FOKUS DA-VINCI-ROBOTER - Kantonsspital Winterthur

20
FOKUS DA-VINCI-ROBOTER Roboterassistierte Operationen in der Urologie Klinik für Urologie Hightech im OP: Der Da-Vinci-Roboter im Einsatz Seite 4 Das ganze Spektrum der Robotik Seite 6 Training und Ausbildung Seite 8 Operationen Seite 10 Roboterassistierte rekonstruktive Eingriffe Seite 16 Da-Vinci-System – der 1000. Patient Seite 18

Transcript of FOKUS DA-VINCI-ROBOTER - Kantonsspital Winterthur

FOKUS DA-VINCI-ROBOTERRoboterassistierte Operationen in der Urologie

Klinik für Urologie

Hightech im OP: Der Da-Vinci-Roboter im EinsatzSeite 4

Das ganze Spektrum der RobotikSeite 6

Training und AusbildungSeite 8

OperationenSeite 10

Roboterassistierte rekonstruktive Eingriffe Seite 16

Da-Vinci-System –der 1000. Patient Seite 18

2

Liebe LeserinLieber Leser

Einleitung

Mit viel Pioniergeist wurde vor sieben Jahren am KSW eingeführt, was die Urologie revolutioniert hat: die ro-boterassistierte Operationstechnik. Als erstes Schwei-zer Spital führten wir 2015 die vollständige laparosko-pische Harnblasenentfernung mit Urostoma und 2016 das an wenigen europäischen Zentren vorgenommene Anlegen einer kontinenten Dünndarmersatzblase in die Routine ein. Daneben sind Eingriffe an Prostata und Niere wie auch rekonstruktive Eingriffe im kleinen Be-cken im Alltag fest verankert. Systematisch wurden an unserer Weiterbildungsklinik der Kategorie A die gros-sen Schnittoperationen in die laparoskopisch-roboter-assistierte Eingriffstechnik überführt. Und das Fazit nach rund 1000 Eingriffen: kürzere Heilungsprozesse und stationäre Aufenthalte, weniger Komplikationen und Schmerzfreiheit als Regelfall. Das wissenschaftlich begleitete Robotikprogramm begeistert, doch am KSW ist uns auch bewusst: It’s the team, not the machine!

Herzlichen Dank für Ihr Vertrauen.

Prof. Dr. med. Hubert John Chefarzt Klinik für Urologie

Breites urologisches Wissen Ihr Team der Klinik für Urologie

19Prostataadenomenukleationen

5erfahrene Konsolenoperateure

12vesikovaginale Fisteln

26Sakrokolpopexien

19retroperitoneale Lymphadenektomien

1000roboterassistierte Eingriffe

674 radikale Prostatektomien

156 Niereneingriffe

65 Zystektomien

11 Ureterozystoneostomien

(Beobachtungszeitraum 7/2009–5/2016, KSW)

Zahlen und Fakten zur Klinik für Urologie

2583Eingriffe

Zahlen und Fakten 2018 zur Klinik für Urologie

10 700 Konsultationen 12 Ärztinnen/Ärzte 1 Robotikspezialist 20–30 Betten

4

Im Operationssaal bedient der Operateur den Da-Vinci-Telemanipulator sitzend über eine er-gonomisch komfortable Steuerkonsole. Es ste-hen ihm mehrere Pedale sowie Zwei-Finger-In-strumentengriffe für jede Hand zur Verfügung. Seine Bewegungen und Befehle werden von Sensoren erfasst und über Seilzüge an die drei steril bezogenen Instrumentenarme weiterge-leitet, die über dem Patienten positioniert sind. Ein Tremorfilter kompensiert das Zittern der Hand, was eine hohe instrumentelle Präzision gewährleistet. Die roboterassistierte Operati-on mit dem Da-Vinci-System bietet Patienten wesentliche Vorteile.

Hightech im Operations-saal: Der Da-Vinci-Roboter im Einsatz

Da-Vinci-Roboter

Vorteile der Da-Vinci-Technologie gegenüber der laparoskopischen und der offenen Technik • optimierte Sichtbarkeit der Strukturen• gesteigerte Geschicklichkeit bei

laparoskopischen Eingriffen• höhere Genauigkeit bei intrakorporalen

Anastomosen• wesentlich geringerer Blutverlust• weniger Schmerzen• geringere Infektionsgefahr• kürzere Hospitalisationsdauer und

Katheterverweilzeit• schnellere Rehabilitation und

raschere Wiederaufnahme der Arbeit

PedaleDie Pedale dienen der Bewegung des Kameraarms und aktivieren die strom- führenden Instrumente. Alle Informatio-nen sind auf dem Assistentenmonitor zu sehen.

