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128 Sonderklassenversetzung oder integrative Förderung: Denken und handeln Lehrpersonen kulturell neutral? Andrea Lanfranchi Hochschule für Heilpädagogik Zürich Zusammenfassung: Im Rahmen eines Forschungsprojekts bei sechs Kantonen der deutschsprachigen Schweiz wurden die Prozesse der Zuweisung von Schulkindern aus dem Regelschulbereich zu den stark im Steigen begriffenen Maßnahmen der sonderpädagogischen Versorgung empirisch erfasst*. Unter welchen Bedingungen und aufgrund welcher Kriterien beantragen Lehrpersonen und Schulpsycholo- gen die Versetzung schulschwacher Kinder in Sonderklassen und Sonderschulen? Wann werden alter- nativ dazu integrative Schulungsformen oder sonderpädagogische Stütz- und Fördermaßnahmen ein- geleitet? In welchen Fällen streben die Beteiligten durch kollegiale oder Fachberatung Problemlösun- gen vor Ort an statt Delegation nach außen? Im Zentrum der Studie steht die Bearbeitung von zwei konstruierten Fallbeispielen von Problemschülern, bei denen der Vorname des Kindes und der Beruf des Vaters sowie die ethnische Herkunft der Familie systematisch variiert wurden. Die Ergebnisse zei- gen, dass diskriminierende Zuschreibungen die vorgeschlagene Zuweisungspraxis beeinflussen. Bei identischer Problemlage sondern Lehrpersonen in dieser Erhebung Unterschicht- und Migrationskin- der signifikant häufiger aus als Oberschicht- und Schweizer Kinder. Schlüsselbegriffe: Zuweisung, sonderpädagogische Angebote, Migrationskinder, Diskriminierung Transfer of Pupils to Special Classes or Integrative Schooling: Do Teachers Think and Act in a Culturally Neutral Way? Summary: Within the framework of a research project in six cantons of German speaking Switzerland, the transfer processes for pupils from regular school to special classes with diagnostically oriented teaching have been empirically recorded and evaluated. As such measures are constantly increasing, the author scrutinises the following questions: On what conditions and due to what criteria do tea- chers and school psychologists apply for a transfer of children with learning difficulties to special clas- ses or special schools? In what cases do they prefer integrative forms of schooling or individual spe- cial support and assistance as an alternative? In what cases do teachers and other professionals con- cerned strive for a problem solving on location instead of delegating the problems to outside-specialists? The research focuses upon two case studies of problem pupils, whose names, whose father’s profes- sion and whose ethnic background have been systematically varied. The results show that discrimi- nating attributions have an influence on the teachers’ referral decisions. Underclass children and child- ren with a migration background are segregated significantly more often than Swiss children and up- per-class children, even if they have identical problems. Keywords: Referral, special educational measures, immigrants, discrimination Fachbeitrag VHN, 76. Jg., S. 128 –141 (2007) © Ernst Reinhardt Verlag München Basel 1 Problemstellung 1.1 Zunahme der sonderpädagogischen Maßnahmen „Alle reden von Integration, und die Zahl der Sonderschüler steigt!?“ – so betitelte Schröder (1993) seine statistische Analyse über die Aus- sonderungsquoten in den deutschen Schulen der 1990er Jahre. Seither hat sich nichts We- sentliches an dieser Aussage verändert. In der Schweiz ist die Separation von Kindern mit be- sonderen Bedürfnissen nach wie vor im Steigen begriffen – trotz wissenschaftlich abgestützter Plädoyers, die Schule endlich integrationsfähi-

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Sonderklassenversetzung oder integrative Förderung:Denken und handeln Lehrpersonen kulturell neutral?

Andrea LanfranchiHochschule für Heilpädagogik Zürich

� Zusammenfassung: Im Rahmen eines Forschungsprojekts bei sechs Kantonen der deutschsprachigenSchweiz wurden die Prozesse der Zuweisung von Schulkindern aus dem Regelschulbereich zu den starkim Steigen begriffenen Maßnahmen der sonderpädagogischen Versorgung empirisch erfasst*. Unterwelchen Bedingungen und aufgrund welcher Kriterien beantragen Lehrpersonen und Schulpsycholo-gen die Versetzung schulschwacher Kinder in Sonderklassen und Sonderschulen? Wann werden alter-nativ dazu integrative Schulungsformen oder sonderpädagogische Stütz- und Fördermaßnahmen ein-geleitet? In welchen Fällen streben die Beteiligten durch kollegiale oder Fachberatung Problemlösun-gen vor Ort an statt Delegation nach außen? Im Zentrum der Studie steht die Bearbeitung von zweikonstruierten Fallbeispielen von Problemschülern, bei denen der Vorname des Kindes und der Berufdes Vaters sowie die ethnische Herkunft der Familie systematisch variiert wurden. Die Ergebnisse zei-gen, dass diskriminierende Zuschreibungen die vorgeschlagene Zuweisungspraxis beeinflussen. Beiidentischer Problemlage sondern Lehrpersonen in dieser Erhebung Unterschicht- und Migrationskin-der signifikant häufiger aus als Oberschicht- und Schweizer Kinder.

Schlüsselbegriffe: Zuweisung, sonderpädagogische Angebote, Migrationskinder, Diskriminierung

� Transfer of Pupils to Special Classes or Integrative Schooling:Do Teachers Think and Act in a Culturally Neutral Way?Summary: Within the framework of a research project in six cantons of German speaking Switzerland,the transfer processes for pupils from regular school to special classes with diagnostically orientedteaching have been empirically recorded and evaluated. As such measures are constantly increasing,the author scrutinises the following questions: On what conditions and due to what criteria do tea-chers and school psychologists apply for a transfer of children with learning difficulties to special clas-ses or special schools? In what cases do they prefer integrative forms of schooling or individual spe-cial support and assistance as an alternative? In what cases do teachers and other professionals con-cerned strive for a problem solving on location instead of delegating the problems to outside-specialists?The research focuses upon two case studies of problem pupils, whose names, whose father’s profes-sion and whose ethnic background have been systematically varied. The results show that discrimi-nating attributions have an influence on the teachers’ referral decisions. Underclass children and child-ren with a migration background are segregated significantly more often than Swiss children and up-per-class children, even if they have identical problems.

