Drucksache 16/10650 16. Wahlperiode - DIP - Bundestag

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Deutscher Bundestag Drucksache 16/10650 16. Wahlperiode 15. 10. 2008 Beschlussempfehlung und Bericht des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Abs. 2 des Grundgesetzes zu dem auf Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD am 25. Oktober 2006 gefassten Beschluss des Verteidigungsausschusses, sich zum Misshandlungs- vorwurf des ehemaligen Guantánamo-Häftlings Murat Kurnaz gegenüber Angehörigen des Kommandos Spezialkräfte im US-Gefangenenlager Kandahar, Afghanistan, als Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Abs. 2 des Grundgesetzes zu konstituieren Beschlussempfehlung Der Bundestag wolle beschließen: den Bericht des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Abs. 2 des Grundgesetzes zur Kenntnis zu nehmen. Berlin, 18. September 2008 Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Abs. 2 des Grundgesetzes Dr. Karl A. Lamers Bernd Siebert Elke Hoff Stellvertretender Vorsitzender Berichterstatter Berichterstatterin Rainer Arnold Paul Schäfer Berichterstatter Berichterstatter Winfried Nachtwei Berichterstatter

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Deutscher Bundestag Drucksache 16/1065016. Wahlperiode 15. 10. 2008

Beschlussempfehlung und Berichtdes Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschussgemäß Artikel 45a Abs. 2 des Grundgesetzes

zu dem auf Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD am 25. Oktober 2006 gefassten Beschluss des Verteidigungsausschusses, sich zum Misshandlungs-vorwurf des ehemaligen Guantánamo-Häftlings Murat Kurnaz gegenüber Angehörigen des Kommandos Spezialkräfte im US-Gefangenenlager Kandahar, Afghanistan, als Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Abs. 2 des Grundgesetzes zu konstituieren

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen:

den Bericht des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Abs. 2 des Grundgesetzeszur Kenntnis zu nehmen.

Berlin, 18. September 2008

Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss gemäßArtikel 45a Abs. 2 des Grundgesetzes

Dr. Karl A. Lamers Bernd Siebert Elke Hoff

Stellvertretender Vorsitzender Berichterstatter Berichterstatterin

Rainer Arnold Paul Schäfer

Berichterstatter Berichterstatter

Winfried Nachtwei

Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/10650

I n h a l t s ü b e r s i c h t

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Erster TeilEinsetzung des Untersuchungsausschusses und Verlauf des Untersuchungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

A. Einsetzung, Auftrag und Konstituierung des Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

B. Verlauf des Untersuchungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

Zweiter TeilFeststellungen zum Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

A. Welche Kontakte hatten Angehörige der Bundeswehr mit dem türkischen Staatsbürger Murat Kurnaz während dessen Inhaftierung durch die US-Streitkräfte im Zeitraum von ca. November 2001 bis ca. Februar 2002? . . . . . . . . . . . . . . . . 44

B. Wurde Murat Kurnaz im Rahmen dieser Kontakte durch Angehörige der Bundeswehr in seiner körperlichen Integrität beeinträchtigt, und wenn ja, wie und durch wen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

C. Welche Personen innerhalb der Bundeswehr und im Bundes-ministerium der Verteidigung hatten gegebenenfalls welche Kenntnis über die Kontakte von Angehörigen der Bundeswehr zu Murat Kurnaz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

D. Welche Einsätze haben KSK-Kräfte von ca. November 2001 bis ca. November 2002 in Kandahar durchgeführt, nach welchen Einsatzregeln haben sie dabei gehandelt und welchen Einfluss hatten Dienststellen in der Bundeswehr und das Bundesministerium der Verteidigung auf diese Einsätze? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

E. Welche Personen in der Bundeswehr und im Bundes-ministerium der Verteidigung hatten je welche Kenntnis über die KSK-Einsätze in Kandahar von ca. November 2001 bis ca. November 2002? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

Dritter TeilBewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

A. Bewertung der Untersuchungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

B. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

Drucksache 16/10650 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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Vierter TeilSondervoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

A. Minderheitenbericht der Fraktion der FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

B. Minderheitenbericht der Fraktion DIE LINKE. . . . . . . . . . . . . . . . 143

C. Sondervotum der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . 165

Fünfter TeilÜbersichten, Verzeichnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/10650

I n h a l t s v e r z e i c h n i s

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Erster Teil

Einsetzung des Untersuchungsausschusses und Verlauf des Untersuchungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

A. Einsetzung, Auftrag und Konstituierung des Untersuchungs-ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

I. Vorgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

II. Konstituierung des Untersuchungsausschusses und Untersuchungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

1. Untersuchungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

2. Mitglieder des Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . 21

3. Vorsitzende, stellvertretender Vorsitzender sowie Sprecher und Berichterstatter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

4. Benannte und ermächtigte Mitarbeiter der Fraktionen . . . . . 22

5. Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages . . . . . . . . 23

6. Beauftragte der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

7. Sekretariat des Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . 23

III. Parallelverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

1. Untersuchungen des Bundesministeriums der Verteidigung . . 23

2. Sonderausschuss des Europäischen Parlaments (sog. CIA-Untersuchungsausschuss) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

3. Der 1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahlperiode . . . . . . 24

4. Ermittlungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

5. Datenverlust im Bereich der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . 26

B. Verlauf des Untersuchungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

I. Rechtsgrundlagen für die Arbeit des Untersuchungsaus-schusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

II. Beschlüsse und Absprachen zum Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 27

1. Einsetzung eines interfraktionellen Gremiums . . . . . . . . . . . 27

2. Nichtöffentlichkeit der Sitzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

3. Protokollierung der Ausschusssitzungen . . . . . . . . . . . . . . . . 28

4. Verteilung von Beratungsunterlagen, Beweisbeschlüssen und Ausschussmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

5. Behandlung der Ausschussprotokolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

6. Verzicht auf Verlesung von Schriftstücken . . . . . . . . . . . . . . 29

7. Verpflichtung zur Geheimhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

8. Verteilung von Verschlusssachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

Drucksache 16/10650 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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9. Fragerecht bei der Beweiserhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

10. Behandlung von Beweisanträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

11. Zutritt von Fraktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern . . . . 31

12. Mitteilungen aus nichtöffentlichen Sitzungen . . . . . . . . . . . . 31

III. Vorbereitung der Beweiserhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

1. Besprechungen des interfraktionellen Gremiums . . . . . . . . . 31

2. Strukturierung der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

IV. Beweiserhebung durch Beiziehung von Akten, Berichten, Protokollen und sonstigen Unterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

1. Art, Herkunft und Umfang des Beweismaterials . . . . . . . . . . 31

2. Entscheidung über die Ersuchen auf Vorlage von Beweis-mitteln und Vollständigkeitserklärungen gemäß § 18 Abs. 2 PUAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

3. Verwendung von Unterlagen ohne formelle Beiziehung . . . . 32

4. Durchführung des Vorsitzendenverfahrens . . . . . . . . . . . . . . 32

V. Beweiserhebung durch Vernehmung von Zeugen . . . . . . . . . . . . 32

1. Behandlung von Beweisanträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32a) Entscheidung über Beweisanträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32b) Reihenfolge der Vernehmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

2. Durchführung der Zeugenvernehmungen . . . . . . . . . . . . . . . 33a) Aussagegenehmigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33b) Art, Dauer, Anzahl und Ort der Vernehmungen . . . . . . . 33

3. Ausländische Zeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

4. Einstufung der Vernehmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

5. Abschluss der Beweisaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

VI. Zeit- und Arbeitsaufwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

VII. Umgang mit Akten nach Beendigung der Tätigkeit des Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

VIII. Abschlussbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

1. Erstellung des Abschlussberichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

2. Rechtliches Gehör zum Abschlussbericht . . . . . . . . . . . . . . . 36

3. Wörtliche Zitate aus Protokollen nichtöffentlicher Sitzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

4. Zitate aus einer Anklageschrift oder anderen amtlichen Schriftstücken eines Strafverfahrens (§353d Nr. 3 StGB) . . . 38

5. Feststellung des Abschlussberichtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/10650

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Zweiter Teil

Feststellungen zum Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

I. Murat Kurnaz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

1. Zur Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

2. Reise nach Pakistan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

3. Verhaftung in Pakistan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

4. Verbringung nach Kandahar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

II. Das Kommando Spezialkräfte in Kandahar . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

III. Strukturen und Meldewege der deutschen Spezialkräfte in Afghanistan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

A. Welche Kontakte hatten Angehörige der Bundeswehr mit dem türkischen Staatsbürger Murat Kurnaz während dessen Inhaftierung durch die US-Streitkräfte im Zeitraum von ca. November 2001 bis ca. Februar 2002? . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

I. Das Gefangenenlager in Kandahar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

1. Beschreibung des Lagers durch Murat Kurnaz . . . . . . . . . . . 44

2. Beschreibung des Lagers durch Mithäftlinge von Murat Kurnaz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

3. Beschreibung des Lagers durch die Angehörigen der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

II. Das Kommando Spezialkräfte im Gefangenenlager Kandahar . . 46

1. Besichtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

2. Wache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47a) Zustandekommen des Wachauftrages . . . . . . . . . . . . . . . 47b) Inhalt der Wachanfrage und des Wacheinsatzes . . . . . . . 49c) Anordnung und Einteilung zur Wache . . . . . . . . . . . . . . 49d) Zeitpunkt und Häufigkeit des Wacheinsatzes . . . . . . . . . 50e) Personenstärke der Wache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50f) Wacheinweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51g) Aufgaben während der Wache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51h) Beendigung des Wacheinsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

3. Kontakte des Kommandos Spezialkräfte zu Gefangenen . . . 53a) Visuelle Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53b) Verbale Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53c) Körperliche Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

4. Umgang mit den Gefangenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

III. Zusammentreffen von Angehörigen des 1. Deutschen Heeres-kontingents Spezialkräfte mit Murat Kurnaz . . . . . . . . . . . . . . . . 56

1. Visuelle Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

Drucksache 16/10650 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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2. Verbaler Kontakt „Wortwechsel am Zaun“ . . . . . . . . . . . . . . 57a) Aussage von Murat Kurnaz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57b) Aussagen der Mithäftlinge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58c) Aussagen der Soldaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

3. Körperlicher Kontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

B. Wurde Murat Kurnaz im Rahmen dieser Kontakte durch Angehörige der Bundeswehr in seiner körperlichen Integrität beeinträchtigt, und wenn ja, wie und durch wen? . . . . . . . . . . . . . . 60

I. Darstellung des Sachverhaltes aus der Sicht von Murat Kurnaz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

1. Darstellung gegenüber den Medien und im CIA-Unter-suchungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

2. Aussagen von Murat Kurnaz vor der Staatsanwaltschaft . . . 62

3. Vernehmung vor dem Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

II. Untersuchung der behaupteten Misshandlungen durch das Bundesministerium der Verteidigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

1. Bekleidung und Bewaffnung der Wachverstärkung . . . . . . . 66

2. Fahrzeuge im US-Gefangenenlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

3. „Wortwechsel“ hinter einem LKW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

III. Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft Tübingen . . . . . . . 68

1. Aussagen der an der Wachverstärkung beteiligten Soldaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68a) Bekleidung, Aussehen und Bewaffnung der

Wachverstärkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68b) Fahrzeuge im US-Gefangenenlager . . . . . . . . . . . . . . . . . 69c) „Wortwechsel“ hinter einem LKW . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

2. Aussagen von weiteren Kontingentangehörigen . . . . . . . . . . 69a) Bewaffnung der Wachverstärkung . . . . . . . . . . . . . . . . . 70b) Fahrzeuge im US-Gefangenenlager . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

3. Bewertung der Aussagen durch die Staatsanwaltschaft . . . . . 71

4. Aussagen von Mithäftlingen von Murat Kurnaz nach der Wiederaufnahme der Ermittlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72a) Bekleidung der deutschen Soldaten . . . . . . . . . . . . . . . . . 72b) Fahrzeuge im US-Gefangenenlager . . . . . . . . . . . . . . . . . 72c) „Wortwechsel“ und behauptete Misshandlungen . . . . . . 73

IV. Untersuchung der behaupteten Misshandlungen durch den Untersuchungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

1. Sachverhalt nach den Zeugenaussagen der an der Wach-verstärkung beteiligten Soldaten im Untersuchungs-ausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73a) Bekleidung, Aussehen und Bewaffnung der Wach-

verstärkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/10650

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b) Fahrzeuge im US-Gefangenenlager . . . . . . . . . . . . . . . . . 74c) „Wortwechsel“ hinter einem LKW . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

2. Aussagen von weiteren Kontingentangehörigen des 1. Kontingents, die nicht an der Wachverstärkung teilgenommen haben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75a) Bekleidung der Wachverstärkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75b) Fahrzeuge im US-Gefangenenlager . . . . . . . . . . . . . . . . . 75c) „Wortwechsel“ und behauptete Misshandlungen . . . . . . 76

3. Aussagen von Vorgesetzten, die nicht dem 1. Deutschen Heereskontingent Spezialkräfte angehörten . . . . . . . . . . . . . . 76

4. Aussagen von Mithäftlingen von Murat Kurnaz . . . . . . . . . . 77a) Bekleidung, Aussehen und Bewaffnung der Wach-

verstärkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77b) Fahrzeuge im US-Gefangenenlager . . . . . . . . . . . . . . . . . 77c) „Wortwechsel“ hinter einem LKW . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

5. Berichte über die Äußerungen von US-Soldaten . . . . . . . . . . 78

C. Welche Personen innerhalb der Bundeswehr und im Bundes-ministerium der Verteidigung hatten gegebenenfalls welche Kenntnis über die Kontakte von Angehörigen der Bundeswehr zu Murat Kurnaz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

I. Kenntnis vor Ort in Kandahar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

1. Kontingentführung und Einsatzkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79a) Existenz eines deutschen oder deutsch sprechenden

Gefangenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79b) Visuelle Kontakte und „Wortwechsel“ am Zaun . . . . . . 80c) Weiterleitung von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

2. Zelle Militärisches Nachrichtenwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81a) Existenz eines deutschen oder deutsch sprechenden

Gefangenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81b) Visuelle Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81c) Weiterleitung von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

II. Kenntnis im Einsatzführungskommando der Bundeswehr . . . . . 82

1. Befehlshaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83a) Existenz eines deutschen oder deutsch sprechenden

Gefangenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83b) Visuelle Kontakte und „Wortwechsel“ am Zaun . . . . . . 83c) Weiterleitung von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

2. Abteilung „Spezialoperationen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83a) Existenz eines deutschen oder deutsch sprechenden

Gefangenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83b) Visuelle Kontakte und „Wortwechsel“ am Zaun . . . . . . 83c) Weiterleitung von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

III. Kenntnis in der Division Spezielle Operationen . . . . . . . . . . . . . 84

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IV. Kenntnis im Bereich des KSK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

V. Kenntnis des US Central Command in Tampa und anderer Stellen in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

VI. Kenntnis im Bundesministerium der Verteidigung . . . . . . . . . . . 85

1. Generalinspekteur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

2. Stabsabteilungsleiter Fü S V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

3. Leiter des Referats Fü S V 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

4. Staatssekretäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

5. Bundesminister der Verteidigung a. D. Rudolf Scharping . . 88

6. Bundesminister der Verteidigung a. D. Dr. Peter Struck . . . . 89

D. Welche Einsätze haben KSK-Kräfte von ca. November 2001 bis ca. November 2002 in Kandahar durchgeführt, nach welchen Einsatzregeln haben sie dabei gehandelt und welchen Einfluss hatten Dienststellen in der Bundeswehr und das Bundes-ministerium der Verteidigung auf diese Einsätze? . . . . . . . . . . . . . 90

I. Einsatzregeln des Kommandos Spezialkräfte . . . . . . . . . . . . . . . 90

1. Beschluss des Bundestages vom 16. November 2001 . . . . . . 90

2. Die Regelungen des humanitären Völkerrechts . . . . . . . . . . . 92a) Das humanitäre Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92b) Die Anwendung des humanitären Völkerrechts im

Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

3. Die rechtliche Unterweisung der Einsatzkontingente Spezialkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94a) Die Vorbereitung in Calw . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94b) Die „Taschenkarte“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

4. Einsatzregeln des KSK für Gefangennahmen . . . . . . . . . . . . 97a) Abgrenzung Festhalten/Gewahrsam . . . . . . . . . . . . . . . . 97b) Praktische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

5. Die Rechtsauffassung des AA, BMJ, BMI und des BMVg . . 99a) Presseerklärung des Auswärtigen Amtes vom

22. Januar 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99b) Die Anfragen des Wehrbeauftragten . . . . . . . . . . . . . . . . 100c) Die gutachtliche Stellungnahme vom 6. Juni 2002 . . . . . 101d) Die gutachtliche Stellungnahme vom 7. August 2002 . . 102

II. Einsätze des Kommandos Spezialkräfte von November 2001 bis November 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

1. Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104a) Aufgabenspektrum des KSK in Kandahar . . . . . . . . . . . . 104b) Verlegung des KSK in den Einsatzraum . . . . . . . . . . . . . 105c) Anforderungen an die eingesetzten Spezialkräfte-

Kontingente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/10650

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2. Einsätze des 1. Kontingents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

a) Führungsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

b) Einsatzplanung und Einsatzdurchführung . . . . . . . . . . . . 108

c) Innere Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

3. Einsätze des 2. Kontingents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

a) Führungsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

b) Einsatzplanung und Einsatzdurchführung . . . . . . . . . . . . 111

4. Einsätze des 3. Kontingents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

a) Führungsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

b) Einsatzplanung und Einsatzdurchführung . . . . . . . . . . . . 111

III. Einfluss von Dienststellen der Bundeswehr auf Einsätze der Spezialkräfte-Kontingente im Rahmen der Operation Enduring Freedom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

1. Einsatzführungskommando der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . 112

2. Division Spezielle Operationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

3. Kommando Spezialkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

IV. Einfluss des Bundesministeriums der Verteidigung auf Einsätze des Kommandos Spezialkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

1. Führungsstab der Streitkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

2. Generalinspekteur der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

3. Bundesminister der Verteidigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

E. Welche Personen in der Bundeswehr und im Bundesministerium der Verteidigung hatten je welche Kenntnis über die KSK-Einsätze in Kandahar von ca. November 2001 bis ca. November 2002? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

I. Kenntnisse von Personen in der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . 119

1. Einsatzführungskommando der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . 119

2. Division Spezielle Operationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

3. Kommando Spezialkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

II. Kenntnisse von Personen im Bundesministerium der Verteidigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

1. Führungsstab der Streitkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

2. Leitungsebene des Ministeriums und Generalinspekteur der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

a) Generalinspekteur der Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

b) Staatssekretäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

c) Bundesminister der Verteidigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

Drucksache 16/10650 – 12 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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Dritter Teil

Bewertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

A. Bewertung der Untersuchungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

I. Allgemeine Feststellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

II. Bewertung der Feststellungen zu den Nr. 1 bis 3 des Untersuchungsauftrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

1. Kontakt von Angehörigen der Bundeswehr zu Murat Kurnaz (Nr. 1 des Untersuchungsauftrages) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

2. Vermeintliche Misshandlung von Murat Kurnaz durch Soldaten der Bundeswehr (Nr. 2 des Untersuchungs-auftrages) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

3. Kenntnis in der Bundeswehr und dem Bundesministerium der Verteidigung von Murat Kurnaz‘ Anwesenheit in Kandahar (Nr. 3 des Untersuchungsauftrages) . . . . . . . . . 130

III. Bewertung der Feststellungen zu den Nummern 4 und 5 des Untersuchungsauftrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

1. Art der Einsätze der KSK-Soldaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

2. Einsatzregeln des KSK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

3. Umstände in dem US-Gefangenenlager . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

B. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

Vierter Teil

Sondervoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

A. Minderheitenbericht der Fraktion der FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

II. Untersuchungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

1. Beschuldigungen durch Murat Kurnaz . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

2. Kenntnis der militärischen und politischen Führung über die Gefangenschaft von Murat Kurnaz in Kandahar . . . . . . . 138

3. Umgang der Bundesregierung mit Gefangennahmen in Kandahar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

4. Rechtliche Rahmenbedingungen des Einsatzes – Gefangennahme und Gefangenenweitergabe . . . . . . . . . . . . . 139

5. Parlamentarische Kontrolle des Kommandos Spezialkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

III. Folgerungen/Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 13 – Drucksache 16/10650

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B. Minderheitenbericht der Fraktion DIE LINKE. . . . . . . . . . . . . . . . 143

I. Die Ergebnisse der Beweiserhebung des Untersuchungs-ausschusses in kurzer Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

1. Misshandlung von Murat Kurnaz durch Angehörige des KSK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

2. Einsatz des KSK in Kandahar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

II. Behinderung der Aufklärungsbemühungen des Untersuchungs-ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

III. Misshandlung von Murat Kurnaz durch Angehörige des KSK . . 146

IV. Einsatz des KSK in Kandahar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

1. Nicht vom Bundestagsmandat gedeckter Einsatz des KSK . . 149

2. Folterung von Gefangenen durch KSK-Angehörige . . . . . . . 150

3. Duldung von und Teilnahme an völkerrechtswidriger Behandlung der Gefangenen im Gefangenenlager der FOB Airfield Kandahar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151a) Prozedur zur Aufnahme neuer Gefangener

(„In-processing“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151b) Schlafentzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153c) Lebensbedingungen im Gefangenenlager . . . . . . . . . . . . 153d) Völkerrechtliche Vorgaben zur Behandlung von

Gefangenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154e) Erkenntnis der KSK-Soldaten hinsichtlich der völker-

rechtswidrigen Behandlung der Gefangenen . . . . . . . . . . 156f) Kenntnis der Führungsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

4. Ungelöstes Problem von Gefangennahmen durch KSK-Angehörige im Rahmen der „Operation Enduring Freedom“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156a) Unzulässigkeit einer Übergabe von Gefangenen

an die USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157b) Festhalten/Festnehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161c) Nicht-Information der MdB Heidi Lippmann und heraus-

gezögerte Fehlinformation des Wehrbeauftragten . . . . . 162

V. Politische Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

C. Sondervotum der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . 165

I. Politische Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165

II. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165

1. Verspätete oder unvollständige Vorlage von Unterlagen . . . 166

2. Verweigerung der Vorlage von Akten und Unterlagen, insbesondere durch das Bundeskanzleramt . . . . . . . . . . . . . . 166

3. Aktenvernichtung beim Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr (ZNBw) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

4. Beweisanträge des 1. Untersuchungsausschusses . . . . . . . . . 167

Drucksache 16/10650 – 14 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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5. Erstellung des Abschlussberichts/Geheimhaltung . . . . . . . . . 168

6. Amputationen im Abschlussbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

III. Zeugenverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

IV. Das KSK-Kontingent in Kandahar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

1. Lebens- und Einsatzbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

2. Unterstellung und Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

3. Aufträge und Einsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

4. Spannungen innerhalb des Kontingents . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

5. Alkoholkonsum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

6. Verhalten von US-Kräften im Einsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

V. Das Gefangenenlager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

1. Gefangenenbewachung – Mandat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

2. Gefangenenbewachung – Auftragsvergabe . . . . . . . . . . . . . . 172

3. Das Gefangenenlager zwischen Neugier und Ausblenden . . 173

4. Übergriffe durch US-amerikanische Kräfte? . . . . . . . . . . . . . 173

VI. Misshandlungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174

VII. Meldungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

1. Ein Deutscher im US-Gewahrsam in Kandahar . . . . . . . . . . 175

2. Erste Informationen zur Person Murat Kurnaz durch die Geheimdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

3. Die undurchsichtige Rolle der Nachrichtendienste . . . . . . . . 176

VIII. Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

1. Fehlende rechtliche Klarheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

2. Keine „Rules of Engagement“ (ROEs) . . . . . . . . . . . . . . . . . 178

3. Interpretation des Auftrages des Bundestages . . . . . . . . . . . . 178

4. „Keine eigenen Gefangenen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

5. Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen ist unzulässig! . . 179

6. Verschleierung gegenüber dem Parlament . . . . . . . . . . . . . . 179

7. Verhalten bei Gefangennahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

8. Humanitäres Völkerrecht – praktische Umsetzung . . . . . . . . 180

IX. Bewertungen und Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

1. Einsatzrealität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

2. Führung und Interoperabilitätshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . 180

3. Sinn des Auftrags und politische Zweckentfremdung . . . . . . 180

4. Warnfunktion gegen Straflosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 15 – Drucksache 16/10650

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5. Menschenrechtliche Bindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

6. Geheimhaltung ganzer Einsätze des KSK . . . . . . . . . . . . . . . 181

X. Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182

1. Verbesserte parlamentarische Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . 182

2. Klare rechtliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182

3. Menschenrechte in der militärischen Ausbildung . . . . . . . . . 182

Fünfter Teil

Übersichten und Verzeichnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

I. Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

II. Übersicht der Beratungsunterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

III. Übersicht der Beweisbeschlüsse mit Bearbeitungsstand . . . . . . . 216

IV. Verzeichnis der zur Beweiserhebung beigezogenen Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233

V. Verzeichnis der Sitzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

VI. Dokumentenübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 17 – Drucksache 16/10650

Erster Teil

Einsetzung des Untersuchungsausschusses und Verlauf des Untersuchungsverfahrens

A. Einsetzung, Auftrag und Konstituierung des Untersuchungsausschusses

I. Vorgeschichte sem Verdacht unverzüglich und gründlich nachgegangen

In der Ausgabe des Magazins stern vom 5. Oktober 2006berichtete Murat Kurnaz exklusiv über seine Zeit als Ge-fangener im US-Gefangenenlager Guantánamo, danebenaber auch über eine Misshandlung durch zwei deutscheSoldaten Anfang 2002 in einem US-Gefangenenlager inKandahar (Afghanistan). Der damals 19-jährige türkischeStaatsangehörige Murat Kurnaz, der seit seiner Geburt inder Bundesrepublik Deutschland lebt, reiste am 3. Okto-ber 2001 nach Pakistan, um nach seinen Angaben dortseinen islamischen Glauben zu vertiefen. Ende November2001 wurde er von pakistanischen Sicherheitskräften un-ter Terrorverdacht festgenommen und an US-Einheitenjenseits der pakistanisch-afghanischen Grenze übergeben.Er wurde zunächst in einem US-Gefangenenlager in Kan-dahar festgehalten, bevor er Anfang Februar 2002 vondort in das Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba über-stellt wurde.

Unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe von Mu-rat Kurnaz, durch Angehörige der Bundeswehr in Kanda-har Anfang Januar 2002 misshandelt worden zu sein,bildete das Bundesministerium der Verteidigung eine Ar-beitsgruppe zur Klärung des Sachverhaltes. Am 18. Okto-ber 2006 nahm der Verteidigungsausschuss des DeutschenBundestages einen ersten Bericht der Bundesregierung zuden von Murat Kurnaz erhobenen Vorwürfen entgegen.Staatssekretär Dr. Peter Wichert (Bundesministerium derVerteidigung) bestätigte in dieser Sitzung den Einsatz desKommandos Spezialkräfte im Rahmen der OperationEnduring Freedom (OEF) für den fraglichen ZeitraumEnde 2001/Anfang 2002. Er berichtete, dass mit der Ver-legung des 1. Deutschen Heereskontingents Spezialkräfte(1. DtHKtg SpezKr EF) – im Folgenden 1. Kontingent –im Rahmen der Operation Enduring Freedom noch imDezember 2001 begonnen worden war. Am 25. Dezem-ber 2001 sei ein Vorauskommando der Spezialkräfte inder Stärke von lediglich vier Soldaten nach Kandahar ver-legt worden, um die Aufnahme weiterer Kräfte vorzube-reiten. Der schrittweise Aufwuchs des Hauptkontingentessei ab 1. Januar 2002 erfolgt und am 10. Januar 2002 habeder Kontingentführer die Einsatzbereitschaft des 1. Kon-tingents auf der amerikanischen Basis in Kandahar ge-meldet. Des Weiteren berichtete er, dass auch der Bundes-minister der Verteidigung großes Interesse an derlückenlosen Aufklärung der Vorwürfe von Murat Kurnazhabe. Das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg)habe deshalb sofort angeboten, dem Verteidigungsaus-schuss in seiner Sitzung am 18. Oktober 2006 über denaktuellen Ermittlungsstand zu berichten. Auch hätten Sol-daten der Bundeswehr einen Anspruch darauf, dass die-

werde. Als Zwischenergebnis der laufenden Untersu-chung sei festzustellen, dass es nach wie vor außer denVorwürfen von Murat Kurnaz keine Anhaltspunkte gebe,dass dieser durch deutsche Soldaten in Kandahar miss-handelt worden sei. Es habe jedoch offenbar Kontakte zuihm gegeben. Dies lasse sich darauf zurückführen, dassdeutsche Soldaten wahrscheinlich mehrfach an der Bewa-chung des damaligen US-Gefangenenlagers in Kandaharbeteiligt gewesen seien. Vielen der eingesetzten Soldatensei daher bekannt gewesen, dass ein vermeintlicher Deut-scher unter den Gefangenen sei. Diesen Gefangenen hät-ten deutsche Soldaten im Rahmen ihrer Einweisung zumWachdienst gesehen. Ein Zeuge habe sich daran erinnert,dass dem angeblichen Deutschen der Satz „Du warstwohl auf der falschen Seite.“ zugerufen worden sei. EinenWortwechsel oder gar eine Misshandlung habe es aller-dings nach den dem Bundesministerium der Verteidigungvorliegenden Aussagen der damals vor Ort eingesetztenSoldaten des Kommandos Spezialkräfte nicht gegeben.

In seiner 22. Sitzung am 25. Oktober 2006 befasste sichder Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestageserneut mit den Vorwürfen von Murat Kurnaz gegenüberSoldaten der Bundeswehr. Staatssekretär Dr. PeterWichert (BMVg) erläuterte ausführlich in einem weiterenBericht den aktuellen Stand und informierte über weitereErgebnisse der Untersuchungen der im Bundesministe-rium der Verteidigung eingesetzten Arbeitsgruppe. ImEinzelnen erläuterte er, dass nach seinen Erkenntnissendas Deutsche Verbindungskommando beim US-Headquar-ter Central Command (USCENTCOM) in Tampa/Floridaim Zuge seiner täglichen Meldungen an das Bundesminis-terium der Verteidigung dem für den Einsatz zuständigenReferat im Führungsstab der Streitkräfte (Fü S V 2) bereitsam 29. Dezember 2001 mitgeteilt habe, dass es Hinweiseauf einen von US-Kräften gefangen genommenen Deut-schen gebe. Dies sei in der nächsten Meldung vom 4. Ja-nuar 2002 bestätigt worden. Am 8. Januar 2002 habe dasVerbindungskommando mitgeteilt, dass die USA nunmehr364 Gefangene in ihrem Gewahrsam hätten; darunter be-finde sich jedoch kein Deutscher. Auf Nachfrage habe dasVerbindungskommando ergänzt, dass der vor einigen Ta-gen gemeldete Deutsche irrtümlich in die Übersicht ge-langt sei. Staatssekretär Dr. Peter Wichert interpretiertedies in der Sitzung des Verteidigungsausschusses so, dassdie US-Stellen wohl erkannt hätten, dass es sich bei MuratKurnaz um einen türkischen Staatsbürger gehandelt habe.Hinsichtlich der Beiträge der deutschen Soldaten zur Be-wachung des Gefangenenlagers bezog er sich auf weitereErkenntnisse der eingesetzten Arbeitsgruppe. Das im Er-gebnis sich daraus ergebende – erst vorläufige – Bild

Drucksache 16/10650 – 18 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

stelle sich nach den Untersuchungen der Arbeitsgruppeweiterhin so dar, dass die von Murat Kurnaz geschilderteSituation von keinem vor Ort eingesetzten Soldaten desKSK bestätigt worden sei. Vor diesem Hintergrund spra-chen sich die im Verteidigungsausschuss vertretenenFraktionen für eine vollständige parlamentarische Auf-klärung aus, unter anderem aus Gesichtspunkten derTransparenz des Einsatzes der Soldaten des 1. DeutschenHeereskontingents Spezialkräfte, vor allem aber um einerBeschädigung des Ansehens der Bundeswehr entgegen-zuwirken.

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD im Verteidi-gungsausschuss hatten bereits mit Schreiben vom 23. Ok-tober 2006 die Vorsitzende des Verteidigungsausschussesum eine Ergänzung der Tagesordnung für die 22. Sitzungam 25. Oktober 2006 ersucht und die Konstituierung desVerteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschussgemäß Artikel 45a Abs. 2 GG mit folgendem Untersu-chungsauftrag beantragt (A-Drs. des Verteidigungsaus-schusses Nr. 16(12)205):

„Gegenstand der Untersuchung soll dabei sein:

1. Welche Kontakte gab es im Zeitraum von ca. Novem-ber 2001 bis ca. Februar 2002 im Rahmen der Opera-tion „Enduring Freedom“ zwischen Angehörigen derBundeswehr und dem durch US-Streitkräfte in Kanda-har (Afghanistan) inhaftierten türkischen Staatsange-hörigen Murat Kurnaz?

2. Wurde Murat Kurnaz im Rahmen dieser Kontaktedurch Angehörige der Bundeswehr in seiner körperli-chen Integrität beeinträchtigt, und wenn ja, durchwen?

3. Welche Personen innerhalb der Bundeswehr und imBundesministerium der Verteidigung hatten gegebe-nenfalls Kenntnis über die Kontakte von Angehörigender Bundeswehr zu Murat Kurnaz?

4. Welche Einsätze haben KSK-Kräfte von ca. Novem-ber 2001 bis ca. November 2002 in Kandahar durch-geführt und welchen Einfluss hatten Dienststellen inder Bundeswehr und das Bundesministerium der Ver-teidigung auf diese Einsätze?

5. Welche Personen in der Bundeswehr und im Bundes-ministerium der Verteidigung hatten Kenntnis über dieKSK-Einsätze in Kandahar von ca. November 2001bis ca. November 2002?“

Die Fraktion DIE LINKE. im Verteidigungsausschusslegte am 24. Oktober 2006 für die 22. Sitzung des Vertei-digungsausschusses ihrerseits einen Ergänzungsantragvor, der sich in seinen Ziffern 4. und 5. auf die entspre-chenden Ziffern des Antrags der Koalitionsfraktionen be-zog.

Dieser Ergänzungsantrag hat folgenden Wortlaut:

„Der Gegenstand der Untersuchung solle um folgendeFragestellungen ergänzt werden:

1. Auf welche Art und Weise war die Bundeswehr in diemilitärischen Strukturen im Rahmen der „Operation

Enduring Freedom“ eingebunden und welche politi-schen und militärischen Abstimmungen erfolgten indiesem Rahmen zwischen dem Verteidigungsministe-rium und den US-Kommandostrukturen innerhalb derNATO?

2. Welche Formen der Zusammenarbeit zwischen den„Special Forces“ der USA und dem Kommando Spe-zialkräfte sowie ggf. weiteren Bundeswehreinheitenwurden unter diesem Kommando praktiziert?

3. Welcher Informationsaustausch fand zwischen demBND und der Bundeswehr, einschließlich der Nach-richtendienste der Bundeswehr, statt?

Die im Antrag der Fraktion der CDU/CSU und der Frak-tion der SPD als Untersuchungsgegenstand unter Punkt 4und Punkt 5 formulierten Fragen werden abgeändert undlauten nun:

4. Welche Einsätze haben KSK-Kräfte von ca. Novem-ber 2001 bis ca. November 2002 in Afghanistandurchgeführt und welchen Einfluss hatten Dienststel-len in der Bundeswehr und das Bundesministeriumder Verteidigung auf diese Einsätze?

5. Welche Personen in der Bundeswehr und im Verteidi-gungsministerium hatten Kenntnis über die KSK-Ein-sätze in Afghanistan von ca. November 2001 bis ca.November 2002?“

(A-Drs. des Verteidigungsausschusses Nr. 16(12)207)

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Verteidi-gungsausschuss legte ebenfalls am 24. Oktober 2006 fürdie 22. Sitzung des Verteidigungsausschusses am 25. Ok-tober 2006 einen Änderungsantrag zum Untersuchungs-auftrag mit dem nachfolgenden Wortlaut vor (A-Drs. desVerteidigungsausschusses Nr. 16(12)208):

„Gegenstand der Untersuchung soll dabei sein:

1. Welche Kontakte hatten Angehörige der Bundeswehrmit dem Bremer Bürger Murat Kurnaz während des-sen Inhaftierung durch US-Soldaten?

2. Wurde Murat Kurnaz im Rahmen dieser Kontaktedurch Angehörige der Bundeswehr in seiner körperli-chen Integrität beeinträchtigt, und wenn ja: wie unddurch wen?

3. Welche Personen innerhalb der Bundeswehr und imBundesministerium der Verteidigung hatten gegebe-nenfalls welche Kenntnis über die Kontakte von An-gehörigen der Bundeswehr zu Murat Kurnaz?

4. a) Welche Einsätze haben KSK-Kräfte von ca. No-vember 2001 bis zum ersten Gesamtabzug aus Afgha-nistan 2003 in der Provinz Kandahar und anderenTeilen Afghanistans durchgeführt, nach welchen Ein-satzregeln haben sie dabei gehandelt und welchen Ein-fluss hatten Dienststellen in der Bundeswehr sowiedas Bundesministerium der Verteidigung auf dieseEinsätze? b) Wie viele Personen (gegnerische und ei-gene Kräfte) wurden bei diesen Einsätzen gefangengenommen, verletzt oder getötet und was ist mit denGefangenen geschehen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19 – Drucksache 16/10650

5. Welche Personen in der Bundeswehr und im Bundes-ministerium der Verteidigung hatten je welche Kennt-nis über die bis zum ersten Gesamtabzug im Jahr 2003in der Provinz Kandahar und anderen Teilen Afghanis-tans erfolgten a) KSK-Einsätze, b) potentiellen Ver-stöße gegen das humanitäre Kriegsvölkerrecht durchOEF-Kräfte?“

Der Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD imVerteidigungsausschuss auf AusschussdrucksacheNr. 16(12)205 wurde in der 22. Sitzung des Verteidigungs-ausschusses am 25. Oktober 2006 beraten und einstimmigangenommen. Dagegen wurden die Anträge der FraktionenDIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Vertei-digungsausschuss zunächst einvernehmlich nicht zur Ab-stimmung gestellt, nachdem seitens der Fraktionen derCDU/CSU und SPD ein fraktionsübergreifendes Gesprächüber Antragsänderungen angeboten worden war.

Mit Schreiben vom 2. November 2006 wurde der Präsi-dent des Deutschen Bundestages durch die Vorsitzendedes Verteidigungsausschusses darüber unterrichtet, dassder Verteidigungsausschuss beschlossen hat, sich als Un-tersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Abs. 2 desGrundgesetzes einzusetzen (Dokument Nr. 12).

II. Konstituierung des Untersuchungs-ausschusses und Untersuchungsauftrag

Unter dem Vorsitz des stellvertretenden Vorsitzenden desVerteidigungsausschusses, Dr. Karl A. Lamers, erfolgtedie konstituierende Sitzung des Verteidigungsausschussesals 1. Untersuchungsausschuss am 8. November 2006 mitfolgenden Tagesordnungspunkten:

1. Konstituierung des Verteidigungsausschusses als 1. Un-tersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Absatz 2 GG;

2. Beratung über den Untersuchungsauftrag auf derGrundlage der Beschlussfassung des Verteidigungs-ausschusses in der 22. Sitzung vom 25. Oktober 2006.

In dieser konstituierenden Sitzung, die zugleich die25. Sitzung des Verteidigungsausschusses darstellte, wiesder stellvertretende Vorsitzende darauf hin, dass der Ver-teidigungsausschuss auf Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD am 25. Oktober 2006 einstimmig be-schlossen habe, sich als 1. Untersuchungsausschuss ein-zusetzen. Dieser Beschluss werde mit der heutigenZusammenkunft zur ersten Sitzung des Untersuchungs-ausschusses vollzogen. Damit habe sich der Verteidi-gungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss gemäßArtikel 45a Abs. 2 GG in seiner Sitzung am 8. November2006 konstituiert.

Die Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und SPDim Verteidigungsausschuss legten am 7. November 2006als Ergebnis eines Abstimmungsgesprächs mit den Mit-gliedern der Fraktionen der FDP, DIE LINKE. undBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Verteidigungsausschussden gegenüber dem ursprünglich vorgelegten Antrag derKoalitionsfraktionen auf AusschussdrucksacheNr. 16(12)205 leicht modifizierten Antrag zum Untersu-

chungsauftrag auf Ausschussdrucksache Nr. 16(12)213vor, der folgenden Wortlaut hat:

„Gegenstand der Untersuchung soll dabei sein:

1. Welche Kontakte hatten Angehörige der Bundeswehrmit dem türkischen Staatsbürger Murat Kurnaz wäh-rend dessen Inhaftierung durch die US-Streitkräfte imZeitraum von ca. November 2001 bis ca. Februar2002?

2. Wurde Murat Kurnaz im Rahmen dieser Kontaktedurch Angehörige der Bundeswehr in seiner körperli-chen Integrität beeinträchtigt, und wenn ja, wie unddurch wen?

3. Welche Personen innerhalb der Bundeswehr und imBundesministerium der Verteidigung hatten gegebe-nenfalls welche Kenntnis über die Kontakte von An-gehörigen der Bundeswehr zu Murat Kurnaz?

4. Welche Einsätze haben KSK-Kräfte von ca. Novem-ber 2001 bis ca. November 2002 in Kandahar durch-geführt, nach welchen Einsatzregeln haben sie dabeigehandelt und welchen Einfluss hatten Dienststellen inder Bundeswehr und das Bundesministerium der Ver-teidigung auf diese Einsätze?

5. Welche Personen in der Bundeswehr und im Bundes-ministerium der Verteidigung hatten je welche Kennt-nis über die KSK-Einsätze in Kandahar von ca. No-vember 2001 bis ca. November 2002?“

Die Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN trugen diesen Antrag, begrenzt auf die Ziffern 4.und 5., nicht mit und stellten ihren bereits in der Sitzungvom 25. Oktober 2006 vorgelegten Antrag auf Aus-schussdrucksache Nr. 16(12)208 nunmehr zur Abstim-mung.

Die Fraktion der CDU/CSU wies hinsichtlich der Zif-fern 2., 3. und 4. des Antrages auf AusschussdrucksacheNr. 16(12)213 darauf hin, dass hiermit angestrebt wordensei, den Anliegen der übrigen Fraktionen gerecht zu wer-den. Für den Fall weiterer Erkenntnisse aus der Tätigkeitdes Untersuchungsausschusses könne der Untersuchungs-auftrag zeitlich und hinsichtlich der Orte ausgedehnt wer-den. Mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen werde an-gestrebt, den Zeitraum zu erfassen, der für den Fall MuratKurnaz relevant sei. In diesem Fall gehe es darum zu un-tersuchen, wie Angehörige des KSK sich gegenüber demGefangenen Murat Kurnaz verhalten hätten; die Vor-würfe, die vorgetragen worden seien, würden nunmehruntersucht. Dies bedeute, dass der Zeitraum, der in Ziffer 1.des Koalitionsantrages aufgeführt sei, nämlich November2001 bis Februar 2002, den Zeitraum umfasse, derGegenstand dieses Falles sei. Der zweite Zeitraum be-ziehe sich auf die Beendigung des Einsatzes des erstenKontingentes und auf den Ort Kandahar. Alle anderenSachverhalte, die die Beteiligung von US-Streitkräftenbeträfen, könnten nicht Gegenstand des Untersuchungs-auftrages sein. Aus diesem Grunde sei mit dem Ende desZeitraumes November 2002 und bezogen auf den OrtKandahar eine Begrenzung eingeführt worden. Für denFall, es ergebe sich aus der Beweisaufnahme, dass noch

Drucksache 16/10650 – 20 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

andere Zeiträume und Orte relevant seien, werde demnachgegangen. Zurzeit gebe es jedoch keine weitergehen-den Vorwürfe und keine Anhaltspunkte, sodass eine Be-grenzung auf den genannten Zeitraum und den Ort Kan-dahar vorzunehmen sei.

Die Fraktion der SPD teilte im Wesentlichen die Auffas-sung der Fraktion der CDU/CSU und erklärte darüberhinaus, dass Einvernehmen hinsichtlich des Untersu-chungsauftrages mit allen im Verteidigungsausschuss ver-tretenen Fraktionen angestrebt werde. Der Untersu-chungsausschuss arbeite mit scharfen juristischenSchwertern in Anlehnung an die Strafprozessordnung,deshalb sei der Untersuchungsauftrag nicht so auszudeh-nen, dass der Eindruck entstehen könne, der Einsatz desgesamten 1. Deutschen Heereskontingents Spezialkräftestehe unter Verdacht. Die Formulierung „potenziellenVerstöße gegen das humanitäre Kriegsvölkerrecht durchOEF-Kräfte“ im Änderungsantrag der Fraktion BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN auf AusschussdrucksacheNr. 16(12)208, Ziffer 5. lit. b) gehe bereits sehr weit undstelle keine eigentliche Frage, sondern eine „subjektivie-rende Vermutung“ dar. Zum Informationsbedürfnis derFraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gehöre auch dieFrage, ob Partner der Operation Enduring Freedom Re-gelverstöße begangen hätten. Dies sei aber eher eineFrage der Information. Aufgabe des Untersuchungsaus-schusses sei es, in erster Linie eine auch strafrechtlich re-levante Körperverletzung zu untersuchen. Es sei nichtAufgabe des Untersuchungsausschusses zu klären, wiekünftig die Regelungen zur Zusammenarbeit institutionellzu optimieren seien. Die Fraktion der SPD betonte in die-ser Sitzung, dass keinerlei Erkenntnisse vorlägen, Ver-dachtsmomente in anderen Regionen oder in anderenZeitabschnitten zu untersuchen.

Die Fraktion der FDP verwies in der konstituierenden Sit-zung am 8. November 2006 darauf, in dem Gespräch derSprecher der im Verteidigungsausschuss vertretenenFraktionen sei zu dem Untersuchungsauftrag auf Aus-schussdrucksache des VerteidigungsausschussesNr. 16(12)213 Einvernehmen hergestellt worden. Es habeeine Verständigung gegeben, den Untersuchungsauftragdann einvernehmlich zu erweitern, wenn dies in zeitlicheroder örtlicher Hinsicht erforderlich werden sollte. Für denFall, dass keine einvernehmlichen Beschlüsse möglichseien, werde die Fraktion der FDP von ihrem Minderhei-tenrecht Gebrauch machen.

Die Fraktion DIE LINKE. erklärte, auch sie trage die Zif-fern 1. bis 5. des Untersuchungsauftrages auf Ausschuss-drucksache des Verteidigungsausschusses Nr. 16(12)213mit. Es sei Einvernehmen hergestellt worden, gegebenen-falls im Zuge des Untersuchungsverfahrens Erweiterun-gen vornehmen zu können. Da es neben dem Fall MuratKurnaz auch darum gehe, wie mit den Gefangenen insge-samt umgegangen worden sei, werde dem Erweiterungs-antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aufAusschussdrucksache des VerteidigungsausschussesNr. 16(12)208 zugestimmt.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Verteidi-gungsausschuss nahm Bezug auf ihren Antrag auf Aus-schussdrucksache des VerteidigungsausschussesNr. 16(12)208 und sprach sich dafür aus, den Untersu-chungsauftrag in zeitlicher und räumlicher Hinsicht aus-zudehnen. Die Ziffern 1. bis 3. des Antrags der FraktionBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN seien durch den Antrag derKoalitionsfraktionen erfasst. Deshalb würden lediglichdie Ziffern 4. und 5. des Antrages zur Abstimmung ge-stellt.

Der stellvertretende Vorsitzende des Verteidigungsaus-schusses stellte zunächst den weitergehenden Antrag derFraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrenzt auf dieZiffern 4. und 5. zur Abstimmung. Der Ausschuss be-schloss mit der Mehrheit der Stimmen der Fraktionen derCDU/CSU und SPD, gegen die Stimmen der FraktionenBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE., bei Ent-haltung der Fraktion der FDP, den Antrag abzulehnen. DerUntersuchungsausschuss beschloss mit der Mehrheit derStimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP, beiEnthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dem Antrag auf Ausschussdrucksache desVerteidigungsausschusses Nr. 16(12)213 zuzustimmen.

1. Untersuchungsauftrag

Mit Annahme des Wortlauts des Antrages der Koalitions-fraktionen auf Ausschussdrucksache Nr. 16(12)213wurde der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungs-ausschuss beauftragt, die nachfolgenden Fragen zu unter-suchen:

1. Welche Kontakte hatten Angehörige der Bundeswehrmit dem türkischen Staatsbürger Murat Kurnaz wäh-rend dessen Inhaftierung durch die US-Streitkräfte imZeitraum von ca. November 2001 bis ca. Februar2002?

2. Wurde Murat Kurnaz im Rahmen dieser Kontaktedurch Angehörige der Bundeswehr in seiner körperli-chen Integrität beeinträchtigt, und wenn ja, wie unddurch wen?

3. Welche Personen innerhalb der Bundeswehr und imBundesministerium der Verteidigung hatten gegebe-nenfalls welche Kenntnis über die Kontakte von An-gehörigen der Bundeswehr zu Murat Kurnaz?

4. Welche Einsätze haben KSK-Kräfte von ca. Novem-ber 2001 bis ca. November 2002 in Kandahar durch-geführt, nach welchen Einsatzregeln haben sie dabeigehandelt und welchen Einfluss hatten Dienststellen inder Bundeswehr und das Bundesministerium der Ver-teidigung auf diese Einsätze?

5. Welche Personen in der Bundeswehr und im Bundes-ministerium der Verteidigung hatten je welche Kennt-nis über die KSK-Einsätze in Kandahar von ca. No-vember 2001 bis ca. November 2002?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 21 – Drucksache 16/10650

2. Mitglieder des Untersuchungs-ausschusses

Die nachfolgend aufgeführten Mitglieder des Verteidi-gungsausschusses waren gleichzeitig Mitglieder des Ver-teidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss:

CDU/CSU-Fraktion

SPD-Fraktion

FDP-Fraktion

Fraktion DIE LINKE.

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Seit der Konstituierung des Verteidigungsausschusses als1. Untersuchungsausschuss hat es folgende Änderungenin seiner Zusammensetzung gegeben: Von der Fraktionder SPD wurden Abg. Christian Kleiminger am 7. No-vember 2006 für Abg. Hans-Joachim Hacker als stellver-tretendes Mitglied sowie Abg. Thomas Oppermann am28. November 2006 für Abg. Caren Marks als stellvertre-

Ordentliche Mitglieder: Ulrich AdamErnst-Reinhard Beck (Reutlingen)Monika BrüningJürgen HerrmannRobert HochbaumDr. Karl A. Lamers (Heidelberg)Henning OtteHans RaidelKurt J. RossmanithAnita SchäferBernd Siebert

Stellvertretende Mitglieder: Michael BrandDr. Michael FuchsHermann GröheMarkus GrübelDr. Karl-Theodor Freiherr zu GuttenbergEckhart von KlaedenKristina Köhler (Wiesbaden)Dr. Rolf KoschorrekDr. Joachim PfeifferDr. Andreas SchockenhoffMarcus Weinberg

Ordentliche Mitglieder: Rainer ArnoldDr. Hans-Peter Bartels Petra HeßGerd HöferRolf KramerUlrike MertenUrsula MoggMaik ReichelJörn ThießenHedi Wegener

Andreas WeigelStellvertretende Mitglieder: Doris Barnett

Uwe Karl BeckmeyerKarin Evers-MeyerGabriele FograscherIris Hoffmann (Wismar)Klaas HübnerJohannes KahrsChristian KleimingerWalter KolbowCaren MarksUta Zapf

Ordentliche Mitglieder: Elke HoffBirgit HomburgerDr. Rainer Stinner

Stellvertretende Mitglieder: Jörg van EssenJürgen KoppelinDirk Niebel

Ordentliche Mitglieder: Inge HögerDr. Hakkı KeskinPaul Schäfer (Köln)

Stellvertretende Mitglieder: Ulrich MaurerPetra PauDr. Kirsten Tackmann

Ordentliche Mitglieder: Winfried NachtweiOmid Nouripour

Stellvertretende Mitglieder: Alexander Bonde Dr. Uschi Eid

Fraktionsloses Mitglied: Gert Winkelmeier

Drucksache 16/10650 – 22 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

tende Mitglieder benannt; ab dem 6. März 2007 wurdewiederum Abg. Caren Marks anstelle des Abg. ThomasOppermann stellvertretendes Mitglied im Ausschuss. Am6. November 2007 wurde für Abg. Gabriele FograscherAbg. Maik Reichel als ordentliches Mitglied benannt;Abg. Gabriele Fograscher wurde stellvertretendes Mit-glied.

Die Fraktion der FDP benannte am 19. Januar 2007 Abg.Jürgen Koppelin für den Abg. Dr. Max Stadler als stell-vertretendes Mitglied des Verteidigungsausschusses. Ander Sitzung am 4. Juli 2007 nahm anstelle des Abg. Jörgvan Essen Abg. Christian Ahrendt teil, der für diesen Sit-zungstag als stellvertretendes Mitglied benannt wurde.

Für die Fraktion DIE LINKE. war seit dem 23. November2006 Abg. Ulrich Maurer für den Abg. Dr. Norman Paechstellvertretendes Mitglied im Ausschuss. Am 10. Septem-ber 2007 wurden Abg. Dr. Gesine Lötzsch für die Abg.Katrin Kunert als ordentliches Mitglied und Abg.Dr. Kirsten Tackmann für Abg. Dr. Gesine Lötzsch alsstellvertretendes Mitglied benannt. Abg. Dr. Hakkı Keskinwurde am 16. Januar 2008 anstelle der Abg. Dr. GesineLötzsch ordentliches Mitglied der Fraktion DIE LINKE.

An der 18. Sitzung des Ausschusses am 24. Oktober 2007nahm für den Abg. Ulrich Maurer Abg. Dr. NormanPaech als stellvertretendes Mitglied teil.

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde inder 10. Sitzung des Untersuchungsausschusses am25. April 2007 sowie in der 13. Sitzung am 13. Juni 2007Abg. Alexander Bonde durch Abg. Ute Koczy vertreten.Am 27. Mai 2008 wurde der Abg. Omid Nouripour an-stelle des Abg. Alexander Bonde ordentliches Mitglieddes Ausschusses. Am 3. Juni 2008 verzichtete Abg.Wolfgang Wieland auf seinen Sitz als stellvertretendesMitglied; für ihn ist Abg. Alexander Bonde als stellver-tretendes Mitglied im Ausschuss benannt worden. In derSitzung am 25. Juni 2008 vertrat Abg. Wolfgang Wielandden Abg. Omid Nouripour.

Im Hinblick auf eine mögliche Vernehmung als Zeugennahmen Abg. Jörn Thießen (SPD) lediglich an der konsti-tuierenden Sitzung des Verteidigungsausschusses als1. Untersuchungsausschuss und Abg. Walter Kolbow(SPD) an keiner Sitzung des Untersuchungsausschussesteil. Beide Abgeordnete verzichteten auf die Zusendungvon Materialien des Untersuchungsausschusses.

3. Vorsitzende, stellvertretender Vorsitzender sowie Sprecher und Berichterstatter

In der konstituierenden Sitzung am 8. November 2006wurde die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses,Ulrike Merten (SPD), durch den stellvertretenden Vorsit-zenden, Dr. Karl A. Lamers (CDU/CSU), vertreten; inden nachfolgenden Sitzungen nahm er ununterbrochenden Vorsitz im Untersuchungsausschuss wahr.

Die verteidigungspolitischen Sprecher der im Verteidi-gungsausschuss vertretenen Fraktionen, Abg. BerndSiebert (CDU/CSU), Abg. Rainer Arnold (SPD), Abg.Birgit Homburger (FDP), Abg. Paul Schäfer (DIE

LINKE.) und Abg. Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) nahmen auch im Untersuchungsaus-schuss diese Funktion wahr. Darüber hinaus waren dieSprecher als Berichterstatter im Untersuchungsausschusstätig. Die Abg. Birgit Homburger wurde im interfraktio-nellen Gremium überwiegend durch die Abg. Elke Hoffvertreten. Als Vertreter im sogenannten interfraktionellenGremium (s. dazu Erster Teil, B, Ziffer II, Nr. 1) sind dienachfolgend aufgeführten Abgeordneten benannt worden:

Fraktion der CDU/CSU

Jürgen Herrmann

Ernst-Reinhard Beck

Fraktion der SPD

Christian Kleiminger

Ursula Mogg

Fraktion der FDP

Elke Hoff

Fraktion DIE LINKE.

– Keine Benennung –

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Omid Nouripour

4. Benannte und ermächtigte Mitarbeiter der Fraktionen

Folgende Mitarbeiter der Fraktionen wurden für die Teil-nahme an den Sitzungen des Verteidigungsausschussesals 1. Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Abs. 2GG benannt:

Fraktion der CDU/CSU

Claudia von Cossel

Andreas Henne

Rudolf Seiler

Bernd Weber

Volker Zimmermann

Fraktion der SPD

Ulrike Fleischer

Christian Heyer

Axel Schneider

Frank Weniger

Fraktion der FDP

Friedel H. Eggelmeyer

Tim Heerhorst

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 23 – Drucksache 16/10650

Fraktion DIE LINKE.

Dr. Kirsten Jansen

Dr. Alexander Neu

Dr. Franz Josef Hutsch (bis 11. Mai 2007)

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Martina Kant

Andreas Körner

Karsten Lüthke

Dr. Anja Seiffert

5. Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages

Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Rein-hold Robbe, wurde im Untersuchungsausschuss durchseinen Leitenden Beamten MDg Friedhelm Dreyling ver-treten. Darüber hinaus nahmen seine MitarbeiterMR Michael Mühlen bzw. ORR Normann Plaster undORR Niels Schafranek an Sitzungen des Untersuchungs-ausschusses teil.

6. Beauftragte der Bundesregierung Die nachfolgend benannten Beauftragten der Bundes-regierung wurden dem Sekretariat des Untersuchungsaus-schusses schriftlich gemeldet und waren ermächtigt, alsVertreter ihrer Behörde an den Sitzungen des Untersu-chungsausschusses teilzunehmen:

Bundeskanzleramt

RD Torsten AkmannFregattenkapitän Jens DombertRDn Christiane TietzOberst i. G. Dr. Erich VadRD Thomas ValentinottiORRn Anne-Katrin WahlRDn Dr. Angela Wieschhörster

Bundesministerium der Verteidigung

MinDirig Ulrich Birkenheier

RDir Carsten Denecke

MinR Dr. Rüdiger Huth

MinR Stefan Sohm

LRDir Dr. Stephan Weber

Auswärtiges Amt

VLR I Miguel Berger

VLR Dr. Christophe Eick

VLR Thomas Graf

KS z. A. Malte Locknitz

Bundesministerium des Innern

RD Dr. Jan Hecker

ORR Jörn Hinze (bis 19. November 2007)

RDn Isabel Schmitt-Falkenberg (bis 19. November 2007)

KOK Kirsten Mönckmeyer (bis 19. November 2007)

RR Jakob Sperl (bis 19. November 2007)

Leitungsstab Bundesnachrichtendienst

BauDir Karsten Rabe

7. Sekretariat des Untersuchungs-ausschusses

Für die Bewältigung der anfallenden organisatorischenAufgaben wurde in der konstituierenden Sitzung be-schlossen, ein Sekretariat des Untersuchungsausschusseseinzurichten, das dem Sekretariat des Verteidigungsaus-schusses unter Leitung von MRn Dr. Beate Hasenjägerangegliedert war:

Für die Erstellung des Abschlussberichtes wurden zusätz-lich die Diplom-Juristen Yesim Yalcin (1. Juli 2007 bis31. Januar 2008), Marc Konarski (1. Oktober 2007 bis15. Januar 2008) sowie Ayah El-Khadra (21. Januar 2008bis 30. April 2008) hinzugezogen.

Die Arbeit des Sekretariates wurde unterstützt durch dieSchreibkräfte Karin Hollasch (22. November 2006 bis3. Dezember 2007), Heidemarie Mucke (3. Dezember2007 bis 2. Mai 2008) und Heike Kramer (ab 8. Mai2008), die studentischen Hilfskräfte Doreen Zirkler(10. Januar bis 6. Juli 2007) und Marco Koehler (5. Fe-bruar bis 6. Juli 2007) sowie die Bürokraft SebastianBergmann (30. August 2007 bis 24. April 2008).

III. ParallelverfahrenDie nachfolgend aufgeführten Parallelverfahren stehen insachlichem Bezug zu dem Untersuchungsauftrag des Ver-teidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss.

1. Untersuchungen des Bundesministeriums der Verteidigung

Anlässlich der von Murat Kurnaz erhobenen Vorwürfewurde im Bundesministerium der Verteidigung am 5. Ok-tober 2006 eine Arbeitsgruppe gebildet und mit der Un-tersuchung betraut; sie war mit umfassenden Vollmachtenausgestattet und an keine Weisungen gebunden. Erstevorläufige Erkenntnisse berichtete StaatssekretärDr. Peter Wichert dem Verteidigungsausschuss in seinenSitzungen am 18. und 25. Oktober 2006 und verwies da-rauf, dass die in Betracht kommenden damals aktiven

Leitung: RD Hans Anton Hilgers Vertretung: RD Thomas Meyer Sachbearbeiterin: OARn Angelika Fülbier 1. Ausschusssekretärin: Christiane Kahlert

Drucksache 16/10650 – 24 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Soldaten des Kommandos Spezialkräfte ermittelt wordenseien. An diese Soldaten seien zur Sachverhaltsaufklä-rung Fragebögen versandt worden; bis zum 25. Oktober2006 habe ein überwiegender Teil dieser Soldaten auchbereits entsprechende sogenannte dienstliche Erklärungenzur Sache abgegeben. Weiterhin seien Befragungen durchdie Arbeitsgruppe im Bundesministerium der Verteidi-gung durchgeführt worden. Bisher hätten sich keine Hin-weise dafür ergeben, dass der Hauptvorwurf von MuratKurnaz, er sei von deutschen Soldaten misshandelt wor-den, den Tatsachen entspreche. Der Staatssekretär kün-digte zwar in der Sitzung am 25. Oktober 2006 weitereintensive Befragungen und Aktenauswertungen an, mitder Konstituierung des Verteidigungsausschusses als Un-tersuchungsausschuss am 8. November 2006 wurden je-doch die Ermittlungen der Arbeitsgruppe eingestellt undentsprechendes Aktenmaterial dem Untersuchungsaus-schuss übergeben.

Mit Schreiben vom 7. August 2007 – Az: 25 – 01 – 24 –teilte die Wehrdisziplinaranwaltschaft in Regensburg fürden Bereich der Division Spezielle Operationen dem Un-tersuchungsausschuss mit, dass das anhängige wehrdiszi-plinarrechtliche Verfahren gegen die beiden im Ermitt-lungsverfahren der Staatsanwaltschaft beschuldigtenSoldaten im Wesentlichen vom Ergebnis dieses Strafver-fahrens abhänge.

2. Sonderausschuss des Europäischen Parlaments (sog. CIA-Untersuchungs-ausschuss)

Am 18. Januar 2006 wurde vom Europäischen Parlamentdie Bildung eines Nichtständigen Ausschusses zur Unter-suchung der vermuteten Heranziehung europäischer Staa-ten für die Beförderung und die unrechtmäßige Inhaftie-rung von Gefangenen durch die Central IntelligenceAgency (CIA) der Vereinigten Staaten eingesetzt. DasMandat dieses Ausschusses konzentrierte sich im We-sentlichen auf drei Schwerpunktbereiche:

– Untersuchung aller gegen die USA gerichteten Vor-würfe sowie eine mögliche Komplizenschaft von EU-Mitgliedstaaten und Kandidatenländern;

– Prüfung, ob es Aktivitäten im sogenannten Antiterror-kampf unter Verletzung völkerrechtlicher Abkommen,insbesondere der Europäischen Menschenrechtskon-vention, gegeben habe;

– Konsequenzen aus erwiesenen illegalen Praktiken.

Die Arbeit des Sonderausschusses des Europäischen Par-laments konnte dem Verteidigungsausschuss als 1. Unter-suchungsausschuss vor diesem Hintergrund nur mittelbarErkenntnisse über die von Murat Kurnaz behauptetenMisshandlungsvorwürfe durch deutsche Soldaten ver-schaffen. Am 14. September 2006 fand bereits vor diesemSonderausschuss des Europäischen Parlaments eine An-hörung des Rechtsanwalts Bernhard Docke zu seinemMandanten Murat Kurnaz statt. Am 22. November 2006erfolgte die Anhörung von Murat Kurnaz. Vor dem Aus-schuss bekräftigte er die Vorwürfe, durch deutsche Solda-ten im US-Gefangenenlager in Kandahar/Afghanistan

misshandelt worden zu sein (Europäisches Parlament,Protokoll vom 14. September 2006, Dokument Nr. 8;Bandabschrift der Anhörung vom 22. November 2006,MAT 16-13, Dokument Nr. 9).

In seinem Abschlussbericht vom 30. Januar 2007 stellteder Berichterstatter dieses Ausschusses des EuropäischenParlaments, Giovanni Claudio Fava, zu den Untersuchun-gen bezogen auf die Person Murat Kurnaz fest:

„Der Sonderausschuss (…)

88. unterstützt in jeder Hinsicht die vom Staatsanwalt inPotsdam eingeleiteten und am 25. Oktober 2006 an dieStaatsanwaltschaft in Tübingen/Karlsruhe übergegebenenErmittlungen gegen Unbekannt, um herauszufinden, in-wieweit Murat Kurnaz in Afghanistan von deutschen Sol-daten des Kommandos Spezialkräfte (KSK), den Sonder-truppen der Bundeswehr, misshandelt wurde, bevor ernach Guantánamo verbracht wurde; (…).“

(Europäisches Parlament, Bericht, MAT 16 – 21, Doku-ment Nr. 29; Entschließung des Europäischen Parla-ments, MAT 16-23, Dokument Nr. 30)

Die Feststellungen hinsichtlich seiner Festnahme undVerbringung nach Guantánamo sowie die Frage der aus-reichenden Bemühungen der Bundesregierung um seineFreilassung betrafen nicht unmittelbar den Untersuchungs-auftrag des Verteidigungsausschusses als Untersuchungs-ausschuss. Diese Feststellungen betreffen vielmehr den Un-tersuchungsauftrag des 1. Untersuchungsausschusses der16. Wahlperiode, der in den Medien auch vielfach als soge-nannter BND-Untersuchungsausschuss bezeichnet wird.

3. Der 1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahlperiode

Am 7. April 2006 wurde der 1. Untersuchungsausschussder 16. Wahlperiode auf Antrag der Oppositionsfraktio-nen durch den Deutschen Bundestag eingesetzt, dessenUntersuchungsauftrag ebenfalls konkrete Bezüge zur Per-son von Murat Kurnaz aufweist. Der Untersuchungsauftragdes 1. Untersuchungsausschusses der 16. Wahlperiodenimmt auf Bundestagsdrucksache 16/990 in der Fassungder Bundestagsdrucksache 16/1179 unter Ziffer III.,Punkt 1. sowie auf Bundestagsdrucksache 16/3191 unterZiffer III, Punkt 5., auf Murat Kurnaz zu der Frage Be-zug, ob und ggf. zu welchem Zweck und auf welchenrechtlichen Grundlagen Bundesbehörden Reisedaten anUS-amerikanische und pakistanische Stellen weitergege-ben haben. Darüber hinaus soll der 1. Untersuchungsaus-schuss klären, welche Bemühungen im Fall MuratKurnaz von der Bundesregierung unternommen wurden,um ihm Hilfe zu leisten und seine Freilassung zu bewir-ken. Aus diesen Aspekten des Untersuchungsauftragesdes 1. Untersuchungsausschusses der 16. Wahlperiodekonnten sich nur dann Berührungspunkte hinsichtlich derZuständigkeit des Verteidigungsausschusses als Untersu-chungsausschuss ergeben, wenn der Bereich der Verteidi-gung betroffen war. Hierbei umfasste der Begriff der Ver-teidigung neben Maßnahmen, die der Abwehrbewaffneter Angriffe dienen, auch alle Fragen, die mit

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25 – Drucksache 16/10650

dem Einsatz von Angehörigen der Bundeswehr zusam-menhingen (Dokumente Nr. 10, 11, 14).

Der 1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahlperiode hatin seiner 54. Sitzung am 13. September 2007 zum Unter-suchungsauftrag auf den Bundestagsdrucksachen 16/990,16/1179 (Dokumente Nr. 10 u. 11) und 16/3028, 16/3191(Dokumente Nr. 13 u. 14) sowie 16/5751, 16/6007 (Doku-mente Nr. 15 u. 16) den Beweisbeschluss 16 – 338 ge-fasst. Hiernach sollten alle beigezogenen Unterlagen desVerteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss,die die Tätigkeit eines vom Verteidigungsausschuss alsUntersuchungsausschuss vernommenen Zeugen betref-fen, sowie das Stenografische Protokoll über dessen Ver-nehmung vorgelegt werden. Darüber hinaus hat der1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahlperiode in seiner57. Sitzung am 11. Oktober 2007 den Beweisbe-schluss 16 – 344 gefasst, nach dem sämtliche Stenografi-sche Protokolle des Verteidigungsausschusses als 1. Unter-suchungsausschuss über die Vernehmungen von Zeugenvorzulegen sind, die Bezüge zur Tätigkeit dieses Zeugenaufweisen (Schriftwechsel, Dokumente Nr. 17, 18, 20).

Bereits mit Schreiben vom 27. September 2007 hat sichder den Vorsitz im Verteidigungsausschuss als 1. Untersu-chungsausschuss ausübende stellvertretende Vorsitzende,Dr. Karl A. Lamers, an den Ausschuss für Wahlprüfung,Immunität und Geschäftsordnung gewandt. Darin teilte ermit, dass im Hinblick auf die umfassende Unterlagen-anforderung der Ausschuss sich u. a. veranlasst sehe, dieszunächst unter den Gesichtspunkten der verfassungs-rechtlichen Stellung des Verteidigungsausschusses alsUntersuchungsausschuss sowie seines Untersuchungsauf-trages nach Artikel 45a Abs. 2 GG einerseits und des Un-tersuchungsauftrages des 1. Untersuchungsausschussesder 16. Wahlperiode nach Artikel 44 GG andererseits ei-ner Prüfung zuzuführen. In diesem Schreiben nahm erauch Bezug auf eine Ausarbeitung des Wissenschaftli-chen Dienstes des Deutschen Bundestages zu dem Thema„Beiziehung von Akten eines Untersuchungsausschussesnach Artikel 45a GG durch einen Untersuchungsaus-schuss nach Artikel 44 GG“. Er stellte fest, dass der Ver-teidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss nachdieser Ausarbeitung zur Herausgabe von Akten der Re-gierung an den 1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahl-periode grundsätzlich nicht verpflichtet ist (Schreibenvom 27. September 2007, Dokument Nr. 19; Ausarbeitungdes Wissenschaftlichen Dienstes, Dokument Nr. 22).

Der Vorsitzende des Ausschusses für Wahlprüfung, Im-munität und Geschäftsordnung hat mit Schreiben vom14. Januar 2008 mitgeteilt, dass der 1. Ausschuss in sei-ner Sitzung am 13. Dezember 2007 mehrheitlich zu demErgebnis gekommen sei, keine formelle Auslegungsent-scheidung zur Zulässigkeit eines solchen Beweisbe-schlusses zu treffen, da die Angelegenheit neben der Ge-schäftsordnung des Deutschen Bundestages auchverfassungsrechtliche Fragestellungen sowie das Gesetzzur Regelung des Rechts der Untersuchungsausschüssedes Deutschen Bundestages (PUAG) berühre.

Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Ge-schäftsordnung hat folgende informelle Empfehlung zurverfahrensmäßigen Vorgehensweise gegeben:

„Ein Untersuchungsausschuss kann im Rahmen seinesUntersuchungsauftrags durch Beweisbeschluss Proto-kolle über Zeugenvernehmungen eines anderen Untersu-chungsausschusses beiziehen. Sind Stellen außerhalb desDeutschen Bundestages an der Entstehung von geheim zuhaltenden Angelegenheiten, die in den Protokollen ver-merkt sind, beteiligt gewesen, soll die Herausgabe derProtokolle in Anlehnung an die Regelung in § 44d Abs. 2des Abgeordnetengesetzes nur im Einvernehmen mit die-sen Stellen erfolgen.“ (Dokument Nr. 21)

Auf der Grundlage dieser Empfehlung sind Inhalte ausStenografischen Protokollen aus der Vernehmung der inBetracht kommenden Zeugen im Zusammenhang mit ent-sprechenden Aussagegenehmigungen dem Bundeskanz-leramt und dem Bundesministerium der Verteidigung zurHerstellung des Einvernehmens zugeleitet worden. So-wohl das Bundeskanzleramt als auch das Bundesministe-rium der Verteidigung haben mit unterschiedlicher Be-gründung ihr Einvernehmen zu einer Herausgabe derentsprechenden Unterlagen und Protokolle nicht erklärt.

4. Ermittlungsverfahren

Seit Ende 2006 ermittelte die Staatsanwaltschaft Tübin-gen ebenfalls wegen des von Murat Kurnaz erhobenenVorwurfs, während seiner Gefangenschaft im US-Gefan-genenlager in Kandahar im Januar 2002 von Angehörigender Bundeswehr misshandelt worden zu sein. NachdemMurat Kurnaz zunächst als Zeuge vernommen wordenwar und die schon in den Medien erhobenen Vorwürfewiederholte und präzisierte, konzentrierten sich die Er-mittlungen der Staatsanwaltschaft auf 14 Soldaten desKommandos Spezialkräfte, die nach den Untersuchungendes Bundesministeriums der Verteidigung Anfang Januar2002 den von Murat Kurnaz behaupteten Kontakt zu ihmhätten haben können. Alle 14 Soldaten des KSK wurdenals Zeugen zu ihren Wahrnehmungen vernommen undvon ihnen Lichtbilder für eine sogenannte Wahllichtbild-vorlage gefertigt. Am 28. Dezember 2006 wurden diese14 Lichtbilder zusammen mit 34 weiteren Lichtbildernvon unbeteiligten Personen, die in Uniformen des Kom-mandos Spezialkräfte fotografiert worden waren, demZeugen Murat Kurnaz vorgelegt. Dieser wählte aus den48 Lichtbildern eines aus, auf dem seines Erachtens derSoldat abgebildet war, der ihn an den Haaren gepackt undseinen Kopf auf den Boden geschlagen haben soll. DieStaatsanwaltschaft Tübingen leitete daraufhin am 29. De-zember 2006 ein Ermittlungsverfahren gegen diesen Sol-daten sowie gegen den Soldaten ein, der mit ihm zusam-men Wachdienst hatte. Den beiden Beschuldigten wurdegefährliche Körperverletzung im Amt durch gemein-schaftliche Begehung (§ 340 Abs. 1 und 3 StGB i. V. m.§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) vorgeworfen (Pressemitteilungder Staatsanwaltschaft Tübingen vom 8. Januar 2007,MAT 16 – 12, Dokument Nr. 23).

Drucksache 16/10650 – 26 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Am 29. Mai 2007 stellte die Staatsanwaltschaft Tübingendas Ermittlungsverfahren gegen diese beiden Soldatenmit der Begründung ein, trotz verbleibenden Verdachtslasse sich ein Nachweis nicht führen, da in vier Punkten– u. a., ob zur Tatzeit im inneren Bereich des Lagers einLastkraftwagen stehen konnte – der Schilderung vonMurat Kurnaz erhebliche Zweifel entgegenstünden.Nachdem sein Rechtsanwalt Bernhard Docke im Rahmeneiner hiergegen gerichteten Beschwerde durch Schriftsatzvom 25. Juli 2007 der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgartzur Sachverhaltsaufklärung weitere Mitgefangene vonMurat Kurnaz benannt hatte, wurde das Ermittlungsver-fahren durch die Staatsanwaltschaft Tübingen wieder auf-genommen. Rechtsanwalt Bernhard Docke hatte als Zeu-gen u. a. die britischen Staatsangehörigen Ruhal Ahmedund Asif Iqbal benannt (MAT 16 – 41, Dokument Nr. 24).

Mit Schreiben vom 11. März 2008 ist dem Untersu-chungsausschuss von der Staatsanwaltschaft Tübingendie erneute Einstellungsverfügung zum Ermittlungsver-fahren wegen Verdachts der gefährlichen Körperverlet-zung zum Nachteil von Murat Kurnaz übersandt worden.Die Staatsanwaltschaft Tübingen ist darüber hinaus am12. März 2008 mit einer Pressemitteilung an die Öffent-lichkeit getreten: Das Ermittlungsverfahren gegen Solda-ten des Kommandos Spezialkräfte Calw wegen Körper-verletzung im Amt sei am 10. März 2008 erneut gemäߧ 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Auch die Verneh-mungen der zusätzlich benannten Zeugen hätten keineweitere Aufklärung der Vorkommnisse im Januar 2002 inKandahar erbracht. Insbesondere sei eine weitere Aufklä-rung der bereits in der ersten Einstellungsverfügung offengebliebenen Fragen nicht möglich gewesen (Pressemittei-lung Staatsanwaltschaft Tübingen, 12. März 2008, Doku-ment Nr. 25).

Gegen diese Entscheidung legte Murat Kurnaz erneut Be-schwerde ein, die von der GeneralstaatsanwaltschaftStuttgart nach eingehender Überprüfung des Sachverhaltsanhand sämtlicher Akten, einschließlich der Protokolledes Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsaus-schuss, mit Beschwerdebescheid vom 13. Mai 2008 alsunbegründet abgewiesen wurde. Nach diesem Beschwer-debescheid sei zwar davon auszugehen, dass dieVorwürfe nicht frei erfunden seien, ein hinreichender Tat-verdacht sei aber zu verneinen, weil wesentliche „Unge-reimtheiten und Unklarheiten“ nicht hätten ausgeräumtwerden können.

Am 18. Juni 2008 hat Murat Kurnaz, anwaltlich vertreten,erklärt, auf weitere Rechtsmittel zu verzichten (vgl. Ta-gesspiegel vom 19. Juni 2008).

