Welche Zusammenhänge bestehen zwischen dem fachspezifischen Professionswissen von...

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Martin Brunner/Mareike Kunter/Stefan Krauss/ Jürgen Baumert/Werner Blum/Thamar Dubberke/ Alexander Jordan/Uta Klusmann/Yi-Miau Tsai/Michael Neubrand Welche Zusammenhänge bestehen zwischen dem fachspezifischen Professionswissen von Mathematik- lehrkräften und ihrer Ausbildung sowie beruflichen Fortbildung? Zusammenfassung Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich aus der Perspektive von Theorien zum Kompetenzerwerb mit dem Zusammenhang zwischen dem fachspezi- fischen Professionswissen von Mathematiklehr- kräften und ihrer Ausbildung und beruflichen Fortbildung. Dabei wurden institutionelle Unter- schiede der Lehramtsausbildung wie auch indivi- duelle Unterschiede im Studienerfolg, der Berufs- erfahrung und der besuchten beruflichen Fortbil- dungen untersucht. Die Analysen basieren auf Daten von 195 Mathematiklehrkräften, die an der COACTIV-Studie teilnahmen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich Lehrkräfte unterschiedlicher Lehrämter deutlich in ihrem professionellen Wis- sen unterscheiden und dass insbesondere der Er- folg im Studium mit besseren Leistungen im Fachwissen und im fachdidaktischen Wissen zu- sammen hing. Wir diskutieren Implikationen unse- rer Ergebnisse vor dem Hintergrund der Lehr- amtsausbildung und beruflicher Fortbildungen. Schlüsselwörter: Lehrer; Professionswissen; Kom- petenzerwerb; Fortbildung; Studium Summary How is the content specific professional knowl- edge of mathematics teachers related to their teacher education and in-service training? The present study applies theories of competence acquisition to investigate the relationship of mathematics teachers’ content knowledge and pedagogical content knowledge to institutional dif- ferences in teacher education, individual differences in teachers’ final university grades, occupational experience, and attendance of in-service training programs. Data were obtained from 195 mathemat- ics teachers who participated in the COACTIV study. Our results show considerable differences in the professional knowledge of mathematics teachers trained to teach in different school types. Moreover, teachers’ final university grades, in particular, were substantially positively associated with their content knowledge and pedagogical content knowledge. We discuss the implications of our results with respect to teacher education and in-service training. Keywords: teacher; teaching competence; teacher knowledge; teaching education; pedagogical con- tent knowledge 1 Lehrerkompetenz: Definition und Erwerb Die Kultusministerkonferenz führte zu Beginn des Ausbildungsjahres 2005/2006 bundes- weite, verbindliche Standards für die Lehrerbildung ein (vgl. KMK 2004). Eine Heraus- forderung bei der Entwicklung dieser Standards war die Konzeptualisierung und Definiti- on der notwendigen Kompetenzen, die eine erfolgreiche Lehrkraft auszeichnen (vgl. TER-

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Martin Brunner/Mareike Kunter/Stefan Krauss/Jürgen Baumert/Werner Blum/Thamar Dubberke/Alexander Jordan/Uta Klusmann/Yi-Miau Tsai/Michael Neubrand

Welche Zusammenhänge bestehenzwischen dem fachspezifischenProfessionswissen von Mathematik-lehrkräften und ihrer Ausbildung sowieberuflichen Fortbildung?ZusammenfassungDer vorliegende Beitrag beschäftigt sich aus derPerspektive von Theorien zum Kompetenzerwerbmit dem Zusammenhang zwischen dem fachspezi-fischen Professionswissen von Mathematiklehr-kräften und ihrer Ausbildung und beruflichenFortbildung. Dabei wurden institutionelle Unter-schiede der Lehramtsausbildung wie auch indivi-duelle Unterschiede im Studienerfolg, der Berufs-erfahrung und der besuchten beruflichen Fortbil-dungen untersucht. Die Analysen basieren aufDaten von 195 Mathematiklehrkräften, die an derCOACTIV-Studie teilnahmen. Unsere Ergebnissezeigen, dass sich Lehrkräfte unterschiedlicherLehrämter deutlich in ihrem professionellen Wis-sen unterscheiden und dass insbesondere der Er-folg im Studium mit besseren Leistungen imFachwissen und im fachdidaktischen Wissen zu-sammen hing. Wir diskutieren Implikationen unse-rer Ergebnisse vor dem Hintergrund der Lehr-amtsausbildung und beruflicher Fortbildungen.

Schlüsselwörter: Lehrer; Professionswissen; Kom-petenzerwerb; Fortbildung; Studium

SummaryHow is the content specific professional knowl-edge of mathematics teachers related to theirteacher education and in-service training?The present study applies theories of competenceacquisition to investigate the relationship ofmathematics teachers’ content knowledge andpedagogical content knowledge to institutional dif-ferences in teacher education, individual differencesin teachers’ final university grades, occupationalexperience, and attendance of in-service trainingprograms. Data were obtained from 195 mathemat-ics teachers who participated in the COACTIVstudy. Our results show considerable differences inthe professional knowledge of mathematics teacherstrained to teach in different school types. Moreover,teachers’ final university grades, in particular, weresubstantially positively associated with their contentknowledge and pedagogical content knowledge. Wediscuss the implications of our results with respectto teacher education and in-service training.

Keywords: teacher; teaching competence; teacherknowledge; teaching education; pedagogical con-tent knowledge

1 Lehrerkompetenz: Definition und ErwerbDie Kultusministerkonferenz führte zu Beginn des Ausbildungsjahres 2005/2006 bundes-weite, verbindliche Standards für die Lehrerbildung ein (vgl. KMK 2004). Eine Heraus-forderung bei der Entwicklung dieser Standards war die Konzeptualisierung und Definiti-on der notwendigen Kompetenzen, die eine erfolgreiche Lehrkraft auszeichnen (vgl. TER-

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HART 2002). Die Diskussion rankte sich dabei unter anderem darum, für welche Bereichedie Kompetenzen zu formulieren sind und auch, wie diese Kompetenzen zu fassen und zuerheben sind. Ein Beispiel dafür, wie umfangreich eine solche Kompetenzdefinition seinkann, ist die Arbeit von OSER/OELKERS (vgl. 2001). OSER legte auf der Grundlage vonExpertendiskussionen 88 Standards fest, die auf fächerübergreifende Kompetenzen ab-zielten (z.B. Lehrer-Schüler-Beziehung, Umgang mit Disziplinproblemen). Damit ist dasnotwendige Kompetenzspektrum von Lehrkräften jedoch nicht vollständig abgedeckt(vgl. TERHART 2002, S. 24). Denn vor allem fachspezifischen Kompetenzen wird eineSchlüsselrolle für erfolgreiche Lehr-Lernprozesse zugeschrieben (vgl. BALL/LUBIENS-KI/MEWBORN 2001; BROMME 1997; MAYER 2004; SHULMAN 1986, 1987). So zählt zumBeispiel das National Council of Teachers of Mathematics (vgl. 2000) das Verständnisdes Faches Mathematik, Wissen über Schülerkognitionen in Mathematik sowie Wissenüber geeignete fachdidaktische Strategien zur Vermittlung mathematischer Inhalte zu denzentralen Prinzipien effektiver Lernprozesse. Mit TERHART (vgl. 2002) und BALL (vgl.BALL/LUBIENSKI/MEWBORN 2001) wird dabei das mathematische Fachwissen als grund-legende Voraussetzung für das erfolgreiche Unterrichten des Faches Mathematik gesehen.

In dieser Arbeit untersuchen wir das fachspezifische Wissen als einen Bereich derfachbezogenen Kompetenz von Mathematiklehrkräften der Sekundarstufe 1. Insbesonderegehen wir der Frage nach, ob Unterschiede im fachspezifischen Wissen systematisch mitinstitutionellen Lerngelegenheiten – und zwar hier vor allem der universitären Ausbildung– zusammenhängen. Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen inhaltlichen Schwer-punkte der zweigeteilten Lehrerbildung in Deutschland kann man davon ausgehen, dassdas Fachwissen und theoretische Aspekte des fachdidaktischen Wissens primär im Rah-men der ersten universitären Phase erworben werden und praxisnahe Kompetenzen imRahmen der daran anschließenden Vorbereitungsphase – dem Referendariat – vermitteltund geübt werden (vgl. TERHART 2002). Darüber hinaus ist natürlich anzunehmen, dasssich Lehrkräfte auch im Rahmen der Berufsausübung sowie durch den gezielten Besuchvon Fortbildungen Fachwissen und fachdidaktisches Wissen aneignen.

Blickt man in die Forschungsliteratur ist auffallend, dass es an empirischen Unter-suchungen mangelt, die explizit diese theoretisch plausiblen Annahmen überprüfen undvor allem empirisch unterfüttern können (vgl. u.a. LIPOWSKY 2004 bezüglich beruflicherFortbildungen). Ein Hauptgrund hierfür ist darin zu sehen, dass bislang diagnostische Ver-fahren zur Messung der Lehrerkompetenz fehlten. Hier wurde im Rahmen des COACTIV-Projektes1 (vgl. KRAUSS u.a. 2004) Neuland betreten, indem Tests zur Erfassung des Fach-wissens und des fachdidaktischen Wissens von Mathematiklehrkräften der Sekundarstufe 1konstruiert wurden. Im vorliegenden Beitrag werden wir diese Tests und Daten aus derCOACTIV-Studie verwenden, um ein erstes exploratives Schlaglicht auf die oben ge-nannten Fragen und Annahmen zu werfen. Wir machen uns dabei insbesondere die Tatsa-che zu Nutze, dass die derzeit in Deutschland tätigen Mathematiklehrkräfte in Abhängig-keit von ihren erworbenen Lehramtszugängen jeweils verschiedene Studiengänge durch-laufen haben, in denen in unterschiedlichem Maße fachliche oder fachdidaktische Inhaltebetont wurden. Unsere Ergebnisse deuten daraufhin, dass institutionelle Unterschiede inden Lernangeboten im Studium aber auch individuelle Unterschiede bei der Nutzung die-ser Lernangebote mit dem fachspezifischen Wissen in Zusammenhang stehen.

Um unser Forschungsanliegen zu konkretisieren, werden wir in der Einleitung zunächsteine Konzeptualisierung der Lehrerkompetenz und hierbei insbesondere fachspezifischeAspekte vorstellen, auf Theorien des Kompetenzerwerbs eingehen und die Ausbildungs-

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wege der von uns untersuchten Lehrkräfte skizzieren. Auf der Grundlage des erarbeitetentheoretischen Hintergrundes leiten wir einige Hypothesen zu möglichen Gründen fürKompetenzunterschiede ab, die wir im empirischen Teil der Arbeit überprüfen.