Drei Instrumentenarme und ein Kameraarm• Drei Instrumentenarme und der Kameraarm

werden vom Konsolenchirurgen bedient.• Die Arme haben «übermenschliche» Bewegungs-

freiheit, Skalierungsmöglichkeiten bis 1:5 und einen Tremorfilter.

5

Bild

: In

tuit

ive

Su

rgic

al

Hochauflösende KamerasDie beiden hochauflösenden Kameras liefern dem Konsolenchirurgen ein stark vergrösser-tes, ruhiges, stereoskopisches Bild (3DHD) des Körperinneren.

AssistententeamDas Assistententeam hat 2-D-Informationen über den Touchscreen sowie die Möglichkeit, Skizzen und Markierungen einfliessen zu lassen.

Erfahrung macht den Unterschied Mit Prof. Dr. med. Hubert John leitet einer der erfahrensten Pioniere dieser Operationstechnik das Robotikprogramm am KSW. Er führte 2002 die ersten roboterassistierten urologischen Eingriffe in der Schweiz durch und trug in den folgenden Jahren wesentlich dazu bei, diese Technologie in der Urologie im In- und Ausland zu verbreiten. Erfahrung im Team bildet die Grundlage für den schweizweit einmaligen Erfolg des Robotikprogramms, das auch international beachtet und mit Interesse verfolgt wird.

6

International anerkanntes Fachwissen, Behandlungen mit modernsten Apparaturen

und eine persönliche Atmosphäre – dafür steht die Klinik für Urologie am KSW.

Entsprechend professionell und vielfältig ist unser Leistungsangebot.

Das ganze Spektrum der Robotik

Spektrum der Robotik

NiereRund 90% der Nierentumoren sind kurativ therapierbar. In der Vergangenheit wurden je-doch viele Nieren selbst bei kleiner Tumorlast geopfert.

Mit der etablierten und standardisierten roboterassistierten Nierenteilresektion steht neben der klassischen offenen auch eine wei-tere Operationsmethode mit gleichwertigem onkologischem und funktionellem Outcome zur Verfügung – jedoch als minimalinvasives Verfahren bei Nierentumoren ≤ 7 cm. Solche operationstechnisch anspruchsvollen Eingrif-fe werden dank robotergestützter 3-D-Sicht, 8- bis 10-fachem Zoom sowie durch frei beweg-liche und abgewinkelte Instrumente wesent-lich erleichtert. Die Vorzüge eines präziser exzidierten Tumors und einer in adäquater Ischämiezeit durchführbaren Parenchymnaht und Renorrhaphie sind evident.

ProstataBei der radikalen Prostatektomie avanciert die roboterassistierte Operationstechnik zum weltweiten Goldstandard. Die Vorteile der la-paroskopischen Technik sind bekannt: geringe postoperative Schmerzen, deutlich kleinerer Blutverlust und schnellere Rekonvaleszenz. Die volle Beweglichkeit des Da-Vinci-Roboters erleichtert die schonende Präparation der Ge-fässnervenbündel für den Erektionserhalt und die Naht der vesikourethralen Anastomose.

Die roboterassistierte Adenomenukleation bei der grossvolumigen benignen Prostatahy-perplasie (BPH) wird nur in wenigen Kliniken durchgeführt. Die Erfahrung zeigt den klaren Vorteil dieses Verfahrens gegenüber der offe-nen Operationstechnik: ein deutlich geringerer Blutverlust trotz längerer Operationsdauer.

7

HarnblaseDas Urothelkarzinom der Harnblase ist ein zunehmend relevantes Krankheitsbild. Wäh-rend das oberflächliche Karzinom lokal mit-tels TUR-B meist beherrschbar ist, indiziert spätestens die Muskelinvasion (pT2) ein chir-urgisches Vorgehen. Die Zystektomie besteht aus dem ablativen Teil, bei dem die Harnblase entfernt wird, und dem rekonstruktiven Teil zur Erstellung einer Harnableitung.

Am KSW wird die Zystektomie seit der Pre-miere im Jahr 2014 fast ausschliesslich kom-plett intrakorporal durchgeführt. Das heisst, auch die Anlage einer Harnableitung erfolgt laparoskopisch. Ohne Laparotomie verlieren Patienten intraoperativ weniger Flüssigkeit und Wärme. Die reduzierte Analgesie ermög-licht eine rasche Mobilisation und eine frühe Rekonvaleszenz.