5. Datenverlust im Bereich der Bundeswehr

Der Verteidigungsausschuss hatte sich parallel zum Un-tersuchungsausschuss mit Vorgängen des Jahres 2004 ausdem Amt für Nachrichtenwesen der Bundeswehr(ANBw) befasst. Im Zuge der Beweiserhebung durch denUntersuchungsausschuss wurde durch das Bundesminis-terium der Verteidigung mit Schreiben vom 12. Juni 2007mitgeteilt, dass im Rahmen früherer Beweisanträge be-reits alle in seinem Bereich noch auffindbaren Unterlagenzur Verfügung gestellt wurden, die im Untersuchungszeit-raum von der Zelle Militärisches Nachrichtenwesen derEinsatzkontingente in Kandahar erstellt und an das Amtfür Nachrichtenwesen der Bundeswehr weitergeleitetworden waren. Sofern seinerzeit weitere Dokumentedurch die Zelle Militärisches Nachrichtenwesen erstelltund elektronisch an das ANBw übermittelt worden waren,so seien diese Ende 2004 verloren gegangen. Dies löstevor allem am 25. Juni 2007 in der ARD-Tagesschau undim ARD-Politikmagazin „Report Mainz“ ein erheblichesMedienecho aus. Am 4. Juli 2007 berichtete ein Vertreterdes Bundesministeriums der Verteidigung in der 57. Sit-zung des Verteidigungsausschusses über die Umständedes Datenverlustes und den Stand einer möglichen Wie-derherstellung der verloren gegangenen Daten bzw. Da-tenträger. Durch umfangreiche Maßnahmen war das Bun-desministerium der Verteidigung bestrebt, die verlorengegangenen Daten bei den herausgebenden Stellen oderden möglichen Adressaten wiederherzustellen. Danebenwurde die mit einem hohen technischen, zeitlichen, per-sonellen und finanziellen Aufwand verbundene Untersu-chung einer technischen Rekonstruktion der Daten ge-prüft. In einem abschließenden Bericht hierzu wurde inder 60. Sitzung des Verteidigungsausschusses am19. September 2007 unter anderem festgestellt, auf Grundder Anzahl der inzwischen wiederbeschafften Datenkönne davon ausgegangen werden, dass der weitaus über-wiegende Teil der verloren gegangenen Daten im Zen-trum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr wieder ver-fügbar sei. Unter den wiederbeschafften Dateien hättensich keine befunden, die dem Untersuchungsausschussvorzulegen seien. Auch seien keine für den Untersu-chungsauftrag relevanten Dokumente gefunden worden,die dem Untersuchungsausschuss nicht vorlägen.

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B. Verlauf des Untersuchungsverfahrens

I. Rechtsgrundlagen für die Arbeit des Untersuchungsausschusses

Nach Artikel 45a Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) hat derVerteidigungsausschuss auch die Rechte eines Untersu-chungsausschusses. Artikel 44 Abs. 1 GG, nach dem nurdas Plenum des Deutschen Bundestages das Recht hat, ei-nen Untersuchungsausschuss einzusetzen, findet nach Ar-tikel 45a Abs. 3 GG auf dem Gebiet der Verteidigungkeine Anwendung. Rechtsgrundlagen für die Arbeit desVerteidigungsausschusses als Untersuchungsausschusssind weiterhin die sinngemäße Anwendung der Vorschrif-ten über den Strafprozess, das Gesetz zur Regelung desRechts der Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bun-destages (Parlamentarisches Untersuchungsausschussge-setz – PUAG) vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1142), zu-letzt geändert durch Artikel 4 Abs. 1 des Gesetzes zurModernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmoderni-sierungsgesetz – KostRMoG) vom 5. Mai 2004 (BGBl. IS. 718), die Geschäftsordnung und die Geheimschutzord-nung des Deutschen Bundestages.

II. Beschlüsse und Absprachen zum Verfahren

Der Untersuchungsausschuss hat sich auf der Grundlagedes PUAG in seiner 2. Sitzung am 29. November 2006auf folgende Verfahrensgrundsätze seiner Tätigkeit ver-ständigt:

1. Einsetzung eines interfraktionellen Gremiums

In den vorausgegangenen Untersuchungsverfahren desVerteidigungsausschusses hatte sich die Einsetzung einessogenannten interfraktionellen Gremiums zur Koordinie-rung und Strukturierung der Arbeit als Untersuchungs-ausschuss bewährt. Die Sprecher der im Verteidigungs-ausschuss vertretenen Fraktionen haben sich deshalb fürdie Einsetzung eines solchen Gremiums eingesetzt; derUntersuchungsausschuss hat hierzu den nachfolgendenBeschluss zum Verfahren gefasst:

„Beschluss 1 zum VerfahrenEinsetzung eines interfraktionellen Gremiums

Der Untersuchungsausschuss setzt zur Koordinierung undStrukturierung der Arbeit des Untersuchungsausschusses,um einen möglichst reibungslosen Ablauf zu gewährleis-ten, ein interfraktionelles Gremium ein. Dieses Gremiumsetzt sich aus der Vorsitzenden, dem stellvertretenden Vor-sitzenden und Sprechern zusammen. Die Sprecher könnendurch einen benannten Berichterstatter vertreten werden.

An den Sitzungen dieses interfraktionellen Gremiumskönnen die für den Untersuchungsausschuss von denFraktionen benannten Mitarbeiter/-innen teilnehmen.“

Das interfraktionelle Gremium hat förmlich keineBeschlüsse gefasst, sondern in Vorbereitung der Be-schlussfassungen dem Untersuchungsausschuss gegen-über Empfehlungen abgegeben. In seiner ersten Sitzungam 23. November 2006 wurde durch das interfraktionelleGremium bereits festgelegt, dass die Sprecher der im Ver-teidigungsausschuss vertretenen Fraktionen zugleichBerichterstatter für die Beschlussempfehlung zum Ab-schlussbericht des Verteidigungsausschusses als 1. Unter-suchungsausschuss an das Plenum des Deutschen Bun-destages sein sollen.

2. Nichtöffentlichkeit der Sitzungen

Der Untersuchungsausschuss hat in seinem nachfolgen-den Beschluss zum Verfahren zur Nichtöffentlichkeit derSitzungen gemäß § 14 Abs. 4 PUAG in Verbindung mitArtikel 45a Abs. 3 GG beschlossen, dass Sitzungen desVerteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss– auch die Sitzungen zur Beweiserhebung – grundsätzlichnichtöffentlich sind. Nach diesem Beschluss bestandgleichwohl die Möglichkeit, im Einzelfall die Öffentlich-keit zuzulassen.

Abg. Ulrike Merten, Vorsitzende SPD

Abg. Dr. Karl A. Lamers, stellv. Vorsitzender

CDU/CSU

Abg. Bernd Siebert, Sprecher CDU/CSU

Abg. Rainer Arnold, Sprecher SPD

Abg. Birgit Homburger, Sprecherin FDP

Abg. Paul Schäfer, Sprecher DIE LINKE.

Abg. Winfried Nachtwei, Sprecher BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Berichterstatter

Abg. Jürgen Herrmann CDU/CSU

Abg. Ernst-Reinhard Beck CDU/CSU

Abg. Christian Kleiminger SPD

Abg. Ursula Mogg SPD

Abg. Elke Hoff FDP

Abg. Alexander Bonde BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 16/10650 – 28 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

„Beschluss 2 zum VerfahrenNichtöffentlichkeit der Sitzungen

(gemäß § 14 Abs. 4 Untersuchungsausschussgesetz i. V. m. Art. 45a Abs. 3 GG)

Die Sitzungen des Untersuchungsausschusses – auch dieSitzungen zur Beweiserhebung – sind grundsätzlich nichtöffentlich. Der Untersuchungsausschuss kann einzelnenPersonen zu nicht öffentlichen Beweisaufnahmen den Zu-tritt gestatten. Der Untersuchungsausschuss kann die Öf-fentlichkeit einzelner Sitzungen zur Beweisaufnahme be-schließen.“

Zur Frage der Zulässigkeit der Beweisaufnahme in öf-fentlicher Sitzung hat der Untersuchungsausschuss auchden Beschluss des Ausschusses für Wahlprüfung, Immu-nität und Geschäftsordnung vom 18. Januar 1978 erörtert.Der Untersuchungsausschuss verständigte sich darauf,den Beschluss 2 zum Verfahren dahingehend auszulegen,die Öffentlichkeit im Einzelfall zuzulassen.

3. Protokollierung der AusschusssitzungenNach § 11 Abs. 3 PUAG entscheidet über die Art der Pro-tokollierung der Untersuchungsausschuss. Mit dem nach-folgenden Verfahrensbeschluss 3 zur Protokollierung derAusschusssitzungen hat der Untersuchungsausschussfestgelegt, dass alle Beratungen in einem durch das Se-kretariat zu fertigenden Ergebnisprotokoll festgehaltenwerden. Im interfraktionellen Gremium erfolgte eine Ver-ständigung dahingehend, nicht nur ein reines Ergeb-nisprotokoll zu erstellen, sondern in diesem auch die we-sentlichen Beratungsbeiträge wiederzugeben.

„Beschluss 3 zum VerfahrenProtokollierung der Ausschusssitzungen (zu § 11 Untersuchungsausschussgesetz)

Die Protokollierung der Sitzungen des Untersuchungs-ausschusses gemäß § 11 Untersuchungsausschussgesetzwird wie folgt durchgeführt:

1. Alle Sitzungen, die der Beweiserhebung oder sonsti-ger Informationsbeschaffung des Ausschusses dienen,sind stenographisch aufzunehmen.

2. Alle Beratungen werden in einem durch das Sekreta-riat zu fertigenden Ergebnisprotokoll (wesentliche Zu-sammenfassung) festgehalten.“

4. Verteilung von Beratungsunterlagen, Beweisbeschlüssen und Ausschussmaterialien

Der Untersuchungsausschuss hat in seiner 2. Sitzung am29. November 2006 den nachfolgenden Beschluss zurVerteilung von Beratungsunterlagen, Beweisbeschlüssenund Ausschussmaterialien gefasst:

„Beschluss 4 zum VerfahrenVerteilung von Beratungsunterlagen, Beweisbeschlüssen

und Ausschussmaterialien

I. Grundsatz der Verteilung von Beratungsunterlagen,Beweisbeschlüssen und sonstigen Ausschussmateria-lien

Beratungsunterlagen, Beweisbeschlüsse und Aus-schussmaterialien sind durch das Sekretariat des1. UA (PA 12) – 16. WP zu verteilen an:

1. Ordentliche und stellvertretende Mitglieder

2. Benannte Mitarbeiter/-innen der Fraktionen

3. Beauftragte der Bundesregierung und des Bundes-rates

II. Verteilung umfangreicher Ausschussmaterialien

Ausschussmaterialien von einem Umfang von 101 bis1 000 Seiten werden lediglich in je zwei Exemplarenan die Fraktionen CDU/CSU und SPD sowie in je ei-nem Exemplar an die Fraktionen FDP, DIE LINKE.und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verteilt. Bei da-rüber hinausgehendem Umfang erhalten alle Fraktio-nen je ein Exemplar.

Bei besonders großem Umfang wird von einer Vertei-lung abgesehen und stattdessen ein Exemplar im Aus-schusssekretariat zur Verfügung gestellt; in Zweifels-fällen verständigen sich die Vorsitzende und dieSprecher.

Das Anschreiben der abgebenden Stelle wird in jedemFall gemäß Verteiler in Ziffer I. versandt.“

Zur Gewährleistung eines übersichtlichen Arbeitsablaufswurde eine Strukturierung der Dokumente in Beratungs-unterlagen, Beweisbeschlüsse und Ausschussmaterialien(MAT) vorgenommen.

5. Behandlung der Ausschussprotokolle

Des Weiteren hat der Untersuchungsausschuss zur Be-handlung der Ausschussprotokolle folgenden Beschlussgefasst:

„Beschluss 5 zum VerfahrenBehandlung der Ausschussprotokolle

I. Protokolle nichtöffentlicher Sitzungen

1. Protokolle nichtöffentlicher Sitzungen erhalten dieMitglieder des Untersuchungsausschusses und ihreStellvertreter, die benannten Mitarbeiter/-innen derFraktionen sowie die Beauftragten der Bundes-regierung und des Bundesrates.

2. Dritte haben grundsätzlich kein Recht auf Einsicht-nahme in Protokolle nichtöffentlicher Sitzungenund folglich auch nicht darauf, dass ihnen Kopiensolcher Protokolle überlassen werden. Eine Aus-nahme besteht nur gegenüber Behörden, wenn derUntersuchungsausschuss entschieden hat, Amts-hilfe zu leisten.

II.Protokolle VS-VERTRAULICH oder höher eingestuf-ter Sitzungen

Ist das Protokoll über die Aussage eines Zeugen VS-VERTRAULICH oder höher eingestuft, so ist demZeugen Gelegenheit zu geben, dies in der Geheim-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 29 – Drucksache 16/10650

schutzstelle des Deutschen Bundestages einzusehen.Eine Kopie erhält er nicht.“

Ergänzend zu diesem Beschluss hat der Verteidigungs-ausschuss als 1. Untersuchungsausschuss in seinerSitzung am 31. Januar 2007 beschlossen, der Staatsan-waltschaft Tübingen Einsicht in die Protokolle des Aus-schusses zu gewähren.

Die Kurzprotokolle der Beratungssitzungen wurden vomSekretariat des Untersuchungsausschusses als Teil I desjeweiligen Sitzungsprotokolls gefertigt. Die Zeugenver-nehmungen wurden in allen Fällen vom StenografischenDienst des Deutschen Bundestages wörtlich protokolliert(Teil II – nichtöffentliche Sitzung). Da die Zeugenverneh-mungen zu großen Teilen als GEHEIM eingestuft waren,wurden diese Protokollteile als Teil III entsprechend ein-gestuft und gemäß der Geheimschutzordnung in der Ge-heimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Einsichtdurch den hierzu ermächtigten Personenkreis hinterlegtbzw. entsprechend Beschluss 8 zum Verfahren Ziffer I.dort vervielfältigt. Die Verteilung der Protokollteile I undII erfolgte nach dem Beschluss 5 zum Verfahren.

6. Verzicht auf Verlesung von SchriftstückenNach § 31 PUAG sind Schriftstücke, die als Beweismitteldienen, vor dem Untersuchungsausschuss zu verlesen.Der Untersuchungsausschuss kann beschließen, von einerVerlesung Abstand zu nehmen, wenn die Schriftstücke al-len Mitgliedern des Untersuchungsausschusses zugäng-lich gemacht worden sind. Der Untersuchungsausschussstimmte in seiner Sitzung am 29. November 2006 demBeschluss 6 zum Verfahren hinsichtlich des Verzichts aufVerlesung von Schriftstücken zu:

„Beschluss 6 zum VerfahrenVerzicht auf Verlesung von Schriftstücken (zu § 31 Untersuchungsausschussgesetz)

Gemäß § 31 Abs. 2 Untersuchungsausschussgesetz wirdauf die Verlesung von Protokollen und Schriftstückenverzichtet, soweit diese vom Ausschusssekretariat allenMitgliedern des Untersuchungsausschusses zugänglichgemacht worden sind.“

7. Verpflichtung zur GeheimhaltungIn seiner 2. Sitzung am 29. November 2006 hat der Un-tersuchungsausschuss den Beschluss 7 zum Verfahren zurGeheimhaltung gefasst:

„Beschluss 7 zum VerfahrenVerpflichtung zur Geheimhaltung

1. Die Mitglieder des 1. UA (PA 12) – 16. WP sind auf-grund des Untersuchungsausschussgesetzes, der Ge-heimschutzordnung des Deutschen Bundestages, ggf.ergänzt um Beschlüsse des 1. UA (PA 12) – 16. WP inVerbindung mit § 353b Abs. 2 Nr. 1 StGB zur Ge-heimhaltung derjenigen Tatsachen und Einschätzun-gen verpflichtet, die ihnen durch Übermittlung der vonamtlichen Stellen als VS-VERTRAULICH bzw.

VERTRAULICH und höher eingestuften Unterlagenbekannt werden.

2. Diese Geheimhaltungsverpflichtung erstreckt sichauch auf solche Tatsachen und Einschätzungen, dieaufgrund von Unterlagen bekannt werden, deren VS-Einstufung bzw. Behandlung als VS-VERTRAULICHoder höher sowie als VERTRAULICH oder höherdurch den Untersuchungsausschuss selbst veranlasstoder durch den Vorsitzenden unter Berücksichtigungder Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom17. Juli 1984 (BVerfGE 67, S. 100 ff.) zur Wahrungdes Grundrechtsschutzes (Betriebs- und Geschäftsge-heimnisse, Steuergeheimnisse und informationellesSelbstbestimmungsrecht) vorgenommen wird.

3. Die Geheimhaltungsverpflichtung entfällt, wenn undsoweit die aktenführende Stelle bzw. der Untersu-chungsausschuss die Einstufung als VS-VERTRAU-LICH und höher bzw. die Behandlung als VERTRAU-LICH und höher aufhebt.

4. Im Übrigen gilt die Geheimschutzordnung des Deut-schen Bundestages.

5. Anträge, deren Inhalt möglicherweise geheimhal-tungsbedürftig ist, sollen in der Geheimschutzstelledes Deutschen Bundestages hinterlegt werden. Überdie Hinterlegung soll der Antragsteller das Ausschuss-sekretariat unterrichten.“

Der Untersuchungsausschuss hat Akten der Staatsanwalt-schaft Tübingen aus einem laufenden Ermittlungsverfah-ren beigezogen. Diese Akten wurden teilweise alsGEHEIM eingestuft; nicht eingestufte Akten wurden andie Fraktionen mit dem Hinweis „Nur zur dienstlichenVerwendung“ in vervielfältigter Form weitergeleitet. Derüberwiegende Teil der dem Untersuchungsausschuss vomBundesministerium der Verteidigung zur Verfügung ge-stellten Unterlagen war als GEHEIM eingestuft. Nur einsehr geringer Teil der Unterlagen war nicht eingestuft.

In Einzelfällen wurde auf Veranlassung des Ausschusseseine Aufhebung der Einstufung von Dokumenten durchdie herausgebenden Stellen individuell geprüft und vor-genommen. Eine generelle Herabstufung oder Aufhebungder Einstufung der übersandten Akten kam wegen desIdentitätsschutzes von Zeugen, des grundrechtlichen Da-tenschutzes, Sicherheitserwägungen und schützenswerterBelange Dritter nicht in Betracht.

8. Verteilung von VerschlusssachenVerschlusssachen des Geheimhaltungsgrades VS-VER-TRAULICH und höher, die der Untersuchungsausschusseingestuft oder von einer anderen herausgebenden Stelleerhalten hat, dürfen nach § 16 Abs. 1 PUAG nur den Mit-gliedern des Untersuchungsausschusses, den Mitgliederndes Bundesrates und der Bundesregierung sowie ihren Be-auftragten zugänglich gemacht werden. Den Mitarbeiternder Mitglieder des Untersuchungsausschusses, der Fraktio-nen und des Sekretariates im Untersuchungsausschusswurden sie zugänglich gemacht, soweit diese zum Umgangmit Verschlusssachen ermächtigt und zur Geheimhaltung

Drucksache 16/10650 – 30 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

förmlich verpflichtet waren. Der Untersuchungsausschusshat darüber hinaus folgenden Beschluss gefasst:

„Beschluss 8 zum VerfahrenVerteilung von Verschlusssachen

(zu § 16 Abs. 1 Untersuchungsausschussgesetz)

I. Grundsatz der Verteilung von zugeleiteten Verschluss-sachen

Von den für den 1. UA (PA 12) – 16. WP in der Ge-heimschutzstelle des Deutschen Bundestages einge-henden VS-VERTRAULICH oder GEHEIM einge-stuften Beweismaterialien sind Ausfertigungenherzustellen und zwar für

1. die Fraktionen im Ausschuss je zwei,

2. das Sekretariat zugleich für die Vorsitzende undden stellvertretenden Vorsitzenden je eine.

Den Mitgliedern der Fraktionen sowie den benanntenMitarbeitern der Fraktionen, die zum Umgang mitVerschlusssachen ermächtigt und zur Geheimhaltungförmlich verpflichtet sind, werden auf Wunsch die je-weiligen Exemplare ausgehändigt.

Der Geheimschutzbeauftragte des Deutschen Bundes-tages wird aufgefordert, den Mitgliedern und Mit-arbeitern der Fraktionen in Räumen, die von diesenbestimmt werden, Verwahrgelasse zur Aufbewahrungder Ausfertigung zur Verfügung zu stellen und unver-züglich die gegebenenfalls weiteren notwendigentechnischen Sicherungsmaßnahmen zu treffen.

II. Verteilung der vom UA eingestuften Verschlusssachen

Für die vom 1. UA (PA 12) – 16. WP selbst VS-VER-TRAULICH, VERTRAULICH gemäß § 2a GSO,GEHEIM, GEHEIM gemäß § 2a GSO oder ggf.STRENG GEHEIM eingestuften Unterlagen und Pro-tokolle gilt Ziffer I. entsprechend.

III.Verteilung von „VS-Nur für den Dienstgebrauch“ ein-gestuften Unterlagen

VS-NfD-eingestufte Unterlagen werden verteilt undbehandelt gemäß Beschluss 4 zum Verfahren in Ver-bindung mit der Geheimschutzordnung des DeutschenBundestages.“

9. Fragerecht bei der BeweiserhebungDen Ablauf der Vernehmungen von Zeugen regeln die§§ 24 und 28 PUAG. Im Verteidigungsausschuss als1. Untersuchungsausschuss wurden hiernach die Zeugenzunächst vom den Vorsitz ausübenden stellvertretendenVorsitzenden zur Person gehört. Anschließend erhieltensie Gelegenheit, sich zum Gegenstand der Vernehmungim Zusammenhang zu äußern. Danach übten zunächst derstellvertretende Vorsitzende und anschließend die übrigenMitglieder des Untersuchungsausschusses das Fragerechtaus.

Zur Ausgestaltung der Reihenfolge des Fragerechts beieiner Vernehmung zur Sache hat der Untersuchungsaus-

schuss in seiner 2. Sitzung am 29. November 2006 fol-genden Beschluss gefasst:

„Beschluss 9 zum VerfahrenFragerecht bei der Beweiserhebung

Das Fragerecht bei der Vernehmung von Zeugen undSachverständigen nach §§ 24 Abs. 5, 28 Abs. 1 Untersu-chungsausschussgesetz wird unter Zugrundelegung derGeschäftsordnung des Deutschen Bundestages und derparlamentarischen Praxis bei der Ausgestaltung von Aus-sprachen im Plenum wie folgt gestaltet:

Die Vernehmung zur Sache wird in zwei Abschnitte auf-geteilt:

1. Im ersten Abschnitt stellt zunächst der stellvertre-tende Vorsitzende, nachdem dem Zeugen Gelegen-heit zur Stellungnahme gegeben wurde, weitere Fra-gen zur Aufklärung und Vervollständigung derAussage sowie zur Erforschung des Grundes, aufdem das Wissen des Zeugen beruht.

2. Der zweite Abschnitt besteht aus einzelnen Befra-gungsrunden gemäß den im Plenum zugrunde geleg-ten Aussprachen entsprechend der „Berliner Stunde“.Bei der Reihenfolge der Fraktionen innerhalb der Be-fragungsrunden ist dabei die Fraktionsstärke und derGrundsatz von Rede und Gegenrede zu berücksichti-gen. Für die Bemessung des Zeitanteils der Fraktio-nen innerhalb der Befragungsrunden wird die Vertei-lung der Redezeiten im Plenum angewendet.

2.1 In der ersten Befragungsrunde beginnt die Fraktionder FDP. Daran schließt sich an die Befragung durchdie Fraktion der CDU/CSU, die Fraktion DIELINKE., die Fraktion der SPD sowie durch die Frak-tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wurde die Befra-gung im ersten Abschnitt durch den stellvertretendenVorsitzenden durchgeführt, wechselt die Reihenfolgeder Befragung zwischen den Fraktionen der CDU/CSU und SPD entsprechend. Die Gesamtdauer derBefragung in der ersten Befragungsrunde des zweitenAbschnitts soll zwei Stunden nicht überschreiten. Inder zweiten Befragungsrunde beginnt die Fraktionder CDU/CSU, gefolgt von der Fraktion der FDP, derFraktion der SPD und den Fraktionen DIE LINKE.und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wurde die Befra-gung im ersten Abschnitt durch den stellvertretendenVorsitzenden durchgeführt, wechselt auch in derzweiten Befragungsrunde die Reihenfolge der Befra-gung zwischen den Fraktionen der CDU/CSU undSPD. Diese Reihenfolge gilt auch für weitere verein-barte Fragerunden.

2.2 Das Fragerecht im zweiten Abschnitt wird von denBerichterstattern ausgeübt. Diese können das ihnenzustehende Fragerecht an ein ordentliches Mitgliedoder auch an ein stellvertretendes Ausschussmitgliedihrer Fraktion weitergeben. Dieses darf trotz der An-wesenheit der ordentlichen Ausschussmitglieder der-selben Fraktion das Fragerecht ausüben.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 31 – Drucksache 16/10650

3. Bei Sachverständigenanhörungen und informatori-schen Anhörungen wird entsprechend den vorstehen-den Regelungen verfahren.“

Für die Befragungen verständigte sich der Untersu-chungsausschuss im Rahmen der sogenannten BerlinerStunde (63 Minuten) auf folgende Zeitkontingente:

CDU/CSU 19 Minuten

SPD 19 Minuten

FDP 8 Minuten

DIE LINKE. 7 Minuten

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7 Minuten

(Fraktionslose Mitglieder 3 Minuten).

Das Fragerecht der Fraktionen für die einzelnen Frage-runden der sogenannten Berliner Stunde wurde, wie imVerfahrensbeschluss 9 festgelegt, in wechselnder Reihen-folge ausgeübt.

10. Behandlung von BeweisanträgenUm eine hinreichende fraktionsinterne Beratung der Be-weisanträge zu ermöglichen, hat sich der Untersuchungs-ausschuss auf das im Beschluss 10 zum Ausdruck ge-brachte Verfahren verständigt.

„Beschluss 10 zum VerfahrenBehandlung von Beweisanträgen

Zur ordnungsgemäßen Vorbereitung der Beratungssitzun-gen werden Beweisanträge nur dann in einer Beratungs-sitzung behandelt, wenn sie schriftlich bis zum Donners-tag der Vorwoche, 9.00 Uhr, im Sekretariat des 1. UA(PA 12) – 16. WP eingegangen sind. Von dieser Fristkann einvernehmlich abgewichen werden.“

11. Zutritt von Fraktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern

Der Untersuchungsausschuss hat in seiner 2. Sitzung am29. November 2006 beschlossen, schriftlich benanntenMitarbeitern der Fraktionen entsprechend § 12 Abs. 2PUAG den Zutritt zu seinen Sitzungen zu gestatten.

„Beschluss 11 zum VerfahrenZutritt von Fraktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern

(zu § 12 Abs. 2 Untersuchungsausschussgesetz)

Den benannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern derFraktionen sowie der benannten persönlichen Mitarbeite-rin der Vorsitzenden wird Zutritt zu den nichtöffentlichenBeratungssitzungen und – soweit die persönlichen Vor-aussetzungen vorliegen – auch zu VS-eingestuften Sit-zungen gewährt.“

12. Mitteilungen aus nichtöffentlichen Sitzungen

Über die Art und den Umfang von Mitteilungen an dieÖffentlichkeit aus nichtöffentlichen Sitzungen entschei-det nach § 12 Abs. 3 PUAG der Untersuchungsausschuss.

In der 2. Sitzung des Verteidigungsausschusses als 1. Un-tersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Abs. 2 GG am29. November 2006 hat er hierzu den nachfolgenden Be-schluss gefasst:

„Beschluss 12 zum VerfahrenMitteilungen aus nichtöffentlichen Sitzungen

Die Vorsitzende wird gemäß § 12 Abs. 3 PUAG dazu er-mächtigt, die Öffentlichkeit über die in nichtöffentlicherBeratungssitzung gefassten Beschlüsse und Terminierun-gen des Ausschusses zu informieren.

Hiervon unberührt bleibt das Recht der übrigen Aus-schussmitglieder, ihre Position hierzu öffentlich zu äu-ßern.“

III. Vorbereitung der Beweiserhebung1. Besprechungen des interfraktionellen

GremiumsDas in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestagesnicht geregelte Institut eines interfraktionellen Gremiumswurde zur Koordinierung und Strukturierung der Arbeitdes Untersuchungsausschusses eingesetzt, um einen mög-lichst reibungslosen Ablauf der Sitzungen zu gewährleis-ten. Die Sitzungen des interfraktionellen Gremiums fan-den regelmäßig am Vortag bzw. unmittelbar vor denSitzungen des Untersuchungsausschusses statt.

2. Strukturierung der UntersuchungDer Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-schuss hatte sich zu Beginn seiner Arbeitsaufnahme inden ersten Beratungssitzungen und vorbereitend in denSitzungen des interfraktionellen Gremiums mit der Frageeiner zeitlichen und sachlichen Strukturierung des Unter-suchungsauftrages befasst. Im Ergebnis wurde Einver-nehmen dahingehend erzielt, die Untersuchung in ein-zelne eng umgrenzte Komplexe zu gliedern, innerhalbderer die jeweiligen Beweisbeschlüsse abgearbeitet wer-den sollten. Die Ziffern 1. bis 3. des Untersuchungsauf-trags umfassten die konkreten Misshandlungsvorwürfevon Murat Kurnaz, während die Ziffern 4. und 5. des Un-tersuchungsauftrags die Einsätze des Kommandos Spe-zialkräfte in dem Zeitraum von November 2001 bis No-vember 2002 in Kandahar behandelten.

IV. Beweiserhebung durch Beiziehung von Akten, Berichten, Protokollen und sonstigen Unterlagen

1. Art, Herkunft und Umfang des Beweismaterials

Zum Zwecke der Beweiserhebung hatte der Verteidi-gungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss Akten,Berichte, Protokolle und sonstige Unterlagen beigezogen.Der Bestand an Beweismaterial umfasste 43 Aktenordnerund 3 Hefter mit insgesamt 23 053 Blatt. Bei den alsGEHEIM und VS-NfD eingestuften Materialien handeltees sich im Wesentlichen um Unterlagen des Bundesminis-teriums der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft beim

Drucksache 16/10650 – 32 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Landgericht Tübingen. Weitere nicht als GEHEIM einge-stufte Materialien (MAT) folgender Stellen wurden he-rangezogen bzw. ausgewertet:

Deutscher Bundestag

– Verteidigungsausschuss

– Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages

– Bundestagsverwaltung

Bundesregierung

– Bundeskanzleramt

– Bundesministerium der Verteidigung

– Bundesministerium des Inneren

– Bundesministerium der Justiz

– Auswärtiges Amt

Sonstige

– Europäisches Parlament

– Komitee des Internationalen Roten Kreuzes

– Evangelisches Kirchenamt für die Bundeswehr

– Katholisches Militärbischofsamt

– Medienberichterstattung

– Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich SpezielleOperationen in Regensburg.

2. Entscheidung über die Ersuchen auf Vorlage von Beweismitteln und Vollständigkeitserklärungen gemäß § 18 Abs. 2 PUAG

Das vorwiegend auf Aktenvorlage ersuchte Bundesminis-terium der Verteidigung kam seiner Verpflichtung aufVorlage der sächlichen Beweismittel durch die Heraus-gabe der vorgenannten Unterlagen nach. Die Vorlagenwaren in der Regel mit einer Erklärung über die Vollstän-digkeit nach § 18 Abs. 2 PUAG versehen.

In Anbetracht des Umfangs dieses Untersuchungsmate-rials und der damit verbundenen umfangreichen Nachfor-schungen im Bundesministerium der Verteidigung und innachgeordneten Dienststellen wurden Unterlagen in we-nigen Einzelfällen nachgereicht. In einigen Fällen habensich das Bundesministerium der Verteidigung, das Aus-wärtige Amt und das Bundesministerium der Justiz aufden Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung berufenund beispielsweise Leitungsvorlagen dem Untersu-chungsausschuss nicht zur Verfügung gestellt.

3. Verwendung von Unterlagen ohne formelle Beiziehung

Nicht förmlich beigezogene oder ohne Anforderung zurVerfügung gestellte Unterlagen, beispielsweise Medien-berichterstattung, behandelte der Untersuchungsaus-

schuss, soweit sie beweisrelevant waren, wie beigezogeneUnterlagen. Sie waren deshalb auch Gegenstand von Zeu-genbefragungen und wurden überwiegend als Material(MAT) verteilt.

4. Durchführung des VorsitzendenverfahrensIm Zusammenhang mit dem Beweisbeschluss 16 – 29 be-rief sich das Bundeskanzleramt darauf, dass zur Anforde-rung der dort aufgeführten Unterlagen die Zuständigkeitdes Untersuchungsausschusses nicht gegeben sei. DasBundeskanzleramt hatte deshalb dem Verteidigungsaus-schuss als 1. Untersuchungsausschuss mit Schreiben vom12. November 2007 angeboten, Akten im Rahmen des so-genannten Vorsitzendenverfahrens vorzulegen (SchreibenBundeskanzleramt, MAT 16 – 79). Danach wird nach derRechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dem Vor-sitzenden und seinem Stellvertreter Einsicht in die Aktengewährt, damit sie sich davon überzeugen können, dassdie Weigerung der Aktenherausgabe zu Recht erfolgte(BVerfGE 67, 100 (139); 74, 7 (8)). Hierzu fasste der Un-tersuchungsausschuss in seiner Sitzung am 14. November2007 einen entsprechenden Beschluss. In Absprache mitdem Bundeskanzleramt wurde dem den Vorsitz im Unter-suchungsausschuss ausübenden stellvertretenden Vorsit-zenden, Dr. Karl A. Lamers, sowie dessen Stellvertreterim Untersuchungsausschuss, Abg. Rainer Arnold, Gele-genheit gegeben, die entsprechenden Akten einzusehen.Die Einsichtnahme in die Akten erfolgte am 29. Novem-ber 2007 in den Räumlichkeiten des Deutschen Bundesta-ges. In der 21. Sitzung des Untersuchungsausschusses am12. Dezember 2007 berichtete der stellvertretende Vorsit-zende über das Ergebnis des Vorsitzendenverfahrens underläuterte, dass aus den vorgelegten Aktenstücken keineHinweise zu entnehmen gewesen seien, die Bezüge zuAngehörigen der Bundeswehr aufwiesen. Das Materialsei ausschließlich der Zuständigkeit des 1. Untersu-chungsausschusses der 16. Wahlperiode zuzuweisen. DerUntersuchungsausschuss hat den Beweisbeschluss somitals erledigt betrachtet.

V. Beweiserhebung durch Vernehmung von Zeugen

Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-schuss führte seine Beweiserhebungen auf der Grundlagevon Beweisanträgen im Rahmen von nichtöffentlichenVernehmungssitzungen durch.

1. Behandlung von Beweisanträgen Bei der Beweiserhebung durch Vernehmung von Zeugenfolgte der Untersuchungsausschuss den gesetzlichen Vor-gaben des PUAG sowie den in Ergänzung hierzu gefass-ten Beschlüssen zum Verfahren, insbesondere 9 und 10.

a) Entscheidung über BeweisanträgeNach § 17 Abs. 2 PUAG sind Beweise zu erheben, wennsie von einem Viertel der Mitglieder des Ausschusses be-antragt werden, es sei denn, die Beweiserhebung ist unzu-lässig oder das Beweismittel ist auch nach der Anwen-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 33 – Drucksache 16/10650

dung der in diesem Gesetz vorgesehenen Zwangsmittelunerreichbar. Fristgerecht eingebrachte Beweisanträgewurden zunächst als Beratungsunterlagen im interfraktio-nellen Gremium erörtert. In den entsprechenden Beratun-gen wurde auch im Hinblick auf die Minderheitenrechteder Oppositionsfraktionen eine konsensuale Abstimmungder Beweisanträge im Untersuchungsausschuss ange-strebt. Zu einzelnen Beweisanträgen ist der stellvertre-tende Vorsitzende, der auch im interfraktionellen Gre-mium stets den Vorsitz innehatte, gebeten worden, durchdas Sekretariat des Untersuchungsausschusses offene Fra-gen bzw. Sachverhalte zu klären. Im Ergebnis dieser Er-mittlungen wurden Beweisanträge teilweise nicht weiterverfolgt, zurückgestellt oder auch formal zurückgezogen.

In seltenen Fällen haben die Koalitionsfraktionen mit ih-rer Mehrheit im Untersuchungsausschuss Beweisanträgeder Oppositionsfraktionen als unzulässig abgelehnt unddie Antragsteller auf den Rechtsweg nach § 17 Abs. 4PUAG verwiesen. Hiernach entscheidet bei Ablehnungeines Beweisantrages auf Antrag eines Viertels der Mit-glieder des Untersuchungsausschusses der Ermittlungs-richter oder die Ermittlungsrichterin des Bundesgerichts-hofs über die Erhebung der Beweise oder über dieAnordnung des Zwangsmittels. Von der Möglichkeit, denRechtsweg einzuschlagen, wurde kein Gebrauch ge-macht.

b) Reihenfolge der Vernehmungen

§ 17 Abs. 3 PUAG sieht vor, dass die Reihenfolge derVernehmung von Zeugen im Untersuchungsausschussmöglichst einvernehmlich festgelegt werden soll. Bei Wi-derspruch eines Viertels der Mitglieder des Ausschussesgelten die Vorschriften der Geschäftsordnung des Deut-schen Bundestages zur Reihenfolge der Redner entspre-chend.

Im Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-schuss erfolgte die Terminierung und Reihenfolge derZeugenvernehmungen auf der Grundlage der vom inter-fraktionellen Gremium gegebenen Empfehlungen. Hin-sichtlich der Terminierung wurde derart vorgegangen,dass der Untersuchungsauftrag zunächst in zwei großeBereiche strukturiert wurde. Der eine Bereich (Ziffer 1.bis 3. des Untersuchungsauftrages) betraf die eigentlichenMisshandlungsvorwürfe, während sich der andere Be-reich (Ziffern 4. und 5. des Untersuchungsauftrages) aufdie Einsätze des KSK insgesamt richtete; sämtliche Ter-minierungen der Vernehmungen erfolgten im Untersu-chungsausschuss einvernehmlich.

2. Durchführung der Zeugenvernehmungen

Bei der Durchführung der Zeugenvernehmungen wareninsbesondere die §§ 20 ff. PUAG zu beachten. In der La-dung wurden die Zeugen über das Beweisthema unter-richtet, über ihre Rechte belehrt und auf die gesetzlichenFolgen des Ausbleibens sowie darauf hingewiesen, dasssie einen rechtlichen Beistand ihres Vertrauens bei derVernehmung hinzuziehen dürfen.

a) AussagegenehmigungenDie überwiegende Anzahl der Zeugen hat für ihre Aus-sage vor dem Untersuchungsausschuss eine Aussagege-nehmigung benötigt und diese vom Bundesministeriumder Verteidigung, dem Bundeskanzleramt bzw. vom Bun-desnachrichtendienst erhalten. Eine Notwendigkeit fürdie Erteilung von Aussagegenehmigungen nach § 44cAbgG (Verschwiegenheitspflicht von Abgeordneten undAussagegenehmigungen durch den Bundestagspräsiden-ten) war nicht gegeben.

b) Art, Dauer, Anzahl und Ort der Vernehmungen

Der den Vorsitz führende stellvertretende Vorsitzende desVerteidigungsausschusses hat stets und von Amts wegendarauf geachtet, dass gemäß § 9 Abs. 3 PUAG Zeugen-vernehmungen nur bei Beschlussfähigkeit des Untersu-chungsausschusses durchgeführt werden. Nach § 9 Abs. 1PUAG ist der Untersuchungsausschuss beschlussfähig,wenn die Mehrheit seiner Mitglieder anwesend ist.

Art der Vernehmung:

Die vom Untersuchungsausschuss befragten Personensind als Zeugen vernommen worden; teilweise wurde ih-nen auch Gelegenheit gegeben, schriftlich Stellung zunehmen.

Anzahl der Vernehmungen:

Der Untersuchungsausschuss hat in der Zeit vom 17. Ja-nuar 2007 bis 23. Januar 2008 insgesamt 49 Zeugen ver-nommen.

Dauer der Vernehmungen:

Die Vernehmungen umfassten insgesamt ca. 74 Stunden.

Ort der Vernehmungen:

Alle Vernehmungen sowie Beratungssitzungen des Unter-suchungsausschusses wurden in den Räumen des Deut-schen Bundestages durchgeführt. Die Sitzungen fandenzum einen im Sitzungssaal des Verteidigungsausschussesim Paul-Löbe-Haus statt. Wegen des erforderlichen Iden-titätsschutzes für zahlreiche Zeugen wurden darüber hi-naus die Vernehmungen in einem Sitzungssaal im Plenar-bereich Reichstagsgebäude unter Beteiligung des Polizei-und Sicherungsdienstes des Deutschen Bundestagesdurchgeführt.

3. Ausländische Zeugen In dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Tü-bingen sind von dem Rechtsanwalt Bernhard Docke dreiMithäftlinge von Murat Kurnaz, die Anfang 2002 eben-falls in dem US-Gefangenenlager in Kandahar inhaftiertwaren, als Zeugen benannt worden. Hierzu fasste der Un-tersuchungsausschuss den Beweisbeschluss 16 – 42. Aufsein Ersuchen haben sich die zwei britischen ZeugenRuhal Ahmed und Asif Iqbal für eine Vernehmung am23. Januar 2008 zur Verfügung gestellt. Zu dem drittenZeugen aus Bahrain gab es nach Mitteilung seinesRechtsanwaltes in New York keine Möglichkeit der Kon-

Drucksache 16/10650 – 34 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

taktaufnahme, sodass in diesem Fall die Unerreichbarkeitdes Zeugen gemäß § 17 Abs. 2 PUAG festgestellt wurde.

Mit Beweisbeschluss 16 – 45 sollte Beweis erhoben wer-den durch Vernehmung von Major Matthew W. Donald,Lance Corporal Athar Zulfiqar und Oberstleutnant KeithWarman als Zeugen. Der Untersuchungsausschuss hattedie Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika inBerlin im Zusammenhang mit der Ladung dieser Angehö-rigen oder ehemaligen Angehörigen des US-Militärs, dienach Presseberichten ebenfalls seinerzeit in Kandahar stati-oniert waren, um Unterstützung gebeten. Mit Schreibenvom 4. Dezember 2007 teilte die Botschaft der VereinigtenStaaten von Amerika in Berlin mit, dass nach sorgfältigerPrüfung aller Aspekte dieses Falles die Vereinigten Staatenentschieden hätten, dass die vom Untersuchungsausschusserbetene Unterstützung nicht gewährt werden könne.

Diese benannten Zeugen wurden auf Beschluss des Un-tersuchungsausschusses in seiner 21. Sitzung am 12. De-zember 2007 aus der Vernehmungsliste gestrichen.

4. Einstufung der Vernehmungen Die Beweiserhebung des Untersuchungsausschusses er-folgte nach Artikel 45a Abs. 3 GG nichtöffentlich; beizahlreichen Vernehmungen wurden die Sitzungen darüberhinaus als GEHEIM eingestuft. An diesen Sitzungsteilenkonnten außer den zu vernehmenden Zeugen die Mitglie-der des Untersuchungsausschusses, Beauftragte der Bun-desregierung, benannte Mitarbeiter der Fraktionen sowieMitarbeiter des Ausschusssekretariates teilnehmen, so-weit sie hierzu nach den Geheimschutzvorschriften be-rechtigt waren. Gemäß dem Beschluss 3 zum Verfahrensind alle Sitzungen, die der Beweiserhebung oder sonsti-ger Informationsbeschaffung des Ausschusses dienten,stenografisch aufgenommen worden.

5. Abschluss der Beweisaufnahme Die Zeugen wurden am Ende ihrer jeweiligen Verneh-mung darauf hingewiesen, dass sie die Möglichkeit ha-ben, binnen zwei Wochen ihre Aussagen im Verneh-mungsprotokoll zu korrigieren oder zu ergänzen. DerUntersuchungsausschuss wies darauf hin, dass die Ver-nehmungen vor Ablauf der gewährten Frist nicht für ab-geschlossen erklärt werden.

Der Untersuchungsausschuss hat daher zum Abschlussder von ihm durchgeführten Zeugenvernehmungen in sei-ner 21. Sitzung am 12. Dezember 2007 entsprechend § 26PUAG folgenden Beschluss gefasst:

„Beschluss 13 zum VerfahrenBeendigung der Beweisaufnahme

1. Die Beweisaufnahme wird mit der Maßgabe der Zif-fern 2. – 4. beendet.

2. Noch nicht erledigte Beweisanträge bzw. -beschlüssebetreffend die Ladungen von Zeugen gelten als erle-digt, mit Ausnahme der Beweisbeschlüsse 16 – 42(Ruhal Ahmed und Asif Iqbal), 16 – 46 sowie 16 – 21(Zeuge …).

3. Die Beweisaufnahme durch Beiziehung von Aktenund Unterlagen ist abgeschlossen.

4. Der Beschluss über den formellen Abschluss von Ver-nehmungen gemäß § 26 PUAG erfolgt in der Aus-schusssitzung am 23. Januar 2008.“

In Ergänzung dieses Verfahrensbeschlusses hat der Unter-suchungsausschuss in seiner 22. Sitzung am 23. Januar2008 den formellen Abschluss der Vernehmungen gemäߧ 26 PUAG beschlossen:

„Beschluss 14 zum VerfahrenFormeller Abschluss von Vernehmungen (§ 26 PUAG)

1. Die Beweisaufnahme durch Anhörung von Zeugen istbeendet.

2. Die Vernehmungen der Zeugen, die das Stenografi-sche Protokoll über ihre Vernehmung durch den Un-tersuchungsausschuss erhalten und dazu Stellung ge-nommen bzw. auf eine Stellungnahme verzichtethaben, sind abgeschlossen.

3. Für den Abschluss der Vernehmung derjenigen Zeu-gen, denen das Protokoll noch nicht zugestellt werdenkonnte oder deren Frist zur Stellungnahme noch nichtabgelaufen ist, wird der stellvertretende Vorsitzendeermächtigt, den entsprechenden Beschluss des Aus-schusses nach Ziffer 2 im Umlaufverfahren herbeizu-führen.“

Von diesem Beschluss waren die Vernehmungen der Zeu-gen, die am 12. Dezember 2007 und 23. Januar vernom-men worden waren, nicht erfasst. Der Untersuchungsaus-schuss hat deshalb in seiner 23. Sitzung am 25. Juni 2008den formellen Abschluss auch dieser Vernehmungen ge-mäß § 26 PUAG beschlossen und hierüber die Zeugenentsprechend unterrichtet.

VI. Zeit- und Arbeitsaufwand

Bis zum 18. September 2008 ist der Verteidigungsaus-schuss als 1. Untersuchungsausschuss 24-mal zusammen-getreten. 17 Ausschusssitzungen haben der Beweisauf-nahme durch Vernehmung von Zeugen gedient; in diesenSitzungen hat der Untersuchungsausschuss insgesamt49 Zeugen gehört, von denen zwei Zeugen wiederholtvernommen worden sind. Die Vernehmungen sind aufüber 1 440 Seiten Stenografischer Protokolle festgehaltenworden. Darüber hinaus haben 23 Sitzungen des inter-fraktionellen Gremiums stattgefunden. Insgesamt um-fassten diese Sitzungen des Untersuchungsausschussesund des interfraktionellen Gremiums einen Zeitrahmenvon ca. 110 Stunden.

VII. Umgang mit Akten nach Beendigung der Tätigkeit des Untersuchungsausschusses

Protokolle über nichtöffentliche Sitzungen der Aus-schüsse (§ 69 Abs. 1 Satz 1 GO-BT) sind grundsätzlichkeine Verschlusssachen im Sinne der Geheimschutzord-nung (vgl. § 2 Abs. 5 GSO-BT).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 35 – Drucksache 16/10650

Für die Behandlung der im Untersuchungsausschuss er-stellten Protokolle hat der Präsident des Deutschen Bun-destages im Benehmen mit dem Präsidium nach § 73Abs. 3 GO-BT besondere Richtlinien erlassen. Nach die-sen Richtlinien hat der Untersuchungsausschuss vor Be-endigung seines Auftrages über die spätere Behandlungseiner Protokolle Empfehlungen zu geben.

In seiner 24. Sitzung am 18. September 2008 hat der Un-tersuchungsausschuss den nachfolgenden Beschluss 17zum Umgang mit Akten und Protokollen nach Beendi-gung seiner Tätigkeit gefasst:

„Beschluss 17 zum VerfahrenBehandlung der Protokolle und Materialien nach

Kenntnisnahme des Abschlussberichtsdurch den Deutschen Bundestag

I. Protokolle

Der Untersuchungsausschuss empfiehlt gemäß II.Nr. 2 der Richtlinien gemäß § 73 Abs. 3 GO-BT:

1. VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH (VS-NfD), VS-VERTRAULICH (VS-Vertr.), VER-TRAULICH und höher eingestufte Protokolle wer-den nach der Geheimschutzordnung des DeutschenBundestages behandelt.

2. Protokolle über nichtöffentliche Vernehmungenund Anhörungen, die nicht wie unter Ziffer 1 ein-gestuft sind, werden mit dem Vermerk „Nur zurdienstlichen Verwendung“ versehen.

3. Protokolle über Beratungssitzungen werden mitdem Vermerk „Nur zur dienstlichen Verwendung“versehen.

II. Im Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-schuss entstandene sowie für diesen erstellte Materia-lien

1. Im Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungs-ausschuss entstandene sowie für diesen erstellteMaterialien sind wie die unter Punkt I. Ziffer 2. er-wähnten Protokolle zu behandeln.

2. Dies gilt nicht für Materialien mit der Kennzeich-nung VS-NfD, VS-VERTRAULICH, VERTRAU-LICH und höher, die nach der Geheimschutzord-nung des Deutschen Bundestages zu behandelnsind.

III.Geschäftsakten

Die Geschäftsakten des Verteidigungsausschusses als1. Untersuchungsausschuss werden ebenfalls mit demVermerk „Nur zur dienstlichen Verwendung“ verse-hen.

IV.Beweismaterialien

Die zu Beweiszwecken beigezogenen MaterialienDritter und die VS-NUR FÜR DEN DIENSTGE-BRAUCH, VS-VERTRAULICH, VERTRAULICH

und höher eingestuften Beweismaterialien werdennach Kenntnisnahme des Abschlussberichts durch dasPlenum des Deutschen Bundestages an die herausge-benden Stellen zurückgegeben.

Ausgenommen hiervon sind Kopien bzw. Ausferti-gungen von Beweismaterialien, die als Dokumentedem Abschlussbericht oder Teilen des Abschlussbe-richtes beigefügt sind.

Im Übrigen werden Kopien ebenso wie die vom Ver-teidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschussgefertigten Kopien vernichtet, es sei denn, die heraus-gebenden Stellen widersprechen. Die Vernichtung istin einem Protokoll festzuhalten.“

Der Untersuchungsausschuss hat ebenfalls in seiner24. Sitzung am 18. September 2008 den Beschluss 18 zurRückgabe von Beweismaterialien und Mehrausfertigun-gen von Protokollen gefasst:

„Beschluss 18 zum VerfahrenRückgabe von Beweismaterialien und Mehrausfertigungen von Protokollen

1. Nach Kenntnisnahme des Abschlussberichtes durchdas Plenum des Deutschen Bundestages geben dieMitglieder des Verteidigungsausschusses als 1. Unter-suchungsausschuss, die benannten Mitarbeiter derFraktionen und die Beauftragten der Bundesregierunggegenüber dem Sekretariat eine Erklärung ab, dassverteilte Kopien der offenen – einschließlich „Nur zurdienstlichen Verwendung“ – und VS-NUR FÜR DENDIENSTGEBRAUCH (VS-NfD) eingestuften Be-weismaterialien sowie die davon gezogenen weiterenKopien – soweit dies nicht bereits erfolgt ist – ver-nichtet werden.

2. Die von der Geheimregistratur für die Mitglieder desVerteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsaus-schuss, die benannten Mitarbeiter der Fraktionen unddie Beauftragten der Bundesregierung sowie an dieStaatsanwaltschaft Tübingen verteilten Kopien derVS-VERTRAULICH (VS-Vertr.) oder höher einge-stuften Beweismaterialien sowie die Mehrausfertigun-gen der VS-Vertr. oder höher eingestuften Protokolledes Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungs-ausschuss sowie die Mehrausfertigungen der VS-ein-gestuften Berichtsteile sind nach Kenntnisnahme desAbschlussberichts durch das Plenum des DeutschenBundestages der Geheimregistratur zum Zwecke derVernichtung zuzuleiten.“

VIII. Abschlussbericht

1. Erstellung des Abschlussberichts

In der 22. Sitzung am 23. Januar 2008 wurde der nachfol-gende Beschluss 15 zum Verfahren über den Zeitrahmenfür die Abfassung des Abschlussberichtes und dessenFeststellung durch den Untersuchungsausschuss gefasst:

Drucksache 16/10650 – 36 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

„Beschluss 15 zum VerfahrenErstellung des Abschlussberichts

1. Das Sekretariat wird – vorbehaltlich des Abschlussesder Beweisaufnahme – beauftragt, bis Mittwoch,30. Januar 2008, den Vorentwurf eines Abschlussbe-richts (Einsetzung des Untersuchungsausschusses,Ablauf des Untersuchungsverfahrens, Feststellungs-teil, Anlagen) zu erstellen und diesen den Sprechernzuzuleiten.

2. Die Erstellung und Zuleitung der Bewertungen durchdie Sprecher an das Sekretariat erfolgen bis Montag,17. März 2008. Zu den Berichtsteilen gehören auchdie aus den beigezogenen Unterlagen ggf. noch einzu-arbeitenden Dokumente sowie offenkundige Sachver-halte.

3. Die Beratung des Vorentwurfs und der Bewertungenerfolgt durch die Sprecher am Mittwoch, 9. April2008, unter Würdigung der Frage des rechtlichen Ge-hörs. Bei Bedarf könnten weitere Gespräche der Spre-cher vereinbart werden.

4. Die endgültigen Voten der Sprecher sind dem Sekreta-riat bis Mittwoch, 23. April 2008, zuzuleiten.

5. Die Beratungssitzung, in der der Bericht (Verfahrens-und Feststellungsteil, Bewertungsteile sowie ggf. ab-weichende Berichte) festgestellt werden soll, wird be-stimmt auf Mittwoch, dem 7. Mai 2008.“

Das Sekretariat des Untersuchungsausschusses hat nachentsprechenden Vorarbeiten und auf der Grundlage desVerfahrensbeschlusses 15 den Berichterstattern (Spre-chern) am 30. Januar 2008 den Vorentwurf des Ab-schlussberichts (Teil I: Einsetzung des Untersuchungs-ausschusses, Verlauf des Untersuchungsverfahrens;Teil II: Feststellungen zum Sachverhalt; Teil V: Verzeich-nisse und Übersichten) vorgelegt. Die Erstellung und Zu-leitung der Bewertungen durch die Sprecher an das Se-kretariat erfolgte fristgemäß zum 17. März 2008. ImZusammenhang mit dem Verfahren und grundsätzlichenFragen zur Aufhebung der Einstufung von ursprünglichnicht für die Öffentlichkeit bestimmten Inhalten im Ab-schlussbericht konnte jedoch der Zeitrahmen für die ab-schließende Feststellung des Abschlussberichts durch denUntersuchungsausschuss nicht in vollem Umfang einge-halten werden.

Für die Erstellung des Abschlussberichts, insbesondereaus Gründen des Geheimschutzes sowie des Identitäts-schutzes von Zeugen, wurden darüber hinaus mit Be-schluss 16 zum Verfahren ebenfalls in der 22. Sitzung am23. Januar 2008 ergänzende Regelungen zur Abfassungvon Berichtsteilen und zur Aufhebung von Einstufungennach der Geheimschutzordnung getroffen.

„Beschluss 16 zum VerfahrenAbfassung von Berichtsteilen/Aufhebung

von Einstufungen

1. Für den Abschlussbericht können Inhalte aus einge-stuften Unterlagen verwendet werden. Die eingestuf-ten Unterlagen (Quellen) bleiben als solche weiterhin

eingestuft. Die Berichtsteile sind bis zum Feststel-lungsbeschluss des Ausschusses über den Abschluss-bericht als VS-Zwischenmaterial GEHEIM zu behan-deln.

2. Der Abschlussbericht wird ohne geschwärzte Fassun-gen eingestufter Unterlagen erstellt. Zur Wahrung desIdentitätsschutzes sind die Identitäten von zu schüt-zenden Zeugen entsprechend der vom Sekretariaterstellten oder noch zu ergänzenden Verschlüsselungs-liste zu anonymisieren; das Sekretariat wird ermäch-tigt, im Rahmen einer redaktionellen Überarbeitungdes Abschlussberichts vor Drucklegung dies sicherzu-stellen.

3. Um eine Aufhebung der Einstufung von verwendetenInhalten zu ermöglichen, sind alle entsprechendenBerichtsstellen mit detaillierten Quellenangaben zuversehen (z. B. Bezeichnung des Dokuments, MAT-Nummer, Ordner-Nummer, Seitenangabe bzw. Proto-kollnummer, Protokollteil, Zeugenverschlüsselungs-nummer, Seitenangabe).

4. Die Aufhebung der Einstufung der im Abschlussbe-richt verwendeten Inhalte erfolgt durch die herausge-benden Stellen. Bei der Aufhebung von Inhalten ausVernehmungsprotokollen durch den Ausschuss sinddie aussagegenehmigenden Stellen zu beteiligen. Ent-hält ein Vernehmungsprotokoll einen Vorhalt aus einereingestuften Unterlage, so ist bei der Aufhebung derEinstufung auch die Stelle zu beteiligen, die die Ein-stufung des verwendeten Vorhalts vorgenommen hat.Zur Prüfung der Aufhebung der Einstufung werdendie entsprechenden Berichtsteile den herausgebendenoder zu beteiligenden Stellen übersandt.“

Der Beschluss 16 zum Verfahren ist im Untersuchungs-ausschuss mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, gegen die Stimmen der Fraktionen derFDP und DIE LINKE., bei Enthaltung der FraktionBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen worden.

2. Rechtliches Gehör zum AbschlussberichtNach § 32 Abs. 1 PUAG ist Personen, die durch die Ver-öffentlichung des Abschlussberichtes in ihren Rechten er-heblich beeinträchtigt werden können, vor Abschluss desUntersuchungsauftrages Gelegenheit zu geben, zu den siebetreffenden Ausführungen im Entwurf des Abschlussbe-richtes innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen,soweit diese Ausführungen nicht mit ihnen in einer Sit-zung zur Beweisaufnahme erörtert worden sind. Der we-sentliche Inhalt dieser Stellungnahmen ist in dem Berichtwiederzugeben (§ 32 Abs. 2 PUAG).

Hiernach hat der Untersuchungsausschuss in seiner23. Sitzung am 25. Juni 2008 mehrheitlich beschlossen,dass den nachfolgenden Personen vor einer Veröffentli-chung des Sondervotums der Fraktion DIE LINKE. imAbschlussbericht zu den sie betreffenden Textstellen Ge-legenheit zu einer Stellungnahme gegeben wird: ZeuginBirgitt Heidinger (ehemalige Büroleiterin des Bundesmi-nisters der Verteidigung a. D. Dr. Peter Struck), ZeugeJörn Thießen (ehemaliger Büroleiter des Bundesministers

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 37 – Drucksache 16/10650

der Verteidigung a. D. Rudolf Scharping), Zeuge ManfredEngelhardt (Generalleutnant, ehemaliger Leiter der Stabs-abteilung Fü S V im BMVg), Zeuge Dr. Fredy Schwier-kus (Ministerialdirigent, ehemaliger Unterabteilungsleiterder Abteilung Recht im BMVg), MinisterialdirigentUlrich Birkenheier (Unterabteilungsleiter der AbteilungRecht im BMVg).

Der Zeuge Manfred Engelhardt erklärte daraufhin in sei-ner Stellungnahme vom 18. Juli 2008, dass er seine zitier-ten Äußerungen (vgl. Sondervotum der Fraktion DIELINKE., Vierter Teil, B., Ziffer IV., Nr. 1.) zur Brisanzder Rechtsauffassung von Dr. Michael Saalfeld zur Über-gabe von Gefangenen an Bündnispartner seinerzeit ausmilitärischer Sicht und Zuständigkeit an dem Leitgedan-ken orientiert habe, „dass, wenn man einem Bündnispart-ner von vorneherein eine nicht menschenrechtskonformeBehandlung von Gefangenen unterstelle, sich eine Betei-ligung an dieser NATO-geführten Operation eigentlichausschlösse, einer Operation, der rechtlich und politischzu diesem Zeitpunkt aber bereits zugestimmt war. Dieswerfe dann auch die Frage der Bündnisfähigkeit der Bun-desrepublik Deutschland auf.“

Der Zeuge Dr. Fredy Schwierkus erklärte in seiner Stel-lungnahme vom 24. Juli 2008, er habe die in dem Sonder-votum der Fraktion DIE LINKE. (vgl. Vierter Teil, B.,Ziffer IV., Nr. 4, Buchstabe a) aufgeführte abwertendeÄußerung über Bevölkerungsteile im Einsatzgebiet nichtgemacht.

MinDirig Ulrich Birkenheier erklärte im Wesentlichen inseiner Stellungnahme vom 16. Juli 2008 zu der entspre-chenden Textstelle (vgl. Sondervotum der Fraktion DIELINKE., Vierter Teil, B., Ziffer II.), dass die von derFraktion DIE LINKE. aus dem Vermerk der Staatsanwalt-schaft Tübingen vom 3. November 2006 gezogeneSchlussfolgerung, die einen mangelnden Aufklärungswil-len unterstellt, falsch sei und darauf gründe, dass dieFraktion DIE LINKE. es unterlassen habe, den Hinter-grund des Telefonats, der sich aus dem Vermerk nicht er-gebe, aufzuklären. Gegenstand seines Gesprächs mit derStaatsanwaltschaft Tübingen sei unter anderem folgenderechtliche Problemstellung gewesen: „Zu den wesentli-chen Garantien in einem Strafverfahren gehört das Gebot,dass ein Beschuldigter sich nicht selbst belasten muss.Dazu wird er vor einer Vernehmung belehrt, dass es ihmfreisteht, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nichtauszusagen. Wahrheitswidrige Äußerungen bleiben ohneFolgen. Bei der Befragung eines Soldaten durch denDienstherrn, im vorliegenden Fall in Gestalt der Angehö-rigen der ‚Arbeitsgruppe Kurnaz‘, bleibt der Soldat an diein § 13 Abs. 1 Soldatengesetz festgestellte Wahrheits-pflicht gebunden. Falsche Aussagen stellen ein Dienst-vergehen dar. Da die Aufklärungsarbeit durch das BMVgnicht im Rahmen eines Disziplinarverfahrens stattgefun-den hat, bestand für die Soldaten auch kein Auskunftsver-weigerungsrecht, eine entsprechende Belehrung ist folge-richtig unterblieben. Dies hat zur Folge, dass eventuelleSelbstbezichtigungen – die es im konkreten Fall nicht ge-geben hat – wegen der gesetzlichen Wahrheitspflicht derSoldaten in einem Strafverfahren nicht hätten verwertet

werden können. Eine Verwertung würde einen schwerenVerstoß gegen das Gebot des fairen Verfahrens darstellen.Diese rechtliche Problematik habe ich mit dem ermitteln-den Staatsanwalt im Gespräch am 3. November 2006pflichtgemäß erörtert.“ Nach der Stellungnahme desMinDirig Ulrich Birkenheier ergebe sich hieraus, dassAnlass seiner Überlegungen nicht die Verhinderung derAufklärungsarbeit, sondern vielmehr die Verpflichtungstaatlicher Behörden zu rechtskonformem Handeln undzur Beachtung der gesetzlich geschützten Rechte Betrof-fener gewesen sei. Die Zeugen Birgitt Heidinger und JörnThießen haben keine Stellungnahme abgegeben.

3. Wörtliche Zitate aus Protokollen nichtöffentlicher Sitzungen

Der Untersuchungsausschuss hat in seiner 23. Sitzung am25. Juni 2008 mehrheitlich beschlossen, den namentlichoder der Funktion nach benannten Zeugen bei wörtlichenZitaten aus Protokollen nichtöffentlicher Sitzungen voreiner Veröffentlichung des Abschlussberichts Gelegen-heit zu einer Stellungnahme zu geben. Der Beschluss er-folgte im Zusammenhang mit dem zu diesem Zeitpunktnoch zu fassenden Beschluss 19 zum Verfahren, die Ein-stufungen der im Abschlussbericht verwendeten Inhalteund Zitate aus Protokollen nichtöffentlicher Sitzungenaufzuheben. Der Untersuchungsausschuss war mehrheit-lich der Auffassung, dass die Zeugen einen gewissen Ver-trauensschutz für sich in Anspruch nehmen können, dasie ihre Aussagen im Verteidigungsausschuss, als einemsogenannten geschlossenen Ausschuss, gemacht haben, zudem grundsätzlich nur die ordentlichen und stellvertreten-den Mitglieder zutrittsberechtigt sind. Die Aussagen er-folgten im Schutze einer besonderen Vertraulichkeit nicht-öffentlicher Sitzungen, die zum großen Teil auch alsGEHEIM eingestuft waren. Vor einer Veröffentlichung vonwörtlichen Zitaten aus Protokollen dieser nichtöffentlichenSitzungen ist den Zeugen deshalb über das Sekretariat desAusschusses Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegebenworden. Der Untersuchungsausschuss sah sich hierzu ausGesichtspunkten des Grundsatzes eines fairen Verfahrensveranlasst. Eine nach Artikel 44 Abs. 2 Satz 1 GG sinnge-mäße Anwendung dieses Grundsatzes auf Zeugen einesUntersuchungsausschusses hielt der Verteidigungsaus-schuss für sich als Untersuchungsausschuss zur Vorberei-tung der (förmlichen) Aufhebung von Inhalten/Zeugenaussagen aus (eingestuften) Protokollen nichtöf-fentlicher Sitzungen für erforderlich. Der Untersuchungs-ausschuss verwies anlässlich seines Beschlusses darauf,dass nach Eingang der entsprechenden Stellungnahmengrundsätzlich die Verfasser für deren Berücksichtigung inden jeweiligen Berichtsteilen die Verantwortung tragen. DerUntersuchungsausschuss nahm hierbei Bezug auf die Ent-scheidung Nr. 11/25 vom 30. November 1989 desAusschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäfts-ordnung, nach dem der schriftliche Bericht des Untersu-chungsausschusses selbst von der Mehrheit oder entspre-chendenfalls von der Gesamtheit der Ausschussmitgliederverantwortet wird; Sondervoten werden von deren Ver-fassern formuliert und verantwortet. Die namentlich oder

Drucksache 16/10650 – 38 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

der Funktion nach benannten Zeugen haben zu ihrenwörtlichen Zitaten aus Protokollen nichtöffentlicher Sit-zungen nur vereinzelt Stellungnahmen abgegeben, die imErgebnis keinen Anlass gaben, von einer Veröffentli-chung im Abschlussbericht Abstand zu nehmen.

4. Zitate aus einer Anklageschrift oder anderen amtlichen Schriftstücken eines Strafverfahrens (§ 353d Nr. 3 StGB)

Nach § 353d Nr. 3 StGB macht sich strafbar, wer die An-klageschrift oder andere amtliche Schriftstücke einesStrafverfahrens, eines Bußgeldverfahrens oder eines Dis-ziplinarverfahrens, ganz oder in wesentlichen Teilen, imWortlaut öffentlich mitteilt, bevor sie in öffentlicher Ver-handlung erörtert worden sind oder das Verfahren abge-schlossen ist. Untersuchungsausschüsse des DeutschenBundestages betrachteten in der Vergangenheit dieseStrafvorschrift für ihre Tätigkeit als nicht anwendbar, ha-ben aber gleichwohl nicht aus Anklageschriften oder an-deren amtlichen Schriftstücken eines nicht abgeschlosse-nen Strafverfahrens zitiert. Der Verteidigungsausschuss als1. Untersuchungsausschuss hat sich dieser Verfahrens-weise auch im Hinblick auf die zwischenzeitliche Einstel-lung der Strafverfahren gegen zwei Bundeswehrangehö-rige grundsätzlich angeschlossen und in seiner 23. Sitzungam 25. Juni 2008 mehrheitlich beschlossen, im Ab-schlussbericht aus amtlichen Schriftstücken eines Straf-verfahrens im Sinne des § 353d Nr. 3 StGB nicht wörtlichzu zitieren.

5. Feststellung des Abschlussberichtes

In seiner Sitzung am 18. September 2008 hat der Verteidi-gungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss zur Fest-stellung seines Abschlussberichtes die nachfolgenden Be-schlüsse gefasst:

Mit den Stimmen der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, bei Enthaltung der Mitglieder der Fraktio-nen der FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN hat der Untersuchungsausschuss beschlossen: „DerBericht der Berichterstatter Abg. Bernd Siebert (CDU/CSU) und Abg. Rainer Arnold (SPD) – Einsetzung desUntersuchungsausschusses und Verlauf des Untersu-chungsverfahrens (Teil I), Feststellungen zum Sachver-halt (Teil II) sowie Übersichten und Verzeichnisse(Teil V) – wird als Bericht des Verteidigungsausschussesals 1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahlperiode fest-gestellt.“

Mit den Stimmen der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, gegen die Stimmen der Mitglieder derFraktionen der FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN hat der Untersuchungsausschuss beschlossen:„Der Bericht der Berichterstatter Abg. Bernd Siebert(CDU/CSU) und Abg. Rainer Arnold (SPD) – Bewertun-gen (Teil III) – wird als Bericht des Verteidigungsaus-schusses als 1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahl-periode festgestellt.“

Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-schuss hat einstimmig beschlossen:

„Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-schuss beschließt, dass die nachfolgenden Sondervotennach § 33 Absatz 2 PUAG als Teil IV in den Bericht auf-zunehmen sind:

– der Berichtsentwurf der Berichterstatterin Abg. ElkeHoff (FDP) vom 14. April 2008 als Sondervotum derFraktion der FDP;

– der Berichtsentwurf des Berichterstatters Abg. PaulSchäfer (DIE LINKE.) vom 4. September 2008, in deraktualisierten Fassung vom 18. September 2008, alsSondervotum der Fraktion DIE LINKE. sowie

– der Berichtsentwurf des Berichterstatters Abg.Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)vom 9. September 2008, in der aktualisierten Fassungvom 18. September 2008, als Sondervotum der Frak-tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.“

Mit den Stimmen der Mitglieder aller Fraktionen hat derUntersuchungsausschuss beschlossen:

„Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-schuss beschließt, die vorgenannten Berichte (Teil I bisTeil V) werden nach § 34 Absatz 4 Satz 2 in Verbindungmit § 33 PUAG dem Deutschen Bundestag als Abschluss-bericht mit der Beschlussempfehlung vorgelegt, ihn zurKenntnis zu nehmen.“

Ferner hat der Ausschuss mit den Stimmen der Mitgliederaller Fraktionen den nachfolgenden Beschluss 19 zumVerfahren gefasst:

„Beschluss 19 zum VerfahrenAufhebung von Einstufungen/Redaktionelle Abfassung

des Abschlussberichts

1. Die Einstufung der verwendeten Inhalte und Zitate ausProtokollen nichtöffentlicher Sitzungen wird für denAbschlussbericht aufgehoben; die aussagegenehmi-genden Stellen wurden entsprechend beteiligt. DieAufhebung der Einstufung für die im Abschlussbe-richt verwendeten Inhalte und Zitate aus beigezogenenUnterlagen ist bereits durch die herausgebenden Stel-len erfolgt.

2. Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-schuss beauftragt und ermächtigt das Ausschusssekre-tariat, den festgestellten und zur Veröffentlichung alsBundestagsdrucksache bestimmten Bericht in Abstim-mung mit den jeweiligen benannten Mitarbeitern derFraktionen redaktionell so zu erarbeiten, dass dieserals abschließender Gesamtbericht des Untersuchungs-ausschusses in einheitlicher Form dem Plenum desDeutschen Bundestages vorgelegt werden kann.“

Der im Verfahrensbeschluss 19, Nr. 1 verwendete Begriffder „Einstufung“ bezieht sich sowohl auf Protokollenichtöffentlicher Sitzungen als auch auf deren förmlicheEinstufung nach der Geheimschutzordnung.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 39 – Drucksache 16/10650

Zweiter Teil

Feststellungen zum Sachverhalt

Vorbemerkungen

Der Untersuchungsauftrag des Ausschusses gliedert sichin zwei Untersuchungskomplexe. Im Mittelpunkt der Un-tersuchungen zu den Ziffern 1. bis 3. des Untersuchungs-auftrages stehen die Kontakte von Angehörigen der Bun-deswehr zu Murat Kurnaz, der von ihm erhobeneMisshandlungsvorwurf sowie die Frage, wer über ent-sprechende Sachverhalte informiert war. Im Rahmen derUntersuchungen zu diesem Komplex hat sich der Aus-schuss sowohl mit der Person von Murat Kurnaz als auchmit dem Verlauf des Einsatzes des Kommandos Spezial-kräfte bis zum Zusammentreffen in Kandahar befasst. DieZiffern 4. und 5. des Untersuchungsauftrages bilden denzweiten Untersuchungskomplex und umfassen eine Unter-suchung und Darstellung der von dem Kommando Spezial-kräfte (KSK) in Kandahar von November 2001 bis No-vember 2002 durchgeführten Einsätze, der diesenEinsätzen zugrunde liegenden Regeln sowie der damali-gen Befehls- und Meldewege.

I. Murat Kurnaz

1. Zur Person

In seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschusszur Person gab Murat Kurnaz an, dass er am 19. März1982 in Bremen geboren wurde und eine Ausbildung alsKonstruktionsmechaniker der Fachrichtung Schiffbaume-chanik begonnen habe; zurzeit sei er arbeitslos. Nach denweiteren Feststellungen des Ausschusses besitzt MuratKurnaz die türkische Staatsangehörigkeit und hat bis zuseiner Festnahme in Pakistan ununterbrochen in der Bun-desrepublik Deutschland gelebt. Die deutsche Staatsange-hörigkeit erwarb er bisher nicht (Stenografisches Proto-koll Nr. 4, Teil II, S. 31, 38). Murat Kurnaz ist seit dem11. Juni 1998 in Besitz einer unbefristeten Aufenthalts-erlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland, deren Gül-tigkeit nochmals durch das rechtskräftige Urteil des Ver-waltungsgerichtes Bremen vom 30. November 2005festgestellt wurde. Die Aufenthaltserlaubnis ist nichtdurch die Dauer seines Auslandsaufenthaltes nach § 44Ausländergesetz erloschen (Verwaltungsgericht Bremen,Urteil vom 30. November 2005, AZ: 4 K 1013/05).

Das Magazin stern berichtete in seiner Ausgabe vom5. Oktober 2006, Murat Kurnaz habe im Sommer des Jah-res 2001 in der Türkei geheiratet. Seine Frau sollte imDezember desselben Jahres in die BundesrepublikDeutschland einreisen, um in Bremen ein gemeinsamesLeben mit ihm zu führen (stern, 5. Oktober 2006,MAT 16 – 19, S. 44 f.).

Auf die Frage nach seinem jetzigen Familienstand ant-wortete er in der Zeugenvernehmung des Untersuchungs-ausschusses am 17. Januar 2007:

„Wir sind geschieden. Aber nach den Papieren sieht esnoch so aus, als ob wir verheiratet sind. Aber ich bin da-bei, das mit den Papieren zu regeln. (…) Wir sind ge-trennt.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 38)

Zu seiner Vergangenheit berichtete Murat Kurnaz demMagazin stern:

„(…) Ich hatte als Jugendlicher wilde Zeiten, mit vielParty und so. Ich habe viel trainiert. Erst Judo, dann Ka-rate, Kickboxen und Boxen. An den Wochenenden habeich neben meiner Schiffbauerlehre gutes Geld verdient, beiDiscos und Konzerten, als Türsteher oder Bodyguard. VieleFrauen stehen auf so was. Aber das war immer nur für einpaar Wochen oder Monate, nie zum Heiraten, das hat niegeklappt. (…)“ (stern, 5. Oktober 2006, MAT 16 – 19,S. 44 f.)

Er habe festgestellt, dass sich seine Freunde allmählichveränderten. Dadurch habe er immer weniger Freunde ge-habt. Ihm sei aufgefallen, dass sie Drogen nahmen, krimi-nell und zum Teil sogar in ihre Heimatstaaten abgescho-ben wurden. Das habe ihn nachdenklich gestimmt (stern,5. Oktober 2006, MAT 16 – 19, S. 44 f.).

Hierzu erklärte er in der ARD-Sendung „beckmann“ am16. Oktober 2006:

„(…) Und ich habe die Lösung im Islam gesehen, weilunser Glaube an den Islam all das verbietet, was einemMenschen Böses antun könnte.“ (beckmann, 16. Oktober2006, MAT 16 – 4, S. 5 f.)

Auf die Frage eines Journalisten des Magazin stern, ob ervon einem Imam auf den sogenannten rechten Weg ge-bracht worden sei, antwortete er:

„Nein, ich bin schon selber darauf gekommen, dass meinGlaube all das bietet, was ich suchte. Aber ich wusste sovieles nicht, nicht einmal, wie man richtig betet.“ (stern,5. Oktober 2006, MAT 16 – 19, S. 45)

Murat Kurnaz begann, regelmäßig die Moschee zu besu-chen. Dort habe man nur mitbeten, aber nichts lernenkönnen, erklärte er dem Journalisten des stern.

Auf die Frage, warum er die vom Verfassungsschutz be-obachtete Abu-Bakr-Moschee besuchte, antwortete er,dass er davon nichts gewusst habe. Die Moschee habesich in der Nähe seiner Schule befunden, und er hätte des-halb dort zum Freitagsgebet gehen können. Dort sei er inKontakt mit Mitgliedern der Tablighi Jamaat gekommen(stern, 5. Oktober 2006, MAT 16 – 19, S. 45).

Drucksache 16/10650 – 40 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Murat Kurnaz berichtete zur Frage, was die Mitgliederdes Tablighi Jamaat gepredigt haben:

„Die haben viel von der Schule in Pakistan erzählt, demMansura-Center bei Lahore, in einem Naturgebiet ohneAutos, wo man den Islam studieren kann, ohne Ablen-kung und nicht wie bei Seminaren in Deutschland nur amFreitag, Samstag, Sonntag. Eine perfekte Schule. Da habich mir in den Kopf gesetzt, dass ich da hin will.“ (stern,5. Oktober 2006, MAT 16 – 19, S. 45)

In der ARD-Sendung „beckmann“ vom 16. Oktober 2006gab Murat Kurnaz als Beweggrund für seine Reise an,dass er seinen Glauben unbedingt durch die TablighiJamaat kennenlernen wollte, bevor seine Frau nachDeutschland käme. Diese Art und Weise, wie der Islamgelehrt werde, habe er bewundert (beckmann, 16. Okto-ber 2006, MAT 16 – 4, S. 6).

In seiner Zeugenaussage vor dem Untersuchungsaus-schuss am 17. Januar 2007 antwortete Murat Kurnaz aufdie Frage, welche persönliche Motivation er hatte, geradePakistan zum Ziel seiner Reise zu machen:

„(…) Ich kannte die Tablighis vorher schon. (…) Sie sindregional aus Pakistan. Deren größten Schulen sind in Pa-kistan. Wenn man aus dieser Gruppe was lernen möchte,dann ist das in Pakistan die beste Schule.“ (Stenografi-sches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 40)

Zum gewählten Zeitpunkt seiner Reise erklärte er demMagazin stern, dass das von ihm beabsichtigte Studiumdes Islams zwei Monate dauern sollte, sodass er zur er-warteten Ankunft seiner Ehefrau im Dezember des Jahres2001 wieder in Deutschland gewesen wäre. Dieser Um-stand habe für den Zeitpunkt der Reise eine sehr großeRolle gespielt. Er hätte seine Frau nicht allein lassen kön-nen. Seine Eltern hätten nichts von diesem Reiseplan ge-wusst (stern, 5. Oktober 2006, MAT 16 – 19, S. 45).