1.1 Die professionelle Kompetenz von Mathematiklehrkräften

Wir verstehen – in Anlehnung an den Begriff „Handlungskompetenz“ von WEINERT (vgl.2001) – unter Lehrerkompetenz das dynamische Zusammenwirken von Aspekten des Pro-fessionswissens, Überzeugungen, motivationalen Orientierungen und selbstregulativenFähigkeiten. Diese verschiedenen Kompetenzbereiche interagieren miteinander und bil-den so die Grundlage für professionelles Lehrerhandeln (für eine ausführlichere Darstel-lung dieses Kompetenzmodells vgl. BRUNNER u.a. im Druck).

Ein zentraler Aspekt dieses Modells ist das Professionswissen der Mathematiklehr-kräfte (vgl. Abb. 1). Zu dessen Konzeptualisierung greifen wir vor allem auf die vonSHULMAN (vgl. 1986, 1987) eingeführte und von BROMME (vgl. 1997) erweiterte Unter-scheidung von Fachwissen (content knowledge), fachdidaktischem Wissen (pedagogicalcontent knowledge) und allgemeinem pädagogischem Wissen (pedagogical knowledge)zurück und ergänzen sie um die Bereiche des spezifischen Organisations- und Interakti-onswissens (vgl. FRIED 2003; HIEBERT/GALLIMORE/STIGLER 2002; STERNBERG/HOR-VARTH 1995) sowie um das Beratungswissen, das zur Kommunikation mit Laien erfor-derlich ist (vgl. BROMME/JUCKS/RAMBOW 2004).

Abbildung 1: Schematisches Modell des Professionswissens von Lehrkräften

Für das Lehrerhandeln sind auch epistemologische Überzeugungen und subjektive Theo-rien über das Fach und das Lernen im Fach bedeutsam. Diese besitzen regulative Funk-

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tionen für die Stoffpräsentation und die Strukturierung von Lerngelegenheiten (vgl.LEINHARDT/GREENO 1986; PETERSON u.a. 1989). Zusätzlich ist davon auszugehen, dassmotivationale Merkmale wie Selbstwirksamkeitsüberzeugungen oder Interessen der Lehr-kräfte eine handlungssteuernde Funktion einnehmen.

Im vorliegenden Beitrag untersuchen wir die beiden fachspezifischen Kompetenz-bereiche des Professionswissens (Fachwissen und fachdidaktisches Wissen), denen ent-scheidende Bedeutung zur Gestaltung fachlich gehaltvoller Lernumgebungen (BLUM2001) zukommt und deren Konzeptualisierung wir im Folgenden – in Anlehnung an SHUL-MAN (vgl. 1986) umreißen und am Beispiel für das Fach Mathematik verdeutlichen. Ge-rade für den Bereich Mathematik sind hier in den letzten Jahren theoretisch und empirischsehr viel versprechende Arbeiten zum Professionswissen vorgelegt worden (vgl. u.a.BALL/LUBIENSKI/MEWBORN 2001; HILL/ROWAN/BALL 2005; HILL/ SCHILLING/BALL2005). Das pädagogische Wissen (pedagogical knowledge; hierzu gehört z.B. eine effek-tive Klassenführung), das bei der Gestaltung fachlich gehaltvoller Lernumgebungen eineModeratorenrolle einnehmen kann (vgl. KLIEME/SCHÜMER/KNOLL 2001, v.a. Abb. 12),soll hier nicht thematisiert werden.

Fachwissen. Mathematisches Fachwissen (mathematical content knowledge) ist dieGrundvoraussetzung zum Erteilen von spezifisch-mathematischem Fachunterricht (vgl.BALL/LUBIENSKI/MEWBORN 2001; TERHART 2002). Nur wenn Lehrkräfte sich in derDomäne Mathematik sicher bewegen, sind sie in der Lage, Lernprozesse zu steuern undsicher auf Schülerfragen zu reagieren. Im Rahmen der COACTIV-Studie konzeptualisie-ren wir mathematisches Fachwissen als vertieftes Hintergrundwissen über Inhalte desmathematischen Schulcurriculums in Mathematik. Lehrkräfte sollen den von ihnen unter-richteten Stoff auf einem Niveau durchdringen, das über dem im Unterricht üblichen Be-arbeitungsniveau dieser Stoffinhalte liegt. Damit grenzen wir mathematisches Fachwissenvom mathematischen Alltagswissen, über das grundsätzlich alle Erwachsenen verfügensollten, deutlich ab. Allerdings ist bislang noch ungeklärt, ob das vertiefte mathematischeSchulwissen Teil des Universitätswissens ist (also das Wissen, wie es typischerweise imMathematikstudium an der Universität erworben wird) oder ein strukturell davon zu un-terscheidender Wissensbestand. In der vorliegenden Arbeit gehen wir von der Prämisseaus, dass das von uns konzipierte Fachwissen Teil des Universitätswissens ist.

Fachdidaktisches Wissen. Fachwissen per se führt jedoch nicht zu erfolgreicher Unter-richtsgestaltung. Hierfür ist fachdidaktisches Wissen notwendig, also das Wissen, daszum „Verfügbarmachen“ mathematischer Inhalte erforderlich ist (mathematical pedago-gical content knowledge; vgl. SHULMAN 1986). Bereits KIRSCH (vgl. 1977) hat herausge-arbeitet, dass dieses Verfügbarmachen eine eigenständige, auf fachlich-inhaltlichen Kate-gorien aufbauende Aufgabe des didaktischen Handelns ist. Dieser Aufgabe widmen sichLehrkräfte im Mathematikunterricht durch die Verhandlung der mathematischen Inhaltemit den Schülern. Diese drei Eckpunkte des Mathematikunterrichts können als „fachdi-daktisches Dreieck“ (Abb. 2) dargestellt werden.

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Abbildung 2: Eckpunkte des fachdidaktischen Wissens in Form eines fachdidaktischenDreiecks

Wie aus Abbildung 2 ersichtlich wird, umfasst fachdidaktisches Wissen im Rahmen dervon uns vorgelegten Konzeption für das Fach Mathematik drei Wissenskomponenten:

1. Wissen über fachspezifische Instruktionsstrategien (Verhandlungs- und Vermittlungs-aspekt: z.B. Wissen über adäquate Erklärungen und Repräsentationen mathematischerInhalte),

2. Wissen über das Potential des Schulstoffs für Lernprozesse (Inhaltsaspekt: z.B. Wissenüber das multiple Lösungspotential von Mathematikaufgaben) und

3. Wissen über fachbezogene Schülerkognitionen (Schüleraspekt: z.B. Wissen über typi-sche Schülerfehler und Schülerschwierigkeiten).

In dem Bemühen, generelle Strukturen des Wissens zu identifizieren, folgt die von unsvorgelegte Konzeption einem breiten Verständnis der Fachdidaktik (vgl. BLUM 1985). Siegeht dabei über ein eher stoffdidaktisch bzw. inhaltsdidaktisch orientiertes Verständnishinaus, welches den Fokus auf einzelne mathematische Inhalte bzw. die Aufbereitungdieser Inhalte legt.

1.2 Theorien des Kompetenzerwerbs

Im vorangegangenen Abschnitt haben wir ein umfassendes Modell der professionellenKompetenz von Lehrkräften vorgestellt und sind dabei detailliert auf das Fachwissen unddas fachdidaktische Wissen von Lehrkräften eingegangen. Es stellt sich nun die Frage,welche Theorien erklären können, warum sich Lehrkräfte in der Menge ihres fachbezoge-nen Wissens unterscheiden. Es ist davon auszugehen, dass es sich hierbei um professions-spezifisches Wissen handelt, welches in diesem Fall Mathematiklehrkräfte nach und nach

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im Zuge ihrer professionellen Entwicklung entwickeln und vertiefen. Nachfolgend be-schreiben wir daher zwei theoretische Ansätze, die im Kontext des Expertise-Erwerbs ent-wickelt wurden und sich mit der Frage des Kompetenzerwerbs befassen (vgl. DUNN/SHRINER 1999).

Mit BEREITER/SCARDAMALIA (vgl. 1993) kann man annehmen, dass Professionswissenerworben wird, indem kognitive Ressourcen kontinuierlich in das Lösen von Problemenmit immer höherem Komplexitätsgrad investiert werden. Im Laufe dieses Lernprozesseswerden Problemlöseprozesse automatisiert, wodurch kognitive Ressourcen frei werden.Mit den zusätzlich frei gewordenen kognitiven Ressourcen ist es dann möglich, Problememit höherem Komplexitätsgrad zu lösen. Entscheidend ist im Ansatz von BEREITER/SCARDAMALIA die Annahme, dass Experten einer Domäne diese komplexeren Problemeauch gezielt aufsuchen.

Ein weiterer Ansatz, der herangezogen werden kann, stammt von ERICSSON et al. (vgl.ERICSSON/CHARNESS 1994; ERICSSON/KRAMPE/TESCH-RÖMER 1993), die den Begriff„deliberate practice“ geprägt haben. Deliberate practice kennzeichnet dabei zeitlich sehrintensive Lern- und Übungsaktivitäten, die so konzipiert sind, die eigene Leistung stetigzu verbessern und die beachtliche persönliche Anstrengungen erfordern. Diese Lern- undÜbungsaktivitäten sind vor allem durch das Ziel der Leistungsverbesserung und wenigerintrinsisch (durch die Freude an der Aktivität) motiviert. Kritisch für die Entwicklungherausragender Leistungen in einer Domäne sind dabei stetig ansteigende Anforderungender Lern- und Übungsaktivitäten.

Zusammenfassend ist beiden Ansätzen die Annahme gemein, dass Erfahrung in einerDomäne alleine nicht ausreicht, um domänenspezifisches Professionswissen zu erwer-ben. Entscheidend ist stattdessen, dass kognitive und motivationale Ressourcen gezieltin das Lösen von domänenspezifischen Problemen beziehungsweise wohl strukturierteÜbungsaktivitäten in der jeweiligen Domäne investiert werden. Übertragen auf die Fra-ge, warum Mathematiklehrkräfte unterschiedliches Fachwissen und fachdidaktischesWissen aufweisen, kann man nun davon ausgehen, dass dies weniger ein Effekt der Be-rufserfahrung ist. Stattdessen ist anzunehmen, dass beobachtete Unterschiede vor allemauf unterschiedliche Lerngelegenheiten zurückzuführen sind. Lerngelegenheiten, diewohl strukturierte Übungsaktivitäten im Sinne der Expertiseforschung bieten, sind ver-mutlich vor allem im Rahmen der Lehramtsausbildung vorzufinden. Wie im nächstenAbschnitt dargestellt wird, ist davon auszugehen, dass unterschiedliche Studiengänge(bezogen auf den Lehramtszugang) unterschiedliche Möglichkeiten des Kompetenzer-werbs darstellen.