Roboterassistierte rekonstruktive EingriffeAn rekonstruktiven Operationen mit Roboter-assistenz werden am KSW diverse Eingriffe angeboten, unter anderem: die laparoskopi-sche Sakrokolpopexie für die Wiederherstel-lung des Beckenbodens bei Senkungserkran-kungen der Frau, die Ureterozystoneostomie für die Neueinpflanzung des Harnleiters in die Blase sowie der Verschluss von vesikovagina-len Fisteln. Weiter wird die pyeloureterale Ab-gangsstenose ebenfalls roboterassistiert und minimalinvasiv behandelt. Solche Eingriffe belasten die Patienten weniger und sind vor-teilhaft, weil die altbewährten Bauchschnitt-Techniken mit jenen der Schlüssellochchirur-gie kombiniert werden können.

8

Der Weg des FortschrittsProf. John führte zwischen 2002 und 2005 die ersten Eingriffe in London, Athen, Rom, Dresden und Mainz unter anderem als Proctor mit den Teams vor Ort durch. In der Schweiz baute er das Programm am Universitätsspital Zürich (2002) und an der Klinik Hirslanden (2005) auf, in Deutschland jenes an der Uni-versitätsklinik Tübingen (2008). Seit 2009 be-treut und betreibt Prof. John das schweizweit führende Robotikprogramm am Kantonsspital Winterthur. Bisher sind am KSW fünf Konso-lenchirurgen ausgebildet worden. Wichtig für den Einstieg und das Training in der roboter-assistierten Operationstechnik ist das Simu-latorprogramm. Mit virtuellen Operationen vermittelt es umfassendes technisches und praxisbezogenes Know-how zu dieser fort-schrittlichen Operationsmethode.

RobotikspezialistKevin Horton ist ein versierter Robotikspezi-alist mit nationaler und internationaler Erfah-rung. Seit den Anfängen des klinischen Robo-tikeinsatzes 2002 stand er Prof. John an jedem seiner Wirkungsorte zur Seite. Am Kantons-spital Winterthur ist er als Robotikspezialist seit 2010 vollumfänglich ins Team integriert – eine schweizweite Besonderheit –, was ihn zum ersten «nurse technician» resp. technischen Fachspezialisten am KSW macht. In dieser Funktion unterstützt er die Pflegefachleute und Assistenzärzte in technischen Belangen und ist laufend damit befasst, den technischen Ablauf zu optimieren.

Training und Ausbildung

Training und Ausbildung

Die technologischen Fortschritte bringen es mit sich, dass klassische Operations-

methoden durch neuartige Techniken ergänzt oder ersetzt werden. In der Klinik

für Urologie am KSW als Weiterbildungsklinik der Kategorie A hat die Aus- und

Weiterbildung einen hohen Stellenwert, so auch im fortschrittlichen Bereich der

roboterassistierten Operationstechnik.

9

Angehende Konsolenchirurgen haben im integrierten Operati-onssimulator die Möglichkeit, Operationsschritte zu üben. Dazu gehören das exakte Platzieren von kleinen Kugeln (oben) wie auch das Koagulieren und Schneiden von kleineren Gefässen (unten).

Studien und Lehrbücher Die Resultate aller Da-Vinci-Eingriffe werden am KSW prospektiv erfasst, ausgewertet und sowohl zur Qualitätskontrolle wie auch als Basis für Publikationen und Kongressbeiträge im In- und Ausland genutzt. Kooperationen mit der Karolinska-Universität und Da-Vinci-Zentren in Deutschland (Gronau) ermöglichen den Austausch über neueste Entwicklungen und Techniken. Von Prof. H. John sind im Springer-Verlag zwei vielbeachtete Lehrbücher erschienen: «Robotic Urology» und «Atlas of Robotic Prostatectomy». Er ist zudem Mitglied des Scientific Committee der ERUS (European Robotic Urologic Society).

10

Aufgrund ihrer anatomischen Lage im oft sehr engen kleinen Becken des

Mannes sind Eingriffe an der Prostata eine Herausforderung für den Operateur.

Die Stärken des Da-Vinci-Roboters kommen bei der Prostataoperation ganz

ausgeprägt zum Tragen.

Prostataoperation

Prostataoperation

Krebs-NeuerkrankungenAn Prostatakrebs erkranken in der Schweiz pro Jahr rund 6200 Männer. Damit ist Pro-statakrebs die häufigste Krebsart überhaupt: Auf ihn entfallen 30% der Krebsdiagnosen bei Männern.

Harnblase

Samenleiter

Samenblase

Prostata

Harnröhre

äusserer Schliessmuskel

Beckenboden

Männliche Geschlechtsorgane im kleinen Becken

30%Prostatakrebs

alle Männer

16% Erkrankungen

5% Tod

Lebenszeitrisiko ProstatakrebsDie Wahrscheinlichkeit für Männer in der Schweiz, an Prostatakrebs zu erkranken, liegt bei 16%.