Keywords: Referral, special educational measures, immigrants, discrimination

Fachbeitrag

VHN, 76. Jg., S. 128 –141 (2007)© Ernst Reinhardt Verlag München Basel

1 Problemstellung

1.1 ZunahmedersonderpädagogischenMaßnahmen

„Alle reden von Integration, und die Zahl derSonderschüler steigt!?“ – so betitelte Schröder(1993) seine statistische Analyse über die Aus-

sonderungsquoten in den deutschen Schulender 1990er Jahre. Seither hat sich nichts We-sentliches an dieser Aussage verändert. In derSchweiz ist die Separation von Kindern mit be-sonderen Bedürfnissen nach wie vor im Steigenbegriffen – trotz wissenschaftlich abgestützterPlädoyers, die Schule endlich integrationsfähi-

Abb. 1: Gesamtheit sonderpädagogischer Maßnahmen im Kanton Zürich 1994–2003 (BildungsdirektionZürich 2005; Erklärung der Abkürzungen im Text)

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ger zu machen und trotz einer zunehmend in-tegrativ ausgerichteten Gesetzgebung in BundundKantonen.1 Bei Länder vergleichendenStu-dien zeigt sich sogar, dass die Schweiz Spitzen-reiterin imAussondern vonKindernmit Schul-schwierigkeiten ist. Vor 15 Jahren wurden 4,3% der Kinder nach besonderem Lehrplan un-terrichtet. ImSchuljahr 2003/04war dieser An-teil markant auf 6,2% angestiegen – währendin Deutschland die Quote 4,6% betrug, inFrankreich 2,6%, in Schweden 1,3% und inItalien unter 0,5% lag (European Agency forDevelopment in Special Needs Education,2003, 10/Bezugsjahr 2000/01).

Im Kanton Zürich kann dank einer effizi-enten bildungsstatistischen Bearbeitung der

Schülerdaten dieZahl der sonderpädagogischenMaßnahmen bis ins Jahr 1994 zurückverfolgtwerden (vgl. Abb. 1). Unterschieden wird zwi-schenheilpädagogischen Sonderschulen (HSS),Sonderklassen (SOKL), Integrativen Schu-lungsformen (ISF), Stütz- und Fördermaßnah-men wie Logopädie oder Psychomotorikthera-pie (SFM) und Deutschkursen für Fremdspra-chige (DFF). Betraf damals die Summe allerMaßnahmen 27,4% aller Schulkinder, so sindneun Jahre später anderthalbmal mehr davonbetroffen, nämlich 40,2%.DabeiwurdenDop-pelbehandlungen (wie Logopädie und DFF)mit einem Einschätzungsverfahren aus diesenDaten eliminiert, indemdieWerte für SFMum30% gekürzt wurden.

Die Ergebnisse der Evaluationsstudie vonMoser, Keller undTresch (2003) bestätigen auseinem anderen Blickwinkel diese bildungssta-tistischen Daten. Bis zum Ende der 3. Klasseder Primarschule haben nur gerade 43% derKinder im Kanton Zürich die Schule ohne be-sondere Maßnahmen durchlaufen können.Rund 30% haben entweder eine Sonderschuleoder Sonderklasse besucht oder eine ISF in derRegelschule benötigt, oder sie mussten repetie-ren oder wurden vorzeitig oder verspätet einge-schult. Weitere 53% haben eine SFM oderDFF beansprucht. Zieht man auch hier bei denFällenmitDoppelmaßnahmen30%ab, so blei-ben 57% Kinder, die innerhalb der ersten dreiSchuljahre einer Sonderbehandlung unterzo-gen wurden.

In der Stadt Winterthur – um ein typischesBeispiel auf Gemeindeebene zu nennen – hatLienhardt (2004) in einer Bestandesaufnahmefestgestellt, dass das komplexe undhistorisch ge-wachsene Systemder sonderpädagogischenHil-fen zu einer additiven Entwicklung von ver-schiedenenAngeboten geführt hat.Grunddafürist die problematische Tatsache, dass verschie-dene Typen sonderpädagogischer Hilfe bezüg-lichDiagnose und Indikation nicht trennscharfvoneinander unterschieden werden können.Auch sind sie ungenügend miteinander ver-netzt, sodass beim gleichenKindmehrereMaß-nahmen gleichzeitig und ohne Koordinationvon Förderzielen eingeleitet werden.

Schon früher hatte Lienhardt (2002) amBeispiel der heilpädagogischen Tagessonder-schulen im Kanton Zürich das überproportio-nale Anwachsen auch derjenigen Maßnahmeneindrücklich belegt, die für Kindermit einer of-fensichtlichen, also visiblen und schwerenStörung wie im Falle einer geistigen Behinde-rung konzipiert wurden und eine klare Diag-nosestellung voraussetzen (sollten). Zwischen1989 und 2000 hat die Zahl dieser Sonder-schüler und -schülerinnen um 40% zugenom-men – obwohl im gleichen Zeit- und geografi-schen Raum die Gesamtschülerzahl um ledig-lich 13% angewachsen ist.

Eine derartige Expansion der Sonder-pädagogik (Kronig 2005) – um nicht von einerExplosion zu reden – lässt aufhorchen.Wie wirnoch sehen werden, ist sie in mehreren Schwei-zer Kantonen zu beobachten. Die Vertreter derDisziplin wie Sonderklassenlehrerinnen, schu-lische Heilpädagogen, Dozierende an heil-pädagogischen Ausbildungsstätten könntenhoch erfreut sein über den steigenden Bedarf,der neue Stellen schafft, Regellehrkräften diedringend benötigte Unterstützung bereit-stellt und zusätzlicheAusbildungsplätze schafft.So richtig zufrieden ist jedoch niemand.Warum?

� Erstens,weil parallel zurEinführung von ISFund zum Ausbau von SFM die Separa-tionsanteile in Sonderklassen und Sonder-schulen, mit Ausnahme einzelner Kantone,paradoxerweise zu- statt abgenommen ha-ben. Entweder werden also die verschiede-nen Maßnahmentypen nicht aufeinanderabgestimmt oder die Steuerungsversuchescheitern (mehr dazu in Eberle-Jankowski/Walther-Müller 2005a).