1.3 Welche Lerngelegenheiten boten sich den von uns untersuchtenLehrkräften für den Erwerb ihres fachbezogenen Wissens?

Im vorliegenden Beitrag machen wir uns die Tatsache zu Nutze, dass die derzeit tätigenMathematiklehrkräfte in der Sekundarstufe 1 unterschiedliche Ausbildungswege gegan-gen sind. Ein wesentlicher Hauptunterschied besteht darin, ob Lehrkräfte ihre Ausbildungin der damaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) oder in der damaligenBundesrepublik Deutschland absolvierten bzw. ihre Ausbildung nach der Vereinigung derbeiden deutschen Staaten absolvierten. Nachfolgend wollen wir diese unterschiedlichenAusbildungswege skizzieren.

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Wir gehen zunächst auf die Ausbildungswege der Lehrkräfte ein, die ihre Ausbildungin der Bundesrepublik Deutschland vor oder nach der deutschen Vereinigung abschlos-sen. (Diese Darstellung beschreibt auch die derzeitige Struktur der Lehramtsausbildung inDeutschland). Ungeachtet der variierenden Ausdifferenzierungen in den Bundesländernlassen sich im Sekundarbereich grundsätzlich Lehrämter für das Gymnasium (bzw. Se-kundarstufe 2 in einigen Ländern) und Lehrämter für Haupt- und Realschulen (bzw. Se-kundarstufe 1) unterscheiden. Je nach Lehramtszugang variierte die Intensität der jeweiligenStudieninhalte: Der gymnasiale Lehramtszugang fokussierte stark auf die Inhalte des Unter-richtsfaches, während die anderen Lehramtszugänge die erziehungswissenschaftlichen,schulpraktischen und fachdidaktischen Studieninhalte stärker gewichteten. Unabhängigvom Lehramtszugang und vom jeweiligen Unterrichtsfach war die Ausbildung dieser Lehr-kräfte zweiphasig angelegt (vgl. TERHART 2003). In der ersten Phase sah das Studium derLehramtskandidaten neben erziehungswissenschaftlichen, schulpraktischen und fachdidak-tischen Inhalten auch zwei (teilweise auch drei) Unterrichtsfächer vor. Die Regelstudien-dauer betrug – je nach Lehramtszugang – zwischen sechs und neun Semestern. Das ErsteStaatsexamen bescheinigte den erfolgreichen Abschluss des Lehramtsstudiums.

Mit dem erfolgreichen Abschluss des Staatsexamens qualifizierten sich die Lehramts-kandidaten für die zweite Ausbildungsphase: das Referendariat bzw. den Vorbereitungs-dienst. Unabhängig vom Lehramtszugang fokussierte das Referendariat auf die be-rufspraktische Ausbildung, dauerte zwischen eineinhalb und zwei Jahren und erfolgte imRahmen eines Studienseminars. Die Studienseminare waren (und sind es auch heutenoch) staatlich getragen und wurden von erfahrenen Seminarleitern sowie Seminarfach-leitern und in enger Zusammenarbeit mit Ausbildungsschulen und deren Mentoren gelei-tet. In der Referendariatszeit unterrichteten Lehramtskandidaten bereits eigenverantwort-lich und wurden dabei von den Ausbildern beraten. Mehrere Unterrichtsstunden wurdenvon den Ausbildern und den anderen Referendaren beobachtet und einige der Unterrichts-stunden wurden auch beurteilt. Diese Beurteilungen gingen (neben anderen schriftlichenund mündlichen Qualifikationsnachweisen) in die Note des zweiten Staatsexamens ein,mit dem das Referendariat endete. Mit Abschluss der zweiten Phase endete die formelleErstausbildung der Lehrkräfte. Nach dem erfolgreichen Bestehen des zweiten Staatsexa-mens konnten sich die Lehramtskandidaten als Lehrkräfte für die Schulen bewerben, fürdie sie ihr Lehramtszugang qualifizierte.

Derzeit sind auch viele Lehrkräfte tätig, die ihre Lehramtsausbildung im Rahmen derDDR-Lehrerausbildung durchlaufen haben. Diese Ausbildung gliederte sich seit den1970er-Jahren prinzipiell in die Ausbildung zum Lehrer für untere Klassen (vierjährigeAusbildung an einem Lehrerbildungsinstitut in den Fächern Deutsch und Mathematik so-wie einem Wahlfach) und dem Diplomlehrer für den Einsatz in den Klassenstufen 5 bis10 der Polytechnischen Oberschule (POS) und nach besonderer Auswahl an der Erwei-terten Oberschule (EOS) bis Klassenstufe 12 (vier- oder seit Anfang der 1980er-Jahrefünfjähriges Hochschulstudium an einer Universität oder Pädagogischen Hochschule mitzwei Fächern, Haupt- und Nebenfach). Beide Ausbildungsgänge in der ehemaligen DDRumfassten studiumsbegleitend schulpraktische Tätigkeiten (Hospitationspraktikum, „gro-ßes Schulpraktikum“ von 27 Wochen im letzten Jahr), die mit der theoretischen Ausbil-dung relativ eng verzahnt waren. Die Abschlussprüfungen der gesamten Ausbildung be-inhalteten somit neben den Leistungen in den Inhaltsfächern, methodischen und allgemeinpädagogischen Fächern, sowie in weiteren Fächern (inkl. „Grundlagen des Marxismus-Leninismus“) die Ergebnisse der Lehrproben dieser Praktika.

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Die Weiterbildung im Beruf wird oft als dritte Phase der Lehrerbildung bezeichnet. MitBeendigung der Erstausbildung galten die Absolventen als ausreichend für das Berufsle-ben qualifiziert (vgl. Wissenschaftsrat 2001) und Weiterbildungsmaßnahmen wurden da-her nicht übergreifend institutionalisiert. Zwar haben in den letzten Jahren einige Länderein verpflichtendes Stundenkontingent für berufliche Fortbildungen eingeführt, es sind je-doch keine thematischen Vorgaben für diese Weiterbildungen gemacht worden. Die Wahlder Themen blieb den Lehrkräften selbst überlassen. Unabhängig vom Lehramtszuganghatten also Lehrkräfte im Zuge ihrer Arbeit die Möglichkeit, Fortbildungen zu unter-schiedlichsten Themen zu besuchen. Das Themenspektrum reichte von rein fachspezifi-schen Themen, fachdidaktischen Inhalten, allgemeinen Aspekten des Lehrens und Ler-nens, Fortbildungen im sozialen Bereich, Schulentwicklung und -organisation bis hin zumBereich der persönlichen Weiterbildung („soft skills“).

1.4 Forschungsanliegen dieser Arbeit

Eingangs haben wir die besondere Rolle des Fachwissens und des fachdidaktischen Wis-sens für die Gestaltung des Mathematikunterrichts betont. Unsere Arbeit setzt hier an unduntersucht systematische Unterschiede im Fachwissen und dem fachdidaktischen Wissenvon Mathematiklehrkräften. Dabei wollen wir explorieren, ob unterschiedliche Lerngele-genheiten bzw. deren Nutzung für die Erklärung der Unterschiede in Frage kommen. Wirleiten Annahmen darüber ab, wie sich das Fachwissen und das fachdidaktische Wissen inAbhängigkeit von Lehramtszugängen und damit korrespondierenden institutionellen Un-terschieden in den Lerngelegenheiten unterscheiden. Auf der Basis der Theorien zumKompetenzerwerb gehen wir weiterhin davon aus, dass die differenzielle Nutzung struk-turierter Lerngelegenheiten im Studium oder im Rahmen beruflicher Fortbildungen mitdem erreichten Fachwissen und dem fachdidaktischen Wissen zusammenhängt.Institutionelle Lerngelegenheiten für das Fachwissen. Der Abschnitt zur Lehramtsaus-bildung sollte deutlich gemacht haben, dass die beiden Ausbildungsabschnitte, wie auchdie Ausbildung für die unterschiedlichen Lehrämter, bereits etliche Lerngelegenheiten fürdie jeweiligen fachspezifischen Facetten des Professionswissens boten. Unabhängig vomLehramtszugang war die Vermittlung mathematischer Inhalte ein wesentlicher Bestandteilder ersten Phase der Ausbildung. Allerdings variierte der Umfang mathematischer Stu-dieninhalte deutlich in Abhängigkeit des studierten Lehramts: Lehrkräfte mit Gymnasial-zugang studierten im Vergleich zu ihren Kollegen am intensivsten das Fach Mathematik.2Unter der Prämisse, dass das von uns konzipierte mathematische Fachwissen (als vertief-tes Wissens des Schulstoffs) Teil dieses universitären Mathematikwissens ist, gehen wirdaher davon aus, dass Lehrkräfte mit Gymnasialzugang bessere Leistungen im Fachwis-sen erzielen als ihre Kollegen mit anderen Lehramtszugängen. Für Letztere wollen wirkeine gruppenspezifischen Unterschiedshypothesen ableiten, da die Intensitätsunterschie-de des Fachstudiums nicht beurteilt werden können.Institutionelle Lerngelegenheiten für das fachdidaktische Wissen. Die zweite Ausbil-dungsphase (ausgenommen: DDR-Abschlüsse) hat unabhängig vom Lehramtszugang dieVermittlung berufspraktischen Wissens zum Ziel. Daraus leiten wir die These ab, dass dasReferendariat unabhängig vom erworbenen Lehramtszugang eine wichtige Lerngelegen-heit für das fachdidaktische Wissen in Mathematik darstellt.

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In Bezug auf die erste Ausbildungsphase ist zu vermuten, dass sich bei den Lehr-kräften, die ein Studium für ein nicht-gymnasiales Lehramt absolvierten (in der Bundesre-publik vor und nach der Vereinigung), durch die stärkere Gewichtung erziehungswissen-schaftlicher, schulpraktischer und fachdidaktischer Studieninhalte bereits an der Univer-sität gute Lerngelegenheiten zum Erwerb des fachdidaktischen Wissens boten. Im Gegen-satz dazu waren Aspekte der (fachspezifischen) Wissensvermittlung beim Studium desgymnasialen Lehramts traditionell kaum vertreten. Fachdidaktische Kurse wurden hiererst in den 1980er-Jahren verbindlich eingeführt. Die Stundenzahlen für fachdidaktischeoder erziehungswissenschaftliche/psychologische Kurse lagen jedoch auch seitdem deut-lich unter denen für nicht-gymnasiale Lehrämter.

