesuchs 1759 erklären. Die Grundgedanken jener

beiden Werke waren jedoch schon Bestandteil der bereits erwähnten Ethikvorlesung in

Smiths Zeit als Professor für Moralphilosophie in Glasgow und ebenso finden sich in

einem von Dugald Stewarts erschlossenen Manuskript aus dem Jahr 1755 bereits einige

Grundlehren aus dem Wealth. Zudem müsste sich solch ein Gesinnungswandel in den 76

verschiedenen Auflagen der Theory nach 1759 niederschlagen. Das ist nicht der Fall und

die Umschwungtheorie damit obsolet.

Als Zwei-Wesen-Lehre bezeichnen könnte man die von Henry Thomas Buckle in seiner

„Geschichte der Zivilisation in England” geäußerte Überlegung, Smith habe den

Menschen phänomenologisch zunächst in seinem mitfühlenden Wesen und sodann in

seinem egoistischen Wesen darstellen wollen. Die Theorie geht davon aus, dass Smith 77

gerade im Wealth den Menschen bewusst auf sein eigennütziges Verhalten reduziert habe,

um eine Aufstellung ökonomischer Gesetze zu ermöglichen. So gesehen ist der Wealth

seinem Anspruch nach vor allem relative Arbeitshypothese und als Exkurs in einen

spezifischen Kontext menschlichen Verhaltens einzuordnen.

Hans Vaihinger nimmt die Zwei-Wesen-Lehre Buckles auf und entwickelt sie im Sinne

einer Fiktionstheorie weiter. In seiner Philosophie des Als Ob behandelt Vaihinger

vorangegangene Erklärungsversuche und beschreibt den Wealth als ein Beispiel der

abstraktiven oder neglektiven Fiktion. Smith bediene sich des „Kunstgriffs, vorläufig und

einstweilen eine ganze Reihe von Merkmalen zu vernachlässigen und nur die wichtigsten

!26

ECKSTEIN, WALTHER: Einleitung des Herausgebers. in: SMITH, ADAM: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 76

2010. S. XLIV.

Ebd.77

Erscheinungen herauszugreifen.” Walther Eckstein erläutert Vaihingers These mit dem 78

Hinweis, dass demzufolge Smith in seinem nationalökonomischen Hauptwerk die

„bewusst falsche Voraussetzung [...], dass der Mensch egoistisch sei” gemacht habe, um

eine Vereinfachung der Probleme des Wirtschaftslebens zu erzielen. 79

Wie die Theorien Buckles und Vaihingers geht auch der Lösungsversuch Charles Gides

davon aus, dass Smith die Gebiete der Moral und der Wirtschaft ihrer Natur nach

trennen wollte. Gide geht noch weiter und interpretiert Smiths Philosophie als eine Art

Zwei-Reiche-Lehre: „Das Gefühl oder, wie Smith sagt, die Sympathie hat ihr eigenes

Reich, die Welt der Moral, während in der wirtschaftlichen Welt der Nutzen herrscht.” 80

Auch dieser Interpretation muss vorgehalten werden, dass Smith seine Hauptwerke als

Ausarbeitung einer moralphilosophischen Vorlesung entwickelt hat und auch sonst

nirgends explizite Anzeichen für ein Bestreben, Wirtschaft und Moral zu trennen, zu

finden sind. Eckstein wendet insbesondere gegen Gides Erklärung eine grundsätzliche

Überlegung ein: Es ist „kaum einzusehen, wie sich die wirtschaftliche Welt von der Welt

der Moral trennen ließe, da doch die letztere gar nicht anders gedacht werden kann, als

das ganze Leben umfassend.” 81

Martin Patzen stellt in seiner Diskussion des sogenannten Adam-Smith-Problems drei

weitere Klärungsversuche dar. Demzufolge sehe die Sein-Sollen-Theorie die Theory als 82

präskriptive Aussage darüber, wie sich der Mensch verhalten solle, den Wealth hingegen

als deskriptive Aussage darüber, wie der Mensch wirklich sei. Diese Theorie vermag aber

ebensowenig den grundlegend deskriptiven Charakter der Theory wie die durchaus

vorhandenen präskriptiven Elemente des Wealth zu erklären.

Die Natürliche-Harmonie-Theorie betont den Deismus Smiths und sein Vertrauen auf

die im Menschen göttlich grundgelegte moralische Ordnung. Sie betont die Entkopplung

!27

VAIHINGER, HANS: Philosophie des Als Ob, Leipzig 1922. S. 29f, 341ff. Zitiert nach: ECKSTEIN, WALTHER: 78

Einleitung des Herausgebers. in: SMITH, ADAM: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 2010. S. XLIV.

ECKSTEIN, WALTHER: Einleitung des Herausgebers. in: SMITH, ADAM: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 79

2010. S. XLIV.

GIDE, CHARLES: Geschichte der volkswirtschaftlichen Lehrmeinungen, Jena 1913. S. 95. Zitiert nach: ECKSTEIN, 80

WALTHER: Einleitung des Herausgebers. in: SMITH, ADAM: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 2010. S. XLV.

ECKSTEIN, WALTHER: Einleitung des Herausgebers. in: SMITH, ADAM: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 81

2010. S. XLV.

MARTIN PATZEN: Zur Diskussion des Adam-Smith-Problems – Ein Überblick. in: ULRICH, PETER; MEYER-FAJE, 82

ARNOLD (HRSG.): Der andere Adam Smith, Bern 1991, S.25ff.

des individuellen Verhaltens von dem kollektiven Vorteil und Smiths Überzeugung, dass

durch die Lenkung der Gottheit die freie Interaktion der eigennützigen Marktteilnehmer

die allgemeine Wohlfahrt gestärkt wird. Diese Theorie nimmt anders als die oben

beschriebenen Theorien die prägende Kraft der religiösen Überzeugung für Smiths

akademisches Wirken wahr und wirft gleichzeitig ein neues Adam-Smith-Problem auf,

nämlich die Frage, ob dieses tiefe Vertrauen auf das mit der Metapher der unsichtbaren

Hand berühmt gewordene Postulat einer grundlegend moralischen Veranlagung des

Menschen als naiver Ausdruck des aufklärerischen Fortschrittsglaubens zu werten ist, der

zumindest die Wirklichkeit des 20. Jahrhunderts mit seiner technisierten

Massenvernichtung nicht zu erklären vermag, oder ob solch eine Überzeugung noch

heute trägt.

Eine wieder andere Betonung setzt die von Patzen entwickelte Realismustheorie, die von

zahlreichen neueren Smith-Forschungen als der ergiebigste Lösungsansatz gesehen wird.

Die Realismustheorie sieht in der Gesamtschau der Smithschen Moralphilosophie eine

reife Einsicht in die Ambivalenz menschlicher Existenz, die geprägt ist von sowohl der

menschlichen Fähigkeit zum Altruistischen als auch der Neigung zum Egoistischen. Sie

erklärt die auf den ersten Blick unverständlichen Spannungen im Werk und kommt Smith

insofern entgegen, als sie ihn von den auf menschliche Fakultäten grenzenlos

vertrauenden Entwürfen anderer Autoren der Aufklärung abgrenzt. Insofern hätte Smith

also eine Mittelposition zwischen radikalen Deisten, die an die Perfektion von Natur und

Vernunft glauben, und reformatorischer Theologie, die Bewusstsein und Bekenntnis der

Sündhaftigkeit des Menschen, den Willen zur metanoia und die Bitte um Vergebung als

konstituierend für gelingende Gottesbeziehung und erlöste, gerechtfertigte

zwischenmenschliche Beziehung versteht. Vor dem Hintergrund der deistischern

Tendenzen Smiths und seiner protestantischen Sozialisation ist die Realismustheorie nicht

nur theologisch und philosophisch plausibel, sondern auch biographisch wahrscheinlich.

Gemeinsam mit der Natürliche-Harmonie-Theorie stellt sie einen vielversprechenden

Ansatz dar. Das „Adam-Smith-Problem” stellt sich bei genauer Betrachtung also als

weniger problematisch heraus, als die oberflächliche Lektüre suggerieren könnte.

Smith kann keineswegs als Vertreter eines radikalen Manchesterliberalismus, wie er von

klassischen Autoren nach Smith entwickelt und weiterentwickelt wurde, gelten. Seine

Theorie des freien Marktes kann selbst nicht als Moraltheorie kategorisiert werden,

vielmehr muss sie als in eine umfassende Moraltheorie eingebettet verstanden werden.

!28

Gottheit und Moral in Smiths Denken können nicht durch ökonomische

Gleichgewichtstheorien ersetzt werden. Tatsächlich war Smith an der gedanklichen

Integration der menschlichen Eigenschaften als einerseits sozial-gemeinwohlorientiertes

und andererseits individualistisch-egoistisch geneigtes Lebewesen interessiert. In der

Rezeptionsgeschichte reichte die Vereinfachung seiner Beschreibungsversuche der

differenzierten, menschlichen Natur mitunter so weit, dass Franz Oppenheimer den

Ausspruch Lessings - „wir wollen weniger erhoben und fleißiger gelesen werden” - auf

Adam Smith anwendet. 83

Von der Theory her interpretiert bekommt der Wealth seine moraltheoretische Grundlage

und verliert seine oft unterstellte marktradikale Schärfe. Die freie Interaktion der

Marktteilnehmer ist für Smith beileibe kein letztes Prinzip oder gar eine Gottheit. Die

freie Preisbildung und möglichst uneingeschränkte Kooperationsmöglichkeiten bringen

seiner Meinung nach die besten Voraussetzungen für die Menschen, ihre Talente dort

einzusetzen, wo sie gebraucht werden und damit ein selbstbestimmtes, gesellschaftlich

anerkanntes und als produktiv empfundenes Leben zu führen. Durch die genauen

Beobachtungen der Theory sensibilisiert kann ein Smith-Anhänger aus den

Marktprinzipien allerdings keine absoluten, in sich tragfähigen Größen machen.

Die Einstufung der Jugend- und Erwachsenenbildung als Aufgabe des Gemeinwesens ist

eines der zahlreichen Beispiele für die Konsequenzen, die Smith in seiner ökonomischen

Theorie aus den Grundlagen der Theorie der moralischen Gefühle zieht. In der Vielfalt

der ökonomischen Theorien heute würde sich Smith also wohl am ehesten mit den

Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft identifizieren, möglicherweise mit einer

tendenziell ordoliberalen Prägung. Ganz gewiss nicht könnte er Privatisierungen im

Bildungswesen oder der Landesverteidigung als ethisch sinnvolle oder logisch aus seiner

ökonomischen Theorie abgeleitete Entscheidungen akzeptieren. Sie widersprechen den in

der Theory formulierten Grundüberzeugungen radikal. Darauf hinzuweisen produziert

jedoch kein Adam-Smith-Problem, sondern fordert vor allem die populäre Lesart des

Wealth heraus. Denn nicht nur in der Theory finden sich einschränkende Momente zum

später entwickelten System des laisser faire. Auch im Wealth notiert Adam Smith, der selbst

zeitweise vom öffentlichen Souverän als Zollbeamter eingestellt war und zeitlebens gute

!29

Zitiert nach: ECKSTEIN, WALTHER: Einleitung des Herausgebers. in: SMITH, ADAM: Theorie der ethischen 83

Gefühle, Hamburg 2010. S. XLIII.

Beziehungen zu Behörden und Politik hatte, zahlreiche Einschränkungen für die

Anwendung der Prinzipien des freien Marktes.

Das fünfte Buch des Wealth widmet sich den „Finanzen des Landesherrn oder des

Staates” und beschreibt als öffentliche Aufgaben Landesverteidigung, Justiz,

Infrastruktur, Bürokratie, Repräsentation, sowie Jugend- und Erwachsenenbildung. Als

Quellen der Finanzierung dieser öffentlichen Aufgaben behandelt er - mal affirmativ, mal

kritisch - unter anderem Grundsteuer, Umsatzsteuer, Kapitalertragssteuer,

Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer, Lohnsteuer, Reichensteuer, Verbrauchsteuern, sowie

die Staatsschulden. Prinzipielle Staatsverachtung oder ein programmatisches Bekenntnis

zur Ideologie des small government ist in Smiths Werken nicht zu finden, auch wenn er den

durch den Adel getragenen merkantilistischen Staat seiner Zeit durchaus als gierig

empfindet. Diese Ablehnung gilt jedoch vor allem dem Adel, über den Smith wie

beschrieben mit gewisser Verachtung schreibt. Im Kontext eines demokratisch

legitimierten Sozialstaats Smiths Kritik am Merkantilismus als Legitimation für

marktradikale Logik anzuführen, ist anachronistisch und nach tatsächlicher Lektüre seiner

Schriften nicht zu begründen. Sowohl staats- als auch wirtschaftstheoretisch ist das

„Adam-Smith-Problem” also weitgehend obsolet.

B. Moral Hazard und die Rationalitätenfalle

Einer der großen Punkte im Streit um die Deutungshoheit des Smithschen Werks ist die

Harmonie der Einzelinteressen. An ihr stoßen sich zahlreiche Kritiker seines „Systems

der natürlichen Freiheit”. Und tatsächlich verweisen uns die finanzpolitischen 84

Entwicklungen des angehenden 21. Jahrhunderts auf die zahlreichen Probleme der Figur,

zumindest in ihrer vereinfachten, neoklassisch-rationalistischen Version als Theorie des

marktwirtschaftlichen Gleichgewichts.

Der Unternehmer und Autor Rolf Dobelli widerspricht Smiths Vorstellungen von der

Harmonie der Einzelinteressen ausdrücklich und illustriert das mit dem Beispiel der

Allmende, einer landwirtschaftlichen Nutzfläche im Gemeinschaftsbesitz, die es so in der

Schweiz, der Alpenregion und im Schwarzwald noch gibt. „Stellen Sie sich ein saftiges

Stück Land vor, das allen Bauern einer Stadt zur Verfügung steht. Es ist zu erwarten, dass

jeder Bauern so viele Kühe wie möglich zum Weiden auf diese Wiese schickt. Das

!30

BITTERMANN, HENRY: Adam Smith’s Empiricism and the Law of Nature: II in: Journal of Political Economy, 84

Vol. 48, No. 5. S. 704.

funktioniert, solange gewildert wird oder Krankheiten grassieren, kurz: solange die

Anzahl Kühe eine bestimmte Zahl nicht überschreitet, das Land also nicht ausgebeutet

wird. Sobald dies aber nicht mehr der Fall ist, schlägt die schöne Idee der Allmende in

Tragik um.” Der Bauer nämlich wird als individualrationaler Landwirt die Frage stellen, 85

welcher Nutzen daraus erwächst, eine zusätzliche Kuh auf die Weide zu stellen. Der

individuelle Nutzen liegt hier bei „+1”. Die Nachteile, die aus der Übervölkerung der

Weide erwachsen, liegen jedoch nur bei einem Bruchteil von „-1”, da sie auf alle

Schultern verteilt werden. Es droht die Rationalitätenfalle, ein Widerspruch also zwischen

dem, was für das Kollektiv rational ist, und dem, was für ein Individuum im Kollektiv

rational erscheint. Je stärker das Konkurrenzdenken unter den gemeinsam

wirtschaftenden Bauern ist, desto größer die Gefahr der Rationalitätenfalle. 86

Diese Dynamik begünstigt die Ausbildung eines Moral Hazard, der entsteht, wenn eine

Instanz des Gemeinwesens individuelle Risiken absichert. Eine solche Situation liegt vor,

wenn Banken als too big to fail eingestuft werden und sich somit sicher sein können, nicht

für die Konsequenzen ihrer Handlungen zur Rechenschaft gezogen zu werden und für

den Schaden nicht selbst aufkommen zu müssen. Eine solche Situation liegt ebenso bei

klassischem Versicherungsbetrug vor, wenn ein Individuum das Kollektiv für eigene

Zwecke ausnutzt, obwohl das langfristig auch für das Individuum selbst höhere

Versicherungsprämien nach sich ziehen wird. Die Gefahr des Moral Hazard liegt aber

auch dann vor, wenn unser Bauer auf der Allmende selbst nur einen Bruchteil der

Konsequenzen tragen muss, aber meint, in vollem Umfang von der Gewinnsteigerung

profitieren zu können, ohne durch per Gewaltmonopol gesicherte, allgemein gültige

Regeln beschränkt zu sein.

Langfristig - und holistisch verstandene Rationalität ist in der Lage das zu erfassen -

beraubt sich der einzelne Bauer auf der Allmende seiner Wirtschaftsgrundlage, indem er

durch Ausbeutung der Ressourcen und Unterwanderung des Kollektivvertrauens sein

eigenes Wirtschaften langfristig unmöglich macht oder zumindest deutlich erschwert.

Und auch wenn viele sogenannte Experten in den Jahren seit dem Beginn der Banken-

und Finanzkrise 2008 erklären, es habe sich nichts an der Kultur des Wirtschaftens in

Finanzinstitutionen geändert: Dass Bankiers und Börsenhändler seit der Finanzkrise mit

!31

DOBELLI, ROLF: Die Kunst des klaren Denkens, München 2011. S. 77.85

Vgl. HERDER-DORNEICH, PHILIPP: Der Sozialstaat in der Rationalitätenfalle: Grundfragen der sozialen 86

Steuerung, Stuttgart 1982.

großer Unterstützung und Ansehen in der Bevölkerung gesegnet sind, kann nicht

behauptet werden. Im Gegenteil, in manchen Teilen der Gesellschaft ist das Ideal eines

Bankiers oder Börsenhändlers regelrecht zum Schimpfwort geworden. Auch mit

Gehaltseinbußen müssen die meisten der Genannten leben.

Insofern lässt sich die Entwicklung der letzten Jahre als Quittungsbeleg für den

individualrational forcierten Substanzverlust im Wirtschaften zahlreicher

Finanzinstitutionen verstehen. Beispiele für die bewusste Forcierung individueller

Rationalität in das Allgemeininteresse berührenden Finanzgeschäften sind die

exorbitanten Bonuszahlungen für kurz- und mittelfristig hohe Gewinnmargen, die

Investmentbanker im Zusammenspiel mit den großen Ratingagenturen Moody’s, Fitch

und Standard and Poor’s und Versicherungen wie AIG mit zu hoch bewerteten und

risikoversicherten Paketen von subprime mortgages, also Hypotheken minderer Qualität und

Sicherheit, erwirtschaften konnten. Das Risiko war hoch, die Investmentbank jedoch

dagegen versichert, und so traf der Zusammenbruch des Systems nach der Pleite von

Lehman Brothers und dem Bekanntwerden des Ausmaßes des Handels mit fälschlich als

robust eingestuften Kreditpaketen im Hypothekensektor diejenigen Kleininvestoren

besonders hart, die ihr Vermögen in die von ihrer Bank geschnürten Hypothekenpakete

angelegt hatten. Zudem blieb ein großer Teil des Schadens bei Versicherungen hängen,

die wie die Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac ebenfalls als systemrelevant

eingestuft wurden und vom Steuerzahler gerettet werden mussten. Wir können also in 87

der so kompliziert anmutenden Finanzmarktanalyse der ersten Dekade des 21.

Jahrhunderts dieselben Gefahren wie bei unserem Bauern auf der Allmende erkennen.

So Recht nun Adam Smith mit der Grundannahme hat, dass die freie Kooperation

einzelner Marktteilnehmern in vielen Fällen zur Steigerung des Wohlstands aller

Teilnehmer führt, so sehr zeigen die Erfahrungen des 21. Jahrhunderts beim CO2-

Ausstoß, bei der Überfischung der Weltmeere, bei der Abholzung der Regenwälder und

all unseren vorangegangenen Beispielen, dass ein Wirtschaftssystem, das rein auf die

Harmonie individueller Einzelinteressen aufbaut, zum Scheitern verurteilt ist. Dobellis

Antwort: „Der große Irrtum besteht darin, zu hoffen, dass [die Tragik der Allmende] sich

über Erziehung, Aufklärung, Informationskampagnen, Appelle an die soziale Gefühle,

päpstliche Bullen oder Popstar-Predigten aus der Welt schaffen lassen werde. Wird sie

!32

BUCHTER, HEIKE: Das schwarze Loch. Der Versicherungskonzern AIG trieb Amerika tief in die Finanzkrise – 87

und kostet das Land jetzt mehr als jede Bank. in: Die Zeit, 04. Mai 2009, Nr 8.

nicht.” Er skizziert zwei Lösungsmöglichkeiten: „Privatisierung oder Management. 88

Konkret: Das saftige Stück Land wird in private Hände gelegt, oder der Zugang zur

Weide wird geregelt.” Management kann konkret bedeuten, dass ein Staat Regeln

aufstellt. Der Staat kann eine Nutzungsgebühr einführen oder den Zugang zeitlich

beschränken, so Dobelli. Die Privatisierung wäre die einfachere Lösung, allerdings lasse

sich auch fürs Management argumentieren. Dobelli schließt mit der Frage: „Warum tun

wir uns mit beidem so schwer? Warum hängen wir immer wieder der Idee der Allmende

nach?” 89

Sein Antwortvorschlag geht von evolutionstheoretischen Gründen aus. Zum Einen:

Während der gesamten Menschheitsgeschichte standen uns unbeschränkte Ressourcen

zur Verfügung. Zum Andern: Bis vor 10 000 Jahren lebten wir in Kleingruppen. War 90

jemand auf seinen alleinigen Vorteil bedacht, wurde das sofort registriert und mit der

schlimmsten aller Strafen, der Rufschädigung nämlich, belegt. Im Kleinen funktioniere

Sanktion durch Scham noch heute, so Dobelli. In der anonymen Gesellschaft spiele sie

aber keine Rolle mehr. Hier decken sich Dobellis Thesen mit Elementen des Smithschen

Denken, der sowohl die soziale Anerkennung und das Streben nach sozialem Status, als

auch das materielle Selbstinteresse als Triebfeder wirtschaftlicher Aktivität ausmacht.