� Zweitens, weil es sich klar abzeichnet,dass die in manchen Kantonen reichlichvorhandenen und in verschiedene Ty-pen ausdifferenzierten Angebote eine im-mer größere Nachfrage erzeugen (mehrdazu in Lanfranchi/Jenny 2005). Der Be-darf nach immer mehr sonderpädagogi-schen Mitteln scheint somit grenzenloszu werden und droht die öffentliche Schu-le auch finanziell immer stärker zu belas-ten.2

� Drittens, weil die subjektiv wahrgenomme-ne Arbeitsbelastung von Seiten der Lehr-personen auch in denjenigen Kantonen alshoch beschrieben wird, die über ein breitgefächertes sonderpädagogisches Versor-gungssystem verfügen (mehr dazu in Gre-minger/Tarnutzer/Venetz 2005). Trotzmarkanter Zunahme von Sondermaßnah-men nimmt also das Belastungserleben derRegelschullehrer nicht ab.

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1.2 Zunahme der sozialen Segregation

Bei nüchterner Betrachtung der dargestelltenEntwicklung könnte man sich vom Gedankenverführen lassen, dass es in unseren Schulen im-mer mehr Kinder gibt, die immer weniger leis-ten.Die Schule und ihreUnterstützungssystemewürden dann nichts anderes tun, als auf diesebesondere Bedürftigkeit mit sonderpädagogi-schen Mitteln zu reagieren. Auch wenn dem sowäre3, sollte man Folgendes nicht aus den Au-gen verlieren: Die Mechanismen der schuli-schenSelektionberuhennicht ausschließlich aufden Dimensionen der Begabung und der Leis-tungsfähigkeit des Kindes, sondern auch und ineinem nicht geringen Ausmaß auf der sozialenund beruflichen Stellung der Eltern und auf ih-rer nationalenHerkunft.Die PISA-Studie 2000hat mit eindrücklicher Eindeutigkeit bestätigt,dass die Chancen, in der Schule erfolgreich zusein und einen höheren Bildungsabschluss zuerlangen, nach wie vor ungleich verteilt sind.Sowohl die Schweiz als auch Deutschland gel-ten als jene Länder, denen es am schlechtestengelingt, Leistungsunterschiede auszugleichen,die auf die soziale und ethnokulturelleHerkunftzurückgehen (Coradi Vellacott/Wolter 2002;Baumert u. a. 2001).

Auch das Problem der massiven Überre-präsentation von Migrationskindern in Son-derklassen und neuerdings auch in Sonder-schulen sowie in den leistungsmäßig tieferenSchultypen der Sekundarstufe I ist sowohl inder Schweiz als auch in Deutschland nach wievor ungelöst und wird von vielen Autoren re-gelmäßig skandalisiert (u. a. von Lanfranchi2002b; Kronig 2003; Kornmann 2003). Ge-mäß den Daten des Bundesamtes für Statistik(2006a) für das Schuljahr 2004/05 liegt derAus-länderanteil in den Regelklassen bei 22% undin den Sonderklassen (nach so genanntem be-sonderen Lehrplan; ohne Einführungsklassenfür Fremdsprachige) mehr als doppelt so hoch,nämlich bei 49%. Eine ähnliche Überre-präsentation ist in verschiedenen Städten fest-stellbar, etwa in Solothurn (25% Regelklasse,

59%Sonderklasse), Aarau (27%/60%), Schaff-hausen (29%/58%),Zürich (35%/61%),Basel(46%/62%).

Auch bei der Verteilung der Klassenhetero-genität in den verschiedenen Schultypen ist dergleiche Trend zu beobachten. Der Anteil dersehr heterogenen Klassen (definiert als Klassenmit mehr als 30% fremdsprachiger Kinderund/oderKinder ausländischerNationalität) istin der Schweiz in den letzten 25 Jahren von20%auf 38% gestiegen (Bundesamt für Statistik,2006b). Diese Zunahme trifft jedoch nicht füralle Schultypen gleichermaßen zu. Die Ent-wicklung hat sich vor allem bei Schultypen fürschwächere Schulkinder akzentuiert. In denSonderklassen hat sich der Anteil sehr hetero-gener Klassen mehr als verdoppelt (Zunahmevon 28% auf 67%). Dieselbe Entwicklung istin Schulen der Sekundarstufe I mit Grundan-sprüchen festzustellen (von 22% auf 54%).

Der Tatbestand der Stigmatisierung vonSchulkindern aufgrund von Nationalität undsozialer Stellung ihrer Familie ist zwar schon lan-ge bekannt (vgl. Lösel 1975) und wurde in denletzten Jahren auch in der Schweiz in Natio-nalfondsprojekten wie der Freiburger IntSep-Forschung vertieft untersucht (Bless 1995;Haeberlin/Bless/Moser/Klaghofer 1991; Kro-nig/Haeberlin/Eckhardt 2000).Gestützt auf dieletzte wichtige Publikation aus der FreiburgerForschergruppe im Bereich des Übergangs zurBerufslehre (Haeberlin/Imdorf/Kronig 2004a)kann man in der Quintessenz sagen, dass leis-tungsgerechte schulische Selektion zwar statt-findet, jedoch vorwiegend dort, wo die Leis-tungen erheblich vom Mittelwert abweichen.Im mittleren Leistungsbereich beruhen hinge-gen überdurchschnittlich viele Selektionsent-scheide auf relativ leistungsunabhängigen Kri-terien wie Sozialstatus, nationale Herkunft undGeschlecht. Beim Übertritt von der Primar-schule in die Sekundarstufe I – die wichtigsteHürde im Hinblick auf das Finden einerLehrstelle und das Gelingen der Berufsbildung– spielen solche leistungsunabhängigen Krite-rien in rund zwei Dritteln der Fälle eine Rolle.

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Ganz eindrücklich ist der Befund, wonach beigleichen durchschnittlichen Schulleistungen„Schweizer Mädchen zu 83% einen Sekundar-schulentscheid erhalten (d.h. die Möglichkeitdes Übertritts in den begehrtesten Typ der Se-kundarstufe I, Anmerkung von A.L.), Schwei-zer Jungen zu 70%, ausländische Mädchen zu65% und ganz unten in der Skala ausländischeJungen zu 37%“ (Haeberlin u. a. 2004b, 14).4

Ganz ähnliche, nicht direkt mit der Leis-tungserbringung odermit der Problemmanifes-tation gekoppelte und viel eher stigmatisierendeunddiskriminierendeEntscheidungsmechanis-men dürften sich bei der oben erwähnten Zu-weisung vonKindernmit Schulschwierigkeitenzu sonderpädagogischen Maßnahmen abspie-len.Unter anderemumdieseAnnahme zuüber-prüfen, haben wir in einer empirischen Studieversucht, die Prozesse der Zuweisung, ausge-hend von konkreten kritischen Fallsituationen,zu untersuchen. Im Rahmen der so genanntenWASA-Studie 5 sind wir in einem Teilprojektfolgender Fragestellung nachgegangen:

AufgrundwelcherKriterien undunterwelchenBedingungen beantragen Lehrpersonen undSchulpsychologinnen/Schulpsychologen eine be-stimmte sonderpädagogischeMaßnahme bzw.leiten sie diese Maßnahme ein?