Zu dem Umstand, dass der von Murat Kurnaz gewählteReisebeginn drei Wochen nach den Anschlägen vom11. September 2001 auf das World Trade Center in denUSA gelegen habe, erklärte er:

„Ich habe dabei keine Gefahr sehen können. Ich habe mirnichts dabei gedacht, dass es irgendwie gefährlich seinkönnte, weil damals gab‘s noch keinen Krieg zwischenAmerika und Afghanistan.“ (beckmann, 16. Oktober2006, MAT 16 – 4, S. 6)

Intensive Nachfragen, ob er aus politischen und weltan-schaulichen Motiven nach Pakistan gereist sei, verneinteMurat Kurnaz vehement.

„Ich bin nicht nach Afghanistan gereist, nur nach Pakis-tan. Dort wollte ich mehr über meinen Glauben lernen,das war schon länger mein Plan.“ (stern, 5. Oktober 2006,MAT 16 – 19, S. 44)

In seiner Vernehmung als Zeuge vor dem Untersuchungs-ausschuss am 17. Januar 2007 wurde Murat Kurnaz vonden Abgeordneten damit konfrontiert, dass es Aussagenseiner Mutter gebe, er habe irgendwie formuliert, dass ernach Afghanistan reisen wollte, um gegen die Amerika-ner zu kämpfen. Dazu nahm er wie folgt Stellung:

„Es würde für mich keinen Sinn machen, gegen die Ame-rikaner zu kämpfen. Ich weiß nicht, wer das gesagt hatoder woher es ganz genau kommt.“ (Stenografisches Pro-tokoll Nr. 4, Teil II, S. 41)

Auf eine entsprechende Frage im Interview des Magazinsstern erklärte Murat Kurnaz, dass er bis zu seinem 19. Le-bensjahr weder mit Nachrichten noch mit Politik „etwaszu tun“ hatte. Von der Al Qaida habe er erstmals kurz vorseinem Reiseantritt nach Pakistan, vor dem Hintergrundder Anschläge vom 11. September 2001 in den Vereinig-ten Staaten von Amerika, gehört (stern, 5. Oktober 2006,MAT 16 – 19, S. 44 f.).

Nach den vom Untersuchungsausschuss ausgewertetenMedienberichten nahm zunächst die Bremer Staats-anwaltschaft Ende des Jahres 2001 Ermittlungen gegenMurat Kurnaz wegen des Verdachts auf Bildung einer kri-minellen Vereinigung gemäß § 129 Strafgesetzbuch auf.Der zwischenzeitlich nach § 120 Absatz 2 Gerichtsverfas-sungsgesetz für Staatsschutzdelikte zuständige ermit-telnde Generalbundesanwalt verwies im Frühjahr des Jah-res 2002 das Verfahren gegen Murat Kurnaz zurück andie Bremer Staatsanwaltschaft. Die Generalbundes-anwaltschaft sah keine Einbindung von Murat Kurnaz ineine „radikale, gewaltbereite Vereinigung“ und keinenausreichenden Anfangsverdacht hinsichtlich des Vor-wurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Das Er-mittlungsverfahren gegen die weiteren Verdächtigenwurde bereits am 13. Oktober 2002 eingestellt. GegenMurat Kurnaz wurde das Verfahren gemäß § 205 Straf-prozessordnung zunächst vorläufig eingestellt, weil die-ser sich wegen seiner Abwesenheit nicht persönlich äu-ßern konnte. Nach der Rückkehr von Murat Kurnaz in dieBundesrepublik Deutschland hatte die Bremer Staats-anwaltschaft die Ermittlungen im August 2006 wiederaufgenommen. Am 17. Oktober 2006 teilte die Staatsan-waltschaft Bremen mit, dass mangels hinreichender Be-weise das Verfahren nun auch gegen Murat Kurnaz end-gültig eingestellt sei (Frankfurter Allgemeine Zeitung,18. Oktober 2006, MAT 16 – 3, S. 48; Frankfurter Rund-schau, 19. Oktober 2006, MAT 16 – 3, S. 57).

2. Reise nach Pakistan

In einem Filmbeitrag im Rahmen der ARD-Sendung„beckmann“ wurde berichtet, dass Murat Kurnaz, nach-dem er „im Jahr zuvor seine religiösen Wurzeln entdeckt“habe, am 3. Oktober 2001 als damals 19-Jähriger vonFrankfurt am Main nach Pakistan geflogen sei(beckmann, 16. Oktober 2006, MAT 16 – 4, S. 3). Nachvom Untersuchungsausschuss beigezogenen Medienbe-richten habe er ein gültiges Visum und ein Rückflugticketbei sich geführt und die Reise zusammen mit seinemFreund Selcuk B. angetreten, der am Flughafen Frankfurtam Main wegen eines Haftbefehls, der aus einer nicht ge-zahlten Geldstrafe resultierte, zurückgehalten worden sei.Auf Nachfrage des Bundesgrenzschutzes habe sich dieFamilie von B. geweigert, die Schulden zu begleichen.Damit sollte verhindert werden, dass Selcuk B. nachAfghanistan reisen könne, um – wie sein Bruder behaup-tete – dort gegen die Amerikaner kämpfen. Diese Aus-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41 – Drucksache 16/10650

sage soll zu sofortigen Ermittlungen, unter anderem auchdes FBI, geführt haben, das nach den Anschlägen vom11. September 2001 auch an deutschen Flughäfen zuge-gen gewesen sei (vgl. z. B. Frankfurter Allgemeine Zei-tung, 26. August 2006, MAT 16 – 3, S. 13). In diesem Zu-sammenhang sei das gesamte Umfeld von Selcuk B.überprüft worden, zu dem auch Murat Kurnaz gehörthabe. Eine Beteiligung von Murat Kurnaz an Gewalttatenhabe man nicht beweisen können.

Murat Kurnaz sei allein nach Pakistan geflogen. Auf dieFrage, wie ihm Pakistan gefallen habe, berichtete MuratKurnaz im Magazin stern:

„(…) Und als ich in Karachi ankam, habe ich gesehen,dass ich am Meer war. Da dachte ich, dass ich die Schulenoch etwas verschieben kann, und bin mit dem Taxi inder Stadt rumgefahren, das ist dort extrem billig. Und derFahrer hat mir dann eine Unterkunft besorgt.“

Auf die Frage, wann er in der Islamschule angekommensei, antwortete er:

„Das weiß ich nicht mehr genau. Ich bin in Pakistan um-hergereist. Das hat mir gut gefallen, auf den Märkten gibtes Gaukler und Schlangenbeschwörer. (…)“ (stern, 5. Ok-tober 2006, MAT 16 – 19, S. 45)

In der Zeugenvernehmung im Untersuchungsausschusswurde Murat Kurnaz gefragt, ob es richtig sei, dass er, inPakistan angekommen, „ein bisschen Reiselust verspürtund zunächst erst mal das Interesse an dem Land in sichaufgenommen“ habe und „nicht direkt in die Schule ge-gangen“ sei, gab er an:

„Einiges hat nicht so geklappt, wie es sein sollte. Deswe-gen hat sich auch einiges spontan ergeben. Pakistan hatmir sehr gefallen. Es ist ein sehr interessantes Land. Ichliebe die Natur und die Tiere. Pakistan hat mich in dieserHinsicht sehr fasziniert.“ (Stenografisches ProtokollNr. 4, Teil II, S. 40 f.)

Seine Ankunft in der Schule in Lahore beschrieb MuratKurnaz im Magazin stern wie folgt:

Am Tag seiner Ankunft habe man ihn in einen Raum ge-führt, damit er sich ausruhen könne. Er vermutete, in derNacht sei Afghanistan bombardiert worden. Als er amnächsten Tag in das Schulbüro gekommen sei, habe manihm mitgeteilt, die Schule nehme keine Fremden mehrauf. Er vermutete, man habe sich um seine Sicherheit ge-sorgt, weil er mit seinen „kurzen Haaren“ und seiner „hel-len Haut“ sehr westlich ausgesehen habe. Er erklärte diesmit dem Umstand, dass es in Pakistan „gleich viele De-mos gegen die Amerikaner“ gegeben habe (stern, 5. Ok-tober 2006, MAT 16 – 19, S. 46).

Auf den Vorhalt in der Zeugenvernehmung des Untersu-chungsausschusses, dass das Interesse der Schule an ihm„außerordentlich eingeschränkt“ gewesen sei, erklärteMurat Kurnaz:

„(…) Es war nicht so einfach, wie ich es mir vorgestellthabe. Sie waren nicht einverstanden. Auf jeden Fall sag-ten sie, dass sie zu der Zeit nicht einverstanden wären unddass derjenige, der entscheidet, ob ich die Schule anfange

oder nicht, zu der Zeit nicht da sein sollte. Es hat mit derSchule nicht geklappt.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4,Teil II, S. 41)

Murat Kurnaz berichtete im Magazin stern, er habe einePerson namens Mohammed kennengelernt. Dieser habeeine Gruppe gekannt, die von Moschee zu Moschee gezo-gen sei, und behauptet, dass man dort fast genauso gutlernen könne wie in der Schule in dem Mansura-Center inLahore. Murat Kurnaz habe sich dieser Gruppe ange-schlossen und sei mit ihr durch Pakistan gereist. DieGrenze Pakistans habe man hierbei „mit Sicherheit nicht“passiert (stern, 5. Oktober 2006, MAT 16 – 19, S. 46).

3. Verhaftung in Pakistan

Nach seinen Angaben in der ARD-Sendung „beckmann“habe sich Murat Kurnaz am 1. Dezember 2001 auf denWeg zum Rückflug nach Deutschland begeben. VonPeschawar aus sei er mit Mohammed im Bus auf demWeg zum Flughafen unterwegs gewesen. Während dieserFahrt sei der Bus im Rahmen einer Routinekontrolle aneinem sogenannten Checkpoint von pakistanischen Si-cherheitskräften angehalten worden (beckmann, 16. Okto-ber 2006, MAT 16 – 4, S. 7). Vor dem Untersuchungsaus-schuss erklärte Murat Kurnaz, er habe geglaubt, dass essich um eine normale Kontrolle handele (StenografischesProtokoll Nr. 4, Teil II, S. 33).

Nach der Medienberichterstattung sei die Kontrolle „ganzin der Nähe zur Grenze zu Afghanistan und der Gebirgs-kette Tora Bora, die als Versteck für viele Al Qaida-Kämpfer galt“, erfolgt (beckmann, 16. Oktober 2006,MAT 16 – 4, S. 7). Von dort aus sei Murat Kurnaz in einPolizeirevier gebracht worden, in dem er zum ersten Malverhört worden sei. In einer Villa sei er danach weiter be-fragt und anschließend in ein Gefängnis verbracht wor-den. Ihm seien immer gleichlautende Fragen gestellt wor-den (stern, 5. Oktober 2006, MAT 16 – 19, S. 46). Imstern-Artikel berichtete Murat Kurnaz, dass sein Einreise-visum für Pakistan den Verdacht der Behörden vor Ort er-regt habe. Beim Übertragen der Nummer seines türki-schen Passes habe ein Beamter der Botschaft in Berlin perHand aus einer Neun eine Drei gemacht. Damit sei MuratKurnaz verdächtig gewesen, seinen Ausweis manipuliertzu haben (stern, 5. Oktober 2006, MAT 16 – 19, S. 41).

Vor dem Untersuchungsausschuss schilderte MuratKurnaz am 17. Januar 2007:

„(…) Nach einigen Wochen Gefängnis in Pakistan habensie mich den Amerikanern übergeben, aus welchemGrund auch immer. Das weiß ich heute noch nicht. DasEinzige, was mir später in Guantánamo von den Ameri-kanern gesagt wurde, ist, dass es sich um 3 000 bis5 000 Dollar Kopfgeld gehandelt haben soll. Ob esstimmt, weiß ich nicht.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4,Teil II, S. 33)

Im Magazin stern gab Murat Kurnaz an, er habe von Mit-häftlingen erfahren, dass sie von den Amerikanern alsTerrorverdächtige verhört worden seien (stern, 5. Oktober2006, MAT 16 – 19, S. 46).

Drucksache 16/10650 – 42 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

4. Verbringung nach Kandahar

In der ARD-Sendung „beckmann“ wurde berichtet, dassMurat Kurnaz nach etwa 20 Tagen in pakistanischer Haftkurz vor Weihnachten 2001 in das US-Gefangenenlagernach Kandahar in Afghanistan ausgeflogen worden sei.Dabei habe man ihm nach seinen Angaben im stern denHeimflug „vorgespiegelt“ (beckmann, 16. Oktober 2006,MAT 16 – 4, S. 7 f.; stern, 5. Oktober 2006, MAT 16 – 19,S. 46).

Über den Zeitpunkt seiner Ankunft in Kandahar gab ervor dem Untersuchungsausschuss an:

„Während meiner Haft in Kandahar habe ich zwei Solda-ten gehört, wie sie sich zu Weihnachten gratuliert haben,(…). Aber ich kann nicht sagen, dass es zu Weihnachtengewesen ist. Es kann auch sein, dass sich einige Men-schen nachträglich, ein paar Tage später zu Weihnachtengratulieren. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II,S. 41 f.)

Auf die Frage, wie er Kenntnis über seinen Aufenthaltsorterlangte, berichtete Murat Kurnaz:

„Uns wurde von den Soldaten nichts gesagt, nur halt vonden vielen afghanischen Gefangenen, die sich dort sehrgut auskannten. Einige sind zum Teil aus Kandahar gewe-sen. Sie haben den anderen Gefangenen ausdrücklich mit-geteilt, dass wir in Kandahar sind. Das war ein paar Tagespäter.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 34)

Von den Vorwürfen, er sei „von Al Qaida“, ein Freunddes Terrorpiloten Mohammed Atta und wüsste, wo sichOsama bin Laden aufhalte, habe er erstmals in Kandaharerfahren (stern, MAT 16 – 19, 5. Oktober 2006, S. 46).

In der ARD-Sendung „beckmann“ erklärte Murat Kurnazzu dem von den Amerikanern hergestellten Zusammen-hang mit Mohammed Atta:

„Sie haben mir, die Amerikaner haben mir gesagt, dasswir zusammen in derselben Moschee gebetet haben unddass wir sehr gute Freunde gewesen sein sollen und ichalles über ihn wusste, auch über diese am 11. September,diese Angriffe, dass ich davon Bescheid wusste.“

Auf die Frage, ob er Mohammed Atta jemals vorher ge-troffen habe, antwortete er:

„Natürlich habe ich ihn nie getroffen. Ich habe diesenMann nie gekannt. Außer aus den Medien, wie jeder an-dere. Ich habe ihn das erste Mal im Fernsehen gesehen,wo sie ein Bild von ihm gezeigt haben. Die Amerikanerwussten es auch.“ (beckmann, 16. Oktober 2006,MAT 16 – 4, S. 9)

Nach etwa zwei Monaten im US-Gefangenenlager inKandahar sei Murat Kurnaz nach Angaben seines Rechts-beistandes am 1. oder 2. Februar 2002 nach Guantánamoauf Kuba verlegt worden (Bandabschrift der Anhörungvon Murat Kurnaz und Bernhard Docke vor dem CIA-Un-tersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments,MAT 16 – 13, S. 31; Dokument Nr. 9). Aus dieser Haft istMurat Kurnaz am 24. August 2006 entlassen worden.

II. Das Kommando Spezialkräfte in KandaharEinen weiteren Schwerpunkt der Ermittlungstätigkeit desUntersuchungsausschusses stellte die Auseinanderset-zung mit den Rechtsgrundlagen und Voraussetzungen fürdie Einsätze deutscher Spezialkräfte im Rahmen der Ope-ration Enduring Freedom und dem grundsätzlichen mili-tärischen Auftrag des Kommandos Spezialkräfte dar.

Das Kommando Spezialkräfte (KSK) ist am 20. Septem-ber 1996 im württembergischen Calw mit dem Ziel inDienst gestellt worden, die Voraussetzungen für die inter-nationale Krisenvorsorge und Krisenbeherrschung durchdie Bundesrepublik Deutschland zu verbessern. Für dieSchaffung eines neuen Verbandes zur einheitlichen Füh-rung der Spezialkräfte des Deutschen Heeres waren diebisherigen Fernspähkompanien der einzelnen Korps unddie Kommandokompanien aus den Luftlandebrigaden alsGrundstock für das neu gebildete KSK zusammengefasstworden. Gemeinsam mit den übrigen luftlandefähigenKräften der Bundeswehr bilden sie seit dem 1. April 2001die Division Spezielle Operationen (DSO), die insbeson-dere zu militärischen Evakuierungsoperationen, Opera-tionen gegen irreguläre Kräfte sowie zu schnellen An-fangsoperationen befähigt ist. Der Auftrag für das KSK indiesem Verband umfasst den Schutz deutscher Einrich-tungen und Kräfte im Ausland sowie von Personen in be-sonderen Lagen, das Retten, Befreien und Evakuierenvon Personen, die militärische Aufklärung zur Schaffungeigener Informationsüberlegenheit sowie den Kampf ge-gen Ziele hoher Priorität auf gegnerischem oder feindbe-setztem Gebiet (sog. Hochwertziele).

Am 16. November 2001 beschloss der Deutsche Bundes-tag den „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte beider Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terro-ristische Angriffe gegen die USA auf Grundlage des Arti-kels 51 der Satzung der Vereinten Nationen und des Arti-kels 5 des Nordatlantikvertrages sowie der Resolution1368 (2001) und 1373 (2001) des Sicherheitsrates derVereinten Nationen“ (Antrag der Bundesregierung vom7. November 2001, Bundestagsdrucksache 14/7296, S. 1;Abstimmung im Bundestag am 16. November 2001,Plenarprotokoll 14/202, S. 19893 A ff. ). Im Rahmen die-ser Unterstützung der US-geführten Operation EnduringFreedom hatte sich das Kommando Spezialkräfte durchdie Bereitstellung eines Kontingents mit einem Umfangvon bis zu 100 Soldaten an einem zunächst für 12 Monategeplanten Einsatz in Afghanistan zu beteiligen. Mit derEntsendung eines deutschen Spezialkräfte-Kontingentswurde das Ziel verfolgt, „Führungs- und Ausbildungsein-richtungen von Terroristen auszuschalten, Terroristen zubekämpfen, gefangen zu nehmen und vor Gericht zustellen sowie Dritte dauerhaft von der Unterstützung ter-roristischer Aktivitäten abzuhalten.“ (Bundestagsdruck-sache 14/7296, S. 3, Ziff. 3; Dokumente Nr. 1, 2, 3, 6).

Nach den Erkenntnissen des Untersuchungsausschussestraf das 1. Deutsche Heereskontingent SpezialkräfteEnduring Freedom (1. DtHKtg SpezKr EF) – im Folgen-den 1. Kontingent – nach seiner Aufstellung in Deutsch-land ab dem 10. Dezember 2001 zunächst auf der InselMasirah im Sultanat Oman ein, wo es auf seinen bevor-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 43 – Drucksache 16/10650

stehenden Einsatz vorbereitet wurde. Nach der Durch-führung von ersten Erkundungen durch den Kontingent-führer wurde es sodann schrittweise, mit einemVorauskommando Ende Dezember 2001 beginnend, aufdie eigentliche Einsatzbasis (Forward Operation Base) imafghanischen Kandahar verlegt. Am 10. Januar 2002wurde die volle Einsatzbereitschaft an das Einsatzfüh-rungskommando der Bundeswehr gemeldet.

III. Strukturen und Meldewege der deutschen Spezialkräfte in Afghanistan

Für die Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusseswaren die Einbindung des 1. Kontingents in nationale undmultinationale Führungsstrukturen im Rahmen der Ope-ration Enduring Freedom sowie die insoweit geltendenBefehls- und Meldewege von zentraler Bedeutung. EineRekonstruktion der damaligen Entscheidungsprozesseund Möglichkeiten der Einflussnahme von Dienststellenoder Einzelpersonen innerhalb der Bundeswehr und desBundesministeriums der Verteidigung auf den Einsatz desKSK in Afghanistan bildete die Grundlage für die weitereErmittlungstätigkeit des Untersuchungsausschusses undermöglichte ihm eine Bewertung der Geschehnisse wäh-rend des Untersuchungszeitraumes.

Außerhalb des Einsatzes wurden die Kräfte des 1. Kon-tingents truppendienstlich durch die Division SpezielleOperationen bzw. das Kommando Spezialkräfte geführt.Grundsätzlich werden deutsche Einsatzkontingente fürdie Dauer des jeweiligen Einsatzes truppendienstlich demEinsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdamunterstellt. Dieser Unterstellungswechsel erfolgt regelmä-ßig beim Verlassen Deutschlands vom jeweiligen Flugha-fen. So auch im Falle des 1. Kontingents.

Nach Herstellen der Einsatzbereitschaft und der entspre-chenden Meldung an das Einsatzführungskommando derBundeswehr am 10. Januar 2002 wurde die operativeFührungsverantwortung über das 1. Kontingent mit derMeldung „Transfer of Authority“ an die sogenannteCombined Joint Special Operation Task Force South (CJ-SOTF-S) übergeben.

Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr – im Be-sonderen die Abteilung Spezialoperationen – war jedochweiterhin verantwortlich für die Umsetzung von deut-schen militärpolitischen Vorgaben des Bundesministe-riums der Verteidigung mit Weisungen an das Einsatz-kontingent und darüber hinaus musste es sicherstellen,dass die Umsetzung der durch CJSOTF-S erteilten Auf-träge an das 1. Kontingent durch das Bundestagsmandatvom 16. November 2001 gedeckt waren.

Als Schnittstelle zwischen dem Einsatzführungskom-mando auf der operativen und dem Leitungsbereich desMinisteriums als der strategischen Ebene – auch dies er-gaben die Ermittlungen des Untersuchungsausschusses –fungierte die im Ministerium angesiedelte StabsabteilungV im Führungsstab der Streitkräfte (Fü S V). Die Abtei-lung hatte neben der Weitergabe von Weisungen an dasEinsatzführungskommando, auf der Grundlage von Mel-dungen der untergeordneten Führung über den Einsatzdes KSK in Afghanistan, regelmäßige Berichte für denLeitungsbereich anzufertigen. Zu diesem Zweck wurdeauch das Informationsaufkommen des deutschen Verbin-dungskommandos bei dem US Central Command mit Sitzin Tampa/Florida ausgewertet und zur Vervollständigungdes nationalen Lagebildes herangezogen.

Dem Bundesminister der Verteidigung selbst oblag dieVorgabe politischer Leitlinien und zudem die Entschei-dung über Einzelfragen von herausgehobener Bedeutung.Unterstützt wurde er dabei insbesondere von dem Gene-ralinspekteur der Bundeswehr als dem militärpolitischenBerater der Bundesregierung.

Die Zeugenvernehmungen und die Auswertung des zurVerfügung stehenden Aktenmaterials durch den Untersu-chungsausschuss zeigten auch, dass alle mit dem Einsatzdes KSK in Afghanistan im Zusammenhang stehendenFragen innerhalb der Bundeswehr und des Bundesminis-teriums der Verteidigung mit größter Geheimhaltung be-handelt wurden. Nur wer dienstlich unmittelbar mit demEinsatz des 1. Kontingents befasst war, erhielt zumindestsoweit Einblick in die Vorgänge, als dies für die Erfüllungseiner dienstlichen Obliegenheiten notwendig war (sog.need to know-Prinzip).

Drucksache 16/10650 – 44 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

A. Welche Kontakte hatten Angehörige der Bundeswehr mit dem türkischen Staatsbürger Murat Kurnaz während dessen Inhaftierung durch die US-Streitkräfte im Zeitraum von ca. November 2001 bis ca. Februar 2002?

Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus- sowohl am Tag wie auch bei Nacht stark beleuchtet gewe-

schuss ist der Frage nachgegangen, ob es zu Sichtkontak-ten, Wortwechseln oder körperlichen Kontakten von An-gehörigen der Bundeswehr mit Murat Kurnaz gekommenist. Die Untersuchungen des Ausschusses ergaben, dass inder Zeit der Inhaftierung von Murat Kurnaz nur in Kanda-har Kontakte mit den dort eingesetzten Soldaten des1. Deutschen Heereskontingents Spezialkräfte EnduringFreedom (1. DtHKtg SpezKr EF) – im Folgenden 1. Kon-tingent – möglich waren. Die von dem Ausschuss ver-nommenen Zeugen, die an Besichtigungen des US-Gefangenenlagers oder an einer Wachverstärkung teilge-nommen haben, berichteten von visuellen und verbalenKontakten. Ob es darüber hinaus zu körperlichen Kontak-ten gekommen ist, konnte nicht abschließend geklärt wer-den. Nach Auswertung der beigezogenen Akten und derZeugenaussagen durch den Verteidigungsausschuss als1. Untersuchungsausschuss ist davon auszugehen, dassein Kontakt von Angehörigen der Bundeswehr mit MuratKurnaz während dessen Inhaftierung nur im US-Gefange-nenlager Kandahar stattfand. Nach Angaben von MuratKurnaz in seiner Zeugenvernehmung vor dem Untersu-chungsausschuss habe es eine Begegnung mit deutschenSoldaten vor der Haft in Kandahar nicht gegeben (Steno-grafisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 54).

I. Das Gefangenenlager in KandaharDer Untersuchungsausschuss erhob im Zuge seiner Er-mittlungstätigkeit Beweis über die örtlichen Gegebenhei-ten des US-geführten Gefangenenlagers in der ForwardOperation Base (FOB) Kandahar.

1. Beschreibung des Lagers durch Murat Kurnaz

In der Zeugenvernehmung vor dem Untersuchungsaus-schuss am 17. Januar 2007 gab Murat Kurnaz an, seinerErinnerung nach sei er einer der ersten Inhaftierten imUS-geführten Gefangenenlager in Kandahar gewesen(Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 35). Hier sei ervon Ende Dezember 2001 bis Anfang Februar 2002 fest-gehalten worden. Als er dort angekommen sei, habe esneben einem großen Turm, „den sie auch für Flugzeugeund so, für die Flugbahn benutzt haben“, mehrere Wach-türme gegeben. Das Lager sei von einer Wand – mögli-cherweise aus Beton – umgeben gewesen (Stenografi-sches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 38).

Seine Unterbringung im Lager beschrieb Murat Kurnaz inseiner Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft Tübin-gen wie folgt: Er selbst sei in einem Zelt mit offenen Sei-tenwänden untergebracht worden, in dem sich ca. 20 Ge-fangene befunden hätten. Jeweils drei solcher Zelte seienmit „Natodraht“ umgeben gewesen. Zudem sei das Lager

sen (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,MAT 16 – 9, S. 36 u. 37).

2. Beschreibung des Lagers durch Mithäftlinge von Murat Kurnaz

Der Untersuchungsausschuss vernahm am 23. Januar2008 zwei britische Mithäftlinge von Murat Kurnaz alsZeugen. Der Zeuge Ruhal Ahmed sagte aus, er sei vom31. Dezember 2001 bis zum 14. Februar 2002 im Gefan-genenlager Kandahar inhaftiert gewesen. Die Inhaftie-rung des Zeugen Asif Iqbal habe nach seinen eigenen An-gaben in dem Zeitraum von Ende Dezember 2001 bisAnfang Januar 2002 gelegen (Wortprotokoll Nr. 22,Teil II, S. 7 u. 26).

Wie Murat Kurnaz berichtete auch der Zeuge Ruhal Ah-med dem Untersuchungsausschuss, die Gefangenen seienin dem im Flughafengelände Kandahar gelegenen Gefan-genenlager in Zelten untergebracht gewesen, in jedemZelt etwa 20 Inhaftierte. Übereinstimmend mit dem Zeu-gen Asif Iqbal schilderte er weiter, jeweils drei dieserZelte seien mit Stacheldraht umzäunt gewesen, sodasssich etwa 60 Gefangene in einem „großen Käfig“ befan-den. Ruhal Ahmed berichtete weiter, er sei mit MuratKurnaz in demselben „Käfig“ untergebracht gewesen.Ferner berichtete dieser Zeuge dem Ausschuss, es habezum Gefangenenlager ein stets geschlossenes und immerüberwachtes Haupttor gegeben, welches bei Bedarf durchamerikanische Soldaten geöffnet worden sei (Wortproto-koll Nr. 22, Teil II, S. 7 u. 10).

Beide Zeugen wurden am 24. Januar 2008 auch von derStaatsanwaltschaft Tübingen vernommen (Staats-anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 84,S. 366–384). Die bei diesen Vernehmungen gemachtenAussagen der Zeugen zur Beschreibung des Lagersdecken sich mit den Aussagen vor dem Untersuchungs-ausschuss. Der Zeuge Ruhal Ahmed sagte auch hier über-einstimmend mit dem Zeugen Asif Iqbal aus, im Gefan-genenlager habe es Zelte zur Unterbringung gegeben, diemit jeweils ca. 20 Mann belegt und in Dreiergruppen mitStacheldraht umzäunt gewesen seien (MAT 16 – 84,S. 367 u. 378). Der Zeuge Asif Iqbal gab an, es habe dreisolcher Zeltgruppen gegeben (MAT 16 – 84, S. 378).Beide fertigten eine Skizze an und berichteten überein-stimmend, in einem Zelt in der mittleren der drei Zelt-gruppen untergebracht worden zu sein. Von dort seien siejedoch noch mehrfach verlegt worden (MAT 16 – 84,S. 367, 375, 378 u. 384). Ebenfalls übereinstimmend mitden Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss berich-tete der Zeuge Ruhal Ahmed, mit Murat Kurnaz ge-meinsam untergebracht und verlegt worden zu sein(MAT 16 – 84, S. 368), während der Zeuge Asif Iqbal an-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 45 – Drucksache 16/10650

gab, Murat Kurnaz erst nach der Zeit in Guantánamo ken-nengelernt zu haben (MAT 16 – 84, S. 379).

3. Beschreibung des Lagers durch die Angehörigen der Bundeswehr

Die Vernehmungen der Angehörigen des 1. Kontingentszeigten das Problem auf, dass diese das Lager zu ver-schiedenen Zeitpunkten aufgesucht oder wahrgenommenhatten. Erschwert wurde eine eindeutige zeitliche Zuord-nung durch die Zeugen zudem durch die Tatsache, dasssich das Gefangenenlager zu dem fraglichen Zeitpunktnoch im Aufbau befunden hatte. Das Gefangenenlagerwurde daher durch die Zeugen vor dem Untersuchungs-ausschuss unterschiedlich beschrieben.

Als Ergänzung zu den Vernehmungen zog der Untersu-chungsausschuss den „Bericht über die Infrastruktur unddie Organisation sowie die Unterbringung, Aufgaben undBefugnisse der deutschen Soldaten im Lager Kandahar“durch Beweisbeschluss dem Verfahren bei, zu dessen Er-stellung ehemalige Kontingentangehörige durch das Bun-desministerium der Verteidigung befragt worden waren(BMVg, Bericht über die Infrastruktur und die Organisa-tion sowie die Unterbringung, Aufgaben und Befugnisseder deutschen Soldaten im Lager Kandahar vom 11. Ja-nuar 2007, MAT 16 – 16, S. 11 ff.). Danach habe es sichbei dem US-Gefangenenlager um einen von der übrigenForward Operation Base Kandahar abgeriegelten, ca.50 mal 50 Meter großen Bereich gehandelt, der grund-sätzlich nur US-Streitkräften zugänglich gewesen sei.

Die von dem Untersuchungsausschuss vernommenenZeugen wichen in ihren Aussagen zu den Ausmaßen desLagers teilweise erheblich von den Angaben in dem ge-nannten Bericht ab: So gab ein Zeuge (Nr. 32) die Größedes Lagers mit eineinhalb bis zwei Fußballfeldern an(etwa 200 mal 130 Meter) (Stenografisches ProtokollNr. 7, Teil III, S. 10). Nach der Erinnerung des damaligenKommandeurs des KSK habe es sich um einen Bereichvon etwa 300 mal 200 Metern gehandelt (StenografischesProtokoll Nr. 11, Teil II, S. 11).

Wie Murat Kurnaz erklärten auch die Kontingentangehö-rigen übereinstimmend, dass das Gefangenenlager rundum die Uhr völlig ausgeleuchtet gewesen sei. Ein Zeuge(Nr. 20) beschrieb in seiner Zeugenaussage vor dem Un-tersuchungsausschuss, die Gefangenenbereiche seien vonaußen nach innen mit Scheinwerfern angestrahlt worden.Weitere Scheinwerfer seien an allen vier Ecken des La-gers zumeist auf erhöhten Positionen angebracht gewe-sen. Bei Dunkelheit seien diese Scheinwerfer zusätzlicheingeschaltet worden, um den Bereich der Gefangenenauszuleuchten (Stenografisches Protokoll Nr. 21, Teil III,S. 4, 11).

Zu der Umfriedung des Gefangenenlagers erläuterte derKontingentführer vor dem Untersuchungsausschuss, dassdas Gefangenenlager im Dezember 2001 noch ein Provi-sorium ohne hohe Mauern, Sichtblenden und Zusatzeingän-gen gewesen sei (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III,S. 11 f.). Ein anderer Zeuge (Nr. 19) bestätigte dies underklärte ferner, dass das Lager aber relativ schnell mit

einem Sichtschutz versehen worden sei. Man habe dannnicht mehr durch den Stacheldraht sehen können (Steno-grafisches Protokoll Nr. 17, Teil III, S. 7). Ein weitererZeuge (Nr. 23), der am Wachdienst beteiligt war, schil-derte, dass das Lager komplett umzäunt gewesen sei (Ste-nografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 29). Der ZeugeNr. 28 berichtete dem Untersuchungsausschuss von einerrechteckigen, teilweise zerstörten Lehmmauer, die er imZuge einer „Lagerbesichtigung“ wahrgenommen habe.Diese Mauer sei aufgrund der starken Beschädigungenmit an Pfosten befestigten Blechen verblendet gewesen,sodass man nicht unmittelbar habe hineinsehen können(Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 53).

Auch in dem vorgenannten Bericht des BMVg wird fest-gestellt, dass das Gefangenenlager ein durch eine Lehm-mauer und weitere Sicherungseinrichtungen streng vonder Forward Operation Base getrennter Bereich gewesensei. Zudem seien unmittelbar hinter der Mauer mehrere„Wachtürme“ errichtet worden, die 24 Stunden lang mitbewaffneten Soldaten besetzt gewesen seien. Sowohl dergesamte Lagerbereich wie auch die Gefangenenunter-künfte im inneren Teil des Lagers seien von Stachel-drahtsperren umgeben gewesen (BMVg, Bericht über dieInfrastruktur und die Organisation sowie die Unterbrin-gung, Aufgaben und Befugnisse der deutschen Soldatenim Lager Kandahar vom 11. Januar 2007, MAT 16 – 16,S. 11 ff.). Diese Ausführungen stimmten auch mit weite-ren Zeugenaussagen (Zeugen Nr. 1, Nr. 23) vor dem Un-tersuchungsausschuss überein (Stenografisches ProtokollNr. 6, Teil III, S. 29 u. 62).

Der Zeuge Nr. 19 berichtete, das Gefangenenlager seivollständig umzäunt gewesen und habe aus mehreren Si-cherheitszonen bestanden, wobei er lediglich in die erstevorgelassen worden sei. In diesem Bereich habe er meh-rere L-förmig aufgestellte Zelte bemerkt, hinter denensich – seiner Wahrnehmung nach – das eigentliche Gefan-genenlager befunden habe. Dorthin habe er aber keinenEinblick mehr gehabt (Stenografisches Protokoll Nr. 17,Teil III, S. 2, 4). Auch der Zeuge Nr. 1 bestätigte die Exis-tenz von mehreren umzäunten Bereichen, die erst durchdas Passieren einer Schleuse hätten betreten werden kön-nen (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 75).

Nach der Erinnerung des damaligen Kontingentführersseien die Gefangenen unter einem an Holzstangen befes-tigten Sonnenschutz untergebracht gewesen, wo sie ent-weder gesessen oder gestanden hätten. Diese Zelte seien„zwei oder drei Meter“ von der Stacheldrahtsperre ent-fernt gewesen (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III,S. 26). Der Zeuge Nr. 19 berichtete ebenfalls, dass Gefan-gene entweder auf Decken oder Planen unter Zeltensaßen, deren Seitenteile aufgerollt gewesen seien (Steno-grafisches Protokoll Nr. 17, Teil III, S. 7). Nach den Aus-führungen des Zeugen Nr. 23 sei der Innenbereich desLagers in mehrere „Einzelhaftzellen“ sowie in Sammel-zellen unterteilt gewesen. Weitere Einzelhaftzellen hättensich in einem alten Hangar im Bereich des Gefangenenla-gers befunden (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III,S. 29). Auch der Zeuge Nr. 28 bestätigte die Unterteilungdes Gefangenenlagers in mehrere Bereiche, in denen stets

Drucksache 16/10650 – 46 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

eine gewisse Anzahl von Häftlingen in „Hütten“ ohneSeitenwände untergebracht gewesen sei. Jeder Gefangenehabe über zwei Decken, ein Kopfkissen und eine Matteverfügt (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 53).

Der von dem Untersuchungsausschuss ausgewertete Be-richt des BMVg beschreibt zudem die Existenz eines Sa-nitätszeltes mit Operationsmöglichkeit, da viele Gefan-gene verletzt oder krank eingeliefert worden seien. EinTruppenarzt sei 24 Stunden innerhalb des Lagers verfüg-bar gewesen. Die Unterkünfte selbst hätten auf einem fes-ten Untergrund gestanden (BMVg, Bericht über die Infra-struktur und die Organisation sowie die Unterbringung,Aufgaben und Befugnisse der deutschen Soldaten im La-ger Kandahar vom 11. Januar 2007, MAT 16 – 16,S. 11 ff.). Diese Angaben wurden übereinstimmend vonden vernommenen Zeugen vor dem Ausschuss bestätigt(vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 5; Steno-grafisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 29).

II. Das Kommando Spezialkräfte im Gefangenenlager Kandahar

Neben den Feststellungen zum US-Gefangenenlager inder Forward Operation Base Kandahar beschäftigte sichder Untersuchungsausschuss im Rahmen seines Untersu-chungsauftrages damit, ob Möglichkeiten für Soldatendes 1. Kontingents, in dieses Gefangenenlager hineinzu-gelangen, bestanden haben. Der Ausschuss konnte in Er-fahrung bringen, dass Angehörige des 1. Kontingents dasamerikanische Gefangenenlager im Rahmen von „Be-sichtigungen“ sowie bei der Durchführung von mindes-tens einem Wacheinsatz betreten haben. Im Zuge derUntersuchungen über Möglichkeiten des Kontaktes vondeutschen Soldaten zu Murat Kurnaz in diesem Gefange-nenlager befasste sich der Ausschuss auch mit dem Zu-standekommen und dem Ablauf der jeweiligen Besichti-gungen bzw. des Wacheinsatzes.

1. BesichtigungenDie Auswertung der vor dem Untersuchungsausschuss er-folgten Zeugenaussagen ergab, dass mehrere Besichti-gungen des Gefangenenlagers unter Beteiligung deut-scher Soldaten stattgefunden haben. Im Einzelnen konntenicht rekonstruiert werden, wie oft Besichtigungen durch-geführt worden sind und wer jeweils im Einzelfall andiesen Besichtigungen teilnehmen durfte bzw. teilgenom-men hat. Diese Besichtigungen haben sich zu verschiede-nen, im Einzelnen nicht mehr exakt rekonstruierbarenZeitpunkten in Begleitung von amerikanischen Soldatenereignet.

Der Untersuchungsausschuss konnte jedoch in Erfahrungbringen, dass Besichtigungen des Gefangenenlagers aufunterschiedliche Weise zustande kamen. Die Initiative zurDurchführung von Besichtigungen sei sowohl von ameri-kanischer als auch von deutscher Seite ausgegangen.

Die Angaben der Zeugen führten zu dem Ergebnis, dassinsbesondere auf der Führungsebene den Besichtigungenein Antrag an die Amerikaner vorausging. Hierzu berich-tete der damalige Kontingentführer dem Untersuchungs-

ausschuss, dass er selbst zweimal in dem Gefangenenla-ger in der Forward Operation Base Kandahar gewesensei. Eine Begehung fand im Beisein des damaligen Kom-mandeurs des KSK statt. Wer ihn beim zweiten Mal be-gleitet habe, wisse er nicht mehr (Stenografisches Proto-koll Nr. 4, Teil III, S. 9). Nach der Erinnerung desKontingentführers habe es keine häufigen Führungendurch das Gefangenenlager gegeben. Es sei extremschwierig gewesen, in das Lager zu gelangen; selbst erhabe Anträge an die Amerikaner stellen müssen (Steno-grafisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 9). Ferner schließeer bezogen auf den Zeitraum Ende Dezember 2001 bis Ja-nuar 2002 aus, dass deutsche Soldaten ohne seine Kennt-nis an Besichtigungen des Gefangenenlagers teilgenom-men hätten. Ergänzend erklärte der Kontingentführer, essei aber auf der Grundlage der auf Arbeitsebene geknüpf-ten Kontakte grundsätzlich immer denkbar gewesen. Fürihn sei es jedoch unvorstellbar, dass die deutschen Solda-ten schon in dieser ersten Zeit so enge Kontakte habenknüpfen können, die es ihnen erlaubt hätten, das Gefange-nenlager zu besichtigen (Stenografisches Protokoll Nr. 4,Teil III, S. 10).

Auch der damalige Kommandeur KSK berichtete vordem Untersuchungsausschuss, er habe mit dem Lager-kommandanten das Gefangenenlager besichtigt. Er er-klärte, diese Besichtigung habe einen Vorlauf gehabt.Man habe den Amerikanern einen Antrag unterbreitenund diesen genehmigen lassen müssen (StenografischesProtokoll Nr. 11, Teil II, S. 11).

Im Gegensatz zu den Besichtigungen auf der Grundlageeines Antrages an die Amerikaner gab es mehrere Zeu-gen, die angaben, dass von den amerikanischen SoldatenFührungen durch das Gefangenenlager angeboten wordenseien. Nach der Erinnerung eines Zeugen (Nr. 1) hättenamerikanische Soldaten gefragt, wer von den deutschenSoldaten Interesse an einer Besichtigung des Lagers habe.Daraufhin habe dieser Zeuge an einer Führung durch dasGefangenenlager teilgenommen (Stenografisches Proto-koll Nr. 6, Teil III, S. 57, 74). Auch ein weiterer Zeuge(Nr. 37) gab in seiner Vernehmung durch den Untersu-chungsausschuss an, sich auf das Angebot der Amerika-ner, das Lager zu besichtigen, gemeldet zu haben. Es seidann eine Gruppe ausgewählt worden, die durch das La-ger geführt worden sei. Wer gerade abkömmlich gewesensei, hätte mitgehen können. Bei der Besichtigung seienzehn bis fünfzehn Personen anwesend gewesen (Steno-grafisches Protokoll Nr. 20, Teil III, S. 6, 14). In derstaatsanwaltschaftlichen Vernehmung schilderte ein ande-rer Zeuge (Nr. 11), gegen Ende Februar 2002 sei er imRahmen einer der durch die Amerikaner angebotenenzahlreichen Führungen innerhalb des Lagers gewesen.Ergänzend gab er an, dass Führungen auch für andereStreitkräfte durchgeführt worden seien (Staats-anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 25,S. 307).

Weitere Zeugen gaben an, dass eine Besichtigung des La-gers auch auf eigene Initiative, ohne einen offiziellen An-trag zu stellen, möglich war. So berichtete ein Zeuge(Nr. 2) in seiner Vernehmung durch den Ausschuss, be-

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züglich einer Lagerbesichtigung selbst aktiv geworden zusein. Aufgrund seiner persönlichen Kontakte zu amerika-nischen Soldaten sei über ihn angefragt worden, ob dieMöglichkeit bestehe, sich das Gefangenenlager anzuse-hen. Eine offizielle Einladung durch US-Soldaten habe esnicht gegeben. Nach seiner Erinnerung hätten sich Anfra-gen dieser Art in dem „Low-Level-Bereich“ abgespielt(Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 31, 37). Ander Führung hätten er und weitere „acht oder neun Mann“teilgenommen; sie habe etwa eine halbe Stunde gedauert(Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 38).

Ein anderer Zeuge (Nr. 28) gab an, zweimal im Gefange-nenlager gewesen zu sein, wobei es sich beim ersten Malum eine Einweisung in das Gefangenenlager im Zusam-menhang mit dem Wachdienst gehandelt habe. Beimzweiten Mal sei er durch zwei Angehörige des Kontin-gents gefragt worden, ob es auch für sie die Möglichkeitgäbe, das Gefangenenlager zu besichtigen. Seiner diesbe-züglichen Anfrage bei amerikanischen Soldaten sei ent-sprochen worden. Er habe hierauf mit drei deutschen Sol-daten das Gefangenenlager ein zweites Mal besichtigt(Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 66).

Des Weiteren berichteten Zeugen über das Zustandekom-men der Besichtigungen wie folgt: Nach der Erinnerungdes Zeugen Nr. 22 habe es das Angebot gegeben, in dasGefangenenlager hineinzugehen oder zumindest von ei-nem Turm in das Lager zu sehen. Zwar habe er selbst die-ses Angebot nicht genutzt, er könne aber nicht ausschlie-ßen, dass dieses durch andere Soldaten angenommenworden sei (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III,S.69). Ein anderer Zeuge (Nr. 32) erklärte vor dem Aus-schuss, er gehe davon aus, dass, wenn man die im Lagertätige amerikanische Militärpolizei nach der Möglichkeiteiner Lagerbesichtigung gefragt hätte, dies eventuell ar-rangiert worden wäre. Dieser Zeuge habe davon gehört,dass sich deutsche Soldaten aus Interesse am Gefange-nenlager von den Amerikanern in diesem Lager hättenherumführen lassen (Stenografisches Protokoll Nr. 7,Teil III, S. 7 f.). Auch ein weiterer Zeuge berichtete in sei-ner Zeugenvernehmung, er habe davon gehört, dass mandas Gefangenenlager besichtigen könne. Er selbst habe aneiner Besichtigung nicht teilgenommen (StenografischesProtokoll Nr. 8, Teil III, S. 42).

Die Auswertung der vor dem Untersuchungsausschuss er-folgten Zeugenaussagen ergab keinen bestimmten Ablaufder Führungen durch das Gefangenenlager. Der Kontin-gentführer berichtete hierzu Folgendes:

„(…) Wir wurden also an den Eingang des Lagers ge-führt, gebracht, wir sind selber dort hingegangen. Dannwurden wir zunächst in einem kleinen Zelt eingewiesen;die Abläufe, wie das, wenn ein Gefangener kommt, von-stattengeht. Ich sage mal ein paar Stichworte: Die Kame-raden mussten sich ausziehen, Blaumann anziehen, DNA-Analyse, Fingerabdrücke, Personalien aufnehmen, soweitüberhaupt möglich, und natürlich auch Haare und Bartschneiden. Dann sind die von dort aus in das Lager hin-eingekommen. Da sind die Amerikaner dann mit uns ge-gangen. Wie gesagt, wir wurden permanent geführt. ImLager selbst waren – bitte nageln Sie mich nicht fest, aber

ich meine – vier Einzelbereiche. Da standen Zelte ohneSeitenwände. Um die Zelte herum war mit dreifach odervierfach S-Draht alles abgeriegelt, also in dem Lager drinnoch mal. Da war ein kleiner Bereich, wo die ihre Not-durft verrichten konnten. Und wir wurden dann praktischzwischen diesen S-Draht-Rollen einmal durch das Lagergeführt, und dann konnten wir wieder gehen.“ (Stenogra-fisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 9 f.)

Ein anderer Zeuge (Nr. 1) schilderte, man sei nach demPassieren der Sicherheitsschleuse als Gruppe von denamerikanischen Soldaten im Gefangenenlager herumge-führt worden. Diese hätten der Gruppe die einzelnen um-zäunten Areale, in denen sich die Gefangenen aufhielten,einen Hochsicherheitstrakt und eine Krankenstation ge-zeigt (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 57).

Der als Zeuge vernommene Mithäftling von MuratKurnaz, Ruhal Ahmed, erklärte vor dem Untersuchungs-ausschuss, er könne sich erinnern, einmal tagsüber Solda-ten der Bundeswehr, die er aufgrund der Flaggen an ihrenUniformen erkannt habe, im Gefangenenlager Kandahargesehen zu haben. Diesen Soldaten sei das Gefangenenla-ger durch amerikanische Soldaten gezeigt worden. Wäh-rend dieser Tour durch das „Camp“ habe man dendeutschen Soldaten die Funktionsweise des Gefangenen-lagers, die Essensverteilung an die Gefangenen, die Fäkal-entsorgung und den Ort der Verhörräume gezeigt. Nachseiner Erinnerung habe er in dieser Situation etwa drei bisfünf deutsche Soldaten wahrgenommen (WortprotokollNr. 22, Teil II, S. 8, 14, 19).

In seiner Vernehmung vor der Staatsanwaltschaft schil-derte er ebenfalls die Beobachtung, dass deutsche Solda-ten sowie Soldaten weiterer Nationen durch das Gefange-nenlager geführt worden seien (StaatsanwaltschaftTübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 84, S. 368 f.).

2. Wache

Neben den geschilderten Besichtigungen hatten Angehö-rige des Kommandos Spezialkräfte (KSK) im Rahmenmindestens eines Wacheinsatzes Anfang Januar 2002 dieMöglichkeit, das US-geführte Gefangenenlager in derForward Operation Base (FOB) Kandahar zu betreten.Zum Zustandekommen und zum Ablauf des Wacheinsat-zes wurden von den Zeugen Aussagen getroffen, die zumTeil voneinander abwichen.

a) Zustandekommen des Wachauftrages

Zum Zustandekommen der Wache berichtete ein Zeuge(Nr. 14) vor dem Untersuchungsausschuss, es habe nachseiner Erinnerung über das Verbindungselement zu denAmerikanern eine offizielle Anfrage von amerikanischerSeite gegeben. Es sei gefragt worden, ob aufgrund vonPersonalmangel auf amerikanischer Seite die Soldatendes Kommandos Spezialkräfte in der Lage seien, bei derBewachung des Lagers auszuhelfen. Nach der Erinnerungdieses Zeugen habe es sich um die Anforderung von etwazehn bis fünfzehn Personen und den Einsatz während ei-ner Nacht gehandelt (Stenografisches Protokoll Nr. 9,Teil III, S. 3). Diese Darstellung wurde durch die Anga-

Drucksache 16/10650 – 48 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

ben eines anderen Zeugen (Nr. 28) bestätigt. Dieser be-richtete dem Ausschuss, die Anfrage zur Unterstützungdes Wachdienstes sei an ihn herangetragen worden. Er seiim Vorauskommando für Verbindungen zu den Amerika-nern verantwortlich gewesen. Die Anfrage der Amerika-ner zur Wachverstärkung schilderte dieser Zeuge wiefolgt: Anfang Januar 2002 sei der verantwortliche Feld-webeldienstgrad der amerikanischen „Navy SEALs“ mitder Bitte an ihn herangetreten, ob die deutschen Soldatenim Rahmen einer Unterstützung Teile des Wachdienstesin dem sogenannten Detainee Camp wahrnehmenkönnten. Da die für die Bewachung des Gefangenenla-gers zuständige amerikanische Militärpolizei noch nichtin ausreichender Stärke vor Ort gewesen sei, habe es sichbei der an alle Spezialkräfte vor Ort gerichteten Anfrageum eine Entlastung der amerikanischen Kräfte gehandelt.Diese Bitte habe er an den Kontingentführer weitergege-ben, der während des Gespräches einer Unterstützung zu-gestimmt habe (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III,S. 48). Bei der Vernehmung durch die StaatsanwaltschaftTübingen hatte dieser Zeuge darüber hinausgehend ange-geben, er habe die Anfrage der Amerikaner an seine di-rekten Vorgesetzten vor Ort weitergeleitet. Dies seien derKontingentführer und der stellvertretende Kontingentfüh-rer gewesen. Beide Vorgesetzten hätten die Notwendig-keit einer Unterstützung durch die deutschen Einsatz-kräfte bejaht und ihm den Auftrag erteilt, diesbezüglicheorganisatorische Absprachen mit den Amerikanern zutreffen. Diesem Auftrag sei er dann nachgekommen, wo-bei er am Wachdienst selbst nicht beteiligt gewesen sei(Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16– 25, S. 289). Diese Angabe des Zeugen bestätigte derstellvertretende Kontingentführer in seiner Zeugenaus-sage vor dem Untersuchungsausschuss (StenografischesProtokoll Nr. 14, Teil III, S. 6).

Der damalige Kontingentführer sagte zur Übernahme derWachaufgabe vor dem Untersuchungsausschuss aus, dieanderen Nationen hätten sich, obwohl sie zu diesem Zeit-punkt bereits Einsätze durchführten, zu einer Wachver-stärkung bereiterklärt. Er begründete diesen Umstand da-mit, dass unter den damaligen Rahmenbedingungen zuwenig amerikanische Soldaten zur Verfügung gestandenhätten. Bis zu seiner Meldung der Einsatzbereitschaft desKontingents am 10. Januar 2002 habe es für den Kontin-gentführer „keinen plausiblen Grund“ gegeben, den Ame-rikanern die angefragte Unterstützung zu verweigern.Daher habe er einer Wachunterstützung zugestimmt (Ste-nografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 12). Zu den Um-ständen seiner Zustimmung führte der Kontingentführerin seiner Aussage aus:

„(…) Das Lager wurde nach und nach in den finalen Zu-stand gebracht, ich meine, beginnend ab Anfang Januar.Und die Bewachung musste sichergestellt werden. (…)Die Amerikaner haben natürlich Druck auf mich gemachtund haben gesagt: Sag mal, wieso hilfst du uns dennnicht? Du bist mit 100 Mann hier. – Alle anderen Natio-nen hatten zwischen 25 und 40 Soldaten. Und alle habenmitgemacht. Ich habe diesem Druck eine gewisse Zeitstandgehalten. Ich kann Ihnen nicht mehr sagen wielange: vier oder fünf Tage. Dann habe ich beim Einsatz-führungskommando die Genehmigung beantragt, das La-

ger bewachen, mitbewachen zu dürfen. Soweit ich micherinnere, wurde es genehmigt, weil, sonst hätten wir esnicht gemacht. Ich meine es war ein- oder zweimal. (…)“(Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 6 f.)

Nach der Erinnerung des Kontingentführers habe das Ein-satzführungskommando diesem Antrag auf Genehmigungder Wachunterstützung in einer Videokonferenz mündlichentsprochen (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III,S. 12 f.).

Der damalige Befehlshaber des Einsatzführungskomman-dos bestätigte dem Untersuchungsausschuss, durch einepersönliche Meldung des Kontingentführers in Kenntnisgesetzt worden zu sein und zur Sicherung des Lagers,vermutlich während einer Videokonferenz, dem Wachein-satz zugestimmt zu haben (Stenografisches ProtokollNr. 8, Teil III, S. 2, 12, 20).

Abweichend hierzu gab ein Zeuge (Nr. 37) zum Zustan-dekommen des Wacheinsatzes Folgendes an:

„Soweit ich das verstanden habe, wollten die Kameradeneinfach – – Aus welchen Gründen auch immer wollten siedaran teilnehmen. Das schien etwas zu sein was – – Vonden Amerikanern war es natürlich auch die Frage: Könntihr euch beteiligen? – Angeblich – was ich nicht so ganzglaube, weil eben auch amerikanische Spezialkräfte dasnicht machen.

Also, es war schon offensichtlich ein Interesse. Ich kannjetzt aber nicht sagen: Der und der hat das gesagt. Esschien aber ein Interesse gewesen zu sein bei den Einsatz-kräften.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 20, Teil III, S. 8)

Auf die Frage, ob der Untersuchungsausschuss dieseAussage so interpretieren könne, dass möglicherweise derImpuls, eine solche Wache mit zu übernehmen, auch vonden deutschen Soldaten ausgegangen sei, gab der ZeugeNr. 37 an:

„Das scheint und schien mir so gewesen zu sein. So, wiedarüber gesprochen wurde, hörte sich das an. Ich habe esja nur sekundär bekommen von Kameraden im Stab: Dienehmen an der Wache teil. – Es hörte sich wirklich da-nach an, dass das von den Einsatzkräften ausgegangen ist:Sie haben sich da abgesprochen mit den Amerikanern,und die wollen da – –.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 20,Teil III, S. 8 f.)

Der Zeuge (Nr. 37) fügte hinzu, der Stab sei damit nichtbefasst gewesen (Stenografisches Protokoll Nr. 20,Teil III, S. 9).

Das Zustandekommen der Wachunterstützung wurde vonSoldaten, die an der Wachunterstützung teilnahmen, so-wie von Soldaten in Kandahar, die von dem WacheinsatzKenntnis hatten, nicht als Besonderheit gewertet. DieZeugen formulierten dies in ihren Vernehmungen vordem Untersuchungsausschuss im Einzelnen wie folgt:

Zeuge Nr. 23:

„(…) Für mich gehörte es dazu, zur Unterstützung derAmerikaner.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III,S. 25)

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„Es gab nichts Bemerkenswertes an diesem Auftrag, weilwir letztendlich nur eine Wachverstärkung waren. (…)“(Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 27)

Zeuge Nr. 1:

„(…) für uns war das, wie gesagt, nichts Spektakuläres.Es war einfach eine Unterstützung der Amerikaner, dieuns mit allen anderen unterstützt haben, und da hat mannatürlich gesagt: Natürlich helfen wir euch.“ (Stenografi-sches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 61)

Zeuge Nr. 22:

„Also, das war uns damals vor Ort nicht bewusst, dassdas brisant ist. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 7,Teil III, S. 78)

Ein weiterer Zeuge (Nr. 28) berichtete:

„Wir haben uns gar keine Gedanken darüber gemacht.(…) Zur Unterstützung der Gemeinschaft ist von jedem,von allen Nationen, ein Beitrag gefordert worden. Dakonnten Sie sich nicht von der ganzen Geschichte aus-schließen, das ging nicht.“ (Stenografisches ProtokollNr. 8, Teil III, S. 67)

Der Zeuge Nr. 14 erläuterte in diesem Zusammenhang:

„(…) Das mag für jemanden, der eine allgemein im Be-reich Spezialkräfte liegende Aufgabe (…) nur einmalwahrnimmt, etwas Besonderes sein. Wenn sie permanentspezielle Dinge tun, ist auch ein solcher Wacheinsatz abernichts Besonderes.“ (…) (Stenografisches Protokoll Nr. 9,Teil III, S. 3)

b) Inhalt der Wachanfrage und des Wacheinsatzes

Die vom Untersuchungsausschuss vernommenen Zeugengaben übereinstimmend an, die Wachanfrage habe sichauf die Unterstützung bei der Bewachung des Gefange-nenlagers durch einen Einsatz der deutschen Soldaten aufden Wachtürmen bezogen. So berichtete der damaligeKontingentführer, dass sich die originäre Bitte an ihn aufeinen Einsatz der Soldaten zur Bewachung des Lagers aufden Wachtürmen bezogen habe (Stenografisches Proto-koll Nr. 4, Teil III, S. 14). Auf eine Nachfrage durch denAusschuss konkretisierte er:

„Ich hatte gesagt, es gab Türme; aber es kann auch sein,dass man noch patrouillieren musste, weil eben die Mauerum das Lager herum noch nicht so weit fertig gestelltwar.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 23)

Diese Angabe machte der Kontingentführer auch in derZeugenvernehmung durch die Staatsanwaltschaft Tübin-gen. Insbesondere gab er an, eine Anfrage zur Unterstüt-zung bei der Streifentätigkeit habe nicht vorgelegen. Dasseine Streifentätigkeit im US-Gefangenenlager stattgefun-den habe, sei ihm erst durch die Presse bzw. bei seinerBefragung im Untersuchungsausschuss bekannt gewor-den (Staatsanwaltschaft Tübingen, MAT 16 – 25, S. 312).

Der Zeuge Nr. 28 bestätigte die Aussage des Kontingent-führers: Bei der Bitte der Amerikaner habe es sich „ganzklar“ um Wachdienst während der Nacht und nur auf den

Wachtürmen gehandelt. Dies sei detailliert angegebenworden (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 48).

Tatsächlich wurden die deutschen Soldaten, die als Wach-verstärkung eingesetzt worden sind, nicht auf den Wach-türmen, sondern überwiegend im Streifendienst einge-setzt. Lediglich ein Zeuge (Nr. 20) gab vor demAusschuss an, ein oder zwei seiner Kameraden seienwährend ihres Wachdienstes auf einem Wachturm einge-setzt gewesen (Stenografisches Protokoll Nr. 21, Teil III,S. 6).

c) Anordnung und Einteilung zur Wache

Nach den Untersuchungen des Ausschusses haben sichSoldaten des 1. Kontingents an mindestens einer Wacheim US-Gefangenenlager beteiligt. Zu den Einzelheiten,insbesondere zu der Einteilung der Wache gab es unter-schiedliche Darstellungen.

Der Zeuge Nr. 28, an den die Bitte um die Stellung einerWachverstärkung herangetragen worden sei, berichtete, ersei zu dem verantwortlichen Feldwebeldienstgrad derAmerikaner gegangen. Dieser habe ihn dann an einen S-2-Sicherheitsoffizier der US-Marines verwiesen. Durch die-sen Offizier habe er bei einem Rundgang eine Einwei-sung in das sogenannte Detainee Camp erhalten. Die hier-durch gesammelten Informationen habe er an denKontingentführer weitergegeben. Für ihn sei die Angele-genheit mit der Erteilung des Wachdienstauftrages durchden Kontingentführer an den Führer der „Task Unit“ erle-digt gewesen (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III,S. 48).

Zu der Frage, wer die Einteilung zur Wache vorgenom-men habe, gaben die Zeugenaussagen keinen Aufschluss.Der Kontingentführer gab in der Zeugenvernehmungdurch die Staatsanwaltschaft Tübingen an, keine Eintei-lung zum Wachdienst vorgenommen zu haben. Er habeden Auftrag zur Wache vermutlich an den Kompaniechefweitergegeben. Welche Soldaten letztlich zu diesemWacheinsatz eingeteilt worden seien, sei ihm nicht be-kannt (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,MAT 16 – 25, S. 312).

Vor dem Untersuchungsausschuss gab der Kontingent-führer an, der Kompaniechef habe nach der Weitergabedes Auftrages die Soldaten zur Wache eingeteilt (Steno-grafisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 11).

Die Untersuchungen des Ausschusses ergaben, dass derKompaniechef sowohl nach seiner eigenen Aussage alsauch nach der Aussage eines anderen Zeugen zum Zeit-punkt der Wacheinteilung nicht in Kandahar war. DerZeuge Nr. 22 gab zum Zustandekommen des Wachauftra-ges an, dass er zu diesem Zeitpunkt den Kompaniechefvertreten habe, da dieser nicht vor Ort gewesen sei (Ste-nografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 71). Der Kompa-niechef selbst berichtete, der Wachauftrag sei, als er nachKandahar gekommen sei, schon im Gange gewesen. Die-ser Einsatz zur Wachverstärkung habe für ihn eine nied-rige Priorität gehabt, daher habe er diese Angelegenheitauf Kommandofeldwebelebene belassen (Stenografisches

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Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 21, 37 f.). Über seine Kennt-nisse zur Wacheinteilung gab der Kompaniechef an:

„Also ich persönlich habe insoweit nur Kenntnis oder ichglaube, dass der Hauptfeldwebel (…) eventuell eine Ein-teilung gemacht hat und entsprechend die Männer dorteingeteilt hat. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass dernationale Kontingentführer, (…), den Auftrag weiterge-geben hat. Ich persönlich habe diesen Auftrag nicht wahr-genommen. Also ich kann mich nicht daran erinnern, dassder Auftrag an mich gegangen ist, sondern dass der Auf-trag oder diese Wachbestellung oder Wachunterstützung,Wachverstärkung schon am Laufen gewesen ist.“ (Steno-grafisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 25)

Weiterhin konnte durch die Aussagen der Zeugen nichtrekonstruiert werden, ob die Abstellung zur Wache durchBefehl oder auf freiwilliger Basis erfolgte. Die Mehrheitder vernommenen Zeugen berichtete von einer freiwilli-gen Meldung zum Wacheinsatz. So schilderte ein Zeuge(Nr. 3), er habe sich auf die Frage hin, wer sich an derWache beteiligen wolle, zum Einsatz bereiterklärt (Steno-grafisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 27). Auch andereZeugen gaben an, sich mit mehreren anderen Soldatenfreiwillig zum Wacheinsatz gemeldet zu haben (Stenogra-fisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 46; StenografischesProtokoll Nr. 7, Teil III, S. 2, 4).

Der Zeuge Nr. 22 führte zur Einteilung des Personals fürden Wachdienst im Gefangenenlager aus:

„(…) Das habe ich jetzt nicht mehr erinnerbar. Ich denkemal, dass ich es so gemacht habe, wie ich es heute auchmachen würde, nämlich erst mal die Freiwilligen für sowas einzuteilen. Vielleicht habe ich aber auch nur mit denTruppführern gesprochen, und die Truppführer haben ge-sagt: ‚Jawohl, mein Trupp macht das‘ und haben dannpraktisch im Rahmen des Trupps ihre Leute eingeteilt,obwohl die sich nicht freiwillig gemeldet haben. (…)“(Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 87)

Von einer Einteilung zum Wacheinsatz durch MeldungFreiwilliger wich die Aussage des Zeugen Nr. 23 ab. Die-ser sagte vor dem Untersuchungsausschuss wie folgt aus:

„Es gab einen Befehl. Den Befehl habe ich von meinemdirekten Vorgesetzten bekommen. ( …)“ (StenografischesProtokoll Nr. 6, Teil III, S. 26)

d) Zeitpunkt und Häufigkeit des Wacheinsatzes

Nach der Aussage der überwiegenden Anzahl der Zeugenvor dem Untersuchungsausschuss fand ein Wacheinsatzin den ersten Januartagen des Jahres 2002 statt. DieserWacheinsatz habe zur Nachtzeit in zwei Schichten statt-gefunden (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 26;Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 49; Stenogra-fisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 11; StenografischesProtokoll Nr. 7, Teil III, S. 71; Stenografisches ProtokollNr. 21, Teil III, S. 5). Der Kontingentführer erklärte vordem Ausschuss, der von etwa 18:00 Uhr bis zum Morgendurchzuführende Wacheinsatz habe vermutlich zwischendem 6. und 12. Januar 2002 stattgefunden (Stenografi-

sches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 17). Nach der Erinne-rung des Zeugen Nr. 16 sei der Wacheinsatz am 6., 7.oder 8. Januar 2002 gewesen (Stenografisches ProtokollNr. 11, Teil III, S. 33).

Diese Angaben bestätigen sich in einer Meldung der ZelleMilitärisches Nachrichtenwesen vom 6. Januar 2002, inder festgehalten ist, eine Bewachung des Gefangenenla-gers durch deutsche Soldaten habe in der Nacht vom 5.auf den 6. Januar 2002 stattgefunden (BMVg, OrdnerNr. 27, Anlage 01, MAT 16 – 59).

Darüber hinaus gab es vereinzelte Aussagen von Zeugen,die hiervon abwichen. Diese Zeugen gaben an, dass meh-rere Wacheinsätze stattgefunden hätten. Der Zeuge Nr. 2erläuterte seine Aussage bei der Staatsanwaltschaft Tü-bingen und bestätigte dem Untersuchungsausschuss aufNachfrage, dass mehr als ein Wacheinsatz stattgefundenhabe (Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 39 f.).Nach der Erinnerung des Zeugen Nr. 22 habe es sich um„ein oder zwei Male“ gehandelt (Stenografisches Proto-koll Nr. 7, Teil III, S. 11). Der Zeuge Nr. 13 gab vor demAusschuss an, es habe sich um zwei Wachtermine gehan-delt, und ergänzte, dass diese weit auseinander gelegenhätten (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 32).Der Zeuge Nr. 11 berichtete in seiner staatsanwaltlichenVernehmung zu der Frage, wann der Wacheinsatz stattge-funden habe, dass dies Ende Februar 2002 bis AnfangMärz 2002 gewesen sein könnte. Von einem Wacheinsatzim Januar sei ihm nichts bekannt (Staatsanwaltschaft Tü-bingen, MAT 16 – 25, S. 306). Auch nach der Erinnerungdes Kontingentführers habe es sich vermutlich um zweinächtliche Einsätze gehandelt (Stenografisches ProtokollNr. 4, Teil III, S. 7).

Die Untersuchungen des Ausschusses ergaben, dass einnächtlicher Wacheinsatz in zwei Schichten zur Unterstüt-zung der Amerikaner während der Inhaftierung vonMurat Kurnaz im US-Gefangenenlager Kandahar stattge-funden hat.

e) Personenstärke der Wache

Gefragt nach der Teilnahme an einem Wacheinsatz, habenzwölf Soldaten des Kommandos Spezialkräfte vor demUntersuchungsausschuss bestätigt, an einer Wache im Ja-nuar 2002 teilgenommen zu haben. Die Antworten aufdie Frage nach der Anzahl der an der Wache beteiligtendeutschen Soldaten divergierten.

Nach der Erinnerung eines Zeugen (Nr. 23) habe er in ei-ner Gruppe von sechs bis zehn Personen an der Wacheteilgenommen (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III,S. 28). Der Zeuge Nr. 9 sprach von zehn am Wacheinsatzbeteiligten deutschen Soldaten (Stenografisches ProtokollNr. 5, Teil III, S. 18).

Hiervon abweichend gab ein anderer Zeuge (Nr. 14) inseiner Vernehmung durch den Untersuchungsausschussan, etwa zehn bis fünfzehn Soldaten seien an der Wachebeteiligt gewesen (Stenografisches Protokoll Nr. 9, TeilIII, S. 4).

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Die diesbezüglichen Feststellungen des Ausschusses de-cken sich mit dem entsprechenden Ergebnis der Staats-anwaltschaft Tübingen. Nach den Ermittlungen derStaatsanwaltschaft gaben 12 von 14 befragten Soldatendes KSK übereinstimmend an, im Januar 2002 an einemTag als Wachverstärkung im Lager der US-Streitkräfte inKandahar eingesetzt worden zu sein (StaatsanwaltschaftTübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 42, S. 4).

f) Wacheinweisung

Nach Aussagen der durch den Untersuchungsausschussvernommenen Zeugen sei die Einweisung der deutschenSoldaten zur Wache im US-Gefangenenlager durch ame-rikanische Soldaten erfolgt. Grundsätzlich verfüge jederSoldat der Bundeswehr über eine Wachausbildung, dieBestandteil der normalen Ausbildung sei. Eine Wachein-weisung durch die deutsche Seite habe es nicht gegeben.So berichtete der Zeuge Nr. 23, sie seien, nachdem sie amEingang des Gefangenenlagers angekommen waren, ineiner Art Wachlokal von amerikanischen Soldaten inEmpfang genommen worden. In einem Rundgang seiendie deutschen Soldaten in das Lager eingewiesen worden.Nachdem diese dann in die Wache eingeteilt und ihnender Wachauftrag übergeben worden sei, hätten sie mit derWache begonnen (Stenografisches Protokoll Nr. 6, TeilIII, S. 26, 29). Auch der Zeuge Nr. 3 schilderte dem Un-tersuchungsausschuss, man habe sich vor dem Beginn desWacheinsatzes bei dem amerikanischen Kontrollpostengemeldet und sei dann von amerikanischen Soldaten indas Gefangenenlager eingewiesen worden (Stenografi-sches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 31). Diese Darstellungwurde durch die Angaben des Zeugen Nr. 32 bestätigt(Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 16).

Der Zeuge Nr. 1 berichtete, seine Gruppe hätte, nachdemihr der Aufenthaltsraum gezeigt worden sei, durch dieAmerikaner lediglich die Anweisung erhalten, innerhalbder abgesperrten Gefangenenbereiche „Streife zu laufen“(Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 62).

Nach den Angaben eines weiteren Zeugen (Nr. 22) seiendie Amerikaner für den Wachdienst verantwortlich gewe-sen. Von deutscher Seite sei nur das Personal zur Verfü-gung gestellt worden (Staatsanwaltschaft Tübingen, Er-mittlungsakte, MAT 16 – 25, S. 345).

g) Aufgaben während der Wache

Die Aufgaben der im US-Gefangenenlager Kandahar alsWachverstärkung eingesetzten Soldaten sind von denamerikanischen Streitkräften erteilt worden. Entgegenden Feststellungen zum Inhalt der Wachanfrage, einesEinsatzes der deutschen Soldaten auf Wachtürmen,konnte in Auswertung der Zeugenaussagen rekonstruiertwerden, dass die deutschen Soldaten mit Streifengängen,Eskortierung von Gefangenen betraut und an der Auf-nahme von neuen Gefangenen, dem sogenannten In-pro-cessing, beteiligt waren. Der Zeuge Nr. 8 schilderte in sei-ner Vernehmung durch den Untersuchungsausschuss,ihnen seien die direkten Aufträge zur Verrichtung desWachdienstes von den Amerikanern, seiner Erinnerung

nach vom Leiter des Gefangenenlagers oder seinem Stell-vertreter, zum Anfang der Wachschicht zugeteilt worden.Die Aufgabe dieses Zeugen sei in der ersten Hälfte seinerSchicht das „Einchecken“ der neu angekommenen Gefan-genen in den Gefangenenbereich gewesen. In der zweitenHälfte habe er zusammen mit mehreren Deutschen undAmerikanern einen Patrouillengang im Bereich des La-gers durchgeführt (Stenografisches Protokoll Nr. 11,Teil III, S. 49). Der Zeuge Nr. 14 berichtete dem Untersu-chungsausschuss, ebenfalls in dieser Weise an demWacheinsatz teilgenommen zu haben; das seien dieHauptaufgaben während der Wache gewesen (Stenografi-sches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 3).

Die Untersuchungen des Ausschusses ergaben, dass diean der Wache beteiligten Soldaten des Kommandos Spe-zialkräfte (KSK) überwiegend mit der Aufgabe betrautwaren, innerhalb des Gefangenenlagers „Streife zu lau-fen“. Zu seinen Aufgaben während des Wachdienstes be-fragt, berichtete ein Zeuge (Nr. 3), er sei auf dem Weg umdie einzelnen Bereiche, in denen die Gefangenen unterge-bracht waren, „Streife gelaufen“. Seiner Erinnerung nachhätten sie die umzäunten Bereiche der Gefangenen vonaußen patrouilliert. Dabei habe die Entfernung zu den Ge-fangenen fünf bis sechs Meter oder mehr betragen. EineBewegungsrichtung sei nicht vorgegeben worden, sodasser sich dort frei bewegt habe (Stenografisches ProtokollNr. 8, Teil III, S. 32 f.). Auch ein anderer Zeuge (Nr. 32)gab an, er habe zwischen den einzelnen Drahtverhaueneinen ganz normalen Streifenweg abgehen müssen (Ste-nografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 4 f.).

Die Frage, wie viele Personen an diesen Streifengängenbeteiligt waren, konnte durch die Vernehmungen der Zeu-gen nicht rekonstruiert werden. Die meisten der befragtenSoldaten gaben an, die Streifengänge zu zweit durchge-führt zu haben. Nach der Erinnerung des Zeugen Nr. 1 seider Patrouillengang zu zweit erfolgt. Zudem habe er ei-nen Amerikaner im Lager gesehen. Der Zeuge Nr. 23 be-richtete, man sei in kleineren Gruppen durch das Lagergegangen, wobei er nicht mehr wisse, wie viele Personenes gewesen seien (Stenografisches Protokoll Nr. 6, TeilIII, S. 27, 30).

Der als Zeuge vernommene Mithäftling von MuratKurnaz, Ruhal Ahmed, schilderte in seiner Vernehmung,zur generellen Bewachung des Gefangenenlagers befragt,es seien zwei bis drei Wachsoldaten für jeden „Käfig“ ab-gestellt worden, die ständig patrouilliert hätten. Eine Be-wachung durch deutsche Soldaten habe er nicht wahrge-nommen (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 20).

Der ebenfalls als Mithäftling vernommene Zeuge AsifIqbal berichtete dem Untersuchungsausschuss, er habe ineiner Nacht zwei bis drei deutsche Soldaten bei Streifen-gängen durch das Gefangenenlager gesehen (Wortproto-koll Nr. 22, Teil II, S. 28 f.).

Bei seiner Vernehmung vor der Staatsanwaltschaft gabder Zeuge an, in einer Nacht seien bei den üblichen nächt-lichen Zählappellen deutsche Soldaten zugegen gewesen.Einer der deutschen Soldaten habe die amerikanischenSoldaten, die die Zählung vorgenommen hätten, begleitet.

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Dieser deutsche Soldat habe jeden aufgerufenen Gefange-nen mit einem Gewehr mit Laserzielvorrichtung ange-peilt. Das Zusammentreffen mit den deutschen Soldatenund das Anpeilen mit der Laserzielvorrichtung habe nurin dieser einen Nacht stattgefunden (StaatsanwaltschaftTübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 84, S. 380).

Ein anderer Zeuge (Nr. 3) gab an, zum Teil allein „Streifegelaufen“ zu sein. Hierzu führte er Folgendes aus:

„(…) Wir sind auch einmal mit einem Amerikaner zu-sammen, der dann mit mir die Streife gelaufen hat, da ge-wesen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 33)

Er konkretisierte seine Aussage durch die Angabe:

„Ja meine Kameraden und ich hatten – der eine oder an-dere – Kontakt zu einem Amerikaner, der dann mit ihneneinmal eine Runde gelaufen ist, richtig.“ (StenografischesProtokoll Nr. 8, Teil III, S. 33)

Ein weiterer Zeuge (Nr. 32) meinte, er sei teilweise al-leine gegangen und habe nur am „Endpunkt der Streife“,am „Wendepunkt“, gelegentlich Kontakt mit einer zwei-ten Person gehabt (Stenografisches Protokoll Nr. 7,Teil III, S. 4 f.).

Des Weiteren ergaben die Vernehmungen vor dem Unter-suchungsausschuss, dass Soldaten des KSK während desWacheinsatzes neben der Streife auch beauftragt waren,Gefangene zu eskortieren. Hierzu berichtete ein Zeuge(Nr. 18), er habe die Aufgabe gehabt, das Hineinführender neu angekommenen Gefangenen in das Lager zu un-terstützen. Er könne sich noch gut daran erinnern, dass er,nachdem er diese Aufgabe zunächst mit einem Amerika-ner zusammen durchgeführt habe, anschließend diese Tä-tigkeit mit einem deutschen Soldaten verrichtete (Steno-grafisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 110). Auch derZeuge Nr. 20 schilderte, er habe während seines Wach-dienstes neu angekommene Gefangene vom Flugzeug indas Gefangenenlager begleitet (Stenografisches ProtokollNr. 21, Teil III, S. 5). Ein anderer Zeuge (Nr. 1) berichtetevor dem Untersuchungsausschuss von einer Situation, inder amerikanische Soldaten einen Gefangenen aus demabgeschirmten Bereich herausgeholt hätten, um diesen zueinem Verhör zu bringen. Hierbei seien sie ihnen als Si-cherung gefolgt (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III,S. 62). Hierzu gab dieser Zeuge an:

„Das war dort so Usus, haben die Amerikaner gesagt.Diejenigen, die im Lager sind und als Sicherung dort ein-geteilt sind – – Wenn einer aus einem abgezäunten Be-reich herausgeholt wird, um zum Verhör gebracht zu wer-den, dann laufen diejenigen, die im Lager sich befinden,als Streife einfach mit, zur Sicherheit.“ (StenografischesProtokoll Nr. 6, Teil III, S. 62)

Zu einem späteren Zeitpunkt der Zeugenvernehmung be-stätigte ein Zeuge (Nr. 1) auf Nachfrage, dass in dieser Si-tuation zwei amerikanische und zwei deutsche Soldatenanwesend gewesen seien (Stenografisches ProtokollNr. 6, Teil III, S. 75).