C. Die funktionalistische Anonymität des Marktes

Smiths versteht als konstituierende Dynamik von Gesellschaft nicht wie Aristoteles die

Wiederherstellung der natürlichen Selbstgenügsamkeit, sondern die von der Selbstliebe als einer

der Triebfedern des Erwerbsstrebens motivierte, auf den eigenen Vorteil gerichtete

ökonomische Transaktion. Er legitimiert das aus einer postulierten natürlichen Neigung

des Menschen zum Handel. Allerdings bekommt der Handel an sich seine entscheidende

gesellschaftsprägende Relevanz erst unter Bedingungen der Anonymität. Diese

Anonymität setzt Smith voraus, sie ist aber keineswegs selbstverständlich. Er spricht in

der berühmten Passage des Wealth vom Bäcker, Metzger und Brauer lediglich in ihren

Funktionen als Wirtschaftsakteure: „Nicht von dem Wohlwollen des Fleischers, Brauers

oder Bäckers erwarten wir unsere Mahlzeit, sondern von ihrer Bedachtnahme auf ihr

eigenes Interesse. Wir wenden uns nicht an ihre Humanität, sondern an ihre Eigenliebe

!33

DOBELLI, RALF: Die Kunst des klaren Denkens, München 2011. S. 78.88

Ebd.89

Ebd.90

und sprechen ihnen nie von unseren Bedürfnissen, sondern von ihren Vortheilen. Nur

einem Bettler ist gedient, fast ganz von dem Wohlwollen seiner Mitmenschen

abzuhängen.” 91

Das ist plausibel, verleitet aber zu Fehlinterpretationen. Smith beschreibt hier nur einen

Aspekt der sozialen Interaktion in einer Gesellschaft. Herr Meier ist in einer

kommerziellen Gesellschaft selbstverständlich nicht nur Privatmann Meier, sondern eben

auch der Bäcker im Ort, genau wie Herr Müller der Metzger und Herr Schmidt der

Brauer ist. Trotzdem besteht die Ordnung der Gesellschaft nicht aus sich selbst heraus,

sondern durch die sie tragenden Menschen. Der Bäcker ist eben immer auch Herr Meier,

der Metzger immer auch Herr Müller und der Brauer immer auch Herr Schmidt. Adam

Smith war das bewusst. Im ersten Satz der Einleitung der Theory schreibt Smith ja: „Mag

man den Menschen für noch so egoistisch halten, es liegen doch offenbar gewisse

Prinzipien in seiner Natur, die ihn dazu bestimmen, an dem Schicksal anderer Anteil zu

nehmen, und die ihm selbst die Glückseligkeit dieser anderen zum Bedürfnis machen,

obgleich er keinen anderen Vorteil daraus zieht, als das Vergnügen, Zeuge davon zu

sein.” Wieso Smith diese Selbstverständlichkeit, die er ausmacht, nicht auch in der 92

Passage zur Triebfeder des ökonomischen Handelns der Herren Meier, Müller, Schmidt

erwähnt, ist aus heute nicht rekonstruierbar. Vermutlich war es für Smith tatsächlich

schlechthin unvorstellbar, dass diese ihm völlig offensichtlich erscheinende Beobachtung

für spätere Generationen nicht selbstverständlich sein könnte. Allerdings hat Smith mit

seinen eigenen Schriften selbst dazu beigetragen hat, dass die von ihm beschriebene

Selbstverständlichkeit ihre Selbstverständlichkeit verloren hat.

Von keinem Ökonomen kann Smith erwarten, den Wealth nur als durch die Lektüre der

Theory qualifizierte Schrift zu lesen. Dennoch muss jeder moderne Ökonom,

Wirtschaftsphilosoph und Anthropologe dazu herausgefordert werden, nicht nur isoliert

Passagen aus dem Wealth zu rezipieren, die scheinbar den Eigennutz als einzig relevante

menschliche Dynamik ausmachen, sondern auch die Passagen in der Theory, die die

Sympathie als Prinzip sittlicher Richtigkeit und Urteilsfindung beschreiben, zur Kenntnis

zu nehmen und in die Interpretation einzubeziehen. Wie die Betrachtung der

ökonomischen Interaktion in der eben zitierten Alltagssituation von Bäcker, Metzger und

!34

STIRNER, MAX (HRSG.): Adam Smith. Untersuchungen über das Wesen und die Ursachen des 91

Nationalreichthums, Band I, Leipzig 1846. S. 26.

SMITH, ADAM: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 2010. S.5.92

Brauer rein nach den beschriebenen Funktionen zeigt: Das für Smith selbstverständliche

Prinzip der Sympathie als einem Prinzip der Natur, das die Menschen miteinander

verbindet, verliert umso mehr an Kraft je anonymer die ökonomische Transaktion ist.

Unter Bedingungen einer computergesteuerten Mathematik ist die Finanzwirtschaft

deshalb seit der Digitalisierung auch weitgehend frei von dem Prinzip der sittlichen

Richtigkeit, das Smith als das Konzept der Sympathie entwickelt. Hier ist es wichtig, sich

in Erinnerung zu rufen: Wenn bei Smith von Sympathie die Rede ist, ist nicht wie bei

Francis Hutcheson das Wohlwollen (benevolence), sondern das Einfühlungsvermögen

mithilfe der Einbildungskraft gemeint. In jedem Fall versteht Smith die Sympathie aber

als sozialen Kitt und als alle menschliche Interaktion durchziehende Dynamik, die die

egozentrischen Impulse des Menschen durchdringt und begrenzt. 93

D. Der Markt als System der sozialen Kommunikation

Im dritten Kapitel des Wealth behandelt Adam Smith eine der entscheidenden

Grundfragen seiner Idee von Marktwirtschaft: die Größe eines Marktes. Smith stellt fest,

dass ein Markt erst ab einer gewissen Größe in einem befriedigenden Maße in der

erstrebten Art und Weise funktioniert. Dem zugrunde liegt die Feststellung, dass das 94

individuelle Subjekt angewiesen ist auf eine funktionierende überindividuelle Ordnung.

Menschlich ausgehandelte, rechtliche Rahmenbedingungen müssen also die Vorbereitung

dafür treffen, dass die göttlich gesetzte moralischen Ordnung wie durch eine unsichtbare

Hand zur vollen Blüte kommt. Bei Smith, der schon in seiner ersten Ethikvorlesung die

Rechtswissenschaft zum Gegenstand, einen ausführlichen rechtswissenschaftlichen

Dialog mit David Hume pflegte und vor seinem Tod noch eine umfassende 95

Rechtsgeschichte verfassen wollte, zeigt sich hier deutlich die Natur der deistischen

Vernunftreligion im Vertrauen auf die abstrakte Gottheit, die den Menschen zur

Vernunft befähigt und zum Guten geschaffen hat. Was für die Smith-Rezeption heute oft

!35

Francis Hutcheson studierte sechs Jahre lang Theologie in Glasgow und gründete in Dublin eine 93

presbyterianische Privatakademie. Hutchesons protestantische Prägung ist deutlich stärker als Smith, der sich stärker dem Deismus zuwendet. Das plausibilisiert die unterschiedlichen Wege, die sie in der Interpretation des Sympathiebegriffs gehen. Vgl. LEIDHOLD, WOLFGANG: Einleitung. Liebe, Moralsinn, Glück und Civil Government. Anmerkungen zu einigen Zentralbegriffen bei Francis Hutcheson. in: DERS. (HRSG.): Francis Hutcheson: Eine Untersuchung über den Ursprung unserer Ideen von Schönheit und Tugend, Hamburg 1986.

Das Kapitel trägt den Titel: „Die Größe des Marktes - eine Grenze für die Arbeitsteilung”. Vgl. RECKTENWALD, 94

HORST CLAUS (HRSG.): Adam Smith. Der Wohlstand der Nationen, München 1978. S. 19ff.

Vgl. MEEK, R.L.; RAPHAEL, D.D.; STEIN, P.G. (HRSG.): Adam Smith. Lectures on Jurisprudence (Glasgow 95

Edition of the Works and Correspondence of Adam Smith, Vol. 5), Oxford 1978.

eine Herausforderung darstellt: Er schreibt nicht unter den Bedingungen des säkularen

Staates. Führ ihn sind Moral und Religion in Staat und Individuum noch weitgehend

präsent. Seine Theorie ist also formuliert für ein moralbewusstes, weitgehend religiöses

Gemeinwesen. Dass die Religion als Quelle der Moral nicht selbstverständlich ist, kann

sich Smith im 18. Jahrhundert nicht vorstellen. Die Säkularisierungsprozesse der

vergangenen zwei Jahrhunderte legen aber genau das nahe. Insofern ist am Kern der

vielen Missverständnisse, die Sraffa beklagt, ein Unverständnis der Religion. 96

Das Vertrauen in die menschlichen Fakultäten ist bei Smith trotz seiner mitunter

herablassenden Haltung gegenüber dem Adel und der Beeinflussbarkeit des Menschen

durchaus ausgeprägt. Man bedenke: Smith schreibt gegen ein merkantilistisch-

monarchisch organisiertes Gesellschaftswesen an, deren Eliten dem Volk keineswegs

zutrauen, sich allein durch die geregelte, freie Kooperation ökonomisch geordnet an der

Mehrung des Wohlstands zu beteiligen. Ein Verdienst Smiths ist die Stärkung des

Vertrauens ins Individuum in den politischen Eliten. Smith hat so nicht nur an der

Grundlage für eine marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung mitgearbeitet, sondern

einen gleichsam bedeutenden Beitrag zur Ausbildung einer Kultur des Respekts vor dem

Individuum geleistet, der sich bis heute in der rechtsstaatlichen Verfasstheit der meisten

Staaten Europas niederschlägt. Nun kann Smith aber keineswegs rein subjektivistisch

oder individualistisch gedeutet werden. Vielmehr hält er die gemeinschaftliche

Verfasstheit der Menschheit für unaufhebbar in der Natur des Menschen verankert. 97

Und auch die Idee des Marktes ist entsprechend überindividuell bzw. voraussetzungsreich

zu verstehen. Die wirtschaftliche Aktivität des Individuums ist immer intersubjektiv

veranlagt. Dort, wo der Marktteilnehmer seinen Horizont auf sich selbst beschränkt, hört

das marktwirtschaftliche System auf marktwirtschaftlich zu sein. Vereinfacht lässt sich

sagen: Ein Markt ohne Marktteilnehmer existiert nicht. Und: Ein Marktteilnehmer ohne

!36

Vgl. das eingangs erwähnte Zitat: „The classical economists said things which were perfectly true, even according 96

to our standards of truth: they expressed them very clearly, in terse and unambiguous language, as is proved by the fact that they perfectly understood each other. We don’t understand a word of what they said: has their language been lost? Obviously not, as the English of Adam Smith is what people talk today in this country. What has happened then?” in: PASINETTI, LUIGI L.: Continuity and Change in Sraffa’s Thought: an Archival Excursus, in: COZZI, TERENZIO; MARCHIONATTI, ROBERTO: (HRSG.): Piero Sraffa’s Political Economy: a Centenary Estimate, London 2001. S.153.

Vgl. ANDREE, GEORG JOHANNES: Sympathie und Unparteilichkeit. Adam Smiths System der natürlichen 97

Moralität, Paderborn 2003.

andere Marktteilnehmer nimmt nicht an einem Markt teil, ist also kein Subjekt in einem

wirtschaftlichen Interaktionssystem, sondern ein Subsistenzwirtschafter.

Ein Tauschsystem impliziert eine gemeinschaftliche Wirtschaftsordnung. Das bedeutet also,

auch eine freie, individualistische Wirtschaftsordnung ist nie bar der gemeinschaftlichen

Dimension. „Der Markt” ist keine eigene Entität, sondern die Gesamtheit aller

möglichen Tauschabschlüsse durch ökonomisch interagierende Individuen, die zwar ein

Kollektivbewusstsein entwickeln können, deren Gesamtheit aber nicht als eine von ihren

konstituierenden Elementen losgelöste Einheit gedacht werden kann. Ökonomische

Theorie ist dementsprechend vor allem Interaktionstheorie und muss gewissermaßen

eine Anthropologie der Beziehung entwickeln, um tatsächlich die Wirklichkeit realer

ökonomischer Interaktion zu erfassen. Zusammengefasst: Adam Smith versteht

Tauschbeziehungen als Systeme der sozialen Kommunikation. 98

Anders als spätere Autoren der Klassik sieht Smith also nicht nur Wettbewerb und

Eigennutz, sondern auch Kommunikation und Kooperation als konstitutive Elemente

arbeitsteiliger Marktwirtschaften. Die freie Kooperation wiederum führt Smith im

Kontext der Selbstliebe als Triebfeder des Erwerbslebens zur Einsicht, dass nicht ein

merkantilistisches, sondern ein freies, wettbewerblich verfasstes Wirtschaftssystem der

kommunikativ-kooperativen Veranlagung des Menschen in arbeitsteiligen Gesellschaften

zur vollen Blüte verhilft. 99

Zum Verständnis ökonomischer Theorie als Interaktionstheorie gesellt sich ein Zweites:

Ein Mensch, der sich seiner Angewiesenheit auf seine Mitmenschen nicht bewusst ist, ist

naiv. Die anthropologische Ausformulierung dieser Naivität äußert sich unter anderem im

Paradigma des homo oeconomicus. Smith dagegen ist sich der relationalen Dimension des 100

Wirtschaftens voll bewusst. Es wäre eine fatale Verkürzung, seine Idee der Selbstliebe als

im luftleeren Raum bestehend zu begreifen, Smith denkt den sozialen Kontext stets mit,

wie ein Blick in seine Theorie der Arbeitsteilung zeigt: „Wie das Verhandeln, Tauschen

!37

WALLACHER, JOHANNES: Die bleibende Bedeutung der Politischen Ökonomie Adam Smiths. in: 98

HOCHGESCHWENDNER, MICHAEL; LÖFFLER, BERNHARD (HRSG.): Religion, Moral und liberaler Markt. Politische Ökonomie und Ethikdebatten vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. S. 101.

BALLESTREM, KARL GRAF: Adam Smith, München 2001. S. 145f.99

Entsprechend scharf ist die Kritik an den Modellen des homo oeconomicus, die die Dimension der Angewiesenheit 100

nicht zu erfassen in der Lage sind. Karlheinz Ruckriegel kann in der von der Ludwig-Erhard-Stiftung herausgegebenen Zeitschrift „Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik” vom homo oeconomicus sogar als realitätsfernem Konstrukt reden. Vgl. RUCKRIEGEL, KARLHEINZ: Der Homo oeconomicus - Ein realitätsfernes Konstrukt. in: Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, Bd. 120, Bonn 2009. S. 49-55.

und Kaufen das Mittel ist, uns gegenseitig mit fast allen nützlichen Diensten, die wir

brauchen, zu versorgen, so gibt die Neigung zum Tausch letztlich auch den Anstoß zur

Arbeitsteilung. Unter Jägern oder Hirten stellt beispielsweise ein Mitglied des Stammes

besonders leicht und geschickt Pfeil und Bogen her. Häufig tauscht er sie bei seinen

Gefährten gegen Vieh oder Wildbret ein, und er findet schließlich, dass er auf diese

Weise mehr davon bekommen kann, als wenn er selbst hinaus geht, um es zu jagen. Es

liegt deshalb in seinem Interesse, daß er das Anfertigen von Pfeil und Bogen zur

Hauptbeschäftigung macht und somit gleichsam zum Büchsenmacher wird.” 101

Hier beschreibt Smith die Grundmotivation zur Arbeitsteilung als das Streben nach

materiellem Mehr im Individuum. Zu beachten ist zunächst, dass Smith hier nicht die

conditio humana schlechthin auf die Selbstliebe und ein resultierendes Eigeninteresse

reduziert. Vielmehr erklärt er ein allerorts zu beobachtendes Phänomen, die arbeitsteilige

Gesellschaft nämlich, und bemüht sich, das in einen systematischen Zusammenhang

einzuordnen und als eine Theorie der wirtschaftlichen Interaktion auszuformulieren.

Wofür das erwirtschaftete Mehr an Gütern als Resultat der Arbeitsteilung verwandt wird,

ist hier nicht das Thema. Auch postuliert Smith hier nicht das ökonomische Prinzip als

allumfassende Anthropologie, die auch die letzten Ecken, die Reziprozitätsbeziehungen

innerhalb einer Familie beispielsweise, deskriptiv erfassen oder präskriptiv verordnen soll.

Auch die Idee der Arbeitsteilung ist keine Erfindung Smiths. Unter anderem die antike

Philosophie und die frühen kanonischen Schriften der jüdisch-christlichen Tradition 102

kennen ganz selbstverständlich die Arbeitsteilung in menschlichen Gemeinschaften, ganz

zu schweigen von den basalen Grundmustern der Arbeitsteilung, die im Fortpflanzungs-

und Ernährungsverhalten tierischer Gemeinschaften zu erkennen sind. 103

Neu an Smiths Ausführung ist ein gänzlich Anderes: Smith kombiniert uralte Gedanken

zur Arbeitsteilung mit neuzeitlichen Ausprägungen des Naturrechts zu einer Art

mythologischen Urszene seiner ökonomischen Theorie. Bei näherem Hinsehen erweist

!38

RECKTENWALD, HORST CLAUS (HRSG.): Adam Smith. Der Wohlstand der Nationen, München 1978. S. 17.101

Zu nennen sind hier insbesondere Xenophons „Oeconomicus” und Platons „Politeia”. Vgl. auch POLANYI, 102

KARL: Aristoteles entdeckt die Volkswirtschaft, in: HONNETH, AXEL; HERZOG, LISA (HRSG.): Der Wert des Marktes. Ein ökonomisch-philosophischer Diskurs vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Berlin 2014. S. 291-297.

Für eine übersichtliche Zusammenfassung der Smithschen Theorie der Arbeitsteilung vgl. WALLACHER, 103

JOHANNES: Die bleibende Bedeutung der Politischen Ökonomie Adam Smiths. in: HOCHGESCHWENDNER, MICHAEL; LÖFFLER, BERNHARD (HRSG.): Religion, Moral und liberaler Markt. Politische Ökonomie und Ethikdebatten vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. S. 99f.

sie sich aber als ganz und gar nicht ursprünglich. Sie ist ein mit der Rhetorik des

Naturvolks aufgeladenes Konstrukt, das seiner ökonomischen Theorie maßgeschneidert

ist. Im Beispiel der Jäger und Hirten beschreibt Smith in einfachen Bildern seine

Vorstellung von Tauschwirtschaft als ursprüngliche Form der Vergesellschaftung. 104

Entscheidend dabei ist: Das Eigeninteresse ist konstituierend für den

Gemeinschaftsbegriff. Hier ist das zentrale Motiv klassischer und neoklassischer 105

Theorie angelegt. Antike Philosophie und die Theologie hingegen gingen immer von

einer ursprünglich bestehenden Gemeinschaft aus, die sich dann durch immer

komplexere Prozesse wie die Entwicklung von der Subsistenz- zur Tauschwirtschaft

ausdifferenzierte. Neuere theologische Entwürfe wie der von Wolfgang Huber arbeiten

an dieser Stelle unter Rückgriff auf Michael Theunissen und Jürgen Habermas mit dem

Motiv der „unhintergehbaren Verbindung von Individualität und Sozialität im Schenken

der Freiheit durch Gott.” Geprägt ist dieses Motiv von der in lutherischer Tradition 106

stehenden Verbindung von communio und communicatio. „Gerade das reformatorische

Freiheitsverständnis ist durch die Gleichursprünglichkeit von Individualität und Sozialität

gekennzeichnet. Die Reformation versteht Freiheit als kommunikative Freiheit.” 107

Festzuhalten bleibt, dass Smiths Ausführungen die relationale Dimension des

Wirtschaftens betont und den Tausch als natürliche Neigung und damit als im Menschen

ursprünglich angelegt versteht: „Die Arbeitsteilung, die so viele Vorteile mit sich bringt,

ist in ihrem Ursprung nicht etwa das Ergebnis menschlicher Erkenntnis, welche den

allgemeinen Wohlstand, zu dem erstere führt, voraussieht und anstrebt. Sie entsteht

vielmehr zwangsläufig, wenn auch langsam und schrittweise, aus einer natürlichen

!39

Weiterführendes zu Smiths Sozialtheorie in: MEDICK, HANS: Naturzustand und Naturgeschichte der bürgerlichen 104

Gesellschaft. Die Ursprünge der bürgerlichen Sozialtheorie als Geschichtsphilosophie und Soialwissenschaft bei Samuel Pufendorf, John Locke und Adam Smith, Göttingen 1973.