2 Untersuchungsdesign undBefragungsinstrumente

Mittels quantitativer Methodik wollten wir ge-währleisten, dass die entwickelten Hypothesen(siehe unten) sowie dieHandlungsdispositionenim Bereich der Zuweisung von Kindern mitSchulproblemen zu sonderpädagogischenMaß-nahmen im interkantonalen Vergleich über-prüft werden können. Für die Studie wähltenwir einerseits 1.916 Lehrpersonen aus sechsKantonen. Die Stichprobe umfasste 210 Pri-marschulen. Siewurde so gezogen, dass sich eineausgewogene Verteilung fremdsprachiger Kin-der in den drei Gruppen geringer (unter 10%),

mittlerer (zwischen 11 und 30%) und hoherFremdsprachigenanteil (über 30%) ergab. An-dererseits führten wir bei den rund 400 Schul-psychologinnenundSchulpsychologender glei-chen Stichprobenregion sowie weiterer fünfKantone eine Vollerhebung durch. Ausgehendvon qualitativen Interviews mit ausgewähltenAkteuren haben wir sowohl einen Lehrperso-nen- als auch einen Schulpsychologen-Frage-bogen konstruiert und im Sommer 2004 ver-schickt (Rücklaufquote Lehrpersonen 34,2%,N=655; Schulpsychologen 52,4%, N=207).

Nach der Erfassung der lokal vorhandenen(und nicht der erwünschten) sonderpädagogi-schen Angebote haben wir mittels zweier Fall-beispiele eruiert, wie die Lehrpersonen bzw. dieSchulpsychologen im jeweiligen Fall vorgehenwürden undwelcheMaßnahmen – beides nachPriorität angeordnet 6 – sie einleiten würden.BeimVorgehen konnten die Lehrpersonen zumBeispiel wählen zwischen „mit der schulischenHeilpädagogin die nächsten Schritte planen“oder „mit den Eltern zusammensitzen“ oder„AnmeldungbeimSchulpsychologischenDienst(SPD)“ etc. Bei den Maßnahmen konnten sieunter anderem wählen zwischen „Einweisungin eine Sonderklasse“ eines bestimmten Typs(oder auch in eine bestimmte Sonderschule)oder „Einleiten einer Stütz- und Fördermaß-nahme“ eines bestimmtenTyps oder „Beratungdurch den SPD“ oder eine weitere Fachinstanz.Es folgtenAussagen zumöglichenUrsachen dergestiegenen Zuweisung sowie zur persönlichenHaltung imZusammenhangmit verschiedenenTypen der Zuweisung und schließlich zumZufriedenheitsgrad mit der Nutzung der zurVerfügung stehenden sonderpädagogischenAngebote – immer in Form der Zustimmungoder Ablehnung auf einer fünfstufigen Likert-Skala (sehr einverstanden – gar nicht einver-standen).

Kernelement der Umfrage war jedoch diesystematische Veränderung zentraler Variablenin den zwei vorgelegtenFallbeispielen.DasVor-gehen lehnt sich an die Methode des „practicetesting“ an, wie sie etwa von der Internationa-

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len Arbeitsorganisation ILO zur UntersuchungvonDiskriminierungsprozessen entwickeltwor-den ist (Arrijn/Feld/Nayer 1999) und in derSchweiz im Zusammenhang mit Stellenbewer-bungen vonKandidaten eingesetztwird, die sicheinzig in Bezug auf ihren Namen bzw. auf ihrenationale Abstammung unterscheiden (Fib-bi/Bülent/Piguet 2003). So erhielt dieHälfte derLehrpersonen unserer Stichprobe bzw. derSchulpsychologinnen und SchulpsychologeneineVersionAmit der ersten Fallschilderung desKindes eines Chefarztes mit dem NamenMikeund der zweiten Fallschilderung eines Schwei-zer Kindes mit dem Namen Lukas. Die andereHälfte erhielt eineVersion Bmit der ersten Fall-schilderung des Kindes eines Bauarbeiters mitdem Namen Anton und der zweiten Fallschil-derung eines kosovo-albanischen Kindes mitdem Namen Bekir.

Das jeweils erste Fallbeispiel (Mike resp. An-ton) beschrieb einen lese- und rechtschreib-schwachen sowie rechenschwachen Schülermiteher niedriger Intelligenz7 und wurde wie ge-sagt nach Schichtzugehörigkeit variiert. Das je-weils zweite Fallbeispiel (Lukas resp. Bekir) be-schrieb einen verhaltensauffälligen Schüler8 undwurde nach ethnischer Herkunft variiert. EinFragebogen enthielt also entweder die FälleMike/Lukas oder Anton/Bekir. Im Folgendenals Beispiel die zweite Fallschilderung, VersionB (Bekir, Familie aus dem Kosovo):

Es ist Januar 2004 – Bekir besucht die 3. Klasse. DieFamilie (Albaner aus Kosovo) ist vor zwei Jahren ausdemKanton Luzern zugezogen. Bekir fällt schon seitlängerer Zeit wegen Impulsivität, Konzentrations-schwäche und ausgeprägter Unruhe auf. Im letztenhalben Jahr sind Verhaltensprobleme und Aggressi-vität immer massiver und unerträglicher geworden.Die Eltern berichten, dass Bekir schon in der 1. Klas-se ständig in Aktion war, fast keine Beschäftigunglänger als einige Minuten aushielt und oft in Strei-tereien involviert war. Heute ist er in der Schule leis-tungsmäßig imDurchschnittsbereich, obwohl er beiSchularbeiten viele Flüchtigkeitsfehlermacht. Er hältsich oft nicht anRegeln undwird –wegen seinerUm-triebigkeit undweil er übermäßig viel redet – fast im-mer von den anderen Kindern als Spiel- und Lern-

partner abgelehnt. Die Lehrerin ist am Ende des La-teins und am Ende ihrer Kräfte. Es muss bald etwasgeschehen – in einem halben Jahr tritt der Schülerin die 4. Klasse über, und der Lehrer dieser Klassehat schon signalisiert, dass er einen solchen Stören-fried nicht brauchen könne.