Ein weiterer Zeuge (Nr. 8) beschrieb seine Aufgabe wäh-rend der Wache, die in der Führung eines Gefangenenund der Sicherung bestanden habe, wie folgt:

„Es gab ein Aufnahmeprozedere in einem gesondertenZelt innerhalb des Gefangenenlagers. Dort wurden dieGefangenen, bevor sie in das Zelt gekommen sind, nocheinmal durchsucht. Sie wurden von einem arabisch spre-chenden Amerikaner kurz befragt. Sie wurden fotogra-fiert. Es wurden die Fingerabdrücke abgenommen. EinArzt hat sich die Leute angeschaut. Dazu wurden siekomplett entkleidet. Danach sind sie aus dem Zelt wiederherausgeführt worden in den eigentlichen Gefangenenbe-reich, und zwar dort in die ,Blechhütte’, wenn ich das ein-mal so sagen darf. Ich denke, Ihnen liegen die Fotos ausdem Gefangenenbereich vor. Es gab ein Gebäude mit ei-nem Blechdach. Dort haben die zumindest die erste Nachtverbracht – so wurde uns gesagt – unter einer gesondertenBeobachtung. Dort haben wir die abgelegt und sind dannzurück, um den nächsten bei diesem Aufnahmeprozederezu begleiten.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III,S. 50)

Diesen Auftrag habe der Zeuge mit einem anderen deut-schen Soldaten gemeinsam wahrgenommen (Stenografi-sches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 53).

Zusätzlich berichtete der Zeuge Nr. 20 dem Ausschuss, erwisse, dass ein oder zwei seiner deutschen Kameradenwährend ihres Wachdienstes auf einem Wachturm einge-setzt waren. Ferner habe es sich bei der Einteilung zumWachdienst immer um einen „Mix zwischen deutschenund amerikanischen“ Soldaten gehandelt (Stenografi-sches Protokoll Nr. 21, Teil III, S. 6).

Der Untersuchungsausschuss ging im Rahmen seiner Er-mittlungen auch der Frage nach, ob die an der Wache be-teiligten Soldaten mit Handschuhen und einem Mund-schutz ausgestattet waren. Ein Zeuge (Nr. 1) erinnertesich in seiner Vernehmung, vor der Wache, vermutlichdurch die Amerikaner, einen Mundschutz und Einmal-handschuhe erhalten zu haben. Diese habe es auch imdeutschen Lager gegeben. Er habe sie aber nicht benutzt(Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 68). Ein wei-terer Zeuge (Nr. 13) berichtete hierzu Folgendes:

„(…) Da gab es eine Situation. Es war der Fall, dass inden Abendstunden einige Kameraden, von denen ich jetztaber wirklich auch nicht mehr weiß, wer es war, (…) aufmich als Sanitäter zukamen und mich um Handschuhe ba-ten, also nicht sterile Handschuhe, aber Schutzhand-schuhe. Ich weiß gar nicht, ob es auch um einen Gesichts-schutz, eine OP-Haube ging. Sie baten mich darum. Ichhabe gefragt, wozu sie das denn bräuchten. Sie meinten:Ja, amerikanische Kameraden hätten sie gebeten oder ge-fragt, ob sie nicht eventuell Interesse hätten, eine Nacht-schicht in diesem Gefangenenlager zu arbeiten, wie auchimmer, dort zu sein. Das ist meines Wissens einmal sovorgekommen. (…) Daraufhin hat sich bei mir auch nie-mand mehr gemeldet, dass er eventuell noch mal irgend-welche Handschuhe haben wollte. Das weiß ich.“ (Steno-grafisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 30 f.)

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Als Begründung für die Nachfrage nach Handschuhen er-gänzte der Zeuge:

„Die amerikanischen Kollegen haben denen wohl den Ratgegeben, dass sie sich doch mal darum kümmern sollten.Man weiß ja nie, wen man dort anfasst bzw. ob dort ir-gendwelche Krankheiten, Erreger wie auch immer – –.“(Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 32)

Der Zeuge Nr. 23 gab an, dass er im Gefangenenlagerkeinen Mundschutz, aber Handschuhe dabei hatte (Steno-grafisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 34).

h) Beendigung des WacheinsatzesEinige Zeugen gaben an, das Gefangenenlager nach demWacheinsatz gemeinsam mit den anderen deutschen Sol-daten verlassen zu haben (Stenografisches ProtokollNr. 6, Teil III, S. 93; Stenografisches Protokoll Nr. 7,Teil III, S. 16).

Des Weiteren berichteten die befragten Zeugen, es habekeine Nachbereitung des Wacheinsatzes in organisierterForm gegeben. Ein Zeuge (Nr. 18) erläuterte in seinerVernehmung durch den Ausschuss, dass immer eineNachbereitung stattgefunden habe. Nur sei dies nicht inorganisierter Form erfolgt (Stenografisches ProtokollNr. 6, Teil III, S. 93). Hiervon abweichend berichtete einanderer Zeuge (Nr. 8), er sei nicht befragt worden. Erhabe auch niemandem in irgendeiner Form Rechenschaftablegen müssen. Es könne sein, dass die Truppführer ge-meldet hätten, der Auftrag sei beendet. Dies wäre der nor-male Gang gewesen. Er vermute, dass dies in irgendeinerForm stattgefunden habe (Stenografisches ProtokollNr. 11, Teil III, S. 55).

3. Kontakte des Kommandos Spezialkräfte zu Gefangenen

Im Rahmen der Untersuchungen zu der Frage, welcheKontakte Angehörige der Bundeswehr zu Murat Kurnazhatten, befasste sich der Untersuchungsausschuss auchmit der generellen Möglichkeit von Kontakten des Kom-mandos Spezialkräfte (KSK) zu Gefangenen. Hierzu ga-ben die befragten Zeugen übereinstimmend an, dass einüber das rein Visuelle hinausgehender Kontakt zu Gefan-genen nicht denkbar gewesen sei. Es habe in dem Gefan-genenlager keine Möglichkeit gegeben, mit den Gefange-nen in Kontakt zu treten (Stenografisches Protokoll Nr. 9,Teil III, S. 38).

a) Visuelle KontakteEin an der Wache unbeteiligter Zeuge (Nr. 13) berichtetevor dem Untersuchungsausschuss von einer Situation, inder er Gefangene gesehen habe. Dies sei seiner Wahrneh-mung nach der erste Abtransport von Inhaftierten ausdem Gefangenenlager in Kandahar gewesen (Stenografi-sches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 30).

b) Verbale KontakteEin verbaler Kontakt zwischen Angehörigen des KSKund anderen Gefangenen als Murat Kurnaz konnte durch

den Untersuchungsausschuss nicht festgestellt werden.Zu der Möglichkeit einer Kommunikation mit den Gefan-genen gab der Kontingentführer in seiner Zeugenaussagevor dem Untersuchungsausschuss an, er sei im Rahmeneiner Führung durch das Gefangenenlager auf ein striktesSprechverbot in Bezug auf die Gefangenen hingewiesenworden (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 17).Auch der Zeuge Ruhal Ahmed gab in seiner Vernehmungdurch den Ausschuss an, eine Kontaktaufnahme vondeutschen Soldaten mit Gefangenen nicht wahrgenom-men zu haben (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 14).

c) Körperliche KontakteWie bereits dargestellt, konnte der Untersuchungsaus-schuss im Rahmen der Aufgaben der als Wachpersonaleingesetzten KSK-Soldaten ermitteln, dass diese die ame-rikanischen Soldaten auch bei dem In-processing neuerGefangener unterstützt haben. Wie einige der als Zeugenvernommenen Soldaten dem Untersuchungsausschuss be-richteten, sei es im Rahmen dieser Aufgaben, die insbe-sondere im Abtransport von Gefangenen bestandenhätten, zu körperlichen Kontakten zu den Gefangenen ge-kommen (Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 50;Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 14).

Zu diesen Feststellungen kam auch die vom Bundes-ministerium der Verteidigung eingesetzte Arbeitsgruppe.In dem dem Untersuchungsverfahren beigezogenen undvom Ausschuss ausgewerteten Sprechzettel von Staats-sekretär Dr. Peter Wichert (BMVg) zur Sitzung des Un-tersuchungsausschusses am 29. November 2006 wirdausgeführt, es habe physische Kontakte bei der Auf-nahme neuer Gefangener gegeben, die beispielsweise ineinem „Anfassen am Arm“ bestanden hätten (BMVg,Staatssekretär Dr. Wichert, Sitzung des Verteidigungsaus-schusses am 29. November 2006, MAT 16 – 1).

Darüber hinaus ist im Sprechzettel zur Sitzung des Vertei-digungsausschusses am 25. Oktober 2006 der körperlicheKontakt zu Gefangenen wie folgt beschrieben worden:Dieser körperliche Kontakt habe darin bestanden, dassdie gefesselten Gefangenen, die als körperlich ge-schwächt beschrieben wurden, unter den Armen einge-hakt und von einem Platz zu einem anderen geführt wor-den seien. Ferner habe es einen physischen Kontakt zudiesen Gefangenen während verschiedener Durchsuchun-gen gegeben, bei denen es um das Auffinden von soge-nannten versteckten Ladungen gegangen sei (BMVg,Sprechzettel, Dr. Wichert, zur Sitzung des Verteidigungs-ausschusses am 25. Oktober 2006, MAT 16 – 1, S. 3).

4. Umgang mit den GefangenenIm Zuge seiner Zeugenaussage schilderte Murat Kurnazdem Untersuchungsausschuss, es habe im Gefangenenla-ger offenkundig Folter und Misshandlungen gegeben.Hierzu führte er aus:

„Jeder, der das Lager betreten hat, hat das miterlebt, gese-hen, wie schwer verwundete Menschen einfach so drau-ßen im Freien herumliegen, und zumeist auch noch mitoffenen Wunden. Wir wurden im Offenen geschlagen.

Drucksache 16/10650 – 54 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Man hat die Schreie gehört. Schreie konnte man 24 Stun-den lang hören. Es ist immer, zu jeder Zeit irgendein Ge-fangener geschlagen worden oder einer der Gefangenenhat irgendwo immer wegen der Schmerzen laut ge-schrien. Wie gesagt, das hat auch jeder, der dieses Lagerbetreten hat, auch mitbekommen.“ (Stenografisches Pro-tokoll Nr. 4, Teil II, S. 34)

Anlässlich der Ausführungen von Murat Kurnaz wurdenneben den Angehörigen des 1. Kontingents auch die Mit-häftlinge zum Umgang der Soldaten mit den Gefangenendurch den Untersuchungsausschuss befragt.

Der Mithäftling von Murat Kurnaz, Ruhal Ahmed,machte vor dem Ausschuss in seiner Vernehmung am23. Januar 2008 auch Ausführungen zur Verpflegung undzum Umgang mit den Gefangenen. Diese seien dreimalam Tag mit Fertigprodukten ernährt worden. Man habesich innerhalb der Zellen hintereinander aufstellen müs-sen, um durch den Stacheldraht durchgereichte oder herü-bergeworfene Essensrationen in Empfang zu nehmen(Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 8, 11). Er schilderte wei-ter, es habe sich bei der Verpflegung um weniger als500 Kalorien pro Tag gehandelt, sodass man die ganzeZeit darüber nachgedacht habe, wie man die Amerikanerdazu bringen könnte, ihnen zusätzliches Essen zu geben(Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 11). Der Zeuge Asif Iqbalgab ebenfalls an, nicht genug Nahrung zugeteilt bekom-men zu haben (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 29).

Der Zeuge Ruhal Ahmed schilderte ferner, man habe denGefangenen einen Sack über den Kopf gezogen, um diesezu den etwa zwei bis drei Minuten Fußweg entfernt gele-genen Verhörzelten zu bringen (Wortprotokoll Nr. 22,Teil II, S. 13).

Zu den klimatischen Verhältnissen führte dieser Zeugeaus: Tagsüber hätten etwa 45 bis 50 Grad Celsius ge-herrscht, während es in der Nacht sehr kalt geworden sei.Die Wasserflaschen seien gefroren gewesen. Die Gefan-genen seien ohne Unterwäsche und Socken lediglich miteiner Art Overall bekleidet gewesen. Ihnen hätten nursehr dünne Decken zur Verfügung gestanden. Er habewährend des gesamten Zeitraumes seiner Inhaftierungkaum geschlafen, weil es viel zu kalt gewesen sei. GegenEnde seiner Inhaftierung in Kandahar seien Wollmützenverteilt worden (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 15).

Ergänzend hierzu berichtete der Zeuge Asif Iqbal, der mitRuhal Ahmed zur gleichen Zeit und lediglich zwei Wo-chen in Kandahar inhaftiert war, es habe Gefangene gege-ben, die sich aufgrund der Kälte Handschuhe statt an dieHände an die Füße gezogen hätten. Nachdem das Interna-tionale Rote Kreuz eingetroffen sei, habe sich dieser Zu-stand geändert. Man habe eine zusätzliche Mahlzeit, So-cken, Handschuhe und Thermounterwäsche durch dasInternationale Rote Kreuz erhalten (Wortprotokoll Nr. 22,Teil II, S. 31).

Beide Mithäftlinge berichteten weiter, sie seien in derNacht alle zwei bis drei Stunden zum Zwecke der Durch-zählung geweckt worden, sodass ein „Durchschlafen“ garnicht möglich gewesen sei (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II,S. 15 u. 30). Auch berichtete der Zeuge Ruhal Ahmed von

einer Form der Bestrafung, bei der die Gefangenen tags-über außerhalb des Zeltes in der direkten Sonne hätten sit-zen müssen (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 16).

Der Zeuge Ruhal Ahmed berichtete weiter, alle Gefange-nen, darunter auch er selbst, seien von amerikanischenSoldaten misshandelt worden. Auf Nachfrage bestätigteder Zeuge, nur durch die amerikanischen Kräfte misshan-delt worden zu sein. Die Misshandlungen seien zur Er-zwingung eines Geständnisses während der Vernehmun-gen erfolgt (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 13, 17). Sieseien aber auch misshandelt worden, wenn sie einen Sol-daten „irgendwie falsch angeschaut“ hätten. Auf die Fragenach einer Konkretisierung der durch ihn geschildertenMisshandlungen erklärte der Zeuge, dass die eigentlicheFolter mit seiner Verbringung nach Guantánamo auf Kubabegonnen habe (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 17, 21).Wie Murat Kurnaz schilderte auch dieser Zeuge, manhabe Schreie aus dem Gefangenenlager gehört. Er bewer-tete das Gefangenenlager als nicht menschengerecht(Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 9, 13).

Der Zeuge Asif Iqbal schilderte dem Untersuchungsaus-schuss, nach dem Umgang des Wachpersonals mit denGefangenen befragt, in den ersten Tagen seiner Inhaftie-rung in Kandahar habe einer der Wachsoldaten herausge-funden, dass sie Briten seien. Dieser habe ihnen dann zu-sätzliches Essen gegeben. Er berichtete weiter, einigeWachposten seien sehr rau mit ihnen umgegangen, anderehätten überhaupt nichts gesagt. Wieder andere hätten Spaßdaran gehabt, die Gefangenen zur Strafe „durchzählen“ zulassen, während andere hieran kein Interesse gehabt hätten.Die Soldaten seien sehr unterschiedlich in ihrem Verhaltengewesen (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 32).

Auf die Frage, ob es Misshandlungen durch das Wachper-sonal gab, antwortete dieser Zeuge, Misshandlungen habees ab dem Zeitpunkt, zu dem man in amerikanischeHände gekommen sei, gegeben. Er sei zwar in verschie-denen Situationen, wie zum Beispiel während des Flugesnach Kandahar, vor und während der Befragungen, durchamerikanische Soldaten geschlagen worden, sein Fall seiaber nicht so schwerwiegend gewesen. Er sei nie schlimmgeschlagen worden. Es habe aber andere Gefangene mitSchnittverletzungen, blauen Flecken und anderen Wun-den gegeben. Er berichtete ferner, er habe auch Schreiegehört (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 32).

Die Angehörigen des 1. Kontingents, die als Zeugen ver-nommen wurden, berichteten im Laufe des Untersu-chungsverfahrens übereinstimmend, die Inhaftierten imGefangenenlager Kandahar seien mit der gleichen Ver-pflegung wie die Einsatzkräfte und mit ausreichendTrinkwasser versorgt worden. Sie seien mit Overalls be-kleidet gewesen und es hätten ihnen Decken zur Verfü-gung gestanden. Darüber hinaus gab es zur Lage der Ge-fangenen und den Umgang mit ihnen unterschiedlicheWahrnehmungen der Zeugen.

Die Auswertung der Zeugenaussagen zur Feststellung desUmgangs der Soldaten mit den Gefangenen ergab, dassdie hierzu erfolgten Aussagen sowohl Beschreibungenvon Wahrnehmungen als auch Wertungen enthielten. Ins-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 55 – Drucksache 16/10650

besondere wurde auf diesbezügliche Nachfragen zu Miss-handlungen von Gefangenen von nur sehr wenigenpersönlichen Wahrnehmungen berichtet. Vielfach gab esBeobachtungen, an die die vernommenen Soldaten ihrepersönlichen Wertungen geknüpft haben.

Die weit überwiegende Anzahl der vom Untersuchungs-ausschuss vernommenen Zeugen gab an, keine Misshand-lungen von Gefangenen oder Hinweise hierauf wahrge-nommen zu haben. Der damalige Kontingentführerberichtete dem Ausschuss hierzu, Vertreter vom Interna-tionalen Roten Kreuz und von UN-Hilfsorganisationenseien ständig im Lager gewesen. Diese hätten im Gegen-satz zu ihm oder anderen Soldaten auch die Möglichkeitgehabt, mit den Gefangenen zu sprechen. Daher habe erkeine Zweifel daran gehabt, dass alle Rechte der Gefan-genen, insbesondere die Rechte aus der Genfer Konven-tion, eingehalten werden (Stenografisches Protokoll Nr. 4,Teil III, S. 12).

Auch der damalige stellvertretende Kontingentführer gabin seiner Zeugenvernehmung an, über Misshandlungenhabe er keine Kenntnis gehabt. Er habe diesbezüglich we-der persönlich etwas gehört noch habe er andere Personenhierüber reden hören (Stenografisches Protokoll Nr. 14,Teil III, S. 11).

Ein weiterer Zeuge (Nr. 20) gab in seiner dienstlichenAnhörung im Rahmen der Arbeitsgruppe „Murat Kurnaz“des BMVg an, Misshandlungen durch Amerikaner nichtbeobachtet zu haben. Ein Anfassen der Gefangenen seizur Abtastung und Abführung erfolgt, ein Treten undSchlagen der Gefangenen habe es nicht gegeben (BMVg,Anhörungsniederschrift des Zeugen Nr. 20, MAT 16 – 14,Anlage 03). Der Zeuge Nr. 37 schilderte auf sehr detail-lierte Weise die damaligen Umstände und die hieraus re-sultierende Behandlung der Gefangenen:

„(…) Die haben die gleiche Verpflegung gekriegt wie wir.(…) Man musste alle gefährlichen Gegenstände rausneh-men. Es gab da Berichte, dass Gefangene teilweise einePlastikgabel angespitzt haben, irgendeinem Wachpostenins Auge gerammt haben und ähnliche Dinge, also ohneRücksicht auf ihr eigenes Leben, was auch immer aus ih-nen wird. Also, sie wurden schon als höchst gefährlicheingestuft und bereit – so haben wir sie alle gesehen –, ihrLeben zu opfern im Prinzip: Hauptsache, ich nehme nochjemanden von den anderen mit in den Tod oder verwundeihn schwer, was auch immer. – So wurden sie eingestuftund auch behandelt. Also Distanz. Es gab dort nieman-den, der an so einen Gefangenen herangetreten ist; diewaren immer schön sauber auf Distanz gehalten.“ (Steno-grafisches Protokoll Nr. 20, Teil III, S. 7)

„(…) Alles das, was wir heute wissen, wie die Amerika-ner mit solchen Menschen umgegangen sind und ähnlicheDinge, war damals nicht bekannt. Für mich war das, wasich sehen konnte, alles völlig in Ordnung, und deswegenhabe ich auch diese Aufzeichnungen über das Lager ge-macht, weil ich das als vorbildlich eingestuft habe; dennich hätte es nicht besser anders machen können, vielleichtmit der Frage noch, ob man die noch ein bisschen besserversorgen könnte, mit Decken oder ähnlichen Dingen,

und ansonsten waren das für uns Terroristen. Dass damöglicherweise auch von den Amerikanern Personenfestgenommen worden sind, die vielleicht nicht berech-tigterweise irgendwas sind, das war uns damals nicht klar,(…).

Dort war ein Gefangenenlager, und wir sind davon ausge-gangen, dort sind zunächst einmal rechtmäßig festgehal-tene Personen, die hochgefährlich sind, hochgefährlich,nach allem, was wir wussten, und die werden ordentlichbehandelt. Das war unser Kenntnisstand, und von daherhaben wir uns entsprechend, denke ich, korrekt verhalten.Wenn es anders gewesen wäre – das versichere ich Ihnen–, dann hätte ich persönlich, auch aus meinem christli-chen Glauben heraus, dort anders gehandelt. Das versi-chere ich Ihnen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 20,Teil III, S. 24)

Neben diesen Aussagen gab es eine Minderheit von Zeu-gen, die über eine andere Wahrnehmung berichteten. EinZeuge (Nr. 2) schilderte zum Umgang mit den Gefange-nen:

„(…) Problem war natürlich teilweise auch die Haltungder Gefangenen: Hände auf dem Rücken, Gesicht zumBoden, teilweise Gesicht verbunden. Manche konntensich über Stunden hinweg nicht bewegen. Ich denke, dasslässt sich mit meinen Wertvorstellungen nicht vereinba-ren.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 35)

Ein anderer Zeuge (Nr. 28) gab in seiner Vernehmung an,er habe gesehen, wie ein amerikanischer Soldat einen Ge-fangenen mit einer Maske über dem Kopf sehr aggressivangepackt und gegen eine Wand laufen gelassen habe(Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 90 f.).

Ein weiterer Zeuge (Nr. 3) gab an, die amerikanischenSoldaten seien im Umgang mit den Gefangenen „robus-ter“ gewesen, ohne eigene konkrete Beobachtungenhierzu zu nennen. Dieser und ein anderer Zeuge (Nr. 14)beschrieben dem Untersuchungsausschuss ihre persönli-chen Eindrücke wie folgt:

„Sie sind ruppig mit ihnen umgegangen und haben sienicht vorsichtig von A nach B geführt, und wenn jemandnicht schnell genug hinterherlaufen konnte, wurde erauch schon einmal hinterher gezogen.“ (StenografischesProtokoll Nr. 8, Teil III, S. 32)

„Es kam in meinem Beisein weder zu Schlägen noch zusonstigen Körperverletzungen. Aber ich kann jemandenja vom Boden aufheben oder ihn zum Beispiel hochrei-ßen. Oder ich kann bedacht sein, wenn ich mit jemandemdurch Sicherheitsschleusen aus S-Draht laufe, sodass erwirklich dort durchgeführt wird, oder nicht so bedachtsein, wenn er in Stocken gerät. Man muss sich in die Lageder Gefangenen versetzen. Ich nehme an, dass die Mehr-zahl dieser Menschen schon sehr große Angst hatte.Wenn derjenige dann eben nicht mehr weiterlaufen willoder kann, muss man ihn ja nicht unbedingt sehr hart wei-terziehen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III,S. 10)

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Der katholische Militärdekan, der die Angehörigen derBundeswehr im Einsatzland seelsorgerlich begleitet hatte,wurde schriftlich befragt, ob er bei der Behandlung derGefangenen im Lager Kandahar Verstöße gegen die Re-geln der Genfer Konvention wahrgenommen habe. Er be-schrieb seine Wahrnehmungen und nahm folgende Be-wertung vor:

„Vor einigen Soldaten des KSK habe ich darauf hinge-wiesen, dass das ganze Lager in seinem Aufbau, denmenschlichen Empfindungen, der Intimität und der Ach-tung gegenüber der allgemeinen Menschlichkeit wider-spricht (Ob das Gefangenenlager der Genfer Konventionentspricht kann ich nicht wahrhaftig beantworten, da derGesamteindruck des Lagers mich innerlich sehr erregte).

In dem Lager selbst und auch bis heute, habe ich beklem-mende Gefühle, wenn ich an die Besichtigung des Lagersdenke. Von Misshandlungen und Körperverletzungen imEinzelfall, oder in besonderer Weise ist mir nichts be-kannt. Das ganze Lager halte ich bis heute für eine Miss-handlung und Körperverletzung am ganzen Menschen, anallen die dort inhaftiert waren und auch an jenen jungenamerikanischen Soldaten, die das Gefangenenlager bewa-chen mussten. Denn ich denke, auch der Mensch, welchermit unmenschlichen Situationen konfrontiert wird, erlei-det einen seelischen Schaden.“ (Katholischer Militärde-kan, Beantwortung von Fragen, MAT 16 – 52, S. 2)

Im Ergebnis ergaben die Untersuchungen des Ausschus-ses, dass die vernommenen Zeugen mehrheitlich keineMisshandlungen von Gefangenen wahrgenommen haben.Die Auswertung der Zeugenaussagen ergab weiterhin,dass bei einigen wenigen Zeugen Eindrücke vom Um-gang mit den Gefangenen entstanden sind. Nur verein-zelte Zeugenaussagen beruhten auf eigenen Beobachtun-gen.

III. Zusammentreffen von Angehörigen des 1. Deutschen Heereskontingents Spezialkräfte mit Murat Kurnaz

Murat Kurnaz berichtete von Kontakten zu deutschenSoldaten erstmals im Rahmen eines Interviews für dasMagazin stern vom 5. Oktober 2006 (stern, 5. Oktober2006, MAT 16 – 19, S. 46).

In der Zeugenvernehmung vor dem Untersuchungsaus-schuss am 17. Januar 2007 wurde Murat Kurnaz gefragt,warum er vor diesem Interview selbst seinem amerikani-schen Rechtsbeistand gegenüber, der ihn während seinerHaft im Gefangenenlager Guantánamo besuchte, von ei-ner Begegnung mit deutschen Soldaten nichts erwähnthabe. Murat Kurnaz erklärte dem Ausschuss daraufhin, ersei davon ausgegangen, dass das „einige Leute inDeutschland nicht hören wollen“. Er habe befürchtet, ihmwürde dann die Entlassung aus der Haft und die Rück-reise in die Bundesrepublik Deutschland erschwert wer-den. Aufgrund dieser Befürchtungen habe er seinem ame-rikanischen Rechtsbeistand gegenüber nur erwähnt, dassda „noch einiges“ sei, wovon er nicht berichten wolle.Auch nach seiner Freilassung habe er nicht vorgehabt,von dieser Begegnung zu berichten. Er sei davon ausge-

gangen, dass dies nichts bringen werde. Er habe sich zu-rückziehen und die Medien meiden wollen, um seineRuhe zu haben. Während des Interviews für das Magazinstern habe es für ihn dann aber keinen Sinn mehr ge-macht, Begebenheiten während der Zeit seiner Gefangen-schaft auszulassen (Stenografisches Protokoll Nr. 4,Teil II, S. 47).

Murat Kurnaz‘ deutscher Rechtsbeistand Bernhard Dockebestätigte vor dem Untersuchungsausschuss, er habe voneiner Begegnung mit deutschen Soldaten weder durchMurat Kurnaz noch durch seinen amerikanischen Kolle-gen Baher Azmy erfahren. Sein Mandant habe ihm ge-genüber nur Andeutungen bezüglich „irgendwelcher Sa-chen“ gemacht, die passiert seien. Eine weitergehendeKenntnis habe er nicht gehabt. Konkret habe er hiervonerst nach der Rückkehr von Murat Kurnaz nach Deutsch-land während der Erstellung des stern-Interviews in derzweiten Septemberhälfte erfahren. Murat Kurnaz habeihn im Rahmen dieses Interviews in Kenntnis gesetzt,dass diese Begebenheit thematisiert worden sei (Steno-grafisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 13–15, 20).

1. Visuelle KontakteDie Untersuchungen des Untersuchungsausschusses zuKontakten von Angehörigen der Bundeswehr zu MuratKurnaz ergaben zunächst eine unterschiedliche Definitiondes Begriffes „Kontakt“ durch die vernommenen Zeugen.Während einige Zeugen jeglichen Kontakt und somit aucheine visuelle Wahrnehmung diesem Begriff zuordneten,gaben andere Zeugen an, hierunter eine über das rein Vi-suelle hinausgehende, unmittelbare Begegnung mit MuratKurnaz zu verstehen (Stenografisches Protokoll Nr. 7,Teil III, S. 13). Ein Zeuge (Nr. 23) berichtete dem Aus-schuss in seiner Vernehmung, es sei davon auszugehen,dass alle deutschen Soldaten, die im Gefangenenlager wa-ren, wahrscheinlich auch Murat Kurnaz gesehen hätten(Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 13).

Mehrere der durch den Untersuchungsausschuss vernom-menen Zeugen gaben an, Murat Kurnaz visuell wahrge-nommen zu haben. So berichtete ein Zeuge (Nr. 28), ersei während einer Besichtigung des Gefangenenlagersvon den amerikanischen Soldaten auf Murat Kurnaz auf-merksam gemacht worden. Hierbei sei kein anderer deut-scher Soldat anwesend gewesen. Er habe ihn während desRundgangs im Gefangenenlager in einer Entfernung von15 bis 20 Metern gesehen und beschrieb Murat Kurnazwie folgt: Als er ihn das erste Mal gesehen habe, sei er imGegensatz zu den aktuellen Bildern im Fernsehen einpaar Pfund leichter und etwas schmächtig gewesen (Ste-nografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 49, 58). In derZeugenvernehmung durch die Staatsanwaltschaft Tübin-gen teilte er darüber hinaus mit, Murat Kurnaz auch beiseinen weiteren zwei Rundgängen im Gefangenenbereichdes Lagers gesehen zu haben. Dieser sei mit einem blauenEinheitsanzug bekleidet gewesen und habe längeres Haarund einen Bart getragen (Staatsanwaltschaft Tübingen,Ermittlungsakte, MAT 16 – 25, S. 290 f.).

Auch der Zeuge Nr. 14 gab gegenüber dem Untersu-chungsausschuss an, Murat Kurnaz lediglich gesehen zu

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57 – Drucksache 16/10650

haben (Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 3). Einamerikanischer Militärpolizist habe im Rahmen einerEinweisung in den Lagerbereich in Vorbereitung desWachdienstes auf einen Gefangenen gezeigt und mitge-teilt, dass es sich bei diesem um einen deutschsprachigenGefangenen handele. Der Zeuge sei davon ausgegangen,dass dieser Gefangene sie sicherlich auch gesehen habe.Nach seiner Erinnerung war ein weiterer deutscher Soldatbei dieser Situation anwesend. Weiterhin berichtete derZeuge dem Ausschuss, er sei während der Durchführungder Wache im Rahmen seines Streifendienstes immerwieder an dem Bereich, in dem sich dieser deutschspra-chige Gefangene befand, vorbeigekommen und habe die-sen flüchtig wahrgenommen (Stenografisches ProtokollNr. 9, Teil III, S. 5, 22).

Ferner gab auch der Zeuge Nr. 27 in seiner Aussage vordem Untersuchungsausschuss an, im Gefangenenlagereine Meldung über einen deutschsprachigen Gefangenenerhalten und diesen gesehen zu haben (StenografischesProtokoll Nr. 6, Teil III, S. 11).

Des Weiteren sagte der Zeuge Nr. 16 in seiner Verneh-mung durch den Untersuchungsausschuss aus, er sei einerder wenigen, die Murat Kurnaz möglicherweise gesehen,aber nicht erkannt haben. Er berichtete dem Ausschuss,man habe ihn gebeten, bei der Vernehmung eines als Tali-ban gefangen genommenen Deutschen anwesend zu sein.Deshalb sei er einmal in dem Gefangenenlager gewesen.Ein Amerikaner habe auf zehn mit blauen Overalls be-kleidete Gefangene, die lange Haare und lange Bärte ge-tragen hätten, in einer Entfernung von zehn bis zwanzigMetern gezeigt und ihm mitgeteilt, dass dort MuratKurnaz stehe. Der Zeuge habe den amerikanischen Solda-ten darauf aufmerksam gemacht, dass „Kurnaz“ keindeutscher Name sei, er aber eine deutsche Person anhörensolle. In diesem Zusammenhang habe er erfahren, dassdieser Gefangene mit großer Wahrscheinlichkeit keinDeutscher sei, aber Deutsch spreche. Dass es sich bei die-sem Gefangenen um einen Türken handele, habe er nichterfahren. Kurze Zeit später sei ein weiterer amerikani-scher Soldat dazugekommen und habe mitgeteilt, dass derGefangene keinen Wert darauf lege, mit einem Deutschenzu sprechen. Deswegen sei diese Angelegenheit für ihnerledigt gewesen und er habe sich aus dem Gefangenenla-ger entfernt (Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III,S. 25, 35).

Der am Wacheinsatz beteiligte Zeuge Nr. 8 schildertedem Untersuchungsausschuss, er habe während seiner„Schicht“ erfahren, dass sich ein Deutscher unter den Ge-fangenen befinde. Dieser deutsche Gefangene sei, ver-mutlich von einem amerikanischen Soldaten, herangeru-fen und gezeigt worden. Der Zeuge habe diese Persongesehen; mit ihr gesprochen habe nach seiner Erinnerungkeiner von ihnen (Stenografisches Protokoll Nr. 11,Teil III, S. 46). Der Zeuge (Nr. 8) gab an, es nicht aus-schließen zu können, dass es sich bei dieser Person umMurat Kurnaz gehandelt habe (Stenografisches ProtokollNr. 11, Teil III, S. 50).

Weitere Zeugen (Nr. 32 und Nr. 23) schilderten, sie seiendurch amerikanische Soldaten während der Wacheinwei-

sung auf einen deutschsprachigen Gefangenen in einemder „Compounds“ hingewiesen worden, sodass sie ver-muteten, ihn gesehen zu haben. Eine konkrete Person seiihnen nicht gezeigt worden (Stenografisches ProtokollNr. 7, Teil III, S. 10; Stenografisches Protokoll Nr. 6,Teil III, S. 27, 29).

2. Verbaler Kontakt „Wortwechsel am Zaun“Die Zeugenvernehmungen des Untersuchungsausschus-ses ergaben, dass es neben visuellen auch verbale Kon-takte zu Murat Kurnaz gegeben hat.

a) Aussage von Murat KurnazMurat Kurnaz gab in seiner Zeugenvernehmung durchden Untersuchungsausschuss an, es habe verbalen Kon-takt mit deutschen Soldaten gegeben. Er schilderte über-einstimmend sowohl vor dem Verteidigungsausschuss als1. Untersuchungsausschuss als auch in seiner Anhörungdurch den CIA-Untersuchungsausschuss des Europäi-schen Parlaments und vor der Staatsanwaltschaft Tübin-gen folgenden Sachverhalt: Er sei im GefangenenlagerKandahar von zwei amerikanischen Soldaten an denDrahtzaun gerufen worden. Nachdem er dieser Aufforde-rung nachgekommen sei, habe er neben den amerikani-schen Soldaten zwei weitere Soldaten wahrgenommen.Diese beiden Soldaten hätten an ihren Uniformen das deut-sche Abzeichen getragen. Als er bemerkt habe, dass es sichum deutsche Soldaten handele, habe er sich diese Personennäher angesehen, ihnen „ins Gesicht geguckt“. Einer dieserbeiden Soldaten habe ihm dann Folgendes gesagt: „Fal-sche Seite ausgesucht, auf den Boden gucken!“ (Steno-grafisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 32)

In seiner Zeugenvernehmung durch die Staatsanwalt-schaft Tübingen gab Murat Kurnaz zudem an, dieser Wei-sung nachgekommen zu sein (Staatsanwaltschaft Tübin-gen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 9, S. 39).

Danach habe er sich wieder auf seinen Platz begeben dür-fen (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 32; Staats-anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 9,S. 37, 39).

Darüber hinaus stellte er in einem Interview in der Fern-sehsendung „beckmann“ dar, dieser deutsche Soldat habein perfektem Deutsch gesprochen, sodass er keine Zwei-fel daran gehabt habe, dass es sich um einen Deutschenhandele („beckmann“, 16. Oktober 2006, MAT 16 – 4,S. 10 f.). In seiner Zeugenaussage vor der Staatsanwalt-schaft Tübingen beschrieb Murat Kurnaz zudem dieseSituation damit, dass die Soldaten ihn nur haben sehenwollen. Ein Grund hierfür sei ihm nicht genannt worden(Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,MAT 16 – 9, S. 37 f.).

Zu einem späteren Zeitpunkt der staatsanwaltschaftlichenVernehmung gab er an, diese beiden Soldaten später inder Nacht noch einmal gesehen zu haben (Staatsanwalt-schaft Tübingen, MAT 16 – 9, S. 47).

Murat Kurnaz bestätigte vor dem Untersuchungsaus-schuss, dass es nur diese eine Begegnung mit deutschen

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Soldaten gegeben habe. Außer diesen beiden deutschenSoldaten, die er später am selben Abend noch patrouillie-ren gesehen habe, habe er keine weiteren deutschen Sol-daten wahrgenommen (Stenografisches Protokoll Nr. 4,Teil II, S. 40, 47, 53).

b) Aussagen der Mithäftlinge

Die vom Untersuchungsausschuss als Zeugen vernomme-nen Mithäftlinge von Murat Kurnaz, Ruhal Ahmed undAsif Iqbal, gaben an, eine Situation in der Murat Kurnazvon Soldaten an den Zaun des Zeltes gerufen wurde, nichtwahrgenommen zu haben (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II,S. 14 u. 33).

Diese Aussage wiederholte der Zeuge Ruhal Ahmedauch bei seiner Vernehmung durch die Staatsanwalt-schaft (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,MAT 16 – 84, S. 369), während der Zeuge Asif Iqbalhierzu nicht erneut befragt wurde.

Bei einer durch die Staatsanwaltschaft durchgeführten te-lefonischen Befragung eines weiteren Mithäftlings, denAsif Iqbal bei seiner Vernehmung als möglichen weiterenZeugen nannte (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermitt-lungsakte, MAT 16 – 84, S. 381), habe sich dieser Mit-häftling mit Namen Shafiq Rasul an ein Vorkommnis ineiner Nacht erinnern können, bei dem deutsche Soldatenauf Murat Kurnaz gezeigt und mit ihm gesprochen hätten(Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, Vermerkvom 29. Januar 2008, MAT 16 – 84).

c) Aussagen der Soldaten

Neben Murat Kurnaz haben auch Soldaten des Komman-dos Spezialkräfte vor dem Untersuchungsausschuss ge-schildert, dass es eine Situation im Gefangenenlager ge-geben habe, in der ein „deutscher Gefangener“ an denZaun gerufen und gezeigt worden sei. Einige der vernom-menen Soldaten bestätigten diesen von Murat Kurnaz an-gegebenen Ausspruch. So berichtete der Zeuge Nr. 18 inseiner Vernehmung durch den Untersuchungsausschuss,es habe eine Situation im Gefangenenlager gegeben, inder man die Gefangenen habe antreten lassen. Der ver-meintliche Deutsche sei aufgefordert worden, an denZaun heranzutreten. Auf der anderen Seite des Zauneshätte sich eine Gruppe von deutschen und US-Soldatenbefunden, darunter ein sehr junger US-Soldat, der letzt-lich den „Deutschen“ aufgefordert habe, näher zu kom-men. Der Gefangene sei dieser Aufforderung nachgekom-men und aus der Gruppe sei sinngemäß „der Spruch“gefallen, dass er sich wohl die falsche Seite ausgesuchthabe. Daraufhin habe der Gefangene aufgeschaut. Im Ge-gensatz zu der Darstellung von Murat Kurnaz gab derZeuge Nr. 18 an, der amerikanische Soldat habe den Ge-fangenen aufgefordert, auf den Boden zu schauen, unddamit sei die Kommunikation, die lediglich wenige Se-kunden gedauert habe, beendet gewesen. Nach seiner Er-innerung sei sein Gesicht in dieser Situation getarnt ge-wesen (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 92 f.,98).

Auch der Zeuge Nr. 1 schilderte vor dem Untersuchungs-ausschuss eine Begebenheit, in der ein amerikanischerSoldat den „German“ gerufen habe. Daraufhin sei jemandaufgestanden, der Deutsch gesprochen und gesagt habe:„Ja, ich spreche deutsch“. Dieser Gefangene sei an denZaun gekommen. In diesem Moment habe er sich wegge-dreht und sei weggegangen, da er nicht habe erkanntwerden wollen. Er könne sich nicht erinnern, ob diese Be-gebenheit während seiner Zeit als Besucher des Gefange-nenlagers oder während seines Streifendienstes im Gefan-genenlager gewesen sei (Stenografisches Protokoll Nr. 6,Teil III, S. 58).

Ein anderer Zeuge (Nr. 20) berichtete in seiner Verneh-mung durch den Ausschuss, er sei zusammen mit anderendeutschen Soldaten, im Rahmen der Wachunterstützung,von der amerikanischen Militärpolizei in das Gefange-nenlager eingewiesen worden. Bei dieser Einweisunghabe ein amerikanischer Soldat einen Inhaftierten aufge-fordert, an den Zaun zu treten, und diesen als deutschenGefangenen vorgestellt (Stenografisches Protokoll Nr. 21,Teil III, S. 3).

Im Laufe der Zeugenvernehmung gab der Zeuge Nr. 1 an,er könne sich ziemlich gut daran erinnern, wie der ver-meintliche Deutsche, der aufgerufen worden sei, aussah.Dieser habe rötliche Haare und einen etwa fünf Zentime-ter langen Vollbart gehabt (Stenografisches ProtokollNr. 6, Teil III, S. 84). Der Zeuge Nr. 1 erklärte, dass er denSatz „Du hast dir die falsche Seite ausgesucht“ im Lagerweder beim Besuch noch bei dem Wachdienst gehörthabe (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 59).

Andere Soldaten haben in ihren Zeugenvernehmungendurch den Untersuchungsausschuss angegeben, von die-sem Geschehnis gehört zu haben. Der Zeuge Nr. 22 be-richtete dem Ausschuss, er sei von einem Kameraden ineinem vertraulichen Gespräch informiert worden, dass ei-nige KSK-Soldaten den vermeintlich deutschen Gefange-nen sinngemäß mit den Worten „Du hast dir wohl diefalsche Seite ausgesucht.“ im Gefangenenlager angespro-chen hätten. Er sei der Überzeugung gewesen, dass hier-von noch weitere Angehörige des KSK gewusst hätten(Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 68 f.). Er habenicht erfahren, ob diese Begebenheit im Rahmen der Wa-che oder in einem anderen Zusammenhang stattgefundenhabe (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 76). Inseiner Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft Tübin-gen gab der Zeuge Nr. 22 zudem an, diese Information ineinem Nebensatz gegen Ende des Einsatzes im Februaroder März 2002 erhalten zu haben. Der Kamerad, der ihmhiervon berichtete, sei wohl davon ausgegangen, dies seieine allgemein bekannte Tatsache innerhalb des Kreisesder deutschen Kommandosoldaten und sei überrascht ge-wesen, dass er hiervon nichts gewusst habe (Staats-anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 25,S. 351).

Der am Wacheinsatz beteiligte Zeuge Nr. 32 berichtetedem Ausschuss, von der genannten Äußerung nach demBeginn der Ermittlungen während eines Telefongesprä-ches in Deutschland gehört zu haben. Ihm habe jemand

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 59 – Drucksache 16/10650

erzählt, die Äußerung sei durch einen Soldaten des KSKerfolgt (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 5).

Auch der ebenfalls an der Wache beteiligte Zeuge Nr. 8gab in seiner Vernehmung durch den Ausschuss an, dieÄußerung: „Du bist wohl auf der falschen Seite gewe-sen.“ erst nach dem Einsatz in Kandahar gehört zu haben(Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 47).

Der Zeuge Nr. 9 sagte vor dem Untersuchungsausschussaus, er sei von einem KSK-Soldaten unterrichtet worden,dass es während einer Wachverstärkung im Gefangenen-lager zu einem Austausch von Worten gekommen sei(Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 17).

Hierzu sagte der Zeuge Nr. 20 aus, es sei natürlich da-rüber gesprochen worden, wer den Ausspruch mit der fal-schen Seite gemacht habe. Er sei erst wenige Tage inDeutschland und er könne sich an keinen Kameraden er-innern, der einen solchen Satz gesagt haben könnte. DerZeuge konnte sich des Weiteren nicht daran erinnern, obder von der Staatsanwaltschaft Tübingen ursprünglichBeschuldigte überhaupt bei dem „Wachteam“ dabei ge-wesen sei (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,MAT 16 – 8, S. 154/155).

Welcher der Soldaten diesen Ausspruch getätigt hat,konnte durch den Untersuchungsausschuss nicht eindeu-tig rekonstruiert werden.

Auch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Tübingenführten in dieser Frage zu keinem Ergebnis. Zwar konnteauch die Staatsanwaltschaft im Zuge der Vernehmungenaufklären, dass der deutsche Gefangene an den Zaun he-rangerufen und einer Gruppe von deutschen Soldaten ge-zeigt worden war. Auch sei durch die vernommenen Sol-daten bestätigt worden, dass einer aus ihrer Gruppe dieÄußerung: „Du bist wohl auf die falsche Seite geraten.“gemacht habe. Die Staatsanwaltschaft hat aber nicht er-mitteln können, welcher der Soldaten für diesen Aus-spruch verantwortlich war. Des Weiteren geht die Staats-anwaltschaft davon aus, es müsse sich bei der Situationdes Heranrufens an den Zaun um zwei verschiedene Er-eignisse handeln. Sie habe festgestellt, dass die vernom-menen Soldaten in zwei verschiedenen Gruppen unter-wegs waren, sodass es sich um zwei verschiedeneEreignisse habe handeln müssen (Staatsanwaltschaft Tü-bingen, Einstellungsverfügung, MAT 16 – 42, S. 6 f.;Staatsanwaltschaft Tübingen, Pressemitteilung vom29. Mai 2007, MAT 16 – 41; Dokument Nr. 24).

In der 21. Sitzung des Verteidigungsausschusses am18. Oktober 2006 berichtete Staatssekretär Dr. PeterWichert (BMVg), ein Zeuge habe sich daran erinnert,dass dem angeblichen Deutschen „Du warst wohl auf derfalschen Seite“ zugerufen worden sei. Einen Wortwechseloder gar eine Misshandlung habe es allerdings nach denbisherigen Aussagen der Soldaten nicht gegeben (Kurz-protokoll der 21. Sitzung des Verteidigungsausschusses,18. Oktober 2006, S. 4; MAT 16 – 6, S. 235).

Hinsichtlich der Frage, ob deutsche Soldaten in Kandaharan einer Vernehmung von Murat Kurnaz teilgenommenhaben, liegt dem Untersuchungsausschuss lediglich die

Aussage eines Zeugen (Nr. 2) vor, die auf eine solche Be-gegnung mit Murat Kurnaz hinweist. Murat Kurnaz selbstberichtete bzw. bestätigte zu verschiedenen Zeitpunktenseiner Vernehmung im Untersuchungsausschuss, dass er– abgesehen von dem Kontakt zu den beiden beschuldig-ten Soldaten – keinen Kontakt zu anderen deutschen Sol-daten gehabt habe (Stenografisches Protokoll Nr. 4,Teil II, S. 34, 40, 53).

Der Zeuge Nr. 2 berichtete, dass von amerikanischerSeite die Frage gestellt worden sei, ob man den „deut-schen Gefangenen“ im Lager befragen wolle. Ein andererdeutscher Soldat sei daraufhin in das Gefangenenlagergegangen und habe Verbindung zu Kurnaz aufgenom-men. Dies habe er ihm erzählt (BMVg, MAT 16 – 14, An-lage 03, entspricht Ordner 3). Vor dem Untersuchungs-ausschuss erklärte der Zeuge Nr. 2, dass er nicht wisse, obdiese von ihm genannte Person Kontakt mit MuratKurnaz gehabt habe (Stenografisches Protokoll Nr. 9,Teil III, S. 30). Er habe lediglich wahrgenommen, dassdiese Person in die Richtung des Gefangenenlagers ge-gangen sei (Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III,S. 35).

Der von dem Zeugen Nr. 2 benannte andere deutsche Sol-dat (Zeuge Nr. 11) erklärte in seiner Zeugenvernehmungvor dem Untersuchungsausschuss, dass es nicht zu einerBegegnung mit dem deutsch sprechenden Gefangenengekommen sei. Soweit er sich erinnern könne, sei auchkeine entsprechende Weisung, mit Murat Kurnaz Kontaktaufzunehmen, ergangen (Stenografisches Protokoll Nr. 9,Teil III, S. 44).

Ein weiterer Zeuge (Nr. 16) erläuterte, dass er das Gefan-genenlager aufgesucht habe, um einen deutschen Gefan-genen anzuhören. Hierzu sei er von amerikanischer Seitegebeten worden. Ihm sei dann erläutert worden, dass essich bei Murat Kurnaz mit großer Wahrscheinlichkeitnicht um einen Deutschen handele und dieser Gefangenekeinen Deutschen sprechen wolle. Daraufhin habe er dasGefangenenlager wieder verlassen (Stenografisches Pro-tokoll Nr. 11, Teil III, S. 25, 31).

3. Körperlicher KontaktGegenstand der Untersuchungen des Ausschusses warinsbesondere vor dem Hintergrund der von Murat Kurnazbehaupteten Misshandlung durch KSK-Angehörige dieFrage, ob und inwieweit es überhaupt zu körperlichenKontakten kommen konnte. Nach den Untersuchungendes Ausschusses hätte ein Zusammentreffen von Angehö-rigen des KSK mit Murat Kurnaz mit körperlichem Kon-takt theoretisch im Rahmen der Wachunterstützung, bei-spielsweise bei der Verbringung von Gefangenen von Anach B, im Gefangenenlager stattfinden können. Ein der-artiger Kontakt konnte jedoch von keinem der vernom-menen Zeugen bestätigt werden. Hinsichtlich des konkretvon Murat Kurnaz erhobenen Vorwurfs, von Angehörigendes KSK körperlich misshandelt worden zu sein, stehender Aussage von Murat Kurnaz die Aussagen der ver-nommenen Zeugen, die an der Wachunterstützung teilge-nommen hatten, sowie die Aussagen anderer Angehörigerder Bundeswehr entgegen.

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B. Wurde Murat Kurnaz im Rahmen dieser Kontakte durch Angehörige der Bundeswehrin seiner körperlichen Integrität beeinträchtigt, und wenn ja, wie und durch wen?

Ob Murat Kurnaz durch Angehörige der Bundeswehr inseiner körperlichen Integrität beeinträchtigt wurde, kannnach den Feststellungen des Untersuchungsausschussesnicht als bewiesen angesehen werden. Die Aussagen vonMurat Kurnaz stehen den Zeugenaussagen der vernom-menen Soldaten entgegen, die an der Wachverstärkungbeteiligt waren. Das von Murat Kurnaz behauptete Zu-sammentreffen von ihm mit zwei deutschen Soldaten hin-ter einem Lastkraftwagen im US-Gefangenenlager inKandahar wurde von keinem der vernommenen Soldatenbestätigt. Alle Zeugen aus dem Bereich der Bundeswehr,insbesondere diejenigen Soldaten des Kommandos Spe-zialkräfte (KSK), die an der Wachverstärkung teilgenom-men haben, bestritten ein solches Zusammentreffen.

Die durch den Verteidigungsausschuss als 1. Untersu-chungsausschuss vernommenen britischen Mithäftlinge,Ruhal Ahmed und Asif Iqbal, verfügten über keine Er-kenntnisse oder Wahrnehmungen über eine Misshandlungvon Murat Kurnaz durch Angehörige der Bundeswehr inKandahar. Der Zeuge Ruhal Ahmed befand sich nach ei-genen Angaben vom 31. Dezember 2001 bis zum 14. Fe-bruar 2002 im US-Gefangenenlager in Kandahar. Wäh-rend dieser Zeit wurde der Zeuge mit Murat Kurnazzusammen im gleichen Bereich des US-Gefangenenla-gers festgehalten. Nach eigener Darstellung bestand zwi-schen dem Zeugen und Murat Kurnaz Kontakt; Kurnazhabe ein wenig englisch gesprochen, andere Gefangenedemgegenüber nur arabisch; man habe nebeneinander ge-schlafen und gemeinsam gegessen (Wortprotokoll Nr. 22,Teil II, S. 7, 8).

Der Zeuge Asif Iqbal wurde nach eigenen Angaben imZeitraum Dezember 2001 bis Januar 2002 etwa 14 Tageim US-Gefangenenlager in Kandahar festgehalten. Erhabe zu Murat Kurnaz in Kandahar keinen Kontakt undauch keine Kenntnis über einen Deutschen im US-Gefan-genenlager gehabt (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 26, 27,29).

Während seiner staatsanwaltlichen Vernehmung benannteder Zeuge Asif Iqbal auf Nachfrage den weiteren Mithäft-ling Shafiq Rasul. Der Mithäftling Shafiq Rasul, den dieStaatsanwaltschaft am 29. Januar 2008 telefonisch be-fragte, gab an, von Ende Dezember 2001 bis Mitte Januar2002 mit Murat Kurnaz zusammen in Kandahar gewesenzu sein. Dabei habe er wahrgenommen, wie deutsche Sol-daten mit Murat Kurnaz in einer Nacht am Zaun stehendgesprochen hätten. An einen außergewöhnlichen Vor-gang, eine Misshandlung von Murat Kurnaz, könne ersich nicht erinnern (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermitt-lungsakte, Vermerk vom 29. Januar 2008, MAT 16 – 84).

Im Rahmen der Untersuchung wurden durch das Bundes-ministerium der Verteidigung mehrere Fotografien vomEinsatz des 1. Deutschen Heereskontingents Spezial-kräfte in Kandahar vorgelegt. Fünf Fotos, die auch Be-

standteil der Ermittlungsakten der StaatsanwaltschaftTübingen sind (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermitt-lungsakte, MAT 16 – 9, S. 65 bis 69), zeigen das US-Ge-fangenenlager in Kandahar. Hinsichtlich der Datierungder Fotoaufnahmen teilte das Bundesministerium der Ver-teidigung mit, dass die bezeichneten fünf Fotos am 5. Ja-nuar 2002 oder kurz zuvor von einem Angehörigen des1. Kontingents in seiner Eigenschaft als zuständiger Feld-webel für „optronische Spezialaufklärung“ dienstlich ge-fertigt worden seien (Schreiben BMVg vom 6. November2007, MAT 16 -76). Auf zwei Fotos sind einzelne Last-kraftwagen, größere Bagger sowie ein Gabelstapler zu er-kennen. Alle Fahrzeuge befinden sich außerhalb des US-Gefangenenlagers.Auf einem im stern, Ausgabe Nr. 41/2006 auf Seite 42,abgedruckten Foto, das nach der Kommentierung denUS-Stützpunkt bei Kandahar Anfang 2002 zeigen soll(MAT 16 – 19), ist nach Überprüfung durch die Staatsan-waltschaft Tübingen auf dem vergrößerten Foto eindeutigein LKW innerhalb des US-Gefangenenlagers zu erken-nen.Die Staatsanwaltschaft Tübingen kommt nach weitererÜberprüfung dieses Fotos durch einen Abgleich mit denbereits genannten Fotografien auf Seite 65 und 66 ihrerErmittlungsakten (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermitt-lungsakte, MAT 16 – 9) zu dem Schluss, dass aufgrund zuerkennender weiterer Baumaßnahmen im und am US-Ge-fangenenlager das im stern abgedruckte Foto später ent-standen sein müsse (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermitt-lungsakte, MAT 16 – 24, S. 124).Des Weiteren wurde im Magazin DER SPIEGEL in derAusgabe 36/2007 vom 3. September 2007 unter der Über-schrift „Die Nacht von Kandahar“ ein Foto mit dem Hin-weis „Lastwagen im Gefangenenlager in Kandahar“ ver-öffentlicht. Auf dem Foto ist ein LKW innerhalb des US-Gefangenenlagers zu sehen. Der SPIEGEL-Artikel ent-hält keine Angaben über den Zeitpunkt der Aufnahme(MAT 16 – 66).Murat Kurnaz hat in den Medien und in seinen Verneh-mungen zu seinem Misshandlungsvorwurf eine Vielzahlvon Einzelheiten berichtet, die im Folgenden entspre-chend den zugrundeliegenden Anlässen dargestellt wer-den.

I. Darstellung des Sachverhaltes aus der Sicht von Murat Kurnaz

1. Darstellung gegenüber den Medien und im CIA-Untersuchungsausschuss

Bereits am 4. Oktober 2006 berichtete der Rechtsanwaltvon Murat Kurnaz, Bernhard Docke, in einer Radiorepor-tage des Senders Radio Bremen über Misshandlungs-vorwürfe, die sein Mandant gegenüber zwei Deutschen

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 61 – Drucksache 16/10650

erhebe (Mitschrift der Reportage, Radio Bremen,4. Oktober 2006, MAT 16 – 5). Danach sei Murat Kurnaz,wie er ihm geschildert habe, von zwei Deutschen, offen-sichtlich Soldaten der Bundeswehr, in Camouflage-Uni-formen mit dem deutschen Abzeichen am Ärmel aufge-sucht worden. Diese Soldaten hätten ihn angesprochen,sich über ihn verächtlich gemacht und ihn im Beisein vonUS-Soldaten an den Haaren hochgezogen und ihn mitdem Kopf auf den Boden gestoßen. Rechtsanwalt Bern-hard Docke betonte, Murat Kurnaz sei in einer wehrlosenSituation mit auf dem Rücken gefesselten Händen miss-handelt worden.

Am 5. Oktober 2006 veröffentlichte das Magazin stern inseiner Ausgabe Nr. 41 ein mehrseitiges Interview mitMurat Kurnaz unter der Überschrift „Meine vier Jahre inGuantánamo“ (MAT 16 – 19). Dort antwortete MuratKurnaz mit Bezug auf seinen Aufenthalt im Gefangenen-lager in Kandahar auf die Frage, ob Deutsche in das La-ger hätten gelangen können (MAT 16 – 19, S. 46):

„Ich war noch keine zwei Wochen dort, da wurde ichabends hinter zwei Lastwagen geführt. Es hieß, zweideutsche Soldaten wollten mich sehen. Sie trugen Ca-mouflage-Uniformen, das Tarnmuster war aus kleinenPunkten zusammengesetzt, wie vom Computer gemacht,und sie trugen die deutsche Flagge am Ärmel. Ich musstemich hinlegen, die Hände auf dem Rücken gefesselt. Dereine zog mich an den Haaren hoch. ‚Weißt du, wer wirsind?‘ Der wollte angeben. ‚Wir sind die deutsche Kraft.‘(…)“

Weiter im Interviewtext heißt es:

Frage: „KSK? Kommando-Spezialkräfte waren damalsdie einzigen deutschen Soldaten in Kandahar.“

Antwort: „Kann sein. Er hat jedenfalls meinen Kopf aufden Boden geschlagen, und die Amerikaner fanden daslustig. (…)“

Am 16. Oktober 2006 wurde Murat Kurnaz in der ARD-Sendung „beckmann“ interviewt (MAT 16 – 4). WeitereGäste der Sendung waren seine Mutter Rabiye Kurnaz,sein Rechtsanwalt Bernhard Docke sowie Siegfried Kau-der, Vorsitzender des 1. Untersuchungsausschusses der16. Wahlperiode (sog. BND-Untersuchungsausschuss),und der Journalist Hans Leyendecker.

Murat Kurnaz schilderte in der Sendung zu seiner Gefan-genschaft in Kandahar, er habe sich an den Maschen-drahtzaun begeben müssen, dann seien zwei andere Sol-daten mit anderen Uniformen als die der US-Soldatenherangetreten. Bei näherem Hinsehen habe er die deut-sche Flagge auf der Uniform sehen können. Die akzent-frei deutsch sprechenden Soldaten hätten zu ihm gesagt,er habe sich wohl die falsche Seite ausgesucht und solleauf den Boden sehen, dann habe er wieder zurückgehendürfen. Ein paar Minuten später sei er aufgefordert wor-den, sich für das sogenannte Escort-Team bereitzuhalten.Unter „Escort-Team“ seien diejenigen US-Soldaten zuverstehen gewesen, die die Gefangenen fesselten undzum Verhör abführten. Er, Murat Kurnaz, habe sich aufden Boden legen müssen, sei gefesselt und dann hinter ei-

nen Lastwagen gebracht worden. Dort habe man ihn aufsein Gesicht fallenlassen, dann sei einer der Deutschengekommen, die Amerikaner seien zurückgetreten und derdeutsche Soldat habe ihn an den Haaren festgehalten, denKopf hochgezogen und gefragt, ob er wisse, wer sieseien. Der deutsche Soldat habe darauf hin gesagt, sieseien „das deutsche Kraft … KSK“. Sodann habe der Sol-dat seinen Kopf auf den Boden geschlagen. Die Amerika-ner und die beiden Soldaten hätten dies lustig gefundenund gelacht. Danach sei er noch getreten worden, ohne zuwissen, wer von den beiden deutschen Soldaten es gewe-sen sei.

Am 22. November 2006 wurden Murat Kurnaz und seinRechtsanwalt Bernhard Docke vor dem sogenanntenCIA-Untersuchungsausschuss des Europäischen Parla-ments in Brüssel angehört (MAT 16 – 13; DokumentNr. 9). Im Einzelnen schilderte Murat Kurnaz dort eben-falls, dass er von amerikanischen Soldaten aufgerufenworden sei, sich dem Zaun zu nähern. Er habe dann zweiAmerikaner und zwei deutsche Soldaten wahrgenommenund den deutschen Soldaten in die Gesichter gesehen. Ersei davon ausgegangen, dass sie Fragen stellen würdenund wahrscheinlich helfen könnten. Stattdessen sei ihmgesagt worden, er habe sich die falsche Seite ausgesuchtund er solle auf den Boden sehen. Danach habe er wiederzurückgehen können. Nach einer kurzen Zeit sei er dannaufgefordert worden, sich für das sogenannte Escort-Team bereitzuhalten. Er sei dann hinter einen Militärlast-wagen geführt worden, wo sich bereits die beiden deut-schen Soldaten befunden hätten. Von den Amerikanernsei er den beiden deutschen Soldaten, mit den Händen aufdem Rücken zu Boden geworfen, überlassen worden. Ei-ner der deutschen Soldaten habe ihn an den Haaren gehal-ten, den Kopf hochgezogen und gefragt, ob er wisse, wersie seien. Der Soldat habe gesagt: „Wir sind das KSK.“und seinen Kopf auf den Boden geschlagen. Danach seier getreten worden. Er wisse jedoch nicht, ob es derselbeSoldat gewesen sei, der seinen Kopf auf den Boden ge-schlagen habe. Alle hätten gelacht und es lustig gefunden.Im Anschluss sei er wieder durch das „Escort-Team“ zu-rückgebracht worden. Fragen seien ihm nicht gestelltworden.

Im weiteren Verlauf der Anhörung bekräftigte MuratKurnaz nochmals, dass die deutschen Soldaten gesagthätten, sie seien das KSK. Er habe die deutsche Flaggeauf deren Uniform gesehen und sei sich ganz sicher, dasses das KSK gewesen sei, er habe keinen Zweifel.

In seinem Buch „Fünf Jahre meines Lebens“, erschienenim April 2007, führt Murat Kurnaz unter anderem auf denSeiten 68 bis 71 zu diesem Geschehensablauf aus:

„(…) ‘053, get ready!‘ Ich sah mich um. Es war dunkel.Ich ging zum Zaun. Nicht weit davon entfernt standen,neben den Amerikanern, zwei Soldaten in der Dunkelheit,die andere Uniformen trugen. Das fiel mir sofort auf. Ichhatte solche Uniformen im Lager noch nie gesehen. Ichsah mir diese beiden Soldaten an und erkannte die deut-schen Farben, die sie seitlich an den Armen trugen. Deut-sche Soldaten? Waren das die Deutschen, auf die ich ge-hofft hatte? Doch irgendwie hatte ich nicht das Gefühl,

Drucksache 16/10650 – 62 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

dass diese beiden Soldaten mich hier rausholen und nachHause bringen würden. Aber vielleicht gab es ja eineMöglichkeit, eine Nachricht nach Deutschland zu über-mitteln. ‚That‘s him. That‘s the German guy‘, sagte einerder Amerikaner. The German guy. Waren sie meinetwe-gen hierhergekommen? Jetzt konnte ich die beiden Solda-ten mit der deutschen Flagge auf den Schulterstücken er-kennen. Einer hatte dunkle Haare, der andere war blondund etwas kräftiger. Ich konnte ihre Gesichter sehen. Sienickten mit dem Kopf und sahen mich an. ‚Falsche Seiteausgesucht. Guck auf den Boden!‘, sagte der Dunkelhaa-rige. Sonst sagten sie nichts. Sie fragten nichts, sie woll-ten nichts weiter von mir. Ich setzte mich wieder auf mei-nen Platz. Nach einer halben Stunde wurde meineNummer erneut aufgerufen. Ich legte mich auf denBauch, Hände auf den Rücken, die Ketten wurden ange-legt. Das Escort-Team führte mich jetzt zu einem Militär-lastwagen. Hinter diesem Lastwagen standen die beidendeutschen Soldaten. Warteten sie auf mich? Was wolltensie? Wollten sie mir vielleicht doch helfen? Das Escort-Team warf mich vor ihnen auf den Boden. Ich hörte, wiedie Amerikaner zurücktraten. Der Dunkelhaarige kam aufmich zu. Er beugte sich zu mir herab und zog mich an denHaaren. Er hob meinen Kopf hoch und drehte ihn, sodasswir uns in die Augen sahen. ‚Weißt du, wer wir sind?‘,schrie er mich an. Soldaten aus Deutschland, dachte ich.‚Wir sind die deutsche Kraft, das KSK!‘, brüllte er. Ichsagte nichts. Das war kein guter Moment für ein Ge-spräch. Ich lag, die Hände auf dem Rücken, vor ihm imgefrorenen Dreck, und er hielt meinen Kopf in seinerHand. Dann schlug er ihn, die Nase voran, auf den Bo-den. Der Deutsche richtete sich auf. Ich spürte einen Tritt.Einer der beiden hatte mich in die Seite getreten, ich hattenicht sehen können, wer es war. Sie waren nicht gekom-men, um mir zu helfen. Die deutschen Soldaten lachten.Ich hörte, wie auch das Escort-Team in einiger Entfer-nung zu lachen begann. Dann entfernten sich die Deut-schen. Sie ließen mich so liegen. Das Escort-Team kam,hob mich auf und führte mich in den Verschlag zurück.Ich saß wieder auf meinem Platz, mein Kopf brummte,mir war schlecht, und meine Nase war blutig. Ich fragtemich, warum sie mich so behandelt hatten. Die Amerika-ner folterten mich, weil ich gestehen sollte, ein Terroristzu sein. Aber die Deutschen? Warum taten sie das? Hass-ten sie mich, weil ich Türke war? Aber vielleicht hatte al-les sein Gutes. Vermutlich würden sie den Vorfall melden.Nicht, dass sie mich geschlagen hatten, aber dass sie michim Lager getroffen hatten. Sie mussten den deutschen Be-hörden von mir erzählen. Dann wüsste nicht nur meineFamilie, dass ich in einem Militärlager der Amerikaner inKandahar gefangen war. Am selben Abend sah ich sienoch einmal. Die KSK-Leute patrouillierten mit den ame-rikanischen Soldaten im Lager. Als sie sich unserem Ver-schlag näherten, erkannte ich, wie der blonde KSK-Soldatden Amerikanern seine Maschinenpistole zeigte. Es warein ganz anderes Gewehr als das M16, das die Amerika-ner trugen. Der Deutsche führte ihnen die Waffe vor. Erlegte das Gewehr an und zielte auf uns. Jetzt konnte icherkennen, dass es ein Lasergerät hatte, wie eine Zielvor-richtung. Ich sah, wie ein roter Punkt durch die Dunkel-heit wanderte und auf den Köpfen der Gefangenen stehen

blieb. Der KSK-Soldat war nur wenige Meter von unsentfernt und zielte auf unsere Köpfe. Die Amerikanerschienen fasziniert. Der Laserpunkt wanderte von Stirnzu Stirn. Andere Soldaten kamen hinzu und waren be-geistert. (…)“

2. Aussagen von Murat Kurnaz vor der Staatsanwaltschaft

Zur Aufklärung des Sachverhaltes vernahm die Staatsan-waltschaft Tübingen Murat Kurnaz sowohl am 15. No-vember 2006 als auch am 28. Dezember 2006 als Zeugen(Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,MAT 16 – 9). Zum Ablauf der behaupteten Misshandlungdurch deutsche Soldaten in Kandahar schilderte er bei derVernehmung durch die Staatsanwaltschaft Tübingen am15. November 2006 im Wesentlichen, dass er durch dieAmerikaner von der anderen Seite des Zaunes aus aufge-fordert worden sei, sich ihnen zu nähern. Nachdem er die-ser Aufforderung nachgekommen sei, habe er bemerkt,dass neben den beiden amerikanischen Soldaten zweiweitere Soldaten mit deutschen Abzeichen auf den Uni-formen gestanden hätten. Als er diese Soldaten ange-schaut habe, sei er von einem der beiden Soldaten mit denWorten angesprochen worden, dass er sich die falscheSeite ausgesucht habe und auf den Boden schauen solle;danach habe er wieder zurückgehen dürfen.

Murat Kurnaz erwähnte, dass er zu dem genauen Zeit-punkt nichts sagen könne. Die Gefangenen hätten dieUhrzeit nicht erfahren und auch nicht danach fragen dür-fen. Er berichtete weiter, dass er ca. 15 Minuten späternochmals aufgefordert worden sei, er solle sich für dassogenannte Escort-Team fertig machen. Das „Escort-Team“ habe die Aufgabe gehabt, die Gefangenen zumVerhör oder zum Flugzeug abzuführen. Dazu hätten sichdie Gefangenen auf den Boden, mit den Händen auf demRücken, legen müssen und seien mit Handschellen gefes-selt worden. Er sei durch das „Escort-Team“ hinter einenMilitärlastwagen geführt worden, der in der Nähe gestan-den habe. Sie hätten ihn mit dem Gesicht nach unten aufden Boden gelegt und seien zurückgetreten. Dort hättendieselben zwei deutschen Soldaten gewartet. Der Soldat,der ihn bereits vorher angesprochen hatte, habe ihn anseinen Haaren gezogen und sein Gesicht zu sich gedreht,sodass er ihm ins Gesicht habe schauen müssen. Dieserhabe ihn gefragt, ob er wisse, wer sie seien. Der Soldathabe gesagt, sie seien die deutsche Kraft, KSK. Er habeseinen Kopf auf den Boden geschlagen und einer von denbeiden Soldaten habe ihn danach getreten. Er sei sichnicht sicher, ob es der Soldat gewesen sei, der seinenKopf auf den Boden geschlagen habe; er sei aber voneinem der beiden Soldaten getreten worden. Alle anwe-senden Soldaten hätten dies lustig gefunden und gelacht.Das „Escort-Team“ habe ihn danach wieder zurück-gebracht (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,MAT 16 – 9, S. 35 f.).

Zur Frage der zeitlichen Eingrenzung der erhobenenMisshandlungsvorwürfe berichtete Murat Kurnaz ergän-zend, dass er im Dezember 2001, kurz vor Weihnachten,in das Lager nach Kandahar gebracht worden sei. Die

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 63 – Drucksache 16/10650

Misshandlung habe innerhalb der ersten zwei Wochen imJanuar stattgefunden. Weihnachten habe er dadurch wahr-genommen, dass sich einige Soldaten mit „Happy Christ-mas“ begrüßt hätten (Staatsanwaltschaft Tübingen, Er-mittlungsakte, MAT 16 – 9, S. 36).

Weiterhin befragte ihn die Staatsanwaltschaft, welchersprachliche Terminus richtig sei: Im stern-Artikel habe ergesagt, dass die beiden deutschen Soldaten „look down“befohlen hätten. Nach seiner Aussage bei der staatsan-waltlichen Vernehmung hätten die Soldaten zu ihm ge-sagt, er solle auf den Boden schauen. Hierzu erläuterteMurat Kurnaz, dass in Kandahar die Soldaten nicht hättenangesehen werden dürfen. Wenn ihnen ins Gesichtgeschaut worden sei, hätten diese gesagt: „Look down.“Der deutsche Soldat habe ihm genau dies auf Deutsch ge-sagt (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,MAT 16 – 9, S. 39).

Des Weiteren schilderte Murat Kurnaz, dass es sich beidem fraglichen Lastwagen um einen Militärlastwagen ge-handelt habe, der mit einem Tank versehen gewesen sei.Dieser Tank habe zur Entleerung der Toiletten gedient.Dieser Lastwagen habe sich innerhalb des Gefangenenla-gers, aber außerhalb des „Nato-Drahtzaunes“ bewegt. DerLastwagen sei ihm deshalb bekannt gewesen (Staats-anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 9,S. 40). Das Geschehen hinter dem Lastwagen habe etwadrei Minuten gedauert. Derjenige, der seinen Kopf aufden Boden geschlagen habe, sei auch derjenige gewesen,der vorher zu ihm gesagt habe, dass er auf den Bodenschauen solle und sich die falsche Seite ausgesucht habe(Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,MAT 16 – 9, S. 42).

Zum Aussehen der beiden deutschen Soldaten erläuterteMurat Kurnaz, dass der Soldat, der ihn misshandelt habe,ca. 178 cm bis 180 cm groß, sportlich und zwischen80 und 85 kg schwer gewesen sei. Er habe dunkle kurzeHaare gehabt. Ob er eine Kopfbedeckung getragen habeoder nicht, wisse er nicht mehr. Der Soldat habe keinenBart und keine Brille getragen. Er sei zwischen 25 und35 Jahre alt gewesen. Auffälligkeiten, wie Narben oderTätowierungen oder einen Akzent, habe er nicht bemerkt.Zur Augenfarbe könne er nichts sagen; Ohrschmuck habeer nicht gesehen.

Über den zweiten Soldaten berichtete Murat Kurnaz, dassdieser ungefähr genauso groß, aber kräftiger und schwe-rer als der erstgenannte Soldat gewesen sein soll. Er habedunkelblonde, kurze Haare gehabt. Er sei älter als28 Jahre gewesen. Der Soldat habe keinen Bart und keineBrille getragen. Auch bei diesem seien keine Auffällig-keiten von ihm bemerkt worden. Nach seiner Erinnerungkönnte der Soldat blaue Augen gehabt haben (Staats-anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 9,S. 43).

Zur Bekleidung der Soldaten erklärte Murat Kurnaz, dassbeide Soldaten die gleiche Uniform getragen hätten. DieUniformen hätten sich von denen der Amerikaner unter-schieden. Es seien Camouflage-Uniformen für die Wüste,u. a. mit den Farben braun und grün, gewesen. Sie hättenausgesehen wie „computergemacht“. Er glaube, dass sie

die Hosen in den Stiefeln trugen, er sei sich aber nichtmehr ganz sicher. Die beiden Soldaten hätten Militär-boots getragen.

Murat Kurnaz berichtete weiter, dass sich auf den Ärmelndeutsche Hoheitsabzeichen in den Farben rot, schwarz,gelb befunden hätten. Wo genau an den Ärmeln sich dieseHoheitsabzeichen befanden, wisse er heute nicht mehr.An Dienstgradabzeichen könne er sich nicht mehr erin-nern (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,MAT 16 – 9, S. 44).

Nach Vorlage einer Lichtbildmappe mit mehreren ver-schiedenen Uniformmustern durch die StaatsanwaltschaftTübingen erklärte Murat Kurnaz, es handele sich um dieUniformen wie sie auf Bild 2 und 9 dargestellt seien. Ersei sich jedoch nicht sicher, da er in den letzten Jahrenviele Uniformen gesehen habe (Staatsanwaltschaft Tü-bingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 9, S. 44).

Nach den Feststellungen der Staatsanwaltschaft Tübingenhandelt es sich bei den von Murat Kurnaz aus der Licht-bildmappe bezeichneten Uniformen bei Bild 2 und beiBild 9 jeweils um ein deutsches Uniformmuster (KSK).Insgesamt enthielt die Lichtbildmappe zehn Bilder(Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,MAT 16 – 9, Blatt 54 bis 63) mit deutschen, amerikani-schen, belgischen, niederländischen, polnischen, engli-schen, dänischen und kanadischen Uniformmustern.

Auf eine entsprechende Frage erklärte Murat Kurnaz, ersei sicher, dass auch die Wachsoldaten auf den Wachtür-men das Geschehen hinter dem Lastwagen hättenbeobachten können. Ob die Misshandlungen auch vonden Zelten aus zu beobachten gewesen seien, könne ernicht sagen. Im Gefangenenzelt hätten andere HäftlingeMitleid mit ihm gehabt; diese hätten jedoch arabisch ge-sprochen, sodass er sie nicht habe verstehen können. DieGefangenen hätten auf jeden Fall gesehen, dass seineNase geblutet habe (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermitt-lungsakte, MAT 16 – 9, S. 44).

Murat Kurnaz schilderte, dass er ganz sicher sei, dass diebeiden Soldaten bewaffnet im Lager patrouillierten. Spä-ter in der Nacht habe er die beiden Soldaten noch einmalgesehen, als einer der Soldaten den Laser vorgeführthabe. Der Soldat, der ihn misshandelt habe, habe eineWaffe ohne und der andere Soldat eine mit Lasereinrich-tung bei sich geführt. Diese habe der deutsche Soldat denAmerikanern vorgeführt und dabei seinen Laser auch aufGefangene gerichtet (Staatsanwaltschaft Tübingen, Er-mittlungsakte, MAT 16 – 9, S. 44, 45, 47).