Vgl. SINGER, BRIAN C. J.: Montesquieu, Adam Smith and the Discovery of the Social. in: Journal of Classical 105

Sociology, Nr. 4, Thousand Oaks 2004. S. 31-57.

FOURIE, WILLEM: Von der Freiheit eines Christenmenschen. Eine südafrikanische Interpretation von Freiheit in 106

der Theologie Wolfgang Hubers. in: BEDFORD-STROHM, HEINRICH; NOLTE, PAUL; SACHAU, RÜDIGER (HRSG.): Kommunikative Freiheit. Interdisziplinäre Diskurse mit Wolfgang Huber. S. 164.

HUBER, WOLFGANG: Der Protestantismus und die Ambivalenz der Moderne. in: MOLTMANN, JÜRGEN (HRSG.): 107

Religion der Freiheit. Protestantismus in der Moderne, München 1990. S. 61.

RECKTENWALD, HORST CLAUS (HRSG.): Adam Smith. Der Wohlstand der Nationen, München 1978. S.16.108

Neigung des Menschen, zu handeln und Dinge gegeneinander auszutauschen.” Smith 108

führt an dieser Stelle diese Ursprünge der Neigung nicht näher aus. 109

Deutlich wird: Der Ursprung der Arbeitsteilung besteht nicht in der Erkenntnis, sondern

in einer natürlichen Neigung zum Tausch. So verstanden beruht Smiths Theorie der 110

Arbeitsteilung anders als der Ansatz des homo oeconomicus nicht auf ökonomischer Rationalität,

sondern auf der triebhaften Neigung zum Tausch in der Natur des Menschen, gegen die er

sich auch mit der bestausgeprägtesten Rationalität nicht wehren kann. Nun äußert Smith

aber doch die Vermutung, dass das Denken und Sprechen den Ursprung der Neigung

zum Tausch darstellt. Insofern ist die Ablehnung der Rationalität bei Smith weniger

ausgeprägt, als der erste Blick nahe legt. Es bleibt zumindest eine gewisse Spannung in

Smiths Ausführungen. Ein Vorschlag zur Versöhnung der Rationalität und des Triebes,

die Smith durchaus ein Anliegen ist, könnte wiederum das System der sozialen

Kommunikation aus der Theory sein: Es ist nicht der Tausch selbst, der in der Natur

veranlagt ist, sondern die Reflexion und Kommunikation, aus der natürlicherweise die

Neigung zur ökonomischen Interaktion und somit dem Tausch resultiert.

Das aus der Theory bekannte Prinzip der Sympathie als sittlicher Richtigkeit der

Handlungen legt nahe, dass er Denken und Sprechen nicht im Raum eines sich selbst

genügenden Individuums verortet, sondern als relational versteht. So wird aus dem

abstrakten Denken ein denken an oder nachdenken über und aus dem Sprechen ein sprechen

mit oder sprechen von. Sprachphilosophisch formuliert: Das Prädikat existiert nicht in sich

oder für sich. Es verbindet ein konkretes Subjekt mit einem konkreten Objekt,

wenngleich das grammatikalische Objekt zugleich auch das lebenswirkliche Subjekt sein

kann, wie im Fall der Selbstreflexion. Die kommunikative Bezogenheit auf andere

menschlichen Subjekte, die sich auch in der grammatischen Bezogenheit von Subjekt und

Objekt ausdrückt, ist anthropologisch festzuhalten.

!40

Vgl. ebd.: „Ob es sich bei dieser Neigung um eine jener angeborenen oder ursprünglichen Eigenschaften der 109

menschlichen Natur handelt, die nicht weiter erklärt werden kann, oder ob sie, was wohl wahrscheinlicher sein dürfte, die notwendige Folge der menschlichen Fähigkeit, denken und sprechen zu können, ist, diese Frage wollen wir hier nicht näher untersuchen.”

Christoph Kucklick kann aus Smiths Ausführungen über die Verehrung der Reichen und Mächtigen und ihrer 110

„nichtigsten und unbedeutendsten Gelüste” sogar schließen: „Die soziale Welt wird vom Nachahmen, nicht vom Nachdenken beherrscht.” Diese Analyse erscheint mir übertrieben. Smiths Skeptizismus ist ein gemäßigter. Er gesteht dem Menschen zumindest eine gewisse Vernunft zu, selbst wenn er die Triebhaftigkeit menschlichen Verhaltens stets mitdenkt. Vgl. KUCKLICK, CHRISTOPH: Das unmoralische Geschlecht. Zur Geburt der Negativen Andrologie, Frankfurt am Main 2008. S. 159.

Smiths Gedanken könnten insofern sinnvoll weitergedacht werden, als eine relational

qualifizierte Rationalität den Menschen in ökonomischen Kontexten zur Kooperation und

Arbeitsteilung bewegt. Die Kooperation verspricht ein Mehr an Material, aber bedeutet

eben auch ein Mehr an Beziehung. Derlei ist in unserem Begriff der Handelsbeziehung

aufgenommen und ebenso impliziert der Begriff der Marktwirtschaft grundlegend die

Interaktion einzelner Subjekte in einem Kollektiv, ob organisiert und verrechtlicht oder

nicht. Der Soziologe Christoph Kucklick interpretiert diese Beziehungsorientierung

Smiths als „Feminisierung der Moral”. Smith baue die Sympathie zu einem „raffinierte[n]

Medium der Verkopplung atomistischer Individuen” aus. Was Kucklick negativ als 111

„gesteigerte Auflösung der männlichen Autonomie” wertet, könnte helfen, die verengte

Anthropologie des homo oeconomicus zu renovieren und so zu rehabilitieren.

E. Relationale Rationalität und detranszendentalisierte Vernunft

Die Terminologie des homo oeconomicus hat die Intersubjektivität der Beziehung nicht

adäquat in sich aufzunehmen vermocht und deshalb als defizitär erwiesen. Sie verleitete

zur fehlerhaften Annahme, Rationalität sei prinzipiell mit egoistischem Kalkül

gleichzusetzen. Den Begriff des homo oeconomicus gleich ganz aufzugeben, könnte sich aber

als Fehler erweisen. Zu offensichtlich ist, dass Menschen in intimen Kontexten mit ihren

Angehörigen andere Kalküle oder Affekte aufweisen als in unpersönlichen Kontexten,

die sich als explizit wettbewerbsorientiert darstellen. Das Unterfangen sollte deshalb sein,

den naiven Rationalitätsbegriff des homo oeconomicus durch einen realistischen zu ersetzen.

Eine relational qualifizierte Rationalität kann hier einen Denkansatz bieten.

Kucklick sieht diese Form der relationalen Rationalität bei Smith schon angelegt, wenn er

schreibt: „Smith bereitete damit den modernen Begriff des Individuums vor, das sich

nicht mehr autonomes, rationales, ‘heldenhaftes’ Subjekt verstehen kann, sondern als

Produkt einer sozialen Bestimmung, das gleichwohl danach strebt, sich als

selbstgeschaffen und selbstgesteuert auszugeben.” Kucklick liegt zwar falsch, wenn er 112

das vormoderne Subjekt pauschal als autonom und rational bezeichnet und im Gegensatz

zum modernen „Produkt einer sozialen Bestimmung” versteht. Sowohl Aristoteles’ zôon

politikon, als auch vormoderne Stammeskulturen und religiöse Gemeinschaften sehen den

!41

KUCKLICK, CHRISTOPH: Das unmoralische Geschlecht. Zur Geburt der Negativen Andrologie, Frankfurt am 111

Main 2008. S. 159.

Ebd., S. 158.112

Menschen als in der Gemeinschaft und nicht aus sich selbst heraus verortet, sondern Teil

eines gemeinschaftlichen Schicksals ohne daraus einen Gegensatz zur Rationalität zu

konstruieren. Gleichwohl hat Kucklick durchaus Recht, wenn er analysiert, Smith wende

seine Anthropologie hin zum durch die Sympathie intersubjektiv verknüpften

Individuum, das sich selbst gerne als self-made man verstehen würde, daran allerdings

kläglich scheitert. Begünstigt wird dieses Phänomen der Moderne, wie Kucklick richtig

beschreibt, durch die von Smith beschriebene Arbeitsteilung: „Die instrumentelle

Vernunft des Einzelnen, seine Fähigkeit im Umgang mit seinem Gewerbe, wächst,

zugleich verschwinden die breiten, übergeordneten intellektuellen Fähigkeiten, die

notwendig sind für eine integrierende Deutung der Welt. Gewinn und Verlust sind

untrennbar verbunden.” 113

Die Frage nach dem Verhältnis von Relationalität und Rationalität ist also beeinflusst

durch die kulturellen Bedingungen der Moderne und die strukturelle Veränderung hin zu

hochdifferenzierten, arbeitsteiligen Gesellschaften. Smith zeigt seinerzeit schon die

Sensibilität für diese Prozesse und bietet hier mit seinem empirisch-historisch

unterlegten, soziologisch kompetentem moralphilosophischen Ansatz zahlreiche

Anknüpfungspunkte. Insofern könnte an Smiths kooperativ-kommunikatives Verständnis

der zum Handel geneigten Menschen und ihrer in jedem Fall arbeitsteilig verfassten

Wirtschaftsordnungen anknüpfend eine relational qualifizierte Rationalität, wie Jürgen

Habermas es vorschlägt, als kommunikative Rationalität konkretisiert werden. 114

Wie Adam Smith ist auch Habermas daran interessiert, was unter den Bedingungen der

entgleisenden Moderne der differenzierten Gesellschaft Solidarität stiften kann.

Interessanterweise sieht Habermas anders als Smith, der mit seinem Deismus den Gott

der geschichtlichen Offenbarung aus dem alltäglich-diesseitigen Leben verdrängt, die

Religion als eine der solidaritätsstiftendenden Kräfte, die durch den archaischen Ritus mit

einer eigenen Rationalität gemeinschaftsstiftend wirkt. Und doch lassen sich auch in 115

Smiths deistischem Ansatz Spuren der solidaritätsstiftenden Religion erkennen, selbst

!42

Ebd., S. 155.113

Vgl. HABERMAS, JÜRGEN: Theorie des Kommunikativen Handelns, Band I: Handlungsrationalität und 114

gesellschaftliche Rationalisierung, Frankfurt am Main 1981. Und: HABERMAS, JÜRGEN: Moralbewußtsein und kommunikatives Handeln, Frankfurt am Main 1983.

Vgl. HABERMAS, JÜRGEN: Religion und nachmetaphysisches Denken. Eine Replik. in: DERS.: 115

Nachmetaphysisches Denken II, Berlin 2012.

wenn sie bei Smith nicht als Wirken eines heiligen Geistes, sondern mit dem Sympathie

als Prinzip sittlicher Richtigkeit als moralpsychologischen Mechanismus versteht.

Jürgen Habermas setzt mit seiner Konzeption einer detranszendentalisierten Vernunft dort

an, wo Smith noch gescheitert ist. Der nämlich gibt die Vernunft als einigende Kraft 116

der Gesellschaft tatsächlich weitgehend auf. Deutlich wird das in seiner Beschreibung des

Aspekts der Arbeitsteilung, der Karl Marx später zu seiner Kapitalismuskritik veranlassen

wird: „Mit fortschreitender Arbeitsteilung wird die Tätigkeit der überwiegenden

Mehrheit derjenigen, die von ihrer Arbeit leben, als der Masse des Volkes, nach und nach

auf einige wenige Arbeitsgänge eingeengt, oftmals auf nur einen oder zwei. […] So ist es

ganz natürlich, daß er verlernt, seinen Verstand zu gebrauchen, und so stumpfsinnig und

einfältig wird, wie ein menschliches Wesen eben nur werden kann.” Die Vernunft wird 117

als nicht herausgefordert oder gestört durch die Dummheit der Menschen, sondern

durch die Komplexität der Gesellschaft. Die differenzierte Gesellschaft kann die

einheitliche Perspektive der Vernunft schlicht nicht mehr leisten. Smith entwickelt 118

deshalb mit der unsichtbaren Hand eine vage Metapher der hintergründigen

Koordination, die die Vernunft und den in der Geschichte wirkenden Gott der

Offenbarungsreligion ersetzten soll. „Das Genialische der Metapher von der

unsichtbaren Hand liegt also darin, dass sie die Unmöglichkeit der Vernunft durch deren

Unnötigkeit kompensiert.” Smiths Metapher als säkularistisch zu verstehen, verbietet 119

sich allerdings. Als Deist behält Smith sowohl den Glauben an den perfekten

Schöpfergott (Grand Architect), die göttliche Vorhersehung (Divine Providence) und ein

höheres Wesen (Supreme Being) stets bei. 120

F. Die Kontextualität menschlicher Existenz

!43

Vgl. HABERMAS, JÜRGEN: Kommunikatives Handeln und detranszendentalisierte Vernunft. in: DERS.: Zwischen 116

Naturalismus und Religion. Philosophische Aufsätze, Frankfurt am Main 2009.

RECKTENWALD, HORST CLAUS (HRSG.): Adam Smith. Der Wohlstand der Nationen, München 1978. S. 662.117

KUCKLICK, CHRISTOPH: Das unmoralische Geschlecht. Zur Geburt der Negativen Andrologie, Frankfurt am 118

Main 2008. S. 155.

Ebd., S. 157.119

Eine ähnliche Sprache und Überzeugung findet sich bei den founding fathers der Vereinigten Staaten von Amerika. 120

Bei 52 von 56 Unterzeichnern der Unabhängigkeitserklärung lassen sich eindeutig deistische Tendenzen nachweisen, selbst wenn sie zum Teil ihr Leben lang die Kirche besucht haben. Weiterführendes zur US-amerikanischen Aufklärung, die maßgeblich von der englischen und schottischen christentumsaffinen Aufklärung beeinflusst war vgl. Kapitel 6 „Liberty and Enlightenment” in: GAUSTAD, EDWIN S.; SCHMIDT, LEIGH: The Religious History of America: The Heart of the American Story from Colonial Times to Today, New York 2004. S. 121 - 138.

Der Denkansatz der relational qualifizierten Rationalität gewinnt weiter an Gestalt durch

die begriffliche Ausarbeitung der Kontextualität von individueller Existenz in

menschlichen Gemeinschaften. Smiths Beispiel der Jäger und Hirten nötigt regelrecht

dazu. Denn auch Smith kann seine mythologische Urszene nicht ohne ursprünglichere

Gemeinschaftsbegriffe gestalten. Er spricht nämlich vom Handel, einer Aktivität also, die

nicht anders als in Gemeinschaft gedacht werden kann. Er spricht ferner vom Tausch,

der ebenfalls in Gemeinschaft, zumindest aber in Beziehung, gedacht werden muss. Des

Weiteren spricht er nicht von dem Jäger und dem Hirten, sondern von den Jägern und den

Hirten. Ganz selbstverständlich spricht Smith also in seiner Erklärung der Arbeitsteilung

im Plural und damit von einem Eigeninteresse in Gemeinschaft. Der wirtschaftliche Akteur

im Beispiel wird zudem als „Mitglied des Stammes” in Gemeinschaft mit „seinen

Gefährten” eingeführt und damit in eine dem Prozess der Vergesellschaftung durch

Arbeitsteilung vorausgehende Gemeinschaft gestellt. 121

Was zeichnet menschliche Existenz in Gemeinschaft aus? Für unsere Überlegungen

erscheinen Michael Welkers Konzeption der Multikontextualität menschlicher Identität

und Interaktion aus seiner Analyse der historischen Jesusforschung als relevant. In einer

Vorbemerkung zu seinem Plädoyer für eine „vierte Frage” nach dem historischen Jesus

beschreibt er das, was er die erschließende Kraft der Multikontextualität nennt:

„Die meisten Menschen bewegen sich relativ mühelos in verschiedenen Umgebungen. Sie

kleiden sich je nach Kontext unterschiedlich, äußern sich je nach Kontext unterschiedlich,

reagieren unterschiedlich.” Unmittelbar deutlich wird die Multikontextualität des

menschlichen Lebens in den starken Kontraste von Disco und Beerdigung, Bolzplatz und

Vorstellungsgespräch, von Stadionfeier und privatem Seelsorgegespräch. Aber auch

weniger offensichtliche Kontextveränderungen prägen unser Leben: fortschreitendes

Lebensalter, Orts- und Arbeitsplatzwechsel zum Beispiel. Wir verändern dabei, so

Welker, nicht nur unser Denken, sondern auch Grundmuster unseres Erinnerns und

Erwartens. Auch von seinen Mitmenschen wird ein Mensch kontextuell unterschiedlich

wahrgenommen. Welker weist zum Beispiel hin auf die Präsenz eines leiblich

abwesenden Menschen, der in der Vorstellung seiner Mitmenschen präsent ist oder durch

Medien wie die Zeitung oder das Fernsehen bekannt ist.

!44

RECKTENWALD, HORST CLAUS (HRSG.): Adam Smith. Der Wohlstand der Nationen, München 1978. S.17.121

Was ist nun der Wert multikontextuellen Denkens? „Wenn wir uns selbst, unsere

Mitmenschen, aber auch historische Gestalten multikontextuell wahrzunehmen beginnen,

entwickeln wir ein komplizierteres, aber auch schärferes geistiges Bild der betreffenden

Personen und Situationen. Wohl erwarten wir Kontinuität und Stimmigkeit im Leben und

in der persönlichen Entwicklung unserer Mitmenschen. Wir erwarten oder erhoffen

zumindest Charakter, Zuverlässigkeit, Vertrauenswürdigkeit.” Deshalb empfiehlt es sich

gerade dann, wenn unsere Erwartungen enttäuscht oder irritiert werden, biografische

Diskontinuitäten, Identitätskonflikte und Anpassungszwänge in der Lebenswelt des

Anderen zu ergründen. Welker hält fest: „Multikontextuelles Denken schärft oder schult

unser eigenes soziales, kulturel les und historisches Vorstel lungs- und

Wahrnehmungsvermögen.” 122

Was bedeutet das für unser Verständnis des Smithschen Gesamtwerks? Es bedeutet, dass

alle Versuche, die eine menschliche Natur zu beschreiben, sind zum Scheitern oder

Missverständnis verurteilt, solange sie nicht explizit kontextsensibel formuliert werden.

Smith versäumt, das hinreichend deutlich zu machen und provoziert damit, dass seine

Beobachtungen in den verschiedenen Werken als widersprüchlich empfunden werden.

Zudem ist Smith durch das Bedürfnis, elementare Erfahrungen des menschlichen Lebens

in der Natur zu verorten, geprägt und verleitet so dazu, die Sozialisation als Prägefaktor

menschlicher Existenz zu unterschätzen. Daraus zu folgern, Smiths Beobachtung sei

falsch, ist jedoch ein Schnellschuss. Smith zeichnet ein realistisches Portrait menschlicher

Eigenschaften, ohne die lebenspraktischen Widersprüche und ethischen Dilemmata

auszubügeln. Menschen, deren Wohlstand an materiellen Gütern und Beziehung vom

Erfolg des eigenen Wirtschaftens abhängt, werden andere Prioritäten in ihren ethischen

Bewertungen setzen, als solche, deren Existenz durch das Gemeinwesen oder den

eigenen sozialen Hintergrund gesichert ist. Was richtig ist: Smiths Versuch, eine

universale Theorie der moralischen Gefühle kohärent zu entwickeln, ist angesichts der

Kontextualität und Komplexität menschlicher Existenz sehr ambitioniert. Er stellt uns

Lesern und Interpreten, die wir so häufig nach einfachen Lösungen und Antworten

suchen, damit vor eine große Herausforderung. Die Standards akademischen Arbeitens

müssen uns hier Auftrag sein, der Verlockung der Reduktion und dem Verlangen nach

Ordnung zu widerstehen und uns mit Gelassenheit und Ambiguitätstoleranz auf die

mitunter spannungsvolle Bandbreite Smithscher Gedanken einzulassen.

!45

WELKER, MICHAEL: Gottes Offenbarung, Neukirchen 2012. S.83f.122

IV. „Inquiry into the Nature” - Smiths Rhetorik der Natur

A. Der deistische Naturbegriff

So angenehm und wirkmächtig Smiths Werke zu lesen sind, so problematisch wird die

wenig systematische Anordnung seiner Schriften, wenn es um die weniger

offensichtlichen Grundbegriffe seiner Theorie geht. Zwar streut Smith immer wieder

Gedanken zur Wissenschaftstheorie ein, bleibt dabei aber recht vage. Smiths vor- oder

frühmoderner Stil stellt unter den Bedingungen einer Informationsgesellschaft, die auf

den Kern reduzierte und systematisch vorgetragene Theorien mit explizit definiertem

normativem Status dem Impliziten des beschreibenden Narrativs vorzieht, eine weitere

Herausforderung in der Wirkungsgeschichte Smiths dar. Die Gedanken, die heute im

Wissenschaftsbetrieb als explizite Wissenschaftstheorie markiert und systematisiert

ausgeführt werden, sind bei Smith implizit gehalten und über die Breite seines Werks

verteilt. Das gilt besonders für seine Verwendung des Begriffs Natur in seinen 123

verschiedenen Spielarten, so zum Beispiel beim vielzitierten natürlichen Preis und der

natürlichen Neigung zum Tausch im Wealth. Bittermann verweist zum Verständnis des

Smithschen Naturalismus auf die natürliche Theologie seines Lehrers Francis

Hutcheson (1694-1746) und die Ideen des Naturrechts. 124 125

Smith hat die Klassiker der griechischen Literatur der Antike stark rezipiert und ordnet

sich selbst immer wieder in die Tradition der Stoa ein. Deutlich wird das auch an 126

!46

BITTERMANN, HENRY: Adam Smith’s Empiricism and the Law of Nature: I in: Journal of Political Economy, 123

Vol. 48, No. 4. S. 497f. (eigene Übersetzung).