3 Ausgewählte Ergebnisse9

3.1 Zuweisungsverhalten bei Variationder Schichtvariable

Ausgehend vonder eingangs dargestelltenProb-lemstellung lautet die zu überprüfende ersteHypothese schlicht:

Bei Unterschichtkindern werden bei der glei-chen Problemmanifestation häufiger separie-rende Maßnahmen anvisiert als bei Ober-schichtkindern.

Diese Hypothese kann im Falle der Lehrperso-nen-Befragung bestätigt werden (vgl. Abb. 2).Ein Unterschichtkind wird (auf der Ebeneder Lehrer-Gesamtstichprobe) häufiger in eineSonderklasse separiert als ein Oberschichtkind(X2=18.25, df=1, p< .001)10. Bei einem Un-terschichtkind wird zudem eher eine so ge-nannte Integrative Schulungsform (ISF)mit in-dividuell festgelegten Lernzielen anvisiert (X2=3.83, df=1, p< .05). EinOberschichtkindwirdeher für eine Beratung beim Kinder- und Ju-gendpsychiatrischenDienst (KJPD) (X2=17.20,df=1, p< .001) und für eine Legasthenie-/Dys-kalkulie-Therapie empfohlen (X2=7.18, df=1,p< .01).

3.2 Zuweisungsverhalten bei Variationder Ethnievariable

Die zweite Hypothese lautet:

Bei Migrationskindern wird bei der gleichenProblemmanifestation häufiger eine separie-rende Maßnahme anvisiert als bei SchweizerKindern.

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Fall A – Maßnahmen

Abb. 2: Fall A, Maßnahmen variiert nach Schicht – Lehrpersonen

Fall B – Maßnahmen

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Abb. 3: Fall B, Maßnahmen variiert nach ethnischer Herkunft – Lehrpersonen

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Auch diese Hypothese kann im Falle von Lehr-personen bestätigt werden (Abb. 3). BeiMigra-tionskindern wird häufiger eine Sonderklasseoder eine Sonderschule für Verhaltensstörun-gen als Maßnahme vorgeschlagen (X2=6.23,df=1, p< .05, resp. X2=4.20, df=1, p<.05).Bei einem Schweizerkind wird hingegen häufi-ger eine Beratung durch den KJPD oder einePsychomotoriktherapie empfohlen (X2=5.47,df=1, p< .05, resp. X2=5.08, df=1, p<.05).

3.3 Interkantonale Unterschiede

Auf kantonaler Ebene sind obige Signifikanzennicht überall anzutreffen. Je nachKanton bleibtder Zusammenhang signifikant bestehen, wirdzur Tendenz oder verschwindet gänzlich. Auf-fallend beim Vorgehen ist, dass in mehrerenKantonen sowohl bei einem Kind der Ober-schicht als auch bei einem Schweizer Kind häu-figer eine schulische Standortbestimmung vomTyp „Runder Tisch“ sowie das Zusammensit-zen mit den Eltern als erster prioritärer Schrittgenannt wird (s. Anm. 4), während bei einemUnterschichtkind zuerst einVersuchmitNach-hilfeunterricht und bei einem Migrationskindtendenziell zuerst die Anmeldung beim SPDvorgeschlagen wird (Übersicht in Lanfranchi/Jenny 2005, 251).

Einige Zusammenhänge sollen im Folgen-den exemplarisch am Beispiel von zwei Kanto-nen illustriert werden. Im Kanton Aargauwürden von 100 Lehrpersonen, welche dieerste Fallvignette (Lernstörung) mit dem Na-menMike/VaterChefarzt beurteilen, zwölf Leh-rerinnen und Lehrer dieses Kind in einer Son-derklasse platzieren. Von 100 Lehrpersonen,welche die gleiche Fallvignettemit demNamenAnton/Vater Hilfsarbeiter beurteilen, würdendrei Mal mehr, nämlich 33 dieses Kind in eineSonderklasse schicken.11 Bei der zweiten Fall-vignette (Verhaltensstörung) sieht die Vertei-lung ähnlich aus: 5% der Aargauer Stichprobewürden Lukas (Schweizer Familie) in eine Son-derklasse versetzen.Wenn das Kind Bekir heißt

und seine Familie aus Kosovo stammt, würdenes 11% der Lehrpersonen in eine Sonderklasseversetzen. Ebenfalls zu beachten ist der Unter-schied bei der Zuweisung in die Sonderschule:Lukas 8% und Bekir 15%.

Auch im Kanton Basel-Stadt kommt dasUnterschichtkind Anton häufiger in eine Son-derklasse, während das Oberschichtkind Mikehäufiger Legasthenie-/Dyskalkulietherapie be-kommt. Hingegen sind bei der Variation derethnischen Zugehörigkeit keine signifikantenDiskrepanzen festzustellen. Eine mögliche In-terpretation ist, dass dieBasler Lehrpersonen seitvielen Jahren mit multikulturellen Schulen(über-)lebenunddeshalb unvoreingenommenerund vielleicht auch kompetenter mit der kul-turellen und sprachlichen Diversität umgehenkönnen.