Quelle: NICER und BFS, Durchschnitt der

Jahre 2008 bis 2012 in der Schweiz

11

Radikale ProstatektomieDie roboterassistierte Operationstechnik erlaubt bei der radikalen Prostatektomie die Sicht auf die umliegenden Strukturen bis ins Detail. Trotz der beengten Platzver-hältnisse ermöglichen die drei beweglichen Instrumen-tenarme des Da-Vinci-Roboters präzises und schonendes Operieren. Dies ist insbesondere für den Erhalt des inne-ren (Blasenhals) und des äusseren Schliessmuskels sowie der neurovaskulären Bündel wichtig. Die postoperative Kontinenz und Erektion kann damit verbessert werden.

Mit der an der Klinik für Urologie mittlerweile zum Standard erhobenen MRI-TRUS-fusionierten Prostata-biopsie können die Karzinomherde exakter antizipiert werden. Damit ist es bei immer mehr Patienten möglich, die Gefässnervenbündel zu schonen, ohne onkologische Risiken einzugehen.

Adenomenukleation (Millin)Bei sehr grossvolumigen benignen Prostatahyperplasien kommt an der Klinik für Urologie zunehmend die Ade-nomenukleation mit dem Da-Vinci-Roboter zum Einsatz. Anders als bei der offenen Operationstechnik (Millin-Operation) lassen sich mit der roboterassistierten Tech-nik der Blutverlust und die postoperativ auftretende Belas-tungsinkontinenz vermeiden. Diese Vorteile ergeben sich dank der Sicht auf die intraprostatischen Blutgefässe, die apikalen Strukturen der Prostata und somit auch auf den angrenzenden Schliessmuskel.

Dokumentation einer MRI-TRUS-fusionierten Prostatabiopsie

Absetzen der Prostata von der membranösen Harnröhre bei einseitigem Erhalt des neurovaskulären Bündels.

Enukleation eines Prostataadenoms

neurovaskuläres Bündel

Beckenbodenmuskulatur mitäusserem Schliessmuskel

Apex der Prostata

12

Die Da-Vinci-Operationstechnik erleichtert dem Operateur den Eingriff und

verschafft den Patienten gewichtige Vorteile wie eine kürzere Rehabilitationsdau-

er. Am KSW kommt die Technologie auch bei der Nierenteilresektion zum Einsatz.

Nierenoperation

Nierenoperation

Rund 3% aller malignen Tumorerkrankungen sind Nierenzellkarzinome. Häufig handelt es sich dabei um asymptomatische Tumoren und Zufallsbefunde, die im Rahmen von bildgeben-den Untersuchungen entdeckt werden. Thera-pie der Wahl ist bei Tumoren unter 4 cm die Nierenteilresektion. Falls lage- und gefäss-bedingt möglich, gilt dies auch für Tumoren zwischen 4 und 7 cm Durchmesser. Die Kriterien

onkologische Kontrolle, Erhalt der Nierenfunkti-on, geringe Morbidität und Reproduzierbarkeit der Methode sind bei der organerhaltenden Nierenteilresektion erfüllt. Aufgrund der nach-gewiesenen höheren Lebensqualität und des Gesamtüberlebens bei kurativ durchgeführten Teilnephrektomien hat die organerhaltende Nierenchirurgie die radikale Nephrektomie bei dieser Indikation verdrängt.

13

Bei der Nierenteilresektion wird nur der Tumor ent-fernt, damit möglichst viel gesundes Nierengewebe erhalten bleibt.

Solitärer Nierentumor rechts. Die Nephrek-tomie links erfolgte wegen eines zentralen klarzelligen Nieren-zellkarzinoms Fuhr-mann Grad 3, R0, mit einem Durchmesser von 6,6 cm. Schwere linkskonvexe Skoliose der LWS.

Nierentumor makro- skopisch komplett im Gesunden exzidiert. Histologisch fand sich ein klarzelliges Nierenzellkarzinom Fuhrmann Grad 3, R0, mit einem Durchmes-ser von 1,5 cm.

Partielle Ischämie der rechtsseitigen Einzelniere. Die Pars intermedia und der Nierenoberpol sind gut vaskularisiert (grüne Farbe: Indozyanin-grün). Die Leber ist am rechten Bildrand abgebildet.

Nierenteilresektion Die roboterassistierte Operationstechnik er-leichtert mit ihren Vorzügen wie 3-D-Sicht, 8- bis 10-fache Vergrösserung, abgewinkelte Instrumente mit freier Beweglichkeit auch diesen technisch anspruchsvollen Eingriff. Ro-boterassistiert kann der Tumor präziser exzi-diert werden, und die Parenchymnaht sowie die Renorrhaphie lassen sich bei adäquater Ischä-miedauer vornehmen.