Wie das Namensregister zeigt, zählt Hutcheson zu den meistzitierten Autoren der Theory. So stellt Smith zum 124

Beispiel auf S. 529 die Gedanken von „Dr. Hutcheson” als Referenzpunkt seiner eigenen Überlegungen dar. Smith verweist auf Hutchesons „Essay on the Nature and Conduct of the Passions, with Illustrations upon the Moral Sense”. Inhaltlich nimmt er außerdem Gedanken aus Hutchesons „Philosophiae moralis Institutio compendiaria lib. III Ethices et Jurisprudentiae Naturalis Elementa continens” auf. (vgl. Anm. d. Hrsg. Nr. 149 auf S. 598 in: SMITH, ADAM: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 2010.)

Zum Zusammenhang der schottischen Moralphilosophie mit dem christlichen Naturrecht vgl. TROELTSCH, 125

ERNST: Die englischen Moralisten des 17. und 18. Jhds. in: DERS.: Gesammelte Schriften, Band IV: Aufsätze zur Geistesgeschichte und Religionssoziologie, Tübingen 1925. S. 374. Zur Wirkungsgeschichte der Naturrechtstradition in Theologie und Protestantismus, sowie zur Zentralstellung des Naturrechtsbegriffs im Werk von Ernst Troeltsch vgl. TANNER, KLAUS: Der lange Schatten des Naturrechts. Eine fundamentalethische Untersuchung, Stuttgart 1993.

Für die letzte eigenhändig überarbeitete Auflage der Theory hat Smith, wie er im Vorwort schreibt, im siebten Teil 126

(„Über einige Systeme der Moralphilosophie”) „die Mehrzahl der verschiedenen Stellen, welche die stoische Philosophie betreffen, zusammengestellt, die in den früheren Auflagen über die einzelnen Abteilungen des Werks verstreut waren.” Die stoischen Bezüge ziehen sich also als einer der Hauptfäden durch Smiths Gesamtwerk. Es überrascht deshalb auch nicht, dass das Namensregister der Theory die meisten Referenzen neben Cicero, Aristoteles und Voltaire für Zeno verzeichnet.

seinem Philosophieverständnis: Das aristotelische thaumazein bzw. das platonische

Staunen, die Verwunderung, die Verunsicherung, sie bilden auch für Smith die Grundlage

aller Wissenschaft. Das thaumazein bzw. das Staunen treiben den Philosophen an, das

Unbehagen des Unbekannten durch die Sicherheit der Klärung zu beseitigen. Wenn eine

erklärende Theorie, die das Unbehagen zunächst beseitigt, wiederum zu komplex wird,

verunsichert sie erneut und verliert ihren erklärenden Charakter. Insofern ist plausibel,

dass Smith einen historisch-narrativen Modus für sein wissenschaftliches Schreiben

wählt. Praktische Erklärungsfähigkeit und unmittelbare Plausibilität sind für Smith

essentiell für gute Philosophie bzw. Wissenschaft. Eine Unterscheidung zwischen

empirischen Wissenschaften und Philosophie existiert seinerzeit nicht.

Isaac Newton illustriert als Theologe, Philosoph und empirisch arbeitender

Wissenschaftler (damals genannt Naturphilosoph) die weit verbreitete Personalunion

verschiedener, heute oft als gegensätzlich verstandener Disziplinen. Smith versteht wie

Newton und die Mehrzahl der Denker ihrer Zeit die empirische Beobachtung im

Erkenntnisprozess als komplementär zur vernünftigen Interpretation durch

Vorstellungskraft und nicht gegenläufig zum vernünftigen Räsonieren. Außerdem ist auf

Smiths Betonung der Kontextualität historischer Ereignisse und Entwicklungen

hinzuweisen. Für Smith gehen Theoriebildung und historische Analyse in redlicher

Wissenschaft immer einher. Zu einem vernünftigen Verständnis gegenwärtiger Theorie

und ihrer Probleme kommt man in Smiths Verständnis nur, indem man

moralphilosophische und ökonomische Denksysteme im Kontext ihrer Zeit und

Wirkungsgeschichte untersucht. 127

Weitgehend Konsens ist in der Forschung der Einfluss von Isaac Newton und dessen

Gravitationstheorie, an die Smith sich rhetorisch bei der Entwicklung seiner Theorie des

natürlichen Preises anlehnt. Das wird besonders vor dem Hintergrund von Smiths History

of Astronomy deutlich. Darin schreibt er Sir Isaac Newton die größte und

bemerkenswerteste Verbesserung, die jemals in der Philosophie erreicht wurde, zu. 128

!47

Ein einfacher Blick in den inhaltlichen Aufbau der Theorie der moralischen Gefühle zeigt Smiths Fokus auf 127

historische Analyse. Im siebten Teil seiner Theory analysiert er mit Akribie das, was vor ihm auf dem Feld der Moralphilosophie gedacht wurde. Für eine übersichtliche Zusammenfassung der Smithschen Methodik und Wissenschaftstheorie vgl. WALLACHER, JOHANNES: Die bleibende Bedeutung der Politischen Ökonomie Adam Smiths. in: HOCHGESCHWENDNER, MICHAEL; LÖFFLER, BERNHARD (HRSG.): Religion, Moral und liberaler Markt. Politische Ökonomie und Ethikdebatten vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. S. 93-95.

WIGHTMAN, W.P.D.; BRYCE, J.C.; ROSS, I.S. (HRSG.): Adam Smith. Essays on Philosophical Subjects (Glasgow 128

Edition of the Works and Correspondence of Adam Smith, Vol. 3), Oxford 1980. S. 98.

Smiths begeisterte Zeilen über Newton zeigen, dass der Einfluss der

gravitationstheoretischen Prinzipien auf Smiths ökonomische Theorie existent gewesen

ist. Wie groß er gewesen ist, bleibt umstritten. Bittermann meint, Smiths Vorgehen sei

eine direkte Anwendung der Techniken des Newtonschen Experimentialismus auf

Fragen der Moral.” Experimente waren durch die Natur der behandelten Materie

ausgeschlossen, aber: „Analyse, Kritik und Formulierung von Schlussfolgerungen war

empirischer Art.” 129

Unterstützt wird diese Interpretation durch Smiths Aussagen zu Isaac Newton und einem

Blick auf Smiths Umfeld. So war er gut bekannt mit Joseph Black (1728-1799), dem

schottischen Physiker und Chemiker, der als einer der Mitbegründer der chemischen

Industrie und unter anderem als Entdecker des Kohlenstoffdioxids gilt. Zu Smiths

Bekanntenkreis zählte außerdem der schottische Erfinder James Watt (1736-1819), der

durch seine entscheidende Weiterentwicklung der Dampfmaschine als deren Erfinder gilt.

Ausführliche Beachtung findet bei Smith aber weder die Industrialisierung, noch deren

naturwissenschaftlich-technische Grundlagen und auch allgemeine naturwissenschaftliche

Bezüge finden sich in seinen Hauptwerken nur wenige. Smith scheint also vor allem an

der ph i losoph i schen In te rpre ta t ion und rhe tor i schen Adapt ion der

naturwissenschaftlichen Arbeiten seiner Zeit gelegen gewesen zu sein. Auch wenn das bei

Smith selbst gelegentlich so anklingt und von Henry Bittermann auch entsprechend 130

interpretiert wird: Smith übernimmt keineswegs direkt deren Methodik.

Im Verlauf seiner Geschichte der Astronomie preist Smith Newtons Methode in den

höchsten Tönen: „His system, however, now prevails over all opposition, and has

advanced to the acquisition of the most universal empire that was ever established in

philosophy. His principles, it must be acknowledged, have a degree of firmness and

solidity that we should in vain look for in any other system. The most sceptical cannot

avoid feeling this.”

Nach all den preisenden Tönen im Text nimmt Smith in den letzten Zeilen seiner

Geschichte der Astronomie aber demjenigen, der an die absolute Gültigkeit und

erkenntnistheoretische Perfektion der Newtonschen Prinzipien glaubt, jede Illusion,

indem er alle ausgedrückte Euphorie radikal relativiert: „Sogar wir, die wir angetreten

!48

BITTERMANN, HENRY: Adam Smith’s Empiricism and the Law of Nature: I in: Journal of Political Economy, 129

Vol. 48, No. 4. S. 504, (eigene Übersetzung).

Vgl. ebd.130

sind, alle philosophischen Systeme zu verstehen als bloße Erfindungen der

Vorstellungskraft, mithilfe derer sonst zusammenhangslose und unvereinbare Phänomene

der Natur verknüpft werden können, sind wie von Sinnen dazu verführt worden, eine

Sprache zu verwenden, die die verknüpfenden Prinzipien ausdrückt als seien sie echte

Ketten, mit denen die Natur die ihr eigenen Operationen verbindet.” Smith endet die

Passage mit einer als kryptischer Aussagesatz formulierten Frage: „Can we wonder then,

that it should have gained the general and complete approbation of mankind, and that it

should now be considered, not as an attempt to connect in the imagination the

phaenomena of the Heavens, but as the greatest discovery that ever was made by man,

the discovery of an immense chain of the most important and sublime truths, all closely

connected together, by one capital fact, of the reality of which we have daily

experience.” 131

Ludwig Wittgenstein (1889-1951) wird später genau diese Frage in seinem Tractatus wie

folgt kommentieren: „Der ganzen modernen Weltanschauung liegt die Täuschung

zugrunde, daß die sogenannten Naturgesetze die Erklärungen der Naturerscheinungen

seien.” Dadurch blieben sie bei den Naturgesetzen als etwas Unantastbaren stehen, wie

die Älteren bei Gott und dem Schicksal. „Und sie haben ja beide Recht, und Unrecht. Die

Alten sind allerdings insofern klarer, als sie einen klaren Abschluss anerkennen, während

es bei dem neuen System scheinen soll, als sei alles erklärt.” Adam Smith wiederum 132

weist sowohl Spuren der vormodernen als auch der modernen Weltanschauung auf. So ist

bei ihm als Deisten, oder zumindest als mit dem Deismus sympathisierenden

vernunftreligiösen Protestanten zwar überall ein Gottesbild im Hintergrund der Theorie.

Allerdings ist es nicht - zumindest nicht in letzter Konsequenz - der in der Geschichte

wirkende Gott einer Offenbarungsreligion. 133

Für Smith scheint es sich an vielen Stellen seines Werks mit der Welt tatsächlich so wie in

Wittgensteins Beschreibung zu verhalten. Der Uhrmachergott des Deismus, der die Welt

mit perfekten Naturgesetzen geschaffen hat, greift eben nicht ein in die Gesetze der Welt.

Es bleibt keinerlei Raum für das Übernatürliche, oder vielmehr macht Smith überhaupt

!49

WIGHTMAN, W.P.D.; BRYCE, J.C.; ROSS, I.S. (HRSG.): Adam Smith. Essays on Philosophical Subjects (Glasgow 131

Edition of the Works and Correspondence of Adam Smith, Vol. 3), Oxford 1980. S. 105.

WITTGENSTEIN, LUDWIG: Tractatus Logico-philosophicus, Logisch-philosophische Abhandlung, Frankfurt am 132

Main 2003. S. 106.

Vgl. TROELTSCH, ERNST: Der Deismus. in: DERS.: Gesammelte Schriften, Band IV: Aufsätze zur 133

Geistesgeschichte und Religionssoziologie, Tübingen 1925. S. 429 - 487.

erst eine Trennung zwischen der immanent-weltlichen Natürlichkeit und der

transzendent-göttlichen Übernatürlichkeit auf. Ernst Troeltsch sieht im Deismus den

Versuch, eine „allgemeine, überall gleiche, jedermann erkennbare religiöse

Normalwahrheit zu suchen, auf die man von den konkurrierenden einzelnen Religionen

zurückgehen kann, von der aus Wert und Recht der unmittelbar sich gebenden

Offenbarungsansprüche sich prüfen läßt, und die mit den metaphysischen Ergebnissen

der neuen Wissenschaften übereinstimmt.” Das hat Konsequenzen für die Bedeutung des

Naturbegriffs: Es ist dieselbe Bedeutung, die das Wort bereits in der bisherigen Theologie

hatte, nur mit immer geringer werdender Nebenwirkung des Gegensatzes

‘übernatürlich’. 134

Insofern ist präziser zu sagen: Es bleibt kein Raum mehr für das Unerklärliche. In

Wittgensteins Worten: Die moderne Weltanschauung strebt nach einem System, das alles

erklärt. Wittgenstein möchte diese Sicherheit brechen, wenn er lakonisch feststellt: „Daß

die Sonne morgen aufgehen wird, ist eine Hypothese; und das heißt: Wir wissen nicht, ob

sie aufgehen wird. Einen Zwang, nach dem Eines geschehen müßte, weil etwas anderes

geschehen ist, gibt es nicht. Es gibt nur eine logische Notwendigkeit.” Wittgensteins 135

Kritik an der modernen Weltanschauung trifft im Kern auch den Deismus Adam Smiths.

B. Der natürliche Preis und die Gravitationsmetapher

Im Folgenden werden wir einige Stellen untersuchen, in denen der Einfluss Newtons auf

Adam Smith konkret wird. Entscheidend ist hier die Gravitationsmetapher, mit der Smith

einen Marktpreis und einen natürlichen Preis aufeinander bezieht. Den natürlichen Preis

führt Smith im siebten Kapitel des Wealth ein. In jeder Gesellschaft gibt es zu jedem

Zeitpunkt einen üblichen Wert für die Arbeitslöhne, Kapitalgewinne und Bodenrenten in

der Herstellung eines Guts. Diese üblichen Werte, die Durchschnittswerte also,

bezeichnet Smith als natürliche Arbeitslöhne, Kapitalgewinne und Bodenrenten. Von

einem natürlichen Preis spricht Smith, wenn der Preis eines Guts sich genau aus den

natürlichen Sätzen von Bodenrente, Kapitalgewinn und Arbeitslohn zusammensetzt. Der

natürliche Preis ist also eine abhängige Variable.

!50

TROELTSCH, ERNST: Der Deismus. in: DERS.: Gesammelte Schriften, Band IV: Aufsätze zur Geistesgeschichte 134

und Religionssoziologie, Tübingen 1925. S. 431.

WITTGENSTEIN, LUDWIG: Tractatus Logico-philosophicus, Logisch-philosophische Abhandlung, Frankfurt am 135

Main 2003. S. 106.

Dem natürlichen Preis gegenüber steht der Marktpreis. Er bezeichnet den individuellen

Handelswert einer Ware zu einem gegebenen Zeitpunkt und wird durch Angebot und

Nachfrage bestimmt. Wie der natürliche Preis ist auch der Marktpreis eine abhängige

Variable, diesmal allerdings nicht abhängig von den üblichen Sätzen von Lohn, Rente und

Gewinn, sondern vom Verhältnis der verfügbaren zur nachgefragten Gütermenge. Bei

Smith ist der direkte Zusammenhang von Angebot und Nachfrage noch nicht wie später

bei Ricardo und anderen in letzter Konsequenz beschrieben. Neu an Smiths

Ausführungen ist die Formulierung eines jeder ökonomischen Transaktion zugrunde

liegenden Prinzips, das über die bloße Beschreibung der Wirklichkeit hinausgeht.

Insofern kann hier von einer Modellentwicklung gesprochen werden.

Die Größe des Gefälles zwischen Marktpreis und natürlichem Preis hängt einerseits von

Überschuss bzw. Mangel eines Produkts auf dem Markt und andererseits von

spezifischen Überlegungen der Handelspartner ab. Wenn beispielsweise ein Verkäufer

sein Produkt besonders schnell loswerden will oder ein Käufer besonders schnell an ein

Produkt kommen möchte, wird der Marktpreis ungewöhnlich niedrig bzw. ungewöhnlich

hoch angesiedelt sein. Prinzipiell geht Smith aber davon aus, dass sich der Marktpreis mit

der Zeit dem natürlichen Preis anpasst, wenn das Angebot die Nachfrage deckt. Die

Marktpreise gravitieren also gewissermaßen um den natürlichen Preis. Hier wird

üblicherweise der Einfluss Newtonscher Rhetorik gesehen: „The natural price, therefore,

is, as it were, the central price, to which the prices of all commodities are continually

gravitating. [..] But whatever may be the obstacles which hinder them from settling in this

center of repose and continuance, they are constantly tending towards it.” 136

Wenn der individuell ausgehandelte Marktpreis dem natürlichen Preis zu jeder Zeit

entspräche, so bestünde für Smith wohl durchaus die Möglichkeit ein geschlossenes

System wie die Gravitationslehre auf die Preisbildung am Markt direkt und absolut zu

übertragen. Ein Marktpreis, der immer wieder neu durch Angebot und Nachfrage

bestimmt wird, entspricht jedoch nur selten genau dem natürlichen Preis. Es stellt sich

zudem das Problem der Messbarkeit und fixen Benennung des natürlichen Preises, da

auch er als abhängige Variable im Laufe der Zeit großen Schwankungen unterliegt. Smith

versteht den natürlichen Preis also keineswegs als Fixstern in einem Sonnensystem mit

den Marktpreisen als Planeten, vielmehr oszillieren die Marktpreise in einem durch die

!51

WAKEFIELD, EDWARD GIBBON (HRSG.): Adam Smith. An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of 136

Nations, London 1843. S. 24.

(schwankenden) üblichen oder durchschnittlichen Preise konstituierten Rahmen. Der

natürliche Preis ist folglich eine reflexive, die Wirklichkeit interpretierende Größe, die als

eine Art volatile Leitplanke für die Marktpreise verstanden werden kann. Von einem

Fixstern mit absolutem oder vorhersagenden Charakter kann trotz der Verwendung der

Gravitationsmetaphorik bei Smith also nicht gesprochen werden.

Da der natürliche Preis der übliche oder durchschnittliche Preis ist, kann von einer

wechselseitigen Einflussnahme von Markt- und natürlichem Preis gesprochen werden.

Und wie oben beschrieben kann der konkrete Marktpreis durch die Umstände einer

spezifischen Tauschhandlung die Leitplanken des natürlichen Preises mitunter weit nach

außen schieben: „But though the market price of every particular commodity is in this

manner continually gravitating, if one may say so, towards the natural price; yet

sometimes particular accidents, sometimes natural causes and sometimes particular

regulations of police, may, in many commodities, keep up the market price, for a long

time together, a good deal above the natural price.” 137

Leonidas Montes weist in dieser Passage auf ein wichtiges Detail hin: Smith fügt nämlich

ein einschränkendes „if one may say so” an, wenn er von Gravitation spricht. Montes

wertet das als Hinweis, dass Smith daran gelegen war, den metaphorischen Charakter der

Figur zu bewahren und zu markieren, dass es sich bei der Gravitation um ein hilfreiches

Bild handelt, das aus einem gänzlich anderen Kontext im Bewusstsein aller Unterschiede

zur Bebilderung der Idee herangezogen wird. Doch es gibt eben auch klare Unterschiede

zu Newtons Gravitationstheorie: Für Newton sind Aktion und Reaktion immer

gleichwertig, es gibt also nicht den einen prägenden Körper, der hegemonial auf alle

anderen wirkt. Körper gravitieren auch nicht nur in Richtung eines einzigen Epizentrums

hin. Sollte die Illustration der Preisbildung im Wealth also tatsächlich mit den

Grundgedanken der Newtonschen Gravitationstheorie identisch sein, müssten in Smiths

Theorie alle Preise zueinander in Gravitationsbeziehungen stehen, der natürliche Preis also

ebenso zu den Marktpreisen wie andersherum die Marktpreise auf den natürlichen Preis

hin. 138

Bernard Cohen argumentiert, dass Smith die Newtonsche Theorie zu einem gewissen

Grad „vollkommen korrekt” auf den Preismechanismus angewandt hat. Sie sei lediglich

!52

Ebd., S. 25.137

Vgl. MONTES, LEONIDAS: Adam Smith: real Newtonian. in: DOW, ALEXANDER; DOW, SHEILA (HRSG.): A 138

History of Scottish Economic Thought, Oxon 2006. S. 110.

unvollständig gewesen. Als Experte für Newtons Werk hat Cohen sicher ein gutes 139

Gespür für den Einfluss Newtons auf Smith. Ob aber der Begriff Preismechanismus

hier angebracht ist, sollte in Zweifel gezogen werden. Von der direkten Übernahme einer

physikalischen Theorie kann bei Smith keine Rede sein. Physikalische Modelle nutzen die

Mathematik als Theoriemodus, einen mathematischen Weg geht Smith aber gerade nicht.

Er illustriert mit der Gravitationsmetapher von Markt- und natürlichem Preis eine

Schwankung. Eine gewisse Gleichmäßigkeit des Kreisens der Marktpreise um den

natürlichen Preis ist vielleicht angelegt, aber bei Smith nicht programmatisch formuliert.