3.4 Unterschiede bei Schulpsycho-loginnen und Schulpsychologen

Bei Schulpsychologinnen und Schulpsycholo-gen kommenderart eklatanteUnterschiede zwi-schenden zwei Fallbeispiel-Versionennicht vor.Sowohl im Vorgehen als auch bei den Inter-ventionen ist im Vergleich zu den Lehrperso-nen eine viel größereEinheitlichkeit vorhanden.Vor allem dort, wo es um einschneidendeMaß-nahmen wie eine Separation in eine Sonder-klasse oder Sonderschule geht, lassen sie sichnicht beirren vom Vornamen des Kindes, son-dern leiten ihre Vorschläge ausgehend vom be-schriebenen Phänomen ab. Bei näherer Be-trachtung zeigt sich jedoch, dass auch Schul-psychologinnen und Schulpsychologen in ihrerUrteilskraft nicht ganz unabhängig sind vomEinfluss der Schichtzugehörigkeit des jeweiligenSchulkindes. So werden als erster Schritt inrund20%der FälleMikes Eltern (Oberschicht)ohneKind für ein Erstgespräch eingeladen – imFalle von Anton (Unterschicht) sind es nur 7%(X2=7.50, df=1, p< .01). Bei denMaßnahmenwird bei Anton in fast der Hälfte der Fälle eineISFmit individuell festgelegtenLernzielen emp-

fohlen – bei Mike kommt dieser Vorschlag innur einemViertel der Fälle vor (X2=9.61, df=1,p< .01).Umgekehrt verhält es sich bei der Emp-fehlung einer Legasthenie-/Dyskalkulie-Thera-pie: Für Mike wird zweimal häufiger diese in-tegrative Maßnahme empfohlen als für Anton(X2=8.42, df=1, p< .01). Beim zweiten Fall-beispiel sinddieUnterschiede gering und außer-halb des Signifikanzbereichs, was auf eine ge-wisse Souveränität bzw. Professionalität imUm-gang mit der ethnischen Vielfalt zurückgeführtwerden kann.12

3.5 Beantwortung der Fragestellungen

Gestützt auf die hier dargestelltenErgebnisse so-wie auf die Überprüfung weiterer Hypothesenin der Gesamtstudie (s. Anm. 10) können wirobige Fragestellung nach denBedingungenundKriterien des sonderpädagogischen Zuwei-sungsverhaltens in maximaler Verdichtung wiefolgt beantworten:

� In Schulen mit hohen Migrantenanteilenführt die als höher empfundene Belastungbei Lehrpersonen zu einemgesteigertenAus-sonderungsverhalten und zu vermindertenIntegrationsmaßnahmen.

� Bei bedeutsamen Lern- und Leistungsprob-lemen gelten als wichtiges Kriterium für dassonderpädagogische Vorgehen die sozialeund ethnische Herkunft des Schulkindesund damit gekoppelt möglicherweise dieunterstellte Beteiligung bzw. Nicht-Beteili-gung der Eltern als Unterstützungssystem.

� LehrpersonenwählenProblemlösungen vorOrt durch kollegiale Beratung und integra-tive Fördermaßnahmen statt Delegationnach außen und Aussonderung, vor allemdann, wenn eine Schulische Heilpädagoginim Rahmen von ISF im Schulhaus präsentist und als Teil des Lehrerkollegiums wirkt.

Selbstverständlich sind die lokalspezifischen,institutionellen Gegebenheiten – d.h. die vor-handene Palette sonderpädagogischer Angebo-

te für Kinder mit Schulschwierigkeiten – beimVorgehen sowie bei der Wahl der Maßnahmenentscheidend. Insofern sollten die aus der Fall-bearbeitung resultierenden Angaben der Lehr-personen nicht ausschließlich als persönlicheHandlungsdisposition (über)interpretiert bzw.als eigene Einstellung gegenüber separativembzw. integrativem Verhalten psychologisiertwerden.13 Trotzdem ergeben die kantonalenAnalysen, dass bei gleicher vorhandener Ange-botspalette die Reaktion auf die variierten Fall-beispiele doch zu sehr unterschiedlichen Maß-nahmenvorschlägen im Kontinuum von Integ-ration und Separation führt. Im Sinne derDialektik von Allgemeinem und Besonderemsind Lehrpersonen nicht einfach die Marionet-ten der gesellschaftlichen Wirklichkeit, in dersie tätig sind, oder konkret der institutionellenGegebenheiten ihrer Region. Sie tragen dazubei, dieseWirklichkeit zu gestalten, und die Er-gebnisse dieses Konstruktionsprozesses fallenauf sie zurück in Form objektivierbarer Rah-menbedingungen ihresHandelns. So dürfte dasVorhandensein einer imSchulhaus integrativ ar-beitenden SchulischenHeilpädagoginErgebniseiner top-down-Entscheidung auf kantonalerEbene sein, vielleicht aber auch einer bottom-up-Initiative des Lehrerkollegiums, die eine ent-sprechende behördliche Entscheidung favori-siert hat.14

4 Schlussfolgerungen

GemäßdenErgebnissen unserer Studiewird dieZuweisungspraxis von diskriminierenden Zu-schreibungen beeinflusst. Bei identischer Prob-lemlage schlagen Lehrpersonen bei Schulkin-dern aus derUnterschicht häufiger eine Sonder-klassenversetzung als bei Oberschichtkindernvor. Dafür empfehlen sie ein Oberschichtkindeher für eine Beratung oder ambulante Förder-maßnahme. Ganz ähnlich verhält es sich beiMigrationskindern: Sie werden häufiger in eineSonderklasse oder sogar Sonderschule versetztals Schweizer Kinder. Die Einheimischen wer-

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den wiederum häufiger für eine Beratung an-gemeldet, oder die Problemewerden vorerst amRunden Tisch angegangen.

Diese empirischen Befunde sind beach-tenswert und liegen auf der Linie bisheriger ver-gleichbarer Studien (siehe unten). Offensicht-lich führt die Angabe des väterlichen Berufs(schichtbezogene Variable) oder der familiärenHerkunft (ethniebezogene Variable) im Zu-sammenhang mit einer spezifischen Problem-lage zu bestimmten sonderpädagogisch rele-vanten Vorkehrungen, die in gewisser Hinsichtunterschiedlicher nicht sein könnten. Es ist da-bei durchaus möglich, dass bei Unterschicht-oder Migrationskindern eine fehlende oder be-schränkte Unterstützung der Eltern vermutetund somit ein Scheitern der Lehrer-Eltern-Zu-sammenarbeit angenommen wird. Auch kön-nen die Bildungsaspirationen beiUnterschicht-und Migrationskindern durchschnittlich tiefersein als bei Oberschicht- und Schweizer Kin-dern und damit auch die elterliche Präsenz unddie Unterstützungsquantität und -qualität beiHausaufgaben und beim Lernen überhaupt(Lanfranchi 2000).Darüber hinaus dürften aberin den Deutungsmustern und Erwartungshal-tungen von Lehrpersonen stereotype Attribu-ierungen eine wichtige Rolle spielen.Wenn wirannehmen, dass Lehrpersonen bei bildungsfer-nen Eltern ein beschränktes Engagement inschulischen Belangen vorwegnehmen (was imEinzelfall keineswegs zutreffenmuss), dann stelltsich die Frage, warum die antwortenden Lehr-personen in derMaßnahmenplanung nichtmiterster Priorität Beratungsmöglichkeiten für dieEltern und ambulante Unterstützung für dieKinder anvisieren (wie Aufgabenhilfe für An-ton oder Psychotherapie für Bekir) und statt-dessen deren Versetzung in eine Sonderklasseoder Sonderschule vorschlagen.