Für die Lehrkräfte, die ihren Abschluss im Zuge der DDR-Ausbildung erworben ha-ben, war bereits das Studium eng mit schulpraktischen Tätigkeiten verzahnt, sodass hiermöglicherweise eine besonders gute Gelegenheit zum strukturierten Aufbau fachdidakti-schen Wissens vorlag. Andererseits absolvierten diese Lehrkräfte kein Referendariat, so-dass sie tendenziell weniger strukturierte Lerngelegenheiten zum Erwerb handlungsnaherfachdidaktischer Kompetenzen hatten.

Nun ist weiterhin zu bedenken, dass das mathematische Fachwissen als grundlegendeVoraussetzung für das fachdidaktische Wissen betrachtet wird (vgl. BALL/LUBIENSKI/MEWBORN 2001; TERHART 2002). Daher gehen wir davon aus, dass Lehrkräfte mit gymna-sialem Lehramtszugang aufgrund des zu erwartenden Leistungsvorsprungs im Fachwissenauch im fachdidaktischen Wissen besser abschneiden werden als ihre Kollegen. Bei glei-chem mathematischen Fachwissen sollten jedoch aufgrund der differenziellen Lerngelegen-heiten für das fachdidaktische Wissen Lehrkräfte mit nicht-gymnasialem Lehramtszugangbessere Leistungen im fachdidaktischen Wissen erzielen als Lehrkräfte mit gymnasialemLehramtszugang.

Für die Lehrkräfte, die ihre Ausbildung in der damaligen DDR abgeschlossen haben,können wir keine Annahme ableiten. Aus theoretischer Sicht hatten diese Lehrkräfte ei-nerseits aufgrund der engen Verzahnung theoretischer und praktischer Ausbildungsele-mente gut strukturierte Lerngelegenheiten im Rahmen ihres Studiums (vgl. DUNN/SHRINER 1999; LIPOWSKY 2004). Andererseits mussten sie im Rahmen ihrer Ausbildungkein Referendariat absolvieren. Damit fehlen ihnen im Vergleich zu den anderen Lehr-kräften bis zu zwei Ausbildungsjahre, in denen sie angeleitet fachdidaktische Kompeten-zen erworben haben könnten. Unseres Erachtens kann nicht a priori beurteilt werden, obdas praxisnahe Studium dieser Lehrkräfte das Fehlen der praktischen Vorbereitungsphasekompensieren konnte.

Differenzielle Nutzung der Lerngelegenheiten. Folgt man einem Angebots-Nutzungs-Modell des Lernens (vgl. HELMKE 2003), ist zwischen den strukturell-institutionellen Un-terschieden der Ausbildung die tatsächliche Nutzung dieser Lerngelegenheiten zu differen-zieren. Ein wichtiger Indikator dafür, wie erfolgreich Lehrkräfte die mathematikspezifi-schen Lernangebote im ersten Ausbildungsabschnitt nutzten, sind die erzielten Noten inMathematik. Systematische Zusammenhänge der Mathematiknoten mit Leistungen in Testszur Erfassung des Professionswissens informieren darüber, ob erfolgreichere Lehrkräfte imStudium auch tatsächlich über mehr Fachwissen und fachdidaktisches Wissen verfügen.3

Berufserfahrung und berufliche Fortbildungen. Im Gegensatz zum Studium findenLehrkräfte in der Zeit der tatsächlichen Berufsausübung selten strukturierte Lerngelegen-heiten vor. Ausgehend von den Befunden zum Kompetenzerwerb ist daher anzunehmen,

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dass Berufs- und Unterrichtserfahrung allein nicht automatisch zu einer Verbesserung desfachdidaktischen Wissens führen. Vielmehr ist Lernen in dieser Berufsphase in besonde-rem Maße davon abhängig, inwieweit Lehrkräfte Lernmöglichkeiten selbstständig undgezielt aufsuchen. Im Sinne des deliberate practice ist eine Erweiterung der beruflichenKompetenz – und speziell des fachbezogenen Wissens – nur dann zu erwarten, wenn daseigene Handeln bewusst reflektiert wird mit dem Ziel, das fachdidaktische Wissen unddas Unterrichten zu verbessern. Solche strukturierten Lernsituationen bieten sich im Be-rufsalltag von Lehrkräften nur sehr selten (vgl. DUNN/SHRINER 1999). Eine Möglichkeitstellt die aktive Teilnahme an berufsbezogenen Weiterbildungen dar. Wir untersuchendaher in unseren Analysen auch, ob sich ein systematischer Zusammenhang zwischenWeiterbildungsaktivitäten der Lehrkräfte und dem Fachwissen bzw. dem fachdidakti-schen Wissen beobachten lässt.

Vor dem erarbeiteten Hintergrund wollen wir nun untersuchen, inwiefern sich dasFachwissen und das fachdidaktische Wissen von Mathematiklehrkräften der Sekundarstu-fe 1 hinsichtlich des Lehramtszugangs, hinsichtlich des Studienerfolges im ersten Aus-bildungsabschnitt und in Abhängigkeit der Berufserfahrung sowie der besuchten Weiter-bildungsmaßnahmen unterscheidet.

2 Methode

2.1 Design der COACTIV-Studie

Die Daten zur Beantwortung unserer Forschungsfragen stammen aus dem ProjektCOACTIV, das das Professionswissen von Mathematiklehrkräften, den Mathematikunter-richt und die Entwicklung der mathematischen Kompetenz von Schülerinnen und Schü-lern im Verlauf eines Schuljahres in Deutschland untersucht. COACTIV ist konzeptuellund technisch in die nationale Ergänzung der internationalen Vergleichsstudie PISA2003/2004 eingebunden. In diesem Rahmen wurde die im internationalen Design vor-gesehene altersbasierte Stichprobe von 15-jährigen Jugendlichen durch die Ziehung vonzwei vollständigen Schulklassen je untersuchter Schule ergänzt und als Längsschnitt-stichprobe erweitert: Die Schülerinnen und Schüler dieser Klassen bearbeiteten die PISA-Messinstrumente am Ende der 9. und der 10. Jahrgangsstufe. Im Rahmen von COACTIVwurden auch die Mathematiklehrkräfte dieser Klassen befragt. Die Lehrkräfte bearbeite-ten an demselben Tag wie ihre PISA-Klassen insgesamt zweimal umfangreiche, teilscomputeradministrierte Fragebögen und Tests (vgl. KRAUSS u.a. 2004 für eine Beschrei-bung des COACTIV-Untersuchungsdesigns). Die hier berichteten Ergebnisse beziehensich ausschließlich auf Daten der Lehrkräfte aus der Erhebung 2004, also am Ende der 10.Jahrgangsstufe. Entsprechend sind in der Stichprobe keine Hauptschullehrkräfte vertreten,da nur ein geringer Anteil an Hauptschülerinnen und -schülern in die 10. Jahrgangsstufeüberwechselt.

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2.2 Instrumente

Die Mathematiklehrkräfte, die an COACTIV teilnahmen, bearbeiteten eine umfassendeBatterie an Messinstrumenten zu ihrem sozialen und beruflichen Hintergrund, zu ver-schiedenen i.w.S. motivationalen Aspekten sowie zu verschiedenen Facetten ihres Profes-sionswissens. Im Hinblick auf unsere Forschungsfragen skizzieren wir in diesem Beitragden Test zur Erfassung des Fachwissens und des fachdidaktischen Wissens sowie die In-dikatoren des Lehramtszugangs, des Studienerfolgs sowie die Erfassung der berufsbeglei-tenden Fortbildungen.

Fachwissen und fachdidaktisches Wissen. Die Testitems zur Erfassung des Fachwissensund des fachdidaktischen Wissens von Mathematiklehrkräften, die in der COACTIV-Stu-die eingesetzt wurden, wurden auf Grundlage von Expertenbefragungen und intensiverRecherche der einschlägigen Literatur entwickelt und in mehreren Pilotierungsstudienempirisch überprüft. Alle Items hatten ein offenes Antwortformat; Lehrkräfte konnten al-so die richtige Antwort nicht einfach raten.

Ein typisches Beispielitem für das mathematische Fachwissen ist zu begründen, ob21024 - 1 eine Primzahl ist. Ein Beispielitem für das fachdidaktische Wissen ist, Schülernauf möglichst vielen Wegen zu erklären, weshalb (-1)×(-1) = 1 gilt. Weitere Beispielitemsder beiden Wissensbereiche finden sich in KRAUSS u.a. (vgl. 2004) und BRUNNER u.a. (imDruck). Insgesamt bestand die Skala zur Erfassung des Fachwissens aus 13 Items und dieSkala zur Erfassung des fachdidaktischen Wissens aus 23 Items. Unsere Operationalisie-rung des fachdidaktischen Wissens stützte sich also auf die Leistung bei Testitems, diefachliche oder fachdidaktische Mathematikinhalte erfassten. Handlungsnahe Aspekte desfachdidaktischen Wissens (z.B. die tatsächliche Reaktion auf kritische Unterrichtssitua-tionen) wurden nicht gemessen. Dies ist bei einer Interpretation unserer Befunde immerzu bedenken.

Unabhängig davon ist ein grundsätzliches Problem in der Leistungsdiagnostik die Fra-ge, ob eine Itemantwort als richtig oder falsch beurteilt wird. Während dies bei Fach-wissen-Items relativ einfach ist (hier kann die formale Richtigkeit mathematisch begrün-det werden), ist dies bei den Items zur Erfassung des fachdidaktischen Wissens deutlichschwieriger. Um dieses Problem zu lösen, wurde die Expertise von Professoren der Ma-thematikdidaktik sowie tätigen Mathematiklehrkräften genutzt. Kriterien für eine „richti-ge“ Antwort bei einem Fachdidaktik-Item waren, ob die Lehrerantwort durch empirischeStudien gestützt wurde (z.B. ob eine Studie zeigen konnte, dass bestimmte Erklärungs-arten zu einem deutlich besseren Schülerverständnis führen) oder ob die Experten dieAntwort übereinstimmend als richtig bewerteten. Auf Grundlage der Expertenurteile wur-de ein umfassendes Kodierschema für die Items zur Erfassung des fachdidaktischen Wis-sens und des Fachwissens entwickelt. Mit dem Kodierschema wurden acht Mathematik-lehramtsstudierende mit ausgezeichneten Studienleistungen trainiert, die kurz vor ihremStaatsexamen standen oder dieses bereits erfolgreich absolviert hatten.