Etablierte Robotikzentren mit modernen Robotiksystemen wie am KSW verwenden zur selektiveren Ischämie und zur Tumorlokalisati-on routinemässig zusätzlich die Fluoreszenzbild- und die Ultraschalltechnik. Die Fluoreszenz-bildgebung für das Da-Vinci-System basiert auf dem Farbstoff Indocyaningrün (ICG). Tumoren und Zysten stellen sich meist hypofluoreszent dar und sind deshalb gut vom normalen Nieren-parenchym abgrenzbar.

Die roboterassistierte Operation für die anspruchsvolle ablative und rekonstruktive Nierenteilresektion hat sich in der Klinik für Urologie bewährt. Intra- und postoperative Komplikationen und die Hospitalisationsdau-er sind im Vergleich zur offenen Operation signifikant geringer, die onkologischen und funktionellen Resultate vergleichbar. Die robo-terassistierte Technik ist für uns zum Standard geworden.

14

Am KSW findet die Zystektomie praktisch ausschliesslich roboterassistiert statt.

Die Operation besteht aus dem ablativen Teil (der eigentlichen Zystektomie) sowie dem

rekonstruktiven Teil, dem Anlegen einer Harnableitung mittels Dünndarm-Ersatzblase.

Blasenoperation und Ersatzblase: vollständig roboterassistiert

Blasenoperation und Ersatzblase

Zur Erstellung der Ersatzblase wird ein Dünndarmsegment von 50 cm isoliert und zum Stumpf der Urethra verlagert.

Erstellung einer Ersatzblase

Um die Oberfläche zu vergrössern, wird der Darm eröffnet.

Punkt C wird auf Punkt D vernäht, so dass ein Reservoir geformt wird.

Punkt C wird dann auf Punkt B vernäht, so dass ein sphäri-scher Körper entsteht.

Anschliessend wird das Reservoir verschlos-sen und die Harnleiter werden eingenäht.

15

Die Ersatzblase wird mit Nähten am Stumpf der durchtrennten Urethra fixiert. Gezeigt wird eine fortlaufende Naht, wobei mit dem rechten Roboter-arm der Stich an der Ersatzblase erfolgt.

Beide Harnleiter sind eröffnet und am distalen Ende mit einem Klipp fixiert. In dieser Position werden die Öffnungen der Harnleiter anastomosiert.

Um den Urinabfluss zu gewährleisten und die Anastomosen vor dem Urin zu schützen, werden kurz vor Vollendung der Naht Ureterschienen eingelegt.

Roboterchirurgie ohne LaparotomieDas Urothelkarzinom der Harnblase ist epide-miologisch ein zunehmend relevantes Krank-heitsbild. Während das oberflächliche Karzi-nom lokal mittels TUR-B meist beherrschbar ist, indiziert spätestens die Muskelinvasion (pT2) ein chirurgisches Vorgehen. Die Zyst-ektomie besteht einerseits aus dem ablativen Anteil, bei dem die Harnblase entfernt wird, andererseits aus dem rekonstruktiven Anteil zur Erstellung einer inkontinenten oder kon-tinenten Harnableitung. Obwohl der ablative Anteil heute häufig roboterassistiert durch-geführt wird, erfordert die Rekonstruktion der Harnwege meist eine Laparotomie, um die Dünndarmnähte anzulegen.

Am KSW wird die Zystektomie seit der Premiere im Jahr 2014 fast ausschliesslich komplett intrakorporal durchgeführt. Das be-deutet, dass der Bauchraum auch zur Anlage einer kontinenten oder inkontinenten Harnab-leitung nicht weiter als über die Mini-Inzisio-nen der Trokare eröffnet wird.

Ohne Laparotomie verlieren Patienten in-traoperativ weniger Flüssigkeit und Wärme. Weil weniger Analgetika verabreicht werden müssen, geht die Mobilisation und somit auch die Rekonvaleszenz wesentlich schneller vor sich.

16

Durch die Weiterentwicklung der endoskopischen Verfahren hat sich die operative

Endoskopie auch in der Beckenbodenchirurgie etabliert. Laparoskopische Opera-

tionstechniken verbinden die Vorteile der klassischen Techniken mittels Bauch-

schnitt mit jenen der weniger belastenden Technik der Schlüssellochchirurgie.