Reichhaltig belegt ist dieTatsache, dassKin-der aus tieferen Sozialschichten und aus einge-wanderten Familien überproportional häufigrepetieren müssen oder separiert werden (Lan-franchi 2002b, 45ff). Auch zahlreiche Befundeaus den USA weisen nach, dass afroamerikani-

sche Schulkinder häufiger als andere Schulkin-der in Sondereinrichtungen versetzt werden(vgl. etwa Shinn/Tindal/Spira 1987). Ge-wöhnlich werden die Versetzungsquoten be-stimmter Schülersegmente (wieKinder ausUn-terschichts- und/oder aus Migrationsfamilien)mit deren tiefem Lern- und Leistungsstand imLesen, Schreiben oder Rechnen oder mit demAuftreten von Verhaltensproblemen erklärt.Wie wir spätestens aus den bahnbrechendenUntersuchungen von Kronig u. a. (2000) wis-sen, ist es jedoch so, dass beispielsweise die Ver-setzung inLernbehindertenklassen nicht immerbzw. nicht immer hoch mit den realen schuli-schenund intellektuellenLeistungendieserKin-der korreliert. So weist rund ein Viertel der inLernbehindertenklassen versetzten Migra-tionskinder aus der Stichprobe von KronigDeutschleistungen auf, die besser sind als dieLeistungen von 50% der Migrationskinder inRegelklassen. Auf der Ebene der Intelligenz-testleistung sitzt rund ein Fünftel der Migra-tionskinder aus der gleichen Stichprobe inLern-behindertenklassen, obwohl ihr IQ höher ist alsderjenige von 50% der Kinder in Regelklassen(Kronig 2003, 133).

Auch die Ergebnisse unserer Studie unter-stützen die unter dem Stichwort „Pygmalion-effekt“ referierten Befunde aus der psy-chopädagogischen Forschung, wonach Kindermit Migrationshintergrund aufgrund vor-urteilsbeladener, negativer Erwartungen seitensihrer Lehrpersonen in einer verzerrten Art undWeise beurteilt werden (Gomolla/Radtke2001). Im Schulalltag dürfte sich das Phäno-men so abwickeln, dass die Lern- und Leis-tungspotenziale bestimmter Schülerinnen undSchüler nicht erkanntwerden, sodass sie schließ-lich tatsächlich auchweniger lernen und leisten.Die im deutschen Raum und auch in derSchweiz bekannteste Untersuchung in diesemForschungsstrang ist die Studie von Jungbluth(1994).Danachbestimmendie sozialeHerkunftund die Ethnizität ganz eindeutig das Lehrer-verhalten im Sinne der Sich-selbst-erfüllenden-Prophezeiung.Hauptresultat dieser in denNie-

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derlanden durchgeführten Studie: Die türki-schen und marokkanischen Schulkinder mitdem höchsten Intelligenzquotienten bleiben inihren sprachlichen und rechnerischen Leistun-gen imVergleich zu den gleich intelligentennie-derländischen Kindern und denjenigen aus denehemaligenKolonien (die als dazugehörend an-gesehen werden) signifikant zurück. Die ethni-schen Unterschiede lassen sich nach Jungbluthvarianzanalytisch zur Hälfte als Schichtunter-schiede verstehen.

Wenn wir davon ausgehen, dass mit derKonsolidierungPädagogischerHochschulendieMöglichkeiten einer wirksamen Lehrerinnen-und Lehrerbildung im Bereich der interkul-turellen Kompetenz – und hier spezifischder Überwindung stereotyper Vorannahmen –zunehmend ausgeschöpft sind (Lanfranchi2002a), dann kommt den Schulpsychologi-schenDiensten imZuweisungsprozess eine ent-scheidende Rolle zu. In fast jedem Kanton sindsie diewichtigste Instanz auf derEbeneder Fach-abklärung, Maßnahmenplanung und Antrag-stellung. Freilich hat sich gezeigt, dass Schul-psychologen in ihrer Urteilsbildung unvorein-genommener sind als Lehrpersonen. In ihremDenken und Handeln lassen sie sich viel weni-ger von ethnischen Stereotypen beirren. Siestützen sich eher auf solide Entscheidungskri-terien undwerden seltener von situativenZwän-gen beeinflusst. Allerdings sind sie nicht ganzgefeit vor subjektiven Zuschreibungen, wennstatt ethnischen schichtbezogeneVariablen eineRolle spielen. Trotz dieser nicht ganz unbe-deutenden Einschränkung sprechen unsere Re-sultate für einen professionellen Umgang derSchulpsychologen mit der Fallbearbeitung. Esspricht auch einiges für ihre interkulturelleKompetenz: Im Unterschied zum KJPD – dervon Lehrpersonen viel seltener für DiagnostikundBeratung beigezogenwird,wenn es umdenFall des Unterschicht- oder des Migrationskin-des geht – werden beim SPDkeine solchenUn-terscheidungen gemacht. Die Kinder werdenalso unabhängig von ihrer sozialen Schicht oderethnischen Zugehörigkeit beim SPD angemel-

det. In jedem der untersuchten Kantone wirdder SPD fast immer und in jeder Fallversion inerster, zweiter oder dritter Priorität sowohl fürdie Planung der ersten Schritte als auch für dieÜbernahme einer Beratung eingeschaltet. DieLehrpersonen sindmit demVorgehen in ihremSPDmehrheitlich zufrieden. Sie beanspruchenden SPD nicht nur als Ort der Planung, Ver-mittlung und Unterstützung, sondern bei Un-sicherheiten auch als Möglichkeit, um die eige-ne Zuweisungspraxis zu überdenken. Schul-psychologinnenundSchulpsychologen legen inBezug auf ihre eigenen Einstellungen und Hal-tungen im Umgang mit dem starken Zuwachsvon Sondermaßnahmen – wohlgemerkt selbst-deklarativ – eine erstaunliche Progressivitätan den Tag. Sie unterstützen fast einstimmigdie Ressourcenstärkung von Lehrpersonen beiProblemlösungen innerhalb der Klasse und inder Zusammenarbeit mit den Eltern. Schließ-lich wissen sie um die Gefahren, die daraus ent-stehen können, wenn in der Schule schwierigeFälle und somit Kompetenzen durch Experti-sierung und Delegation ausgelagert werden.