Alle Lehrerantworten wurden zunächst von jeweils zwei dieser acht Studierenden ge-trennt kodiert. Die Interraterreliabilität war als befriedigend bis gut zu bezeichnen: Wertefür den Generalisierbarkeitskoeffizienten ρ (vgl. SHAVELSON/WEBB 1991) lagen im Mit-tel über .80. Falls die beiden Kodierer nicht miteinander übereinstimmten, diskutierten siedie jeweilige Lehrerantwort und kamen dann übereinstimmend zu einem Score. DieseScores wurden genutzt, um mit Hilfe von zwei-parametrischen Item-Response-Modellen

532 M. Kunter u.a.: Professionswissen von Mathematiklehrkräften

und mit dem Programm Parscale 4 (vgl. MURAKI/BOCK 1996) jeweils einen globalenWLE-Score (vgl. WARM 1989) für das Fachwissen und das fachdidaktische Wissen fürjede Lehrkraft zu bestimmen. Die WLE-Scores wurden anschließend für die untersuchteGesamtstichprobe z-standardisiert (M = 0; SD = 1). Beide Skalen zur Erfassung des pro-fessionellen Wissens hatten befriedigende Gesamtreliabilitäten (CK: Alpha = .83; PCK:Alpha = .78). Die Korrelation zwischen den Scores für das Fachwissen und das fachdi-daktische Wissen lag bei r = .60, das heißt Fachwissen und fachdidaktisches Wissen sindinterdependent, aber auch klar voneinander zu unterscheiden.Indikatoren der beruflichen Ausbildung und Fortbildung. Um die unterschiedlichenSchwerpunkte der Lehramtsausbildung abzubilden (vgl. Abschnitt 1.3), haben wir dieLehrkräfte in drei Gruppen eingeteilt. Das erste Einteilungskriterium war, ob sie ihreAusbildung in der DDR (diese bezeichnen wir nachfolgend als DDR-Lehrkräfte, es han-delt sich zum größten Teil (75%) um Diplomlehrer) oder in der Bundesrepublik Deutsch-land absolvierten. Letztere haben wir danach unterteilt, ob sie ein Studium für das Gym-nasiallehramt absolviert haben (diese bezeichnen wir nachfolgend als Gymnasiallehr-kräfte) oder nicht (diese bezeichnen wir nachfolgend als Nicht-Gymnasiallehrkräfte).Vorabanalysen, in denen Lehrkräfte aller nicht-gymnasialen Zugänge untereinander ver-glichen wurden, legten es nahe, diese zu einer Kategorie zusammenzufassen. DieseZusammenfassung macht aus inhaltlichen Überlegungen heraus Sinn, da sich die Aus-bildung von Lehrkräften an Haupt- und Realschulen stark überlappt (in einigen Bundes-ländern ist die Ausbildung sogar identisch).

Als Erfolgsindikatoren des ersten Ausbildungsabschnittes verwendeten wir die je-weiligen Abschlussnoten in Mathematik. Bei den Gymnasial- und Nicht-Gymnasial-Lehr-kräften handelte es sich um die Staatsexamensnoten und bei den DDR-Lehrkräften um dieNoten der Hauptprüfung in Mathematik. Um mögliche systematische Unterschiede in denBewertungsmaßstäben zwischen den Lehramtszugängen zu kontrollieren, wurden dieNoten für die korrelativen Analysen innerhalb der Lehramtszugänge z-standardisiert (M =0; SD = 1). Bessere Noten entsprechen kleineren Werten. Daher würde z.B. eine negativeKorrelation zwischen Noten und Fachwissen bedeuten, dass bessere Abschluss-Noten miteiner höheren Leistung in unserem Wissenstest korrespondieren.

Als Indikatoren der Berufserfahrung nutzten wir die Angaben der Lehrkräfte, wie vieleJahre sie (einschließlich der Referendariatszeit/Vorbereitungszeit) am Ende des Schuljah-res 2004 unterrichtet haben werden. Weiterhin fragten wir nach der Anzahl der besuchtenberuflichen Fortbildungen sowie die dafür jeweils aufgewendete Stundenanzahl seit demJahr 2001. In unseren Analysen verwenden wir als Fortbildungsindikator die Summe derStunden, die insgesamt für die Fortbildungen aufgewendet wurden.

2.3 Stichprobe

Insgesamt basieren die folgenden Analysen auf Daten von 195 Mathematiklehrkräften,die im Jahr 2004 eine 10. Klasse an Sekundarschulen, Regelschulen, Mittelschulen, Real-schulen, Gesamtschulen oder Gymnasien unterrichteten. Wie in Abschnitt 2.1 beschriebenwurde, lagen keine Daten von Lehrkräften vor, die an Hauptschulen unterrichteten.

Für die verwendete Analysestichprobe lagen vollständige Daten für den Lehramts-zugang und die Skala zur Erfassung des fachdidaktischen Wissens vor. Das mittlere Alterlag bei 47,2 Jahren (SD 8,4 Jahre; bei 2 Lehrkräften fehlte die Altersangabe) und 90 der

Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 9. Jahrg., Heft 4/2006, S. 521-544 533

195 Lehrkräfte (das entspricht 46,2%) waren Lehrerinnen. Statistiken der untersuchtenLehrkräfte in Abhängigkeit ihrer Lehramtszugänge (entsprechend unserer Einteilung) sindin Tabelle 1 eingetragen. Die untersuchten Lehrkräfte verteilten sich in nahezu gleicherAnzahl auf die drei unterschiedenen Gruppen. Aus Tabelle 1 wird auch deutlich, dass diemeisten (86,9 %) der 61 Gymnasiallehrkräfte am Gymnasium unterrichten, und Nicht-Gymnasiallehrkräfte überwiegend (81,1 %) an Realschulen lehren. Im Gegensatz hierzuverteilten sich die DDR-Lehrkräfte deutlich gleichmäßiger über alle Schulformen.

Tabelle 1: Stichprobenbeschreibung in Abhängigkeit des Lehramtszugangs

Lehramtszugang N Alter [in Jahren] % weiblich Schulform, an der unterrichtet wird

M SD SEK RS GS GYGY 61 46.4 10.4 39.3 1.6% 3.3% 8.2% 86.9%NGY 74 48.4 8.0 37.8 0,0% 81.1% 13.5% 5.4%DDR 60 46.7 6.2 63.3 36.7% 8.3% 13.3% 41.7%

Insgesamt 195 47.2 8.4 46.2 11.8% 34.4% 11.8% 42.1%

Anmerkung: GY: Gymnasiallehrkräfte; NGY: Nicht-Gymnasiallehrkräfte; DDR: DDR-Lehrkräfte. Füreine Klassifikationsbeschreibung der Lehramtszugänge s. Text. SEK: Sekundarschulen, Regelschulenund Mittelschulen; RS: Realschule; GS: Gesamtschule; GY: Gymnasium

2.4 Umgang mit fehlenden Werten und statistische Signifikanztests

Bei einigen Variablen, die wir für unsere Analysen verwendeten, lagen nicht von allenLehrkräften gültige Werte vor. Die Anzahl fehlender Werte lag zwischen 1.0 Prozent (beider Berufserfahrung) und 20.0 Prozent (bei der Mathematiknote im ersten Ausbildungs-abschnitt). Zur optimalen Ausschöpfung unserer Stichprobe wurden fehlende Werte perMultipler Imputation ersetzt (mit dem Programm Norm 2.03; vgl. SCHAFER 2000). Dieangegebenen Korrelationen im Text entsprechen den mittleren Korrelationen, die überzehn imputierte Datensätze berechnet wurden. Die statistische Signifikanz der Korrelatio-nen wurde ebenfalls anhand dieser zehn imputierten Datensätze entsprechend der Formelvon RUBIN (vgl. 1987) berechnet (vgl. GRAHAM/CUMSILLE/ELEK-FISK 2003 für einenguten nicht-technischen Überblick zum Umgang mit fehlenden Werten). Als Signifikanz-kriterium legten wir p < .05 fest.

3 Ergebnisse

Bei der Darstellung der Ergebnisse gehen wir zunächst darauf ein, wie sich das Fachwis-sen und das fachdidaktische Wissen von Mathematiklehrkräften in Abhängigkeit derLehramtszugänge unterscheidet. Darauf folgen Ergebnisse zur differenziellen Nutzungvon Lernangeboten. Hierbei untersuchen wir den Zusammenhang zwischen den Facettenvon Professionswissen und Studienerfolg, Berufserfahrung sowie beruflicher Fortbildung.

534 M. Kunter u.a.: Professionswissen von Mathematiklehrkräften

3.1 Unterschiede im Fachwissen in Abhängigkeit institutionellerUnterschiede der Lehrerbildung

Lehrkräfte unterschiedlicher Lehramtszugänge unterschieden sich im Mittel deutlich hin-sichtlich ihres Fachwissens (vgl. Abb. 3). So verfügten die Gymnasiallehrkräfte hypothe-senkonform über deutlich mehr Fachwissen als Nicht-Gymnasiallehrkräfte und DDR-Lehrkräfte4. Weiterhin erzielten Nicht-Gymnasiallehrkräfte geringere Leistungen imFachwissen als DDR-Lehrkräfte. Alle paarweisen Unterschiede zwischen den Lehrkräftenunterschiedlicher Lehramtszugänge waren statistisch signifikant (Gymnasiallehrkräfte vs.Nicht-Gymnasiallehrkräfte, z = 8.782, p < .05; Gymnasiallehrkräfte vs. DDR-Lehrkräfte,z = 6.199, p < .05; Nicht-Gymnasiallehrkräfte vs. DDR-Lehrkräfte, z = -2.477, p < .05; mitz als standardnormalverteilte Prüfgröße).

Abbildung 3: Mittelwerte und 95%-Konfidenzintervalle für das Fachwissen und dasfachdidaktische Wissen von Mathematiklehrkräften in Abhängigkeit vomLehramtszugang. Die Indikatoren für das Fachwissen und fachdidaktischeWissen waren für die Gesamtstichprobe z-standardisiert (M = 0, SD = 1).Die Mittelwertsunterschiede für das fachdidaktische Wissen bei gleichemNiveau des Fachwissens basieren auf einer Regressionsanalyse. Für eineKlassifikationsbeschreibung der Lehramtszugänge s. Text.

Um der wichtigen Frage nachzugehen, ob bereits vor Antritt des Studiums bestehendeWissensunterschiede zwischen den Lehrkräften die gefundenen Unterschiede erklärenkönnen, untersuchten wir die Unterschiede zwischen den Lehrkräftegruppen auch unterKontrolle der Durchschnittsnote im Abitur. Um mögliche systematische Unterschiede inden Benotungsstandards zu kontrollieren, wurden die Abiturnoten für die DDR-Lehrkräf-te sowie für die übrigen Lehrkräfte jeweils z-standardisiert. Die Ergebnisse zeigten je-doch, dass sich auch bei Kontrolle der Abiturnote die Lehrkräfte unterschiedlicher Lehr-ämter systematisch im Fachwissen unterschieden (Fachwissen kontrolliert für Abiturnote:

Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 9. Jahrg., Heft 4/2006, S. 521-544 535

Gymnasiallehrkräfte vs. Nicht-Gymnasiallehrkräfte z = 8.237, p < .05; Gymnasiallehr-kräfte vs. DDR-Lehrkräfte z = 5.973, p < .05; Nicht-Gymnasiallehrkräfte vs. DDR-Lehr-kräfte z = -2.317, p < .05).