Roboterassistierte rekonstruktive Eingriffe

Roboterassistierte rekonstruktive Eingriffe

Blase

Kunststoffnetz

Gebärmutter

Enddarm

SakrokolpopexieDie Sakrokolpopexie dient der Wiederherstel-lung des Beckenbodens bei Senkungserkran-kungen. Bei der roboterassistierten laparo- skopischen Sakrokolpopexie wird eine Fixation der vorderen und der hinteren Vaginawand im Bereich des Promontoriums vorgenommen. Dazu wird ein dauerhaft im Körper verblei-bendes Kunststoffnetz eingesetzt, wodurch die Anatomie wiederhergestellt wird. Die Sa-krokolpopexie ist eine wichtige Methode der Deszensusoperation und wird an der Klinik für

Urologie seit 2010 durchgeführt. Dieser robo-terassistierte Eingriff bringt grosse rekonst-ruktive Vorteile mit sich und erzielt gleich gute postoperative Ergebnisse wie die offene Ope-ration. Die laparoskopische Sakrokolpopexie ist zudem mit einer deutlich geringeren post-operativen Morbidität und einer rascheren Rekonvaleszenz verbunden. In der Urologie werden damit insbesondere symptomatische Zystozelen mit Restharnbildung, obstruktiver Miktion und rezidivierenden Infekten erfolg-reich behandelt.

17

Sicht auf die eröffnete Blase mit Durchzug des Ureterstumpfes in die Blase

Präparation des gestielten Peritoneallappens

Harnleiter

Peritoneallappen

Vaginalnaht

Blase

eröffnete Blase

UreterozystoneostomieEine Verengung des Harnleiters, die den Urinfluss von der Niere zur Blase behindert, kann unterschiedliche Ur-sachen haben, beispielsweise in den unteren Harnleiter einwachsende Tumoren, Entzündungen des Harnleiters und der umgebenden Organe, oder sie kann als Folge ei-ner Bestrahlung des Unterbauchs auftreten. Damit der Urin aus der Niere wieder ungehindert in die Blase flies-sen kann, muss die Verengung entfernt und der dabei entstehende Defekt überbrückt werden. Der Harnleiter wird kopfwärts durchtrennt und der verengende Anteil entfernt. Die dafür angewendeten Operationstechni-ken der Harnleiterneueinpflanzung im distalen Teil des Harnleiters sind hauptsächlich die Psoas-Hitch-Technik und die Boari-Plastik. Wichtig ist die spannungsfreie Anastomose zwischen Harnleiter und Blase durch Mobi-lisation und Fixation der Blase an der Sehne des Psoas-muskels.

Vesikovaginale FistelVesikovaginale Fisteln können zu chronischen Blasen-entzündungen und Harninkontinenz führen. Sie entste-hen beispielsweise nach geburtshilflichen oder gynä-kologischen Eingriffen, durch Verletzungen oder nach Bestrahlung im Beckenbereich. Je nach Vorerkrankung und genauer Lokalisation der Fistel wird in der Klinik für Urologie minimalinvasiv der sogenannte Da-Vinci-Fistelverschluss durchgeführt. Oft steht nach der Vor-operation oder der Bestrahlung zu wenig gutes Gewebe zur Verfügung, so dass zusätzlich körpereigenes Gewebe zum Fistelverschluss verlagert werden muss. Dazu wird nach dem Ausschneiden des Fistelgangs zwischen Blase und Vagina ein Peritonealflap eingelegt.

18

Dank Prof. Dr. med. Hubert John und seinem Team verfügt das Kantonsspital

Winterthur über eine der höchsten Expertisen auf dem Gebiet der roboter-

assistierten Chirurgie in der Urologie. Minimalinvasive Prostataoperationen

gehören mittlerweile zum Standard und bieten eindrückliche Vorteile.

Siegeszug der Schlüssellochchirurgie

Da-Vinci-System – der 1000. Patient

Ein Operationssaal im Kantonsspital Winter-thur. Auf dem Operationstisch liegt ein älterer Patient, bei dem aufgrund eines Prostatakar-zinoms die Prostata entfernt werden muss. Während man früher eine offene Operation mit Hilfe eines Bauch- oder Dammschnitts durch-führte, hat sich heute die minimalinvasive robo-tergestützte Technik mit dem Da-Vinci-System etabliert. Mit dem Verfahren werden bessere Resultate erzielt, die Patienten haben weniger Schmerzen, die Behandlungszeit ist wesentlich kürzer und komplikationsärmer. Zwei oder drei Mal täglich kommt die schonende und äusserst präzise roboterassistierte Operationstechnik in der Urologie am KSW zum Einsatz – Prof. Dr. med. Hubert John und sein Team haben bereits über 1000 Patienten mit Unterstützung des Da-Vinci-Roboters operiert.