Anmerkungen

* Ein großer Dank für die sehr kompetente Un-terstützung geht an den wissenschaftlichen Mit-arbeiter Gregor Jenny, Institut für Sozial- undPräventivmedizin der Universität Zürich. Dan-kend erwähnenmöchte ich auchEva Schüpbach,die eine qualitative Erhebung im Rahmen dieserStudie durchgeführt hat (Lizentiatsarbeit amInstitut für Sonderpädagogik der UniversitätZürich; Schüpbach 2004).

1 Ein aktuelles Beispiel ist einerseits das eidgenös-sische Behindertengleichstellungsgesetz von2004, das von den Kantonen in Artikel 20, Ab-satz 2 fordert, dass die Integration von Lernen-den mit einer Behinderung in die Regelschulewo immer möglich anzustreben ist. Ein weiteresBeispiel ist das neue Volksschulgesetz des Kan-tons Zürich von 2005, Zweckartikel §33.

2 Obwohl genaue bildungsökonomische Datenfehlen, wird geschätzt, dass die besondere Schu-lung in der Schweiz rund 2 Mrd. Franken pro

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Jahr kostet. Dies entspricht rund 15% der öf-fentlichen Ausgaben für die öffentliche Schule(Bildungsstatistik Schweiz 2004). In einigenKantonen ist es allerdings vielmehr (für denKan-ton Zürich vgl. Bellmont 2005).

3 Bei einer Fokussierung auf das Kind würden wirvon weiteren zentralen Erklärungselementen fürSchulleistungsprobleme abstrahieren, z.B. dienicht immer voll entfaltete pädagogische Profes-sionalität von Lehrpersonen imUmgangmit he-terogenen Lerngruppen, die gestiegenen gesell-schaftlichen Ansprüche in Bezug auf Kompe-tenzen von Jugendlichen imÜbergang zumBerufoder Einschränkungen der elterlichen Unter-stützung für das Lernen ihrerKinder. Für einwis-senschaftlich fundiertes Schulerfolgs-Modell vgl.Helmke und Weinert (1997), die sich auf dieMeta-Analysen von Wang, Haertel und Wald-berg (1993) stützen.

4 In der Schweiz muss man davon ausgehen, dassdie Erweiterung der Mitsprachemöglichkeitender Eltern in verschiedenen Kantonen Tür undTor für die weitere Reproduktion sozialer Un-gleichheit im Sinne von Graf und Lamprecht(1991) geöffnet hat. Mit anderen Worten dürf-te sich die Errungenschaft so genannter „RunderTische“ mit dem Einbezug der Eltern bei Selek-tionsentscheidungen als zweischneidiges Schwerterweisen: Statushöhere, kommunikative Elternmit hohen Bildungsaspirationen können sichbesser gegen den wenig begehrten Schultyp derSekundarstufe Iwehren als bildungsferne undoftfremdsprachige Eltern (Diese zentrale Argumen-tation, die mit den Ergebnissen der hier präsen-tiertenResultate kongruent ist, verdanke ichmei-nem Kollegen Daniel Barth, HfH Zürich).

5 WASA steht für „Wachstum des sonderpädago-gischen Angebots“. Die Studie wurde zwischenSommer2003undSommer2005 imAuftrag vonsechs Kantonen von der Interkantonalen Hoch-schule für Heilpädagogik Zürich (HfH) in Zu-sammenarbeit mit der Schweizerischen Zentral-stelle für Heilpädagogik Luzern (SZH) durchge-führt.Der vorliegendeBeitrag bezieht sich aufTP3, das sich mit den Zuweisungsprozessen befasst .

6 Die Lehrpersonenwurden aufgefordert,maximaldrei der aufgeführtenVorgehensweisenauszuwäh-len und diese nachWichtigkeit zu ordnen (1. bis3. Priorität). Für die Auswertung wurden dieseAngaben dichotomisiert (Wahl/keine Wahl).

7 Der Fallbeschrieb führte mit einer hohen Inter-rater-Reliabilität zur diagnostischenKategorisie-rung einer Lernstörung gemäß Ziffer F81.3 imICD-10 (International Classification ofDisease,Dilling u. a. 2006).

8 Der Fallbeschrieb führte mit einer hohen Inter-rater-Reliabilität zur diagnostischenKategorisie-rung einerVerhaltensstörung gemäßZiffer F 90.1im ICD-10.

9 Wir beschränken uns hier auf die Präsentationeiniger zentraler Resultate zum Zuweisungsver-halten von Lehrpersonen und Schulpsycholo-ginnen/Schulpsychologenbei den variiertenFall-beispielen. Spezifische Angaben finden sich inLanfranchi/Jenny (2005).

10 Details zum auswertungsmethodischen Vorge-hen sowie die Aufstellung aller Hypothesen undderen Überprüfung sind erhältlich bei [email protected]. Dort kann auch eine Kopieder Erfassungsinstrumente angefordert werden.

11 Die beiden Lehrergruppen unterschieden sichnicht bezüglichder erfasstenLehrer- undSchüler-attributewieGeschlecht, Erfahrung,Ausbildung,Anteil Fremdsprachige, sonderpädagogischeAn-gebote, schulinterne Ressourcen etc.

12 Dabei muss auch in Betracht gezogen werden,dass Schulpsychologen im Vergleich zu Lehr-personen aufgrund ihrerAus- undWeiterbildungdenUmgangmit Itemformulierungenwie in un-serem Erfassungsinstrument eher gewohnt sind.Eventuell konnten sie die Intention der Forscherbesser antizipieren als Lehrpersonen – gerade beider ethniebezogenen Varianz.

13 Diese kritische Bemerkung verdanke ich demanonymen Begutachter meines Manuskripts.

14 Siehe zum Beispiel Kanton Aargau unter http://www.ag.ch/isfundHäfeli/Walther-Müller2005b,54.

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