An dieser Stelle kann festgehalten werden, dass hypothesenkonform Lehrkräfte mitGymnasialzugang bessere Leistungen im Fachwissen erzielten als Nicht-Gymnasiallehr-kräfte. Was Lehrkräfte betrifft, die ihre Lehrerbildung in der ehemaligen DDR absolvier-ten, so liegen die Leistungen unter den Werten der Gymnasiallehrkräfte, aber über denender Nicht-Gymnasiallehrkräfte.

3.2 Unterschiede im fachdidaktischen Wissen in Abhängigkeit institutionellerUnterschiede der Lehrerbildung

Wie im Fachwissen unterschieden sich Lehrkräfte unterschiedlicher Lehramtszugänge auchdeutlich hinsichtlich ihres fachdidaktischen Wissens (Abb. 3). Wie aufgrund des Leistungs-vorsprungs im Fachwissen zu erwarten war, verfügten die Gymnasiallehrkräfte im Vergleichzu den anderen Lehrkräften im Mittel über deutlich mehr fachdidaktisches Wissen. Im Ge-gensatz zum Fachwissen erzielten jedoch die Nicht-Gymnasiallehrkräfte im fachdidakti-schen Wissen bessere Leistungen als die DDR-Lehrkräfte. Alle paarweisen Unterschiedezwischen den Lehrkräften unterschiedlicher Lehramtszugänge hinsichtlich ihres fachdidak-tischen Wissens waren statistisch signifikant (Gymnasiallehrkräfte vs. Nicht-Gymnasial-lehrkräfte z = 3.035, p < .05; Gymnasiallehrkräfte vs. DDR-Lehrkräfte z = 5.415, p < .05;Nicht-Gymnasiallehrkräfte vs. DDR-Lehrkräfte z = 3.115, p < .05). Weiterhin blieben dieseUnterschiede auch bei Kontrolle der Abiturnote (als Indikator möglicher Vorwissensunter-schiede) bestehen (fachdidaktisches Wissen kontrolliert für Abiturnote: Gymnasiallehrkräftevs. Nicht-Gymnasiallehrkräfte z = 2.571, p < .05; Gymnasiallehrkräfte vs. DDR-Lehrkräftez = 5.166, p < .05; Nicht-Gymnasiallehrkräfte vs. DDR-Lehrkräfte z = 3.329, p < .05).

Bei den bisherigen Analysen blieb jedoch die Annahme unbeachtet, dass das mathe-matische Fachwissen eine wichtige Voraussetzung für das fachdidaktische Wissen ist (vgl.BALL/LUBIENSKI/MEWBORN 2001; TERHART 2002). Wir argumentierten, dass aufgrund derdifferenziellen Lerngelegenheiten bei gleichem mathematischen Fachwissen Lehrkräfte mitnicht-gymnasialem Lehramtszugang oder Lehramtsausbildung in der ehemaligen DDR bes-sere Leistungen im fachdidaktischen Wissen erzielen sollten als Lehrkräfte mit gymna-sialem Lehramtszugang. Diese Annahme wurde teilweise gestützt, wie eine regressions-analytische Auswertung zeigte (Abb. 3 stellt die damit korrespondierenden erwarteten Mit-telwerte dar): Bei gleichem Fachwissen war die mittlere Leistung der Nicht-Gymnasial-lehrkräfte um .31 Standardabweichungen besser als die der Gymnasiallehrkräfte. (DieseDifferenz war auch statistisch signifikant: z = 2.389, p < .05). Bei gleichem Fachwissen ver-ringerte sich auch der mittlere Abstand zwischen DDR-Lehrkräften und Gymnasiallehr-kräften deutlich: Der zwar immer noch statistisch signifikante (z = 2.219, p < .05) Leis-tungsvorsprung reduzierte sich deutlich von .94 Standardabweichungen auf .33 Standard-abweichungen. Dieses Befundmuster konnte auch gefunden werden, wenn noch zusätzlichdie Abiturnote als Indikator für möglicherweise bestehende Vorwissensunterschiede kontrol-liert wurde. Ferner vergrößerte sich unter der Annahme, dass die Lehrkräfte gleiche Leis-tungen im Fachwissen aufweisen, der mittlere Leistungsabstand von Nicht-Gymnasiallehr-kräften zu DDR-Lehrkräften von .44 auf .66 Standardabweichungen (das korrespondierendeRegressionsgewicht war auch statistisch signifikant mit z = 5.068, p < .05).

536 M. Kunter u.a.: Professionswissen von Mathematiklehrkräften

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass – wie auch beim Fachwissen – Gymnasiallehr-kräfte die besten Leistungen im fachdidaktischen Wissen erzielten. Berücksichtigte manjedoch die Annahme, dass das mathematische Fachwissen eine wichtige Voraussetzungfür das fachdidaktische Wissen ist (vgl. BALL/LUBIENSKI/MEWBORN 2001; TERHART2002), dann kehrten sich die Leistungsunterschiede (beim Vergleich von Gymnasiallehr-kräften und Nicht-Gymnasiallehrkräfte) um oder verringerten sich zumindest deutlich(beim Vergleich von Gymnasiallehrkräften und DDR-Lehrkräften).

Aufgrund der gefundenen systematischen Mittelwertsunterschiede zwischen Lehrkräf-ten mit unterschiedlichen Lehrämtern haben wir in den nachfolgenden Analysen den Zu-sammenhang des professionellen Wissens mit dem Studienerfolg und mit der Berufs-erfahrung sowie beruflicher Fortbildung einerseits für die Gesamtstichprobe und anderer-seits für die drei Lehrkräftegruppen getrennt analysiert. Durch die getrennte Analyse ist esmöglich, differenzierte Befundmuster in Abhängigkeit des Lehramtszugangs zu erhaltenund gleichzeitig für die gefundenen Mittelwertsunterschiede im Fachwissen und im fach-didaktischen Wissen (statistisch) zu kontrollieren.

3.3 Studienerfolg

Im Anschluss an die Frage nach institutionell-strukturellen Unterschieden der Lehrerbildunggehen wir nun darauf ein, inwiefern der Studienerfolg (als Indikator einer differenziellenNutzung von Lernangeboten) mit dem Fachwissen und dem fachdidaktischen Wissen zu-sammenhängt. In der Gesamtstichprobe korrelierte erwartungskonform die (z-standardisier-te) Mathematiknote mit dem Fachwissen mit r = -.21 (p < .05) und mit dem fachdidakti-schen Wissen zu r = -.22 (p < .05). Es zeigte sich also, dass Lehrkräfte mit besseren Stu-dienleistungen (indiziert durch die jeweiligen Mathematiknoten) bessere Leistungen imFachwissen und im fachdidaktischen Wissen erzielten (Tab. 2). Dieses Befundmuster zeigtesich deskriptiv auch dann, als wir die Analysen getrennt für die jeweiligen Lehramtszugän-ge durchführten. Hierbei war der Zusammenhang zwischen der Mathematiknote im erstenStaatsexamen und dem professionellen Wissen bei den Gymnasiallehrkräften am straffsten.

Insgesamt ist also festzuhalten, dass der Studienerfolg (indiziert durch die Noten inMathematik) mit dem Fachwissen und dem fachdidaktischen Wissen zusammenhängt.

Tabelle 2: Korrelativer Zusammenhang zwischen Erfolgsindikatoren der Ausbildung unddem Fachwissen und dem fachdidaktischen Wissen von Mathematiklehrkräften

Lehramtszugang Mathematiknote M SD Min Max Korrelationmit Fachwissen

Korrelation mitfachdidaktischem Wissen

GY 1. Staatsexamen 2.1 0.9 1 4 -.36* -.37*NGY 1. Staatsexamen 2.4 0.7 1 4 -.15* -.16*DDR Hauptprüfung 2.6 0.6 1 4 -.24* -.20*

Insgesamt 1. Staatsexamen/Hauptprüfung

-- -- -- -- -.21* -.22*

* p < .05 (zweiseitiger Test)Anmerkung: Univariate Statistiken (M, SD, Min: Minimum, Max: Maximum) basieren auf den Lehrer-angaben mit gültigen Werten. Um mögliche systematische Unterschiede in den Bewertungsmaßstäbenzwischen den Lehramtszugängen zu kontrollieren, wurden die Noten zur Berechnung der Korrelationeninnerhalb der Lehramtszugänge z-standardisiert (M = 0, SD = 1). Daher wurden auch für die Ge-samtstichprobe („Insgesamt“) keine univariaten Statistiken in Tabelle 2 eingetragen.

Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 9. Jahrg., Heft 4/2006, S. 521-544 537

Die eingetragenen Korrelationen entsprechen den mittleren Korrelationen, die über zehn imputierteDatensätze gemittelt wurden. GY: Gymnasiallehrkräfte; NGY: Nicht-Gymnasiallehrkräfte; DDR: DDR-Lehrkräfte. Für eine Klassifikationsbeschreibung der Lehramtszugänge s. Text.

Die bisherigen Befunde konnten zeigen, dass Aspekte des Studiums einen deutlichen Er-klärungswert für die beobachteten Unterschiede im fachspezifischen Professionswissenaufweisen. Nachfolgend betrachten wir nun, welche zusätzlichen – über Bedingungen desStudiums hinausgehenden – Faktoren, als Erklärungsvariablen in Frage kommen.

3.4 Berufserfahrung

Bei einer globalen Betrachtung der Gesamtstichprobe zeigte sich zunächst, dass Mathe-matiklehrkräfte mit kürzerer Berufserfahrung tendenziell bessere Leistungen in den Testszur Erfassung des professionellen Wissens erzielten (Tab. 3, Fachwissen: r = -.18, p < .05;fachdidaktisches Wissen: r = -.14, p < .05). Bei einer Interpretation dieses Befundes istaber das differenzielle Befundmuster in Abhängigkeit des Lehramtszugangs zu beachten.Bei Nicht-Gymnasiallehrkräften war nur ein geringfügiger (und statistisch nicht-signifi-kanter) negativer Zusammenhang mit Fachwissen und nahezu kein Zusammenhang mitdem fachdidaktischen Wissen zu beobachten. Bei Gymnasiallehrkräften bestand kein sys-tematischer Zusammenhang mit dem professionellen Wissen. Jedoch erzielten DDR-Lehrkräfte mit geringerer Berufserfahrung tendenziell bessere Leistungen im Fachwissen(r = -.32, p < .05) und im fachdidaktischen Wissen (r = -.34, p < .05). Das heißt, der ne-gative Zusammenhang in der Gesamtstichprobe war vornehmlich auf die DDR-Lehrkräftezurückzuführen.