Um die Geschehnisse zu verdeutlichen, fertigte MuratKurnaz eine Skizze an. Aus der Skizze ergeben sich derStandort des Lastkraftwagens, die Standorte der US-Sol-daten und der deutschen Soldaten sowie seine eigenePosition (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,MAT 16 – 9, Blatt 52). Ergänzend wurden dem Zeugendurch die Staatsanwaltschaft Tübingen fünf Lichtbildervom US-Gefangenenlager in Kandahar vorgelegt. NachAufforderung zeichnete er auf Bild B zwei farbige Mar-kierungen ein. Der eingezeichnete Kreis weist auf dieStelle am Nato-Drahtzaun hin, wo die behauptete ersteBegegnung stattgefunden haben soll. Die Position, an der

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der Lastwagen gestanden haben könnte, wurde von ihmmit einem X gekennzeichnet (Staatsanwaltschaft Tübin-gen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 9, S. 65 bis 69).Murat Kurnaz wurde auch vorgehalten, er habe im stern-Interview (stern, Nr. 41, 5. Oktober 2006, MAT 16 – 19)gesagt: „Weißt du wer wir sind? Wir sind die deutscheKraft.“. In der ARD-Sendung „beckmann“ habe er dieFormulierung wie folgt ergänzt: „Weißt du wer wir sind?Wir sind die deutsche Kraft, KSK“ (Mitschrift, InterviewMurat Kurnaz, ARD-Sendung, beckmann, 16. Oktober2006, MAT 16 – 4). Hierzu erklärte er, dass solche Fehlerbei Interviews passieren könnten. Er habe auf jeden Falldem stern-Reporter gesagt, dass es sich bei den Soldatenum KSK-Soldaten gehandelt habe. Der eine Soldat, derihn misshandelt habe, habe zu ihm gesagt, dass sie diedeutsche Kraft, KSK, seien (Staatsanwaltschaft Tübin-gen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 9, S. 48).Muraz Kurnaz erklärte des Weiteren, dass er die beidenSoldaten wiedererkennen würde. Er sei sich ganz sicher,dass es zwei deutsche Soldaten gewesen seien, da sie diedeutsche Flagge am Ärmel getragen und ein gutesDeutsch gesprochen hätten (Staatsanwaltschaft Tübingen,Ermittlungsakte, MAT 16 – 9, S. 45).Im zweiten Vernehmungstermin am 28. Dezember 2006wurde Murat Kurnaz von der Staatsanwaltschaft Tübin-gen eine mit Datum vom 18. Dezember 2006 erstellteWahllichtbildmappe mit Personenaufnahmen vorgelegt.Dabei handelte es sich um Fotografien der Soldaten, diean der Wachverstärkung teilgenommen haben, sowie umFotografien von 34 weiteren unbeteiligten Soldaten.Murat Kurnaz führte aus, dass es sich nach Durchsichtder vorgelegten 48 Bilder bei der auf Bild Nr. 10 abgebil-deten Person um die in seiner letzten Vernehmung be-schriebene dunkelhaarige Person handeln dürfte. Er er-kenne diese auf Grund des Gesamterscheinungsbildesund des Gesichtes. Er könne es aber nicht hundertprozen-tig sagen, weil er nicht einen Unschuldigen verdächtigenwolle. Den hellhaarigen Soldaten könne er auf den ihmvorgelegten Bildern nicht wieder erkennen (Staatsanwalt-schaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 9, S. 89).Zu seinen bisher gemachten Aussagen gegenüber derStaatsanwaltschaft Tübingen führte Murat Kurnaz zurFrage, ob Fahrzeuge in das Lager gelangt seien, ergän-zend aus, dass fast jeden Tag ein LKW in das Lager ge-fahren sei. Mit dem LKW, der mit einem Tank versehenwar, seien die Fäkalien entsorgt worden. Die Fäkalienhätten sich in einem Eimer befunden, der in den beigenMetallboxen gestanden habe. Die Eimer seien dann,meistens durch Gefangene, zum LKW getragen und dortentleert worden. Die Fäkalienentsorgung sei zunächstmittels eines LKW erfolgt; das „shit-burning“ habe erstspäter stattgefunden (Staatsanwaltschaft Tübingen, Er-mittlungsakte, MAT 16 – 9, S. 89, 90).

3. Vernehmung vor dem Verteidigungs-ausschuss als 1. Untersuchungs-ausschuss

Am 17. Januar 2007 wurden Murat Kurnaz sowie seinRechtsbeistand, Rechtsanwalt Bernhard Docke, im Unter-

suchungsausschuss als Zeugen vernommen. Rechts-anwalt Docke berichtete über den Zeitpunkt, zu dem erzum ersten Mal von den Misshandlungsvorwürfen erfah-ren habe, dass dies nach der Rückkehr seines Mandantennach Deutschland gewesen sei. Die Beschuldigung seierstmals in dem Interview mit dem Magazin stern kon-kretisiert worden. Murat Kurnaz habe seinem amerikani-schen Rechtsanwalt Baher Azmy gegenüber die „Epi-sode“ aus Kandahar, dass er mit deutschen Soldatenzusammengetroffen sei, nicht erwähnt. Aus der Sicht vonMurat Kurnaz wäre dies auch eine Angelegenheit gewe-sen, die sich mehr am Rande seines ganzen Martyriumsabgespielt habe (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II,S. 12 ff.).

Hinsichtlich der erhobenen Misshandlungsvorwürfeschilderte Murat Kurnaz den Geschehensablauf in seinerVernehmung am 17. Januar 2007 einleitend wie folgt(Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 32):

„Ich muss am Anfang sagen: Das mit den ganz genauenZeitpunkten kann ich leider nicht sagen, weil: Wir habenkeinen genauen Zeitplan gehabt, da wir keine Uhr, garnichts besitzen durften.

Meine Begegnung mit deutschen Soldaten ist circa in denersten zwei Wochen geschehen. Ich habe damals eineISN-Nummer von – – Meine ISN-Nummer ist damals053 gewesen. Auf Englisch haben sie ‚zero-five-three‘gesagt.

Wo ich auf meinem Platz gewesen bin, wurde ich von denAmerikanern aufgerufen. Sie sagten: zero-five-three. Sierufen mich auf. Ich sollte mich dem Maschendraht, demNATO-Draht, nähern. Ich bin aufgestanden, bin dorthingegangen und habe neben den Amerikanern zwei andereSoldaten – – Es waren noch zwei andere Soldaten dabei,die die deutsche Flagge auf ihren Uniformen trugen. Alsich bemerkte, dass es deutsche Soldaten sind, habe ich siemir näher angeguckt, natürlich auch mit der Hoffnung,dass sie mir helfen könnten, dass sie wahrscheinlich ge-kommen sind, um mir zu helfen oder gute Nachrichtenmitzuteilen oder sonst was. Dann sagte der eine von de-nen: ‚Falsche Seite ausgesucht, auf den Boden gucken!‘Nach einer Weile durfte ich wieder zurück auf meinenPlatz.

Circa 15 Minuten später wurde ich noch mal aufgerufen.Auf Englisch nennen sie das das Escort-Team. Das sinddiejenigen, die mit den Handschellen und Fesseln kom-men und Sie dorthin bringen, wo auch immer Sie hinmüs-sen, zum Verhör oder sonst wo. Ich wurde aufgerufen. Ichsollte mich für das Escort-Team fertig machen. Das heißt,man muss sich auf den Bauch auf den Boden legen. Dannkommen sie rein und fesseln. Sie haben mich gefesselt.Dann brachten sie mich hinter einen Lastwagen, wo dieanderen zwei deutschen Soldaten bereits auf mich warte-ten.

Das Escort-Team ließ mich auf den Boden, auf denBauch, und trat zurück. Dann kam derselbe, der mir be-reits gesagt hat: ‚Falsche Seite ausgesucht, auf den Bodengucken!‘, zog meinen Kopf an meinen Haaren hoch undsagte: ‚Weißt du, wer wir sind? Wir sind die deutsche

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 65 – Drucksache 16/10650

Kraft, das KSK.‘ – Er brüllte mir das ins Gesicht, schlugmeinen Kopf auf den Boden. Ich spürte einen Tritt. Ichweiß nicht, ob es derselbe gewesen ist. Dazu kann ichnichts sagen.

Das war witzig. Das fanden sie alle lustig. Da haben siealle zusammen gelacht, auch die Amerikaner. Dann kamdas Escort-Team und brachte mich zurück. Das ist alles.“

Murat Kurnaz erklärte darüber hinaus zu einem späterenZeitpunkt der Vernehmung, dass er die beiden deutschenSoldaten am selben Abend noch patrouillieren gesehenhabe (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 53). ImVerlauf der weiteren Vernehmung bestätigte MuratKurnaz nochmals, dass der Ausspruch: „Wir sind diedeutsche Kraft, das KSK.“ ganz genau so gefallen sei.Des Weiteren bestätigte er, dass er die deutsche Flaggeauf den Uniformen gesehen habe und er auf Deutsch an-gesprochen worden sei (Stenografisches Protokoll Nr. 4,Teil II, S. 33).

Auf Vorhalt, er habe in der ARD-Sendung „beckmann“(MAT 16 – 4) sowie bei einer Befragung durch die Staats-anwaltschaft Tübingen (Staatsanwaltschaft Tübingen, Er-mittlungsakte, MAT 16 – 9) gesagt: „Wir sind das deut-sche Kraft“, erläuterte Murat Kurnaz (StenografischesProtokoll Nr. 4, Teil II, S. 42):

„Ich habe immer ein Problem mit ‚der, die, das‘ gehabt;das habe ich immer noch. Es kann sein, dass ich mich hiermal verspreche, indem ich ‚der, die, das‘ verwechsle. (…)Mit dem ‚Stern‘-Interview habe ich das erste Mal nachmehreren Jahren ausdrücklich davon erzählt. Wo ich er-zählt habe, habe ich kurz aufgehört, habe nachgedachtund in dem Moment hat derjenige, der mich interviewthat, gesagt: Das waren die einzigen, KSK. – Da ist mirdas auch ganz schnell sofort wieder eingefallen. Ich binmir heute ganz sicher, dass die das auch so gesagt haben.“

Zu dem Aussehen der von ihm beschuldigten Soldatenführte Murat Kurnaz aus, dass einer von beiden dunkleHaare gehabt habe. Der deutsche Soldat mit den hellerenHaaren sei etwas kräftiger gewesen. Die Soldaten hättenkeine sogenannten Sturmhauben und auch keine Bärte ge-tragen. Der Soldat, der ihn an den Haaren gezogen habe,sei „auch auf dem Boden gewesen“ und habe seinen Kopfzu sich gedreht, sodass sie sozusagen „Gesicht zu Ge-sicht“ gewesen seien. Seine eigenen Haare, erklärte Mu-rat Kurnaz, seien damals ca. 15 cm lang gewesen (Steno-grafisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 35).

Auf Nachfrage nach dem Soldaten, den Murat Kurnaz aufFotos der Staatsanwaltschaft als möglichen Täter identifi-ziert hatte, erklärte er vor dem Untersuchungsausschuss,soweit er sich erinnern könne, seien ihm von der Staats-anwaltschaft 48 Bilder von Personen vorgelegt worden.Er habe die hellhaarigen Personen von denen mit dunklenHaaren schnell unterscheiden können und sich die Bildergenau angesehen. Von seinem Gesicht und seinen Augen-brauen her habe er den Soldaten, der ihn nach seiner Dar-stellung misshandelt haben soll, erkennen können (Steno-grafisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 51). Zur Ausrüstungder Soldaten schilderte er, dass der Soldat mit der hellerenHaarfarbe eine besondere Waffe geführt habe. Diese sei

dort, wo sie an die Schulter gestützt werde, hohl gewesen.Sie habe nach einer leichten, schnellen Feuerwaffe ausge-sehen, nach etwas Besonderem mit Tarnungsfarben. Dar-über hinaus sei sie mit einer Laserzielvorrichtung ausge-stattet gewesen, den der Soldat amerikanischen Soldatenvorgeführt habe. Der Soldat habe bei der Vorführung ei-nen Laserpunkt auf die Körper der Gefangenen oder aufdie Köpfe unterschiedlicher Gefangener gerichtet (Steno-grafisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 35 f.). Zu dem Last-kraftwagen, hinter den er von dem sogenannten Escort-Team verbracht worden sei, schilderte Murat Kurnaz demUntersuchungsausschuss (Stenografisches ProtokollNr. 4, Teil II, S. 37, 38, 48, 45):

„Dieser Lastwagen wurde zum Transport – – In Kandahargab es keine Toiletten. Wir mussten Eimer als Toilette be-nutzen. Diese Eimer wurden schließlich in einem – ichweiß nicht, wie man das nennt – großen Tank auf demLKW ausgeleert. Dieser LKW ist jeden Tag da gewesen.Er ist ab und zu mal rausgefahren, um ihn zu entleeren,und ist später wiedergekommen.“

„Irgendwann ganz später haben sie angefangen, das ganzeZeug zu verbrennen. Das hat dann später stattgefunden,viele Wochen später.“

„Es ist eine Militärmaschine gewesen. Sie hat sehr großeReifen gehabt. Dieser Tank ist hinten drauf gewesen.Mehr kann ich dazu nicht sagen.“

„Ich bin selber öfter verlegt worden und habe diesenLKW nicht immer beobachten können, dass er rein- undrausfährt. Aber wenn er im Lager gewesen ist, habe ich essehen können, wo immer ich auch gewesen bin. Aber eineZeit lang konnte ich beobachten, wenn er herausgefahrenist, und das ist dann mindestens einmal am Tag gesche-hen. Es gab auch die Stapler, die rein- und rausgefahrensind.“

„Er stand nicht immer am selben Platz. Manchmal habensie den ein paar Meter weiter vorn oder hinten geparkt.Aber außer, dass sie die Sachen ausleeren mussten, istdieser LKW immer dort gewesen.“

„Ich weiß nicht, ob Sie den ‚Stern‘ schon einmal gesehenhaben, mit dem ich mein Interview gemacht habe. Dakönnen Sie diesen LKW auf dem Foto im ‚Stern‘ sehen.“

Bezogen auf die angesprochene Fotografie mit dem LKWerklärte Murat Kurnaz, dass das Foto ihm während desInterviews vorgelegt worden sei. Er sei gefragt worden,ob das Lager so ausgesehen habe und wo er gewesen sei.Dies habe er auf dem Foto gezeigt. Auf Nachfrage, wa-rum er – Murat Kurnaz – im Magazin stern gesagt habe,es wären zwei Lastwagen gewesen, erwiderte er:

„Das ist nicht richtig. Ich weiß nicht, wie es zu diesemFehler gekommen ist. Es ist ein Lastwagen gewesen.“(Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 49)

Auf die Frage, ob ihm noch weitere Fotos, auch vonKSK- oder anderen Soldaten, von Reportern des stern ge-zeigt worden seien, berichtete Murat Kurnaz, es habe sichum ein paar Fotos gehandelt, die mit dem Lager zu tungehabt hätten. Die Fotos seien von derselben Stelle aus

Drucksache 16/10650 – 66 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

aufgenommen worden. Es sei darum gegangen festzustel-len, wo er im Lager untergebracht gewesen sei und woder Vorfall hinter dem LKW stattgefunden habe. Alle Fo-tos hätten das gleiche Lager gezeigt (Stenografisches Pro-tokoll Nr. 4, Teil II, S. 49).

Nach Vorlage von zwei Fotos, die Bestandteil der Ermitt-lungsakte der Staatsanwaltschaft Tübingen auf den Seiten65 und 66 (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungs-akte, MAT 16 – 9) sind, erklärte Murat Kurnaz vor demUntersuchungsausschuss, dass noch die von ihm mar-kierte Stelle vorhanden sei, wo er die Soldaten zum erstenMal gesehen habe. Des Weiteren verwies er auf die mar-kierte Stelle, wo er den LKW habe parken sehen und „espassiert sei“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II,S. 56).

Auf Nachfrage ergänzte Murat Kurnaz, dass das Foto aufSeite 65 eine sehr frühe Phase des Lageraufbaus zeige.Auf dem Foto auf Seite 66 sei eine Holzverstärkung zuerkennen, die etwas später angebracht worden sei (Steno-grafisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 60).

II. Untersuchung der behaupteten Misshandlungen durch das Bundesministerium der Verteidigung

Unmittelbar nach Bekanntwerden der Misshandlungsvor-würfe im Oktober 2006 hat das Bundesministerium derVerteidigung eine Überprüfung der erhobenen Vorwürfeeingeleitet.

Die durch das Bundesministerium der Verteidigung(BMVg) eingesetzte Arbeitsgruppe führte zur Aufklärungder von Murat Kurnaz erhobenen Vorwürfe Aktenauswer-tungen, Befragungen, Anhörungen und Vernehmungendurch. Betroffen waren insbesondere die Angehörigen des1. Deutschen Heereskontingents Spezialkräfte EnduringFreedom (1. DtHKtg SpezKr EF) – im Folgenden 1. Kon-tingent – für den Zeitraum Ende 2001/Anfang 2002.

Die Ermittlungen der Arbeitsgruppe wurden mit der Auf-nahme der Untersuchung durch den Untersuchungsaus-schuss eingestellt. Dem Untersuchungsausschuss wurden30 Anhörungsniederschriften, 78 dienstliche Erklärun-gen und 14 Erklärungen entlassener Soldaten übersandt(BMVg, MAT 16 – 14, Anlage 03, entspricht Ordner 3).

Der Untersuchungsausschuss hat die Aktenbestände aus-gewertet und gelangte zu folgenden Feststellungen:

Die von Murat Kurnaz erhobenen Misshandlungsvor-würfe wurden nach den Untersuchungen der Arbeits-gruppe von keinem der in die Untersuchung einbezoge-nen Soldaten oder ehemaligen Soldaten bestätigt. EinZusammentreffen hinter einem Lastwagen, wie vonMurat Kurnaz beschrieben, wurde von keinem der be-fragten Soldaten wahrgenommen. Keiner der Soldatenkonnte sich vorstellen, dass eine derartige Misshandlungstattgefunden haben könnte.

Bei den vernommenen Personen handelt es sich um Sol-daten des 1. Kontingents, die an der Wachunterstützunginnerhalb des US-Gefangenenlagers teilgenommen, das

US-Gefangenenlager im Rahmen einer Führung mit ame-rikanischen Soldaten betreten haben oder um Soldaten,die das US-Gefangenenlager nur von außen gesehen hat-ten.

Die Untersuchung der Arbeitsgruppe befasste sich insbe-sondere mit den Aussagen, die Murat Kurnaz im Rahmenseines Misshandlungsvorwurfs zu den vermeintlich kon-kreten Tatumständen gemacht hatte. Hierbei wurden dieZeugen nach ihrer Bekleidung und Bewaffnung sowiedem Vorhandensein eines Lastwagens im US-Gefange-nenlager und nach einem möglichen „Wortwechsel“ mitMurat Kurnaz hinter einem LKW befragt.

Hinsichtlich der konkreten Frage nach der Existenz einesLastwagens innerhalb des US-Gefangenenlagers währendder Wachunterstützung verwiesen die von der Arbeits-gruppe befragten Teilnehmer an der Wachunterstützungdarauf, dass sich keine Kraftfahrzeuge innerhalb des La-gers befunden hätten.

1. Bekleidung und Bewaffnung der Wachverstärkung

Zu den Fragen nach Bekleidung und Bewaffnung wäh-rend der Wachverstärkung wurden gegenüber der Ar-beitsgruppe des BMVg im Einzelnen folgende Aussagengemacht (BMVg, MAT 16 – 14, Anlage 03, entsprichtOrdner 3):

Zeuge Nr. 3: „Ich meine, dass wir die Hoheitsabzeichenabgeklebt haben, weil wir von einem Deutschen im Lagerausgegangen waren. (…) Während der Streife waren wirmit Gewehr bewaffnet. Wir trugen die deutsche Winter-flecktarnuniform, keine Tarnmaske, möglicherweise mitwarmen Pullovern drunter. Bei den Dienstgradabzeichenbin ich mir nicht sicher, ich meine aber schon.“

Zeuge Nr. 1: „Ich trug ausschließlich den vorschriftsmä-ßigen deutschen Kampfanzug mit Hoheitsabzeichen, aberohne Dienstgradabzeichen. Ob es sich um den dreifarb-oder fünffarb-Tarndruck handelte, weiß ich nicht mehr.Ob und ggf. welche Kopfbedeckung ich trug, ist mir nichtmehr erinnerlich. Ich habe weder zivile Bekleidungsstü-cke noch Uniformteile anderer Nationen getragen. Wäh-rend meiner Aufenthalte hatte ich keine Gesichtstarnung.Als Waffe führte ich das G-36 mit.“

Zeuge Nr. 20: „ (…) An unsere Uniform kann ich michgut erinnern, wir trugen zu dem Zeitpunkt der Wachver-stärkung die Wüstentarnuniform, einfach. Hierbei warendie Hoheitsabzeichen mit Tape abgeklebt.

Der ,digitale Tarndruck‘ der Amerikaner ist in Afghanis-tan erst jetzt aufgetaucht, 2002 gab es den noch nicht. Mirfällt nichts ein, was auf die Beschreibung der Uniform imStern zu dieser Zeit passen könnte.

An Waffen waren wir vor allem mit dem G-36 ausgerüs-tet. Ich weiß nicht genau, ob wir schon die verkürzte Ver-sion dabei hatten. Im Einsatz waren wir immer bewaffnet,meist mit Pistole. Die Maschinenpistole MP7 war imKontingent mit dabei, damit lief aber keiner im Lager he-rum. (…)“

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 67 – Drucksache 16/10650

Zeuge Nr. 23: „(…) Ich habe die grüne Flecktarnuniformgetragen, den Wüstenanzug gab es zu dieser Zeit nochnicht. Ich habe wie die anderen diese Uniform selbst farb-lich auf Wüstenfarbe umgemalt. Ich weiß nicht, ob ich beidem Wachauftrag eine zivile Jacke darüber getragenhabe. Es wäre aber logisch, wenn wir die zivil beschafftenJacken (in grün oder schwarz) getragen hätten. Dienst-gradabzeichen wurden nicht getragen, die Nationalitäts-farben wurden nicht abgeklebt. Es gab keine Gesichtstar-nung, wir hatten aber alle Bärte. (…)“

Zeuge Nr. 8: „(…) Während dieses Auftrages trugen wirnormale Wüstentarnuniform, hatten unsere Langwaffe,d. h. G-36 in Kurzversion dabei, wir trugen möglicher-weise eine Fleecejacke unter der Uniform und irgendeineKopfbedeckung. Bei den anderen weiß ich es nicht mehrgenau. Wir trugen keine Maske, die meisten von uns tru-gen einen Vollbart, tagsüber Sonnenbrille. Ich habe beidieser Gelegenheit niemanden in Erinnerung, der mas-kiert gewesen wäre, ich kann es jedoch auch nicht aus-schließen. Namensschilder und Dienstgradabzeichen ha-ben wir nicht getragen, jedoch das schwarz-rot-goldeneNationalitätsabzeichen. (…)“

Zeuge Nr. 18: „Wir waren in Bundeswehr-Uniformen,Tarnuniform gekleidet, während ISAF noch die grünenUniformen hatten. Wir trugen keinen Helm, hatten unserG-36, kurze Version, sowie als ‚back up‘ eine Pistole da-bei. (…) Wir trugen grundsätzlich keine Dienstgradabzei-chen. Da wir die normale Uniform trugen, konnten wir je-doch als deutsche Soldaten identifiziert werden (…).“

Der stellvertretende Kontingentführer des 1. Kontingentsführte aus:

„(…) Wir haben die Flecktarnuniform Wüstendruck ge-tragen. Computerdruck-Uniformen gibt es bei den Ameri-kanern jetzt, die sind digital erstellt. Solche Uniformengab es aber damals in Kandahar noch nicht. Die amerika-nische Uniform hatte eher große Flecken, die der Norwe-ger auch. Die Uniform der Kanadier war eher grün mithellblau oder grau, die Uniformen der Kanadier und Neu-seeländer passen ebenfalls nicht auf die Beschreibung.Die Dänen hatten eine Uniform, die unserer sehr ähnlichwar. Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass Unifor-men zwischen Soldaten mal getauscht wurden. Die Ame-rikaner könnten auch deutsche Jacken gehabt haben, sowie wir schon mal US-Jacken hatten. (…)“ (BMVg,MAT 16 -14, Anlage 03, entspricht Ordner 3)

2. Fahrzeuge im US-GefangenenlagerIn den Vernehmungen von Soldaten, die das US-Gefange-nenlager sowohl im Rahmen von Führungen durch ameri-kanische Soldaten als auch von außen gesehen hatten, er-klärten diese gegenüber der Arbeitsgruppe, dass sie keineKfz im US-Gefangenenlager gesehen hätten. Die Frage,ob überhaupt ein Fahrzeug aufgrund der baulichen undräumlichen Gegebenheiten in das US-Gefangenenlagerhätte hineinfahren können, wurde unterschiedlich bewer-tet.

Der stellvertretende Kontingentführer des 1. Kontingentsschilderte, dass das US-Gefangenenlager zwar ein großes

Tor gehabt, er jedoch das US-Gefangenenlager für nichtbefahrbar gehalten habe. Es sei nicht für Verkehr mitFahrzeugen ausgelegt gewesen und er selbst habe dortauch keine Kraftfahrzeuge gesehen.

3. „Wortwechsel“ hinter einem LKW

Ein weiterer Schwerpunkt der Befragungen durch die Ar-beitsgruppe des Bundesministeriums der Verteidigungwar der von Murat Kurnaz im Zusammenhang mit der be-haupteten Misshandlung erfolgte „Wortwechsel“. Von al-len befragten Soldaten wurde betont, dass sowohl das vonMurat Kurnaz behauptete Zusammentreffen mit ihm hin-ter einem Lastwagen sowie die Misshandlung als auchder von ihm beschriebene „Wortwechsel“ nicht bekanntsei. Die befragten Soldaten wendeten ein, dass ein Aus-spruch wie „Wir sind das deutsche Kraft, KSK!“ nicht nurnicht bekannt, sondern auch nicht nachvollziehbar sei.Die befragten Soldaten wiesen darauf hin, dass der Satzkeinen Sinn ergebe und man nichts damit anfangenkönne. Der Zeuge Nr. 23 formulierte dies so (BMVg,MAT 16 -14, Anlage 03, entspricht Ordner 3):

„Den Spruch ‚Wir sind die deutsche Kraft.‘ verstehe ichnicht. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Ameri-kaner einen Gefangenen nur auf Bitte hin vorgeführt hät-ten. Im Lager hatten ganz eindeutig die Amerikaner dasSagen, wir waren nur zur Unterstützung dort. Eine solche‚Gefälligkeit‘ halte ich für ausgeschlossen. Da sind dieAmerikaner sehr ‚straight‘ und fahren nur ihre eigeneSchiene.“

Der Zeuge Nr. 18 äußerte sein Unverständnis und einenmöglichen Erklärungsversuch mit folgenden Worten(BMVg, MAT 16 -14, Anlage 03, entspricht Ordner 3):

„(…) Der Spruch: ‚Wir sind die deutsche Kraft.‘ ist sodumm, dass ich ihn mir nicht vorstellen kann. Die Gefan-genen waren ‚arme Kreaturen‘, deren nähere Lebensum-stände wir nicht kannten. Ich kann mir daher ein Verhal-ten, wie es von Herrn Kurnaz beschrieben wird,eigentlich nicht vorstellen. Im Zuge der Kommandoaus-bildung wird jeder Kommandoanwärter mit einer mögli-chen Gefangennahme und den dann folgenden Verhörme-thoden konfrontiert. Ich könnte mir vorstellen, dass, wenndie Aussage des Herrn Kurnaz überhaupt stimmt, es eineVerhörmethode ist, dem Gefangenen zu vermitteln, dassauch sein Vaterland kein Interesse an ihm hat und ihn so-mit in eine ‚aussichtslose Verfassung‘ zu bringen. Um imZuge weiterer Vernehmungen Informationen von demGefangenen zu erhalten. Möglicherweise hat man ihmdeutsche Soldaten vorgespielt, um ihn zu verunsichernund um ihm zu zeigen, dass die Deutschen nicht an ihminteressiert sind.“

Der Zeuge Nr. 8 schilderte sein Unverständnis mit folgen-den Sätzen (BMVg, MAT 16 -14, Anlage 03, entsprichtOrdner 3):

„Den Ausspruch ‚Wir sind die deutsche Kraft.‘‚ halte ichfür einen kompletten Schmarrn. Das klingt nach einemAmerikaner, der halbwegs gut Deutsch spricht und ver-sucht ‚German Force‘ zu übersetzen.“

Drucksache 16/10650 – 68 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

III. Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft Tübingen

Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-schuss hat auch die Ermittlungsakten der Staatsanwalt-schaft Tübingen beigezogen und die dort gemachten Zeu-genaussagen ausgewertet. Durch die StaatsanwaltschaftTübingen wurden 12 Soldaten des KSK, die an der Wach-verstärkung teilgenommen hatten, sowie weitere Soldatenvernommen. Im Einzelnen enthalten die Aussagen Anga-ben zur Bekleidung und Bewaffnung der Soldaten derWachverstärkung, Aussagen zur möglichen Existenz vonFahrzeugen im US-Gefangenenlager und die Umständeum den eigentlichen Misshandlungsverlauf.

1. Aussagen der an der Wachverstärkung beteiligten Soldaten

a) Bekleidung, Aussehen und Bewaffnung der Wachverstärkung

Zur Frage der Bekleidung und des Aussehens wurden ausdem Kreis der Teilnehmer an der Wachverstärkung ver-schiedene Aussagen gemacht. Von mehreren Zeugenwurde berichtet, dass während der Wachverstärkung dieWüstentarnuniform getragen wurde, die auf den Bildern 2und 9 der Lichtbildmappe der Staatsanwaltschaft Tübin-gen zu sehen sei. Darüber hinaus erklärten mehrere Zeu-gen, dass die Hoheitszeichen – die deutsche Flagge – anden Uniformarmen gut zu erkennen gewesen wären. Ei-nige Soldaten – wie z. B. Zeuge Nr. 14 (Staatsanwalt-schaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 8, S. 93) –wiesen darauf hin, dass sie die Hoheitszeichen an ihrenUniformen mit einer Art Schlämmkreide übermalt hätten.Der Zeuge Nr. 5 berichtete, er habe – wie seine Kamera-den auch – das Hoheitszeichen mit einer sogenanntenTarnfarbe, braun oder grün, überstrichen. Das Hoheitszei-chen selbst sei in seinen Grundfarben noch sichtbar gewe-sen. Er sei ihm dabei nur darum gegangen, dass das Ho-heitszeichen nicht so leuchte (MAT 16 – 8, S. 126). DerZeuge Nr. 20 berichtete, dass er die Hoheitsabzeichen ander Wüstentarnuniform mit „Tape“ abgeklebt habe, alsonicht als deutscher Soldat zu erkennen gewesen wäre(MAT 16 – 8, S. 150). Nach der Aussage des Zeugen Nr. 8habe man die Wüstentarnuniform getragen, die von deneinzelnen Soldaten teilweise unvollständig bzw. ergänztgetragen worden sei. Er persönlich habe die Wüstentarn-hose und, so glaube er, auch den Wüstentarnparka getra-gen (MAT 16 – 8, S. 110). Der Zeuge Nr. 30 war sich ab-solut sicher, dass er die Flaggen auf seiner Uniformabgeklebt habe. Dies habe den einfachen Grund gehabt,nicht als Deutscher erkannt zu werden; einige weitereSoldaten hätten dies auch gemacht (MAT 16 – 8, S. 184).

Die Frage nach ihrem Aussehen während der Wachver-stärkung beantworteten einzelne Zeugen wie folgt: DerZeuge Nr. 27 erklärte dazu, dass er im Januar in Kandaharwährend des beschriebenen Wachdienstes einen Vollbartund auch längere Haare getragen habe. Der Zeuge Nr. 14berichtete, er selbst habe zu diesem Zeitpunkt, wie diemeisten seiner Kameraden, einen Bart getragen. Aus ein-satztaktischen Gründen hätten sich die Soldaten bereitskurz vor der Abreise aus Deutschland nicht mehr rasiert

und auch die Haare nicht schneiden lassen. Der ZeugeNr. 5 beschrieb, dass seine Haare damals länger gewesenseien und sein Bartwuchs nicht sehr ausgeprägt gewesensei. Zum damaligen Zeitpunkt habe er keine Brille getra-gen. Er sei 174 cm groß und seit Jahren ca. 78 bis 80 kgschwer (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,MAT 16 – 8, S. 57, 98, 134).

Zur Frage, ob während des Wacheinsatzes die Vorführungeiner Waffe mit Lasermodul für interessierte amerikani-sche Soldaten erfolgte, erklärten einige Zeugen überein-stimmend, dass sie von einer solchen Vorführung keineKenntnis hätten bzw. sich nicht an eine Vorführung erin-nern könnten. Der Zeuge Nr. 18 führte dazu aus, zur re-gelmäßigen Ausstattung habe eine Waffe mit Lasermodulgezählt. Das KSK habe eine große Waffenvielfalt und sosei es möglich, dass einzelne Soldaten auch verschiedeneWaffen bei sich geführt hätten. Die Amerikaner seien im-mer sehr an deutschen Waffen interessiert gewesen. Wäh-rend seines Streifenganges seien die Waffen weder durchihn noch durch seinen Kameraden vorgeführt worden.

Der Zeuge Nr. 14 erklärte, dass die Waffe zur Standard-ausrüstung jedes KSK-Soldaten gehöre und es gut vor-stellbar sei, dass diese bei Interesse seitens eines amerika-nischen Soldaten kurz erklärt worden sei. Er selbst könnesich nicht daran erinnern, im Innenbereich des Gefange-nenlagers seine Waffe einem amerikanischen Soldatenlänger erklärt zu haben. Er könne fast mit Sicherheit sa-gen, dass er dies auch nicht bei anderen Kameraden gese-hen habe (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,MAT 16 – 8, S. 21, 94).

Befragt nach der Laserzieleinrichtung auf seiner Waffeerklärte der Zeuge Nr. 27, dass sich auf seiner Waffekeine Laserzieleinrichtung befunden habe. Er fügte hinzu,dass es die persönliche Entscheidung eines Kommando-soldaten gewesen sei, seine Waffe mit einem solchen Ge-rät auszustatten (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermitt-lungsakte, MAT 16 – 8, S. 52). Der Zeuge Nr. 5 erklärte,ihre Waffen seien mit Lasereinrichtungen ausgestattet ge-wesen. Ob bei der Wachtätigkeit seine Waffe mit dieserLaserzieleinrichtung ausgerüstet war, wisse er heute nichtmehr (MAT 16 – 8, S. 127).

Der Zeuge Nr. 1 berichtete, seine Waffe sei zwar beimEinsatz in Afghanistan mit einer solchen Laserzielein-richtung ausgerüstet gewesen, er könne aber nicht sagen,ob diese schon während des Wachdienstes montiert war.Die Frage, ob den Amerikanern Waffen mit Laserzielein-richtung während des Wachdienstes vorgeführt wordenseien, verneinte er für sich. Es sei jedoch vorstellbar, dassdies stattgefunden habe. Er könne sich jedoch diesbezüg-lich an keinen konkreten Fall erinnern (Staatsanwalt-schaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 8, S. 166,167).

Der Zeuge Nr. 32 erklärte, dass sein Gewehr G36 mitdem Laserzielgerät ausgestattet gewesen sei. Die Frage,ob er selbst oder einer seiner Kameraden diese Laserziel-einrichtung amerikanischen Soldaten vorgeführt habe,wurde von dem Zeugen grundsätzlich bejaht, jedoch mitder Einschränkung, dass dies nicht während des Wach-

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dienstes geschehen sei (Staatsanwaltschaft Tübingen, Er-mittlungsakte, MAT 16 – 8, S. 201). Der Zeuge Nr. 25schilderte, dass sein Gewehr – G36 – eine Laserzielein-richtung gehabt habe. Ihm sei kein Fall bekannt, bei demdie Laserzieleinrichtung den US-Soldaten vorgeführtworden sei; diese hätten selbst über Laserzieleinrichtun-gen verfügt (MAT 16 – 8, S. 69, 70). Der Zeuge Nr. 20 be-zweifelte, dass während des Auftrages im US-Gefange-nenlager die Laserzieleinrichtung US-Soldaten gezeigtworden sei. Er selbst habe seine Waffe ihnen nicht vorge-führt (MAT 16 – 8, S. 151).

b) Fahrzeuge im US-Gefangenenlager

Im Rahmen der staatsanwaltlichen Ermittlungen erklärtendie als Zeugen vernommenen Soldaten, die an der Wach-unterstützung im US-Gefangenenlager nach eigenen An-gaben teilgenommen hatten, übereinstimmend, ein Last-kraftwagen oder ein sonstiges Kfz nicht innerhalb desLagers gesehen zu haben.

Nach Aussage des Zeugen Nr. 18 habe es zu einem späte-ren Zeitpunkt – etwa Ende Februar 2002 – einen Latri-nenwagen gegeben. Er erinnere sich noch daran, dass ergerade das sogenannte shit-burning durchgeführt habe,als er einen Schuss hörte. Dieser sei, wie sich später he-rausstellte, von einem anderen Soldaten unbeabsichtigtabgegeben worden. Der Vorfall habe sich Mitte Februar2002 zugetragen. Zu diesem Zeitpunkt seien noch keinesogenannten Dixi-Toiletten und keine Latrinenwagenvorhanden gewesen (Staatsanwaltschaft Tübingen, Er-mittlungsakte, MAT 16 – 8, S. 23). Der Zeuge Nr. 27 er-läuterte vor der Staatsanwaltschaft Tübingen, er halte esfür unrealistisch, dass Murat Kurnaz hinter einen LKWgeführt worden sei. Er hätte dazu zunächst den „Käfig“und dann durch die Schleuse das Gefangenenlager verlas-sen müssen. Fahrzeuge hätten sich nämlich außerhalb desGefangenenlagers zwischen dem Terminal und dem Ge-fangenenlager befunden. Einen derartigen „Gefallen“ hät-ten aus Sicherheitsgründen die Amerikaner den deutschenSoldaten nicht entgegengebracht. Mit Ausnahme des Hin-und Rückwegs zum Flugzeug seien die Gefangenen auchniemals in die Bereiche außerhalb des Lagers geführtworden (MAT 16 – 8, S. 55). Der Zeuge Nr. 23 berichtete,dass es weder innerhalb noch außerhalb des Gefangenen-lagers einen sogenannten Latrinenwagen gegeben habe.Die Fäkalien seien verbrannt worden. Die Amerikanerhätten jedoch mit einem grünen Militär-LKW, auf demsich eine große Tonne bzw. ein ovaler Behälter befundenhabe, das Brauchwasser durch das Camp transportiert.Diesen LKW habe er aber innerhalb des eigentlichen US-Gefangenenlagers nicht gesehen (MAT 16 – 8, S. 81).

Auf die Frage nach den Ausführungen von Murat Kurnazzu einem Latrinenwagen erklärte der Zeuge Nr. 14, dasser sich erinnere, einen Wagen dieser Bauart im Bereichdes Stützpunktes gesehen zu haben. Es könne sich beidem Fahrzeug auch um einen Wassertankwagen gehan-delt haben. Im inneren Gefangenenbereich habe sich je-doch nach seiner Einschätzung keiner dieser Wagen be-funden (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,MAT 16 – 8, S. 97). Der Zeuge Nr. 5 schilderte, während

der Streifentätigkeit im US-Gefangenenlager mit Sicher-heit keine Fahrzeuge wahrgenommen zu haben. Ob sichim inneren Teil des US-Gefangenenlagers ein Lastwagenmit Tankaufsatz befunden habe, der auch als Latrinenwa-gen bezeichnet werden könne, konnte er nicht bestätigen.Er erinnere sich nicht an ein derartiges Fahrzeug. Auf dieFrage, ob er überhaupt ein solches Fahrzeug gesehenhabe, ergänzte der Zeuge, Fahrzeuge mit tankähnlichemAufsatz natürlich gesehen zu haben. Es habe sich dort umeinen Flugplatz gehandelt; er könne sich aber nicht vor-stellen, dass derartige Fahrzeuge als Latrinenwagen ver-wendet worden seien. Die Soldaten vom deutschen Kon-tingent hätten ihre Fäkalien verbrannt (MAT 16 – 8,S. 127). Der Zeuge Nr. 20 berichtete, er könne sich nichtan einen LKW mit Tankaufsatz, einen Latrinenwagen, er-innern. Es sei das sogenannte shit-burning auf der gesam-ten amerikanischen Base betrieben worden. Ein Latrinen-wagen habe somit keinen Sinn gemacht (MAT 16 – 8,S. 153, 154).

Auf die Frage, ob sich im US-Gefangenenlager Fahr-zeuge befanden, antwortete auch der Zeuge Nr. 32, dassdies nicht der Fall gewesen sei und er glaube, dass dasEingangstor nur für den Personenverkehr geeignet gewe-sen sei. Ein LKW mit Tankaufsatz innerhalb des Lagerssei ihm nicht bekannt (Staatsanwaltschaft Tübingen, Er-mittlungsakte, MAT 16 – 8, S. 204).

c) „Wortwechsel“ hinter einem LKW

Hinsichtlich der von Murat Kurnaz behaupteten Miss-handlung und des in diesem Zusammenhang stattgefun-denen Wortwechsels hinter einem Lastkraftwagen erklär-ten die Zeugen übereinstimmend, dass sie die Aussagenvon Murat Kurnaz nicht nachvollziehen könnten. NachMeinung des Zeugen Nr. 18 würde sich ein Kommando-soldat so nicht verhalten, da ein Kommandosoldat niesein Gesicht offenbaren würde, insbesondere nicht gegen-über einem vermeintlichen Gegner (StaatsanwaltschaftTübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 8, S. 24). DerZeuge Nr. 23 erklärte, dass es ihm auch unverständlichsei, dass einer seiner Kameraden „KSK“ gesagt hätte,denn der Einsatz sei als geheim eingestuft gewesen undman habe nicht einmal die deutsche Flagge im Lager his-sen dürfen. Die Deutschen seien nur „Aushilfskräfte“ indem Lager gewesen. Es sei für ihn undenkbar, dass dieUS-Soldaten einer „Aushilfskraft“ einen ihrer Gefange-nen übergeben würden (MAT 16 – 8, S. 82, 83).

2. Aussagen von weiteren Kontingent-angehörigen

Neben den Soldaten, die an der Wachverstärkung teilge-nommen haben, wurden auch weitere Kontingentangehö-rige, die das US-Gefangenenlager im Rahmen einer „Be-sichtigung“ mit amerikanischen Soldaten betreten hatten,über die Wahrnehmung von Fahrzeugen durch die Staats-anwaltschaft Tübingen befragt. Aus den Vernehmungs-niederschriften ergaben sich für den Untersuchungsaus-schuss folgende Feststellungen:

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a) Bewaffnung der WachverstärkungDer Zeuge Nr. 4 berichtete, dass die meisten Gewehreeine Lasereinrichtung gehabt hätten. Bei den Amerika-nern seien nur die Spezialtruppen-Gewehre mit Laser-einrichtungen ausgestattet gewesen. Da die Amerikanerauch gerade umstrukturiert hätten, wären einige Solda-ten mit Lasergewehren ausgerüstet gewesen und anderenicht (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,MAT 16 – 8, S. 8).

b) Fahrzeuge im US-GefangenenlagerDer Zeuge Nr. 28 erklärte, dass es im Gefangenenlagerkeine Fahrzeuge gegeben habe. Hierzu habe es auchkeine Möglichkeit gegeben. Ein Zufahrtstor zu diesemGefangenenlager sei nicht vorhanden gewesen (Staats-anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 25,S. 291). Nach Vorlage des Fotos B auf Seite 66 der staats-anwaltlichen Ermittlungsakte (MAT 16 – 9) erklärte er er-gänzend, dass das Tor auf dem gezeigten Bild so nicht zu-gänglich gewesen sei. Der gesamte Umfriedungsbereichsei mit einer Metallblende nochmals verstärkt oder ge-schützt gewesen (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermitt-lungsakte, MAT 16 – 25, S. 291).

Zur Frage des Vorhandenseins von Latrinenfahrzeugenoder Fahrzeugen mit Tankaufsatz führte der Zeuge Nr. 28aus, dass es solche Fahrzeuge nicht gegeben habe. Zu die-sem Zeitpunkt seien über 1 000 Soldaten in Kandahareingesetzt gewesen. Für diese Anzahl von Soldaten hättenzwei Toiletten in Form von Holzhäuschen mit eingefüg-ten Metalltonnen existiert. Diese Tonnen seien voneinheimischen Arbeitskräften gewechselt worden. ZumZeitpunkt seines Aufenthaltes in Kandahar von Januar bisMärz 2002 habe ausschließlich ein sogenanntes shit-bur-ning stattgefunden. Daher habe es auch kein Fahrzeugzum Abtransport der Fäkalien gegeben (Staatsanwalt-schaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 25, S. 292).

Der Zeuge Nr. 11 berichtete auf die Frage nach einemLastkraftwagen oder einem Lastkraftwagen mit Tankauf-satz, dass er ein solches Fahrzeug nicht gesehen habe. DieEntsorgung der Fäkalien sei durch „shit-burning“ erfolgt.Wie die Fäkalien aus dem Gefangenenlager herausge-bracht worden seien, sei ihm nicht bekannt (Staatsanwalt-schaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 25, S. 308).Der Kontingentführer des 1. Kontingents gab an, dassihm kein Lastkraftwagen im US-Gefangenenlager aufge-fallen sei. Er habe auch keinen Lastwagen mit Tankauf-satz, einen sogenannten Fäkalienwagen, gesehen. Es hätteauch keinen Sinn ergeben, die Fäkalien der Gefangenenso zu entsorgen, während bei den Soldaten das soge-nannte shit-burning praktiziert worden sei. Dies sei auchnicht nur bei den deutschen, sondern auch bei den ande-ren eingesetzten Streitkräften so gewesen. Erst um den16. März 2002 sei ein Sanitärcontainer zur Verfügung ge-stellt worden (MAT 16 – 25, S. 314). Der Zeuge Nr. 37 er-innerte sich nicht, innerhalb des US-GefangenenlagersLastkraftwagen oder Fahrzeuge mit Tankaufsatz gesehenzu haben. Er sei bei seinen täglichen Gängen zum ameri-kanischen Hauptquartier im Lager auch an dem US-Ge-fangenenlager vorbeigekommen. Dabei habe er zu keiner

Zeit beobachtet, dass ein Fahrzeug das Lagertor passierthabe (MAT 16 – 25, S. 325, 326). Zur Frage der Fäkali-enentsorgung erklärte der Zeuge Nr. 37, im Januar 2002sei für das gesamte Lager in Kandahar die Sanitärversor-gung (Waschmöglichkeiten, Wasserversorgung sowie Fä-kalienentsorgung) noch nicht hergestellt gewesen. DasTrinkwasser sei rationiert gewesen, alles habe eingeflo-gen werden müssen und Fäkalien seien verbrannt worden.Mit dem weiteren Ausbau des Lagers, Ende Januar/An-fang Februar, seien schrittweise die Lebensbedingungenim Lager, einschließlich Sanitärversorgung, verbessertworden (Waschwasser, Duschmöglichkeiten und Fäkali-enentsorgung durch Tankfahrzeuge). Bei diesen Tank-fahrzeugen habe es sich, seiner Beobachtung nach, um zi-vile Fahrzeuge und nicht um militärische Fahrzeugegehandelt, wobei der Einsatz dieser Fahrzeuge mit Si-cherheit erst ab Februar 2002 stattgefunden habe (Staats-anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 25,S. 326).

Auf eine Wochenmeldung des Kontingentführers des1. Kontingents an das Einsatzführungskommando (Eins-FüKdoBw) in Potsdam vom 6. Januar 2002 hin angespro-chen, erklärte dieser, dass er für die Meldung zuständigund verantwortlich gewesen sei (Staatsanwaltschaft Tü-bingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 25, S. 362). DieseMeldung beinhaltet unter Ziffer 14 folgenden Text(BMVg, MAT 16 – 22, Anlage 03, entspricht Ordner 26 c):

„Trinkwasserversorgung: täglich stehen 1,5 Liter Trink-wasser zur Verfügung. Der darüber hinausgehende Bedarfwird durch aufbereitetes Wasser (US) abgedeckt. DasWasser ist klar und kalt, deutlicher Chlorgeschmack. DerTransport erfolgt in Tankwagen, auf denen zum Teil auchdie Fäkalwannen zur Verbrennung transportiert werden.“

Der Kontingentführer verwies darauf, dass dieser Beitragzur Meldung von (…) [Zeuge Nr. 19] geliefert wordensei (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,MAT 16 – 25, S. 364).

Der Zeuge Nr. 19, der sich nach eigenen Angaben vom2. Januar 2002 bis Mitte April 2002 in Kandahar befand,erklärte, dass nach militärischen Grundsätzen der Verant-wortliche für eine Tages- bzw. Wochenmeldung einesdeutschen Kontingents stets der Kontingentführer sei;dieser trage die Gesamtverantwortung. Eine Tagesmel-dung werde durch die jeweiligen Stabsabteilungsleiter er-stellt und entsprechend zusammengeführt, anschließenddurch den Kontingentführer bewertet, entsprechend geän-dert und mit seiner Unterschrift herausgegeben (Staats-anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 35,S. 395).

Der Zeuge führte weiter aus, dass Abwasserabpumpfahr-zeuge in zeitlichen Abständen von einigen Tagen regel-mäßig sämtliche „Dixi-Toiletten“ im Lagerbereich abge-pumpt und die Fäkalien außerhalb des Lagers entsorgthätten. Im Gefangenenlager selbst habe er ein solchesFahrzeug nie beobachtet. Er erinnere sich, dass die Ame-rikaner ein altes russisches Fahrzeug instand gesetzt hät-ten, das zur Fäkalentsorgung vorgesehen gewesen sei.Mit diesem Fahrzeug sei kein Trinkwasser transportiert

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 71 – Drucksache 16/10650

worden. An die Zuführung aufbereiteten Trinkwassers er-innere er sich nicht mehr (Staatsanwaltschaft Tübingen,Ermittlungsakte, MAT 16 – 35, S. 396).

Der Zeuge Nr. 19 berichtete auch, dass er selbst nicht imeigentlichen US-Gefangenenlager gewesen sei. Ihm seinicht bekannt, ob es innerhalb des US-GefangenenlagersLastkraftwagen oder Fahrzeuge mit einem Tankaufsatzgegeben habe. Auch sei ihm nicht bekannt gewesen, wiedie Fäkalienentsorgung im US-Gefangenenlager durchge-führt worden sei (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermitt-lungsakte, MAT 16 – 35, S. 394).

Auf nochmalige Befragung erklärte der Zeuge Nr. 19 inseiner Vernehmung einen Tag später, dass der Text in derMeldung vom 6. Januar 2002 unter Ziffer 14 mit Sicher-heit von ihm geschrieben worden sei. Des Weiteren er-klärte der Zeuge, dass der Begriff „Tankwagen“ zu korri-gieren sei. Es seien keine Tankwagen im üblichen Sinnegewesen, sondern Militär-LKW, die eine glatte Ladeflä-che gehabt hätten. Auf dieser Ladefläche habe sich eingroßer mit Wasser gefüllter Behälter befunden. Es habesich um aufbereitetes Wasser aus einem bereits früher vonden sowjetischen Soldaten angelegten Brunnen gehan-delt. Da sich auf dem LKW noch deutlich mehr Platz be-funden habe, sei er zum Teil auch dazu genutzt worden,Fäkalien zur Verbrennung abzutransportieren. Dies seihygienisch unbedenklich gewesen, da das in dem Behäl-ter befindliche Wasser ordnungsgemäß abgesichertgewesen sei. Er habe mehrfach diesen Tankwagen gese-hen. Dieser sei im Lager unterwegs gewesen; ob derLKW auch in das Gefangenenlager gefahren sei, wisse ernicht (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,MAT 16 – 35, S. 397, 398).

Bei seiner vorherigen Befragung habe er den Verneh-mungsbeamten aber eher so verstanden, ob ein Abwasser-pump-Fahrzeug unterwegs gewesen sei. Dies habe er be-jaht. Tatsächlich habe es sich um ein Fahrzeug russischerBauart gehandelt. Er könne sich deshalb so gut erinnern,weil er derartige sowjetische Fahrzeuge aus seinen frühe-ren Besuchen in Ungarn kenne. 20 Jahre später sei er inKandahar nun auf ein Abwasserpump-Fahrzeug dessel-ben Typs gestoßen. Dieses Fahrzeug sei wiederum vonden Amerikanern benutzt worden, um Dixi-Toiletten ab-zupumpen. Er habe dieses Fahrzeug auch im deutschenLager beobachtet. Wie es sich im Gefangenenlager ver-halten habe, könne er nicht sagen. Seine Meldung habesich nur auf den Lagerbereich der Soldaten bezogen,nicht auf den der Gefangenen (Staatsanwaltschaft Tübin-gen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 35, S. 397).

Auf Nachfrage erklärte der Zeuge Nr. 19, dass der „Pla-teau-LKW“ theoretisch auch in das Gefangenenlagerhätte gelangen können. Er halte dies aber eher für un-wahrscheinlich, da damit nicht einmal die Fäkalien derdeutschen Soldaten entsorgt worden seien. Im deutschenLager habe man die Fäkalien zu jener Zeit noch verbren-nen müssen (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungs-akte, MAT 16 – 35, S. 398).

3. Bewertung der Aussagen durch die Staatsanwaltschaft

Mit Verfügung vom 29. Mai 2007 hat die Staatsanwalt-schaft Tübingen zunächst ihre Ermittlungen mangels hin-reichenden Tatverdachts gemäß § 170 Absatz 2 StPO ein-gestellt. In ihrer Pressemitteilung vom 29. Mai 2007erklärte sie, dass trotz verbleibender Bedenken an derDarstellung der Beschuldigten und trotz der grundsätzli-chen Glaubwürdigkeit der Darstellung des Murat Kurnazin einem zentralen Punkt wegen der fehlenden Aufklä-rungsmöglichkeit Zweifel über den tatsächlichen Gesche-hensablauf verblieben, die eine Verurteilung nicht sowahrscheinlich erscheinen ließen, dass sie eine Anklage-erhebung gerechtfertigt hätten (Staatsanwaltschaft Tübin-gen, Pressemitteilung, MAT 16 – 41; Dokument Nr. 24).

Im Einzelnen führte die Staatsanwaltschaft in ihrer Pres-semitteilung hierzu aus:

„(…) Bei den Zeugenvernehmungen wurde zwar der ersteTeil des Geschehensablaufs teilweise eingeräumt; dassder Zeuge Kurnaz danach ein zweites Mal aufgerufen undsogar aus seinem ‚compound‘ herausgeführt worden sei,haben die Beschuldigten bestritten und die übrigen Zeu-gen nicht bestätigt. Ein solcher zweiter Kontakt mitMurat Kurnaz habe – so die übereinstimmenden Angabenaller befragten Soldaten – nicht stattgefunden. (…) DieAussagen der Beschuldigten und der übrigen Soldatendes Kommandos Spezialkräfte sind zwar kritisch zu wür-digen: Die Beschuldigten und ein Zeuge haben geschil-dert, dass der deutsche Gefangene zum Zaun gerufen undeiner Gruppe von vier bis fünf deutschen Soldaten gezeigtwurde. Auch haben die genannten drei Soldaten bestätigt,dass einer aus ihrer Gruppe die Bemerkung ‚du bist wohlauf die falsche Seite geraten‘ gemacht haben soll. Jederdieser drei Soldaten hat allerdings bestritten, dass erselbst Urheber dieses Ausspruchs gewesen sei. Auchkonnte sich keiner erinnern, welcher andere Soldat fürden Spruch verantwortlich war. Diese Darstellung er-scheint wenig glaubwürdig. Ein Beschuldigter war beiseiner Zeugenvernehmung außergewöhnlich unsicher.Als er gefragt wurde, ob er die Bemerkung mit ‚der fal-schen Seite‘ gemacht habe, reagierte er, wie vom ermit-telnden Kriminalbeamten festgehalten, auffallend nervösund wurde rot. Schließlich bestätigte noch ein Zeuge,dass man im Nachhinein innerhalb der Kompanie darübergesprochen habe, wer für den Ausspruch verantwortlichsein könnte und dass dabei der Name gerade dieses Be-schuldigten genannt worden sei. Die StaatsanwaltschaftTübingen schließt daraus, dass der von Kurnaz wiederer-kannte Beschuldigte tatsächlich den Spruch am Zaun ge-macht hat. Allerdings konnte die Staatsanwaltschaft nichtden Nachweis führen, dass es tatsächlich zu dem zweitenVorfall hinter einem Lastkraftwagen gekommen ist unddass daran die beiden Beschuldigten beteiligt waren. Fürdiesen Teil der Darstellung des Murat Kurnaz gibt es überdessen Aussage hinaus keine Beweise. Zwar hat derZeuge Kurnaz einen durchaus glaubwürdigen Eindruckhinterlassen. Für seine Glaubwürdigkeit spricht außer sei-ner Genauigkeit bei den Wahllichtbildvorlagen des Weite-ren, dass er in beiden Vernehmungen – wie auch bei

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seinen sonstigen Anhörungen – ohne besonderen Belas-tungseifer aufgetreten ist und differenziert ausgesagt hat.So beschränkte er sich etwa bei der 2. Wahllichtbildervor-lage darauf, den einen Beschuldigten wieder erkannt zuhaben, ohne dabei allerdings ‚hundertprozentig‘ sicher zusein. Weitere mögliche Beschuldigte wollte er, da er sichnicht sicher war, nicht unnötig in Verdacht bringen. Zu-mindest in vier Punkten begegnen jedoch auch die Schil-derungen des Zeugen Kurnaz beachtlichen Zweifeln:

a) So fällt zunächst auf, dass er stets davon sprach, nurzwei deutschen Soldaten am Zaun gegenübergestan-den zu haben. Tatsächlich dürften dies jedoch nachden insoweit glaubhaften Angaben der Beschuldigtenund eines Zeugen mindestens drei deutsche Soldatengewesen sein.

b) Aus Sicht der vernommenen Soldaten soll die geschil-derte Misshandlung so nicht nachvollziehbar sein.Ganz abgesehen davon, dass eine solche Aktion sinn-los gewesen sei, hätte sie auch dem amerikanischenSicherheitskonzept widersprochen. Aus Sicherheits-gründen seien die amerikanischen Streitkräfte daraufbedacht gewesen, die Gefangenen innerhalb ihres mitStacheldraht abgesicherten Areals zu belassen.

c) Entgegen der Darstellung von Murat Kurnaz soll nachMeinung aller hierzu befragter Soldaten auch keinFahrzeug in das Lager gelangt sein. Zum Teil wurdevorgebracht, dass die Wege, insbesondere auch dieEinfahrt in das Lager zu eng gewesen seien. Jedenfallshätten Sicherheitsaspekte gegen den Aufenthalt einessolchen Fahrzeugs gesprochen. Übereinstimmendwaren alle Soldaten jedenfalls sicher, dass zumindestwährend des Zeitraums der Wachverstärkung im Ja-nuar 2002 kein Wagen zur Entsorgung von Fäkalien indas Lager gefahren sei. Fäkalien habe man zu jenerZeit mangels anderer Entsorgungsmöglichkeiten – wieauch im deutschen Lager – in Tonnen verbrannt. Zwarbestätigte ein Oberfeldarzt, dass er bereits Anfang Ja-nuar 2002 einen ‚Tankwagen‘ russischer Bauart gese-hen habe, der durch das Militärlager gefahren sei. Obdieses Fahrzeug auch in das Gefangenenlager gelangtund zur Entsorgung von Fäkalwannen genutzt wordensei, wisse er nicht. Er habe das Lager selbst nie be-sucht. Er halte es aber für eher unwahrscheinlich, dassdie Fäkalien aus dem Gefangenenlager auf diesemWeg entsorgt worden seien, da man die Fäkalien derdeutschen Soldaten zu jener Zeit noch verbrannt habeund eine diesbezügliche Besserstellung der Gefange-nen eher fern gelegen hätte. Den diesbezüglichen Dar-stellungen der als Wachverstärkung eingesetzten Sol-daten steht auch nicht zwingend entgegen, dass aufeinem im ‚Stern‘ veröffentlichten und von der Krimi-naltechnik vergrößerten Lichtbild ein größeres Fahr-zeug im Lagerbereich zu erkennen ist. Dieses Licht-bild dürfte, wie sich aus dem sonstigen Zuschnitt desLagers ergibt, jedenfalls nicht im Januar, sondern erstspäter im Jahr 2002, entstanden sein, und ist daher fürden Zustand der hier relevanten Tatzeit nicht aussage-kräftig. Eine weitergehende Aufklärung ist in diesemPunkt des Fahrzeugs nicht möglich. Die US-amerika-

nischen Streitkräfte haben keine Auskünfte erteilt. Derin Betracht kommende Reporter des ‚Stern‘, der imJahr 2002 selbst in Kandahar war, hat sich auf seinjournalistisches Zeugnisverweigerungsrecht zurückge-zogen.“

Nach Bekanntwerden der Aussagebereitschaft von Mit-häftlingen von Murat Kurnaz, die nach Medienberichtenund nach Auffassung des Rechtsbeistandes von MuratKurnaz, Rechtsanwalt Bernhard Docke, die Existenz ei-nes Tanklastwagens innerhalb des US-Gefangenenlagersbestätigen könnten, wurden von der StaatsanwaltschaftTübingen die Ermittlungen mit Verfügung vom 6. August2007 wieder aufgenommen (Staatsanwaltschaft Tübin-gen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 67, S. 196).

4. Aussagen von Mithäftlingen von Murat Kurnaz nach der Wiederaufnahme der Ermittlungen

Am 24. Januar 2008 hat die Staatsanwaltschaft Tübingendie Mithäftlinge von Murat Kurnaz, Ruhal Ahmed undAsif Iqbal, als Zeugen vernommen. Der Zeuge RuhalAhmed gab an, sich vom 31. Dezember 2001 bis zum14. Februar 2002 in Kandahar befunden zu haben. DerZeuge Asif Iqbal berichtete, etwa zwei Wochen, vonEnde Dezember 2001 bis Mitte Januar 2002, in Kandaharuntergebracht gewesen zu sein. Beide Zeugen beschrie-ben, dass es im Lager drei Zeltgruppen mit jeweils dreiZelten gegeben habe. Eine Zeltgruppe mit drei Zelten seimit Stacheldraht umzäunt gewesen (StaatsanwaltschaftTübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 84, S. 367 und378).

a) Bekleidung der deutschen SoldatenWährend der Vernehmung wurden dem Zeugen RuhalAhmed Uniformmuster aus der Ermittlungsakte (Staats-anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 9,S. 54 – 63) gezeigt, die auch Murat Kurnaz bei seiner Ver-nehmung vorgelegt wurden. Der Zeuge bezeichnete dieBilder Nr. 9 (MAT 16 – 9; S. 62) und Nr. 1 (MAT 16 – 9,S. 54) als möglicherweise diejenigen Uniformmuster, diedeutsche Soldaten getragen haben könnten. Sicher sei ersich nicht. Er habe aber die deutschen Soldaten an denFlaggen auf den Uniformen erkannt (MAT 16 – 9, S. 369).Bei dem Bild Nr. 9 handele es sich um eines von zweiBildern, die jeweils ein deutsches Uniformmuster (KSK)zeigen (MAT 16 – 9, S. 53).

Die Zeugen Asif Iqbal und Shafiq Rasul gaben an, diedeutschen Soldaten an den Flaggen am Oberarm der Uni-formen erkannt zu haben (Staatsanwaltschaft Tübingen,Ermittlungsakte, MAT 16 – 84, S. 379).

b) Fahrzeuge im US-GefangenenlagerDer Zeuge Asif Iqbal berichtete, er könne sich nicht erin-nern, einen Lastkraftwagen gesehen zu haben. Es habeeine Art Gabelstapler gegeben, um Flaschen und Nahrungzu bringen. Zu der Fäkalienentsorgung gab er an, die Ge-fangenen hätten ihre Notdurft in Eimern verrichtet, dievon den Soldaten in der Nähe des Rot-Kreuz-Zeltes in ein

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 73 – Drucksache 16/10650

Fass entleert worden seien. Die Gefangenen hätten sichdabei umdrehen und auf die gegenüberliegende Seite desZeltes gehen müssen, als die Eimer abgeholt wurden. Ei-nen Abtransport der Eimer zu einem LKW habe er nichtwahrgenommen. Die Fäkalien seien anschließend ver-brannt worden. Das sei nicht mehr möglich gewesen, alsdie Zahl der Gefangenen zunahm. Wie die Entsorgungdanach organisiert wurde, habe er nicht gesehen (Staats-anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 84,S. 380 f.).

Der Zeuge Ruhal Ahmed gab bei der Staatsanwaltschaftübereinstimmend mit seiner Aussage vor dem Untersu-chungsausschuss an, es habe LKW im Gefangenenlagergegeben, mit denen Fäkalien und Müll abtransportiertworden seien. Es habe sich dabei um „Pritschenwagen“gehandelt, in der Art, wie auf Bild A zu erkennen sei(Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,MAT 16 – 84, S. 65 u. 371). Die Gefangenen hätten dieEimer aus den Zelten zu diesem LKW tragen müssen.Am Anfang sei das jedoch noch nicht so gewesen, son-dern die Soldaten hätten die Eimer selbst abgeholt undentsorgt (MAT 16 – 84, S. 372). Er glaube nicht, dass das„shit-burning“ im Lager selbst stattgefunden habe. Aufden Hinweis, deutsche Soldaten hätten behauptet, ein Be-fahren des Gefangenenlagers sei mit einem LKW nichtmöglich gewesen, äußerte Ruhal Ahmed, dass möglicher-weise die großen LKW nicht in das Lager hätten gelangenkönnen. Die Lastkraftwagen, die die Fäkalien abholten,hätten in das Lager fahren können. Er hätte selbst die Ei-mer dorthin getragen, aber diese nicht aus dem Gefange-nenlager hinaus gebracht (MAT 16 – 84, S. 373).

Der Mitgefangene Shafiq Rasul gab bei seiner telefoni-schen Befragung an, es habe kleine Lastwagen im Gefan-genenlager gegeben. Auf die Frage, wozu diese Lastwa-gen gedient haben könnten, wusste der Zeuge keineAntwort. Des Weiteren konnte er nicht angeben, ob dieFäkalien mit einem Lastwagen aus dem Gefangenenlagerheraustransportiert wurden. Bei seinen Vernehmungenverwies er mehrmals darauf, dass die Ereignisse mehrereJahre zurücklägen und er sich nicht genau daran erinnernkönne (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,Vermerk vom 29. Januar 2008, MAT 16 – 84).

c) „Wortwechsel“ und behauptete Misshandlungen

Der Zeuge Ruhal Ahmed erklärte bei seiner Vernehmung,nicht wahrgenommen zu haben, dass Murat Kurnaz anden Zaun gerufen worden sei und deutsche Soldaten mitihm gesprochen hätten. Er habe nur gesehen, wie deut-sche Soldaten durch das Gefangenenlager geführt wordenseien. Eine Misshandlung von Murat Kurnaz durch deut-sche Soldaten habe er ebenfalls nicht wahrgenommen;auch Verletzungen habe er bei ihm nicht bemerkt (Staats-anwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte, MAT 16 – 84,S. 369 – 371). Auf Nachfrage berichtete der Zeuge RuhalAhmed, mehrmals beobachtet zu haben, wie MuratKurnaz von einem amerikanischen „Escort-Team“ abge-

holt worden sei. Dies sei zu jeder Tages- und Nachtzeitvorgekommen.

Der Zeuge Asif Iqbal berichtete, Murat Kurnaz erst nachseiner Entlassung aus Guantánamo kennengelernt zu ha-ben. In Kandahar habe er ihn nicht wahrgenommen. DerZeuge Asif Iqbal hat bei seiner staatsanwaltlichen Ver-nehmung einen weiteren Mithäftling, Shafiq Rasul, be-nannt (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,MAT 16 – 84, S. 379).

Der Zeuge Shafiq Rasul wurde von der Staatsanwalt-schaft Tübingen am 29. Januar 2008 telefonisch befragt.Der Zeuge gab an, Murat Kurnaz aus Kandahar undGuantánamo zu kennen. Er schilderte auch den Vorfall,dass in einer Nacht deutsche Soldaten auf Murat Kurnazgezeigt hätten, der auch an den Zaun herangetreten sei.Dort hätten die deutschen Soldaten mit ihm gesprochen.Der Zeuge hat nicht bestätigen können, dass MuratKurnaz außerhalb des Zaunes mit den deutschen Soldatenin Kontakt gekommen sei. Auf eine entsprechende Frageerklärte der Zeuge in diesem Telefonat gegenüber derStaatsanwaltschaft, keine Verletzungen an Murat Kurnazbemerkt zu haben; insbesondere habe er keine Gesichts-verletzungen festgestellt. Der Zeuge Shafiq Rasul betontemehrfach, dass die Vorgänge sehr lange zurücklägen undstets zu berücksichtigen sei, dass die Gefangenen dort un-ter großer Angst gelebt hätten. Jeder Gefangene habe ver-sucht, möglichst wenig zu beobachten und sich möglichstunauffällig zu verhalten, weil die Häftlinge ständig zuVerhören abgeführt und dort misshandelt worden seien(Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungsakte,MAT 16 – 84).

IV. Untersuchung der behaupteten Misshandlungen durch den Untersuchungsausschuss

Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-schuss hat zur Frage, ob Murat Kurnaz durch Angehörigeder Bundeswehr in seiner körperlichen Integrität beein-trächtigt worden ist, neben der bereits oben dargestelltenAuswertung der Vernehmungsniederschriften der Staats-anwaltschaft Tübingen und der Arbeitsgruppe des BMVgZeugenvernehmungen durchgeführt.

1. Sachverhalt nach den Zeugenaussagen der an der Wachverstärkung beteiligten Soldaten im Untersuchungsausschuss

a) Bekleidung, Aussehen und Bewaffnung der Wachverstärkung

Mehrere Zeugen gaben in ihren Vernehmungen vor demUntersuchungsausschuss an, die Wüstenflecktarnuni-form getragen zu haben, wobei die deutsche Flagge aufder Uniform jederzeit erkennbar gewesen sei. Danebenwiesen aber auch mehrere Zeugen darauf hin, dass an ih-rer Uniform die Hoheitszeichen „abgetarnt“ gewesenseien. Der Zeuge Nr. 1 erklärte (Stenografisches Proto-koll Nr. 6, Teil III, S. 56):

Drucksache 16/10650 – 74 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

„Wir haben teilweise die Bundeswehrwüstenuniformbzw. die Bundeswehrflecktarnuniform getragen, und je-des Mal waren auch Hoheitsabzeichen an der linken undan der rechten Schulter deutlich erkennbar.“

Nach der Aussage des Zeugen Nr. 18 hätten er und dieanderen Soldaten die typische Bundeswehruniform getra-gen, wobei Teile der Einsatzjacken mit Tarnfarbe modifi-ziert worden seien, da es die Einsatzjacke KSK damalsnoch nicht in ausreichender Menge in Wüstentarnfarbegegeben habe. Die Abzeichen seien aber klar zu erkennengewesen (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 88).Auch der Zeuge Nr. 23 erinnerte sich bei seiner Verneh-mung daran, dass seine Uniform entweder eine normalegrüne Uniform oder eine ganz normale Bundeswehrfleck-tarnuniform gewesen sei; das Abzeichen sei jederzeit zusehen gewesen (Nr. 6, Teil III, S. 24). Demgegenübersagte der Zeuge Nr. 32 aus:

„(…) Man steht dort in Tarnuniform. Man ist halt getarntoder soll getarnt sein. Unsere Bundesflagge, Schwarz-Rot-Gold, ist nun nicht unbedingt in Tarnfarben vorhan-den. Deswegen – das ist die ganz einfache Erklärung –schmiert der eine oder andere Tarnschminke darüber odertapet die Flagge komplett ab.“ (Stenografisches ProtokollNr. 7, Teil III, S. 5)

Nach Aussage des Zeugen Nr. 32 seien auch zwischenden Soldaten verschiedener Nationen Ausrüstungsgegen-stände getauscht worden. Auszuschließen sei aber, dassein Bundeswehrsoldat eine fremde Uniform anderer Na-tionalität trug. Er habe gesehen, wie Amerikaner die er-tauschten Sachen auch getragen hätten. Er habe dieseaber mit diesen Sachen nicht im Gefangenenlager gese-hen (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 8).

Der Zeuge Nr. 8 erklärte (Stenografisches ProtokollNr. 11, Teil III, S. 56):

„Ich selber hatte keine Bedenken, von irgendjemandemerkannt zu werden – einerseits wegen der Nacht, anderer-seits, weil wir fast alle Vollbart trugen. Außerdem durftendie Gefangenen keinen Blickkontakt zu uns haben; siemussten auf den Boden schauen. (…) Wir haben die deut-sche Wüstentarnuniform und teilweise dienstlich gelie-ferte Ausrüstung aus dem sogenannten Arktissatz getra-gen. Dazu gehören zum Beispiel schwarze Vliesjackenund schwarze Mützen, also Wollmützen, Strickmützen.“

Mehrere Zeugen gaben auf entsprechende Fragen des Un-tersuchungsausschusses an, während der Wache das Ge-wehr G36 mit Laserzieleinrichtung mitgeführt zu haben.Der Zeuge Nr. 23 erklärte:

„Die Standardbewaffnung bei uns ist eine P8 und dasG36-k mit einem Laserlichtmodul. Dieses ist aber optio-nal. Das kann jeder Soldat so, wie er möchte, anbauenoder wieder abbauen. (…) Nur ich bin der festen Über-zeugung, dass ich meine Waffe abgegeben habe.“ (Steno-grafisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 24 f., 30 f.)

Der Zeuge Nr. 1 berichtete:

„(…) Wir haben das Gewehr G36 der Bundeswehr, nor-mal handelsüblich, getragen, hatten auch eine Visierein-richtung oben in einem Leuchtpunktvisier, und teilweise

hatten die Leute auch ein Lasermarkiergerät an derWaffe.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 56)

Der Zeuge Nr. 18 schilderte:

„(…) Ich muss gestehen, dass ich nicht mal mehr wusste– ich sage extra: wusste –, dass wir bei dem Streifengangüberhaupt Waffen getragen haben. Jedoch hat man michim Zuge der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaftmit Bildern konfrontiert, wo amerikanische Soldaten mitWaffen dort offensichtlich einen Streifengang durchfüh-ren. Deshalb kann es gut sein, dass wir da Waffen getra-gen haben.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III,S. 97)

Der Zeuge Nr. 32 äußerte sich wie folgt:

„Wir haben unsere standardmäßigen Waffen benutzt, alsounser G36, unsere P8-Pistole. Das G36 ist standardmäßigmit einer Laserzieleinrichtung ausgestattet. (…) Die be-freundeten Nationen, unter anderem auch die Amerika-ner, haben sich für unsere Waffen interessiert, genausowie ich mich – als Beispiel – für die Waffen der Amerika-ner interessiere. Dass ich meine Waffe mit zu dem Wach-dienst genommen habe, ist meiner Meinung nach auchklar. Dass ich sie dort offen getragen habe, dürfte auchklar sein. Dass ich sie während eines Wachdienstes nichtunbedingt jemandem erläutere und erkläre, dürfte auchklar sein. Beim Wachdienst ist es nun mal so, dass ich sieoffen trage.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III,S. 2, 9)

b) Fahrzeuge im US-GefangenenlagerAlle Zeugen, die im Untersuchungsausschuss hierzu be-fragt worden sind, brachten zum Ausdruck, innerhalb desUS-Gefangenenlagers in Kandahar keine Fahrzeugewahrgenommen zu haben. Der Zeuge Nr. 1 berichtete aufdas Lager der deutschen Soldaten (nicht das Gefangenen-lager) bezogen, dass es einen Tankwagen gegeben habe.Dieser habe aufbereitetes, gechlortes Wasser geliefert. Eshabe aber keinen Tankwagen gegeben, der die Fäkalienentsorgt hätte, dies hätten sie selbst durch Verbrennen er-ledigt (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 60).Der Zeuge Nr. 8 berichtete, dass die Brauchwasserversor-gung nach seiner vagen Erinnerung durch ein „Local-Fahrzeug“, Tankfahrzeug, sichergestellt worden sei. Nachseinen kurzen Eindrücken von dieser einen Nacht im Ge-fangenenlager habe es weder eine Möglichkeit noch eineNotwendigkeit gegeben, dort mit irgendwelchen Fahrzeu-gen irgendetwas zu transportieren (Stenografisches Pro-tokoll Nr. 11, Teil III, S. 49, 53).

Nach Aussage des Zeugen Nr. 18 wurden die Fäkalienletztendlich verbrannt. Dies sei über einen langen Zeit-raum so geschehen, nach seiner Erinnerung bis mindes-tens Anfang März 2002. Zu einem späteren Zeitpunktseien dann Dixi-Toiletten, die sicherlich mit Fahrzeugenangeliefert worden seien, zur Verfügung gestellt worden(Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 89).

Der Zeuge Nr. 18 erklärte, dass er nach seiner Erinnerungkeine Fahrzeuge im US-Gefangenenlager gesehen habe.Er habe lediglich eine Bahre mit großen Rädern gesehen,

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auf der ein Verletzter gelegen habe. Dies sei ihm noch inErinnerung, weil dieser sich offensichtlich vor Schmer-zen aufgebäumt habe. Fahrzeuge als solche habe er nichtwahrgenommen (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III,S. 102 und 93).

Nach Vorlage des Bildes B aus der staatsanwaltlichen Er-mittlungsakte (Staatsanwaltschaft Tübingen, Ermittlungs-akte, MAT 16 – 9, S. 66) erklärte der Zeuge Nr. 32, dassdas dort zu sehende Tor breit genug für ein Fahrzeug ge-wesen sei. Er wies darauf hin, dass man aber an der rech-ten Torhälfte hinter dem Tor eine Sandsackstellung sehe,ob ein LKW daran vorbei gelange, sei fraglich. Das Toran sich sei aber sicherlich breit genug (StenografischesProtokoll Nr. 7, Teil III, S.11).