Die Neoklassik setzt ein Gleichgewichtsmodell voraus und trägt dieses System

nachträglich bei Smith ein. Sie suggeriert einen stabilen Gleichgewichtspreis, der zu

berechnen und vorherzusagen ist. Mit der Gravitationsmetapher bei Smith hat das nichts

mehr zu tun. Ähnliches gilt im Übrigen für die vielzitierte Metapher der unsichtbaren

Hand, die von einer typischerweise religiösen Metapher für die göttlich grundgelegte

Moral im Menschen zur Zeit Smiths einen bemerkenswerten Bedeutungswandel hin zu

einer numinosen Marktkraft, die perfekten, konstanten Naturgesetzen folgend die

wirtschaftliche Interaktion der Menschen ordnet. Smiths Gottheit bzw. die göttlich 140

grundgelegte Moral wurden im Laufe der Zeit durch eine Effizienzmarkt- und

Gleichgewichtshypothese ersetzt. 141

Aristoteles geht in seiner Preistheorie völlig andere Wege. Den natürlichen Preis versteht

Aristoteles als festgesetzten Preis. Preisschwankungen sind in seinem Verständnis

widernatürlich. Die festgesetzten Preise dienen nach Aristoteles der Sicherung des

natürlichen Handelns, denn: Der ausgehandelte Preis könnte einer der beteiligten

Parteien auf Kosten der anderen einen Profit einbringen und damit den Zusammenhang

der Gemeinschaft untergraben, statt ihn zu festigen. Dem modernen Marktdenken 142

läuft das zuwider. Der Markt ist bei Aristoteles kein Instrument des Handels, die

Preisbildung keine Funktion des Marktes, sondern lediglich die Plattform für die

!53

Zitiert nach: ebd.139

Für eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Motiv der unsichtbaren Hand vgl. SMITH, CRAIG: Adam 140

Smith’s Political Philosophy. The Invisible Hand and Spontaneous Order, London/New York 2006.

Vgl. LUTERBACHER-MAINERI, CLAUDIUS: Adam Smith - theologische Grundannahmen: eine textkritische Studie, 141

Fribourg 2008.

POLANYI, KARL: Aristoteles entdeckt die Volkswirtschaft, in: HONNETH, AXEL; HERZOG, LISA (HRSG.): Der 142

Wert des Marktes. Ein ökonomisch-philosophischer Diskurs vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Berlin 2014. S. 298f.

Widerherstellung der natürlichen Selbstgenügsamkeit der barbarischen Naturvölker. Aristoteles 143

versteht Märkte und Handel als getrennte Institutionen und Preise als Ergebnis von

Brauch, Gesetz oder Proklamation. Gewinnbringender Handel ist für ihn unnatürlich,

festgesetzte Preise natürlich. Den natürliche Preis versteht Aristoteles nicht als eine

unpersönliche Bewertung der Tauschgüter, sondern als Ergebnis der wechselseitigen

Einschätzung des Status der Tauschenden. 144

C. Das System der natürlichen Freiheit

Wie unsere Untersuchung des natürlichen Preises bei Smith zeigt, ist Vorsicht bei der

Untersuchung seiner Rhetorik geboten. Die nachträglichen Eintragungen durch

Ökonomen, die ihre eigene Theorie mit der Autorität des Gründervaters der Disziplin zu

legitimieren oder aufzuwerten versucht haben, sind immens. Um die Geschichte des

Naturbegriffs bei Smith zu verstehen, lohnt es, zunächst die gängige Verwendung des

Naturbegriffs im 18. Jahrhundert zu untersuchen. Dazu schreibt Bittermann: „Sometimes

the word referred to the totality of phenomena or some particular aspect thereof, the

natura naturata of the later scholastics. At other times it implied the ‘action of

Providence’, ‘the principle of all things’, or the activity of God as natura naturans.” 145

Beide Varianten finden sich bei Adam Smith. Naturally meint in vielen Fällen, so

Bittermann, „spontan”, „normalerweise”, „offensichtlich”, „ohne bewusste Absicht”

oder „instinktiv” und ist somit nah am modernen Sprachgebrauch. In anderen Fällen

aber ist genauer hinzusehen. So findet sich bei Smith mit seiner deistischen Überzeugung

von der göttlich grundgelegten Moral im Menschen eine Art „natürlicher Verlauf aller

Dinge” angelegt, und das auch in ökonomischer Hinsicht: „a ‘natural order of things’

determining capital investment, that is, the desire of the capitalist to obtain a high rate of

return and at the same time to be able to watch his investment. The rate of profit tends

to be ‘naturally low in rich, and high in poor countries.’” In diesen Fällen ist die 146

Verwendung von natural letztlich kongruent mit „als Ergebnis der ökonomischen und

!54

Ebd. S. 299.143

Ebd.144

BITTERMANN, HENRY: Adam Smith’s Empiricism and the Law of Nature: II in: Journal of Political Economy, 145

Vol. 48, No. 5. S. 703.

BITTERMANN, HENRY: Adam Smith’s Empiricism and the Law of Nature: II in: Journal of Political Economy, 146

Vol. 48, No. 5. S. 704.

politischen Umstände”, da in diesen Fällen ein direktes Argument zur Erklärung eines

Phänomens vorgebracht wird.

In wiederum anderen Fällen, so zeigt Bittermann, ist natural verknüpft mit liberty und der

Freiheit von Regulierung: „Natural price is a competitive price equal to the costs of

production when the factors are remunerated at their ‘natural rates’, which are the

‘ordinary or average rates’ determined by free competition. [...] While monopoly and

‘police’ might be regarded as violations of natural liberty, ‘natural causes’ could scarcely

be regarded as conflicting with the laws of nature.” Bittermann kommt zu dem 147

Ergebnis, laisser faire sei ein System der natürlichen Freiheit. Während Bittermann 148

sicher recht hat, wenn er laisser faire als ein „System der natürlichen Freiheit” bezeichnet,

ist die Verknüpfung zu Smiths Denken problematisch. Samuel Fleischacker spricht in

seiner Monographie zu Freiheit und Urteilskraft bei Smith und Kant von einem „dritten

Konzept der Freiheit”. Dieses dritte Konzept ist mit laisser faire keineswegs 149

gleichzusetzen. Zu diesem Ergebnis kommt auch Johannes Wallacher und beruft sich

dabei auf Smiths Rechtsverständnis: „Die Bedeutung, die Smith den mit staatlicher

Zwangsgewalt durchsetzbaren Gesetzen zur Kontrolle des Eigeninteresses beimisst,

verweist bereits darauf, dass man Smith wohl kaum als Vorreiter eines „Laissez-faire”-

Kapitalismus ansehen kann.” 150

Adam Smith definiert seine Grundbegriffe nicht immer präzise. Daher ist Wachsamkeit

angebracht, denn die intuitive Plausibilität seiner Argumente und der erzählerische Stil

verführen dazu, in der kritischen Betrachtung der Grundbegriffe nachlässig zu werden.

Auch wenn Smith streckenweise suggeriert, dass das, was er und von ihm geschätzte

Autoren wie Isaac Newton zu Papier gebracht haben, die objektive Beschreibung der

„Natur der Sache” und all der daraus auf ganz „natürliche” Art und Weise abgeleiteten

Prinzipien ist, muss - - ganz im Sinne Smiths - betont werden, dass jede Theorie auf

Grundannahmen ohne Letztbegründung beruht. Michael Schmidt-Salomon nennt dies

!55

Ebd.147

Ebd. (eigene Übersetzung).148

Vgl. FLEISCHACKER, SAMUEL: A third concept of liberty. Judgement and freedom in Kant and Adam Smith, 149

Princeton 1999. Vgl. auch: FLEISCHACKER, SAMUEL: Philosophy in Moral Practice: Kant and Adam Smith. in: Kant-Studien, Jg. 82, Nr. 3, Berlin 1991. S. 249-269.

WALLACHER, JOHANNES: Die bleibende Bedeutung der Politischen Ökonomie Adam Smiths. in: 150

HOCHGESCHWENDNER, MICHAEL; LÖFFLER, BERNHARD (HRSG.): Religion, Moral und liberaler Markt. Politische Ökonomie und Ethikdebatten vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. S. 103f.

unter Rückgriff auf Hans Albert das Münchhausen-Trilemma und beschreibt drei

mögliche Verfahren: den infiniten Regress (kontinuierliches Weiterfragen ohne je zu einer

Letztbegründung vorzudringen), den logischen Zirkel (ein kreisendes Argumentieren mit

Begründung der Begründung durch sich selbst) und den Abbruch des Verfahrens (ein

gesetztes Dogma, das nicht begründet wird, von dem aus die Theorie aufgebaut werden

kann). Kurt Gödel stieß mit mathematischer Methode in eine ähnliche Richtung vor, 151

als er seine Unvollständigkeitssätze formulierte. Der erste Unvollständigkeitssatz zeigt, 152

dass es in hinreichend komplexen widerspruchsfreien Systemen immer unbeweisbare

Aussagen (Axiome) gibt. Der zweite Unvollständigkeitssatz zeigt, dass hinreichend

komplexe widerspruchsfreie Systeme ihre eigene Widerspruchsfreiheit nicht beweisen

können. Sowohl Schmidt-Salomons, als auch Gödels Überlegungen lehren uns in Bezug

auf die suggerierte Selbstverständlichkeit des Naturbegriffs bei Smith Vorsicht walten zu

lassen.

D. Vergesellschaftung durch Kommerzialisierung

Ein den Wealth durchziehendes Postulat Smiths ist, dass die Kommerzialisierung

Vergesellschaftung gewirkt hat. Diese These ist eng verknüpft mit seiner Geldtheorie. Vor

allem die Entwicklung des Münzgeldes sieht er als Treiber der Vergesellschaftung an.

Dem zugrunde liegt ein weiteres Postulat, nämlich, dass vor der Handelswirtschaft eine

Naturalwirtschaft in Gemeinschaften vorgelegen hat. Der Anthropologe David Graeber

zeigt, wie absurd diese Annahme ist. Auch ein Blick in den biblischen Kanon hätte 153 154

dem Protestanten Smith vor Augen gestellt, dass schon zu Zeiten des Alten Testaments

!56

SCHMIDT-SALOMON, MICHAEL: Das „Münchhausentrilemma" oder: Ist es möglich, sich am eigenen Schopfe aus 151

dem Sumpf zu ziehen? in: Aufklärung und Kritik, Sonderheft 5 (2001).

Eine Einführung in die Bedeutung der Gödelschen Unvollständigkeitssätze findet sich in: VON RAUCHHAUPT, 152

ULF: Kurt Gödel. Der Herr Professor und die Wahrheit. in: Frankfurter Allgemeinen Zeitung, 23. April 2006.

Vgl. Kapitel 2 „Der Mythos vom Tauschhandel” in: GRAEBER, DAVID: Schulden. Die ersten 5000 Jahre, 153

München 2014.

Man bedenke: Smith liest die Bibel vermutlich noch nicht historisch-kritisch, zumindest nicht in der Form, wie es 154

heute in der akademischen Theologie üblich ist. Obwohl die einschlägige Entwicklung schon im 18. Jahrhundert einsetzt, erfolgt die Vervollständigung des historisch-kritischen Methodenapparats erst im 19. Jahrhundert.

Schuldenwirtschaft betrieben wurde. Schuldverschreibungen gab es in jedem Fall vor 155

der institutionellen Münzprägung, das zeigt auch die Rede vom Schuldenerlassjahr im

biblischen Israel. 156

Vor der Entwicklung monetärer Handelswirtschaften war also nicht, wie Smith

unterstellt, die währungslose Naturalwirtschaft vorherrschend. Im Gegenteil, die

gemeinschaftlichen Strukturen waren vermutlich der monetären Gesellschaft recht

ähnlich, die Währung war lediglich eine andere. Nicht ein quantifizierbarer Geldbetrag,

sondern die Deckung von Grundbedürfnissen wie Nahrung, Annahme, Zuneigung und

Schutz waren die Entlohnung für die adäquate Beteiligung an der Wohlfahrt der

Gemeinschaft. Insofern kann eher von einer kommunitären Handelsgesellschaft mit

nichtmonetärer Währung gesprochen werden als von einer Gemeinschaft mit

Naturalwirtschaft. Beispiele für solche Gesellschaften sind diverse Nomadenkulturen, 157

die großfamiliäre Stammeskulturen des Alten Testaments, sowie die ersten 158

christusgläubigen Juden in der Zeit unmittelbar nach dem Kreuzesgeschehen, dann 159

allerdings schon unter Bedingungen der von der römischen Besatzungsmacht

eingeführten monetären Handelsgesellschaft. Smith nutzt also eine rhetorische

Erfindung, nämlich die naturaltauschende Wirtschaftsgemeinschaft, um seine Theorie der

!57

Interessant ist im Vergleich der sechs Originalauflagen der Theory die Frage nach den religiösen Überzeugungen 155

Adam Smiths. Vor dem Hintergrund der reduzierten Rezeption heutiger Tage überrascht der dezidiert christliche Bezug Smiths, den er mit leicht ironischem Ton in einem Brief über die Gestattung von Veränderungen am Manuskript vom 4. April 1760 an seinen Verleger ausdrückt: „Ich glaube gerne, dass Sie weit unfehlbarer sind als der Papst, aber da ich Protestant bin, erlaubt es mir mein Gewissen nicht, mich einer anderen Autorität zu unterwerfen als der (heiligen) Schrift.” Zitiert nach: Smith, Adam: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 2010. XXV.

Vgl. Leviticus 25,8-55. Die Tora schreibt hier den Israeliten für jedes 50. Jahr einen vollständigen Schuldenerlass 156

für ihre Untergebenen, eine grundlegende Bodenreform und die Aufhebung der Schuldsklaverei vor. Eingebürgert hat sich hierfür der Begriff Erlass- oder Jubeljahr. In den letzten Jahrzehnten diente dieses biblische Motiv u.a. als Vorbild für politische Forderungen nach Schuldenschnitten für hochverschuldete Entwicklungsländer.

Beispiele dafür sind die skythischen Reitervölker im 7. und 8. Jahrhundert v. Chr. in den eurasischen Steppen auf 157

dem Gebiet der heutigen Ukraine und Südrussland. (vgl. FORBIGER, ALBERT: Handbuch der alten Geographie, Leipzig 1842. S. 287.)

Vgl. Abraham in Genesis 11-25, vgl. auch Jakob in Genesis 25-49 und in Koran 3:84, 4:163, 38:45-47.158

Vgl. Acta 2,43-45 und Acta 4,32-37: „Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele. Keiner nannte 159

etwas von dem, was er hatte, sein Eigentum, sondern sie hatten alles gemeinsam. [...] Es gab auch keinen unter ihnen, der Not litt. Denn alle, die Grundstücke oder Häuser besaßen, verkauften ihren Besitz, brachten den Erlös und legten ihn den Aposteln zu Füßen. Jedem wurde davon so viel zugeteilt, wie er nötig hatte. Auch Josef, ein Levit aus Zypern, der von den Aposteln Barnabas, das heißt übersetzt Sohn des Trostes, genannt wurde, verkaufte einen Acker, der ihm gehörte, brachte das Geld und legte es den Aposteln zu Füßen.”

Vergesellschaftung zu plausibilisieren. Vom Story Bias verleitet haben Smith 160

nachfolgende Rezipienten diese Idee weit verbreitet, ohne sie einer angemessenen

Prüfung zu unterziehen. Bei genauem Hinsehen wird deutlich: Smith formuliert in einer

intuitiv verständlichen, mit fantasiestimulierenden Beispielen gespickte Sprache mit seiner

Gesellschaftstheorie einen Mythos.

Auch hier geht Smith andere Wege als Aristoteles. Der nämlich betont in seiner Politik die

Widerherstellung der natürlichen Selbstgenügsamkeit als Zweck allen Tauschens, nicht die

profitorientierte Erwerbstätigkeit, wobei auch Aristoteles von einer Form des

Naturaltauschs ausgeht. In der Schlüsselpassage über den Ursprung des Tausches (allagé)

gibt Aristoteles eine Beschreibung der grundlegenden Institution der archaischen

Gesellschaft: den Austausch von Gleichwertigkeiten. Manche barbarischen

Völkerschaften betrieben immer noch diese Art von Naturaltausch, schreibt Aristoteles

dort, „denn solche Völkerschaften tauschen nur das untereinander aus, was sie brauchen,

aber nicht mehr, indem sie zum Beispiel Wein hergeben und dafür Getreide in Empfang

nehmen, und ebenso bei allen anderen Gütern. Ein solcher Tauschhandel ist weder gegen

die Natur, noch ist er eine Art des Gelderwerbs, denn er dient ja nur der

Wiederherstellung der natürlichen Selbstgenügsamkeit.” Smith hat gänzlich andere 161

Vorstellungen, sowohl von der Motivation zum Tausch, als auch dem, was natürlich

genannt werden kann.

V. Erkenntnistheoretische Grundlagen

A. Grundgedanken des angelsächsischen Empirismus

Adam Smith orientiert seine Moralphilosophie an den Werken der Empiristen

Shaftesbury, Mandeville, Hutcheson und Hume. Bei aller Kritik an den Zeitgenossen 162

und den bewusst anders gesetzten Akzenten, kann von einer deutlichen Prägung Smiths

!58

Mit dem Begriff Story Bias bezeichnet die Psychologie das menschliche Bedürfnis nach Sinn und Identität, die ein 160

Individuum oder eine Gruppe durch einen fortlaufenden Sinnzusammenhang konstruiert. Dort, wo dies nicht nach wissenschaftlichen Kriterien geschieht oder der Mensch an epistemische Grenzen stößt, ist er versucht, durch Mythen erzählerisch Sinn zu stiften. Rolf Dobelli zeigt auf, dass die mythische Tendenz auch vor Wissenschaftlern und um möglichst redliche Methodik bemühten Menschen nicht Halt macht. (vgl. DOBELLI, ROLF: Die Kunst des klaren Denkens, München 2011. S. 53-55.)

ARISTOTELES: Politik, 1257a 24-31. Zitiert nach: POLANYI, KARL: Aristoteles entdeckt die Volkswirtschaft, in: 161

HONNETH, AXEL; HERZOG, LISA (HRSG.): Der Wert des Marktes. Ein ökonomisch-philosophischer Diskurs vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Berlin 2014. S. 299f.

Für einen Überblick über die angelsächsische Moralphilosophie vgl. TROELTSCH, ERNST: Die englischen 162

Moralisten des 17. und 18. Jahrhunderts. in: DERS.: Gesammelte Schriften, Band IV: Aufsätze zur Geistesgeschichte und Religionssoziologie, Tübingen 1925. S. 374-394.

durch den Empirismus gesprochen werden. Empirismus (lat. empiricus = der Erfahrung

folgend) ist diejenige philosophische Strömung, die die gerechtfertigte, wahre Erkenntnis

in der Sinneserfahrung und der experimentellen Beobachtung begründet sieht. Der

Empirismus wird oft als Gegenentwurf zum Rationalismus gesehen, welcher die

Erkenntnis aus reinem Denken ohne vorausgehende äußere Sinneswahrnehmung als

legitime oder sogar ausschließliche Quelle des Wissens versteht. Allerdings soll die

Verarbeitung dieser Sinneswahrnehmung auch im Empirismus nach rationalen Kriterien

erfolgen.

John Locke (1632-1704) beispielsweise befürwortet die Wende zur rationalen Theologie

und zur neuzeitlichen Philosophie, wehrt sich aber gegen die erkenntnistheoretischen

Fundierungen der Wissenschaft in der Ratio und betont die Erfahrung als ursprüngliche

Quelle der Erkenntnis. Seine empiristische Erkenntnistheorie betont die Trennung von

interner und externer Welt. Locke unterscheidet entsprechend äußere Wahrnehmungen

(sensations) und innere Wahrnehmungen (reflections). Locke leiht sich die empiristische

Grundthese von Thomas von Aquin: Nihil est in intellectu quod non prius fuerit in sensibus.

(„Nichts ist im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen gewesen wäre“). Thomas von 163

Aquin (1225-1274) versteht den menschlichen Intellekt als Seele, die ihrem Wesen nach

Form des Leibes ist. Wir nehmen Gegenstände in der Welt nicht nur in ihren sinnlichen

Gegebenheiten sowie ihren allgemeinen und individuellen Wesenszügen wahr, sondern

zugleich als Seiende. Es besteht also zwischen dem Allerbekanntesten, dem Sein, und

dem sinnlich Gegebenen ein Verhältnis des Einschlusses: Am Sinnlichen entfaltet sich

das Seinsverständnis, es geht aber nicht darin auf. Das Sinnliche ist bereits im ersten

Anheben menschlicher Wahrnehmung als Seiendes anwesend. 164

Henry Bittermann verweist zudem auf den Einfluss David Humes und erkennt den

rationalismuskritischen Einschlag Humes auch in Smiths Werken wieder: „In his strictly

empirical epistemology reason consisted merely in the comparison of ideas, the copies of

sense impressions; it could note relations among the data of experience; it could

!59

Diese Denkfigur war auch zu Zeiten Thomas von Aquins nicht neu. Sie findet sich schon in der aristotelischen 163

Schule und bei Cicero.