Tabelle 3: Korrelativer Zusammenhang zwischen Berufserfahrung und beruflichenFortbildungsstunden und dem Fachwissen und dem fachdidaktischen Wissenvon Mathematiklehrkräften

Lehramtszugang Berufserfahrung/Fortbildungsstunden

M SD Min Max Korrelationmit Fachwissen

Korrelation mitfachdidaktischem Wissen

GY Berufsjahre 18.9 10.9 3 42 .02* .00*Fortbildungsstunden 43.1 60.5 0 366 -.01* .09*

NGY Berufsjahre 21.4 10.5 1 37 -.16* -.06*Fortbildungsstunden 37.4 42.0 0 271 .06* .13*

DDR Berufsjahre 23.1 7.1 7 40 -.32* -.34*Fortbildungsstunden 47.8 57.7 0 369 .27* .12*

Insgesamt Berufsjahre 21.1 9.8 1 42 -.18* -.14*Fortbildungsstunden 42.5 53.2 0 369 .11* .10*

* p < .05 (zweiseitiger Test)Anmerkung: Univariate Statistiken (M, SD, Min: Minimum, Max: Maximum) basieren auf den Lehreran-gaben mit gültigen Werten. Die eingetragenen Korrelationen entsprechen den mittleren Korrelationen, dieüber zehn imputierte Datensätze gemittelt wurden. GY: Gymnasiallehrkräfte; NGY: Nicht-Gymnasial-lehrkräfte; DDR: DDR-Lehrkräfte. Für eine Klassifikationsbeschreibung der Lehramtszugänge s. Text.

Bei den vorangegangenen Analysen ist nun zu bedenken, dass berufserfahrenere Lehr-kräfte in der Regel auch ältere Lehrkräfte sind (die korrespondierende Korrelation lag inder Gesamtstichprobe bei r = .91; Gymnasiallehrkräfte: r = .95; Nicht-Gymnasiallehrkräf-

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te: r = .88; DDR-Lehrkräfte: r = .94). Angesichts der sehr hohen Korrelation zwischen Al-ter und Berufserfahrung überraschte es nicht, dass auch die Korrelationen zwischen demAlter und den Facetten des Professionswissens in ähnlicher Höhe lagen wie für die Be-rufserfahrung: Gesamtstichprobe: rFachwissen = -.15, p < .05; rfachdidaktisches Wissen = -.10, p > .05;Gymnasiallehrkräfte: rFachwissen = -.11, p > .05; rfachdidaktisches Wissen = -.08, p > .05; Nicht-Gymnasiallehrkräfte: rFachwissen = -.02, p > .05; rfachdidaktisches Wissen = .04, p > .05; DDR-Lehrkräfte: rFachwissen = -.33, p < .05; rfachdidaktisches Wissen = -.36, p < .05).

Zusammengefasst machen diese Analysen (erwartungskonform) deutlich, dass einegrößere Berufserfahrung alleine nicht mit mehr Fachwissen oder mehr fachdidaktischemWissen einherging. Vielmehr zeigte sich für die DDR-Lehrkräfte sogar der umgekehrteZusammenhang. Bei der Interpretation dieser Effekte sind mögliche Kohorteneffekte zubeachten: So sind natürlich die Länge der Berufserfahrung sowie das Alter der Lehrkräftestark konfundiert mit dem Zeitpunkt der Lehramtsausbildung. Möglicherweise spiegelnalso die gefundenen negativen Zusammenhänge zwischen Berufserfahrung und den Fa-cetten des Professionswissens für die DDR-Lehrkräfte auch systematische Veränderungenin der Lehramtsausbildung in der ehemaligen DDR wider. Von Interesse wäre hier nun,ob der in den 1980er-Jahren vollzogene Wechsel der Lehrerausbildung in der DDR aus-schlaggebend ist. Diese Frage lässt sich leider anhand unseres Datensatzes auf Grund derrelativ geringen Fallzahlen nicht beantworten.

3.5 Fortbildungen

Tabelle 3 führt auch die Befunde zum Zusammenhang zwischen Fortbildungsstunden unddem fachspezifischen Wissen auf. Der Blick auf die deskriptiven Statistiken zeigt zu-nächst, dass die Lehrkräfte nach eigenen Angaben im Mittel 42.5 Fortbildungsstunden ab-solvierten (Zeitraum von 2001 bis April 2004), was einem Durchschnitt von etwa zehnFortbildungsstunden im Jahr entspricht. Tendenziell berichten DDR-Lehrkräfte von dergrößten Menge an Fortbildungen, die beobachteten Unterschiede lassen sich jedoch nichtstatistisch absichern. In der Gesamtstichprobe erzielten Lehrkräfte mit mehr Fortbildungs-stunden erwartungskonform tendenziell bessere Leistungen in den Tests zur Erfassungdes professionellen Wissens (Tab. 3, Fachwissen: r = .11, p > .05; fachdidaktisches Wis-sen: r = .10, p > .05). Jedoch waren die entsprechenden Korrelationen nicht statistisch si-gnifikant von Null verschieden. Weiterhin zeigte sich ein differenzielles Befundmuster inAbhängigkeit des Lehramtszugangs und in Abhängigkeit davon, ob man auf das Fachwis-sen oder auf das fachdidaktische Wissen fokussierte. Tendenziell erzielten Lehrkräfte al-ler drei Lehramtszugänge mit mehr Fortbildungsstunden etwas bessere Leistungen imfachdidaktischem Wissen. Jedoch waren diese Zusammenhänge nicht statistisch signifi-kant von Null verschieden. Mit Blick auf das Fachwissen machte es für Nicht-Gymnasial-lehrkräfte und Gymnasiallehrkräfte keinen Unterschied, ob sie viele oder wenige Fortbil-dungsstunden aufwiesen. Jedoch hatten DDR-Lehrkräfte mit einer höheren Stundenanzahlan Fortbildungen statistisch signifikant bessere Leistungen im Fachwissenstest (r = .27, p< .05).

Insgesamt deuten diese Ergebnisse daraufhin, dass fachbezogenes Wissen (wie wir esin unserem Test operationalisiert haben) unabhängig von der Fortbildungsmenge variiert.Die Bedeutung dieses Befunds soll nun in der abschließenden Diskussion genauer be-trachtet werden.

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4 DiskussionWelche Zusammenhänge bestehen zwischen Unterschieden des fachspezifischen Profes-sionswissens von Mathematiklehrkräften mit der Lehrerausbildung und der beruflichenFortbildung? Die wichtigsten Ergebnisse unserer Studie lassen sich wie folgt anhandmehrerer Fragen zusammenfassen:

Gibt es Zusammenhänge zwischen dem professionellen Wissen von Mathematik-lehrkräften und institutionellen Unterschieden in der Lehrerausbildung? – Ja, denn Mathe-matiklehrkräfte mit unterschiedlichem Lehramtszugang unterschieden sich (erwartungskon-form) hinsichtlich ihres Fachwissens und ihres fachdidaktischen Wissens. Es war ein deutli-cher Zusammenhang (mit Effektstärken von über einer Standardabweichung zwischen denGruppen) zwischen den Lehramtszugängen und Unterschieden im Professionswissen zu be-obachten. Dieses Ergebnismuster legt nahe, dass der Erwerb des Fachwissens und des fach-didaktischen Wissens zu einem nicht unerheblichen Teil mit Unterschieden in der Lehr-amtsausbildung (und dem damit verbundenen differenziellen Zugang zu strukturiertenLernmöglichkeiten) verbunden ist. Die systematischen Leistungsunterschiede sind nicht aufVorwissensunterschiede zwischen den Studierenden unterschiedlicher Lehramtszugänge zu-rückzuführen, wie unsere Analysen mit der Abiturnote als Kovariate gezeigt haben. Ob dieUnterschiede auch bei Kontrolle anderer Dritt-Variablen (z.B. die allgemeine kognitive Fä-higkeit/die „Intelligenz“) bestehen bleiben, ist eine empirisch offene Frage.

Vor allem Gymnasiallehrkräfte zeigten in beiden Wissensfacetten die höchsten Werte.Angesichts des hohen Fachanteils in diesem Studium war dies für den Fachwissenstest zuerwarten, während die höheren Werte im fachdidaktischen Test aufgrund des geringerenAnteils im Studium zunächst kontraintuitiv sind. Eine Erklärung für das empirisch nach-weisbar höhere fachdidaktische Wissen von Gymnasiallehrkräften könnte sein, dass sieaufgrund ihres besseren Fachwissens sich auch das fachdidaktische Wissen besser an-eignen können, das sie benötigen, um Schülern mathematische Inhalte verfügbar zu ma-chen (vgl. unsere Definition des fachdidaktischen Wissens in Abschnitt 1.1). So argu-mentieren beispielsweise BALL/LUBIENSKI/MEWBORN (vgl. 2001), dass das tiefe Durch-dringen mathematischer Konzepte eine zentrale Voraussetzung für das erfolgreiche Un-terrichten des Faches Mathematik ist.

Interessant war nun, dass beim Vergleich von Lehrkräften mit gleichem Fachwissen,aber unterschiedlichem Lehramtszugang die Nicht-Gymnasiallehrkräfte besser im fach-didaktischen Wissen abschnitten als Gymnasiallehrkräfte und sich der Leistungsvorsprungder Gymnasiallehrkräfte gegenüber den DDR-Lehrkräften deutlich verringerte. Dieser Be-fund weist daraufhin, dass die stärkere fachdidaktische Ausbildung im Studium, die die nicht-gymnasialen Lehrkräfte durchliefen, wie auch die praxisnahe Ausrichtung der DDR-Lehr-kräfte, sich durchaus günstig auf das unterrichtsbezogene fachdidaktische Wissen auswir-ken könnten. Zusammengenommen legen die Befunde nahe, dass sowohl das institutio-nelle Angebot von fachlichen, aber auch fachdidaktischen Wissensinhalten im Studiumbedeutsam für den Aufbau korrespondierender Wissensarten ist.