Der Zeuge Nr. 14 erklärte während seiner Vernehmungim Untersuchungsausschuss zum möglichen Vorhan-densein eines Lastkraftwagens:

„(…) In dem Gefangenenbereich selber war es sehr, sehreng. Die Gänge, die sich dort befanden, wurden zumDurchgehen genutzt. Der Rest war mit S-Draht und Si-cherheitsmaßnahmen vollgestopft. Daher kann er sichnicht im inneren Bereich befunden haben. (…) Wenn,dann muss das also im Außenbereich gewesen sein. (…)Wenn, dann waren das Wasserwagen. Wasser ist dort nuneinmal Mangelware. Ich meine, man hätte dort solcheWagen eingesetzt, um dort Wasser zu lagern oder zutransportieren. Dieser Wagen kann schon im Außenbe-reich des Gefangenentrakts gestanden haben, ja. Wenn,dann stand er auch irgendwo dort im Außenbereich, wo-bei ich dazu sagen muss, dass ein Gefangener erheblicheSicherheitsschleusen durchlaufen müsste, um dorthin zukommen. (…) Deshalb zweifle ich persönlich diese Last-wagengeschichte an. (…) Wie ich mich zu erinnernmeine, standen diese Wagen immer vorne zwischenTower, von wo dieses Bild auch aufgenommen wurde,und Gefangenenlager.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 9,Teil III, S. 6, 12)

c) „Wortwechsel“ hinter einem LKW

Sowohl zum behaupteten „Wortwechsel“ hinter einemLastkraftwagen als auch zu den von Murat Kurnaz be-haupteten Misshandlungen ergaben die Aussagen der ander Wachverstärkung beteiligten Soldaten keine Anhalts-punkte für eine Bestätigung der Vorwürfe. Darüber hi-naus konnte sich keiner der befragten Soldaten vorstellen,dass insbesondere ausgebildete KSK-Soldaten Misshand-lungen, wie sie von Murat Kurnaz beschrieben wurden,begehen würden. Beispielhaft kann hier auf die Aussagedes Zeugen Nr. 18 hingewiesen werden (StenografischesProtokoll Nr. 6, Teil III, S. 101):

„Wie ich schon erwähnt habe, haben Sie mit dem KSKeine Truppe zur Verfügung, die besonders ausgewählt ist,besonders qualifiziert ist, die über drei Monate von Psy-chologen überprüft wird, wo man sich auch in der Ausbil-dung entsprechend kennenlernt, man sich sehr nahe steht.Auch wenn man sich dort vielleicht nicht mit jedem hun-dertprozentig versteht, könnte ich mir bei keinem Kame-raden, den ich dort hatte, vorstellen, dass er zu derartigen

Handlungen gewillt wäre. Das, glaube ich, passt nicht indas Modell eines Kommandosoldaten. Dafür haben wir jadiese Auswahlverfahren.“

2. Aussagen von weiteren Kontingent-angehörigen des 1. Kontingents, die nicht an der Wachverstärkung teilgenommen haben

Der Untersuchungsausschuss hat sich hinsichtlich des be-haupteten Geschehensablaufs nicht auf die Vernehmungder an der Wachverstärkung beteiligten Soldaten be-schränkt. Er hat darüber hinaus weitere Soldaten als Zeu-gen vernommen, die einzelne Umstände des behauptetenTatgeschehens, wie beispielsweise das Vorhandensein ei-nes Lastkraftwagens im Gefangenenlager, bestätigenkönnten.

a) Bekleidung der WachverstärkungDie Befragung von Angehörigen des 1. Kontingents, dienicht an der fraglichen Wachverstärkung beteiligt waren,zur dortigen Bekleidung führte ebenfalls zu keinen Fest-stellungen, die die Behauptungen zum Geschehensablaufbestärken oder widerlegen.

So sei nach Aussage eines Zeugen (Nr. 21) grundsätzlichdie Wüstentarnuniform vorhanden gewesen; teilweiseseien Kälteschutzjacken oder sonstige wärmende Sachengetragen worden (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II,S. 46). Der Zeuge Nr. 22 berichtete ebenfalls, dass im La-ger die Hose der Wüstenuniform getragen worden sei.Nicht jeder habe aber wegen der Kälte die entsprechendeWüstenjacke getragen. Vielfach sei im Lager eine Vlies-jacke aus dem sogenannten Arktissatz getragen worden(Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 70). An die-sen Vliesjacken seien keine Flaggenabzeichen vorhandengewesen (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 73).Der Zeuge Nr. 13, der nach seiner Aussage zwischen dem2. und 5. Januar 2002 nach Kandahar verlegt wurde, be-richtete, dass er in den ersten Januartagen von einigenKameraden um die Herausgabe von Schutzhandschuhengebeten worden sei. Die Bitte um Herausgabe sei mit ei-nem Einsatz im Gefangenenlager begründet worden (Ste-nografisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 30, 31).

b) Fahrzeuge im US-GefangenenlagerAlle vom Untersuchungsausschuss vernommenen Solda-ten des 1. Kontingents, die nicht an der Wachverstärkungteilgenommen haben, gaben an, keine Fahrzeuge im US-Gefangenenlager in Kandahar gesehen zu haben. GenaueAngaben über die Zeitpunkte der „Besichtigungen“ oderder konkreten Wahrnehmungen konnten von den Zeugennicht gemacht werden. Die Möglichkeit, dass ein LKW indas US-Gefangenenlager hätte hereinfahren können,wurde unterschiedlich bewertet. Der Kontingentführerdes 1. Kontingents, der nach seinen Aussagen zweimal imUS-Gefangenenlager war, erklärte auf die Frage, ob einAbtransport der Fäkalien mit einem Lastkraftwagen er-folgt sei, dass er sich daran nicht erinnern könne. Es habein jeder Umzäunung, also bei jedem Zelt, einen Bereichgegeben, wo zwei Blechkübel standen. Dort hätten die

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Gefangenen ihre Notdurft verrichten können. Im ganzenLager sei die Praxis des sogenannten shit-burning ver-breitet gewesen; er gehe davon aus, dass dies auch im Ge-fangenenlager so gewesen sei (Stenografisches ProtokollNr. 4, Teil II, S. 14).

Auf entsprechende Vorhalte des Untersuchungsausschus-ses erläuterte er, es habe bereits bei seiner Ankunft imDezember 2001 in Kandahar Fahrzeuge für Material-transporte gegeben (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II,S. 28). Auch der Zeuge Nr. 21 bestätigte, dass es in Kanda-har von Anfang an sowohl Lastkraftwagen als auch zivilePick-ups gegeben habe. Die Fäkalienentsorgung sei durchVerbrennen erfolgt (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II,S. 44 – 46). Ebenfalls berichtete der Zeuge Nr. 13, dass zi-vile Lastkraftwagen vorhanden gewesen seien. Darüberhinaus habe es noch mit einem großen Tank ausgestatteteLKW zur Frischwasserversorgung gegeben (Stenografi-sches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 35, 36).

Der Zeuge Nr. 28, der nach eigenen Angaben zweimal imRahmen einer „Besichtigung“ im US-Gefangenenlagerwar, schilderte zur Frage nach einem LKW innerhalb desGefangenenlagers und dem Aufbau des Gefangenenla-gers (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 53, 54):

„Es gibt hier verschiedene Ausbauzustände. Hierzu mussich anführen: In der Vernehmung durch die Kriminalpoli-zei Bruchsal wurde mir ein Foto vorgelegt, markiert mitder Nummer 66. Ich habe diesen Kripobeamten gefragt,welchen Datums dieses Foto sei. Er konnte mir das nichtbeantworten. Ich habe gesagt, dieses Foto, das er mirvorlegt, entspricht nicht dem Ausbauzustand des Gefan-genenlagers vom Dezember 01 bis März 02. Dieses Ge-fangenenlager war ein ehemaliger Compound, wie manhier sagt, ein Gehöft, das in unmittelbarer Nähe des Flug-platzgebäudes angelehnt war: rechteckige Mauern, vorneLehmmauern, teilweise zerstört. Dieser Haupteingang, wieich einmal sage, auf diesem Foto durch ein Tor dargestellt,ist falsch, was das Bild betrifft, das mir vorgelegt wurde.Dieses Tor hat schon existiert. Dieses Tor war aber durchKriegshandlungen teilweise zerstört genauso wie die Mau-ern. Es wurde durch die Amerikaner mit S-Draht-Rollen,mit Zäunen versehen. Die komplette Mauer wurde vonaußen herum an Pfosten in einem Abstand von einemMeter zur Mauer mit Alublechen verblendet, sodass mannicht unmittelbar hineinsehen konnte, weil an dieserMauer noch Schäden waren.

Sie konnten das Lager nur – ich betone: nur – durch einZelt betreten, das an einem Eck aufgebaut war. Durch die-ses Zelt haben sämtliche Gefangene dieses Lager betre-ten. Unmittelbar vor dem Zelt war eine kleine Lehmhütte.(…)

In dem Zeitraum Dezember 01 bis März 02 gab es dortkeine Möglichkeit, ja. Es wurde nicht mit Fahrzeugen indieses Gefangenenlager hinein gefahren. Die einzigeMöglichkeit war ein Zelt, ähnlich wie wir es in der Bun-deswehr verwenden, ein Gefechtszelt, in das zu Fuß hi-neingegangen wurde. (…) Dieses Tor, das mir auf diesemFoto gezeigt wurde, war, wie gesagt, vorhanden. Aber zudiesem genannten Zeitraum war dieses Lager komplett

mit einer Aluminiumverblendung als Sichtschutz umge-ben oder um die Schwachstellen in den Mauern durchZerstörungen nicht für andere kenntlich zu machen. EinTor ist ein Schwachpunkt in einer Mauer. So einfach istdas. Ich versuche, zu verhindern, dass jemand herein-oder herauskommt.“

Ein weiterer Zeuge (Nr. 16) erklärte nach Betrachtung ei-nes ihm vorgelegten Fotos (Staatsanwaltschaft Tübingen,Ermittlungsakte, MAT 16 – 9, Blatt 66), dass dies einziemlich frühes Foto sei. Zu dem Zeitpunkt, als er dieStelle gesehen habe, seien dort noch Planen und Stachel-draht gewesen. Er habe das Tor vorher so nie gesehen(Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 42).

Demgegenüber berichtete der Zeuge Nr. 11, er habe ein-mal das US-Gefangenenlager teilweise besichtigt. Nachseiner Erinnerung sei das Tor des Gefangenenlagers großgenug gewesen, um mit einem Kraftfahrzeug oder viel-leicht auch einem kleinen Lastkraftwagen dort hineinfah-ren zu können. Er könne jedoch über die Beschaffenheitdes Tores keine weiteren Details mehr nennen (Stenogra-fisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 45).

Der stellvertretende Kontingentführer des 1. Kontingentsberichtete, er sei einmal im US-Gefangenenlager im Rah-men einer Besichtigung gewesen. Das genaue Datum seiihm nicht mehr erinnerlich. Ob er dabei bis in den Kern-bereich des US-Gefangenenlagers vorgedrungen sei,wisse er nicht. Er schilderte weiter, dass er durch ein gro-ßes Tor gegangen sei. Er habe Gefangeneneinrichtungengesehen, sei aber der Ansicht, nicht im „inneren Zirkel“gewesen zu sein. Fahrzeuge habe er „definitiv“ im US-Gefangenenlager nicht gesehen. Ein Fahrzeug, wie ein„Wolf-Geländewagen“, hätte vielleicht durch das Tor ge-passt. Ob ein Tankwagen oder Ähnliches durchgepassthätte, wisse er nicht. Er könne sich auch nicht vorstellen,was ein Tankfahrzeug in einem solchen Lager hätte trans-portieren sollen (Stenografisches Protokoll Nr. 14,Teil III, S. 10, 11).

c) „Wortwechsel“ und behauptete Misshandlungen

Auch die Befragung zum konkreten Misshandlungsvor-wurf, also dem möglichen Geschehen am LKW, führtebei den Angehörigen des 1. Kontingents, die nicht an derfraglichen Wachverstärkung beteiligt waren, zu keinerverwertbaren Feststellung.

3. Aussagen von Vorgesetzten, die nicht dem 1. Deutschen Heereskontingent Spezialkräfte angehörten

Nach Auswertung des beigezogenen Aktenmaterials undden Aussagen von Vorgesetzten im Untersuchungsaus-schuss sind im Bereich des Einsatzführungskommandosder Bundeswehr in Potsdam, des Kommandos Spezial-kräfte in Calw sowie im Bundesministerium der Verteidi-gung keine Meldungen eingegangen oder Kenntnissevorhanden gewesen, die auf Anhaltspunkte für die Rich-tigkeit der von Murat Kurnaz behaupteten Misshandlun-gen durch deutsche Soldaten hinweisen.

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4. Aussagen von Mithäftlingen

In ihrer Vernehmung vor dem Untersuchungsausschusskonnten die Mithäftlinge von Murat Kurnaz, die briti-schen Zeugen Ruhal Ahmed und Asif Iqbal, Angabenüber ihre Wahrnehmungen zu deutschen Soldaten sowieüber das mögliche Vorhandensein von LKW im US-Ge-fangenenlager machen. Eine exakte zeitliche Einordnungder geschilderten Wahrnehmungen nach Datum und Uhr-zeit war dabei nicht möglich. Hinsichtlich der von KSK-Angehörigen durchgeführten Wachverstärkung konntenur der Zeuge Asif Iqbal Aussagen machen. Der ZeugeRuhal Ahmed berichtete, dass er deutsche Soldaten wahr-genommen habe, die nach seiner Einschätzung an einerFührung oder Besichtigung des US-Gefangenenlagersteilgenommen hätten (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 8,14, 20).

a) Bekleidung, Aussehen und Bewaffnung der Wachverstärkung

Nach Aussage des Zeugen Asif Iqbal habe er während ei-ner Nacht deutsche Soldaten gesehen, die zusammen mitden amerikanischen Soldaten das US-Gefangenenlagerbewacht haben (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 28, 29).In dieser Nacht seien die Gefangenen immer wieder auf-gefordert worden, sich zum „Durchzählen“ aufzustellen.Das „Durchzählen“ sei jede Nacht mehrmals durchge-führt worden, jedoch in der Nacht, in der die Wache durchdeutsche Soldaten unterstützt worden sei, sei dies häufi-ger als sonst geschehen; man habe die Gefangenen nichtschlafen lassen (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 30). Beim„Durchzählen“ habe er als Gefangener ein wenig herum-schauen können. Dabei habe er zwei bis drei deutscheSoldaten gesehen. Einer dieser deutschen Soldaten habemit der Laserzieleinrichtung seiner Waffe beim „Durch-zählen“ auf jeden Gefangenen gezielt (WortprotokollNr. 22, Teil II, S. 28, 29).

Der Zeuge Ruhal Ahmed schilderte, nach seiner Erinne-rung sei die Bewachung des US-Gefangenenlagers nurdurch amerikanische Soldaten erfolgt. Deutsche Soldatenhabe er bei der Wache nicht festgestellt (WortprotokollNr. 22, Teil II, S. 19 u. 20). Drei bis fünf deutsche Solda-ten, vielleicht seien es auch mehr gewesen, hätten nachseiner Wahrnehmung an einer Besichtigung des US-Ge-fangenenlagers teilgenommen. Er habe sie an der Uni-form und dem deutschen Abzeichen auf dem Ärmel er-kannt. Der Zeuge Ruhal Ahmed berichtete des Weiteren,dass amerikanische Soldaten ihre Laserzieleinrichtungenauf die Gefangenen, auf Brust oder Kopf, gerichtet unddabei Anweisungen gegeben hätten (WortprotokollNr. 22, Teil II, S. 10).

b) Fahrzeuge im US-Gefangenenlager

Zur Frage des Vorhandenseins von LKW im US-Gefan-genenlager erläutert der Zeuge Ruhal Ahmed, dass grö-ßere LKW (größere als ein Pick-up) dort verkehrt hätten.Diese habe er auch bereits in den ersten Wochen gesehen.Ob es sich bei den LKW um Tankwagen mit einem Be-

hälter gehandelt habe, sei ihm nicht mehr genau erinner-lich (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 10, 14).

Der Zeuge sagte hierzu aus:

„Ich würde sagen, es gab keine langen Fahrzeuge, richtiggroße Fahrzeuge – aber größer als ein Kleintransporter,wie ein Transporter, größer als ein Transporter. Ein mit-telgroßer Lastwagen, der wahrscheinlich leicht 30 Ton-nen aufladen kann. Ja, größer als ein Pick-Up. Viel größerals ein Pick-Up“ (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 10).

Die Entsorgung der Fäkalien sei in den ersten zwei Wo-chen so erfolgt, dass mit Fäkalien gefüllte Eimer vonamerikanischen Soldaten zu einem LKW getragen wur-den, um sie zum Verbrennen abzutransportieren. Wäh-renddessen hätten sich die Gefangenen umdrehen, sichhinknien und die Hände hinter den Kopf legen müssen(Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 8, 14). Später seien dieEimer von Gefangenen zum LKW gebracht worden. Fürden Weg dorthin habe man etwa fünf Minuten gebraucht.Diesen Gefangenen wäre für diese Tätigkeit zusätzlicheVerpflegung gegeben worden (Wortprotokoll Nr. 22,Teil II, S. 8, 14, 16, 17). Der LKW zur Entsorgung der Fä-kalien habe sich innerhalb des US-Gefangenenlagers be-funden. Er selbst habe nach den ersten 14 Tagen auch Ei-mer dorthin getragen. Die Eimer seien in Tonnen entleertworden. An einen Tankwagen könne er sich nicht erin-nern (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 10). Der ZeugeRuhal Ahmed konnte sich weiter daran erinnern, dass dieFäkalien nicht täglich, vielleicht alle zwei bis drei Tage,entsorgt wurden und er auch nicht täglich einen LKW ge-sehen habe. Als er nach Kandahar verbracht worden sei,hätten bereits Zelte und Verpflegung zur Verfügung ge-standen. Nachschub sei hereingetragen oder aber auch he-reingefahren worden (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 11).Die Fäkalien seien nie nachts von einem LKW abgeholtworden. Wasser und Nahrungsmittel hingegen seien viel-leicht in der Nacht gebracht worden. Nach Einschätzungdes Zeugen seien LKW von außen nur bis zu einem „ge-wissen Grad“ zu sehen gewesen (Wortprotokoll Nr. 22,Teil II, S. 16, 17, 22).

Der Zeuge Asif Iqbal berichtete, nach seiner Erinnerungkeine LKW im Lager gesehen zu haben (WortprotokollNr. 22, Teil II, S. 27, 31). Zur Fäkalienentsorgung erläu-terte der Zeuge, dass anfangs Eimer zur Verfügung ge-standen hätten. Diese seien von Soldaten herausgeholtworden, währenddessen hätten die Gefangenen sich amEnde ihres Bereiches aufstellen und die Hände hinter denKopf legen müssen. Die Fäkalien seien dann in Metall-tonnen verbrannt worden (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II,S. 29, 30).

c) „Wortwechsel“ hinter einem LKWZu einem „Wortwechsel“ hinter einem LKW sowie zudem Vorwurf von Murat Kurnaz, hinter einem LKW vonAngehörigen des KSK misshandelt worden zu sein, konn-ten von den Zeugen Ruhal Ahmed und Asif Iqbal keineAngaben gemacht werden.

Der Zeuge Ruhal Ahmed berichtete, dass er in Kandaharim selben Bereich des US-Gefangenenlagers wie Murat

Drucksache 16/10650 – 78 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Kurnaz festgehalten worden sei. Da Kurnaz zu diesemZeitpunkt ein wenig Englisch gesprochen habe, sei einKontakt zustande gekommen. Später seien Murat Kurnazund er noch vier- bis fünfmal im US-Gefangenenlagerverlegt worden. Im US-Gefangenenlager seien alle Häft-linge von US-Soldaten misshandelt worden. Er habe je-doch nie bei Murat Kurnaz festgestellt, dass er misshan-delt worden sei. Murat Kurnaz habe ihm nichts über eineMisshandlung durch deutsche Soldaten mitgeteilt (Wort-protokoll Nr. 22, Teil II, S. 9, 13, 18, 19). Im weiteren Ver-lauf der Vernehmung erklärte der Zeuge wiederholt, dassnicht über Misshandlungen gesprochen worden sei.Murat Kurnaz habe auch nicht über Kontakte zu deut-schen Soldaten gesprochen (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II,S. 19, 24).

Nach Aussage des Zeugen hätten sich die Gespräche mitMurat Kurnaz hauptsächlich um Essen „gedreht“, da esim US-Gefangenenlager zu wenig zu essen gegeben habe(Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 11).

Verhöre durch amerikanische oder britische Kräfte seienan einem Ort durchgeführt worden, der zwei bis drei Mi-nuten vom Aufenthaltsort der Gefangenen entfernt gewe-sen sei. Dorthin seien sie mit einem Sack über dem Kopfgeführt worden. Die Verhöre seien zu jeder Tages- undNachtzeit durchgeführt worden (Wortprotokoll Nr. 22,Teil II, S. 13 u. 18). Nach der Erinnerung des Zeugen seiMurat Kurnaz, wenn er herausgeführt worden sei, nacheiner oder nach einer halben Stunde wieder zurückge-bracht worden. Die Verhöre hätten zwischen zwei Minu-ten und sechs bis sieben Stunden pro Tag andauern kön-nen (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 24). Der Zeugeerklärte, nach seiner Erinnerung habe er bei Murat Kur-naz keine Verletzungen im Gesicht feststellen können.Murat Kurnaz habe – wie alle Gefangenen – Verletzungenan den Handgelenken und an den Knöcheln durch Hand-schellen und Fußfesseln gehabt (Wortprotokoll Nr. 22,Teil II, S. 18, 19).

Der Zeuge Ruhal Ahmed berichtete des Weiteren, dass er,als die deutschen Soldaten durch das US-Gefangenenla-ger geführt wurden, keine Deutschen habe sprechen hö-ren; eine Kontaktaufnahme mit Murat Kurnaz durch deut-sche Soldaten habe er ebenfalls nicht beobachtet.

Der Zeuge Asif Iqbal erklärte, in einer Nacht deutscheSoldaten im US-Gefangenenlager gesehen zu haben. Erhabe keine Erinnerung über eine Beobachtung von Kon-takten der deutschen Soldaten zu Mithäftlingen (Wortpro-tokoll Nr. 22, Teil II, S. 28, 29, 33).

5. Berichte über die Äußerungen von US-Soldaten

In der Ausgabe des Magazins DER SPIEGEL vom3. September 2007 wird berichtet, dass zwei Zeugen, dieAnfang Januar 2002 als US-Soldaten in Kandahar statio-niert waren, sich daran erinnert hätten, dass im US-Ge-fangenenlager Lastwagen zur Abholung der Fäkalien, dieanschließend vor dem Lager verbrannt werden sollten,ein- und ausgefahren seien. Ein weiterer Zeuge, ein ehe-maliger Übersetzer, habe sich daran erinnert, dass mit ei-nem Truck nachts Decken gebracht wurden, damit dieGefangenen nicht erfrieren. Der Zeuge habe erklärt, Last-wagen seien dort täglich vorhanden gewesen.

Der Untersuchungsausschuss hat in seiner Sitzung am19. September 2007 die Vernehmung der in dem MagazinDER SPIEGEL vom 3. September 2007 genannten dreiZeugen beschlossen. Die Zeugen wurden im weiterenVerlauf der Untersuchung jedoch nicht vernommen. AufAnfrage des Untersuchungsausschusses, ob den Zeugeneine Genehmigung für eine Aussage vor dem Untersu-chungsausschuss erteilt werde, erklärte die Botschaft derVereinigten Staaten von Amerika in Berlin mit Schreibenvom 4. Dezember 2007, dass nach sorgfältiger Prüfungaller Aspekte dieses Falles die erbetene Unterstützungnicht gewährt werden könne.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 79 – Drucksache 16/10650

C. Welche Personen innerhalb der Bundeswehr und im Bundesministerium der Verteidigung hatten gegebenenfalls welche Kenntnis über die Kontakte von Angehörigen der Bundeswehr zu Murat Kurnaz?

Im Rahmen der Untersuchung hat der Ausschuss, um sich aus dem Kreis der deutschen Soldaten geäußert, die an

ein Bild zur allgemeinen Informationslage über MuratKurnaz zu verschaffen, auch die Presseberichterstattungvon Anfang des Jahres 2002, auf die bei der Vernehmungvon Zeugen Bezug genommen worden ist, ausgewertet.Daraus ergibt sich folgender Sachverhalt:

Ende Januar 2002 erschienen mehrere Presseberichte, dieauf einen jungen Türken aus Bremen hinwiesen, der inAfghanistan festgehalten werde. In einem mehrseitigenBericht im Magazin DER SPIEGEL vom 28. Januar 2002wurde geschildert, dass US-Soldaten den in Bremen ge-borenen 19-jährigen Türken „Murat K.“ in Afghanistanfestgenommen hätten und an einem unbekannten Ort inAfghanistan festhalten würden; er werde verdächtigt, fürdie Taliban gekämpft zu haben. In den Ausgaben derBILD vom 28. Januar 2002 und 29. Januar 2002 wurdeüber das vermeintliche Schicksal von Murat Kurnaz mitFotos von ihm und seiner Mutter Rabiye Kurnaz berich-tet. Es sei beabsichtigt, Murat Kurnaz von Afghanistan indas US-Gefangenenlager auf Guantánamo auszufliegen.Ein weiterer Bericht hierzu erschien in der tageszeitungvom 28. Januar 2002.

I. Kenntnis vor Ort in KandaharNach den Aussagen von Zeugen vor dem Untersuchungs-ausschuss wurden mehrere deutsche Soldaten vor Ort inKandahar durch amerikanische Soldaten darauf aufmerk-sam gemacht, dass sich ein deutscher oder deutsch spre-chender Gefangener im US-Gefangenenlager befinde.Ein Teil der Zeugen gab an, bei „Besichtigungen“ des La-gers in Begleitung von US-Soldaten seien sie auf einAreal im Gefangenenlager mit der Bemerkung hingewie-sen worden, dass sich dort dieser Gefangene befinde. Fürmehrere Zeugen sei dabei nicht klar gewesen, wer vonden US-Gefangenen gemeint gewesen sei. Andere Zeu-gen berichteten, dass im Rahmen von „Besichtigungen“mit US-Soldaten der Gefangene an den Zaun herangeru-fen worden sei, sodass Sichtkontakt bestanden habe bzw.man ihn habe erkennen können. Die Zeugen konnten indiesem Zusammenhang vor dem Ausschuss keine Anga-ben zum jeweiligen Zeitpunkt ihrer Kenntniserlangungbzw. ihrer visuellen Kontakte machen.

Darüber hinaus sei es nach weiteren Zeugenaussagen beider geleisteten Wachverstärkung am Zaun, der einzelneBereiche mit Gefangenen umschlossen habe, zu einemSichtkontakt und „Wortwechsel“ zwischen Murat Kurnazund einem oder mehreren an der Wachverstärkung betei-ligten deutschen Soldaten gekommen. Die Zeugen konn-ten dabei keine Angaben zu dem vollständigen Personen-kreis der Wachverstärkung machen, der bei diesemKontakt anwesend war. Des Weiteren wurden in den Zeu-genaussagen nur Vermutungen hinsichtlich einer Person

dem „Wortwechsel“ mit Murat Kurnaz beteiligt gewesensein soll.

Nach Aussagen der beteiligten Zeugen sei über die Kon-takte wenig bzw. nicht mit Kameraden gesprochen wor-den. An den Kontakten unbeteiligte Zeugen berichtetenferner, dass ihnen über Kontakte von Kontingentangehö-rigen mit Murat Kurnaz vor Ort in Kandahar und auchspäter nichts bekannt geworden sei. Informationen hie-rüber seien ihnen erst im Rahmen der Erhebung der Vor-würfe von Murat Kurnaz nach seiner Rückkehr ausGuantánamo im August 2006 durch die Medien bekanntgeworden.

1. Kontingentführung und Einsatzkräfte

a) Existenz eines deutschen oder deutsch sprechenden Gefangenen

Der Kontingentführer des 1. Kontingents berichtete vordem Untersuchungsausschuss, dass er erstmals am16. Dezember 2001 von Masirah nach Kandahar und am18. Dezember 2001 wieder zurück nach Masirah „ver-legt“ habe. Am 23. Dezember 2001 sei er nochmals nachKandahar und danach wieder zurück nach Masirah geflo-gen. Nach seiner Erinnerung sei dann letztlich die Verle-gung des 1. Kontingents zum 1. Januar 2002 erfolgt. Erhabe dann am 10. Januar 2002 die Einsatzbereitschaft desKontingents melden können. Insgesamt sei er von De-zember 2001 bis Ende März 2002 und von Juli 2002 bisNovember 2002 im Einsatz gewesen (StenografischesProtokoll Nr. 4, Teil III, S. 1 f.).

Zur Frage, wie er Kenntnis über einen deutschen oderdeutsch sprechenden Gefangenen erlangt habe, führte eraus, zum ersten Mal im morgendlichen Briefing bei denUS-Marines am 3. Januar 2002 davon erfahren zu haben(Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 63).

Im weiteren Verlauf der Vernehmung ergänzte der Kon-tingentführer des 1. Kontingents, dass ihm niemals einKontakt zu Murat Kurnaz gemeldet worden sei (Steno-grafisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 65).

Vor der Staatsanwaltschaft Tübingen sagte er aus, dass erselbst zweimal im US-Gefangenenlager gewesen sei;nach seiner Erinnerung am 10. Februar 2002 und noch-mals Ende Februar 2002 (Staatsanwaltschaft Tübingen,Ermittlungsakte, MAT 16 – 25, S. 313).

Vor dem Untersuchungsausschuss äußerten sich mehrereZeugen des 1. Kontingents im Einzelnen wie folgt. EinZeuge (Nr. 23) berichtete in seiner Vernehmung:

„Wir haben uns ganz normal im Rahmen dessen, dass wiruns unterhalten haben, über das Thema unterhalten, dass

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dort ein Deutscher war. Hintergrund der Gespräche wardann einfach immer nur, dass wir uns gewundert haben,auf welchen Pfaden es passieren kann, dass selbst einDeutscher dazu kommt, dass er dem Islamismus und danndem Terrorismus angehört. (…)“ (Stenografisches Proto-koll Nr. 6, Teil III, S. 27)

Ein weiterer Zeuge (Nr. 32) schilderte:

„Sicherlich war es was Besonderes. Aber ich sage mal so:Man hat es zur Kenntnis genommen, man hat vielleichtauch darüber gesprochen; aber es wurde nicht groß aus-diskutiert. (…) Dass der eine oder andere ein bisschenmehr verdutzt war, ja, das mag sein. Aber es wurde nichtzum alltäglichen Thema, über das man stundenlang ge-sprochen hat.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III,S. 3)

Der Zeuge Nr. 28, der nach eigenen Angaben mit den ers-ten Soldaten in Kandahar eingetroffen sei, schilderte, dasser vor der Durchführung der Wachunterstützung im Rah-men einer „Einweisung“ in das US-Gefangenenlager voneinem amerikanischen Soldaten darüber unterrichtet wor-den sei, dass sich u. a. ein Deutscher in diesem Lager be-finde. Ihm sei dabei der Name Murat Kurnaz genanntworden, wobei er schon damals darauf hingewiesen habe,dass dies kein deutscher, sondern ein türkischer Name sei(Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 48).

Ergänzend berichtete der Zeuge Nr. 28 weiter, dass erüber den Ablauf der Neuaufnahme von Gefangenen imLager unterrichtet worden sei. Ihm seien die Verfah-rensabläufe hierzu erläutert worden. In diesem Zusam-menhang sei ihm angeboten worden, dass er einen angeb-lich deutschen Gefangenen sprechen könne. Dies habe erjedoch mit dem Hinweis abgelehnt, dass dies nicht seineAufgabe sei. Er habe allerdings die Information über ei-nen vermutlich deutschen Gefangenen an die Angehöri-gen des Nachrichtendienstes der Zelle MilitärischesNachrichtenwesen (MilNW) weitergegeben und die Aus-kunft erhalten, dass grundsätzlich keine Absicht bestehe,das angebotene Gespräch zu führen. Gleichwohl sei erdarauf hingewiesen worden, dass jede Information zu die-sem Sachverhalt wichtig sei. Durch seinen Kontakt zuden Koalitionspartnern sei ihm ein Datenträger übergebenworden, dessen Inhalt ihm nicht bekannt gewesen sei.Diesen Datenträger habe er dann an die entsprechendeStelle der Zelle MilNW weitergegeben. Darüber hinaushabe er Informationen über den Wachdienst im Gefange-nenlager erhalten und hierüber den Kontingentführer un-terrichtet (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 48).

Auf Nachfrage erklärte der Zeuge Nr. 28, dass er den Na-men Kurnaz auch an Mitarbeiter der Dienste vor Ort inKandahar weitergegeben habe (Stenografisches Proto-koll Nr. 8, Teil III, S. 54). Er gab weiter an, dass er beidem Rundgang durch das US-Gefangenenlager mit einemAmerikaner auf den vermeintlich deutschen Gefangenenaufmerksam gemacht worden sei. Dieser sei in einer Ent-fernung von 15 bis 20 Metern zu sehen gewesen (Steno-grafisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 49). Gefragt nachder Informationslage unter den Kameraden führte derZeuge Nr. 28 aus:

„Wie gesagt, es war schon bekannt, dass ein ‚Deutscher‘im Lager war. Das wussten, glaube ich, schon viele; aberman hat nicht groß spekuliert. Wie gesagt, durch die Na-mensnennung Murat Kurnaz, der kein typischer deutscherName war, hat man sich eigentlich keine großen Gedan-ken gemacht. Wie gesagt, dieser Amerikaner, der in ToraBora durch die Amerikaner gefasst wurde, war auch indiesem Detainee-Camp. Der Engländer, der in diesemDetainee-Camp war, war ein Angehöriger des Special AirService, den die Taliban gefangen und umgedreht hatten.Er hat gegen seine eigenen Leute gekämpft. Das war füruns weitaus mehr Diskussionsanlass als der Herr MuratKurnaz.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 61).

Der stellvertretende Kontingentführer des 1. Kontingents,der nach eigenen Angaben von Mitte Januar 2002 bisEnde März 2002 in Kandahar war, erklärte, dass er vondem Vorgang, dass sich ein deutsch sprechender Gefange-ner im Lager befunden habe, keine Kenntnis hatte. Erselbst sei mit dem Vorgang im Rahmen der Befragungdurch das Bundesministerium der Verteidigung im ver-gangenen Jahr 2006 vertraut gemacht worden (Stenogra-fisches Protokoll Nr. 14, Teil III, S. 5).

b) Visuelle Kontakte und „Wortwechsel“ am Zaun

Zu visuellen Kontakten und dem „Wortwechsel“ am Zauninnerhalb des US-Gefangenenlagers machten Angehörigedes 1. Kontingents bei ihrer Vernehmung folgende Aussa-gen vor dem Verteidigungsausschuss als 1. Untersu-chungsausschuss:

Ein Zeuge (Nr. 1) berichtete, dass er, nachdem er dendeutschen oder deutschsprachigen Gefangenen bei einer„Besichtigung“ des Gefangenenlagers mit amerikani-schen Soldaten oder bei der Wachverstärkung gesehenhatte, seine Vorgesetzten hierüber nicht informiert habe.Er wisse nicht, ob seine Vorgesetzten Kenntnis hatten,dass dort dieser Gefangene gewesen sei. Er sei der An-sicht, wenn sich dort ein Deutscher befunden hätte, wäredas auch „garantiert“ an die Vorgesetzten herangetragenworden. Er könne sich weiter nicht daran erinnern, mitseinen Kameraden darüber gesprochen zu haben. Erschließe nicht aus, dass „schon kurz“ darüber gesprochenworden sei (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III,S. 65 u. 70).

Ein weiterer Zeuge (Nr. 18) erklärte, man habe Gefan-gene am Zaun antreten lassen. Eine Gruppe von deut-schen und US-Soldaten, darunter ein sehr junger US-Sol-dat, der letztlich den Deutschen aufgefordert habe, näherzu kommen, hätte auf der anderen Seite des Zaunes ge-standen. Der Gefangene sei näher gekommen und aus derGruppe seien sinngemäß die Worte gefallen, dass er sichwohl die falsche Seite ausgesucht habe. Dieser deutscheGefangene habe daraufhin aufgeschaut. Der amerikani-sche Soldat habe ihn aufgefordert, auf den Boden zuschauen und damit sei die Kommunikation beendet gewe-sen (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 92).

Ein anderer Zeuge (Nr. 22), der nach eigenen Angabennie im US-Gefangenenlager gewesen war und auch nie

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 81 – Drucksache 16/10650

Murat Kurnaz gesehen habe, erinnerte sich daran, dass erdurch einen Kameraden vor Ort in einem vertraulichenGespräch nebenbei darüber informiert worden sei, dasseinige der Angehörigen des KSK einen Deutschen in demUS-Gefangenenlager angesprochen hätten; soweit er sicherinnern könne mit den Worten: „Du hast dir wohl die fal-sche Seite ausgesucht.“

Dazu erklärte der Zeuge (Nr. 22) weiter, da es sich um einvertrauliches Gespräch gehandelt habe, sei diese Informa-tion nicht von ihm weitergegeben worden. Die Umständeseien so gewesen, dass dies nicht sehr Erfolg verspre-chend gewesen wäre oder er dies nicht für notwendig er-achtet hätte. Erst später, als er im Anschluss an seinenEinsatz relativ rasch eine Verwendung im Einsatzfüh-rungskommando (EinsFüKdoBw) wahrgenommen habe,sei dies von ihm dort dem zuständigen Abteilungsleiterzusammen mit anderen Sachverhalten mitgeteilt worden.Später sei zufällig auch der Kamerad, der ihm ursprüng-lich in Kandahar die Information über diesen „Wortwech-sel“ gegeben habe, ebenfalls beim Einsatzführungskom-mando eingesetzt worden. Nach Aussage des Zeugen(Nr. 22) habe sein Kamerad auch den Abteilungsleiterüber seine Kenntnisse unterrichtet (Stenografisches Pro-tokoll Nr. 7, Teil III, S. 69).

Schließlich wies ein Zeuge (Nr. 8) auf Nachfrage daraufhin, dass er vom Hörensagen „auf dem Gang aufge-schnappt“ habe, dass der „Spruch“ über die falsche Seitevon einem bestimmten Kameraden gesagt worden sei. Erwisse jedoch nicht mehr, von wem und unter welchenUmständen. Es sei eine Bemerkung zwischen „Tür undAngel“ gewesen, mit einem „halben Ohr gehört“ (Steno-grafisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 47).

c) Weiterleitung von InformationenDer Kontingentführer des 1. Kontingents bestätigte in sei-ner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss, erhabe am 3. Januar 2002 die Information über die Existenzeines Deutschen oder eines Ausländers mit deutschemPass an die Abteilung „Spezialoperationen“ (Abt.SpezOps) nach Potsdam gemeldet (Stenografisches Pro-tokoll Nr. 4, Teil II, S. 72).

In der Meldung des Kontingentführers vom 3. Januar2002 an das Einsatzführungskommando in Potsdam heißtes:

„(…) Im Kriegsgefangenenlager auf dem AIRFIELDKANDAHAR befinden sich derzeit ca. 250 POW, darun-ter ein Deutscher, der offensichtlich Al Qaida Anhängerist. (…)“ (MAT 16 – 22, Anlage 03, entspricht BMVg-Ordner 26 C)

Grundsätzlich sei es so gewesen, dass er täglich morgensum 5.00 oder 6.00 Uhr eine Tagesmeldung an das Ein-satzführungskommando abgegeben habe, wöchentlicheine Wochenmeldung über den allgemeinen Zustand desKontingents und Sofortmeldungen bei besonderen Vor-kommnissen. Weiterhin habe er nahezu täglich Videokon-ferenzen mit dem Befehlshaber und seinem Stellvertreteroder seinem Chef des Stabes geführt. Irgendwann sei esdann zu täglichen Telefonaten mit dem Leiter der Abtei-

lung „Spezialoperationen“ beim Einsatzführungskom-mando gekommen (Stenografisches Protokoll Nr. 4,Teil III, S. 13).

Der Kontingentführer des 1. Kontingents stand darüberhinaus während des Einsatzes in Kontakt zum Komman-deur des Kommandos Spezialkräfte (KSK) in Calw.

2. Zelle Militärisches NachrichtenwesenDas 1. Deutsche Heereskontingent Spezialkräfte(1. DtHKtg SpezKr EF) – im Folgenden 1. Kontingent –in Kandahar wurde von einer Zelle Nachrichtenwesen,auch als „Unterstützungselement Militärisches Nachrich-tenwesen“ bezeichnet, begleitet. Die Zelle MilitärischesNachrichtenwesen (MilNW) hatte die Aufgabe, das Kon-tingent bzw. den Kontingentführer mit entsprechendenInformationen zu unterstützen sowie Berichte und ent-sprechende Informationen an die Heimatdienststellen zusenden.

Der Zelle Militärisches Nachrichtenwesen wurden inKandahar Anfang Januar 2002 Informationen über einendeutschen oder deutsch sprechenden Gefangenen im US-Gefangenenlager übermittelt. Zum genauen Umfang derInformationen, dem genauen Umgang damit sowie zumEingangszeitpunkt und zu der genauen Weiterleitungwurden von den Zeugen keine oder unterschiedliche An-gaben gemacht. Das Vorhandensein von Kenntnissenüber Kontakte von Angehörigen des KSK zu MuratKurnaz wurde vor dem Untersuchungsausschuss von denZeugen aus dem Bereich der Zelle Militärisches Nach-richtenwesen nicht bestätigt.

a) Existenz eines deutschen oder deutsch sprechenden Gefangenen

Ein Zeuge aus der Zelle Militärisches Nachrichtenwesenberichtete, die Information, dass sich im US-Gefangenen-lager ein Deutscher befinde, sei mehr oder weniger zufäl-lig an ihn herangetragen worden. Die Information seinicht explizit per Meldung, sondern sei ihm über Um-wege bekannt geworden; dies sei so auch weitergeleitetworden. Was jedoch genau durch die Zelle Nachrichten-wesen nach Deutschland gemeldet worden sei, wisse ernicht (Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 29).

b) Visuelle KontakteEin weiterer Zeuge schilderte, dass er gebeten worden sei,bei einer Vernehmung eines Deutschen, der als Talibangefangen genommen worden sei, anwesend zu sein. Er seideshalb im Gefangenenlager gewesen. Ein Amerikanerhabe auf zehn Personen gezeigt und gesagt, dass dort„Kurnaz“ stehe. Der Zeuge berichtete weiter, dass er denAmerikaner darauf aufmerksam gemacht habe, dassKurnaz kein deutscher Name sei. Dieser habe schließlichmitgeteilt, dass sie dies nicht so genau wüssten. KurzeZeit später sei ein zweiter Amerikaner mit der Informa-tion hinzugekommen, dass der Gefangene keinen Wertdarauf legen würde, mit einem Deutschen zu sprechen.Damit sei die Angelegenheit nach Angaben des Zeugenfür ihn erledigt gewesen (Stenografisches ProtokollNr. 11, Teil III, S. 25).

Drucksache 16/10650 – 82 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

c) Weiterleitung von Informationen

Angesprochen auf einen Datenträger, der der Zelle Mili-tärisches Nachrichtenwesen von einem KSK-Angehöri-gen übergeben worden sei (der diesen Datenträgerwiederum von amerikanischer Seite erhalten habe), be-richtete ein weiterer Zeuge, dass er sich nicht erinnernkönne, wo dieser Datenträger geblieben sei. Es sei eineCD gewesen (Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III,S. 45 u. 56). Der Zeuge schilderte weiter, dass er nach sei-ner Erinnerung versucht habe, die CD über die ihm zurVerfügung stehenden Mittel weiterzuleiten (Stenografi-sches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 61). Auf Nachfrage er-klärte der Zeuge, die CD sei vor Ort geblieben, ob erdiese an einen Nachfolger übergeben habe, wisse er nichtmehr (Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 65).

Ein weiterer Zeuge berichtete, es sei ihm irgendetwasübergeben worden, von dessen Inhalt er keine Kenntniserlangt habe. Wahrscheinlich seien die Inhalte in engli-scher Sprache abgefasst und vielleicht seien Bilder dabeigewesen. Er gehe davon aus, dass es sich um eine „Kas-sette“ gehandelt habe. Auf Nachfrage konkretisierte die-ser Zeuge den Begriff „Kassette“ als sogenannte ZIP-Dis-kette. Er gehe davon aus, dass die Dateien zunächstelektronisch übermittelt und dann auf einer Diskette ab-gespeichert worden seien. Er vermutete, dass einer seinerMitarbeiter die Diskette in den Computer geschoben undgefragt habe, was er damit machen solle. Er selbst habeseinem Mitarbeiter gesagt, dass er sie zur Auswertung„heim schicken“ solle. Er habe die Diskette oder dessenInhalte „also unter Garantie“ entweder persönlich ge-schickt oder schicken lassen (Stenografisches ProtokollNr. 11, Teil III, S. 26 f.).

Auf weitere Nachfrage bestätigte der Zeuge, dass dieserInformationsstrang nicht der gleiche sei wie der der KSK-Soldaten (Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III,S. 34).

In einer Meldung der „Zelle MilNw bei KSK“ aus Kanda-har an den Point of Contact (POC) EinsSpezKr beim Amtfür Nachrichtenwesen der Bundeswehr in Grafschaft-Gelsdorf mit Datum vom 4. Januar 2002, die unterPunkt 10 am 5. Januar 2002 fortgeschrieben wurde, wirdausgeführt:

„(…) Auf der Base ist ein Gefangenenlager eingerichtet.Nachdem letzte Nacht wieder 25 Mann gebracht wurden,ist es jetzt mit 275 Mann überbelegt. Ab dem 10. Januar2002 sollen die ersten ausgeflogen werden. Angeblichsollen sich darunter auch jeweils ein Deutscher, Franzoseund Brite befinden. Die Gefangenen haben Hand- undFußfesseln und sind in Zelten untergebracht, die keineSeitenwände haben, dafür einzeln mit Stacheldraht abge-zäunt sind. Das gesamte Lager ist mit einer Lehmmauerund einem weiteren Stacheldrahtzaun umgeben. Es sollbekannt gegeben worden sein, dass bei einem Fluchtver-such bei Annäherung an die Lehmmauer ohne Anruf ge-schossen werde. Die Marines auf den vier Wachtürmenvermitteln auch diesen Eindruck durch ständige Ziel- undRichtübungen. (…)“ (BMVg, MAT 16 – 59, Anlage 01,entspricht Ordner 27).

In einer weiteren Meldung der Zelle MilNW an den POCmit Datum vom 6. Januar 2002 wird unter Punkt 4 berich-tet:

„(…) In der letzten Nacht wurde das Gefangenenlagervon deutschen Soldaten bewacht. Die Bewachungsmoda-litäten habe ich gestern geschildert. Es gab keine beson-deren Vorkommnisse. Seit heute sind etwa 300 Gefan-gene hier. Das Lager wird jetzt auf eine Kapazität von500 aufgestockt.“ (BMVg, MAT 16 – 59, Anlage 01, ent-spricht Ordner 27)

Mit Meldung vom 7. Januar 2002 übermittelte die ZelleMilNW an den POC eine Information des für Nachrich-tenwesen zuständigen Offiziers (S 2-KSK). In dieser „In-formation des S 2-KSK“ – ohne Datum – wurde unter derÜberschrift „Beschreibung aktueller Punkte“ unter Punkt3 die weitere Überschrift „Erkenntnisse zu den Detaineesauf dem Flugfeld Kandahar“ aufgeführt.

Zu diesem Punkt 3 wurde im weiteren Meldetext im Ein-zelnen Folgendes ausgeführt:„Auf dem Flughafen Kandahar werden seit 7. Januar2002 307 Gefangene aus dem Bereich Taliban – AA fest-gehalten. Unter ihnen befindet sich mindestens eine Per-son deutscher Nationalität. Unter Umständen handelt essich dabei um einen in DEU geborenen Mann türkischerAbstammung. Geschätztes Alter unter 30 Jahre. Es istvorgesehen, diese Person mit anderen Gefangenen imLufttransport ab kommender Nacht nach Guantánamo/Cuba zu verlegen. Der Deutsche wird nicht im erstenLufttransport am 9. Januar 2002 verlegt. Bild und Perso-nenbeschreibung Anlage 2“ (BMVg, MAT 16 – 59, An-lage 01, entspricht Ordner 27).

Eine weitere Meldung der Zelle MilNW mit Datum 9. Ja-nuar 2002 enthielt unter Punkt 3 folgende Mitteilung:

„(…) Als Anlage die Vernehmungsprotokolle einiger Ge-fangener. Wird wahrscheinlich nur für den MAD interes-sant sein. Die Geschichte zu Murat könnt Ihr Euch ausMünchen liefern lassen.“ (BMVg, MAT 16 – 59, Anla-ge 01, entspricht Ordner 27)

Am 9. Januar 2002 bezog sich eine Verbindungsbeamtindes Bundeskriminalamtes beim Bundesnachrichtendienstin einem Schreiben aus München nach eigenen Angabenauf eine aus Kandahar stammende Mitteilung aus einerBND-Quelle, die Angaben über einen Gefangenen, der inDeutschland geboren und möglicherweise türkischer Ab-stammung sei, enthalte. Die Mitteilung aus Kandahar um-fasst ein Bild und eine Personenbeschreibung (Stenogra-fisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 54).

II. Kenntnis im Einsatzführungskommando der Bundeswehr

Durch tägliche Meldungen des 1. Deutschen Heereskon-tingents Spezialkräfte, Weisungen an das Einsatzfüh-rungskommando in Potsdam, Abt. Spezialoperationen,sowie die täglichen Weisungen an das Kontingent war dieFührung durchgehend sichergestellt. Zur direkten Kom-munikation zwischen Einsatzland und Potsdam wurde da-bei auch die Möglichkeit der Videokonferenztechnik ge-nutzt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 83 – Drucksache 16/10650

1. Befehlshaber

Der für die Leitung des Einsatzführungskommandos derBundeswehr ab 1. Juli 2001 verantwortliche Befehlshabererklärte als Zeuge vor dem Verteidigungsausschuss als1. Untersuchungsausschuss:

„Es gab zwei Möglichkeiten: Entweder über Videokonfe-renzsystem, das auch für das Übermitteln von Meldun-gen, ohne dass man sich jetzt gesehen hat, genutzt wurde,oder andere gesicherte Fernmeldeverbindungen ging täg-lich zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Meldung desKSK-Kontingents aus Kandahar ein. Dem folgte im Ein-satzführungskommando in der Regel eine Lage, in der dieDinge, die ausgewertet wurden, dargestellt wurden; in derFolge dann in der Regel eine Videokonferenz mit demKontingentführer, die ich eigentlich täglich durchgeführthabe oder einer von uns drei Generalen, die im Einsatz-führungskommando – mein Stellvertreter oder der Chefdes Stabes – verfügbar waren. Danach wurde festgelegt,was an das Bundesministerium der Verteidigung zu mel-den ist. Diese Meldung ging am gleichen Tage, am glei-chen Abend noch an die Stabsmeldestelle zu Händen desFührungsstabs der Streitkräfte der Abteilung 5 heraus.(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil II, S. 8 f.)

a) Existenz eines deutschen oder deutsch sprechenden Gefangenen

Hinsichtlich der Kenntnis über die Existenz eines deut-schen oder deutsch sprechenden Gefangenen im US-Ge-fangenenlager Kandahar erläuterte der ehemaligeBefehlshaber, dass der Kontingentführer dies sofort ge-meldet habe und es vom Einsatzführungskommando auchsofort weitergeleitet worden sei. Diese Information sei al-lerdings schon im BMVg bekannt gewesen, ehe das Ein-satzführungskommando davon Kenntnis erlangt habe(Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 9).

Auf die Frage, ob er einen Ratschlag zum Umgang mitder Situation gegeben habe, erklärte der ehemalige Be-fehlshaber des Einsatzführungskommandos: Er habe diesnicht getan, da unmittelbar danach eine Meldung einge-gangen sei, nach der es sich bei dem fraglichen Gefan-genen im US-Gefangenenlager um einen Deutsch-sprachigen handele, der in Deutschland gelebt habe(Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 10).

b) Visuelle Kontakte und „Wortwechsel“ am Zaun

Auf eine weitere Nachfrage berichtete der Zeuge, dass ererst aus der Zeitung Ende 2006, nach den ersten Verneh-mungen, erfahren habe, dass Angehörige des Komman-dos Spezialkräfte (KSK) in einen direkten Kontakt mitMurat Kurnaz gekommen seien (Stenografisches Proto-koll Nr. 8, Teil III, S. 13).

c) Weiterleitung von Informationen

Die Weiterleitung von Informationen über Murat Kurnazbzw. einen deutschen oder deutsch sprechenden Gefange-nen im US-Gefangenenlager in Kandahar durch das Ein-

satzführungskommando der Bundeswehr ergab sich ausden durch den Untersuchungsausschuss beigezogenenAkten des BMVg.

In diesen Akten war die Meldung des Einsatzführungs-kommandos der Bundeswehr, Abteilung Spezialoperatio-nen, vom 3. Januar 2002 beigefügt. Als Adressat ist dortim Verteiler das Bundesministerium der Verteidigung,Fü S V 3, genannt. Unter dem Gliederungspunkt 3.„Überblick G3/A3-Lage“ heißt es zu Spiegelstrich 9:

„(…) Im Kriegsgefangenenlager auf dem AIRFIELDKANDAHAR befinden sich derzeit ca. 250 POW, darun-ter auch ein Deutscher, der offensichtlich Al Qaida An-hänger ist. (…)“ (BMVg, MAT 16 – 22, Anlage 03, ent-spricht Ordner 26 D)

Der damalige Befehlshaber erklärte vor dem Untersu-chungsausschuss auf die Frage, ob er als Befehlshaber di-rekt beim Minister vorgesprochen habe:

„Nein. Diese Meldung ist auf dem normalen Meldewege,in einer Tagesmeldung nach oben gemeldet worden. Nur,als das gemeldet wurde, hatten wir bereits Kenntnis, dasses bereits im Ministerium war, nämlich auf dem Wege ausAmerika. Deswegen bin ich dieser Sache auch nicht mehrnachgegangen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III,S. 10)

Er ergänzte auf Nachfrage, dass nach seiner Ansicht dieerste Meldung durch das Verbindungskommando inTampa an Fü S V im BMVg abgesetzt worden sei (Steno-grafisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 17).

2. Abteilung „Spezialoperationen“Im Einsatzführungskommando der Bundeswehr war dieAbteilung Spezialoperationen (Abt. SpezOps) verant-wortlich für die Führung aller Operationen der Spezial-kräfte. Somit auch für den Einsatz der Deutschen Heeres-kontingente Spezialkräfte Enduring Freedom (DtHKtgeSpezKr EF) im Untersuchungszeitraum.

a) Existenz eines deutschen oder deutsch sprechenden Gefangenen

Die Information des Kontingentführers des 1. Kontin-gents über einen vermeintlich deutschen Gefangenen imUS-Gefangenenlager ging zunächst in dieser Abteilungein. Nach dessen Aussage seien ihm keine Informationenüber Kontakte zu Murat Kurnaz gemeldet worden (Steno-grafisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 65).

b) Visuelle Kontakte und „Wortwechsel“ am Zaun

Ein Zeuge (Nr. 9) berichtete dem Ausschuss, dass er am14. oder 15. Juli 2005 (Stenografisches Protokoll Nr. 5,Teil II, S. 24) Kenntnis darüber erhalten habe, dass deut-sche Soldaten eine Aufgabe im Zusammenhang mit„Festgehaltenen“ übernommen hätten (StenografischesProtokoll Nr. 5, Teil III, S. 10). Diese Information habe ervon einem Soldaten erhalten, der unmittelbar an dieserUnterstützungsleistung für die US-Streitkräfte beteiligt

Drucksache 16/10650 – 84 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

gewesen sei. Der Anlass für das Gespräch mit den Solda-ten sei die Berichterstattung des stern gewesen, der „et-was reißerisch“ mit allen möglichen Interna über dasKSK berichtet habe. Der Soldat habe befürchtet, dassauch die Beteiligung deutscher Soldaten an der Bewa-chung eines Gefangenenlagers, wobei es auch zum Aus-tausch von Worten mit dem deutschsprachigen Häftlinggekommen sei, ans Licht gezerrt werde. Der Soldat habedabei „kategorisch“ ausgeschlossen, dass es zu Miss-handlungen gekommen sei (Stenografisches ProtokollNr. 5, Teil III, S. 11). Der Zeuge sagte aus, es habe körper-liche Kontakte jenseits eines verbalen Austausches nichtgegeben (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 17).

Der Zeuge (Nr. 9) erklärte des Weiteren, dass er dieseE-Mail-Mitteilung, die an ihn gerichtet worden sei, nichtunmittelbar weitergeleitet habe. Hierzu habe er keinenGrund gesehen, vier Jahre nach dem Vorfall weiterzumel-den, dass irgendjemand Worte mit jemandem ausge-tauscht habe (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil III,S. 21).

c) Weiterleitung von Informationen

Nach Aussage des Zeugen Nr. 9 war im Führungsstab derStreitkräfte die Stabsabteilung V die ministerielle An-sprechstelle der Abteilung Spezialoperationen des Ein-satzführungskommandos. Des Weiteren sei das Bundes-ministerium der Verteidigung über für die strategischeEbene wichtige Informationen aus den Meldungen desKontingents unterrichtet worden. Hierbei seien die Mel-dungen des Kontingents nicht einfach „durchgeschoben“,sondern aus diesen Informationen seien die für die strate-gische Ebene relevanten Informationen weitergemeldetworden (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 10).

Auf eine entsprechende Frage bestätigte der Zeuge Nr. 9,dass er sich an die Meldung des Kontingentführers vom3. Januar 2002, die auch die Information über die Anwe-senheit eines deutschen oder deutschsprachigen Gefange-nen im US-Gefangenenlager Kandahar beinhaltet habe,erinnern könne (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II,S. 15). Gefragt nach der konkreten Weiterleitung dieserMeldung an Fü S V führte der Zeuge Nr. 9 aus:

„Nein. Ich würde das als relevant bezeichnen, und daswürde auch in das passen, was ich vorhin zur Komplettie-rung des nationalen Lagebildes gesagt habe. Es war auchnach meiner Beurteilung aus anderen Quellen bekannt.Zum Beispiel aus den USA kam diese Meldung ja auchschon einmal. Das wurde dann aber später, glaube ich,korrigiert, dass es nicht ein Deutscher, sondern einDeutschsprachiger sei, was, wie gesagt, zu diesem Zeit-punkt auch niemanden verwundert hat; denn man musssich ja auch den Zeitpunkt vor Augen führen. Es war kurznach den Anschlägen, und es war ja offenkundig, dassviele oder einige dieser Urheber auch in Deutschland zeit-weise gewesen waren. (…) Aber ich kann nicht definitivsagen, weil ich die Meldung natürlich nicht vor mir liegenhabe, ob ich diese Meldung des Kontingentführers wört-lich weitergegeben habe oder nicht. Aber ich könnte mir

eigentlich nicht vorstellen, das wir das rausgeschnittenhätten.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 16)

Der Zeuge wies des Weiteren darauf hin, dass er Hundertevon Meldungen abgegeben habe. Ohne Einblick in alleDaten zu haben, könne er natürlich nicht sagen, ob undmit welchem Wortlaut was weitergegeben worden sei(Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 16).

Die Frage, ob es zu der Meldung vom 3. Januar 2002 eineRückfrage des Kontingentführers des 1. Kontingentsbezüglich des vermeintlichen Deutschen im US-Gefange-nenlager, möglicherweise am 4. oder 5. Januar 2002,gegeben habe, wurde vom Zeugen Nr. 9 verneint (Steno-grafisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 16). Nach Aussagedieses Zeugen sei jede Tagesmeldung grundsätzlich demBefehlshaber vorgelegt worden (Stenografisches Proto-koll Nr. 5, Teil II, S. 17).

Auf die Frage, ob nach Vorlage der Meldung vom 3. Ja-nuar 2002 über den deutsch sprechenden Gefangenen mitdem Befehlshaber oder dem Kontingentführer gespro-chen worden sei, antwortete der Zeuge Nr. 9 mit „Nein“und führte ergänzend aus:

„Ja, also ich würde mich daran erinnern. Ich wüsste auchnicht … und könnte mir auch nicht erklären, warum wirdarüber hätten sprechen sollen. (…) Wir waren für dasGefangenenlager nicht zuständig. Wir waren für die Be-handlung der Gefangenen nicht zuständig und haben auchnach meiner Erinnerung und Erkenntnis keine Informa-tionen gehabt, dass dort irgendwelche Besonderheitenvorgefallen wären, die unsere Aufmerksamkeit hätten an-ziehen müssen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II,S. 18)

III. Kenntnis in der Division Spezielle Operationen

Der damalige Kommandeur der Division Spezielle Ope-rationen (DSO) berichtete vor dem Verteidigungsaus-schuss als 1. Untersuchungsausschuss, dass er im Unter-suchungszeitraum von November 2001 bis zum Sommer2002, zum Zeitpunkt der Übergabe seines Dienstpostens,mit dem damaligen Kommandeur des KSK in Kontaktgestanden habe. Über Einzelheiten des Einsatzes habe erkeinerlei Informationen gehabt. Einen direkten Kontaktmit den Spezialkräften habe es von ihm weder nachKandahar noch auf der Insel Masirah in irgendeiner Weisegegeben (Stenografisches Protokoll Nr. 14, Teil II, S. 7 f.).

Auf die Frage nach der Kenntniserlangung über einenDeutschen oder deutsch Sprechenden im US-geführtenGefangenenlager erklärte der Zeuge, dass er dies etwa voreinem halben Jahr, als Murat Kurnaz an die Öffentlichkeittrat, der Presse entnommen habe. In dem gesamten Zeit-raum bis zur Veröffentlichung in der Presse sei ihm diesunbekannt gewesen. Entsprechendes gelte für die Beteili-gung von KSK-Soldaten an der Bewachung des US-ge-führten Gefangenenlagers in Kandahar. Er habe keineKenntnis gehabt und die Einzelheiten erst zu einem späte-ren Zeitpunkt erfahren (Stenografisches Protokoll Nr. 14,Teil II, S. 8).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 85 – Drucksache 16/10650

IV. Kenntnis im Bereich des KSKDer ehemalige Kommandeur des KSK in Calw berichtetevor dem Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungs-ausschuss, er habe mit dem Kontingentführer des 1. Kon-tingents regelmäßig, sicherlich alle zwei Tage, telefoni-schen Kontakt gehabt (Stenografisches Protokoll Nr. 11,Teil III, S. 1).

Von einem deutschen oder deutsch sprechenden Gefange-nen habe er zum ersten Mal aus der Presse vor einigenWochen oder Monaten gehört, als der Fall Murat Kurnazbekannt geworden sei, vorher nicht (Stenografisches Pro-tokoll Nr. 11, Teil II, S. 9).

Der ehemalige Kommandeur des KSK in Calw berichteteweiter, dass zum ersten Mal in der Geschichte der Bun-deswehr das Einsatzführungskommando mit diesen Ein-sätzen betraut gewesen sei. Mit Überschreiten derLandesgrenze sei die disziplinare und operative Verant-wortung von dem ursprünglichen Kommandeur auf dasEinsatzführungskommando übergegangen. Das Kom-mando habe noch lediglich den Auftrag gehabt, die „per-sonelle Sicherstellung“ durchzuführen und die Soldatenin der notwendigen Qualität und Quantität bereitzustellensowie die logistische Sicherstellung durchzuführen.

Auf Nachfrage erklärte der Zeuge, dass auch ohne trup-pendienstliche Unterstellung eine telefonische Verbin-dung und eine Videokonferenzmöglichkeit, die auch hinund wieder genutzt worden sei, bestanden habe (Steno-grafisches Protokoll Nr. 11, Teil II, S. 8).

V. Kenntnis des US Central Command in Tampa und anderer Stellen in den USA

Das deutsche Verbindungskommando beim US CentralCommand (USCENTCOM) in Tampa, Florida, wurdedurch die amerikanischen Streitkräfte über die Anzahlund vermeintliche Nationalität der im US-Gefangenenla-ger in Kandahar festgehaltenen Personen regelmäßig un-terrichtet. Von dort wurden die Informationen an dasBundesministerium der Verteidigung weitergeleitet.

Die Meldung des Verbindungskommandos beim US-CENTCOM vom 3. Januar 2002 an das BMVg, Fü S V 2,beinhaltete den Bericht 114/01 vom 29. Dezember 2001(Tagesmeldung, Stand 17.00 Uhr), der wiederum bei derNennung der Zahl der in US-Gewahrsam befindlichen„Detainees“ die Information: „1 aus DEU“ enthielt(MAT 16 – 14, Anlage 16, entspricht BMVg-Ordner 15).

Eine weitere Meldung des Verbindungskommandos beimUSCENTCOM vom 8. Januar 2002 an das BMVg,Fü S V 2, beinhaltete den Bericht 05/02 vom 7. Januar2002 (Tagesmeldung, Stand 17.00 Uhr), der wiederumdie Information enthielt, dass der seit einigen Tagen ge-meldete Deutsche heute nicht mehr im „Meldebild“ sei(MAT 16 – 14, Anlage 16, entspricht BMVg-Ordner 15).

Die Meldung des Verbindungskommandos beim US-CENTCOM vom 9. Januar 2002 an das BMVg, Fü S V 2,beinhaltete den Bericht 06/02 vom 8. Januar 2002 (Tages-meldung, Stand: 17.00 Uhr). Dort wird ausgeführt, dass

die USA nunmehr 364 Gefangene in Gewahrsam hätten,wobei darunter kein Deutscher sei. Auf Nachfrage seimitgeteilt worden, dass der vor einigen Tagen gemeldete„DEU“ irrtümlich in die Übersicht gelangt sei, manwürde sich entschuldigen (MAT 16 – 14, Anlage 16, ent-spricht BMVg-Ordner 15).

Darüber hinaus befindet sich in den vom Untersuchungs-ausschuss beigezogenen Akten ein Fernschreiben vom4. Januar 2002. Der Aufgeber des Fernschreibens wurdewie folgt bezeichnet: „BMVG/Washington“. Als zuge-ordnete Empfängerbereiche werden benannt: „STS DRSTUETZLE“, „LSTO BZBW“ sowie „GENINSP“. Indiesem Fernschreiben heißt es:

„(…)-NSC IST BEREIT, WEITERE INFORMA-TIONEN UEBER GEFANGENGENOMMENENDEUTSCHEN TALIBAN-KAEMPFER ZU BESCHAF-FEN (…)

IN US-GEWAHRSAM (…) BEFINDEN SICH DER-ZEIT 221 TALIBAN), DARUNTER IN KANDAHAREIN DEUTSCHER. (…) AUF NACHFRAGE: DERDEUTSCHE BEFINDET SICH IN KANDAHAR, SEINNAME IST IM NSC NICHT BEKANNT, WIRD ABERFESTGESTELLT. (GESONDERT HAT VGATTSTABINZWISCHEN VON CENTCOM ERFAHREN, DASSES SICH WAHRSCHEINLICH UM EINEN AFGHA-NEN MIT DT. PASS HANDELT. NAME WIRD VONCENTCOM NACH FESTSTELLUNG UNMITTELBARAN BMVG UND AA UEBERMITTELT) (…)“

(MAT 16 – 22, Anlage 04, entspricht BMVg-Ordner 26 D)

VI. Kenntnis im Bundesministerium der Verteidigung

Sowohl die Zeugen aus dem Bereich des Führungsstabesder Streitkräfte als auch die Zeugen aus dem Bereich derpolitischen Führung einschließlich der Staatsekretärea. D. und der Bundesminister der Verteidigung a. D. Ru-dolf Scharping und seines Nachfolgers Dr. Peter Struckgaben in den Vernehmungen vor dem Untersuchungs-ausschuss – mit Ausnahme des damaligen Stabsabtei-lungsleiters Fü S V – zu Protokoll, dass sie im Unter-suchungszeitraum bzw. während ihrer Amtszeit keineInformationen über Kontakte von Angehörigen der Bun-deswehr zu Murat Kurnaz erlangt bzw. daran keine Erin-nerung hätten.

1. Generalinspekteur

Nach den Erläuterungen des ehemaligen Generalinspek-teurs der Bundeswehr, General a. D. Harald Kujat, vordem Untersuchungsausschuss sei es während seinerAmtszeit hinsichtlich des Informationsflusses bezüglichdes Einsatzes der Bundeswehr im Rahmen der OperationEnduring Freedom in Afghanistan grundsätzlich so gewe-sen, dass die wesentlichen Informationen über das Ein-satzführungskommando, den Fü S V, an den Ministerweitergeleitet bzw. in einer Leitungsbesprechung erörtertworden seien (Stenografisches Protokoll Nr. 18, Teil II,S. 7).

Drucksache 16/10650 – 86 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

General a. D. Harald Kujat erklärte auf die Frage, ob undwann er möglicherweise erfahren habe, dass sich eindeutsch sprechender Gefangener im US-Gefangenenlagerin Kandahar befinde:

„Ich kann nicht ausschließen, dass in einer der Meldun-gen, die ich erhalten habe, diese Tatsache erwähnt wurde.Ich kann mich aber an den Sachverhalt nicht erinnern. Ichkann mich auch nicht daran erinnern, dass das zu ir-gendeinem Zeitpunkt thematisiert wurde, beispielsweisein der Lagebesprechung, in der Einsatzbesprechung.

Ich habe von dem Fall Kurnaz erst gehört, als er inDeutschland publik gemacht wurde, nach seinem Auftre-ten in einer Fernsehsendung und dann aus den Zeitun-gen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 18, Teil II, S. 7)

Darüber hinaus erläuterte der ehemalige Generalinspek-teur, dass er in seiner Funktion nicht in die Befehlsketteeingebunden war. Insofern habe er auch keine Anweisun-gen oder Befehle an die Soldaten gegeben (Stenografi-sches Protokoll Nr. 18, Teil II, S. 19).

Zu der Frage, ob er Kenntnis darüber erlangt habe, dassAngehörige des KSK in irgendeiner Weise bei der Bewa-chung des US-Gefangenenlagers Unterstützungsleistun-gen erbracht haben, äußerte General a. D. Harald Kujat:

„Die deutschen Soldaten, die zu Anfang, also im Dezem-ber, nach Kandahar gegangen sind, das war das Voraus-kommando, das dort feststellen sollte, wie die Unterbrin-gungsmöglichkeiten, wie die Versorgungsmöglichkeitensind, welche Aufträge erwartet wurden. Das war keinKommando, das nun speziell für die Bewachung von Ge-fangenen eingesetzt wurde. Mir ist auch nicht bekannt,dass das zu den Aufträgen der deutschen Soldaten ge-hörte; jedenfalls ist mir das nicht bekannt geworden.“(Stenografisches Protokoll Nr. 18, Teil II, S. 7)

2. Stabsabteilungsleiter Fü S VDer im Untersuchungszeitraum verantwortliche ehema-lige Stabsabteilungsleiter BMVg, Fü S V, berichtete vordem Untersuchungsausschuss im Hinblick auf den Be-ginn des Einsatzes des 1. Deutschen HeereskontingentsSpezialkräfte (1. Kontingent) in Kandahar:

„(…) Wir haben gleichzeitig, um eine ummittelbare Ver-bindung zu dem strategisch führenden Kommando inTampa, in Florida, zu haben, auch das entsprechende Ver-bindungskommando dort eingerichtet. Am 3. Januar sindmeines Wissens dann die ersten Meldungen über Detai-nees eingegangen, die dann unter anderem am 7. Januardarin mündeten, dass unter anderem auch ein Deutscherdabei sei. Wir haben dann noch einmal nachfragen lassen.Am 8. Januar war dieser Deutsche in der Nationalitäten-liste nicht mehr enthalten. Und am 9. Januar hieß es dann,man entschuldige sich dafür, er sei versehentlich in dieseListe geraten. Für uns war damit auf militärischer Seitekein weiterer Anlass gegeben, diese Sache weiterzuver-folgen. Das ist meines Wissens der letzte Kenntnisstand,den ich zu dem Vorhandensein eines mutmaßlichen Deut-schen aus der Aktenlage erinnern kann. (…)“ (Stenografi-sches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 7)

Die Frage, ob er praktisch der ranghöchste Vertreter desBundesministeriums der Verteidigung gewesen seinkönnte, bei dem diese Meldung angekommen und dannaber auch verblieben sei, wurde von dem Zeugen bejaht.Dies sei durchaus möglich. Er wolle dies nicht ausschlie-ßen (Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 9).

Eine ergänzende Frage nach dem möglichen Eingang ei-ner entsprechenden Meldung über einen Deutschen imUS-Gefangenenlager vom Einsatzführungskommando inPotsdam, erklärte der Zeuge, dass nach seinem Wissenzum ersten Mal am 7. Januar 2002 durch ein Gespräch„mit Tampa“ diese Meldung eingegangen sei (Stenografi-sches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 10).

Auf eine entsprechende Frage bestätigte der Zeuge, eskönne sein, dass eine Meldung an anderer Stelle im Mi-nisterium eingegangen und dann aber nicht an ihn weiter-gegeben worden sei, weil die Meldung vielleicht nochvon einem Referenten oder dem Referatsleiter verifiziertworden sei (Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II,S. 12).

Des Weiteren könne es sein, dass möglicherweise dasEinsatzführungskommando selbst eine „Prüfschleife ein-gezogen“ habe; dies könne eine Erklärung für die Lückezwischen dem 3. und dem 7. Januar 2002 sein (Stenogra-fisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 18).

Nach seiner Erinnerung habe er über den „Tampa-Strang“davon Kenntnis erhalten, über die täglichen Meldungen,die von dort einliefen, und entsprechende Videokonferen-zen, während möglicherweise diese andere Meldung am3. Januar 2002 beim Einsatzführungskommando einge-troffen sei, ihn aber nicht erreicht habe (StenografischesProtokoll Nr. 10, Teil II, S.22 f.).

Der Zeuge erklärte, auf seiner Ebene sei nicht zur Kennt-nis gebracht worden, dass es während des Einsatzes des1. Kontingents zu einer Bewachung von Gefangenen ge-kommen sei. Ihm sei erinnerlich, dass einmal von„Guards Duty“ die Rede gewesen sei. Er habe unter die-sem Begriff die Beteiligung an der Bewachung des La-gers in Kandahar verstanden. Des Weiteren verneinte er,ihm sei zur Kenntnis gebracht worden, dass während desBewachungsvorganges im Gefangenenlager einzelne Sol-daten zumindest Sichtkontakt zu dem deutsch sprechen-den Gefangenen gehabt hätten (Stenografisches ProtokollNr. 10, Teil II, S. 18 f.).

Zu den Meldewegen im Allgemeinen erläuterte derZeuge, dass im Prinzip zwei Meldestränge bestanden. ImEinzelnen seien die Meldungen vom Kommandeur desEinsatzkontingents zum Einsatzführungskommando unddann von dort an den Fü S V weitergeleitet worden. DerFü S V habe dann diese Meldungen in wöchentlichen Be-richten aufbereitet. Parallel hierzu habe man sich über dasVerbindungskommando in Tampa die Gesamtzusammen-hänge, d. h. mittelfristige und langfristige Planungszu-sammenhänge, melden lassen. Diese Meldungen seien anden Fü S V 3 gegangen (Stenografisches Protokoll Nr. 10,Teil II, S. 8).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 87 – Drucksache 16/10650

Zum Stichwort „Filterfunktion“ wies der Zeuge daraufhin, dass bereits der Referent im Rahmen der Auf-tragstaktik der erste Filter sei. Der nächste Filter sei dannder Referatsleiter, der dem Stabsabteilungsleiter vorlege.Dort werde die jeweilige Information dann wiederumdem Informationsbedarf der jeweiligen Führungsebeneentsprechend bearbeitet und entweder über Vorlagen oderaber auch im Rahmen der wöchentlichen Leitungslagezur Kenntnis gebracht (Stenografisches Protokoll, Nr. 10,Teil II, S. 13).

Nach Aussage des Zeugen sei dem Generalinspekteur im-mer dann berichtet worden, wenn von dem gebilligtenOperationsplan abgewichen wurde, wenn also zeitliche,räumliche oder auch Schwerpunktänderungen eintraten(Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 12). Der Mi-nister sei wöchentlich durch entsprechende Berichte überden Fortgang der Operationen unterrichtet worden (Ste-nografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 13).

3. Leiter des Referats Fü S V 3

Als weiterer Zeuge aus dem Bundesministerium der Ver-teidigung wurde der ehemalige Leiter des ReferatesFü S V 3 durch den Untersuchungsausschuss vernom-men. Der Zeuge hat nach eigenen Angaben vom April2001 bis zum Oktober 2002 das Referat Fü S V 3 geleitet.

Der ehemalige Referatsleiter schilderte, dass das Aufga-bengebiet sämtliche Angelegenheiten umfasst habe, dieim Zusammenhang mit den laufenden Einsätzen der Bun-deswehr gestanden hätten. Den Schwerpunkt habe dieBearbeitung der Angelegenheiten gebildet, die auf minis-terieller Ebene zu klären bzw. zu regeln gewesen wären.Regelmäßig sei es die Aufgabe des Referatsleiters gewe-sen, während der Unterrichtungen für den Bundesminis-ter und/oder die Staatssekretäre zur Lage der Einsätze derBundeswehr vorzutragen (Stenografisches ProtokollNr. 10, Teil II, S. 32).

Zum Untersuchungsauftrag erklärte der ehemalige Refe-ratsleiter Fü S V 3, dass er zu den Fragen 1 und 2 keineAngaben machen könne, da diese Vorgänge nicht Gegen-stand seiner eigenen Wahrnehmung gewesen seien. Auchkönne er keine Bundeswehrangehörigen benennen, dieKenntnis über Kontakte zu Murat Kunaz gehabt hätten(Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 33).

Zur Frage des allgemeinen Meldeweges berichtete derZeuge, dass der Informationsstrang vom Einsatzkontin-gent über das Einsatzführungskommando – dort in derBearbeitung der Abteilung Spezialkräfte – in sein Referatgelangt sei. Dort seien die Berichte gesichtet und einmalwöchentlich ein zusammenfassender Bericht für den Bun-desminister erstellt worden. Dies sei in der Regel freitagsgeschehen (Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II,S. 33).

Die täglichen Berichte seien ausgewertet worden. Beson-derheiten, zum Beispiel zur Versorgung des Kontingentesoder den Stand der Vorbereitung von Einsätzen, seien indiesem Bericht zusammengefasst worden. Der Bericht seidurch ihn bzw. einen Referenten in seinem Referat erstellt

worden. Der Bericht sei dann an den StabsabteilungsleiterFü S V geleitet und noch einmal endgültig abgestimmtworden, bevor er dann auf dem Dienstweg dem Bundes-minister vorgelegt worden sei (Stenografisches ProtokollNr. 10, Teil II, S. 34).

Die Frage, ob er Kenntnis von der Übernahme von Bewa-chungsaufträgen in Kandahar durch deutsche Soldatenzum damaligen Zeitpunkt gehabt habe, wurde vom ehe-maligen Referatsleiter Fü S V 3 verneint. Davon habe ererst bei der Sichtung der Akten bzw. bei der Vorbereitungauf den Vernehmungstermin vor dem Untersuchungsaus-schuss erfahren (Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II,S. 35).

Er könne nicht aus eigener Erinnerung sagen, ob die Mel-dung, dass sich ein deutscher oder deutsch sprechenderInsasse in diesem Gefangenenlager befinde, an dasBMVg abgegeben worden sei. Dies habe er erst vor eini-gen Wochen in der entsprechenden Meldung gelesen. Erkönne sich nicht mehr erinnern, dass dieses Thema imBMVg in dieser Phase besprochen bzw. thematisiert wor-den sei (Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 35).

4. StaatssekretäreAuf die Frage, ob er auf offiziellem Wege die Kenntnisüber einen deutschen oder deutschsprachigen Gefangenenim Lager in Kandahar erlangt habe, erklärte der Parla-mentarische Staatssekretär a. D. Walter Kolbow vor demUntersuchungsausschuss:

„(…) Ich kann das jedenfalls, muss das auch verneinen.Das ist an mich nicht herangetragen worden. Ich habe dasauch nicht in diesem Zusammenhang, weder im Januar2002 noch im Dezember 2001, noch während meiner ak-tiven Zeit als PSt bis November 2005, in irgendeiner Artund Weise als Information bekommen.“ (StenografischesProtokoll Nr. 14, Teil III, S. 38)

Staatssekretär a. D. Walter Kolbow erläuterte weiter, dassihm der Name Murat Kurnaz das erste Mal in den Medienbegegnete, als über seine Gefangenschaft in Kandaharund in Guantánamo berichtet worden sei. Dies sei bereitsnach dem Ende seiner Amtszeit als ParlamentarischerStaatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung ge-wesen (Stenografisches Protokoll Nr. 14, Teil II, S. 17 f.).