SCHERER, GEORG: Sinn und Sein bei Thomas von Aquin in Wirklichkeit und Sinnerfahrung. in: HÜNTELMANN, 164

RAFAEL (Hrsg.): Grundfragen der Philosophie im 20. Jahrhundert, Herford 1998.

determine the probable consequences of action; but it could not oppose the passions or

direct the will.” 165

David Humes (1711-1776) Grundanliegen war, wie Bittermann richtig beschreibt, eine

strikt empirische Erkenntnistheorie. Er hat sich zur Aufgabe gemacht, die empirische

Untersuchungsmethode in die Wissenschaft vom Menschen einzuführen, und vertritt im

Hinblick auf die menschlichen Erkenntnismöglichkeiteneine gemäßigte Skepsis. Auch 166

Immanuel Kant zeigte sich beeindruckt von Humes Überlegungen zu den

Bewusstseinsinhalten (perceptions) als unmittelbaren Gegenständen unserer Erfahrung,

wobei er Eindrücke (impressions) und Vorstellungen (ideas) unterschied. Hume habe ihn

aus seinem „dogmatischen Schlummer” erweckt, so Kant. Wie in Smiths Theory 167

bekommt auch bei Hume die Einbildungskraft (imagination) einen besonderen Stellenwert,

da wir mit ihrer Hilfe dem Gesetz der Assoziation folgend in der Lage sind, aus

„einfachen Vorstellungen komplexe Vorstellungen zu bilden, die so nicht einem

unmittelbaren Eindruck entspringen.” Entscheidende Prägung erfuhr Adam Smith 168

auch durch David Humes Verständnis von Moralphilosophie. Als ihre Aufgabe 169

versteht Hume die beobachtbaren, existierenden moralischen Wertungen von Menschen

ohne spekulative Voraussetzungen auf der Basis empirischer Methodik zu erklären. „In

der Moral spielen Vernunft und Gefühl eine Rolle, jedoch ist das moralische Empfinden

(moral sentiment) grundlegender.” 170

B. Moderne Wirkungsgeschichte des Empirismus

Geprägt von schottischer Aufklärung und Moral-Sense-Philosophie geht nun Adam

Smith grundlegend andere Wege als der Logische Empirismus des 20. Jahrhunderts, der

lehrt, Sätze seien nur sinnvoll, wenn sich ihr Inhalt empirisch prüfen lasse bzw. wenn sich

angeben lässt, wie er zu prüfen wäre. So schreibt der Philosoph Rudolf Carnap

!60

BITTERMANN, HENRY: Adam Smith’s Empiricism and the Law of Nature: I in: Journal of Political Economy, 165

Vol. 48, No. 4. S. 494.

PFLEIDERER, EDMUND: Empirismus und Skepsis in David Humes Philosophie als abschließende Zersetzung der 166

englischen Erkenntnislehre, Moral und Religionswissenschaft, Berlin 1874

Zitiert nach: KUNZMANN, PETER (u.a.): dtv-Atlas Philosophie, München 2009 (14. Auflage). S. 125.167

Ebd. 168

Auch dem Naturrecht gilt das geteilte Interesse Smiths und Humes. Vgl. HAAKONSSEN, KNUD: The Science of a 169

Legislator: the Natural Jurisprudence of David Hume and Adam Smith, Cambridge 1988.

Zitiert nach: KUNZMANN, PETER (u.a.): dtv-Atlas Philosophie, München 2009 (14. Auflage). S. 125.170

(1891-1970): „Die Bedeutung eines Satzes ist ... damit identisch, wie wir seine Wahrheit

oder Falschheit feststellen; und ein Satz hat nur Bedeutung, wenn solch eine Feststellung

möglich ist.” Er geht hier ähnlich vor wie A. J. Ayers (1910-1989), der nicht nur 171

Philosophie als Metaphysik ablehnt, sondern zugleich davon ausgeht, dass alle ethischen

Aussagen prinzipiell nicht empirisch verifizierbar und somit nicht analysierbar sind.

Daraus leitet er ab, dass ethische Aussagen „nur Pseudobegriffe sind. Ihr Vorhandensein

fügt dem tatsächlichen Inhalt nichts hinzu.” Hier wird Ludwig Wittgensteins Einfluss 172

auf den Logischen Empirismus deutlich. Ein System mit einer Art ethischen Axiomen zu

entwickeln, also eine systematische Ethik zu formulieren, ist Wittgenstein zuwider: Für

ihn ist klar, dass die Ethik sich nicht aussprechen lässt. Darum kann es keine Sätze der 173

Ethik geben. Und wovon man nicht reden kann, darüber muss man schweigen. 174 175

Vom Moralphilosophen Adam Smith sind solche Töne nicht zu lesen. Und doch scheint

auch Smith, der selbst eher durch die griechische Klassik und die stoische Tradition

geprägt ist, schon eine gewisse Faszination für die Foki des Logischen Empirismus’ zu

empfinden. Das legt zumindest die Betonung der entscheidenden Relevanz der

Berechnungen (computations) für die Entdeckung der Gravitationsgesetze in Smiths

Geschichte der Astronomie nahe. Auch wenn Smith kein Logiker war, eine gewisse 176

Sympathie ist unübersehbar. Sollte der rationale Geist aber tatsächlich nur die objektive,

äußere Welt untersuchen und beschreiben ohne selbst schon durch eigene

Grundannahmen und Interpretation Realität zu konstruieren - und zwar nicht nur durch

Interpretation der Ergebnisse im Nachhinein, sondern durch Voraussetzungen im

Versuchsaufbau im Vorhinein - dann dürften die Berechnungen, die Newton überhaupt

erst zur Entdeckung der Gravitationsgesetze und deren experimenteller Bestätigung

geführt haben, für Smith eigentlich keine Rolle spielen. Insofern könnte man hier eine

!61

Ebd.171

Ebd.172

WITTGENSTEIN, LUDWIG: Tractatus Logico-philosophicus, Logisch-philosophische Abhandlung, Frankfurt am 173

Main 2003. S. 108.

Ebd.174

Ebd. S. 7. 175

Vgl. WIGHTMAN, W.P.D.; BRYCE, J.C.; ROSS, I.S. (HRSG.): Adam Smith. Essays on Philosophical Subjects 176

(Glasgow Edition of the Works and Correspondence of Adam Smith, Vol. 3), Oxford 1980. S. 98-105.

Brücke zum Rationalismus sehen, der rein aus dem Denken das Weltwissen zu

vermehren gedenkt.

Und trotzdem kann Smith klar und deutlich erklären, dass das System, das dem

Versuchsaufbau zugrunde liegt, keinerlei Effekt auf die unabhängige Objektivität des zu

untersuchenden Objekts hat: „I shall only observe, that whatever system may be adopted

[...], the certainty of our distinct sense and feeling of its externality, or of its entire

independency upon the organ which perceives it [...], cannot in the smallest degree be

affected by any such system.” 177

Auch der moderne von Mathematisierung und klassischer bzw. neoklassischer Lehre

geprägte Ökonom hält die Welt für eine kohärente Ansammlung von objektiven Fakten,

die zu entdecken bzw. zu berechnen ist. Auf dieser Grundannahme beruht diejenige 178 179

These, welche die Vorhersagbarkeit ökonomischer Entwicklung und Berechenbarkeit des

„Marktgeschehens” postuliert: die sogenannte Effizienzmarkthypothese. Allerdings ist

diese Hypothese kein empirisch gestützter Befund, sondern ein erdachter. Es ist quasi ein

synthetisches Urteil a priori. Hier zeigt sich die von Hans Albert ausgemachte 180

Immunisierung gegen die Erfahrung, die ausdrücklich nicht aus Smiths Ansatz 181

herzuleiten ist.

Die philosophischen Konsequenzen der Quantentheorie verunsichern das Weltbild der

Effizienzmarkthypothese. Die Quantentheorie geht davon aus, dass unser Entdecken des

einen Faktums die Entdeckung eines anderen Faktums häufig schon unmöglich macht

und somit einen Eingriff in die Erkenntnis darstellt. Der Physiker Werner Heisenberg

(1901-1976) geht mit diesem Widerspruch auf eine Reise durch die Philosophie und

untersucht zunächst den Dualismus von mind and matter bei Descartes, den er als

!62

SMITH, ADAM: Essays on Philosophical Subjects, London 1822. S. 167.177

Wobei schon der Begriff des Faktums durch die lateinische Wortwurzel das Gemachte einschließt.178

Für einen Schlüsseltext der Weiterentwicklung der Smithschen Begriffe und die Erklärung ökonomischer 179

Zusammenhänge mit mathematischen Methoden vgl. RICARDO, DAVID: Grundsätze der politischen Ökonomie und der Besteuerung (Auszug), in: HONNETH, AXEL; HERZOG, LISA (HRSG.): Der Wert des Marktes. Ein ökonomisch-philosophischer Diskurs vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Berlin 2014. S. 69-82.

Zur Frage, wie wir zu Urteilen kommen, und den Unterscheidungen der verschiedenen Formen von Urteilen, die 180

Kant in der Kritik der reinen Vernunft vornimmt, vgl. die Einleitung zur zweiten Auflage in: KANT, IMMANUEl: Kritik der reinen Vernunft, Riga 1787.

ALBERT, HANS: Modell-Platonismus. Der neoklassische Stil des ökonomischen Denkens in kritischer 181

Beleuchtung. in: KARRENBERG, FRIEDRICH; ALBERT, HANS (HRSG.): Sozialwissenschaft und Gesellschaftsgestaltung. Festschrift für Gerhard Weisser, Berlin 1963. S. 45-78.

Grundlage für den Glauben an eine unabhängig existierende materielle Welt, die es durch

unsern Geist zu entdecken gilt, ausmacht. 182

Der (neo-)klassische Glaube an eine objektive Realität folgt im Kern dem kartesischen

Dualismus und auch wenn Descartes selbst nicht als Empirist, sondern als Rationalist gilt

- er hat dem späteren Siegeszug empirischer Wissenschaften im 18. und 19. Jahrhundert

wohl den Weg geebnet. Auch wenn sich der Empirismus kritisch zum Rationalismus

positioniert, die Grundannahmen des Empirismus beruhen auf der rationalistischen

Trennung von mind und matter und spezifischen Annahmen über Materie im Allgemeinen.

Descartes sieht das Wesen der Materie in ihrer räumlichen Ausdehnung nach Länge,

Breite, Tiefe und sieht diese Kriterien als kraft der Vernunft klar und deutlich vorstellbar.

Härte, Gewicht, Farbe wiederum beruhten nur auf Sinneswahrnehmung, die als Quelle

der Erkenntnis unzuverlässig ist. Der Empirismus würde hier widersprechen. Und doch

bewegen sich auch Empiristen, die sich als im Widerspruch zu Descartes verstanden, im

Feld der grundlegenden Unterscheidung von mind und matter bzw. der Trennung von

Außen- und Innenwelt.

Das ist keineswegs selbstverständlich. Aristoteles, der, wie Smith schreibt, „sicherlich die

Welt kannte”, sah haptisch erfahrbare Materie lediglich als „imposition of form on a 183

potentia, a sort of universal essence comprising possibility rather than actuality.” Aus 184

dieser Beobachtung lässt sich ableiten, dass die heute vielerorts selbstverständliche

Autorität empirischer Wissenschaft keineswegs notwendig oder offensichtlich ist,

sondern das Ergebnis einer Rezeptions- und Wirkungsgeschichte ist. Wenn solche

wissenschaftstheoretischen Leitbilder sich in der Vergangenheit verändert haben, so

können sie sich freilich auch in Zukunft verändern. Nur weil irgendein Ideen- und

Prinzipiensystem sich in der einen Arena als nützlich erwiesen haben, sollten wir uns, wie

Heisenberg zu bedenken gibt, uns nicht dazu verführen lassen, zu glauben, wie hätten

eine Wahrheit gefunden, die gleichsam in jeder anderen Arena gilt. 185

Der Theologie und Existenzphilosoph Paul Tillich (1886-1965) widerspricht der

Fragmentierung der Personalität in Körper und Geist, wie es der kartesische Dualismus

!63

Vgl. HEISENBERG, WERNER: Physics and Philosophy. The Revolution in Modern Science, New York 2007.182

SMITH, ADAM: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 2010. S. 421.183

HEISENBERG, WERNER: Physics and Philosophy. The Revolution in Modern Science, New York 2007. S. XV.184

Ebd.185

vorsieht. Er versteht das Göttlich-Unendliche als Grund des Seins und die Beschäftigung

mit dem, was uns unbedingt angeht, als Zentrum der Person. Dieses Zentrum (ultimate

concern) integriert für Tillich alle Aspekte des persönlichen Lebens. Ohne das, was uns

unbedingt angeht, zu sein, bedeute notwendigerweise ohne persönliches Zentrum zu

sein: „The center unites all elements of man’s personal life, the bodily, the unconscious,

the conscious, the spiritual ones. In the act of faith every nerve of man’s body, every

striving of man’s soul, every function of man’s spirit participates. But body, soul, spirit,

are not three parts of man. They are dimensions of man’s being, always within each

other; for man is a unity and not composed of parts. Faith, therefore, is not a matter of

the mind in isolation, or of the soul in contrast to mind and body, or of the body (in the

sense of animal faith), but is the centered movement of the whole personality toward

something of ultimate meaning and significance.” Tillich möchte die geistige und 186

materielle Dimension der menschlichen Existenz durch faith as ultimate concern integriert

verstehen: „Ultimate concern is passionate concern; it is a matter of infinite passion.

Passion is not real without a bodily basis, even if it is the most spiritual passion. In every

act of genuine faith the body participates, because genuine faith is a passionate act.” 187

Auch Smith geht einen Weg, der kognitive Rationalität und intuitives Gefühl kombiniert.

Es ist der Weg, der ihn zum Begriff des moralischen Gefühls bringt, der Rationalität,

Imagination und Anschauung verknüpft. In Wittgensteins Worten: „Ethik und Ästhetik

sind Eins.” 188

C. Der Wissenschaftsbegriff: Popper, Kant, Smith

Nachdem wir mit Tillich den Dualismus von Körper und Geist kritisch reflektiert haben,

wollen wir nun mit Popper auf den Dualismus von innerer und Außenwelt eingehen.

Karl Popper (1902-1994) vertritt die Auffassung, Wissenschaft sei das systematische und

nachvollziehbare Überprüfen von Vermutungen über die Wirklichkeit, um

generalisierbare Schlussfolgerungen zu ziehen, bei denen der Sachverhalt für die

Betrachter erkennbar sein muss. „Er nennt sich selbst einen Realisten, der mit dem

Alltagsverstand (common sense) die Außenwelt und Gesetzmäßigkeiten in ihr als real

!64

TILLICH, PAUL: Dynamics of Faith, New York 1957. S. 106.186

TILLICH, PAUL: Dynamics of Faith, New York 1957. S. 106.187

WITTGENSTEIN, LUDWIG: Tractatus Logico-philosophicus, Logisch-philosophische Abhandlung, Frankfurt am 188

Main 2003. S. 108.

gegeben ansieht. Er lehnt dagegen die Auffassung ab, in der Wissenschaft sei irgendein

Wesen der Dinge zu erfassen.” Popper vertritt den Nominalismus, den er in der 189

Naturwissenschaft vorherrschen sieht, und stellt dem den Essentialismus gegenüber, den

er in der seinem Verständnis nach rückständigen Sozialwissenschaft vorherrschen sieht.

Letzterer behandelt Begriffe, deren Sinn sich durch Definition erschließt. Der

Nominalismus dagegen überprüft Aussagen und Theorien durch Ableitungen auf ihre

Wahrheit. Wie schon David Hume lehnt auch Karl Popper „die Möglichkeit ab, aus noch

so vielen Fällen auf ein Gesetz zu schließen.” Der redliche Wissenschaftsprozess 190

verläuft nach Popper, indem aus einer Beobachtung ein induktiver Schluss folgt, woraus

dann eine Theorie gebildet wird. Anhand dieser Theorie werden durch Deduktion

Hypothesen hergeleitet, welche dann gegebenenfalls falsifiziert und durch eine neue

Theorie ersetzt werden können.

Poppers Wissenschaftsbegriff ist ein betont empirischer. Als Problem des Empirismus

kann neben der Gefahr der Nivellierung der differenzierten Wahrnehmung auch die

potenzielle Unterbestimmtheit der Vernunft gelten. Das wird deutlich am Verhältnis von

Einzelnem und Allgemeinem. Aristoteles gibt dazu am Beispiel des Arztes zu bedenken:

„Wenn nun jemand den Begriff besitzt ohne Erfahrung und das Allgemeine weiß, das

darin enthaltene Einzelne aber nicht kennt, so wird er das rechte Heilverfahren oft

verfehlen; denn Gegenstand des Heilens ist vielmehr das Einzelne.” Die Erfahrung ist für

Aristoteles Erkenntnis des Einzelnen. Die Kunst des Allgemeinen, ja alles Handeln und

Geschehen überhaupt, gehe jedoch am Einzelnen vor. „Denn nicht einen Menschen

überhaupt heilt der Arzt, [...] sondern den Kallias oder den Sokrates oder irgendeinen

anderen Einzelnen, für welchen es ein Akzidens ist, daß er auch Mensch ist.” Die 191

Erfahrung des Einzelnen also qualifiziert oder informiert die Kunst des Allgemeinen.

Eine Kunst des Allgemeinen, die am Einzelnen vorbeigeht, ist eine schlechte. Smith nun,

das ist deutlich geworden, bemüht sich darum, die Alltagserfahrung mit der

Theoriebildung zu versöhnen. Wie wir gezeigt haben, führt das immer wieder zu

Unschärfen und irreführenden Verallgemeinerungen einzelner Situationen, deren

spezifische Umstände den allgemeinen nicht hinreichend entsprechen.

!65

KUNZMANN, PETER (u.a.): dtv-Atlas Philosophie, München 2009 (14. Auflage). S. 235.189

Ebd.190

ARISTOTELES: Metaphysik, Hamburg 2010 (6. Auflage). S. 38.191

Kant sieht nun weder allein in der Anschauung, noch allein im Verstand eine fundierte

Grundlage für die Wissenschaft. Im Vernunftbegriff versucht er deshalb, beide

Dimensionen sinnvoll zu verknüpfen. Salopp formuliert: Wir müssen in die Natur

hineindenken, damit sie erfahrbar antworten kann. Nun ist es kein Zufall, dass Adam

Smith als Kants „Liebling” galt. Denn auch Smith geht über die bloße Empirie hinaus. 192

Er verknüpft Beobachtungen und Gedanken zu einem neuen System und prägt Begriffe.

Der Akt der Begriffsbildung ist nicht ein sinnlich-empirischer Akt, sondern ein Akt des

Verstandes. Ein Begriff wird für die Interpretation der Anschauung eines Gegenstandes

benötigt und ohne die Anschauung des Gegenstandes selbst wäre kein zu

interpretierender Bewusstseinsinhalt vorhanden. Interessanterweise widmet sich Kant in

seinen Reflexionen zur Anthropologie der Bedeutung von Begriffen direkt nach dem

Hinweis auf Smiths „unpartheyschen Zuschauer” zu. Er schreibt: „Gefühl, 193

Anschauungen und Begriffe sind die verschiednen Zweke, worauf sich der Dichter lenkt.

Je roher der Leser ist, desto mehr gilt das erste. Denn das Zweytem und endlich das

Dritte. Jetzt müssen Anschauungen und Gefühle den Begriffen nur zur Hilfe kommen,

aber ihnen nicht verdunkel oder überschreyen.” Obwohl Smith einen entschieden 194

anderen Weg als Kant geht, wenn er von moral sentiments spricht und die Moral in den

natürlichen Gefühlen des Menschen verortet, lässt sich sagen: Der Begriffsbildung

kommt auch für Smiths philosophiegeschichtliche Einordnung eine entscheidende

Bedeutung zu. 195

D. Common Sense statt Moral Sense

Im Vergleich von common sense und moral sense finden die Fragen der Erkenntnis- und

Moraltheorie zusammen. Poppers Rekurs auf den Alltagsverstand knüpft an die

Common-Sense-Philosophie von Thomas Reid (1710-1796) an, verwendet den Begriff

!66

Kant hat sowohl Theory als auch Wealth gelesen und geschätzt. Markus Herz schreibt 1771, noch vor der 192

Veröffentlichung des Wealth also, an Kant: „Ueber den Engländer Smith, der, wie Herr Friedländer mir sagt, Ihr Liebling ist, habe ich verschiedene Remarken zu machen.” Kant verweist immer wieder auf Smiths Ideen (z. B. der Arbeitsteilung) und zitiert an mehreren Stellen direkt den Wealth: Met. Anf. der Rechtslehre AA VI, S. 289 und AA VII Anthropologie, S. 209. (vgl. SMITH, ADAM: Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 2010. S. XXII.)

KANT, IMMANUEL: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie, Berlin 1900ff. S. 334.193

Ebd.. S. 335.194

Näheres zu Vergleich, Interaktion und Unterschieden von Smiths und Kants Philosophie ist zu finden in: 195

ONCKEN, AUGUST: Adam Smith und Immanuel Kant. Der Einklang und das Wechselverhältnis ihrer Lehren über Sitte, Staat und Wirtschaft. Leipzig 1877.

des common sense jedoch in spezifisch naturwissenschaftsaffiner Weise. Interessant ist 196

deshalb, den Ursprung des Begriffs im Kontrast zu Smith und Kant zu verstehen.