Prof. John sitzt einige Meter vom Patien-ten entfernt an einer Konsole. Er gehört zu den führenden europäischen Spezialisten auf dem Gebiet des minimalinvasiven und roboter-assistierten Verfahrens in der Urologie. Hoch konzentriert schaut er auf den Bildschirm und steuert über zwei Joysticks und über Pedale die Kamera und die drei Instrumentenarme im Körper des Patienten. Jeder Schritt ist stan-dardisiert und das Team perfekt aufeinander abgestimmt.

Auf seinem Bildschirm sieht Prof. John ein dreidimensionales und bis zu zehnfach vergrössertes Bild des Operationsfeldes. Der Rechner «übersetzt» seine Hand-, Finger- und Fussbewegungen und leitet die entsprechen-den Befehle an die minimalinvasiven Opera-tionsinstrumente weiter. Ein Tremorfilter eliminiert die feinen, bei jedem Menschen auf-tretenden Zitterbewegungen. Eine so exakte Schnittführung kann ein Operateur selbst mit viel Erfahrung und höchster Konzentration von Hand nicht erreichen. Den hohen Nutzen

dieser Operationstechnik erkannte Prof. John bereits vor Jahren. «Wenn man das Operati-onsfeld besser sieht und präzisere Bewegun-gen machen kann als von Hand, muss das Re-sultat konsequenterweise besser ausfallen», beschreibt der Schweizer Spitzenmediziner seine damalige und heutige Überzeugung.

Als Prof. John im September 2002 zusam-men mit seinem Assistenten und Robotik-spezialisten Kevin Horton in der Schweiz die erste roboterassistierte urologische Opera-tion durchführte, sah er sich mit verschiede-nen Vorbehalten konfrontiert. «Weltweit wa-ren damals erst 600 Eingriffe durchgeführt worden. Es brauchte viel Mut, um trotz aller Widerstände an dieser innovativen Techno-logie festzuhalten. Am Anfang wurde ich von

allen Seiten massiv attackiert», erinnert sich Prof. John. Als immer mehr Kliniken und Spi-täler den Wert dieser revolutionären Technik erkannten, war Prof. Johns Expertise welt-weit gefragt. So führte er – meist zusammen mit Kevin Horton – beispielsweise in London, Athen, Rom, Dresden, Mainz und Zypern die ersten Da-Vinci-Operationen als Proctor durch. Er baute die Da-Vinci-Programme am Universitätsspital Zürich (2002), an der Kli-nik Hirslanden (2005), an der Universitäts-klinik Tübingen (2008) und am KSW auf, wo er seit 2009 tätig ist. Im Da-Vinci-Programm am KSW steckt die jahrelange Expertise von Prof. John und seinem Team. Bis heute hat der Urologe bereits über 2000 roboterassistierte

MRI der Prostata mit Prostatakrebs

Eröffneter Harn-blasenhals

Absetzen der Harnröhre

Nähen der Harn-röhre an die Harn-blase nach Prostata-entfernung

Minimale Belastung,

höchste Präzision

19

Operationen durchgeführt. Dieses Wissen gibt er an seine Kolleginnen und Kollegen weiter. So wurden in den letzten fünf Jahren am KSW fünf Konsolenchirurgen ausgebildet – so viele

wie sonst nirgendwo in der Schweiz. Während der mindestens drei Jahre dauernden struk-turierten Ausbildung nehmen die Mediziner an mindestens 200 Operationen teil, bevor sie selbständig Eingriffe vornehmen. Die Robotic Master Class einmal pro Jahr vereint interna-tionale Robotikexperten am KSW, wobei zu-sammen innovative Techniken vorgenommen und diskutiert werden.

Vorreiterrolle bei BlasenableitungHeute gehört der äusserst schonende mini-malinvasive Eingriff vor allem bei der krebsbe-dingten Prostataoperation am KSW zum Stan-dard – wie aber inzwischen auch komplexe Operationen an der Niere und der Harnblase. So haben Prof. John und sein Team am KSW die intrakorporale Anlage der Dünndarm-Er-satzblase als erste Schweizer Klinik in die Rou-tine umgesetzt. Die Ergebnisse sind mehr als überzeugend. «Man muss sich das einmal vor-stellen: Morgen wird ein Patient am neunten Tag nach der Operation mit einer neuen Blase ohne Stoma nach Hause gehen. Er nimmt nicht einmal eine Rehabilitation in Anspruch. Bei der konventionellen Operationstechnik ver-brachten die Patienten zwei bis drei Wochen im Spital und anschliessend weitere zwei bis drei Wochen in der Rehabilitation», freut sich Prof. John.