Zur Frage, wer innerhalb der Bundesregierung über Infor-mationen über einen deutsch sprechenden Gefangenenund andererseits über den Wacheinsatz von KSK-Solda-ten verfügte, führte Staatssekretär a. D. Kolbow aus:

„Da mir nicht erinnerlich ist, aber auch bei der Prüfungmeiner Erinnerung keine Tatsachen bewusst gewordensind, dass mir über diesen deutsch sprechenden Gefange-nen bzw. um diesen Sachverhalt herum Informationen zu-gegangen sind, unterstelle ich und gehe ich davon aus– letztlich weiß ich es –, dass auch von keinem der ande-ren, mit denen ich intensiv zu tun hatte – in der politi-schen Leitung, in der militärischen Führung, aber mögli-cherweise auch durch Gelegenheitszusammenkünfte ausdem KSK-Bereich heraus bei Besuchen in Calw –, solcheInformationen an mich herangetragen worden sind. Ich

Drucksache 16/10650 – 88 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

habe auch keine Gespräche darüber durch Anwesenheitmitbekommen, sodass ich auch diese Frage mit Nein be-antworten muss.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 14,Teil II, S. 18)

Der im Untersuchungszeitraum für die Einsatzdurch-führung zuständige Staatssekretär im Bundesministeriumder Verteidigung, Staatssekretär a. D. Klaus-Günther Bie-derbick, berichtete vor dem Untersuchungsausschuss, ge-fragt nach regelmäßigen Lagebesprechungen und Wo-chenberichten im Bereich Operation Enduring Freedom,dass er an den meisten Unterrichtungen teilgenommenhabe. Des Weiteren habe es auch Unterrichtungen, Brie-fings gegeben, bei denen er persönlich durch den Gene-ralinspekteur oder im Einsatzführungskommando selbstinformiert worden sei (Stenografisches Protokoll Nr. 13,Teil II, S. 17).

Hinsichtlich der Wochenberichte von Fü S V erläuterteStaatssekretär a. D. Klaus-Günther Biederbick, es habemehrere Berichte auch unterschiedlicher Qualität gege-ben. Wochenberichte, die er an die Bundesregierung undan das Parlament geleitet habe, seien durch ihn erstelltworden. Es sei jährlich ein Bericht über die OperationEnduring Freedom gegenüber dem Parlament abgegebenworden, der auch eine Passage über das KSK enthaltenhabe (Stenografisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 17).

Zum Informationsfluss erläuterte der Staatssekretär a. D.Klaus-Günther Biederbick ergänzend, dass je nachdem,wie sich die Lage in den Einsatzgebieten entwickelt habe,es manchmal bis zu täglich eine Lagebesprechung imBMVg gegeben habe. Ansonsten sei „mit Sicherheit“ biszu zweimal pro Woche eine Lagebesprechung zu Routi-neangelegenheiten durchgeführt worden. Durch Video-konferenzen habe sich der Minister oder er selbst imVertretungsfall ein unmittelbares Bild aus den Einsatzge-bieten machen können. Etwas schwieriger sei das„Thema KSK“ insgesamt gewesen. Um den Auftrag nichtzu gefährden, habe dies mit großer Geheimhaltung ablau-fen müssen. Von daher sei das KSK nicht in der normalenLage besprochen, sondern KSK-Einsätze seien vorgetra-gen worden, entweder mündlich durch den General-inspekteur – dies sei eigentlich die Regel gewesen – oderim Führungszentrum in einem separaten Raum sei zumKSK bzw. zur Lage informiert worden.

Bezogen auf Fü S V ergänzte der Staatssekretär a. D.Klaus-Günther Biederbick, dass nicht der gesamte Fü S Vmit dieser Sache befasst gewesen sei; auch habe es imEinsatzführungskommando eine entsprechende Zelle ge-geben. Dort sei auch separat und nicht in „der großenLage“ zum KSK vorgetragen worden. Dieses Ganze habesich erst nachher entwickelt (Stenografisches ProtokollNr. 13, Teil II, S. 20).

Gefragt nach dem Zeitpunkt der Informationserlangungüber den Umstand, dass ein deutsch sprechender Gefan-gener in Kandahar gewesen sei, erklärte Staatssekretära. D. Klaus-Günther Biederbick, dass er dies den Zeitun-gen entnommen habe. Er habe dies erst nach dem Aus-scheiden aus dem Dienst in den Zeitungen gelesen (Ste-nografisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 17).

Der im Untersuchungszeitraum für die Einsatzvorberei-tung im Bundesministerium der Verteidigung zuständigeStaatssekretär a. D. Dr. Walther Stützle berichtete vordem Untersuchungsausschuss, ihm seien Informationenüber einen Deutschen im Gewahrsam der Amerikaner inKandahar eigentlich erst im Laufe der intensivenöffentlichen Diskussion, die zu dem Untersuchungsaus-schuss geführt habe, bewusst und bekannt geworden (Ste-nografisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 36).

Auf die Frage, ob es eine laufende Unterrichtung wäh-rend des Einsatzes gab, erläuterte der Zeuge:

„Es gab eine laufende Unterrichtung in Form einer mor-gendlichen Lagebesprechung beim Bundesminister imLagezentrum, wo täglich die Auslandseinsätze der Bun-deswehr dargestellt wurden – in einem bestimmten Zeit-raum täglich. (…) Es sind dort keine Informationen zuschwierigen Fragen der Einsatzregeln oder zu Fragen, diemit menschlichen Unzulänglichkeiten zu tun gehabt hät-ten, besprochen worden; denn so eine militärische Lageist auch ein relativ großer Kreis und nicht nur der Minis-ter, sondern auch die Vortragenden haben ein verständli-ches Interesse daran, sich auf das Notwendige zu be-schränken.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 13, Teil II,S. 42)

5. Bundesminister der Verteidigung a. D. Rudolf Scharping

In seiner Vernehmung vor dem Verteidigungsausschussals 1. Untersuchungsausschuss berichtete der Bundes-minister der Verteidigung a. D. Rudolf Scharping im Hin-blick auf die ersten drei Fragen des Untersuchungsauftra-ges, dass ihm über Kontakte von Angehörigen derBundeswehr mit dem türkischen Staatsbürger MuratKurnaz während dessen Inhaftierung nichts bekannt ge-wesen sei (Stenografisches Protokoll Nr. 15, Teil II, S. 8).

Auf Nachfrage erklärte der Bundesminister a. D. RudolfScharping:

„(…) Zu mir ist, wie gesagt, eine solche Meldung nie ge-drungen. Ich weiß auch nicht, ob es eine solche gegebenhat. (…) Ich jedenfalls hatte keine Kenntnis darüber er-halten – heute habe ich sie natürlich; aber zum Zeitpunktmeiner Amtsführung hatte ich keine Kenntnis davon er-halten –, dass ein deutsch Sprechender oder möglicher-weise sogar ein deutscher Staatsbürger in einem Lager inAfghanistan sitzen könnte.“

„Ich habe eine vage Erinnerung daran, dass es in der An-fangszeit Diskussion darüber gab, wie Unterstützungs-leistungen von unseren Spezialkräften für die Spezial-kräfte anderer Nationen aussehen könnten. Ich habe keineErinnerung daran, dass das auch in Bewachungsaufgabenhätte münden können, auch keine Kenntnis, ob und wielange sie ausgeführt worden sind. (…)“ (StenografischesProtokoll Nr. 15, Teil II, S. 9)

Bundesminister a. D. Rudolf Scharping sagte aus, er ver-mute, erst durch die Medien darauf aufmerksam gewor-den zu sein, dass ein deutsch sprechender, aber nicht diedeutsche Staatsangehörigkeit besitzender Mann festge-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 89 – Drucksache 16/10650

halten und dann für längere Zeit nach Guantánamo ver-bracht worden sei. Er wisse nicht, wann dies das ersteMal in der Presse gestanden habe. Seine Kenntnisse, dieden Namen Murat Kurnaz und alles andere angingen, be-zögen sich ausschließlich auf die Presse (StenografischesProtokoll Nr. 15, Teil II, S. 16 f.).

Zur Frage seiner Unterrichtung berichtete Bundesministera. D. Rudolf Scharping, dass nach seiner Erinnerung dasMinisterium mindestens einmal wöchentlich Lagebespre-chungen durchgeführt habe. Dort seien dann auch Fragenerörtert worden, die mit den Einsatzgebieten insgesamtund mit der Sicherheitslage im eigenen Land, in den Ein-satzgebieten etc. zu tun gehabt hätten. Während desKosovo-Konfliktes habe es tägliche Lagebesprechungengegeben; dies sei bei dem Einsatz der Bundeswehr inAfghanistan nicht täglich erforderlich gewesen. In derRegel seien die Lagebesprechungen wöchentlich erfolgt.Wenn es öfter erforderlich geworden sei, sei dies auchhier und da und im direkten Gespräch zwischen dem Ge-neralinspekteur und dem Bundesminister der Verteidi-gung erfolgt (Stenografisches Protokoll Nr. 15, Teil II,S. 8).

Der Büroleiter des Bundesministers a. D. Rudolf Schar-ping, Jörn Thießen, verneint vor dem Untersuchungsaus-schuss, dass ihm während seiner Tätigkeit als Büroleiter

des Ministerbüros irgendwelche Informationen über dieBeteiligung von KSK-Soldaten an der Bewachung desUS-geführten Gefangenenlagers in Kandahar zugänglichgewesen wären (Stenografisches Protokoll Nr. 14, Teil II,S. 26).

Der Zeuge berichtete weiter, er wisse, dass zum generel-len Einsatz des KSK Vorlagen für den Minister erstelltwurden, diese aber nicht „über seinen Tisch gegangenseien“ (Stenografisches Protokoll Nr. 14, Teil II, S. 26).

6. Bundesminister der Verteidigung a. D. Dr. Peter Struck

Der Bundesminister der Verteidigung a. D. Dr. PeterStruck (Amtsantritt am 19. Juli 2002) verneinte vor demUntersuchungsausschuss die Frage, ob er während seinerAmtszeit davon gehört habe oder davon in Kenntnis ge-setzt worden sei, dass KSK-Soldaten Gefangene bewachthätten. Auch die Frage, ob die Gefangennahme einesDeutschen oder „deutschen Taliban“ zu diesem Zeitpunkteine Rolle gespielt habe, wurde vom Bundesministera. D. Dr. Peter Struck mit „Nein“ beantwortet. Von demNamen Kurnaz habe er erst gehört, als davon hier in denZeitungen berichtet wurde (Stenografisches ProtokollNr. 13, Teil II, S. 49, 53).

Drucksache 16/10650 – 90 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

D. Welche Einsätze haben KSK-Kräfte von ca. November 2001 bis ca. November 2002 in Kandahar durchgeführt, nach welchen Einsatzregeln haben sie dabei gehandelt und welchen Einfluss hatten Dienststellen in der Bundeswehr und das Bundes-ministerium der Verteidigung auf diese Einsätze?

Einen Schwerpunkt der Ermittlungen des Untersuchungs- Vorgaben und Regelungen des humanitären Völkerrechts

ausschusses bildeten die von dem Kommando Spezial-kräfte (KSK) während des Untersuchungszeitraumes inAfghanistan durchgeführten Einsätze, und hier insbeson-dere die Untersuchung der seinerzeit geltenden Einsatz-regeln und der jeweiligen Einbindung von Institutionenund Strukturen der Bundeswehr und des Bundesministe-riums der Verteidigung in die diesbezüglichen Entschei-dungsprozesse. Der Ausschuss widmete sich bei seinenErmittlungen zudem intensiv der Frage nach den nationa-len und multinationalen Entscheidungskompetenzen und-abläufen im Vorfeld und während der Einsätze des KSKim Rahmen der Operation Enduring Freedom. Es zeigtesich, dass dabei grundsätzlich drei militärische bzw. mili-tärpolitische Entscheidungsebenen nach ihren jeweiligenKenntnissen, Verantwortlichkeiten und Einflussmöglich-keiten zu unterscheiden sind:

Der Bundesminister der Verteidigung bildete gemeinsammit dem Generalinspekteur der Bundeswehr als seinemmilitärpolitischen Berater die strategische Ebene, um imAnschluss an die Mandatierung durch den DeutschenBundestag die politischen Rahmenbedingungen für dieEinsätze des KSK zu schaffen (dazu unter Ziffer I.) sowieübergeordnete Ziele und Leitlinien für die Einsatzdurch-führung vorzugeben und Entscheidungen von herausge-hobener Bedeutung selbst zu treffen (Ziffer IV.). Aufgabeder sich anschließenden operativen Ebene war die Umset-zung dieser politischen Leitungsvorgaben in militärischeFührungsprozesse (Ziffer III.), die durch das Spezial-kräfte-Kontingent auf der dritten, der taktischen Ebeneauszuführen waren (Ziffer II.).

I. Einsatzregeln des Kommandos Spezialkräfte

Grundsätzlich bestimmen sich die Einsatzregeln, wie bei-spielsweise für die Operation Enduring Freedom, im We-sentlichen nach den völkerrechtlichen Grundlagen desjeweiligen Einsatzes (beispielsweise VN-Mandat), denverfassungsrechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes undder Zustimmung des Deutschen Bundestages zu den kon-kreten Vorgaben des Einsatzbeschlusses der Bundesregie-rung (vgl. Bundestagsdrucksache 16/6282, DokumentNr. 26). Die rechtlichen Vorgaben für den Einsatz desKommandos Spezialkräfte (KSK) in Afghanistan beruh-ten vor allem auf dem Beschluss des Deutschen Bundes-tages vom 16. November 2001, der zunächst mit seinenvölkerrechtlichen Grundlagen und verfassungsrechtlichenVorgaben des Grundgesetzes unter Ziffer 1. vorgestelltwird. Für den Einsatz vor Ort waren neben dem vorge-nannten Beschluss des Deutschen Bundestages rechtliche

von den Angehörigen des 1. Deutschen Heereskontin-gents Spezialkräfte (1. DtHKtg SpezKr EF) – im Folgen-den 1. Kontingent – zu beachten. Das von diesen zu be-achtende humanitäre Völkerrecht bzw. Kriegsvölkerrechtwird deshalb zunächst unter Ziffer 2. dargestellt, währenddie diesbezügliche Ausbildung und Vorbereitung des1. Kontingents unter Auswertung beigezogener Akten undZeugenvernehmungen des Ausschusses unter Ziffer 3. er-läutert wird.

1. Beschluss des Bundestages vom 16. November 2001

Aus völkerrechtlicher Sicht hatte der Deutsche Bundestagzu berücksichtigen, dass sich der Einsatz auf das in Arti-kel 51 der UN-Charta anerkannte Recht zur individuellenund kollektiven Selbstverteidigung sowie auf die Feststel-lungen der NATO vom 12. September 2001 sowie 2. und4. Oktober 2001 stützte. Unter verfassungsrechtlichenGesichtspunkten berücksichtigte der Deutsche Bundes-tag, dass der deutsche Beitrag auf Artikel 24 Abs. 2 GGgestützt wurde und die in Afghanistan eingesetzten deut-schen Kräfte den Auftrag hatten, „Führungs- und Ausbil-dungseinrichtungen von Terroristen auszuschalten, Terro-risten zu bekämpfen, gefangen zu nehmen und vorGericht zu stellen sowie Dritte dauerhaft von der Unter-stützung terroristischer Aktivitäten abzuhalten.“ (Bundes-tagsdrucksache 14/7296, Ziffer 3. „Auftrag“, DokumentNr. 3)

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom12. Juli 1994 – 2 BvE 3/92 u. a. – (BVerfGE 90, 285) be-rechtigt die Ermächtigung des Artikel 24 Abs. 2 GG denBund nicht nur zum Eintritt in ein System gegenseitigerkollektiver Sicherheit und zur Einwilligung in damit ver-bundene Beschränkungen seiner Hoheitsrechte. Nach ei-nem der Leitsätze dieses Urteils bietet diese Verfassungs-norm vielmehr auch die verfassungsrechtliche Grundlagefür die Übernahme der mit der Zugehörigkeit zu einemsolchen System typischerweise verbundenen Aufgabenund damit auch für eine Verwendung der Bundeswehr zuEinsätzen, die im Rahmen und nach den Regeln diesesSystems stattfinden. Das Grundgesetz verpflichtet dabeidie Bundesregierung, für einen Einsatz bewaffneterStreitkräfte die – grundsätzlich vorherige – konstitutiveZustimmung des Deutschen Bundestages einzuholen(BVerfGE 90, 286), Leitsatz lit. b), Ziffer 1. und 3. a),NJW 1994, S. 2207).

Mit dem Antrag der Bundesregierung vom 7. November2001 wurde der Deutsche Bundestag aufgefordert, den„Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unter-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 91 – Drucksache 16/10650

stützung der gemeinsamen Reaktion auf terroristischeAngriffe gegen die USA auf Grundlage des Artikels 51der Satzung der Vereinten Nationen und des Artikels 5des Nordatlantikvertrages sowie der Resolutionen 1368(2001) und 1373 (2001) des Sicherheitsrates der Verein-ten Nationen“ zu beschließen (Dokumente Nr. 1, 2).

Die Bundesregierung verwies in diesem Antrag vom7. November 2001 darauf, dass Deutschland sich an einerKoalition aus zahlreichen Staaten der Welt beteilige, diedem Aufruf des Sicherheitsrates der Vereinten Nationengefolgt seien. Zur Bekämpfung des Terrorismus müsstendie Staaten der Koalition in einem langfristigen, strate-gischen Ansatz mit politischen Instrumenten die Be-reitschaft beseitigen, das unheilvolle Wirken solcher Ter-rorgruppierungen zu unterstützen. Die Grundlagen für dieVorbereitung und Durchführung von terroristischenHandlungen im wirtschaftlichen Bereich, auf den Finanz-märkten, beim internationalen Verkehr sowie bei illega-lem Handel mit Waffen, Drogen und auch mit Menschenmüssten entzogen werden. Der Einsatz militärischer Mit-tel sei unverzichtbar, um die terroristische Bedrohung zubekämpfen und eine Wiederholung von Angriffen wie am11. September 2001 nach Möglichkeit auszuschließen.Insbesondere wurde der Deutsche Bundestag aufgefordertzu beschließen, dass er der Beteiligung bewaffneterdeutscher Streitkräfte an der Operation Enduring Free-dom in dem Umfang zustimme, wie es die Bundesregierungam 7. November 2001 auf der Grundlage des Artikel 51 derSatzung der Vereinten Nationen und des Artikel 5 desNordatlantikvertrages sowie der Resolutionen 1368(2001) und 1373 (2001) des Sicherheitsrates der Verein-ten Nationen im Kabinett bereits beschlossen hatte.

Dieser Antrag der Bundesregierung auf Bundestags-drucksache 14/7296 wurde in der 198. Sitzung des Deut-schen Bundestages – nach einer Regierungserklärung desdamaligen Bundeskanzlers hierzu – am 8. November2001 beraten. Der Antrag wurde sodann an den Auswärti-gen Ausschuss federführend, an den Rechtsausschuss,den Verteidigungsausschuss, den Ausschuss für Men-schenrechte und humanitäre Hilfe, den Ausschuss fürwirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zurMitberatung sowie an den Haushaltsausschuss gemäߧ 96 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages(GO-BT) überwiesen. Ausweislich der Beschlussempfeh-lung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zudem Antrag auf Bundestagsdrucksache 14/7447 (Doku-ment Nr. 4) gab der damalige Bundesminister des Aus-wärtigen, Joseph Fischer, im Namen der Bundesregierungin der 85. Sitzung des Auswärtigen Ausschusses am14. November 2001 eine Erklärung zu Protokoll, in der erdem Deutschen Bundestag und den beteiligten Ausschüs-sen eine kontinuierliche Unterrichtung über alle, den Ein-satz bewaffneter deutscher Streitkräfte im Rahmen diesesMandats betreffende Fragen zusicherte. Unter Bezug-nahme auf Ziffer 4. der „Ermächtigung zum Einsatz, Be-ginn und Dauer“ (Bundestagsdrucksache 14/7296, S. 3)sicherte die Bundesregierung zu, einen „bilanzierendenGesamtbericht“ spätestens sechs Monate nach der Zu-stimmung des Deutschen Bundestages für diesen Einsatzbewaffneter deutscher Streitkräfte vorzulegen.

Des Weiteren stellte die Bundesregierung zu Ziffer 3.(„Auftrag“) des Kabinettbeschlusses vom 7. November2001 und zu ihrem diesbezüglichen identischen Antragauf Bundestagsdrucksache 14/7296 klar, dass die dort ge-nannten Operationsziele sich allein gegen das terroristi-sche Netzwerk Bin Ladens, Al Qaida und diejenigen, diees beherbergen oder unterstützen, richteten. Für den Falleiner wesentlichen Abweichung der zahlenmäßigen Auf-gliederung der eingesetzten bewaffneten deutschen Streit-kräfte von den in Ziffer 5. ihres Antrages auf Bundestags-drucksache 14/7296 genannten Werte, die auch denEinsatz von bis zu 100 Spezialkräften umfassten, werdedie Bundesregierung die Fraktionen oder – in Sitzungs-wochen – die Fachausschüsse vorher konsultieren. Dabeiumfasse die Aufgabe des KSK „polizeilich-militärischeAufgaben, wie z. B. Geiselbefreiung, Verhaftungen o. ä.“(Bundestagsdrucksache 14/7447 vom 14. November2001, S. 4, Ziffer III.).

In der in der Sitzung des Auswärtigen Ausschusses am14. November 2001 zu Protokoll gegebenen Erklärungwies der damalige Bundesminister des Auswärtigenschließlich für die Bundesregierung unter anderem daraufhin, dass das Einsatzgebiet (Ziffer 7. des Antrages derBundesregierung, Bundestagsdrucksache 14/7296) weitgefasst werden müsse, um Transport-, Schutz- und Siche-rungsmaßnahmen im Gebiet gemäß Artikel 6 des Nordat-lantikvertrages und den Seegebieten Nord-Ost-Afrikassowie eine flexible Stationierung der bewaffneten deut-schen Streitkräfte in der Nähe des Konfliktherdes zu er-möglichen. Die letztendliche Entscheidung über den kon-kreten Einsatz der deutschen bewaffneten Streitkräfteliege ausschließlich bei der Bundesregierung (Bundes-tagsdrucksache 14/7447, S. 4).

Der Auswärtige Ausschuss nahm die durch den Bundesmi-nister des Auswärtigen für die Bundesregierung zu Proto-koll gegebene Erklärung zustimmend zur Kenntnis undempfahl dem Plenum des Deutschen Bundestages in derBeschlussempfehlung auf Bundestagsdrucksache 14/7447ebenso wie der mitberatende Verteidigungsausschuss,Rechtsauschuss, Ausschuss für Menschenrechte und hu-manitäre Hilfe sowie der Ausschuss für wirtschaftlicheZusammenarbeit und Entwicklung, jeweils mit den Stim-men der Fraktionen der SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen der Fraktionder PDS, dem Antrag der Bundesregierung auf Bundes-tagsdrucksache 14/7296 zuzustimmen.

In Verbindung mit der Abstimmung zu diesem Antrag derBundesregierung legte der damalige BundeskanzlerGerhard Schröder auf Bundestagsdrucksache 14/7440 mitDatum vom 13. November 2001 einen Antrag vor, mitdem er die Abstimmung zum Einsatz bewaffneter deut-scher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsamenReaktion auf terroristische Angriffe gegen die USA mitder Vertrauensfrage zu seiner Politik gemäß Artikel 68Abs. 1 Satz 1 GG verband. Nach dieser Verfassungsnormkann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanz-lers den Bundestag auflösen, wenn ein derartiger Antrag,ihm das Vertrauen auszusprechen, nicht die Zustimmungder Mehrheit der Mitglieder des Bundestages findet.

Drucksache 16/10650 – 92 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Die Fraktion der CDU/CSU legte in diesem Zusammen-hang zu der Beratung des Antrags der Bundesregierung– Bundestagsdrucksache 14/7296 – und die diesbezügli-che Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses– Bundestagsdrucksache 14/7447 – ihren Entschließungs-antrag auf Bundestagsdrucksache 14/7512 vom 16. No-vember 2001 (Dokument Nr. 5) vor. Hierin wurde die Ver-knüpfung der Vertrauensfrage nach Artikel 68 GG mit derAbstimmung über den Einsatz bewaffneter deutscherStreitkräfte aus dem Grund abgelehnt, weil ein zustim-mendes Votum hierzu als eine Vertrauenserklärung für diegesamte Politik des damaligen Bundeskanzlers, GerhardSchröder, gewertet worden wäre. In den Vordergrund der202. Sitzung des Deutschen Bundestages am 16. Novem-ber 2001 war damit die Abstimmung über die Vertrauens-frage des Bundeskanzlers getreten, sodass die Fraktionender CDU/CSU und FDP sich veranlasst sahen, trotz ihrerpositiven Voten zum konkreten Streitkräfteeinsatz in denFachausschüssen wegen der Verbindung der Sachfragemit der Vertrauensfrage mit Nein zu stimmen. Bei derAbstimmung über die verbundenen Anträge von Bundes-regierung und Bundeskanzler sowie die Beschlussemp-fehlung des Auswärtigen Ausschusses stimmten nament-lich von insgesamt 662 abgegebenen Stimmen, bei keinerEnthaltung, 336 Abgeordnete mit Ja und 326 mit Nein(Stenografischer Bericht, Plenarprotokoll 14/202,S. 19893 A/C, Dokument Nr. 6).

Konstitutiv, auch für den Einsatz des Kommandos Spe-zialkräfte (KSK), war damit der Beschluss vom 16. No-vember 2001, mit dem der Deutsche Bundestag demAntrag der Bundesregierung vom 7. November 2001 zu-stimmte. In dem Antrag der Bundesregierung zum Ein-satz bewaffneter Streitkräfte bei der Unterstützung dergemeinsamen Reaktion auf terroristische Angriffe gegendie USA heißt es:

„(…) Diese Operation hat zum Ziel, Führungs- und Aus-bildungseinrichtungen von Terroristen auszuschalten,Terroristen zu bekämpfen, gefangen zu nehmen und vorGericht zu stellen sowie Dritte dauerhaft von der Unter-stützung terroristischer Aktivitäten abzuhalten. Deutschebewaffnete Streitkräfte tragen dazu mit ihren Fähigkeitenbei. Der Beitrag schließt auch Leistungen zum Zweck hu-manitärer Hilfe ein. (…)“ (Bundestagsdrucksache 14/7296,Ziffer 3)

2. Die Regelungen des humanitären Völkerrechts

Grundlage der Regelungen für den Einsatz des Komman-dos Spezialkräfte (KSK) war im Untersuchungszeitraumneben den konkreten Vorgaben im Mandat des DeutschenBundestages vom 16. November 2001 vor allem das hu-manitäre Völkerrecht. Der Untersuchungsausschuss hatzu den Einsatzregeln und rechtlichen Grundlagen desEinsatzes des Kommandos Spezialkräfte (KSK) auch dendamaligen Leiter der Abteilung Recht im Bundesministe-rium der Verteidigung als Zeugen in seiner Sitzung am24. Oktober 2007 vernommen. Nach dessen Ausführun-gen hatte die Abteilung Recht zusammen mit dem Füh-rungsstab der Streitkräfte (Fü S) die jeweiligen Anträge

der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag für dieEinsätze vorbereitet und Abstimmungen mit dem Aus-wärtigen Amt und weiteren Ressorts herbeigeführt. Zuder Ziffer 4. des Untersuchungsauftrages erklärte derZeuge, er könne zu der Frage, welche Einsätze die Ein-satzkontingente der Spezialkräfte von ca. November 2001bis ca. November 2002 durchgeführt und nach welchenEinsatzregeln sie hierbei gehandelt haben, keine Angabenmachen, da ihm selbst keine Einsätze in dem fraglichenZeitraum bekannt seien und er bereits am 1. April 2002aus dem Dienst ausgeschieden sei. Er könne nur Allge-meines zu den Einsatzregeln sagen, die die AbteilungRecht nach dem Beschluss des Deutschen Bundestageszur Operation Enduring Freedom unter anderem durchsogenannte Rechtsberater-Briefe noch einmal in Erinne-rung gebracht habe. Die Abteilung Recht des Bundes-ministeriums der Verteidigung habe seinerzeit einenRechtsberater-Brief herausgegeben, in dem noch einmalausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass die Regelndes humanitären Völkerrechts auch für den Einsatz imRahmen der Operation Enduring Freedom gelten. Diessei hierfür natürlich nur eine Bestätigung, aber auch nocheinmal ein Hinweis gewesen, „dass sie gegenüber Frei-schärlern, gegenüber Terroristen, gegenüber den Talibangenauso zu gelten haben.“ (Stenografisches ProtokollNr. 18, Teil II, S. 18).

a) Das humanitäre Völkerrecht

Auf das beim Einsatz zu beachtende humanitäre Völker-recht verwies das Bundesministerium der Verteidigungnach den Feststellungen des Untersuchungsausschussesbereits Ende 2001 in einem Rechtsberater-Brief. In die-sem Rechtsbrater-Brief 40/2001 vom 13. November 2001wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Rahmender Operation Enduring Freedom das humanitäre Völker-recht zu beachten sei. Hierin wurde ausgeführt, dass dashumanitäre Völkerrecht dem Schutz des Menschen in be-waffneten Konflikten diene, indem es das Verhalten deram Konflikt beteiligten Parteien festen Regeln unter-werfe. Der früher verwendete Begriff des „Kriegsvölker-rechts“ sei nicht mehr zeitgemäß, da es in der politischenWirklichkeit „erklärte Kriege“ im klassischen Sinnekaum mehr gebe. Spätestens seit den Zusatzprotokollenvon 1977 zu den Genfer Abkommen spreche man über-wiegend von „bewaffneten Konflikten“. Die Zusatzproto-kolle umfassten sowohl den Schutz und die Behandlungdes einzelnen Menschen als auch die Regeln über die Me-thoden und Mittel der Kriegsführung, die letztlich auchzum Ziel hätten, das mit bewaffneten Konflikten notwen-digerweise verbundene Leid soweit wie möglich zubegrenzen. Als Rechtsgrundlagen für den Einsatz imRahmen der Operation Enduring Freedom wurden imRechtsberater-Brief 40/2001 angeführt:

– die vier Genfer Abkommen (1949) und

– die dazu ergangenen zwei Zusatzprotokolle (1977),

– die Haager Abkommen von 1907,

– das VN-Waffenübereinkommen und seine Protokollesowie

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 93 – Drucksache 16/10650

– diverse andere Waffenverbote,

– die Konvention zum Schutz von Kulturgut in bewaff-neten Konflikten (1954) und

– das Völkergewohnheitsrecht auf diesem Gebiet.

(BMVg, Rechtsberater-Brief 40/2001 vom 13. November2001, S. 2; MAT 16 – 14, Anlage 07)

In diesem Rechtsberater-Brief wurde ausdrücklich daraufhingewiesen, dass das humanitäre Völkerrecht im inter-nationalen und nicht-internationalen bewaffneten Kon-flikt zur Anwendung komme. Ein internationaler bewaff-neter Konflikt liege vor, sobald eine Konfliktpartei gegeneine andere Konfliktpartei Waffengewalt einsetze. Es rei-che nicht aus, wenn Einzelpersonen mit militärischer Ge-walt vorgingen. Unerheblich sei, ob die Konfliktparteiensich als im bewaffneten Konflikt befindlich betrachteten(BMVg, Rechtsberater-Brief 40/2001 vom 13. November2001, S. 2; MAT 16 – 14, Anlage 07). In diesem Zusam-menhang wurde auch auf einzelne Prinzipien des humani-tären Völkerrechts hingewiesen, insbesondere denGrundsatz der ständigen Unterscheidung zwischen militä-rischen Zielen sowie zivilen Objekten und Personen, demVerbot unterschiedloser Angriffe, den Grundsatz der mili-tärischen Notwendigkeit, den Grundsatz der Verhältnis-mäßigkeit und schließlich das Gebot der Menschlichkeit.Bereits einleitend wies das Bundesministerium der Ver-teidigung darauf hin: „Deutsche Soldaten, die sich nachder Zustimmung des Deutschen Bundestages zur deut-schen Beteiligung an der Operation ENDURINGFREEDOM zur Bekämpfung des internationalen Terro-rismus beteiligen, haben gegenüber den Taliban und Mit-gliedern des internationalen Terrorismus diese Regeln an-zuwenden und zu beachten.“

b) Die Anwendung des humanitären Völkerrechts im Einzelnen

Auf Seite 3 des Rechtsberater-Briefes 40/2001 wurde ins-besondere verdeutlicht, dass im Falle der Teilnahme aneinem internationalen Konflikt sich aus dem oben darge-stellten humanitären Völkerrecht für den Soldaten Beson-derheiten im Hinblick auf seine Rechte, Pflichten und sei-nen Status ergeben. Zunächst wurde unter Ziffer 1. derKombattantenstatus definiert: Hiernach sind Kombattan-ten alle Personen, die sich unmittelbar an Kampfhandlun-gen beteiligen dürfen, in erster Linie also Angehörige derStreitkräfte und Angehörige der in die Streitkräfte einge-gliederten Milizen und Freiwilligenkorps. Als Kombat-tant darf der Soldat der Gegenseite als legitimes militäri-sches Ziel bekämpft werden. Wenn er auf Grund vonVerwundung, Krankheit oder Gefangenschaft außer Ge-fecht gerät, stehen ihm umfangreiche Schutzrechte nachden Genfer Abkommen zu. Zum Beispiel steht er alsKriegsgefangener unter dem Schutz des III. Genfer Ab-kommens. Danach darf er unter anderem für seineMitwirkung an erlaubten Kriegshandlungen nicht zurVerantwortung gezogen werden. Nach Beendigung derKampfhandlungen sind Kriegsgefangene unverzüglichfreizulassen und heim zu schaffen. Verwundete, Krankeund Schiffbrüchige sind unter allen Umständen zu scho-

nen und zu schützen; jeder Angriff auf sie ist verboten;sie sind mit Menschlichkeit zu behandeln und zu pflegen(I. Genfer Abkommen).Unter Ziffer 2. des Rechtsberater-Briefes 40/2001 wurdeausdrücklich auf Folgendes hingewiesen:„Zivilpersonen, die sich unberechtigt an Kampfhandlun-gen beteiligen (z. B. Söldner, Guerilleros, Terroristen)sind Freischärler und dürfen mit militärischen Mitteln be-kämpft werden. Sie haben nicht den Status von Kombat-tanten. Im Falle ihrer Gefangennahme haben jedoch auchsie bestimmte Grundgarantien, die das Recht auf mensch-liche Behandlung und ein ordentliches Gerichtsverfahreneinschließen (Artikel 45 und 75 des Zusatzprotokolls Ivon 1977 zu den vier Genfer Abkommen von 1949).“(BMVg, Rechtsberater-Brief 40/2001 vom 13. November2001, S. 2, Ziffer 2.; MAT 16 – 14, Anlage 07)Der Einsatz von Kampfmitteln und Kampfmethodenwurde unter Ziffer 3. des Rechtsberater-Briefes 40/2001geregelt. Hiernach war es verboten, Mittel und Methodenanzuwenden, die dazu bestimmt oder geeignet sind, über-flüssige Verletzungen oder unnötige Leiden zu verursa-chen, sowie ausgedehnte, lang anhaltende und schwereSchäden der natürlichen Umwelt zu verursachen. Völker-vertragliche Waffenverbote (z. B. B- und C-Waffen) undEinsatzbeschränkungen waren zu beachten. Nach Ziffer4. des Rechtsberater-Briefes 40/2001 umfasste das Gebotder ständigen Unterscheidung von militärischen Zielenund zivilen Objekten unter anderem: Schonung undSchutz von Zivilpersonen, die nicht an Kampfhandlungenteilnehmen, Vorkehrungen zum Schutz der Zivilbevölke-rung bei Angriffen, das Verbot von unterschiedlosenAngriffen und das Verbot von Kollateralschäden, die inkeinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmit-telbaren militärischen Vorteil stehen. Schließlich durftenach Ziffer 5. dieses Rechtsberater-Briefes 40/2001 einmilitärischer Vorteil nicht mit verbotenen Mitteln gesuchtwerden: Hiernach stellt das humanitäre Völkerrecht einenKompromiss zwischen militärischen und humanitären Er-fordernissen dar. Eine Ausnahme von einem sonst vorge-schriebenen Verhalten aus Gründen der militärischenNotwendigkeit ist nur dann erlaubt, wenn eine Regel deshumanitären Völkerrechts diese Möglichkeit ausdrück-lich vorsieht.Abschließend erfolgte auf Seite 4 des Rechtsberater-Brie-fes 40/2001 der Hinweis, dass Soldaten der Bundeswehrim Rahmen der Grundausbildung, in den Laufbahnlehr-gängen und durch regelmäßige Fortbildungsveranstaltun-gen über die Inhalte des humanitären Völkerrechts unter-richtet werden. In diesem Zusammenhang wurde auch auf§ 33 des Soldatengesetzes verwiesen, der folgendenWortlaut hat:„§ 33 Staatsbürgerlicher und völkerrechtlicher Unterricht(1) Die Soldaten erhalten staatsbürgerlichen und völker-rechtlichen Unterricht. Der für den Unterricht verantwort-liche Vorgesetzte darf die Behandlung politischer Fragennicht auf die Darlegung einer einseitigen Meinung be-schränken. Das Gesamtbild des Unterrichts ist so zu ge-stalten, dass die Soldaten nicht zu Gunsten oder zuUngunsten einer bestimmten politischen Richtung beein-flusst werden.

Drucksache 16/10650 – 94 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

(2) Die Soldaten sind über ihre staatsbürgerlichen undvölkerrechtlichen Pflichten und Rechte im Frieden undim Krieg zu unterrichten.“

Des Weiteren wurde aufgeführt, dass das deutsche Be-fehlsrecht sicherstelle, dass Vorgesetzte und Untergebenedas humanitäre Völkerrecht bei der Befehlsgebung undbei der Ausführung von Befehlen beachten. Die Taschen-karte „Humanitäres Völkerrecht in bewaffneten Konflik-ten“ (Anlage zum Rechtsberater-Brief 40/2001), die vonjedem Soldaten im Einsatz mitzuführen ist, beinhaltet diegrundlegenden Regeln.

In diesem Sinne erklärte der ehemalige Leiter der Abtei-lung „Spezialoperationen“ im Einsatzführungskommandodem Untersuchungsausschuss zur Anwendung des huma-nitären Völkerrechts im Einsatz:

„(…) Es gilt das humanitäre Völkerrecht. All diese Dingesind in diesen Weisungen noch einmal explizit erwähnt,sodass das aus meiner Sicht zusammen mit der Rechts-ausbildung, die das jeweilige Kontingent durch die Ver-treter der Abteilung Recht bzw. durch den leitendenRechtsberater des Einsatzführungskommandos erhaltenhat, aus meiner Sicht ausreichend klar geregelt war. (…)“(Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 2).

3. Die rechtliche Unterweisung der Einsatzkontingente Spezialkräfte

Die Einsatzkontingente Spezialkräfte wurden seitens desBundesministeriums der Verteidigung rechtlich einge-hend auf den Afghanistaneinsatz vorbereitet. Hierzu hatder Untersuchungsausschuss auch den damaligen Kom-mandeur des KSK als Zeugen vernommen. Nach denFeststellungen des Ausschusses wurden in Calw speziellerechtliche Unterweisungen für die jeweiligen Kon-tingente zur Vorbereitung ihres Einsatzes vor Ort inAfghanistan durchgeführt. Der ehemalige Leiter der Ab-teilung „Spezialoperationen“ im Einsatzführungskom-mando bestätigte dem Untersuchungsausschuss, dass dieAngehörigen des jeweiligen Kontingents des KSK durcheinen Vertreter der Abteilung Recht des Bundesministeri-ums der Verteidigung eine Unterweisung im Kriegsvöl-kerrecht erhielten (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II,S. 15). Dies erfolgte in der Regel durch die Einsatzrecht-Referenten der Abteilung Recht des Bundesministeriumsder Verteidigung. Die Soldaten wurden dabei auch überdie geltenden internationalen und nationalen Regelungenund Handlungsanweisungen über Festnahmen und dieBehandlung von in Gewahrsam genommenen Personenunterrichtet. Im Anschluss daran stand die AbteilungRecht dem KSK auch im Rahmen der den Einsatz inAfghanistan begleitenden Rechtsberatung zur Verfügung(vgl. Bundestagsdrucksache 16/6282, S. 4; DokumentNr. 26).

a) Die Vorbereitung in CalwZu Fragen der rechtlichen Einweisung der Soldaten in dashumanitäre Völkerrecht und speziellen Verhaltensmaß-regeln vor Ort in Afghanistan hat der Untersuchungs-ausschuss auch den damaligen Unterabteilungsleiter der

Rechtsabteilung vernommen. Der Zeuge bestätigtehierzu, dass die erste Einweisung am 6. Dezember 2001durch den verantwortlichen Referenten durchgeführt undeine weitere Einweisung am 5. Februar und 1. Juli 2002erfolgt sei (Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II,S. 22).

Der Zeuge erläuterte dem Ausschuss, dass jeder Soldatim Rahmen seiner beruflichen Ausbildung in Fragen desVölkerrechts unterrichtet und durch die Zentrale Dienst-vorschrift (ZDv) 15/2 „Humanitäres Völkerrecht in be-waffneten Konflikten – Handbuch –“ verpflichtet werde,auch ohne Einweisung das Völkerrecht im Rahmen so-wohl von internationalen bewaffneten Konflikten alsauch sonstigen bewaffneten Einsätzen zu beachten; dassei kein Novum gewesen (Stenografisches ProtokollNr. 19, Teil II, S. 22). Die Abteilung Recht des Bundes-ministeriums der Verteidigung sei dafür zuständig gewe-sen, diesbezüglich die verfassungsrechtlichen und völker-rechtlichen Rahmenbedingungen zu klären. Darüberhinaus sei die Abteilung Recht dafür zuständig gewesen,der militärischen Seite rechtliche Fragen zu beantworten.Auch sei der Einsatz dahingehend vorbereitet worden,dass dem Kommando Spezialkräfte (KSK) vermitteltworden sei, welche völker- und verfassungsrechtlichenRahmenbedingungen bestanden hätten (StenografischesProtokoll Nr. 19, Teil II, S. 25). Hierzu erläuterte derZeuge dem Untersuchungsausschuss, dass direkt vor Ortin Calw versucht worden sei, den Soldaten des KSK dievölkerrechtliche Lage darzustellen. In diesem Zusam-menhang sei ihnen insbesondere nahegelegt worden, inihren Beiträgen zur Operation Enduring Freedom sichdarauf zu beschränken, keine eigenen Gefangenen zu ma-chen, „sondern nur Beiträge zu leisten, die es anderenStreitkräften ermöglichen, in eigener Verantwortung dieszu tun“ (Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II, S. 22).Der Zeuge verwies auch darauf, dass das Bundesministe-rium dafür Sorge getragen habe, dass die Angehörigender Einsatzkontingente Spezialkräfte im Besitz der soge-nannten Taschenkarte zum humanitären Völkerrecht wa-ren und die Abteilung Recht dem KSK für Rechtsfragenhierzu ihren Einsatz begleitend zur Verfügung gestandenhabe (Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II, S. 25).

b) Die „Taschenkarte“Für eine mögliche deutsche Beteiligung an der OperationEnduring Freedom wurde mit dem Rechtsberater-Brief40/2001 der Text der Taschenkarte „Humanitäres Völker-recht in bewaffneten Konflikten“ in deutscher und engli-scher Sprache nochmals bekannt gegeben. DieseTaschenkarte enthielt die grundlegenden Regeln, die ineinem internationalen bewaffneten Konflikt Anwendungfinden. Insbesondere wurde in diesem Rechtsberater-Brief vom 13. November 2001 darauf hingewiesen, dassdeutsche Soldaten, die sich an der Operation EnduringFreedom beteiligen, diese Regeln gegenüber den Talibanund Mitgliedern des internationalen Terrorismus anzu-wenden haben. Nach Aussage des damaligen Abteilungs-leiters Recht im Bundesministerium der Verteidigungsind die Rechtsberater-Briefe nicht nur den Rechtsbera-tern in der Truppe, sondern auch den an Auslandseinsät-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 95 – Drucksache 16/10650

zen beteiligten Abteilungen zugeleitet worden (ProtokollNr. 18, Teil II, S. 21).

Zahlreiche im Ausschuss als Zeugen vernommene Ange-hörige des 1. Kontingents bestätigten, im Besitz einer der-artigen Taschenkarte gewesen zu sein (vgl. z. B. Stenogra-fisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 45). Hierzu sagte auchder damalige Leiter der Abteilung „Spezialoperationen“im Einsatzführungskommando aus:

„Die Taschenkarten sind nach meiner Kenntnis bei denSoldaten verfügbar gewesen.“ (Stenografisches ProtokollNr. 5, Teil II, S. 15)

Die mit dem Rechtsberater-Brief 40/2001 bekannt gege-bene Taschenkarte wies das Datum „Juni 1996“ aus undwar mit dem Hinweis versehen: „Die Taschenkarte gehörtin die Hand aller Angehörigen der Bundeswehr. Sie ist,soweit nicht anders befohlen, bei jedem Auslandseinsatzin der äußeren linken Brusttasche des Kampfanzuges mit-zuführen.“ Auf insgesamt sieben DIN-A6-Seiten dieserTaschenkarte wurden kurz und prägnant „Aufgaben undAnwendungsbereich“ sowie „Rechtsgrundlagen“ des hu-manitären Völkerrechts dargestellt sowie „Völkerrechtli-che Begriffe“ erklärt. Hierbei wurde in den AllgemeinenGrundsätzen für das Verhalten des Soldaten in bewaffne-ten Konflikten davon ausgegangen, dass nur „Kombattan-ten“ berechtigt seien, an Kampfhandlungen teilzuneh-men. Die Taschenkarte enthielt schließlich auf ihrenSeiten 4 bis 7 Hinweise zum: „Schutz der Zivilbevölke-rung“, „Kampfmittel und Kampfmethoden“, „Schutz derVerwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen“, „Interna-tionale Schutzzeichen“ und „Schutz der Kriegsgefange-nen“. Im Einzelnen enthielt die Taschenkarte für alle An-gehörigen der Bundeswehr im Auslandseinsatz folgendeErklärungen und Verhaltensregeln:

„Aufgaben und Anwendungsbereich

Das humanitäre Völkerrecht dient dem Schutz des Men-schen in bewaffneten Konflikten, indem es das Verhaltender am Konflikt beteiligten Staaten bestimmten Regelnunterwirft. Sobald ein Staat gegen einen anderen StaatWaffengewalt einsetzt, gelangt das humanitäre Völker-recht zur Anwendung. Auch in internen bewaffnetenKonflikten, z. B. in einem Bürgerkrieg, gelten die grund-legenden Garantien des humanitären Völkerrechts alsMindestschutzbestimmungen.

Rechtsgrundlagen

Die Rechtsgrundlagen für die Verhaltensregeln in bewaff-neten Konflikten finden sich in einer Vielzahl von völker-rechtlichen Verträgen, insbesondere in den

– Haager Abkommen von 1907 (Haager Landkriegsord-nung),

– Genfer Abkommen von 1949,

– Zusatzprotokollen I und II von 1977 zu den GenferAbkommen.

Völkerrechtliche Begriffe

Kombattanten: Kombattanten sind alle Personen, die sichunmittelbar an Kampfhandlungen beteiligen dürfen, z. B.

die Angehörigen der Streitkräfte sowie die in die Streit-kräfte eingegliederten Milizen und Freiwilligenkorps.

Repressalien: Repressalien sind Vergeltungsmaßnahmen,die ein Staat ausnahmsweise gegen einen anderen Staatanwenden darf, um diesen zur Einstellung von Völker-rechtsverletzungen zu bewegen. Wegen ihrer politischenund militärischen Tragweite dürfen Repressalien seitensder deutschen Streitkräfte nur von der Bundesregierungangeordnet werden.

Heimtücke (Perfidie): Als heimtückisch gelten Handlun-gen, durch die der Gegner verleitet wird, auf eine völker-rechtliche Schutzsituation zu vertrauen, um ihn dannüberraschend anzugreifen, z. B. das Vortäuschen vonKampfunfähigkeit oder der Absicht, unter einer Parla-mentärflagge zu verhandeln.

Allgemeine Grundsätze für das Verhalten des Soldaten inbewaffneten Konflikten

Nur Kombattanten sind berechtigt, an Kampfhandlungenteilzunehmen. Kampfhandlungen dürfen sich nur gegendie Streitkräfte des Gegners und andere militärische Zielerichten, nicht jedoch gegen die Zivilbevölkerung oder zi-vile Objekte. Unterschiedslose Angriffe sind daher verbo-ten.

Militärische Ziele dürfen nicht bekämpft werden, wennder zu erwartende militärische Vorteil in keinem Verhält-nis zu den Verlusten in der Zivilbevölkerung und/oderSchäden an zivilen Objekten steht.

Die Streitkräfte haben kein unbeschränktes Recht in derWahl der Mittel und Methoden der Kampfführung.

Nur diejenige Gewaltanwendung ist erlaubt, die zur Nie-derwerfung des Gegners erforderlich ist. Der wehrloseoder sich ergebende Gegner darf nicht mehr bekämpftwerden.

Die Berufung auf ,militärische Notwendigkeit’ rechtfer-tigt grundsätzlich keine Durchbrechung der Regeln deshumanitären Völkerrechts.

Kampfhandlungen dürfen nicht gegen Personen und Ob-jekte gerichtet werden, die unter dem Schutz des RotenKreuzes oder anderer Schutzzeichen stehen.

Jeder einzelne Soldat ist persönlich für die Einhaltung derRegeln des humanitären Völkerrechts verantwortlich.Vorgesetzte dürfen Befehle nur unter Beachtung der Re-geln des Völkerrechts erteilen.

Schutz der Zivilbevölkerung

Zivilpersonen dürfen nicht an Kampfhandlungen teilneh-men.

Zivilpersonen, die nicht an Kampfhandlungen teilneh-men, sind zu schonen und zu schützen. Sie dürfen wederangegriffen noch getötet, verwundet oder gefangengenommen werden. Repressalien gegen die Zivilbevölke-rung sind verboten, ebenso Geiselnahme, Kollektivstra-fen, Plünderungen sowie Maßnahmen zur Einschüchte-rung oder Terrorisierung.

Drucksache 16/10650 – 96 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Zivilpersonen dürfen nicht benutzt werden, um Kampf-handlungen von bestimmten Punkten oder Gebieten fern-zuhalten.

Bei einem Angriff auf ein militärisches Ziel sind alle erfor-derlichen Vorkehrungen zu treffen, um die Zivilbevölke-rung, die sich im Bereich oder in unmittelbarer Nähe desObjekts befindet, möglichst zu schonen. Wenn möglich, istdie Zivilbevölkerung vor einem Angriff zu warnen.

Die für die Zivilbevölkerung lebensnotwendigen Objekte(z. B. Trinkwasserversorgungsanlagen) dürfen nicht zer-stört werden.

Eine Internierung von Zivilpersonen ist nur ausnahms-weise zulässig.

Personal und Material/Gebäude der Zivilschutzorganisa-tionen werden geschont und geschützt.

Das internationale Schutzzeichen des Zivilschutzes be-steht aus einem gleichseitigen blauen Dreieck auf orange-farbenem Grund.

Kampfmittel und Kampfmethoden

Es ist verboten, Mittel oder Methoden anzuwenden, diedazu bestimmt oder geeignet sind überflüssige Verletzun-gen oder unnötige Leiden zu verursachen (z. B. Dum-Dum-Geschosse), ausgedehnte, lang anhaltende undschwere Schäden der natürlichen Umwelt zu verursachen.

Militärische Ziele und Zivilpersonen oder zivile Objekteunterschiedslos zu schädigen.

Die Verwendung chemischer Waffen (z. B. Giftgas) undbakteriologischer Kampfmittel ist verboten.

Anlagen und Einrichtungen, die gefährliche Kräfte ent-halten (Staudämme, Deiche, Kernkraftwerke), dürfengrundsätzlich nicht angegriffen werden.

Schutz der Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen

Verwundete, Kranke und Schiffbrüchige sind unter allenUmständen zu schonen und zu schützen. Jeder Angriffauf ihr Leben oder ihre Person ist verboten. Sie sind mitMenschlichkeit zu behandeln und zu pflegen. Repressa-lien gegen sie sind verboten.

Aus anderen als medizinischen Gründen darf kein Unter-schied zwischen ihnen gemacht werden.

Ortsfeste Einrichtungen, Fahrzeuge und beweglicheTruppenteile des Sanitätsdienstes dürfen ausnahmslosnicht bekämpft werden. Ihre ungestörte Tätigkeit ist je-derzeit zu gewährleisten.

Schutzzeichen für das Sanitätspersonal sowie für Sani-tätseinrichtungen ist das rote Kreuz auf weißem Grund.Anstelle des roten Kreuzes ist auch der rote Halbmondzugelassen.

Der Missbrauch der Schutzzeichen ist ausdrücklich unter-sagt.

Schutz der Kriegsgefangenen

Fallen Kombattanten in die Hand des Gegners, werdensie Kriegsgefangene. Sie dürfen wegen ihrer Mitwirkung

an erlaubten Kriegshandlungen nicht zur Verantwortunggezogen werden. Völkerrechtsverletzungen dürfen jedochnach dem Recht des Gewahrsamsstaates bestraft werden.

Kriegsgefangene haben Anspruch auf eine menschenwür-dige Behandlung, insbesondere auf Achtung ihrer Personund ihrer Ehre.

Unmittelbar nach ihrer Gefangennahme, spätestens abereine Woche nach ihrer Ankunft im Lager, erhaltenKriegsgefangene Gelegenheit, ihre Familie und die Zen-tralauskunftsstelle beim Internationalen Komitee vomRoten Kreuz (19, Avenue de la Paix, CH-1202 Genf)schriftlich von ihrer Gefangennahme zu unterrichten.

Kriegsgefangene dürfen nicht als menschliche Schutz-schilder benutzt werden, um Kampfhandlungen von stra-tegisch wichtigen Punkten fernzuhalten.

Unterschiede nach Rasse, Nationalität, Religion oder auspolitischen Gründen sind unzulässig.

Repressalien gegenüber Kriegsgefangenen sind untersagt.

Die Gewahrsamsmacht hat für genügende Verpflegung,Bekleidung und ärztliche Pflege zu sorgen. Übergriffe derZivilbevölkerung auf Kriegsgefangene sind zu unterbin-den.

Bei Vernehmungen ist jeder Kriegsgefangene nur ver-pflichtet, seinen Namen, Vornamen, Dienstgrad, sein Ge-burtsdatum und seine PK-Ziffer zu nennen.

Nach Beendigung der Kampfhandlungen sind alleKriegsgefangenen unverzüglich freizulassen und heim zuschaffen.

Schutz von Kulturgut

Das Abkommen zum Schutz von Kulturgut bei bewaffne-ten Konflikten vom 14. Mai 1954 bestimmt, dass beweg-liches oder unbewegliches Gut, welches für das kulturelleErbe aller Völker von großer Bedeutung ist (z. B. Bau-,Kunst- oder geschichtliche Denkmäler, religiöse Kultstät-ten, Bücher, wissenschaftliche Sammlungen) weder ange-griffen noch sonstwie beschädigt werden darf.

Weiterhin ist verboten, solche Objekte zur Unterstützungdes militärischen Einsatzes zu verwenden, sie widerrecht-lich in Besitz zu nehmen, zu beschlagnahmen oder zu zer-stören. Ausnahmen sind nur in Fällen zwingender militä-rischer Notwendigkeit zulässig.

In keinem Fall darf Kulturgut zum Gegenstand von Re-pressalien gemacht werden.

Geschütztes Kulturgut wird durch ein blau-weisses, mitder Spitze nach unten zeigendes Schild gekennzeichnet.

Besonders bedeutsame Denkmalsorte und Unterbrin-gungsorte für Kulturgut von sehr hoher Bedeutung, die indas ,Internationale Register für Kulturgut unter Sonder-schutz’ eingetragen sind, können durch das Schutzzei-chen in dreifacher Wiederholung gekennzeichnet werden.

Ebenso sind Transport von Kulturgut und das mit demSchutz dieser Objekte betraute Personal vor jeglicherfeindlicher Handlung geschützt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 97 – Drucksache 16/10650

Wird Kulturgut militärisch genutzt, verliert es seinenSchutz und wird militärisches Ziel. Es ist trotzdem nachMöglichkeit zu schonen.“(Anlage zum Rechtsberater-Brief 40/2001, MAT 16 – 14,Anlage 07)

Vor diesem Hintergrund erklärte der ehemalige Leiter derAbteilung „Spezialoperationen“ im Einsatzführungskom-mando zur rechtlichen Vorbereitung auf den Einsatz desKommandos Spezialkräfte (KSK):

„(…) Vor dem ersten Einsatz unseres Kontingentes gab esausreichende Klarheit für mich als den Abteilungsleiter,den Befehlshaber, als den verantwortlichen operativenFührer und den Kontingentführer, als den Mann im Ein-satz, wie wir uns zu verhalten haben. (…)“ (Stenografi-sches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 29)

4. Einsatzregeln des KSK für Gefangennahmen

Zu den Einsatzregeln für Gefangennahmen erklärte derdamalige Kontingentführer in der 4. Sitzung des Untersu-chungsausschusses, er habe Anfang 2002 beim Einsatz-führungskommando angefragt, wie möglicherweise beianstehenden Gefangennahmen zu verfahren sei:

„(…) Mir wurde (…) die Auflage gemacht: Ihr könnt Per-sonen festsetzen, sie sind aber unmittelbar an die Ameri-kaner zu übergeben. Wir Deutsche machen keine Gefan-genen. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III,S. 6)

„(…) Die Einsatzregeln entsprachen den diesbezüglichenEinsatzverfahren des KSK. Eine Festsetzung von Perso-nen war dann erlaubt, wenn diese unmittelbar danach inamerikanische Hände übergeben wurden. Oder mit ande-ren Worten: Eine Gefangennahme durch deutsche Solda-ten war nicht erlaubt. (…)“ (Stenografisches ProtokollNr. 4, Teil III, S. 2).

Die Verhaltensmaßregel, keinen Gewahrsam an Gefange-nen zu begründen und diese bei Festnahmen den US-Kräften zu übergeben, wurde auch durch den damaligenLeiter der Abteilung „Spezialoperationen“ im Einsatzfüh-rungskommando in der darauffolgenden Sitzung bestä-tigt:

„(…) Ich sagte ja anfangs schon einmal, dass wir uns mitbesonderer Intensität der Frage Behandlung von Gefange-nen gewidmet haben, dass es dazu ausführliche Stellung-nahmen auch des leitenden Rechtsberaters und der Abtei-lung R gab und dass der Kontingentführer sicher seinkonnte, dass wir keine Gefangenen selbst in Gewahrsamnehmen und dass wir uns auch logischerweise mit derenBehandlung nicht beschäftigen. (…)“ (StenografischesProtokoll Nr. 5, Teil II, S. 19)

Bei sogenannten Festgehaltenen habe für deutsche Solda-ten stets der gleiche bereits dargestellte Grundsatz gegol-ten, keinen eigenen Gewahrsam zu begründen. Wenndiesbezüglich Fragen entstanden seien, sei schon im Vor-feld bei ihm im Einsatzführungskommando entsprechendnachgefragt worden. Hierzu sagte er aus:

„(…) Dann war im Prinzip klar, dass wir kein eigenes Ge-wahrsam begründen, dass wir als Teil einer multinationa-len Operation eine Arbeitsteilung betreiben (…) Gefan-gene, die wir ja nicht gemacht haben, wären von uns andas amerikanische Personal, das an der Operation betei-ligt war, übergeben worden.“ (Stenografisches ProtokollNr. 5, Teil III, S. 2.)

„(…) Spätestens seit Januar und deutlich bevor wir denersten Einsatz durchgeführt haben, bestand für mich und,wie ich meine, auch für den nachgeordneten Bereich, dasheißt das Kontingent, kein Zweifel, was die Behandlungvon Festgehaltenen anbetrifft, für diese Operationen.(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 9)

Unabhängig von dem rechtlichen Status der Gefangenenbetonte der damalige Leiter der Abteilung „Spezialopera-tionen“ im Einsatzführungskommando:

„(…) Wir misshandeln weder Kriegsgefangene nochFestgehaltene (…) Da bin ich der Auffassung, dass dieSoldaten sehr gut ausgebildet sind und es für sie nicht in-frage kommt, weder einen Prisoner of War noch sonst ir-gendjemanden zu misshandeln, egal welchen Status erhat. Da unterscheiden wir ja keinen Status.“ (Stenografi-sches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 22)

a) Abgrenzung Festhalten/GewahrsamZahlreiche Zeugen sind im Ausschuss befragt worden,worin sie Unterschiede zwischen „gefangen nehmen“,„festnehmen“ und „festhalten“ verstünden. Hierzu führteder damals verantwortliche Unterabteilungsleiter Rechtim BMVg aus, dass er eine Legaldefinition dieser Be-griffe nicht kenne. Er verstehe unter dem Begriff „Fest-halten“ einen kurzfristigen Akt; Festnehmen könne schondie Begründung eigenen Gewahrsams sein. Im Einzelnenführte er aus:

„Wenn ich einen militärischen Auftrag habe, etwa von denamerikanischen Streitkräften – das einmal unterstellt –,jemanden kurz festzuhalten, damit sie ihn anschließend inGewahrsam nehmen können, dann habe ich es ja eigent-lich schon beantwortet: Es ist die Vorstufe zur Gewahr-samsnahme einer anderen Streitkraft. – Ja, das halte ichfür statthaft, so auch der Ressortkonsens im Übrigen, oder– ich muss es revidieren – so haben wir ihn verstanden:Einen Beitrag zu leisten, ist möglich, der es anderen er-möglicht, eigenverantwortlich in Gewahrsam zu nehmenoder gefangen zu nehmen.“ (Stenografisches ProtokollNr. 19, Teil II, S. 33)

Auf eine weitere Nachfrage, auch zur zeitlichen Dimen-sion, führte er aus, es komme vielleicht im Zusammen-hang mit diesen Begriffen auf die Zielsetzung des Han-delnden an. Es handele sich immer um ein Festhalten,solange nicht die Absicht bestehe, eigenen Gewahrsam zubegründen. Dies könne durchaus fünf oder zehn Minuten,aber auch drei Stunden umfassen. Der Zeuge machte indiesem Zusammenhang deutlich, aus seiner Sicht hättensich Schwierigkeiten dadurch ergeben, dass die AbteilungRecht aus Gründen der militärischen Geheimhaltung inDetails der Einsätze des KSK nicht eingebunden war.Hierzu führte der Zeuge aus:

Drucksache 16/10650 – 98 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

„(…) Aber wir sind ja nicht eingebunden etwa in die mili-tärischen Details, was man bitte an dieser Stelle ja auchnicht verschweigen darf. Wir wussten nicht, was die daunten machen; das ist die Schwierigkeit. Sie könnenrechtlich noch besonders sauber agieren oder meinetwe-gen auch eine Taschenkarte für einen Spezialeinsatz for-mulieren, wenn Sie wissen, was die machen. Beim KSKwussten wir das nicht. Deshalb haben wir auch gesagt,wir kommen gerne vor Ort hin; wenn sie Fragen haben,können sie sie stellen, Taschenkarte haben sie, Rechtsbe-raterbrief, der überall verteilt wurde und in dem auchnoch einmal ausdrücklich gesagt wurde, wie unsereRechtsposition in Bezug auf die OEF sich darstellt. Dasist alles verteilt; mehr können wir nicht machen.

Mein Mitarbeiter (…) hat mir damals gesagt, dass dieihm, was eben den militärischen Auftrag anbelangt,nichts gesagt haben. Das konnten wir nur mutmaßen, undda haben wir gesagt: Gut, im Bundestagsbeschluss stehtja, bekämpfen, gefangen nehmen und vor Gericht stellen;dann können wir wenigstens zu diesen Dingen etwas sa-gen, wenn dazu Fragen bestehen, aber was die im Einzel-nen gemacht haben – – Wir konnten dann sagen, wenn sieauf der rechtlich sicheren Seite sein wollen, auf der völ-kerrechtlich sicheren, dass sie keinen eigenen Gewahr-sam begründen im Falle von Gefangennahme von Perso-nen, da die Verfassungsressorts eben sich auf diesenStandpunkt gestellt haben, dass dann bei der Überstellungan die amerikanische Seite Völkerrechtswidrigkeiten zubefürchten seien.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 19,Teil II, S. 30)

Der Untersuchungsausschuss hat sich auch mit der Frageder Notwendigkeit spezieller Regelungen, sogenanntenRules of Engagement (RoE), für den Einsatz der Kontin-gente Spezialkräfte auseinandergesetzt und hierzu denseinerzeitigen Kommandeur des KSK als Zeugen befragt.Bei seiner Vernehmung wurde er darauf hingewiesen,dass es nach dem Ausschuss vorliegenden Informationen(Gesprächsnotiz EinsFüKdo – Fü S V 3, RechtlicheGrundlagen für Stationierung und Einsatz EinsKtgtSpezKr,Tgb.-Nr. 51/07, Anlage 02) Anforderungen durch dasKSK an das Einsatzführungskommando und das Bundes-ministerium der Verteidigung nach speziellen Rules ofEngagement für den Einsatz vor Ort in Kandahar gegebenhabe. Vor diesem Hintergrund wurde der Zeuge gefragt,ob es auch in seinem Sinne gewesen sei, spezielle Ein-satzregeln zu erarbeiten, insbesondere für den Umgangmit gefangenen Nichtkombattanten. Der Zeuge führtehierzu aus:

„Das Kommando Spezialkräfte hatte im Grunde diehöchste Stufe, die man für einen solchen Einsatz zubilli-gen kann, die sogenannte, wie es die Amerikaner nennen:Direct Action, also den Zugriff auf feindliche Soldaten,das Festnehmen, das Festhalten. Nun bestand das Di-lemma darin, dass wir – darüber war sich das Kommandosehr früh im Klaren – Soldaten festnehmen würden, sieden Amerikanern unterstellen würden, die dann mögli-cherweise auch mit der Todesstrafe bedroht waren – –oder die Todesstrafe zur Folge hatte. In diesem Dilemmahaben wir immer wieder Rechtsberatung durch das Ein-

satzführungskommando, durch das Heeresführungskom-mando, durch den leitenden Rechtsberater beim Inspek-teur des Heeres, soweit ich weiß, beantragt. Man hat unsdann die Antwort gegeben oder den rechtlichen Ausweg,dass wir diese Soldaten nicht festnehmen, sondern fest-halten, bis sie durch amerikanische Soldaten festgenom-men werden; also so eine Zwitterstellung, die man viel-leicht nennen könnte: Wasch mir den Pelz, aber machmich nicht nass. Wir waren nicht begeistert von dieser Si-tuation; aber das war die einzige Möglichkeit, wie mansich aus diesem rechtlichen Dilemma befreien konnte.“(Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil II, S. 10)

Im Hinblick auf die Feststellungen im Ausschuss zu nichtvorhandenen Rules of Engagements für den Einsatz derEinsatzkontingente Spezialkräfte in Kandahar berichteteauch der ehemalige Befehlshaber des Einsatzführungs-kommandos in der Sitzung am 21. März 2007:

„Die Dinge sind mir bekannt. Auch bei mir hat sich natür-lich zunächst erst mal die Frage geregt. Warum haben wirkeine RoE? Es gab ja keine RoE. Anders als bei ISAFund den KFOR – also den Balkanoperationen –, hat ja dieinternationale Gemeinschaft RoE erlassen, die dann letzt-endlich auf einen deutschen Anteil umgesetzt wordensind. In Deutschland hat dieses Gespräch so stattgefun-den. Es hat mir Bauchschmerzen bereitet, zugegebener-maßen. Wir haben die Dinge sehr intensiv diskutiert. Ichhabe mich letztendlich überzeugen lassen, dass es geht.Es ist ja auch ohne RoE gegangen, sondern aufgrund derRegeln des humanitären Völkerrechtes in bewaffnetenKonflikten.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III,S. 1)

Zu den Einsatzregeln bei Gefangennahmen hat der Aus-schuss auch den damaligen Generalinspekteur, Generala. D. Harald Kujat, als Zeugen vernommen, der hierzufolgende Stellungnahme abgegeben hat:

„(…) Ich hätte es vorgezogen, wenn wir vor Beginn desEinsatzes die Frage der Gefangenen geregelt gehabt hät-ten, und zwar in einer zentralen Dienstvorschrift. Soweitmir das erinnerlich ist, war das auch vorbereitet. Das istnicht geschehen. Ich denke, es wäre sinnvoll gewesen,hier Handlungssicherheit für unsere Soldaten zu schaffen.Aber es wurde dann entschieden, dass diese, wenn es zuGefangennahmen kommen sollte, sofort an die Amerika-ner übergeben werden; möglicherweise auch deshalb,weil eben eine solche Regelung nicht vorhanden war. Ichweiß nicht, wie die Situation heute ist. Damals war dasdie Situation. Es ist nach meiner Erinnerung richtig, dassüber die Frage der Behandlung von Gefangenen nur indiesem Zusammenhang gesprochen wurde und nicht imDetail darüber, wie sich die einzelnen Soldaten zu verhal-ten hätten. Nach meiner Erinnerung sind Einsatzregelnvon der Abteilung Recht damals erarbeitet worden undauch auf dem normalen Dienstweg den Vorgesetzten zurVerfügung gestellt worden, und die Soldaten sind auchbelehrt worden. Ich muss allerdings dazu sagen, dass ichpersönlich mit dieser Frage nicht befasst war, sondern dassind Erkenntnisse, die in diesen Leitungsgesprächen auf-kamen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 18, Teil II, S. 8)

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 99 – Drucksache 16/10650

Auf weitere Fragen im Ausschuss zur rechtlichen Situa-tion des Umgangs mit Gefangenen führte der Zeuge aus:Die Tatsache, dass es keine zentrale Dienstvorschrift ge-geben habe, sondern für diesen speziellen Fall „Verhal-tensregeln“ herausgegeben worden seien, könne nicht ne-gativ gewertet werden. Derartige Verhaltensregelnerfüllten den gleichen Zweck wie eine entsprechendeZentrale Dienstvorschrift (Stenografisches ProtokollNr. 18, Teil II, S. 12).

b) Praktische Bedeutung

Der Untersuchungsausschuss versuchte weiterhin zu er-gründen, inwieweit solche konkreten Regeln für die Pra-xis notwendig gewesen sind. Zur praktischen Bedeutungantwortete ein Zeuge auf eine entsprechende Frage demAusschuss:

„(…) Diese Rechtsfrage, die erörtert wurde zwischen denRessorts, hatte ja für den KSK-Einsatz deshalb keinepraktische Bedeutung, weil sie selber keine Gefangenengemacht und keine Taliban und al-Qaida in eigenen Ge-wahrsam genommen haben. Es wurde mir ja von militäri-scher Seite aus gesagt, dass das auch nicht der militäri-sche Auftrag sei; sie hätten auch gar nicht Ressourcen,dies zu tun. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 19,Teil II, S. 32)

Auch nach anderen Zeugenaussagen, vor allem der Lei-tungsebene des Bundesministeriums der Verteidigung,wurde stets darauf verwiesen, dass dies nur eine theoreti-sche Frage hätte sein können. Denn zum damaligen Zeit-punkt sei das 1. Kontingent logistisch überhaupt nicht inder Lage gewesen, beispielsweise ein eigenständiges Ge-fangenenlager zu führen. Nach dem Aufgabenbereich, derdem KSK in Kandahar zugewiesen gewesen sei, hätteauch keine Situation eintreten können, Personen festzu-nehmen. So hat beispielsweise Staatssekretär a. D. Klaus-Günther Biederbick vor dem Untersuchungsausschuss er-klärt, die Gestaltung des Auftrages des KSK sei jedenfallsso gewesen bzw. das KSK habe mit Gefangennahmen di-rekt nichts zu tun gehabt. Er habe mehrfach im Stab nach-gefragt, ob Gefangene gemacht worden seien. Ihm sei im-mer wieder gesagt worden, es seien keine Gefangenengemacht worden. Bei sogenannten Joint-Operations hät-ten andere beteiligte Nationen aufgegriffene Personen ge-fangenen genommen. „Joint-Operations“ lägen dann vor,wenn Einsatzsoldaten aus mehreren Ländern einen ge-meinsamen Auftrag durchführten (Stenografisches Proto-koll Nr. 13, Teil II, S. 23).

Auch der ehemalige Generalinspekteur, General a. D.Harald Kujat, erklärte hierzu:

„Der Grundsatz war ja, dass wir keine Gefangenen ma-chen. Mir ist kein Fall erinnerlich, eine Situation, wodeutsche Soldaten Taliban gefangen genommen hätten.Ich kann nicht ausschließen, dass sie an Aktionen betei-ligt waren, in denen Gefangene gemacht wurden; abereine Situation derart, dass nun deutsche Soldaten Gefan-gene gemacht haben und die dann irgendwann nach einerbestimmten Zeit an die Amerikaner übergeben hätten, istmir nicht bekannt.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 18,Teil II, S. 18)

5. Die Rechtsauffassung des AA, BMJ, BMI und des BMVg

Nach Auswertung der Medienberichterstattung, der Ak-tenvorgänge und weiterer Zeugenvernehmungen gab eszumindest seit Anfang 2002 teilweise unterschiedlicheAuffassungen zwischen dem Auswärtigen Amt, demBundesministerium der Justiz, dem Bundesministeriumdes Inneren sowie dem Bundesministerium der Verteidi-gung über die Rechtsgrundlagen für die Gefangennahmevon Personen in Afghanistan. Diese bestanden in ersterLinie vor dem Hintergrund der Behandlung von Gefange-nen in Guantánamo.

a) Presseerklärung des Auswärtigen Amtes vom 22. Januar 2002

In seiner amtlichen Presseerklärung vom 22. Januar 2002(Dokument Nr. 7) äußerte sich der Bundesminister desAuswärtigen, Joseph Fischer, zur Frage der inGuantánamo Inhaftierten wie folgt:„Im Kampf gegen den internationalen Terrorismus vertei-digen wir auch unsere Grundwerte. Sie gelten ohne Anse-hen der Person, schützen Leben und Würde desMenschen. Dies ist es, was wir der terroristischen Heraus-forderung entgegenstellen müssen.Mit Blick auf die Inhaftierten in Guantánamo sind wirdeshalb der Auffassung, dass sie, unabhängig von einerspäteren Statusdefinition, wie Kriegsgefangene zu behan-deln sind. Das heißt in Übereinstimmung mit dem huma-nitären Völkerrecht, so wie es die Genfer Konventionfestschreibt:– menschliche Behandlung– Achtung der Person und der Ehre– Schutz vor Gewalttätigkeit und Einschüchterung– Anspruch auf ärztliche Behandlung– bei Gerichtsverfahren rechtsstaatliche Garantien.Über die volle Einhaltung dieser völkerrechtlichen Stan-dards wacht das IKRK, dem die USA volle Zugangs- undKontrollrechte im Gefangenenlager von Guantánamo ein-geräumt haben.Dabei steht selbstverständlich außer Zweifel, dass die Ge-fangenen jeweils individuell für von ihnen begangene Ta-ten zur Verantwortung gezogen werden.Die Bundesregierung hat mit der amerikanischen Seitedas Gespräch über den rechtlichen Status und die Be-handlung der in Guantánamo Inhaftierten aufgenom-men.“ Der ehemalige Staatssekretär, Klaus-Günther Biederbick,erklärte auf Nachfrage im Untersuchungsausschusshierzu, dass diese Pressemitteilung im Bundesministe-rium der Verteidigung nicht zum Gegenstand von Bespre-chungen gemacht worden sei. Wenn in der Pressemittei-lung eine bestimmte Meinung geäußert worden sei, dannhabe er hierfür Respekt. Sicherlich könne das eine oderandere nach den Erfahrungen, die mit dem Vorgehen derAmerikaner im Irak oder Guantánamo gemacht wordenseien, hinterfragt werden. Jedenfalls sei an die Leitungs-

Drucksache 16/10650 – 100 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

ebene des Bundesministeriums der Verteidigung – auchnicht durch die Rechtsabteilung – herangetragen worden,dass hierzu eine Lösung gefunden werden müsse, weil dieEinsätze sonst gefährdet seien (Stenografisches ProtokollNr. 13, Teil II, S. 26). Auf die Frage im Zusammenhangmit der damaligen Medienberichterstattung äußerte sichder Bundesminister der Verteidigung a. D. RudolfScharping vor dem Untersuchungsausschuss wie folgt:„Darf ich Sie auf eines aufmerksam machen? Wenn ichsage – ich glaube, ich habe das mehrfach gesagt –, dass esinnerhalb der Bundesregierung keinen Zweifel daran gab,dass bezüglich Festgehaltenen, Festgenommenen, wieimmer diese feinsinnige Unterscheidung zustande ge-kommen ist, bestimmte Rechtsnormen einzuhalten sind,dann sage ich damit nicht, dass es nicht Diskussionen da-rüber geben kann und vielleicht geben musste, ob dieseklaren Normen in der Realität eingehalten werden undwas für den Fall zu tun sei, wenn sie nicht eingehaltenwerden – Guantánamo, unbeschränkte Festnahme, keinerichterliche Überprüfung – und Deutsche an diesem ver-mutlich rechtswidrigen Vorgehen beteiligt wären.Das aber sind sehr verschiedene Ebenen. Die Ebene einsist: Es ist klar, dass deutsche Staatsangehörige, deutscheexekutive Gewalt, in welcher Form auch immer sie auf-tritt, an bestimmte Regeln gebunden sind. Ob diese Re-geln in internationalen Zusammenhängen, jetzt konkret inAfghanistan, von allen Beteiligten eingehalten werdenkönnen, müssen Sie wahrscheinlich auch wegen der zu-nehmend wachsenden Zahl an Informationen überGuantánamo – ich könnte jetzt auch noch hinzufügen:über die möglichen nicht legalen Gefängnisse oder wasauch immer in Europa – hinterfragen. Sie müssen dieseFragen stellen. Sie müssen auch versuchen, sie aufzuklä-ren.Das ist erkennbar ein Diskussionsprozess, den es gegebenhat. Das ändert nichts an dem, was ich zu der erstenEbene gesagt habe, nämlich dass es eine klare Überzeu-gung aller Beteiligten in der Bundesregierung gab, dassbestimmte Regeln, die wir alle genannt haben – ich musssie nicht wiederholen –, einzuhalten sind.“ (Stenografi-sches Protokoll Nr. 15, Teil II, S. 24)Des Weiteren sagte der damalige Bundesminister aus,eine Anweisung gegenüber deutschen Soldaten, von Fest-nahmen Abstand zu nehmen, habe es nicht gegeben (Ste-nografisches Protokoll Nr. 15, Teil II, S. 25). Ausgehendvon der Diskussion um Guantánamo habe es zwei klareLinien gegeben: Die Bundesrepublik Deutschland wirkean einem völkerrechtswidrigen Vorgehen nicht mit. Fürden Fall, dass es ein solches Vorgehen gegeben habe, seidie Frage zu stellen: „(…) wie schützen wir unsere Leutedavor, dort verwickelt zu werden? Das sind erkennbar alldie Diskussionen, die in der Öffentlichkeit vom Außen-minister, gegenüber der amerikanischen Regierung, zwi-schen den Ministerien in der Arbeitsgruppe usw. geführtworden sind.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 15, Teil II,S. 31).

b) Die Anfragen des WehrbeauftragtenIn Vorbereitung seines Jahresberichts nahm auch der da-malige Wehrbeauftragte, Dr. Willfried Penner, Mitte 2002

die Medienberichterstattung und Meinungsäußerungeneinzelner Ressorts zum Anlass, insbesondere die Frage derrechtlichen Bewertung einer Beteiligung des KommandosSpezialkräfte (KSK) an der Auslieferung Gefangener nachGuantánamo gegenüber dem Bundesministerium der Ver-teidigung anzusprechen (Der Wehrbeauftragte, Aktenaus-zug, MAT 16 – 32). Hierzu hatte der Wehrbeauftragtemehrere Schreiben an das Bundesministerium der Vertei-digung gerichtet. Mit Schreiben vom 27. Juni 2002 wiesder Wehrbeauftragte erstmalig darauf hin, dass inverschiedenen Presseveröffentlichungen wiederholt dieFrage nach den rechtlichen Grundlagen für die in Afgha-nistan eingesetzten Soldaten aufgeworfen worden sei. Indem Schreiben vom 27. Juni 2002 wird des Weiteren da-rauf verwiesen, dass sich mit Blick auf die Rechtssicher-heit und den Schutz der Soldaten die Frage nach derrechtlichen Absicherung des Einsatzes der Soldatenebenso wie die Frage nach einer denkbaren strafrechtli-chen Verantwortung bei der Teilnahme an möglicher-weise völkerrechtswidrigen Maßnahmen anderer Natio-nen stelle (MAT 16 – 32, S. 23/24).