Thomas Reids „An Inquiry Into the Human Mind on the Principles of Common

Sense” von 1764 gilt als Gründungsdokument der Strömung, die sich im Schottland 197

des 18. und 19. Jahrhundert entwickelte. Der Zeitgenosse von Smith und Kant sprach 198

weder von moralischem Geschmack (Kant), noch vom moralischen Sinn (Hume) oder dem

moralischen Gefühl (Smith).

Es hat sich die Übersetzung des common sense als „gesundem Menschenverstand”

eingeschliffen, obwohl sie das Kommunitäre des Begriffs nicht recht zu fassen vermag.

Hannah Arendt (1906-1975) weist darauf hin, dass die Realität selbst jedoch erst im

common entsteht. Sie schreibt: „Nichts ist partikularer als sinnliche Erfahrung. Ihr 199

können wir nur trauen, weil sich zu unserer fünf Sinnen ein sechster gesellt, der [...] uns

allen gemeinsam ist: ‘common sense’. [...] Die Sinne indizieren eine Welt der Objekte, sie

indizieren keine Menschenwelt. Was uns mit anderen Menschen verbindet, ist unser

‘common sense’, der als solcher unser eigentlich politischer Sinn ist.” 200

VI. Schlussfolgerungen für die Politische Ökonomik

A. Die Autonomie der Wirtschaftswissenschaft

Terence Hutchison schreibt 1988, Smith sei ohne bewusste Absicht von einer

unsichtbaren Hand dazu geführt worden, etwas zu verfolgen, das er keineswegs

beabsichtigt hatte, nämlich „establishing political economy as a separate autonomous

discipline.” Die Volkswirtschaftslehre versteht sich heute als genau das: eine autonome 201

!67

Vgl. POPPER, KARL: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. Teil 1: Der Zauber Platons, München 1957. Und: 196

POPPER, KARL: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. Teil 2: Falsche Propheten: Hegel, Marx und die Folgen, München 1958.

In deutscher Übersetzung erschienen als: REID, THOMAS: Untersuchungen über den menschlichen Geist nach 197

Prinzipien des gesunden Menschenverstandes, Leipzig 1782.

Die Strömung blieb auch in den britischen Kolonien nicht ohne Einfluss, wie die Monographie des britisch-198

amerikanischen Deisten und Unitariers Thomas Paine zum Thema zeigt. Paine war einer der Gründerväter des US-amerikanischen Nationalstaats, ein Zeitgenosse Adam Smiths und unter anderem mit dem Deisten Benjamin Franklin befreundet. Der entschiedene Gegner der Monarchie und Freund der französischen Revolution Paine entging der Enthauptung durch die Revolutionsführung nur knapp. Vgl. PAINE, THOMAS: Common Sense, London 2004.

ARENDT, HANNAH: Denktagebuch, Band I, München 2002. S. 360.199

Ebd., S. 335.200

HUTCHISON, TERENCE WILMOT: Before Adam Smith: the Emergence of Political Economy, 1662–1776, Oxford 201

1988. S. 355.

Disziplin der Wissenschaft. Das Interesse an einer ganzheitlichen Rezeption Smiths kann

also auch als Rebellion gegen eine Abkapselung der Volkswirtschaftslehre von anderen

Sozialwissenschaften und der Philosophie verstanden werden. Tony Aspromourgos

schreibt: „In fact, much interest in Adam Smith’s entire corpus, still, more than two

centuries after his writing, springs from interest in a conception in Smith’s thought (partly

explicit, partly necessarily implicit), of a wider political economy than that entailed by

modern marginalism.” Die Antwort auf die Frage nach dem disziplinären Separatismus 202

der Volkswirtschaftslehre und der neoklassischen Abkehr von der philosophischen Natur

der Disziplin, ist vielschichtig und mit der simplen Schuldzuweisung an „die Ökonomen”

nicht erfasst.

Offensichtlich sind die interdisziplinären Bezüge des Institutionalismus, der 203

marxist ischen Wir tschaftstheorie, der Polar isat ionstheorie, oder der 204

Regulationstheorie und der an den alten Institutionalismus anknüpfenden Neuen 205

Institutionenökonomik. Aber auch liberale Autoren der Österreichischen Schule wie

Friedrich von Hayek (1899-1992) bieten zahlreiche Anknüpfungspunkte für den

interdisziplinären Diskurs, unter anderem auch, weil er Wirtschafts- als

!68

ASPROMOURGOS, TONY: The Science of Wealth. Adam Smith and the framing of political economy, Oxon 2009. 202

S. 61f.

„Kennzeichnend für den Institutionalismus sind: Betonung der Dynamik des Wirtschaftsablaufs gegenüber der 203

Statik des Gleichgewichts; Darstellung soziologischer, psychologischer und rechtlicher Phänomene und deren Einfluss auf Wirtschaftsordnung, wirtschaftliches Verhalten; Bestimmung des Wirtschaftsablaufs nicht durch das Marktgeschehen, sondern durch die das Marktgeschehen bestimmenden Institutionen.” Zititiert nach: SPRINGER GABLER VERLAG (HRSG.): Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Institutionalismus, abrufbar unter: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/11577/institutionalismus-v8.html (Stand: 18. Juni 2014 um 16.43 Uhr).

Die Polarisationstheorie wendet sich gegen das Gleichgewichtsmodell der neoklassischen Theorie. Sie geht von 204

starken Ungleichgewichten in Wirtschaftssystemen aus. Die sektorale Ausprägung der Polarisationstheorie betont den Wachstumsimpuls und Investitionsschub von führenden Unternehmen einzelner Branchen und wurde von Joseph Schumpeter und François Perroux begründet. Die regionale Ausprägung der Polarisationstheorie betont die wirtschaftlichen Impulse, die von bestimmten Wachstumspolen ausgehen und so viele Standortvorteile vereinen, dass Unternehmen dort zum Impulsgeber für den umliegenden Raum werden können. Sie wurde maßgeblich von Gunnar Myrdal und Albert Hirschman geprägt.

Die Regulationstheorie erklärt „die langfristige gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung durch ein nicht-205

deterministisches Abfolgen von Entwicklungsphasen und Entwicklungskrisen [...] Die Entwicklungsphasen sind durch einen in sich stimmigen gesellschaftlich-wirtschaftlichen Entwicklungszusammenhang charakterisiert, der ein Akkumulationsregime bzw. eine Wachstumsstruktur als Ausdruck einer technologisch-ökonomischen Struktur einem Koordinationsmechanismus bzw. einer Regulationsweise als Ausdruck der institutionell-gesellschaftlichen Struktur gegenüberstellt. Der Übergang zwischen den Entwicklungsphasen wird durch strukturelle Krisen ausgelöst.” Zititiert nach: SPRINGER GABLER VERLAG (HRSG.): Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Institutionalismus, abrufbar unter: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/9354/regulationstheorie-v7.html (Stand: 18. Juni 2014 um 16.55 Uhr).

Sozialwissenschaft versteht. Im Vorwurf zu seinem wirtschaftsphilosophischen Werk 206

„Die Verfassung der Freiheit” schreibt von Hayek: „Obwohl ich [das Buch] nicht hätte

schreiben können, wenn ich nicht den größeren Teil meines Lebens dem Studium der

Volkswirtschaftslehre gewidmet hätte und mich in jüngster Zeit auch bemüht hätte, die

Ergebnisse anderer Sozialwissenschaften kennenzulernen, befasse ich mich hier doch

nicht ausschließlich mit Tatsachen und beschränke mich nicht auf die Untersuchung des

Verhältnisses von Ursachen und Wirkungen.” 207

Für Smith ist die Ökonomik völlig selbstverständlich Teil der Philosophie. Er sieht die

Arbeitsteilung zwischen verschieden interessierten Philosophen als die Ausbildung

verschiedener Zweige der Philosophie: „Philosophy or speculation, in the progress of

society, naturally becomes, like every other employment, the sole occupation of a

particular class of citizens. Like every other trade it is subdivided into many different

branches, and we have mechanical, chymical, astronomical, physical, metaphysical, moral,

political, commercial, and critical philosophers. In philosophy as in every other business

this subdivision of employment improves dexterity and saves time. Each individual is

more expert at his particular branch. More work is done upon the whole and the quantity

of science is considerably increased by it.” 208

Eine autonome ökonomische Wissenschaft ist für Smith unvorstellbar. Im Gegenteil:

„Smithian political economy consciously and explicitly rests upon suppositions of

psychology, and in its normative dimension, principles of political theory.” Tony 209

Aspromourgos gibt zu bedenken, dass in der mathematisierten neoklassischen Theorie

die vermeintliche Autonomie der Wirtschaftswissenschaft bis ins Menschenbild

hineinreicht: „it is the autonomy of the individual agents of the theory, stripped of their

identities as anything other than pursuers of their independently given preferences;

!69

Vgl. VON HAYEK, FRIEDRICH AUGUST: Die Verfassung der Freiheit, Tübingen 2005 (4. Auflage). S. XVII.206

Von Hayek fährt fort: „Mein Ziel ist, ein Ideal darzustellen, zu zeigen, wie es erreicht werden kann, und zu 207

erklären, was seine Verwirklichung in der Praxis bedeutet würde. Dazu ist wissenschaftliche Erörterung ein Mittel, nicht ein Zweck. Ich glaube, ich habe von meinen wissenschaftlichen Kenntnissen der Welt, in der wir leben, ehrlichen Gebrauch gemacht. Es bleibt dem Lesen überlassen zu entscheiden, ob er die Werte zu den seinen machen will, in deren Dienst ich jenes Wissen gestellt habe.”

MEEK, R.L.; RAPHAEL, D.D.; STEIN, P.G. (HRSG.): Adam Smith. Lectures on Jurisprudence (Glasgow Edition of 208

the Works and Correspondence of Adam Smith, Vol. 5), Oxford 1978. S 570. Zitiert nach: ASPROMOURGOS, TONY: The Science of Wealth. Adam Smith and the framing of political economy, Oxon 2009. S. 62.

ASPROMOURGOS, TONY: The Science of Wealth. Adam Smith and the framing of political economy, Oxon 2009. 209

S. 261.

people without characteristics as social or political actors; people without any history.” 210

Der Mathematiker Claus Peter Ortlieb sieht genau hier das populäre Potenzial der

neoklassischen Theorie: Der „Reiz des neoklassischen Dogmas [besteht], polemisch

gesagt, in seiner Stammtischnähe, die aus dem so genannten methodologischen

Individualismus resultiert. Der besagt, dass sich die Funktionsweise einer Volkswirtschaft

aus dem Handeln der einzelnen Wirtschaftssubjekte erklären lassen muss.” Diese

Erklärung bestehe dann aus Begründungen, die auf den ersten Blick plausibel schienen,

indem sie Alltagssituationen betriebswirtschaftlicher Art auf ganze Volkswirtschaften

übertrugen. Hätte die Politische Ökonomik in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts 211

allerdings nicht diesen Weg gewählt, so Aspromourgos, wären womöglich andere

Sozialwissenschaften in ihrer heutigen Form gar nicht entstanden. „One wonders

whether sociology, for example, in at least some respects filled a vacuum resulting from

the impoverishment of economic analysis.” 212

Um Adam Smiths philosophische Theorie und ökonomische Lehre zu verstehen, muss

also die moderne Vorstellung der Volkswirtschaftslehre als autonomer Disziplin

methodisch ad acta gelegt werden. Die Lektüre Smiths regt zu einem Verständnis der

Ökonomie als großem, interdisziplinären Projekt an. Sie erteilt dem streng abgegrenzten

Verständnis der Volkswirtschaftslehre eine Absage.

B. Marktbegriff und „Marktversagen”

In der Rezeptionsgeschichte sind Smiths rhetorische Stilmittel immer wieder mit dem

Inhalt seiner Theorie gleichgesetzt worden. Das wird Smith nicht gerecht. Er baut

mithilfe neu geprägter Begriff unmittelbare Alltagserfahrung und ermittelte Hypothesen

zu einem umfassenden Interpretationssystem zusammen. Insofern lässt sich sagen, dass

Smith die Deskription der Beobachtung und die Konstruktion der Vernunft vereint, um

seine Theorie zu entwickeln. Im Wealth wird dieses Vorgehen am Marktbegriff, dem

Smith zu einer bemerkenswerten Karriere verholfen hat, deutlich. Seit dem fundamental

prägenden Erfolg des Wealth wird der Markt nicht nur als ein konkreter Ort (als

!70

Ebd.210

MARGUIER, ALEXANDER: Ökonomie ist eigentlich keine Wissenschaft, Gespräch mit Claus Peter Ortlieb, in: 211

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 9. Mai 2010.

ASPROMOURGOS, TONY: The Science of Wealth. Adam Smith and the framing of political economy, Oxon 2009. 212

S. 261.

Marktplatz also) verstanden, wie die agora der Antike es war. Er wird heute als 213

personifizierte Metapher für die Summe aller möglichen und tatsächlichen

Vertragsabschlüsse des Gegenstandsbereiches Wirtschaft verstanden. Zudem hat die

klassische Ökonomik den Begriff so weiterentwickelt, dass der Markt als nach

Naturgesetzen geordnet und in seiner ursprünglichen Struktur als regelmäßig und

berechenbar verstanden wird.

Von „Marktmechanismen”, wie sie in der neoklassischen, mathematisierten Ökonomik

selbstverständlicher Teil der Alltagssprache geworden sind, ist bei Smith keine Rede. Die

Gravitationskräfte sind bei Smith nicht mehr als eine etwas schwammige Illustration

seiner Überlegungen, nicht aber ein programmatischer Grundsatz. Auch die Rede vom

„Marktversagen” ist weit weg von allen Smithschen Überlegungen. Marktversagen

versteht die Ökonomie heute als „Abweichungen des Ergebnisses marktmäßiger

Koordination von der volkswirtschaftlich optimalen Allokation von Gütern und

Ressourcen im Modell der vollkommenen Konkurrenz. Die Abweichungen zeigen einen

potenziellen wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf an.” Diese Definition wirft 214

Fragen auf. Warum zeigt die Abweichung vom Modell der vollkommenen Konkurrenz

wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf an? Dieses Postulat ist ein nicht begründetes

Dogma. Formal korrekt kann diese Setzung nur deswegen sein, weil sie auf Wörter der

Folgerung in der Definition verzichtet. Es wird lediglich postuliert, dass die

Abweichungen Handlungsbedarf anzeigen. Der zweite folgt aber nicht deduktiv aus dem

ersten Satz. Also ist der Satz im Sinne der Aussagenlogik zwar logisch wahr, aber nicht

logisch gültig.

Die Benutzung des Begriffs Marktversagen ist insgesamt in Zweifel zu ziehen, denn sie

schiebt die Verantwortung für die Abweichung auf die abstrakte Personifikation des

Marktes ab, anstatt Kritik am eigenen Modell zu formulieren und die Abweichung als

Modellversagen zu verstehen. Das ist insofern problematisch, weil es die eigenen Theorie

!71

Zum Marktbegriff im 4. und 5. Jahrhundert v. Chr. und der agora des antiken Athens vgl. POLANYI, KARL: 213

Aristoteles entdeckt die Volkswirtschaft, in: HONNETH, AXEL; HERZOG, LISA (HRSG.): Der Wert des Marktes. Ein ökonomisch-philosophischer Diskurs vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Berlin 2014. S. 293ff.

SPRINGER GABLER VERLAG (HRSG.): Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Marktversagen, abrufbar unter: 214

http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/marktversagen.html (Stand: 18. Juni 2014 um 16.59 Uhr).

gegen die erfahrene Wirklichkeit immunisiert. Phänomene, die heute als Marktversagen 215

bezeichnet werden, sind nicht mehr als das Versagen der gängigen Erklärungsmodelle

wirtschaftlicher Interaktion. Wenn von realen Menschen als wirtschaftliche Akteure

ausgegangen wird, kann auch von „Unregelmäßigkeiten” am Markt nicht gesprochen

werden. Der Markt funktioniert dann nämlich immer, selbst wenn die gängigen

Erklärungsmodelle nicht in der Lage sind, diese Funktion schlüssig in mathematischen

Kategorien auszudrücken. Die Unregelmäßigkeiten des Marktes sind Unregelmäßigkeiten

von unzulänglichen Modellen, nicht aber Marktunregelmäßigkeiten im eigentlichen Sinne.

Regelrecht gefährlich ist die Rede von unvorhergesehenen Entwicklungen als „exogenen

Faktoren”. Exogen sind die Faktoren nämlich auch nur dann, wenn ein Modell von sich

selbst und nicht realen Menschen als der Wirklichkeit ökonomischer Interaktion ausgeht.

Das Abstraktionsniveau der finanzmathematischen Modelle der Neoklassik ist derart

hoch, dass sie die Illusion ihrer Objektivität aufrecht erhalten können. Die Relativität 216

aller Vorhersagen und Berechnungen wird auch heute, nach der tiefen Krise seit 2008,

von vielen Ökonomen nicht in ihrer vollen Tragweite benannt. Die heranwachsende

Generation von Ökonomen aber ist unter einem völlig anderen Paradigma aufgewachsen,

nämlich der totalen Fehlbarkeit mathematischer Modelle und der erschreckenden Naivität

vieler neoklassischer Ökonomen im Bezug auf Vorhersagbarkeit und Risikoeinschätzung.

Dass ökonomische Akteure Menschen sind und keine Roboter ist so offensichtlich, dass

es keiner Erklärung bedarf. Dieses Bewusstsein hat die Finanzkrise auch in der

akademischen Ökonomie wieder wach gerufen. Eine Reihe von Selbstverständlichkeiten

des ausgehenden 20. Jahrhunderts sind relativ geworden, so zum Beispiel im Umgang mit

den Vorhersagen ökonomischer Expertise: Als Experte gilt nicht länger nur derjenige, der

korrekt vorhersagt, sondern vor allem derjenige, der sinnvoll erklären kann, warum eine

Vorhersage falsch war. 217

!72

Vgl. wiederum: ALBERT, HANS: Modell-Platonismus. Der neoklassische Stil des ökonomischen Denkens in 215

kritischer Beleuchtung. in: KARRENBERG, FRIEDRICH; ALBERT, HANS (HRSG.): Sozialwissenschaft und Gesellschaftsgestaltung. Festschrift für Gerhard Weisser, Berlin 1963. S. 51.

Vgl. ORTLIEB, CLAUS PETER: Mathematisierte Scharlatanerie. Zur ‘ideologiefreien Methodik’ der neoklassischen 216

Lehre, in: DÜRMEIER, THOMAS; VON EGAN-KRIEGER, TANJA; PEUKERT, HELGE (HRSG.): Die Scheuklappen der Wirtschaftswissenschaft. Postautistische Ökonomik für eine pluralistische Wirtschaftslehre, Marburg 2006.

Zum Begriff der Expertise vgl. TETLOCK, PHILIP: Expert Political Judgment: how good is it? How can we know, 217

Princeton 2005.

Die in der digitalisierten, globalen Finanzwirtschaft vorherrschende Kultur von rational

choice, ceteris paribus und homo oeconomicus erinnert an die sich in theologischen und

philosophischen Spitzfindigkeiten verlierende Spätscholastik des anbrechenden Zeitalters

der Neuzeit. Ihre weltfremde Rhetorik hat Martin Luther, Philipp Melanchthon und viele

andere zum grundsätzlichen Angriff auf die akademische und kirchliche Gesellschaft

ihrer Zeit veranlasst. Die nächsten Jahrzehnte werden zeigen, ob Ähnliches der noch

einflussreichen neoklassischen Ökonomik des ausgehenden zweiten Jahrtausends blüht.

Erste Anzeichen dafür sind sowohl in der akademischen Elite, als auch unter

Studierenden und in der Popularkultur unübersehbar. 218 219

B. Der neue Protest gegen die neoklassische Lehre

Nicht nur populäre Bewegungen wie Occupy Wall Street formulieren Protest gegen die

a k a d e m i s c h e M o n o k u l t u r ö k o n o m i s c h e n D e n k e n s . A u c h a n

wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten rund um den Globus wird die Grundsatzkritik

an neoklassisch dominierten Lehrplänen immer lauter. Verfasst ist diese Kritik immer

häufiger auch als interdisziplinäres Gespräch. Nicht nur Ökonomen, sondern zunehmend

auch Theologen, Philosophen, Geschichtswissenschaftler, Soziologen, Psychologen,

Ethnologen und Philologen beteiligen sich am Gespräch über Wirtschaftsformen der

Zukunft. Die Besinnung auf die Entstehungsphase der politischen Ökonomie lohnt,

denn besonders die Lektüre des Wealth im Kontext von Smiths Moralphilosophie zeigt,

wie voraussetzungsreich und unselbstverständlich der heutige ökonomische Mainstream ist

und demonstriert, wie ertragreich eine kritische Reflexion der eigenen

Erkenntnisbedingungen für die Wirtschaftswissenschaften ist.

!73

Deutlich wird das auch am vielfältigen Protest unter Studierenden der Volkswirtschaftslehre, der sich der 218

heterodoxen Ökonomie verschrieben hat und quer durch die deutsche Wissenschaftslandschaft organisiert. Als Plattformen fungieren unter anderem der Arbeitskreis Postautistische Ökonomie e.V. (heute: AK Real World Economics), sowie das Netzwerk Plurale Ökonomik e.V. mit zur Zeit fünfzehn assoziierten Hochschulgruppen im deutschsprachigen Raum. Zunehmend organisiert sich der Protest auch international. Ein Aufruf der von 65 assoziierten Studierendengruppen aus 30 Ländern gestarteten „International Student Initiative for Pluralism in Economics” ist abrufbar unter: http://www.isipe.net (Stand: 20. Mai 2014 um 19.53 Uhr).