Nichts anderes hat die Urologie in den letz-ten 15 Jahren stärker revolutioniert als die Ro-botik. In der Urologie werden die grossen Ope-rationen mittlerweile fast vollständig mit der sogenannten Schlüssellochtechnik durchge-führt. «Technisch und endoskopisch sind wir in der Urologie seit je sehr fortschrittlich. Die Robotik hat ihren Siegeszug längst angetreten und wird nicht aufzuhalten sein. Die Instru-mente werden weiterentwickelt, und die Robo-tik wird am KSW auch in anderen Fachgebie-ten wie zum Beispiel in der Viszeralchirurgie und der Gynäkologie vermehrt zum Einsatz kommen.» Prof. Johns Begeisterung für die technischen Möglichkeiten widerspiegelt sich in seinem Engagement: «Auch nach über 2000

Da-Vinci-System – der 1000. Patient Herr Krämer, was hat Sie dazu bewogen, den roboter-assistierten Eingriff am KSW vornehmen zu lassen?Markus Krämer: Der Termin für den konventionellen Eingriff stand bereits fest, als ich von der roboterassistier-ten Operationsmethode am KSW erfuhr. Schon bald war mir klar, dass im KSW schweizweit die höchste Kompetenz im Einsatz des Da-Vinci-Roboters in der Urologie liegt. Drei Wochen vor dem Termin entschied ich mich um.

Und wie haben Sie diesen modernen Eingriff erlebt?Der Roboter ist zwar beeindruckend, aber mit einer «auto-matisierten» Operation hat das nichts zu tun. Mit seinen Werkzeugarmen ist er vielmehr der verlängerte Präzisi-onsarm des Operateurs. Jede Bewegung und jeder Griff wird vom Operateur an der Konsole vorgegeben und vom Roboter in höchster Präzision ausgeführt.

Wie zufrieden waren Sie mit dem Spitalaufenthalt?Sehr zufrieden. Als Patient wurde ich regelmässig und zeitnah über das aktuelle und weitere Vorgehen orientiert. Auch konnte ich erleben, wie gut die Ärzteschaft und der Pflegedienst zusammenarbeiten. Das alles zeugt von einem hochstehenden Qualitätsmanagement.

Schon wieder fit: Herr Krämer ist der 1000. Patient, der am KSW mit Hilfe des Da-Vinci-Operationsroboters operiert wurde. (Links: Prof. Dr. med. Hubert John, Chefarzt Klinik für Urologie; rechts: Markus Krämer)

Roboterassistierte Operationen:

weniger Schmerzen,

kürzere Behandlungsdauer

Operationen bin ich jeden Tag mit Freude an der Arbeit. Das Programm läuft sehr ruhig, das Team ist eingespielt, ich fühle mich absolut entspannt und begrüsse deshalb auch immer gerne Kollegen, die unser Robotikprogramm besuchen.»

KANTONSSPITALWINTERTHURBrauerstrasse 15Postfach 8348401 WinterthurTel. 052 266 21 [email protected]

6/2

02

1 | 6

. Au

flag

e 3

00

Exe

mp

lare

| ©

Kan

ton

ssp

ital

Win

tert

hu

r

Departement ChirurgieKlinik für Urologie

SekretariatTel. 052 266 29 82Fax 052 266 45 [email protected]/urologie

Montag–Freitag:8.00–12.00 Uhr 13.30–17.00 Uhr

PatientendispositionTel. 052 266 33 [email protected]

Montag–Freitag:7.30–17.00 UhrSamstag, Sonntag, Feiertage:8.00–15.00 Uhr

Kontakt und AnmeldungKontakt und Anmeldung

Alle Informationen im Internet www.ksw.ch/urologie

Wer Sie betreut

Prof. Dr. med. Hubert John Chefarzt Tel. 052 266 29 82 [email protected]

Regula StadlerAbteilungsleiterin PflegeTel. 052 266 24 69 [email protected]

Dr. med. Christian PadevitStv. ChefarztTel. 052 266 29 [email protected]

Sabrina Rüegg Stv. Abteilungsleiterin PflegeTel. 052 266 25 87 [email protected]

Dr. med. Nadim Abo YoussefOberarztTel. 052 266 29 [email protected]

Dr. med. Christoph SchregelOberarztTel. 052 266 41 [email protected]

Dr. med. Anja SauckOberärztinTel. 052 266 37 82 [email protected]

Esther Bosshard Assistentin Chefarzt Leitung Ambulatorium/Sekretariate Tel. 052 266 29 [email protected]

Dr. med. Beat Förster Oberarzt Tel. 052 266 29 [email protected]