Vor dem Hintergrund der Überlegenheit der Gymnasiallehrkräfte im fachlichen aberauch fachdidaktischen Wissen könnte man vermuten, dass diese besonders gute Voraus-setzungen haben, fachlich gehaltvolle Lernumgebungen zu gestalten. Hierbei ist jedoch zubedenken, dass das von uns konzeptualisierte Wissen nur einen Ausschnitt relevanterLehrerkompetenzen und hier insbesondere eher theoretisch-prozedurale Aspekte und we-niger tatsächliches Handeln abdeckt. In Unterrichtssituationen sind neben fachdidakti-

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schen Voraussetzungen selbstverständlich auch nicht-fachbezogene Fähigkeiten (z.B.Techniken der Klassenführung oder Sensibilität für soziale Belange) entscheidend dafür,ob es einer Lehrkraft gelingt, eine gehaltvolle und anregende Lernumgebung zu kreieren(vgl. BROMME 1997; SHULMAN 1986, 1987). Einige Studien zeigen, dass Gymnasiallehr-kräften von ihren Schülern im Vergleich zu Lehrkräften an anderen Schulformen (undhier insbesondere im Vergleich zu Lehrkräften an Hauptschulen) deutlich weniger be-scheinigt wird, dass sie die Schüler individuell in ihrem Lernen unterstützen (vgl.BAUMERT u.a. 2004; KUNTER u.a. 2005). Eine Antwort auf die Frage nach der bestenLehrkraft ist also vom herangezogenen Bewertungskriterium abhängig.

Verfügen Lehrkräfte, die im Studium erfolgreicher waren, über mehr professionelles Wis-sen? – Ja, weil diejenigen Lehrkräfte, die im Studium in Mathematik bessere Noten er-zielten, ebenfalls höhere Leistungen im Fachwissen und im fachdidaktischen Wissen er-reichten. Dieses Befundmuster lässt vermuten, dass die untersuchten Mathematiklehr-kräfte Teile ihres Fachwissens und ihres fachdidaktischen Wissens bereits im ersten uni-versitären Ausbildungsabschnitt erworben haben. Weiterhin legt dieser Befund nahe, dass– wie BALL und Kollegen (vgl. 2001) annehmen – ein umfangreicheres mathematischesFachwissen den Erwerb von fachdidaktischem Wissen in Mathematik begünstigt. DieseAnnahme ist auch gut mit dem Befund vereinbar, dass Fachwissen und fachdidaktischesWissen stark miteinander korrelierten (s. Abschnitt 2.2).

Verfügen berufserfahrenere Lehrkräfte zwangsläufig über mehr fachdidaktisches Wissen?– Nein, denn bei Lehrkräften mit Gymnasialzugang und (wenn auch etwas weniger deut-lich) bei den Lehrkräften, die einen nicht-gymnasialen Lehramtszugang hatten, zeigte sichkein systematischer Zusammenhang zwischen Berufserfahrung und den Facetten des pro-fessionellen Wissens. Bei Lehrkräften, die ihre Ausbildung in der ehemaligen DDR ab-solviert haben, verfügten Lehrkräfte mit weniger Berufserfahrung tendenziell gesehen so-gar über etwas mehr Fachwissen und über etwas mehr fachdidaktisches Wissen. In die-sem Zusammenhang erinnern wir an die Argumentation, dass Lehrkräfte im Gegensatzzum Studium in der Zeit der tatsächlichen Berufsausübung nicht mehr per se strukturierteLerngelegenheiten vorfinden. Somit kann man ausgehend von den Befunden zum Kom-petenzerwerb annehmen, dass Berufs- und Unterrichtserfahrung alleine nicht automatischzu einer Verbesserung des fachdidaktischen Wissens führen. Das Zusammenhangsmusterzwischen Berufserfahrung und fachspezifischen Aspekten des Professionswissens stütztdiese Annahme. Weiterhin deuten die Analysen mit dem Alter der Lehrkräfte darauf hin,dass die gefundenen negativen Zusammenhänge zwischen Berufserfahrung und den Fa-cetten des Professionswissens bei DDR-Lehrkräften auch systematische Veränderungenin der Lehramtsausbildung in der ehemaligen DDR widerspiegeln könnten.

Erhöht berufliche Fortbildung zwangsläufig das fachbezogene Wissen? – Nein, denn inder von uns untersuchten Gesamtstichprobe waren die beruflichen Fortbildungsstunden(ausgenommen der Befund für das Fachwissen für DDR-Lehrkräfte) weder mit demFachwissen noch mit dem fachdidaktischen Wissen substanziell assoziiert. Dieser Befundspricht zunächst gegen die Annahme, dass – wie man auf Grundlage der theoretischenAnsätze zum Kompetenzerwerb (vgl. BEREITER/SCARDAMALIA 1993; DUNN/SHRINER1999; ERICSSON/CHARNESS 1994; ERICSSON/KRAMPE/TESCH-RÖMER 1993) erwartenkann – Lehrkräfte ihr fachdidaktisches Wissen und ihr Fachwissen verbessern, wenn siestrukturierte Lerngelegenheiten im Rahmen von berufsbegleitenden Fortbildungen nutzen.

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Zunächst ist natürlich aus methodischer Sicht einschränkend zu sagen, dass wir mit derFrage nach dem Fortbildungsumfang (erfasst durch die Zahl der absolvierten Stunden) einsehr globales und nicht mathematikspezifisches Maß verwendeten, was allerdings in die-ser Form in vielen Studien eine gängige Form der Erfassung darstellt (vgl. PALMER u.a.2005). Inwieweit eine stärker inhaltsbezogene Einstufung von Fortbildungen nützlich ist,um den Zusammenhang mit den Wissensfacetten genauer zu betrachten, wird derzeit imProjekt überprüft.

An dieser Stelle ist aber auch festzuhalten, dass grundsätzlich die positive Wirkung vonberuflichen Fortbildungen von einer Reihe von Faktoren abhängig ist. Hierzu zählen mitLIPOWSKY (vgl. 2004) neben der Dauer der Fortbildung unter anderem

– ein enger fachdidaktischer Fokus auf wenige konkrete Probleme,– der systematische Wechsel zwischen theoretischem Input und praktischen Erprobungs-

phasen,– die unterrichtsbezogene Reflexion und differenzierte Rückmeldung an die Lehrkräfte,– der gegenseitige Austausch und die Zusammenarbeit im Kollegium sowie– eine Gestaltung der Fortbildung, die Lehrkräften selbstbestimmtes und eigenverant-

wortliches Lernen ermöglicht,

demnach diejenigen Komponenten, die deliberate practice definieren. Angesichts dieserlangen Reihe von Erfolgsfaktoren bleibt die Frage offen, inwiefern die Fortbildungen, dievon den untersuchten Lehrkräften besucht wurden, diesen Anforderungen gerecht wur-den.

Insgesamt gesehen konnte die vorliegende Studie zu Erklärungsansätzen für Unter-schiede im Fachwissen und fachdidaktischen Wissen nur ein erstes Schlaglicht auf dieseFrage werfen. Die Stärken der vorliegenden Untersuchung liegen klar darin, dass ein auseinem theoretischen Rahmenkonzept der Lehrerkompetenz abgeleiteter und empirisch re-liabler Test zur Erfassung des Fachwissens und des fachdidaktischen Wissens im Rahmeneiner größeren Stichprobe von Mathematiklehrkräften eingesetzt wurde. Einschränkungenunserer Studie sind darin zu sehen, dass wir nur querschnittliche Daten analysierten undsomit mögliche Erwerbsprozesse nicht direkt abbilden konnten. Weiterhin ist die Genera-lisierbarkeit unserer Befunde auf die Gesamtpopulation der Lehrkräfte in Deutschlandaufgrund des relativ geringen Stichprobenumfangs und aufgrund des systematischen Aus-schlusses von Hauptschullehrkräften stark eingeschränkt. Darüber hinaus erfassten unsereTests nicht alle Aspekte der Lehrerkompetenz. Vor allem unsere Operationalisierung desfachdidaktischen Wissens stützte sich auf die Leistung in einem Test, wohingegen hand-lungsnahe Aspekte des fachdidaktischen Wissens (z.B. die tatsächliche Reaktion auf kriti-sche Unterrichtssituationen) nicht erfasst wurden. Ebenso konnten aufgrund der Begren-zung der Gesamttestzeit natürlich nicht alle Aspekte des Fachwissens (z.B. Stochastik) inder erforderlichen Breite in den Test mit einbezogen werden. Eine Berücksichtigung die-ser beiden Punkte in zukünftigen Studien trägt sicherlich zu einer umfassenderen und op-timierten Erfassung fachspezifischer Kompetenzen von Lehrkräften bei.

Akzeptiert man diese Einschränkungen so zeigt unsere Studie, dass institutionelle Un-terschiede in der Art des Lehramtszugangs deutlich mit dem Umfang fachspezifischenWissens kovariieren. Es liegt also der Schluss nahe, dass bereits die erste Phase der Leh-rerbildung besondere Bedeutung für den Erwerb fachspezifischer Kompetenzen hat. Wei-terführende Studien sollten unseres Erachtens das fachliche und fachdidaktische Wissenvon Lehrkräften direkt mit Tests erfassen und längsschnittliche und/oder experimentelle

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Untersuchungsdesigns verwenden. Dieser methodische Ansatz würde es ermöglichen,empirisch untermauerte Aussagen über das Wechselspiel von Lernprozessen und Lern-strukturen im Studium zu machen. Mit solchen Forschungsdesigns können vor allem aberauch die Vorbereitungszeit sowie die beruflichen Fortbildungen beleuchtet werden, fürdie bisher nur vermutet werden kann, dass sie zum Erwerb von Fachwissen und fachdi-daktischem Wissen führen. Insgesamt könnten Ergebnisse dieser Studien dazu beitragen,bislang nur theoretisch formulierte Annahmen zum Kompetenzerwerb von Lehrkräftenempirisch zu erhärten und langfristig die Qualität der Aus- und Weiterbildung von Lehr-kräften zu verbessern.

Anmerkungen

1 COACTIV wurde gefördert durch Mittel der DFG (BA1461/2-2) im Rahmen des DFG-Schwerpunkt-programms „Bildungsqualität von Schule“.

2 Dies trifft für die meisten Bundesländer zu, Ausnahmen sind die Studiengänge in Berlin und Ham-burg. Für die untersuchte Stichprobe fallen diese Sonderfälle allerdings kaum ins Gewicht, da nurfünf Lehrkräfte ihren Lehramtszugang in einem der beiden Bundesländer erworben haben.

3 In der vorliegenden Arbeit gehen wir nicht auf die Vorbereitungsphase ein, da hier keine geeignetenIndikatoren für die Nutzung der Lernangebote erhoben werden konnten.

4 Aufgrund der von uns gewählten z-Standardisierung der WLE-Scores können die Ergebnisse so inter-pretiert werden, dass zum Beispiel Gymnasial-Lehrkräfte um 0.81 Standardabweichungen bessereFachwissensleistungen und um 0.53 Standardabweichungen bessere fachdidaktische Wissensleistungenim Vergleich zu einer durchschnittlichen Lehrkraft (der von uns untersuchten Stichprobe) erzielten.

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