Die wohl bekannteste populäre Initiative gegen die vorherrschende ökonomische Lehre äußerte sich Rahmen des 219

Protests der Occupy-Bewegung. Inspiriert durch den Arabischen Frühling und unterstützt durch das Magazin „Adbusters” der Adbusters Media Foundation verbreitete sie sich im Herbst 2011 in kürzester Zeit, vor allem in den USA und Europa. Einer der Vordenker der Bewegung ist der Ethnologe David Graeber, der in seinem Bestseller „Schulden: Die ersten 5000 Jahre” unter anderem entscheidende Grundgedanken der Smithschen Geldtheorie widerlegt. Seit 2013 lehrt er an der anthropologischen Fakultät der London School of Economics. Die Webseite der Occupy-Bewegung ist abrufbar unter: http://occupywallst.org (Stand: 20. Mai 2014 um 20.10 Uhr)

Hierzulande sind die akademischen Diskurse der Volkswirtschaftslehre sogar noch

deutlicher als in den USA von einem nicht immer explizierten, aber quer durch alle

Fakultäten präsentem neoklassischen Konsens dominiert. Anders als in den USA, wo

Fondsmanager George Soros mit dem „Institute for New Economic

Thinking” (INET) eine mit mit prominenten Wissenschaftlern besetzte Denkfabrik für 220

die Entwicklung einer neuen, innovationsfreundlichen, kritisch-reflexiven Ökonomik

gegründet hat, passiert auf Ebene der Lehrstühle und Chefetagen in Banken und

wirtschaftswissenschaftlichen Instituten in Deutschland eher das Gegenteil. So hat die

Deutsche Bank beispielsweise ihre einst unabhängige Denkfabrik DB Research im Jahr

2012 mit der Abteilung für Marktanalyse zusammengelegt. Aber auch das INET wird 221

in der heterodoxen Ökonomik kontrovers diskutiert. Während die einen die Gründung

des INET als Durchbruch oder zumindest Anzeichen eines Umdenkens werten, wird es

von den anderen als eine persönliche Imagekampagne von George Soros gewertet, der

mit seinen Spekulationen ganze Volkswirtschaften in Turbulenzen stoßen konnte und in

dem System, das er jetzt mit einem neuen Denken reformieren möchte, jahrzehntelang

eine tragende Stütze bzw. ein erfolgreicher Nutznießer gewesen ist. Sicher ist, dass das 222

INET systemkritische Diskussionen zumindest zu einem gewissen Grad in die Diskurse

der akademischen Elite der Ökonomie eingeführt und gewissermaßen salonfähig gemacht

hat.

Im einem gewissen Gegensatz dazu stehen deutschsprachige Plattformen wie

oekonomenstimme.org, die von ganz anderen als grundsätzlichen Debatten über die

Paradigmen ökonomischer Forschung dominiert sind. Bei insgesamt 1631 Beiträgen sind

auf der Themenseite der Plattform unter der Rubrik „B5: Aktuelle heterodoxe Ansätze”

vier und unter der Rubrik „P4: Andere Wirtschaftssysteme” nur zwei Artikel verzeichnet.

!74

Geschäftsführer des INET ist Robert Johnson, ehemals Direktor des Hedge Fonds „Soros Fund Managment”. 220

Mitbegründer sind unter anderem die Nobelpreisgewinner Akerlof, Spence und Stiglitz. Das Institut vergibt Stipendien, gibt eine eigene Zeitschrift heraus und organisiert öffentlichkeitswirksam Konferenzen und Dialoge, so zum Beispiel in der Diskussionsreihe „Economics and Theology” mit dem Union Theological Seminary in New York, NY.

WELT ONLINE: Der ungehörte Chefökonom der Deutschen Bank, abrufbar unter: http://www.welt.de/221

wirtschaft/article110882633/Der-ungehoerte-Chefoekonom-der-Deutschen-Bank.html (abgerufen am: 2. April 2014 um 13.15 Uhr).

Für die kritische Auseinandersetzung mit dem INET vgl. HÄRING, NORBERT: Das INET von George Soros - 222

Instrument zur Weltverbesserung oder trojanisches Pferd der Finanzoligarchie? abrufbar unter: http://www.norberthaering.de/index.php/de/newsblog2/27-german/news/67-das-inet-von-george-soros-instrument-zur-weltverbesserung-oder-trojanisches-pferd-der-finanzoligarchie (Stand: 18. Juni 2014 um 18.40 Uhr).

Wenig Aufmerksamkeit bekommen außerdem Beiträge zu Bildung (10 Artikel),

Gesundheit (8 Artikel), sowie Wohlfahrt und Armut (9 Artikel). Die beliebtesten

Rubriken sind „E5: Geldpolitik, Zentralbank, Geld- und Kreditangebot” (87 Artikel),

„H6: Öffentlicher Haushalt, Dezifit und Staatsverschuldung” (92 Artikel), sowie

Spitzenreiter „E6: Wirtschaftspolitik; makroökonomische Aspekte öffentlicher Finanzen;

Wirtschaftspolitik und allgemeine Perspektive” (135 Artikel). Die großen 223

paradigmatischen Debatten, die die US-amerikanische Ökonomik vorsichtig zu führen

begonnen hat, gehen an Deutschland vorbei. 224

Abschließend ist zu sagen: Die an Isaac Newton angelehnte Rhetorik bei Adam Smith

kann selbst nicht als klassische oder neoklassische Ökonomik bezeichnet werden. Sie hat

aber entscheidend zu deren Entstehung beigetragen. Smith hat dadurch bis heute einen

starken Einfluss auf die Ökonomie, selbst wenn der Großteil der universitären Lehrpläne

rund um den Globus von philosophischer Reflexion der mathematischen Modelle völlig

befreit wurden.

C. Abschließende Überlegungen zu Smiths Anthropologie

Letztlich ist das Präskriptive von Smiths Theorie die Deskription. Smith beschreibt, wie

Mitgefühl Urteilskraft verleiht und neben der Selbstliebe die entscheidende Triebfeder

der Handlungen ist. Smith sieht im Menschen keinen durch einen von Hobbes’ Leviathan

zu bändigenden homo homini lupus, sondern einen zur Moral fähigen Menschen, der anders

als das zôon politikon von Aristoteles vor allem durch das Verfolgen seines Eigeninteresses

das Gemeinwohl mehrt. Insofern formuliert er in abgewandelter Form das als 225

Indikativ, was die christliche Tradition als Imperativ an den Menschen heranträgt: Liebe

Gott und deinen Nächsten wie dich selbst. Möglicherweise könnte das Smithsche

Doppelgebot der Liebe heißen: Die Gottheit hat in der Natur des Menschen die Moral

angelegt und mit der unsichtbaren Hand und der Sympathie als Prinzip der sittlichen

Richtigkeit Sicherungsmechanismen eingebaut, drum liebt er seinen Nächsten und sich

!75

Stand: 2. April 2014 um 13.35 Uhr.223

Ausgewählte Titel von aktuellen Beitragen der Plattform oekonomenstimme.org zwischen 20. und 28. März 2014: 224

„Das QE-Paradox: QE wird schrittweise beendet und die Zinsen sinken” von Georg Erber, „Wechselkursuntergrenze: Folgt Inflation oder Deflation?” von Tobias Rötheli und „Ein Mindestalter für den Mindestlohn? Eine volkswirtschaftliche Betrachtung” von Justina Fischer.

HÖFFE, OTFRIED: zôon politikon, in: DERS. (HRSG.): Aristoteles-Lexikon, Stuttgart 2005.225

selbst. Womöglich würde er sogar sagen: Er liebt seinen Nächsten durch sich selbst.

Ganz gewiss nicht sagt Smith: Liebe dich selbst und sonst nichts.

Es wäre ein Anachronismus Smith Antworten auf die Bedrohungen unserer Zeit in den

Mund zu legen. So hatte Smith weder die systematische Massenvernichtung im 20.

Jahrhundert, noch das Versagen moderner Gesellschaften im Schutz der

außermenschlichen Natur vor Augen. Anlass für eine zugespitzte Sündenlehre scheint

Smith nicht gehabt zu haben. Vor dem Hintergrund der Aufklärung des 17. und 18.

Jahrhundert verwundert das kaum: Er folgt in seiner anti-merkantilistischen

Aufbruchstimmung, im Vertrauen in die intersubjektive Vernunft und die Natur des

Menschen der Mehrheit seiner Zeitgenossen im akademischen Milieu der

angelsächsischen Aufklärung. Und hier ist Smiths Moralphilosophie aus

anthropologischer und theologischer Perspektive tatsächlich angreifbar. Allerdings ist

Smith damit nicht isoliert, sondern im Kontext seiner Zeit samt vielen seiner Kollegen zu

kritisieren. Die Begründung der Kritik müsste deswegen als umfassende Kritik an der

angelsächsischen Aufklärung formuliert und solide belegt sein.

Innerhalb des aufklärerischen Spektrums seiner Zeit ist Smith nicht in die von der

Frühaufklärung geprägte Strömung der heute naiv anmutenden Vernunfteuphorie

einzuordnen. Smith ist vielmehr der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts

dominanten und durch Humes Skeptizismus und Kants Vernunftkritik geprägten

Strömung der kritischen Aufklärung zuzurechnen. Insofern überrascht es nicht, dass der

erklärte Protestant Smith durch seine charakteristische Beobachtungsgabe vielen explizit

theistisch geprägten Theologen anthropologisch recht nahe kommt: Mitgefühl, Moral

und Gottesbezug spielen hier wie dort eine wichtige Rolle und hier wie dort finden sich

Versuche, ein integriertes Verständnis von Gemeinwohl und Eigennutz zu finden. Smiths

ökonomische Theorie speist sich maßgeblich aus dem guten Handeln Gottes im

Schöpfungsakt und der daraus resultierenden positiven Anthropologie. Die christliche

Theologie argumentiert neben dem Schöpfungsakt mit dem Wirken Gottes in der Welt in

Jesus Christus. Die christliche Tradition misst diesem Heilsgeschehen besondere

Bedeutung bei, da sie den Menschen als gefallenen versteht, der sich aus seiner Sünde

nicht selbst zu erlösen vermag. Letztlich entwickeln die von der Aufklärung geprägten

Ansätze der liberalen Theologie selbst unter Beibehaltung des Dogmas des gefallenen

Menschen wie Smith positive Anthropologien und verstehen den Menschen als zum

Guten befähigtes, intelligibles Wesen.

!76

Salopp könnte man sagen, Smith wählt eine deistische Abkürzung von der Schöpfung zur

Moral, die meint, auf das Motiv des Sündenfalls und die Erlösung in Jesus Christus

verzichten zu können. Nach den einschneidenden Erfahrungen zweier Weltkriege,

massiver ökonomischen Verwerfungen und der Klimakatastrophe des angebrochenen

Jahrhunderts muss die Feststellung nach der Selbstgefährdung des Menschen und Fragen

des Moral Hazard allerdings neu an Smiths Texte herangetragen werden. Smith, der sich

der historischen Bedingtheit ökonomischer und politischer Kulturen stets bewusst war,

würde heute sicher neue, veränderte Überlegungen anstellen. Diese neuen Überlegungen

allerdings in seine Theorie eigenmächtig einzutragen und Smith für die kontingente

Kontextualität seines Schaffens zu kritisieren, wäre nicht nur anachronistisch, sondern

auch für die Diskussion moderner Wirtschaftsordnungen wenig hilfreich. Gleichsam

töricht wäre es, Smiths Werk seiner Kontextualität wegen ungelesen beiseite zu legen und

sich der auch heute noch beeindruckend erschließenden Kraft seiner philosophischen

Theorie und ökonomischen Lehre prinzipiell zu verschließen. Was wir auch heute noch

von Smith und seiner Wirkungsgeschichte lernen können, fassen die folgenden neun

Thesen zusammen.

D. Zusammenfassende Thesen

1. Ganzheitliche Rezeption: Ohne Blick für Smiths Gesamtwerk hat die Lektüre von

„Wohlstand der Nationen” (1776 veröffentlicht) oft ins Missverständnis geführt. Seine

„Theorie der ethischen Gefühle” (1759 veröffentlicht, bis 1791 mehrfach überarbeitet)

geht seiner Beschreibung ökonomischen Handelns voraus. Das so genannte Adam-

Smith-Problem kann nicht als immanentes Problem der Smithschen Theorie

verstanden werden. Vielmehr setzt sich Smith mit der ambivalenten Struktur der

menschlichen Natur auseinander, insofern sind die Spannungen und Ambiguitäten in

der Natur des Menschen „Adam Smiths Problem” und damit auch heute noch als

wissenschaftliche Herausforderung für eine integrierte, ambiguitätstolerante,

holistische Anthropologie zu verstehen.

2. Empirismus vs. Idealismus: Smiths Moralphilosophie ist pragmatisch an der Wirklichkeit

menschlichen Verhaltens orientiert. Er folgt dem Gedanken: Um sinnvoll zu erkennen,

was sein soll, muss verstanden werden, was ist. Deswegen ist alle Theorie bei Smith

historisch und empirisch unterlegt und dadurch für seine Zeit soziologisch

außergewöhnlich kompetent. Allerdings hat unsere Untersuchung gezeigt, dass Smith

!77

durchaus eine mittlere Position zwischen den Reinformen von Empirismus und

Idealismus bezieht und praktisch durchaus mit einem Vernunftbegriff arbeitet, selbst

wenn er ihn nicht expliziert und immer wieder betont empiristische Grundannahmen

vertritt. Endgültig zu beantworten ist die Beziehung von Empirie und Vernunft bei

Smith nicht, da er keine systematisch klare, erkenntnistheoretische Schrift hinterlassen

hat.

3. Sympathie als Prinzip des Urteilens: Wir urteilen nicht über Handlungen an sich, sondern

vergleichen das beobachtete Gefühl des Handelnden mit dem Gefühl, das wir für uns

selbst in entsprechender Situation antizipieren. Sind diese Gefühle deckungsgleich,

billigen wir die Handlung, fallen sie auseinander, missbilligen wir sie. Eine ausgebildete

Einbildungskraft ist also Voraussetzung für das moralische Bewusstsein und fundiertes

moralisches Urteilen.

4. Urteilskraft und Konstitution der Moralität: Smith verortet die moralische Urteilskraft des

Menschen in seiner Natur und definiert mit der Sympathie als Prinzip der Sittlichkeit

moralisches Urteilen als moralisches Gefühl. Nach der Lektüre Smiths spricht Kant vom

moralischen Geschmack, in dem sich Anschauung und Vernunft treffen. Hume sprach

anders als sein Gesprächspartner Smith nicht nur von einem moralischen Gefühl,

sondern vom moralischen Sinn, dem moral sense. Reid entwickelt dagegen ein Konzept

des common sense, den Arendt später als den politischen Sinn des Menschen und die

Konstitution von Realität interpretiert.

5. Triebfedern des Erwerbstrebens: Neben der Existenzsicherung und materiellem Wohlstand

ist die soziale Anerkennung die kräftigste Triebfeder des Erwerbstrebens. Der Mensch

ist soziales Wesen und nicht ohne sein Bedürfnis nach Lob und Lobenswürdigkeit,

sowie seiner Furcht vor Tadel und Tadelnswürdigkeit zu verstehen. Die Gut- oder

Schlechtheit der individuellen Motive des Erwerbstrebens ist von ihrer Fruchtbarkeit

für die Gemeinschaft entkoppelt. Mit Goethe gesprochen ist das Selbstinteresse „Teil

von jener Kraft, die stets das Böse will, und stets das Gute schafft.”

6. Sozio-politische Dimension der Ökonomie: Nicht die Menge an Arbeit allein ist für Erfolg

entscheidend, sondern vor allem die zugrundeliegende politische Ordnung. Den

Vorteil der Marktwirtschaft sieht Smith in der Freiheit zur Kooperation und der

dynamischen Interaktion der Wirtschaftenden, die durch die Anstrengung für den

eigenen Wohlstand den Wohlstand insgesamt heben. Smith ist sich der Kontextualität

!78

ökonomischer Ordnungen bewusst. Er schärft das Bewusstsein dafür, dass sowohl

politische Rahmenbedingungen, als auch ökonomische Theorie immer kulturell und

historisch geprägt oder sogar bedingt sind. Mit Wallacher lässt sich in der Linie Smiths

sagen: „Menschen wirtschaften nie in abstrakten, sondern immer in konkreten

Gesellschaften mit bestimmten sozio-kulturellen Merkmalen.” 226

7. Wohlverstandenes Selbstinteresse: Ignorante Selbstsucht wird moralisch missbilligt,

desinteressierte Leistungsverweigerung ebenfalls. Moralisch qualifiziert rational ist also

das, was mit Bewusstsein für das kollektive Wohl das eigene Interesse verfolgt. Bei

Smith ist das eigene Schicksal mit dem allgemeinen Wohlstand der Nation eng

verbunden. Das Streben nach eigenem Vorteil geschieht jederzeit in sozialem Kontext.

Hier spielt die göttlich grundgelegte Fähigkeit zur Moral („die unsichtbare Hand”)

zusammen mit menschlich ausgehandelten Regeln der Ethik und des positiven Rechts,

die erklärbar sind aus der Natur des Menschen und dem Prinzip der Billigung und

Missbilligung über das Prinzip der Sympathie.

8. Smiths Deismus: Die Metapher der unsichtbaren Hand erwähnt Smith in Wealth und

Theory nur am Rande. Sie ist aus der deistischen Überzeugung Smiths zu erklären und

als bildhafter Ausdruck für die göttlich grundgelegte Moral im Menschen zu verstehen.

Sie ist keine Metapher für Gleichgewichtstheorien oder Effizienzmarkthypothesen.

Auch Smiths Gravitationsmetapher in seiner Theorie des natürlich Preises ist im Laufe

der Zeit missverstanden worden. Sie ist keine direkte Kopie der Newtonschen Theorie,

sondern eine nur relativ taugliche Illustration der oszillierenden Marktpreise, die um

den üblichen, durchschnittlichen, von Smith als natürlich verstandenen Preis kreisen.

9. Rezeptionsgeschichte: Smiths Werk hat eine bedeutende Rezeptionsgeschichte und die

Grundlagen des ökonomischen Denkens für Jahrhunderte geprägt. Es erfuhr immer

wieder Konjunkturen, Um- und Fehlinterpretationen, die zur reformatorischen

Einsicht ad fontes mahnen. Mit Smith nimmt die Ethik Kurs auf die allgemeine

Kulturphilosophie und untersucht innerhalb derselben die spezifisch ethischen

Beurteilungen und deren Bedeutung und Wirkung für das Ganze des Gemeinlebens. 227

!79

WALLACHER, JOHANNES: Die bleibende Bedeutung der Politischen Ökonomie Adam Smiths. in: 226

HOCHGESCHWENDNER, MICHAEL; LÖFFLER, BERNHARD (HRSG.): Religion, Moral und liberaler Markt. Politische Ökonomie und Ethikdebatten vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. S. 105.

TROELTSCH, ERNST: Gesammelte Schriften, Band IV: Aufsätze zur Geistesgeschichte und Religionssoziologie, 227

Tübingen 1925. S. 426.

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BELLAH, ROBERT N.: The Broken Covenant: American Civil Religion in Time of Trial, Chicago 1992.

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ETTEL, ANJA; JOST, SEBASTIAN: Der ungehörte Chefökonom der Deutschen Bank, in: WELT ONLINE, abrufbar unter: http://www.welt.de/wirtschaft/article110882633/Der-ungehoerte-Chefoekonom-der-Deutschen-Bank.html (abgerufen am: 4. Juni 2014 um 13.53 Uhr).

FOURIE, WILLEM: Von der Freiheit eines Christenmenschen. Eine südafrikanische Interpretation von Freiheit in der Theologie Wolfgang Hubers. in: BEDFORD-STROHM, HEINRICH; NOLTE, PAUL; SACHAU, RÜDIGER (HRSG.): Kommunikative Freiheit. Interdisziplinäre Diskurse mit Wolfgang Huber. S. 150-174.

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SCHMIDT-SALOMON, MICHAEL: Das „Münchhausentrilemma" oder: Ist es möglich, sich am eigenen Schopfe aus dem Sumpf zu ziehen? in: Aufklärung und Kritik, Sonderheft 5 (2001).

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International Student Initiative for Pluralism in Economics: http://www.isipe.net.

Occupuy Wall Street: http://www.occupywallst.org.

Plattform Ökonomenstimme: http://www.oekonomenstimme.org.

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VIII. Erklärung

Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und nur unter

Zuhilfenahme der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. Sämtliche Stellen, die dem

Wortlaut oder dem Sinne nach anderen Werken, gegebenenfalls auch elektronischen

Medien, entnommen sind, sind durch Angabe der Quellen als Entlehnungen kenntlich

gemacht. Mir ist bekannt, dass eine unwahrheitsgemäße Erklärung als

Täuschungsversuch zu gewertet wird.

München, 5. August 2014

!Unterschrift: .................................................................

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