Der damalige Parlamentarische Staatssekretär im BMVg,Walter Kolbow, erklärte hierzu in seinem Schreiben vom13. November 2002 unter anderem, der Einsatz deutscherStreitkräfte habe nach dem Wortlaut des Beschlusses dasZiel, „Führungs- und Ausbildungseinrichtungen von Ter-roristen auszuschalten, Terroristen zu bekämpfen, gefan-gen zu nehmen und vor Gericht zu stellen (…)“. DerDeutsche Bundestag habe dem Einsatz und diesem Auf-trag der Streitkräfte zugestimmt. In diesem Sinne leiste-ten die deutschen Streitkräfte in arbeitsteiligem Zusam-menwirken mit anderen Verbündeten Beiträge zurFestnahme verdächtiger Personen mit dem Ziel, diese vorGericht zu stellen. Die Bundeswehr beachte bei der Um-setzung ihres Auftrages selbstverständlich die Verpflich-tung zur Einhaltung der menschenrechtlichen Mindest-standards sowie die Wertentscheidungen desGrundgesetzes. Dementsprechend könnten Beiträge deut-scher Soldaten zur Gefangennahme von Taliban- und AlQaida-Kämpfern keine strafrechtliche Verantwortung dereingesetzten Soldaten nach sich ziehen. Eine strafrechtli-che Verantwortung treffe den Soldaten nur, wenn seineHandlung eine schwere Verletzung humanitären Völker-rechts oder eine Straftat nach deutschem Recht darstelle(vgl. MAT 16 – 32, S. 34/35).

Der damalige Wehrbeauftragte des Deutschen Bundesta-ges, Dr. Willfried Penner, griff die Problematik nochmalsin seinem Jahresbericht 2002 vom 11. März 2003 (44. Be-richt) auf Bundestagsdrucksache 15/500, Seite 17 auf.Was eine mögliche Beteiligung deutscher Soldaten beiFestnahme von Personen betrifft, die von US-Amerika-nern nach Guantánamo auf Kuba oder anderswohin ver-bracht, festgehalten, befragt und möglicher Weise auchzur Verantwortung gezogen werden, führte er aus:

„(…) Dazu wird von hochrangigen Sachverständigen dieMeinung vertreten, dass diese Art des Vorgehens gegengrundsätzliche Regeln des internationalen Rechts ver-stoße. Auch dieses Rechtsproblem darf nicht auf dem Rü-cken der Soldaten ausgetragen werden. Die Bundesregie-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 101 – Drucksache 16/10650

rung hat dazu betont, dass deutsche Soldaten an solchenUnterstützungsleistungen nicht beteiligt würden. Das In-teresse der Soldaten wäre damit wirksam gewahrt. (…)“

Der Untersuchungsausschuss hat in seiner 8. Sitzung am21. März 2007 unter anderem zu den oben dargestelltenVorgängen zunächst beschlossen, den Wehrbeauftragtena. D. Dr. Willfried Penner als Zeugen zu Ziffer 4. und5. des Untersuchungsauftrages zu vernehmen. Aus vonihm dargelegten Gründen hat sich der Untersuchungsaus-schuss jedoch zunächst darauf verständigt, eine Ladungzurückzustellen und ihm zu den Ziffern 4. und 5. des Un-tersuchungsauftrages Gelegenheit zu einer schriftlichenStellungnahme zu geben (Schreiben des Wehrbeauftrag-ten a. D., Dr. Willfried Penner, vom 13. Mai 2007,MAT 16 – 34).

Er ist darüber hinaus gebeten worden, besonders zu fol-genden Punkten Stellung zu nehmen:

– Gründe für sein Tätigwerden von Amts wegen,

– Einschätzung der Ursachen für die damalige erhebli-che Verzögerung der Beantwortung der Anfrage durchdas Bundesministerium der Verteidigung sowie

– Einschätzung darüber, ob die abschließende Beant-wortung seinem Anliegen Rechnung getragen habe.

Hierzu teilte er durch eine ergänzende Stellungnahmevom 6. Juni 2007 mit, dass der Anstoß dazu in der Refe-ratsleiterbesprechung am 30. Mai 2002 erfolgt sei. Aufdie Frage nach seiner Einschätzung der Ursachen für diedamalige erhebliche Verzögerung der Beantwortung derAnfrage durch das Bundesministerium der Verteidigungteilte er mit, dass ihm die Ursachen dafür nicht bekanntseien, ihm sei deshalb auch eine diesbezügliche Einschät-zung nicht möglich. Auch der Deutsche Bundestag habein diesem Zusammenhang keinen darüber hinausgehen-den Klärungsbedarf gehabt; es habe bei der Beratung desJahresberichtes 2002 keine diesbezüglichen Fragen oderAnmerkungen gegeben; das Thema selbst habe er in die-sem Bericht von 2002 auf Bundestagsdrucksache 15/500,S. 17, erste Spalte – wie bereits oben dargestellt – ange-sprochen (Schreiben des Wehrbeauftragten a. D.,Dr. Willfried Penner, vom 6. Juni 2007, MAT 16 – 43).

Auf die Schreiben vom 27. Juni 2002 und 10. Oktober2002 und die zögerliche Beantwortung in der Sitzung desUntersuchungsausschusses angesprochen, führte Staats-sekretär a. D. Klaus-Günther Biederbick aus, der Wehrbe-auftragte des Deutschen Bundestages erhalte pro Jahr ca.6 000 Eingaben. Dies seien Hunderte von Anfragen, dieder Wehrbeauftragte an das Bundesministerium der Ver-teidigung (BMVg) richte und nach dem Erlass „Truppeund Wehrbeauftragter“ abgearbeitet würden. Er (Staatsse-kretär a. D. Klaus-Günther Biederbick) könne sich an diekonkreten Anfragen des Wehrbeauftragten nicht erinnern;es hätten zahlreiche „Jour fixe und Meetings“ mit demWehrbeauftragten stattgefunden. Das angesprochene Pro-blem habe immer mit bestanden, sei aber nicht so funda-mental gewesen, dass es dringend einer Lösung hätte zu-geführt werden müssen (Stenografisches Protokoll Nr. 13,Teil II, S. 26).

c) Die gutachtliche Stellungnahme vom 6. Juni 2002

In einer Leitungsvorlage vom 6. Juni 2002 für den dama-ligen Bundesminister der Verteidigung, RudolfScharping, bezog sich der vom Untersuchungsausschussals Zeuge vernommene Leiter des Referates R II 3 zudem Thema „Rechtsgrundlagen für das Ergreifen undFesthalten von verdächtigen Personen“ auf eine entspre-chende Weisung des Ministers vom 7. Februar 2002.Hiernach sollte das Referat R II 3 eine Ressortabstim-mung mit dem Auswärtigen Amt, dem Bundesministe-rium der Justiz und dem Bundesministerium des Innernherbeiführen. Nach den Ausführungen in dieser Leitungs-vorlage sei mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundes-ministerium der Justiz bis auf die Ebene der Staatssekre-täre Einvernehmen über die in dem der Leitungsvorlagebeigefügten Vermerk vom 3. Juni 2002 dargestellte Linieerzielt worden; im Bundesministerium des Innern daueredagegen die Mitprüfung noch an.

Der damalige Leiter des Referates R II 3 erklärte bei sei-ner Vernehmung, die an der Ressortabstimmung Beteilig-ten seien in einer gewissen „Zwickmühle“ gewesen. Aufder einen Seite habe das Bestreben gestanden sicherzu-stellen, dass die deutschen Angehörigen des Kontingentsbei ihrem Handeln vor Ort in Afghanistan die Menschen-rechte beachteten bzw. nicht in Situationen gerieten, indenen sie sich möglicherweise auch einer strafrechtlichenVerantwortung ausgesetzt gesehen hätten. Auf der ande-ren Seite seien die an der Ressortabstimmung Beteiligtenbestrebt gewesen, „diese Kräfte“ in ihren Befugnissennicht so zu beschränken, dass die Bündnispartner an derBündniskonformität der Bundesrepublik Deutschland ge-zweifelt hätten. Des Weiteren sagte der Zeuge aus:

„(…) Ich habe dann, nachdem die Ressortabstimmungmit BMI, AA und BMJ durchgeführt war – – Wir habenuns dann über die Festnahmerechte abgestimmt im Res-sortkreis, nicht mehr im Zusammenhang mit dem Marine-einsatz, sondern im Zusammenhang mit dem Einsatz– ich sage es mal vorsichtig – deutscher Kräfte in Afgha-nistan. Ich sage das deshalb so vorsichtig: Wir hatten na-türlich alle in der Zeitung gelesen, dass KSK-Kräfte sichin Afghanistan befanden; aber unter welchen Umständen,was sie da machten, das wusste von uns ‚Rechtsgelehr-ten‘ natürlich keiner. (…)“ (Stenografisches ProtokollNr. 19, Teil II, S. 8)

Vor diesem Hintergrund arbeitete der Zeuge ein Gutach-ten aus, dass er – nach seinen Ausführungen – auch mitden erwähnten Ressorts abgestimmt habe. In dem Ver-merk vom 3. Juni 2002 gelangte er als Leiter des Refera-tes R II 3 im Wesentlichen zu dem Ergebnis, dass Perso-nen mit Anspruch auf Kriegsgefangenenstatus gemäßArtikel 12 Abs. 2 des III. Genfer Abkommens von demGewahrsamsstaat nur einer Macht übergeben werdendürften, die Vertragspartei des III. Genfer Abkommenssowie willens und in der Lage sei, das Abkommen anzu-wenden (Vermerk vom 3. Juni 2007, MAT 16 – 14, S. 10,Anlage 07). Hierzu wird in dem Vermerk ausgeführt, dassunabhängig von der politischen Diskussion um die An-wendung der Genfer Abkommen, insbesondere der Rege-

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lungen über Kriegsgefangene, nach der objektivenRechtslage vieles dafür spreche, dass ehemalige Taliban-Kämpfer und Al Qaida-Mitglieder, die an den bewaffne-ten Auseinandersetzungen in Afghanistan teilgenommenhaben und in die Einheiten der Taliban integriert seien,gemäß Artikel 4 A Nr. 3 des III. Genfer Abkommens(GA) als Kombattanten anzusehen und bei Festnahme alsKriegsgefangene zu behandeln seien:

„(…) Dabei wird davon ausgegangen, dass die Kämpfervon der Taliban-Regierung in AFG als ,reguläre Streit-kräfte’ eingesetzt wurden, die über eine hierarchische Be-fehls- und Kommandostruktur verfügten und jedenfallsein Mindestmaß an Disziplin und Bereitschaft zur Beach-tung des Kriegsvölkerrechts aufwiesen. Einiges sprichtdafür, dass die US Streitkräfte die Taliban als ernstzuneh-menden militärischen Gegner betrachtet haben und dierechtlichen Voraussetzungen des Artikel 4 als gegebenangesehen haben. Grundsätzlich denkbar wäre auch eineBehandlung von Al Qaida Mitgliedern als Kriegsgefan-gene auf der Grundlage von Artikel 4 A. Nr. 2 desIII. Genfer Abkommens, wonach Mitglieder von zu einerKonfliktpartei gehörenden Milizen Anspruch auf Kriegs-gefangenenstatus haben. Dies würde allerdings vorausset-zen, dass die entsprechenden Gruppierungen eine für ihreUntergebenen verantwortliche Person an der Spitze ha-ben, ein bleibendes und von weitem erkennbares Unter-scheidungszeichen tragen, die Waffen offen tragen undbei den Kampfhandlungen die Gesetze und Gebräuchedes Krieges einhalten. Soweit der Status der Mitgliederder Taliban/Al Qaida Kämpfer streitig ist, genießen siezumindest gemäß Artikel 5 Abs. 2 III. GA solange denSchutz der Genfer Abkommen, bis die Frage der Recht-stellung durch ein zuständiges Gericht geklärt ist. Kriegs-gefangene, die lediglich als Kombattanten an Kampf-handlungen teilgenommen haben, dürfen allein deshalbnicht strafrechtlich belangt werden. Alle Kriegsgefange-nen, auch solche, die gemäß Artikel 5 Abs. 2 III. GA zu-mindest vorläufig den Kriegsgefangenenstatus genießen,können jedoch gemäß Artikel 85 III. GA vom Gewahr-samsstaat auch für Straftaten zur Verantwortung gezogenwerden, die sie vor ihrer Gefangenennahme begangen ha-ben. (…)“ (BMVg, Entwurf (Final) vom 3. Juni 2002,S. 6, MAT 16 – 14, Anlage 07)

Bei Personen ohne Anspruch auf Kriegsgefangenensta-tus, die außerhalb der Teilnahme an den Kampfhandlun-gen in Afghanistan im Verdacht der Begehung kriminellerHandlungen stünden, blieben für die BundesrepublikDeutschland die Verpflichtungen aus der EuropäischenMenschenrechtskonvention (EMRK) verbindlich. Dasheißt, eine festgehaltene Person dürfe nur an einen ande-ren Staat übergeben werden, wenn dort ein menschen-rechtlicher Mindeststandard eingehalten werde, der dieBeachtung des Folterverbots und des Rechts auf Lebeneinschließlich des Verbots der Todesstrafe sowie die Ga-rantie der richterlichen Überprüfung einer die Freiheitentziehenden Maßnahme nach angemessener Zeit beachte(BMVg, Entwurf (Final) vom 3. Juni 2002, S. 11,MAT 16 – 14, Anlage 07).

Die Leitungsvorlage vom 6. Juni 2002 wurde durch denLeiter des Referates zunächst auf dem Dienstweg dem zu-ständigen Unterabteilungsleiter vorgelegt, aber auf demDienstweg nicht weitergeleitet. Vielmehr wurde das Refe-rat R II 2 beauftragt, eine Stellungnahme zur rechtlichenZulässigkeit einer deutschen Beteiligung an der Ergrei-fung von Taliban- und Al Qaida-Angehörigen und ihreweitere Behandlung durch US-Kräfte zu erarbeiten.

Auf entsprechende Vorhalte sagte der als Zeuge geladeneUnterabteilungsleiter Recht im BMVg hierzu vor demUntesuchungsausschuss aus, er meine sich zu erinnern,dass er durch den damaligen Bundesminister der Verteidi-gung Rudolf Scharping beauftragt worden sei, Abstim-mungsgespräche mit dem Bundesministerium der Justizund dem Auswärtigen Amt zu führen. Ihm sei der „Ent-wurf einer Leitungsvorlage“ präsentiert worden, aus dersich ergeben habe, dass das Auswärtige Amt und dasBundesministerium der Justiz sich auf den Standpunktgestellt hätten, dass zumindest bis zu einem bestimmtenZeitpunkt Taliban- und Al Qaida-Kämpfer Kombattan-tenstatus hätten. Auch auf Nachfrage bestätigte derZeuge, dass es sich hierbei lediglich um den „Entwurf ei-ner Leitungsvorlage“ gehandelt habe. Hierzu sagte derZeuge weiter aus:

„Daraufhin habe ich gesagt, das kann ich nicht akzeptie-ren, denn der Kombattantenstatus von Terroristen hätte jazur Folge, dass man sie auf die gleiche Ebene hebt wiedie deutschen Soldaten. Kombattanten sind berechtigt,einander zu bekämpfen. Das heißt, wenn unsere Soldatenim Auftrag des Deutschen Bundestages ihren militäri-schen Auftrag ausführen, wären sie nach dieser Rechts-auffassung, die Taliban und al-Qaida zu Kombattantenerklärt, zulässiges Ziel gegnerischer Angriffe. Das ist nuneinmal mit dem Kombattantenstatus verbunden, es seidenn, man bedient sich völkerrechtswidriger militärischerMaßnahmen.

Um ein Beispiel zu nennen: Wenn ein deutscher Soldatbei einer Geländeerkundung von einem Taliban- oder al-Qaida-Mitglied erschossen würde, ist es natürlich für unseine Straftat. Wenn al-Qaida und Taliban Kombattantensind, ist es völkerrechtskonform. Das war nicht der Auf-trag, den der Deutsche Bundestag den deutschen Soldatenerteilte, sich einem Gegener gegenüberzusehen, der inrechtmäßiger Art und Weise sich dagegen wehrt, als Ter-rorist gefangen genommen und vor Gericht gestellt zuwerden. Meine Auffassung und die anderer Mitgliederder Rechtsabteilung ist, dass wir eben halt mit bewaffne-ten Mitteln – das ist eben ein Novum – Verbrechen be-kämpfen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II,S. 26)

d) Die gutachtliche Stellungnahme vom 7. August 2002

In der gutachtlichen Stellungnahme des Referates R II 2vom 7. August 2002 wurde die Auffassung des Auswärti-gen Amtes und des Bundesministeriums der Justiz imWesentlichen wie folgt wiedergegeben: Die Behandlungder Gefangenen in Kandahar und in Guantánamo durchUS-Kräfte entspreche nicht dem für Krieggefangene gel-

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tenden Status. Deutsche KSK-Kräfte dürften wegen derdrohenden Auslieferung mutmaßlicher Taliban und AlQaida-Kämpfer an die USA keine Festnahmen vorneh-men. Stattdessen müsse geprüft werden, ob die Durchfüh-rung eines Strafverfahrens in Deutschland im EinzelfallAussicht auf Erfolg habe; dann seien die Festgenomme-nen nach Deutschland zu verbringen und dort vor Gerichtzu stellen. Koalitionspartner, bei denen Zweifel hinsicht-lich der völkerrechtlich erforderlichen Garantien bestün-den, dürften aber mit operativen Maßnahmen unterstütztwerden, die es diesen ermögliche, in eigener Verant-wortung verdächtige Personen zu ergreifen (BMVg, Lei-tungsvorlage vom 7. August 2002, S. 1/2, MAT 16 – 14,Anlage 07).

Dieser Auffassung des Auswärtigen Amtes und des Bun-desministeriums der Justiz trat das Referat R II 2 desBundesministeriums der Verteidigung unter anderem mitder Rechtsauffassung entgegen, dass deutsche Soldatensich in Afghanistan an militärischen Operationen im Rah-men von Enduring Freedom (asymmetrische „Kriegsfüh-rung“) beteiligten. Diese erlaube aus völkerrechtlicherSicht (Res. 1368 ff. „Selbstverteidigung“) im Wesentli-chen die Bekämpfung von Terroristen, ihre Gefangen-nahme und diene dazu, ergriffene mutmaßliche Terroris-ten vor Gericht zu stellen. Deutsche Soldaten wirktendabei im Rahmen des bei internationalen Operationen üb-lichen arbeitsteiligen Zusammenwirkens an der Ergrei-fung mutmaßlicher Taliban und Al Qaida-Kämpfer mit.„Eigenen Gewahrsam an ergriffenen mutmaßlichen Ter-roristen für die Bundesrepublik Deutschland begründensie nicht, obwohl sie hierzu berechtigt wären.“ Gewahr-sam würden allein die USA begründen, die diese Perso-nen übernähmen und als einzige Nation bisher in Kanda-har und Guantánamo Einrichtungen geschaffen hätten,die diese Personen aufnehmen könnten:

„g) (…) Tatsächlich ist nach wie vor die Identität der Er-griffenen ebenso unklar wie die Vorwürfe und Be-weismittel, die gegen jeden Einzelnen vorliegen. Un-klar ist auch, nach welchen Verfahrensregeln späterStrafverfahren durchgeführt werden, welche Beweis-mittel zugelassen werden, welcher Beweiswert ihnenzukommt, ob sie zu einer Verurteilung ausreichenund ob das Urteil ein Freispruch, die Verurteilung zueiner Haftstrafe oder zum Tode sein wird. Wenn AA/BMJ befürchten, jedem in US-Haft befindlichen Ge-fangenen drohe die Todesstrafe, und daraus folgern,deutsche Soldaten dürften ergriffene Personen nichtan US-Stellen „ausliefern“, so ist dies nicht nachvoll-ziehbar, weil eine zuverlässige Beurteilung dieserschwierigen Fragen – zumal zum Zeitpunkt des Zu-griffs – geradezu hellseherische Fähigkeiten ver-langte.

h) Selbst wenn einem ergriffenen Terroristen in einemStrafverfahren die Todesstrafe drohte, wäre das Mit-wirken deutscher Soldaten an seiner Ergreifung unddie weitere Behandlung durch die USA nicht als Ver-stoß gegen geltendes Völkerrecht oder deutschesRecht zu werten. Aus völkerrechtlicher Sicht ist dieTodesstrafe in vielen Teilen der Welt nach einem fai-

ren Gerichtsverfahren eine zulässige Strafform.Lediglich neuere Entwicklungen im regionalen Völ-kerrecht, z. B. in dem seit 1983 von Deutschland un-terzeichneten 6. Zusatzprotokoll zur EMRK, führenzu regionalen Vereinbarungen, die die Todesstrafemit Ausnahme von Kriegszeiten abschaffen. Dasnunmehr aufgelegte 13. Zusatzprotokoll zur EMRKschafft für die Unterzeichnerstaaten auch in Kriegs-zeiten die Todesstrafe ab.

i) Zwar bestimmt Artikel 102 GG die Abschaffung derTodesstrafe für Deutschland. Diese Bestimmung giltjedoch im Geltungsbereich des Grundgesetzes. Arti-kel 16 Abs. 2 GG beschränkt die Auslieferung deut-scher Staatsbürger, nicht aber die von Ausländern aufMitgliedstaaten der Europäischen Union oder an in-ternationale Gerichtshöfe. Lediglich § 8 des deut-schen Gesetzes über die internationale Rechtshilfe inStrafsachen sieht vor, dass bei drohender Todesstrafeeine Auslieferung von Ausländern an einen ersuchen-den Staat nur zulässig ist, wenn dieser zusichert, imkonkreten Fall die Todesstrafe nicht zu verhängenoder zu vollstrecken.

j) Diese Bestimmung steht jedoch einer Übergabe vonPersonen, die unter deutscher Beteiligung in Afgha-nistan oder am Horn von Afrika ergriffen wurden unddie mutmaßliche Taliban oder Al Qaida sind, an dieUSA nicht entgegen. Zum einen handelt es sich nichtum eine „Auslieferung“ im Sinne der genannten Be-stimmung, da – wie ausgeführt – die Ergreifung imAuftrag der USA als Lead Nation geschieht, sodasskein eigener nationaler Gewahrsam an ergriffenenmutmaßlichen Terroristen begründet wird. Zum an-deren befinden sich die ergriffenen Personen in Af-ghanistan oder am Horn von Afrika, sodass das deut-sche Gesetz über die internationale Rechtshilfe inStrafsachen nicht anwendbar ist. Die Aktionen zurErgreifung der Terroristen stellen sich angesichts derkomplizierten Rechtslage als Maßnahme „sui gene-ris“ dar, die zur effektiven Bekämpfung des interna-tionalen Terrorismus notwendig ist und vom Deut-schen Bundestag gebilligt wurde.“

(BMVg, Leitungsvorlage vom 7. August 2002, S. 3/4,MAT 16 – 14, Anlage 07)

Zusammenfassend stellte das Referat R II 2 der Rechtsab-teilung des BMVg in seiner rechtlichen Bewertung vom7. August 2002 fest, dass die schwierige, beim Zugriffohnehin kaum mögliche Prognose, welche Strafe welcherergriffenen Person in den USA irgendwann einmal drohe,selbst von „Spitzenjuristen“ nicht getroffen werdenkönne. Diese Prognose – wie vom Auswärtigen Amt unddem Bundesministerium der Justiz gefordert – den imEinsatz befindlichen Soldaten aufzubürden, hieße Un-mögliches zu verlangen. Auch die Verfahrensaussichteneines Strafverfahrens in Deutschland könne ein im Ein-satz befindlicher Soldat nicht sachgerecht prüfen. Des-halb könne die Entscheidung nur lauten, den Einsatz wiebisher fortzusetzen (BMVg, Leitungsvorlage vom 7. Au-gust 2002, S. 4, MAT 16 – 14, Anlage 07).

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Am 13. November 2002 informierte der ParlamentarischeStaatssekretär im BMVg, Walter Kolbow, den Verteidi-gungsausschuss über die Handhabung im Rahmen vonOEF in Bezug auf die Gefangennahme von Personendurch deutsche Soldaten. Laut Protokoll der Sitzungführte der damalige Parlamentarische Staatssekretär aus:

„Eine Zugriffsverpflichtung“ [des deutschen Kontingentsvon OEF] „gebe es nicht. Auch hätten diese Kräfte keineOption zum Zugriff. Die Frage des Zugriffes sei nicht dieAufgabe deutscher Soldaten.“ (Kurzprotokoll der 3. Sit-zung des Verteidigungsausschusses vom 13. November2002, MAT 16 – 6, S. 3)

II. Einsätze des Kommandos Spezialkräfte von November 2001 bis November 2002

Die Lebens- und Einsatzbedingungen der Angehörigendes 1. Kontingents in Afghanistan, ihre Eingliederung inmultinationale Führungsstrukturen sowie die Art undWeise der Einsatzdurchführung durch das deutsche Spe-zialkräfte-Kontingent als einem Teilelement der Opera-tion Enduring Freedom waren integraler Bestandteil derAufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses. Eswerden daher vorab die Operationen des KSK in Afgha-nistan selbst näher beleuchtet, bevor die Erkenntnisse zudiesbezüglichen Verantwortlichkeiten von Dienststellender Bundeswehr (dazu unter Ziffer III.) und des Bundes-ministeriums der Verteidigung (dazu unter Ziffer IV.) dar-gestellt werden.

1. VorbemerkungenDie Ermittlungen des Untersuchungsausschusses führtenzunächst zu der grundsätzlichen Erkenntnis, dass wäh-rend des Untersuchungszeitraumes insgesamt drei Ein-satzkontingente des KSK aufeinanderfolgend für jeweilsetwa vier Monate in Afghanistan im Einsatz standen.Während die ersten beiden Kontingente von einem Flug-platz der südafghanischen Stadt Kandahar aus operierten,verlegte das 3. Kontingent seine Forward Operation Base(FOB) im August 2002 in die nördlich von Kabul gele-gene Stadt Bagram, wo es verstärkt zum Schutz der deut-schen ISAF-Kräfte eingesetzt war.

Deutsche Spezialkräfte führten Operationen gegen Lagerund Höhlensysteme von Taliban- und Al Qaida-Kämp-fern im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet und imGroßraum Kabul durch. Nach übereinstimmenden Zeu-genaussagen und einer Auswertung des im Bundesminis-terium der Verteidigung dazu vorliegenden Aktenmate-rials ist es dabei weder zu einem Schusswaffengebrauchnoch zu Opfern unter den deutschen Kommandosoldatengekommen.

a) Aufgabenspektrum des KSK in KandaharUnmittelbar nach dem Beschluss des Deutschen Bundes-tages am 16. November 2001, wonach eine deutscheBeteiligung an der Operation Enduring Freedom der Aus-schaltung, Bekämpfung und Gefangennahme von Terro-risten sowie dem dauerhaften Abhalten Dritter von derUnterstützung terroristischer Aktivitäten dienen sollte

(Bundestagsdrucksache 14/7296, S. 3, Ziff. 3), erließ dasBundesministerium der Verteidigung eine erste Weisungbezüglich der Führung von Einsätzen der Bundeswehr imRahmen von Operationen zur Bekämpfung des internatio-nalen Terrorismus. Diese „Weisung Nr. 100 zur Vorberei-tung des Einsatzes von Spezialkräften im Rahmen derOperation ‚ENDURING FREEDOM‘“ vom 27. Novem-ber 2001 regelte führungstechnische und logistische Fra-gen für den Einsatz des KSK in Afghanistan und wies dieStreitkräfte unter anderem an, ein „EinsatzkontingentSpezialkräfte“ mit einem Umfang von ca. 100 Soldatenbereitzustellen. Dieses sollte zur Durchführung von Zu-griffsoperationen (Direct Action) und Operationen zurSpezialaufklärung (Special Reconnaissance) im Verbundmit anderen Koalitionspartnern befähigt sein und für zu-nächst zwölf Monate im Rahmen der multinationalen„Combined Joint Special Operation Task Force South“(CJSOTF-S) eingesetzt werden (Weisung Nr. 100, S. 2Ziff. 2, MAT 16 – 22, Anlage 01, entspricht BMVg-Ordner26 A). Damit war das auch in der Folgezeit gültige Aufga-benspektrum des Kommandos Spezialkräfte in seinenGrundzügen umrissen. Demgemäß fasste der damaligeKontingentführer den Auftrag der deutschen Spezial-kräfte in seiner Aussage vor dem Untersuchungsaus-schuss wie folgt zusammen:

„(…) Das Einsatzgebiet ist ausschließlich Afghanistanund es sind ausschließlich Aufträge erlaubt, die Direct-Action, das heißt einen konkreten Angriff auf ein Ziel,oder Special-Reconnaissance, also Aufklärung, beinhal-ten.“ (…) (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 1)

In seiner Zeugenaussage führte er weiter aus, dass „DirectAction“ bedeuten könne, einen Auftrag mit Waffengewaltdurchzusetzen und bereits bei der Vorbereitung einerOperation zu der Bewertung zu gelangen, mit großerWahrscheinlichkeit von der Schusswaffe Gebrauch ma-chen zu müssen (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III,S. 28). Zeuge Nr. 5 erläuterte dazu vor dem Untersu-chungsausschuss, dass von „Direct Action“ zumindestimmer dann gesprochen werde, wenn ein feindliches Ob-jekt zu nehmen und dabei mit gegnerischen Kräften zurechnen sei (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III,S. 53). Nach der Aussage des Zeugen Nr. 36 sei eine sol-che Erkundung von möglichen Einrichtungen des Geg-ners jedoch nur eines der denkbaren Zugriffsszenarien.Diese sogenannte Sensitive Site Exploitations hätten imWesentlichen der Beweismittelsicherung gedient und In-formationen darüber liefern sollen, ob die durchsuchtenObjekte als Verstecke oder Ausbildungscamps von Terro-risten genutzt worden seien (Stenografisches ProtokollNr. 7, Teil III, S. 23). Demgegenüber seien „SpecialReconnaissance“-Einsätze verdeckte Aufklärungsopera-tionen, die der Vervollständigung des Lagebildes der ei-genen Führung oder der Vorbereitung von Zugriffsopera-tionen dienten.

Zur Eigensicherung und zur Durchsetzung der erteiltenAufträge sei den deutschen Spezialkräften auch der Ein-satz von Schusswaffen grundsätzlich möglich gewesen,wozu es nach übereinstimmenden Aussagen der von demUntersuchungsausschuss vernommenen Zeugen während

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des gesamten Untersuchungszeitraumes jedoch nicht ge-kommen sei (vgl. dazu Stenografisches Protokoll Nr. 4,Teil III, S. 2 und 9; Stenografisches Protokoll Nr. 5, TeilII, S. 30; Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 14).

Der damalige Kontingentführer erklärte das Ausbleibenvon Kampfhandlungen mit den besonderen Einsatzver-fahren des KSK:

„(…) In den Einsatzräumen selbst gab es keinerlei Wider-stand. Mir ist zumindest keiner gemeldet worden. Ein we-sentliches Prinzip bei uns, bei den Spezialkräften, ist ja,dass man die Überraschung nutzt und die Schnelligkeitund die Präzision einem zur Seite stehen, sodass ich da-von ausgehe, dass dies der Grund war, dass es nirgendwozu Kämpfen kam.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4,Teil III, S. 16)

Eine Auswertung des dem Untersuchungsausschuss vor-liegenden Aktenmaterials des Bundesministeriums derVerteidigung, insbesondere der Tagesmeldungen vonFü S V, ergab, dass ein immer wiederkehrendes Problemwährend des Untersuchungszeitraumes – vor allem beiAufklärungseinsätzen – unbeabsichtigte Kontakte dereingesetzten Spezialkräfte mit der afghanischen Zivilbe-völkerung waren. Diese „Soft Compromises“ ohne Waf-feneinsatz hatten zumeist den Abbruch der jeweiligenMission zur Folge, da sie das Risiko eines nachfolgenden„Hard Compromise“, also eine Enttarnung durch feindli-che Kräfte, beinhalteten und somit eine erhebliche Ge-fährdung der deutschen Soldaten darstellten.

b) Verlegung des KSK in den Einsatzraum

Der Einsatz des 1. Deutschen Heereskontingents Spezial-kräfte – im Folgenden 1. Kontingent – begann mit derVerlegung des 1. Kontingents auf eine Luftwaffenbasisauf der Insel Masirah im Sultanat Oman. Der damaligeKontingentführer berichtete in seiner Zeugenaussage,dass die erste Welle seiner Soldaten am 10. Dezember, dieübrigen Soldaten am 14. und am 16. Dezember 2001 aufMasirah eingetroffen seien (Stenografisches ProtokollNr. 4, Teil III, S. 1). Er führte weiter aus, dass der Insel inden ursprünglichen Planungen eine zentrale Rolle alsStützpunkt der multinationalen Spezialkräfte-Koalitionzugedacht gewesen sei, da sie nicht allein der Zusammen-führung der einzelnen Kontingente, sondern überdies alsAusgangsbasis für alle in Afghanistan durchzuführendenEinsätze habe dienen sollen (Stenografisches ProtokollNr. 4, Teil III, S. 1).

Vor dem Untersuchungsausschuss schilderte der Kontin-gentführer die damalige Notwendigkeit einer Verlegungnach Kandahar:

„(…) Die einzigen, die nicht dort waren, waren die Deut-schen. Ich bin daraufhin wieder zurückgeflogen und habemeinem Kontingent und dem Befehlshaber Einsatzfüh-rungskommando klargemacht, dass es keinen Sinn macht,in Masirah zu sitzen und Däumchen zu drehen, sonderndass ich nach vorne muss, dass ich nach Afghanistanmuss. Diesem Antrag wurde zugestimmt. (…)“ (Steno-grafisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 1)

Bereits in einem, nach seiner Rückkehr aus Afghanistanam 27. Dezember 2001 verfassten Erkundungsberichthatte der Kontingentführer die Wichtigkeit einer Anwe-senheit des KSK in Kandahar betont (Erkundungsberichtvom 27. Dezember 2001, S. 5, MAT 16 – 14, Anlage 11,entspricht BMVg-Ordner A 10).

Den Befehl zur Verlegung des Kontingents von Masirahnach Kandahar erteilte das Einsatzführungskommandoam 28. Dezember 2001 (Befehl des Einsatzführungskom-mandos vom 28.12.2001, MAT 16 – 22, Anlage 02, ent-spricht BMVg-Ordner 26 B), wobei dessen Realisierungnur unter Schwierigkeiten möglich gewesen sei, da dasKontingent über keinen nationalen Lufttransportraumverfügt habe und somit auf die Unterstützung befreunde-ter Nationen angewiesen gewesen sei. Dem Kontingent-führer sei es aber nach eigener Aussage am 31. Dezember2001 gelungen, die amerikanischen Verbündeten von derNotwendigkeit einer Präsenz der deutschen Kräfte in Af-ghanistan zu überzeugen, sodass mit der Verlegung habebegonnen werden können (Stenografisches ProtokollNr. 4, Teil III, S. 1).

Demgegenüber gab der ehemalige Leiter der Abteilung„Spezialoperationen“ im Einsatzführungskommando derBundeswehr im Zuge seiner Zeugenvernehmung an, dassdie Verlegung des Kontingents nach Kandahar keinedeutsche Initiative gewesen sei, sondern auf Betreibender US-amerikanischen Streitkräfte stattgefunden habe:

„Es gab zunächst einmal tatsächlich keine Planung bisKandahar, sondern es gab zunächst die Planung Masirah.(…) Dann kam aber das amerikanische Angebot oder dieAnfrage zu einer Stationierung in Kandahar. Dieser Sta-tionierung hat der Befehlshaber im Rahmen seiner opera-tiven Zuständigkeit unter Meldung an das BMVg zuge-stimmt.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 11)

Der damalige Befehlshaber des Einsatzführungskomman-dos erklärte vor dem Untersuchungsausschuss, die Verle-gung des Kontingents zwar befohlen zu haben, dass dieEntscheidung darüber aber gerade nicht von seiner opera-tiven Zuständigkeit umfasst gewesen und deshalb auchnicht von ihm getroffen worden sei:

„Diese Verlegung habe ich befohlen, aber nach Genehmi-gung durch das Bundesministerium der Verteidigung.(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 4)

„(…) Entschieden worden ist über diese Sache eindeutigdurch den Minister. Das war weit jenseits meiner Kompe-tenz. Ich habe aber dazu geraten; (…)“ (StenografischesProtokoll Nr. 8, Teil III, S. 21)

Bundesminister a. D. Rudolf Scharping berichtete, dassihm im Zuge einer Lagebesprechung vom 6. Januar 2002entweder die Durchführung oder bereits der Abschlussder Verlegung von Masirah nach Afghanistan gemeldetworden sei, ohne darauf einzugehen, ob er selbst die Ver-legung angeordnet hatte (Stenografisches ProtokollNr. 15, Teil II, S. 15).

Auf die Frage, ob die US-amerikanischen Streitkräfte tat-sächlich eine Verlegung gefordert hätten, oder ob dieseauf ein Ersuchen des deutschen Kontingentführers zu-

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rückgegangen sei, erklärte der ehemalige Befehlshaberim Einsatzführungskommando:

„Nein, nein. (…) Es ist für mich so offensichtlich, dassdie Truppen nicht in Oman bleiben konnten, dass ich mirdazu, ehrlich gesagt, keine Gedanken gemacht habe. (…)Ja, wir haben irgendwann darauf gedrängt, dass die Sol-daten, wenn sie in den Einsatz kommen sollen, weil esnotwendig ist, dass sie in den Einsatz kommen, weil inAfghanistan Aufgaben bereitstehen, woandershin müs-sen; das war für mich recht bald klar. (…)“ (Stenografi-sches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 21)

Im Übrigen habe sich die Insel Masirah ohnehin nicht füreine dauerhafte Stationierung der deutschen Spezialkräftegeeignet, wie er weiter ausführte:

„Oman liegt ja nun abseits von allem. Oman ist damalsimmer nur als Zwischenstationierung gesehen worden,weil für jeden Mann – auch der Bundestagsbeschluss sagtdas ja – Afghanistan der eigentliche Einsatzraum wäre.Wenn wir in Oman gewesen wären, hätte man die Truppe(…) gar nicht herantransportieren können, um sie über-haupt in den Einsatz zu bringen.“ (Stenografisches Proto-koll Nr. 8, Teil III, S. 21)

Auch seien die deutschen Einflussmöglichkeiten inner-halb der multinationalen Spezialkräfte-Koalition vonKandahar aus deutlich besser als von Masirah aus gewe-sen. Das habe ebenfalls für eine Verlegung gesprochen(Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 21).

Nach Aussage des Kontingentführers sei das Kontingentab dem 1. Januar 2002 auf dem Flugplatz Kandahar ein-getroffen (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 1).Dort habe man eine weitestgehend zerstörte Infrastrukturvorgefunden und sich einer erheblichen Bedrohung durchgegnerische Kräfte und Minen gegenüber gesehen. Auf-grund nicht vorhandener nationaler Lufttransportkapazi-täten habe zumindest in den ersten Wochen des Einsatzesauch die Versorgungslage eine große Herausforderung fürdie deutschen Kommandosoldaten bedeutet. Über denZustand der Forward Operation Base (FOB) sagte derKontingentführer aus:

„Der Flugplatz in Kandahar war ein großes Minenfeld,bei dem es täglich Tote und Schwerverletzte gegeben hat.Der Platz war zunächst nur provisorisch präpariert. (…)Wir waren also mit Teilen notdürftig in einem ehemaligenHospital untergebracht. (…) Wir hatten keine Waschgele-genheit. Wir hatten keine Toilette. Wir waren auf dasWasser der Amerikaner angewiesen, und wir hatten außerden amerikanischen MREs nichts zu essen. (…)“ (Steno-grafisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 4)

Unter anderem bestätigte auch Zeuge Nr. 23 in seinerAussage vor dem Untersuchungsausschuss die schwieri-gen Lebensbedingungen in der ersten Zeit der Mission:

„(…) Es gab nichts. Wir sind dann irgendwann losgezo-gen (…) und haben uns einen Waschplatz, eine Toiletteoder was auch immer selber gebaut. (…)“ (Stenografi-sches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 28)

Der Kontingentführer erklärte diese Zustände mit dervorab nicht vorhersehbaren Verlegung von Masirah nachKandahar, die für eine Erfüllung des gegebenen Auftra-ges jedoch notwendig gewesen sei. Fehler seien diesbe-züglich weder im Kontingent noch im Bundesministe-rium der Verteidigung gemacht worden (StenografischesProtokoll Nr. 4, Teil III, S. 8).

Ein weiterer Zeuge (Nr. 27) berichtete dem Untersu-chungsausschuss von den Gefahren, denen sich das1. Kontingent in Kandahar gegenüber gesehen habe:

„(…) Der Flughafen Kandahar wurde wenige Tage vorunserer Ankunft erst von den Amerikanern eingenom-men, das heißt, von den Taliban erobert. (…) In dieserPhase tauchten wir von da auf. Entsprechend war die Be-drohungslage. Das heißt, da flogen Kampfhubschrauberherum. Da landeten mal nachts im Camp Raketen. Wirlebten schon irgendwie in einer Art Kriegszustand.“ (Ste-nografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 13)

Auch Zeuge Nr. 5 erinnerte sich an die unmittelbare Be-drohung für die in der Forward Operation Base Kandaharstationierten Soldaten, da es neben verschiedenenMörserattacken auch zu einem direkten Angriff auf einender Lagerbewachung dienenden „Observation Post“ deramerikanischen Streitkräfte gekommen sei (Stenografi-sches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 53).

c) Anforderungen an die eingesetzten Spezialkräfte-Kontingente

In dem Bestreben, sich einen Eindruck über die Lebens-und Einsatzbedingungen der deutschen Soldaten inAfghanistan zu verschaffen, ging der Untersuchungsaus-schuss auch Hinweisen auf eine von einzelnen Zeugenempfundene, subjektive Unterforderung der eingesetztenSpezialkräfte aufgrund der Qualität der durchgeführtenEinsätze nach.

Während die zunächst durchgeführten drei Zugriffsopera-tionen von den vernommenen Soldaten übereinstimmendals durchaus fordernd bezeichnet wurden (vgl. etwa Ste-nografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 33; Stenografi-sches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 58; StenografischesProtokoll Nr. 14, Teil III, S. 7), kritisierten einige Zeugen,dass ein Einsatz der hochqualifizierten und für spezifi-sche Einsatzszenarien ausgebildeten Kommandosoldatenaufgrund der damaligen Auftragslage aus militärischerSicht bereits ab März 2002 nicht mehr zu rechtfertigengewesen sei.

Der damalige Befehlshaber des Einsatzführungskomman-dos teilte in seiner Zeugenaussage die Ansicht, dass dieBedrohungslage und damit auch die Anzahl möglicherZiele in Afghanistan im Laufe des Jahres 2002 deutlichabgenommen habe. Es entspreche einfach der Befindlich-keit eines hochqualifizierten Kommandosoldaten, sich ineiner solchen Situation dann unterfordert zu fühlen (Ste-nografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 15).

Der damalige stellvertretende Kontingentführer erklärtedie von einigen Zeugen empfundene Unterforderungwährend des Untersuchungszeitraumes mit dem hohen

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 107 – Drucksache 16/10650

Spezialisierungsgrad der Kommandosoldaten. So seienetwa die für Zugriffsoperationen vorgesehenen Teile desKontingents nicht im Rahmen von Aufklärungsmissioneneingesetzt worden, was bei diesen den Eindruck der Un-terbeschäftigung oder Unterforderung habe hervorrufenkönnen (Stenografisches Protokoll Nr. 14, Teil III, S. 7).Zudem sei nicht jede mögliche Operation auch tatsächlichvon den deutschen Spezialkräften durchgeführt worden,was mitunter zur Frustration unter den Soldaten geführthabe:

„(…) Manches ist einfach bei der Lagebeurteilung durch-gefallen, weil die Bundesrepublik Deutschland gesagthat: Das Aufklärungsbild reicht uns nicht aus, die Gefähr-dung unserer Männer ist zu groß etc. (…) Dann saßen dieMänner im Lager. Sie dachten: Wozu sind wir eigentlichda? Immer fallen wir durch. (…)“ (Stenografisches Pro-tokoll Nr. 14, Teil III, S. 35)

Auch andere Angehörige des 1. Kontingents berichtetendem Untersuchungsausschuss, dass die von ihnen durch-geführten Einsätze zwar durchaus dem Anforderungspro-fil des KSK entsprochen und sie eine generelle Unterfor-derung nicht empfunden hätten; gleichwohl wäre man imStande gewesen, mehr zu leisten (Stenografisches Proto-koll Nr. 7, Teil III, S. 17; Stenografisches Protokoll Nr. 11,Teil III, S. 58). Der Zeuge Nr. 23 erklärte dazu, dass diedort gestellten Aufgaben nur ein Minimum der Leistungs-fähigkeit der KSK-Soldaten in Anspruch genommen hät-ten (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 42).

Der Kontingentführer, der sowohl das 1. wie auch das3. Kontingent während des Untersuchungszeitraumes ge-führt hatte, bestätigte eine mit zunehmender Einsatzdauerfestzustellende Abnahme der Auftragsdichte in Afghanis-tan (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 29, 30).

Zu der kritischen Sicht ehemaliger Kontingentangehöri-ger auf die Einsatzwirklichkeit in Afghanistan währenddes Untersuchungszeitraumes befragt, führte der dama-lige Generalinspekteur der Bundeswehr, General a. D.Harald Kujat, aus, dass auch im Bundesministerium derVerteidigung – wenn auch „relativ spät“ – erkannt wordensei, dass die deutschen Kommandosoldaten dort nicht ih-rem Leistungsvermögen entsprechend eingesetzt wordenseien. Die Entscheidung, Spezialkräfte nach Afghanistanzu entsenden, habe jedoch vor allem Solidarität gegen-über den Verbündeten und die Bereitschaft Deutschlandsdokumentieren sollen, Verantwortung zu übernehmen.Dies habe er stets als eine sinnvolle Aufgabe des KSK an-gesehen:

„(…) Wenn es wirklich um primär militärische Fragengegangen wäre und die Bereitschaft der Bundesregierungvorhanden gewesen wäre, sich dort militärisch massiv zuengagieren, dann hätten wir nicht KSK genommen, dannhätten wir andere Verbände genommen.“ (Stenografi-sches Protokoll Nr. 18, Teil III, S. 1)

2. Einsätze des 1. Kontingents

Das 1. Kontingent führte seine Einsätze ausnahmslos ausder Forward Operation Base Kandahar heraus durch. Zu-

vor hatte hier, trotz der Lebens- und Arbeitsbedingungender deutschen Soldaten, die Einsatzvorbereitung des Kon-tingents und insbesondere das „Cross-Training“ mit denSpezialkräften der Partnerstaaten, wenn auch einge-schränkt, durchgeführt werden können, sodass der Kon-tingentführer, seiner Zeugenaussage zufolge, am 10. Ja-nuar 2002 die Einsatzbereitschaft seiner Soldaten habemelden können (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III,S. 1).

a) Führungsorganisation

Als Teil einer multinationalen Spezialkräfte-Koalition inAfghanistan unter Führung der Vereinigten Staaten vonAmerika war das „Deutsche Heereskontingent Spezial-kräfte ENDURING FREEDOM“ (DtHKtg SpezKr EF)nach Herstellung der Einsatzbereitschaft der US-geführ-ten „Combined Joint Special Operation Task ForceSouth“ (CJSOTF-S) für die Dauer des Einsatzes operativunterstellt worden („Transfer of Authority“) (Erfahrungs-bericht 1. Kontingent vom 17. April 2002, MAT 16 – 14,Anlage 24, entspricht BMVg-Ordner 23). Diese soge-nannte Operational Control (OPCON) ermächtigte denKommandeur der CJSOTF-S, die deutschen „Kräfte so zuführen, dass bestimmte Aufträge erfüllt werden können,die im Allgemeinen nach Art, Zeit und Raum begrenztsind, sowie die betreffenden Truppenteile zu dislozierenund Tactical Control über sie selbst auszuüben oder zuübertragen. OPCON umfasst weder die Befugnis, den ge-sonderten Einsatz von Teilen dieser Truppenteile anzu-ordnen, noch sind truppendienstliche oder logistische Be-fugnisse ohne weiteres darin eingeschlossen.“

Nach den Einlassungen des damaligen Kontingentführershabe die OPCON-Unterstellung für das deutsche Spezial-kräfte-Kontingent konkret bedeutet, die Aufträge durchCJSOTF-S erhalten zu haben, aber weiterhin für Planungund Durchführung selbst verantwortlich zu sein. Zudemhabe der Befehlshaber des Einsatzführungskommandosder Bundeswehr jederzeit das Recht und die Möglichkeitgehabt, gegen geplante Einsätze zu opponieren (Steno-grafisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 5). Auch er selbersei – seiner Zeugenaussage zufolge – berechtigt und, beieiner Unvereinbarkeit anstehender Einsätze mit dem Bun-destagsmandat, verpflichtet gewesen,

„(…) als Mann vor Ort die sogenannte Rote Karte zu zie-hen, zu sagen: Das machen wir nicht.“ (StenografischesProtokoll Nr. 4, Teil III, S. 5).

Somit oblag die operative Führungsverantwortung für dieEinsätze der unterstellten Spezialkräfte bei der CJSOTF-Sals einem Teil des „Coalition Forces Land ComponentCommand“ (CFLCC), das seinerseits von dem „US Cen-tral Command“ (USCENTCOM) in Tampa, Florida ge-führt wurde (Erfahrungsbericht 1. Kontingent vom17. April 2002, MAT 16 – 14, Anlage 24, entsprichtBMVg-Ordner 23). Die nationale Führungsverantwortungfür die deutschen Spezialkräfte wurde durch den Befehls-haber des Einsatzführungskommandos über den deut-schen Kontingentführer vor Ort wahrgenommen.

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b) Einsatzplanung und EinsatzdurchführungNach den Ausführungen des damaligen Kontingentführersvor dem Untersuchungsausschuss seien in dieser frühenPhase der Operation Enduring Freedom die Erkenntnisseüber die Lage von Ausbildungslagern, Waffendepots oderVerstecken der Taliban- und Al Qaida-Kräfte in Afgha-nistan der Ausgangspunkt für die Ausplanung der einzel-nen Einsätze von Spezialkräften in Afghanistan gewesen.Im Stab der „Combined Joint Special Operation TaskForce South“ seien die erkannten Ziele nach ihrer Wich-tigkeit bewertet, auf dieser Grundlage sodann eine soge-nannte Target-Liste erstellt und den Kontingenten der be-teiligten Nationen zur Verfügung gestellt worden. Dieeinzelnen Kontingente hätten dann selbst prüfen müssen,ob sie über das jeweils geforderte Fähigkeitsspektrumverfügten und einen der anstehenden Aufträge würdenübernehmen können (Stenografisches Protokoll Nr. 4, TeilIII, S. 4).

Der Kontingentführer fasste die Bedeutung der „Target-Liste“ wie folgt zusammen:

„(…) Die Targetliste war dazu da, damit die einzelnenNationen sich selber ein Bild machen konnten, ob die Fä-higkeiten, die man vor Ort hat, personell und materiellausreichend sind, um bei einer gesunden Risikobewer-tung den eigenen Männern diesen Auftrag zu geben, weilkeiner (…) leichtfertig die Soldaten irgendwo in den Ein-satz schickt. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4,Teil III, S. 17)

Auch der damalige Abteilungsleiter „Spezialoperationen“im Einsatzführungskommando der Bundeswehr bestätigteim Zuge seiner Zeugenvernehmung das Prinzip der Frei-willigkeit bei der Übernahme anstehender Aufträge durchdie Kontingente der einzelnen Nationen:

„(…) Zu diesem Zeitpunkt gab es eine Anzahl von terro-ristischen Zielen, die nominiert waren. Nach Weisung desamerikanischen Befehlshabers wurden die Spezialkräfteder Koalition (…) gefragt, ob sie bestimmte Aufträgeübernehmen konnten. (…)“ (Stenografisches ProtokollNr. 5, Teil II, S. 9)

Nach Aussagen des Kontingentführers sei man innerhalbdes deutschen Kontingents zu dem Schluss gekommen,wenn ein Auftrag im Rahmen der eigenen Möglichkeitenlag, sei dies dem Stab der CJSOTF-S mitgeteilt und gege-benenfalls um zusätzliche Aufklärungsergebnisse undHintergrundinformationen zum Zielobjekt ersucht wor-den (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 4). Überdie weitere Verfahrensweise lässt sich aus den durch denUntersuchungsausschuss beigezogenen Akten des Bun-desministeriums der Verteidigung entnehmen, dass dasKontingent dann unter Berücksichtigung der bis dahinvorliegenden Erkenntnisse in eigener Verantwortung eineEmpfehlung zur Einsatzdurchführung zu erarbeiten hatte,die dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr zurPrüfung vorgelegt werden musste, wobei im Falle derBilligung ein „Concept of Operations“ (CONOP) durchdas Kontingent zu erstellen und dem Kommandeur derCJSOTF-S zur Genehmigung vorzutragen war. DasCONOP musste sodann an das „Coalition Forces Land

Component Command“ gemeldet und die Erteilung dersogenannten Execution Authorization abgewartet werden.Die anschließende Detailausplanung erfolgte demnachstets in enger multinationaler Abstimmung mit den betei-ligten Planungselementen (Erfahrungsbericht 1. Kontin-gent vom 17. April 2002, MAT 16 – 14, Anlage 24, ent-spricht BMVg-Ordner 23).

Auch die Durchführung der Einsätze sei nach den über-einstimmenden Aussagen verschiedener Zeugen in engerZusammenarbeit mit den Koalitionspartnern erfolgt.

Nach dem Abschluss ihres letzten Einsatzes in Afghanis-tan sprach der damalige Befehlshaber des Einsatzfüh-rungskommandos den Soldaten des 1. Kontingents in ei-nem Tagesbefehl seine Anerkennung und seinen Dankaus:

„(…) Mit diesen Einsätzen unter besonders schwierigengeographischen und klimatischen Bedingungen wurde fürdie deutschen Spezialkräfte weitgehend Neuland be-schritten. Sorgfalt bei Planung und Vorbereitung sowieUmsicht und Entschlossenheit bei der Durchführungübertragener Aufträge haben überzeugt, Respekt und An-erkennung der Koalitionspartner gefunden und mir dieWahrnehmung meiner operativen Führungsverantwor-tung leicht gemacht.

Wir sind dankbar, dass keiner unserer Kameraden imKontingent bei diesen Einsätzen zu Schaden gekommenist.

Ich spreche allen Soldaten des 1. DtHKtgt Spezialkräftemeine besondere Anerkennung für die gezeigten Leistun-gen aus; jeder einzelne von ihnen hat in seiner jeweiligenAufgabe und Verantwortung Vorbildliches geleistet.

Ich stelle fest, dass sie, die Angehörigen des 1. DtHKtgtSpezialkräfte in der Operation ‚ENDURINGFREEDOM‘ die Bundeswehr eindrucksvoll repräsentierthaben. (…)“(Tagesbefehl des Befehlshabers des Einsatzführungskom-mandos vom 20. März 2002, MAT 16 – 14, Anlage 04,entspricht BMVg-Ordner 4)

c) Innere Führung

Im Zuge seiner Ermittlungen erhielt der Untersuchungs-ausschuss auch Kenntnis von möglichen Problemen imBereich der Inneren Führung während des Einsatzes des1. Kontingents in Afghanistan. Neben den diesbezügli-chen Auswirkungen der von einigen Kommandosoldatenso empfundenen Unterforderungssituation aufgrund dermitunter bemängelten Anspruchslosigkeit der durchgeführ-ten Operationen (vgl. Ziffer II. Nr. 1. c)) ging der Aus-schuss auch Hinweisen auf einen übermäßigen Alkohol-konsum von Angehörigen des 1. Kontingents nach.

Dabei zeigte sich, dass den Angehörigen des 1. Kontin-gents in Kandahar der Konsum von Alkohol grundsätz-lich gestattet war, was von einem Teil der damals einge-setzten Soldaten mit Blick auf die vorherrschendeBedrohungslage in ihren Aussagen vor dem Untersu-chungsausschuss kritisiert wurde. Einige Zeugen verwie-

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sen hingegen auf die diesbezüglichen Regeln des Kontin-gentführers, die einem möglichen Missbrauch hättenvorbeugen sollen. Zu Nachlässigkeiten oder Einschrän-kungen bei der Planung und Durchführung der einzelnenOperationen aufgrund des vorhandenen Alkohols sei esnach den übereinstimmenden Aussagen der dazu befrag-ten Zeugen jedoch zu keiner Zeit gekommen.

Auf die Frage nach den grundsätzlichen Bestimmungenfür den Alkoholkonsum des 1. Kontingents in Afghanis-tan erläuterte der damalige Kommandeur des Komman-dos Spezialkräfte dem Untersuchungsausschuss, dass eintotales Alkoholverbot über die gesamte Einsatzdauer vonvier Monaten eine unnötige zusätzliche Härte für die ein-gesetzten Soldaten bedeutet hätte, sodass von einer ent-sprechenden Regelung abgesehen worden sei (Stenografi-sches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 15). Auch für dendamaligen Befehlshaber des Einsatzführungskommandoshabe – nach dessen Zeugenaussage – nichts gegen einenmaßvollen Alkoholkonsum der Kontingentangehörigengesprochen. Er habe jedoch stets an das Verantwortungs-bewusstsein der Soldaten appelliert, mit der eingeräumtenFreiheit gewissenhaft umzugehen (Stenografisches Proto-koll Nr. 8, Teil III, S. 14).

Nachdem er dann von möglichen Alkoholexzessen derdeutschen Spezialkräfte in Afghanistan erfahren habe, seisein erster Truppenbesuch in Kandahar auch dazu genutztworden, sich im Vorfeld einer formalen Untersuchung einBild über die Situation zu machen. Zu der Einleitung ei-nes ordentlichen Disziplinarverfahrens sei es im Nach-gang zu diesen Voruntersuchungen aber nicht gekommen,da sich die erhobenen Vorwürfe nicht bestätigt hätten(Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 5 und 14):

„(…) Im Ergebnis: Die haben gefeiert. Aber Exzesswürde ich das nicht nennen. (…)“ (Stenografisches Pro-tokoll Nr. 8, Teil III, S. 5)

Andernfalls hätte er sogar das Risiko auf sich genommen,den Einsatz des 1. Kontingents abzubrechen und die Sol-daten nach Deutschland zurückzubeordern:

„(…) Denn wenn im Zusammenhang mit Alkohol etwaspassiert wäre, wäre sicherlich ich der Erste gewesen, derdann hätte springen müssen. (…)“ (Stenografisches Pro-tokoll Nr. 8, Teil III, S. 14)

Nach dem Abschluss seiner eigenen Ermittlungen habe erdie Angelegenheit zusätzlich dem damaligen Komman-deur des KSK in Calw zur nochmaligen Prüfung übertra-gen. Auch dessen Untersuchung habe ergeben, dass dieerhobenen Vorwürfe nicht zutreffend gewesen seien (Ste-nografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 14). Der ehema-lige Kommandeur des KSK bestätigte, im „Januar oderAnfang Februar“ vom ehemaligen Befehlshaber des Ein-satzführungskommandos (EinsfüKdoBw) über denmöglichen Alkoholmissbrauch innerhalb des deutschenSpezialkräfte-Kontingents unterrichtet worden zu sein(Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 2). Auch erhabe sich – seiner Zeugenaussage vor dem Untersu-chungsausschuss zufolge – durch eine Vielzahl von Ge-sprächen sowohl mit den Kommandosoldaten selbst wieauch mit Unterstützungskräften und zudem anlässlich ei-

nes Truppenbesuches vor Ort der Thematik angenom-men:

„(…) Das Ergebnis war, dass zwar getrunken wurde, ja,sicherlich auch durch den dortigen Kommandeur, (…)und durch den einen oder anderen Offizier, Unteroffizieroder Mannschaften, dass dies aber, soweit ich es aufklä-ren konnte, immer nur in der freien Zeit, zum BeispielSilvester, oder in der auftragsfreien Zeit geschah und dasskein Auftrag, keine Vorbereitung oder Durchführung vonAufträgen durch Alkoholgenuss gefährdet worden war.(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 2)

Die Zeugenvernehmungen durch den Untersuchungsaus-schuss ergaben übereinstimmend, dass zumindest in denersten Tagen nach der Verlegung des 1. Kontingents vonMasirah nach Kandahar noch kein Alkohol in dem deut-schen Lager vorhanden war. So erläuterte der ZeugeNr. 3, sich etwa bis Mitte Januar 2002 in Kandahar aufge-halten zu haben, ohne dass während dieser Zeit Alkoholverfügbar gewesen sei (Stenografisches Protokoll Nr. 8,Teil III, S. 27 und 30). Ein weiterer Zeuge äußerte sichvor dem Ausschuss in ähnlicher Weise, er gab aber an,dass später Bier und Wein aus Deutschland eingeflogenworden und in einem eigens errichteten „Kiosk“ erhält-lich gewesen sei (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II,S. 48 f.). Auch ein anderer Zeuge berichtete von einemVersorgungsflug für die deutschen Spezialkräfte inKandahar, der unter anderem eine „Palette“ geladen ge-habt hätte, die „eigentlich nur aus Bier und Schnaps be-stand“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 33).Der Zeuge Nr. 20 gab ebenfalls an, dass sogleich der ersteVersorgungsflug aus Deutschland „eine Europalette“ Biermit sich geführt habe (Stenografisches Protokoll Nr. 21,Teil III, S. 52).

Der ehemalige Kommandeur des KSK bestätigte, dassBier aus Deutschland eingeflogen worden sei. Dabei habees sich aber nicht um „Unmengen“ gehandelt, da andereVersorgungsgüter absoluten Vorrang genossen hätten(Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 2). Demge-genüber erklärte einer der vernommenen Kommandosol-daten, dass die Prioritäten bei den Versorgungslieferun-gen innerhalb des Kontingents durchaus thematisiertworden seien. So habe er damals gegenüber dem Befehls-haber der Einsatzkräfte kritisiert, dass die Soldaten teil-weise auf einsatzwichtiges Material hätten warten müs-sen, während der Alkohol bereits eingeflogen worden sei(Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 95). Auch einweiterer Zeuge (Nr. 13) äußerte sich vor dem Untersu-chungsausschuss in ähnlicher Weise:

„(…) Mir gefiel es eben nicht, dass solche Sachen wieFeldpost bzw. einsatzwichtiges Material, das nachgefor-dert wurde, gerade Sanitätsmaterial, das verbrauchtwurde, sehr lange auf sich warten ließ. Wie gesagt, manwartet sehnlichst auf einen Flieger, der nur alle paar Wo-chen kommt. Und dann kommt eine Palette mit Bier.(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 33)

Der damalige Kontingentführer erklärte, er habe denKonsum des Alkohols, der den deutschen Soldaten zurVerfügung gestanden habe, reglementiert. Demnach seien

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sowohl der Verkauf wie auch der Konsum von Alkoholerst ab 18 Uhr abends erlaubt gewesen (StenografischesProtokoll Nr. 4, Teil III, S. 19). Ehemalige Kontingentan-gehörige berichteten im Zuge ihrer Zeugenvernehmungzudem von einer Anweisung des Kontingentführers, wo-nach der Konsum von Alkohol auf zwei Dosen Bier proMann und Tag beschränkt gewesen sei (vgl. Stenografi-sches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 28 und 101, Stenografi-sches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 49). Andere Zeugenkonnten sich weder an eine „Zwei-Dosen-Regelung“(Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 60; Stenogra-fisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 55) noch an die ange-ordnete Beschränkung auf die Abendstunden erinnern(Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 47). Wieder-holt verwiesen von dem Ausschuss vernommene Zeugeninsoweit aber auf das Selbstverständnis der Kommando-soldaten, wonach es für sie keiner expliziten Regelungenbedurft habe, um sich in einem Einsatzland wie Afghanis-tan mit Alkohol zurückzuhalten (Stenografisches Proto-koll Nr. 6, Teil III, S. 60; Stenografisches Protokoll Nr. 7,Teil III, S. 55; Stenografisches Protokoll Nr. 14, Teil III,S. 9).

Der damalige Kommandeur des KSK erläuterte dazu inseiner Zeugenaussage:

„(…) Kommandosoldaten sind vergleichbar einem Hoch-leistungssportler, die schon sehr genau wissen, ob undwann und wie viel sie trinken können. Ein Kommando-soldat könnte den permanent hohen Anforderungen garnicht gerecht werden, wenn er über Gebühr, ich sage ein-mal: über zwei Bier am Abend, trinken würde. (…)“ (Ste-nografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 15)

Verschiedene Zeugen berichteten dem Untersuchungsaus-schuss, dass es bei bestimmten Anlässen – etwa nach demerfolgreichen Abschluss eines Einsatzes – zu Feiern imBereich der Einsatzbasis in Kandahar gekommen sei, inderen Verlauf auch Alkohol konsumiert worden sei (Ste-nografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 9; Stenografi-sches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 28; StenografischesProtokoll Nr. 8, Teil III, S. 57 f.). Der Kontingentführererklärte dazu Folgendes:

„(…) Dann war es in der Regel so, dass dann, wenn dieSoldaten gesund nach Hause gekommen sind, man einkräftiges Bier miteinander getrunken hat. (…) Man hatauch mal einen zu viel getrunken; aber die Einsatzbereit-schaft des Kontingentes war zu keinem Zeitpunkt gefähr-det.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 19)

Ein Teil der Soldaten gab an, dass auch im Rahmen dieserZusammenkünfte Alkohol nur maßvoll getrunken wordensei (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 6 und 9;Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 16; Stenogra-fisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 57 f.). Der Zeuge Nr. 28berichtete dem Ausschuss detailliert von zwei Feiern, andenen er selbst teilgenommen habe: Bei der ersten habeman mit etwa 170 Soldaten der Koalition zwei eigens da-für organisierte 50-Liter-Fässer Bier nicht einmal ganzaufgebraucht (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III,S. 57). Der Zeuge weiter:

„(…) Die zweite Geschichte war gegen Ende (…) eineAbschlussfeier der ganzen Koalition, also aller Spezial-kräfte aller Nationen, die vor Ort waren. Es lief darauf hi-naus, dass pro Mann zwei, drei Dosen Bier ausgeteiltwurden. Das war es eigentlich. (…) Von Exzessen in die-ser Richtung: no way.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8,Teil III, S. 57)

Gleichwohl gab der Zeuge Nr. 28 insoweit zu bedenken,dass auch „ein halber oder ein Liter Bier“ unter den da-mals herrschenden Lebensbedingungen – insbesonderevor dem Hintergrund der verminderten Essensaufnahmedurch die deutschen Soldaten – eine ganze andere Wir-kung als zu Hause auf den menschlichen Körper habe ent-falten können (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III,S. 57). In ähnlicher Weise äußerte sich auch ein weitererZeuge, der keine Ausfallerscheinungen bei Kontingentan-gehörigen wahrgenommen habe (Stenografisches Proto-koll Nr. 21, Teil III, S. 8).

Auch die übrigen Zeugen konnten sich an alkoholbe-dingte „Exzesse“, „Riesenverstöße gegen die Innere Füh-rung“ oder „Ausfallerscheinungen“ von Soldaten des1. Kontingents ebenfalls nicht erinnern (vgl. etwa Steno-grafisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 48; StenografischesProtokoll Nr. 6, Teil III, S. 9 und 60; Stenografisches Pro-tokoll Nr. 7, Teil III, S. 16 und 55; Stenografisches Proto-koll Nr. 8, Teil III, S. 57). Vereinzelt wurde jedoch kriti-siert, dass überhaupt Alkohol getrunken wurde, da es ineinem Einsatzland wie Afghanistan eine „einsatzfreieZeit“ überhaupt nicht gegeben habe (Stenografisches Pro-tokoll Nr. 6, Teil III, S. 90; Stenografisches ProtokollNr. 7, Teil III, S. 55; Stenografisches Protokoll Nr. 9, TeilIII, S. 24). Nicht zuletzt die ständig geforderte Einsatzbe-reitschaft aber habe – einem der vernommenen Komman-dosoldaten zufolge – einen maßlosen Umgang mit demzur Verfügung stehenden Alkohol verhindert:

„(…) Es gab keine Freizeitregelung, weil man im Einsatzkeine Freizeit hat. Daher gab es keine großartigen Exzesse,bei denen dem Alkohol gefrönt wurde, jedenfalls nicht, so-weit ich mich erinnern kann. Natürlich hat man einmal einBier getrunken, wenn man von einem Einsatz erfolgreichund an einem Stück und gesund zurückgekommen ist.(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 55)

Andere Soldaten berichteten hingegen von einem über-mäßigen Alkoholkonsum einzelner Kontingentangehöri-ger (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 75; Steno-grafisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 21). So führte derZeuge Nr. 22 aus, dass im deutschen Lager neben Bierauch Schnaps verfügbar gewesen sei:

„(…) Es gab auf jeden Fall harte Sachen, und es wurde daauch von einigen wesentlich mehr getrunken als zwei Do-sen Bier.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 75)

Ein weiterer Kommandosoldat (Zeuge Nr. 18) vertrat inseiner Zeugenaussage die Auffassung, dass im 1. Kontin-gent allgemein zu viel Alkohol getrunken worden sei; voneinigen Kameraden auch tagsüber (Stenografisches Pro-tokoll Nr. 6, Teil III, S. 95). Auch der Zeuge Nr. 14 be-tonte insoweit, dass es sich dabei nur um einen „Teil derPersonen“ gehandelt habe. Dennoch habe das Erlebte mit

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dazu beigetragen, dass er nach seiner Rückkehr nachDeutschland auf eigenen Wunsch aus dem KSK ausge-schieden sei (Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III,S. 21). Der ebenfalls von dem Untersuchungsausschussvernommene Zeuge Nr. 13 berichtete in seiner Aussagevon einer „Unruhe“, die das Kontingent aufgrund vonwiederholten Alkoholverfehlungen einzelner Soldatendamals erfasst habe. Ihm selber seien entsprechende Vor-fälle aber „persönlich nicht aufgefallen“ (StenografischesProtokoll Nr. 5, Teil III, S. 42).

Ein anderer Zeuge (Nr. 18) beanstandete den – nach sei-ner Aussage – wiederholten Alkoholkonsum seiner Vor-gesetzten vor allem deshalb, weil ihm dies in der damali-gen Bedrohungssituation nicht angemessen erschienensei, wobei er angab, insoweit über eine niedrige Toleranz-schwelle zu verfügen (Stenografisches Protokoll Nr. 6,Teil III, S. 90). Ähnliche Kritik äußerte auch der ZeugeNr. 22. Nach seinem Dafürhalten sei es damals versäumtworden, dem Konsum von Alkoholika entgegen zu wir-ken:

„Nein, ich möchte also sogar noch weitergehen: Es gabeinige, die im Vorgesetztenstatus waren, die das vorgelebthaben.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 75)

Der Untersuchungsausschuss ging nicht zuletzt auch derFrage nach, ob den in Kandahar stationierten Partnerkon-tingenten anderer Nationen die Verfügbarkeit von Alko-hol im deutschen Lager bekannt war und ob dies zu Pro-blemen bei der Zusammenarbeit geführt hat. Dazu sagteeiner der vernommenen Kommandosoldaten aus:

„(…) Was sie“ [die Koalitionstruppen] „auf jeden Fallmitgekriegt haben, das war eine Sache, die überall be-kannt war: dass die Deutschen einen Haufen Alkohol ha-ben. Das war auch eine Attraktion für andere. (…)“ (Ste-nografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 86)

Er könne aber nicht sagen, dass das Vorhandensein vonAlkohol auf Ablehnung gestoßen sei. Der ebenfalls zudieser Thematik befragte damalige stellvertretende Kon-tingentführer schloss in seiner Zeugenaussage aus, vonUS-Soldaten jemals auf den Alkoholkonsum des deut-schen Kontingents angesprochen worden zu sein (Steno-grafisches Protokoll Nr. 14, Teil III, S. 26).

Der damalige Befehlshaber des Einsatzführungskomman-dos der Bundeswehr berichtete, bei seinen Nachforschun-gen bei den Verbündeten allgemein nur auf „großeBegeisterung“ über die Leistungen des deutschen Kontin-gents gestoßen zu sein. Bezüglich des Alkoholkonsumsseien von den Verbündeten keine Auffälligkeiten moniertworden (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 5).

Auch der ehemalige Kommandeur des KSK konnte sichvor dem Untersuchungsausschuss an alkoholbedingteProbleme mit den Partnernationen nicht erinnern:

„(…) Das Kommando hat ja auch von allen, insbesonderevon den Amerikanern, höchstes Lob erfahren. Wenn dorteine Truppe gekämpft oder zum Einsatz gekommen wäre,die ständig angetrunken durch die Gegend gelaufen wäreund ihre Aufträge nicht ordentlich vorbereitet hätte, wäredas ja nicht der Fall gewesen.“ (Stenografisches ProtokollNr. 11, Teil III, S. 3)

3. Einsätze des 2. KontingentsAuch für die Einsätze des 2. Spezialkräfte-Kontingentsdiente der Flugplatz von Kandahar als Ausgangsbasis.

a) FührungsorganisationDas 2. Kontingent war dem ausgewerteten Aktenmaterialzufolge nach Umgliederungen innerhalb der US-amerika-nischen Führungsstrukturen ab März 2002 nunmehr der„Combined Joint Special Operation Task Force Afghanis-tan“ (CJSOTF-A) OPCON unterstellt (Wochenmeldungvom 14. März 2002, MAT 16 – 14, Anlage 23, entsprichtBMVg-Ordner 22) und verblieb dort zunächst bis AnfangJuli 2002. Ab dem 3. Juli 2002 wurde das Kontingent vo-rübergehend der „Task Force 11“ OPCON unterstellt, diewiederum direkt durch das USCENTCOM in Tampa,Florida geführt wurde (Wochenmeldung vom 3. Juli 2002,MAT 16 – 14, Anlage 23, entspricht BMVg-Ordner 22).Die Wahrnehmung der nationalen Führungsverantwor-tung oblag während des gesamten Zeitraumes bei unver-änderten Zuständigkeiten weiterhin dem Befehlshaberdes Einsatzführungskommandos der Bundeswehr.

b) Einsatzplanung und EinsatzdurchführungAnders als beim 1. Kontingent des Kommandos Spezial-kräfte (KSK) wurde dem Folgekontingent ein fester Ein-satzraum zugewiesen. In diesem Raum oblag es denSpezialkräften, eigenständige Operationen zu planen unddurchzuführen.

4. Einsätze des 3. KontingentsDie Hauptkräfte des 3. Spezialkräfte-Kontingents verleg-ten bei ihrem Einsatz über Kandahar in die neu eingerich-tete Forward Operation Base in Bagram und stellten dortdie Einsatzbereitschaft her. Teile des Kontingents wur-den, anders als bei den Vorgängerkontingenten, aufGrund der geänderten Lage, zeitweise in Deutschland be-reitgehalten und lageabhängig in das Einsatzland ver-bracht.

a) FührungsorganisationDas 3. Kontingent war wie das Vorgänger-Kontingent derCJSOTF-A OPCON unterstellt. Die CJSOTF-A ihrerseitswar nun ein Element der „Combined Joint Task Force180“ (CJTF 180), die dem USCENTCOM in Tampa,Florida unterstand (Erfahrungsbericht 3. Kontingent vom5. Dezember 2002, MAT 16 – 14, Anlage 24, entsprichtBMVg-Ordner 23).

Die Melde- und Genehmigungsverfahren sowie die Ein-flussmöglichkeiten der deutschen Stellen waren den Ein-lassungen des Kontingentführers und dem ausgewertetenAktenmaterial zufolge auch diesmal identisch zum erstenZeitraum (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 3).

b) Einsatzplanung und EinsatzdurchführungDas Kontingent war zunächst im Verantwortungsbereichkanadischer Streitkräfte eingesetzt, bevor ihm ein eigener

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Raum zugewiesen wurde. In diesem Raum wurde in derFolge durch die eigene Operationsplanung und -führungwesentlich zum Schutz der internationalen Schutztruppenbeigetragen.

III. Einfluss von Dienststellen der Bundes-wehr auf Einsätze der Spezialkräfte-Kontingente im Rahmen der Operation Enduring Freedom

Der Kern der Ermittlungen des Untersuchungsausschus-ses zu diesem Punkt war die Klärung der Frage, welcherDienststelle der Bundeswehr die nationale Führungsver-antwortung bezüglich des Einsatzes deutscher Spezial-kräfte während des Untersuchungszeitraumes oblag,mithin, welche nationalen Strukturen über Einflussnah-memöglichkeiten auf die Führungsprozesse der zweiten,der operativen Ebene verfügten. Auf dieser operativenEbene, auch dies wurde im Verlauf der Untersuchungendeutlich, kam es zu einem Neben- und Miteinander deut-scher und multinationaler Befehlsstränge, dessen Ur-sprung – wie unter II. gezeigt – in der Einbindung derdeutschen Kommandosoldaten in multinationale Füh-rungsstrukturen zu suchen ist. Hinzu trat mit Abflug ausDeutschland die Herauslösung der in Afghanistan einge-setzten deutschen Kommandosoldaten aus ihren bisheri-gen truppendienstlichen Unterstellungsverhältnissen desKSK mit Sitz in Calw und die Division Spezielle Opera-tionen (DSO) als übergeordneter Großverband zur Füh-rung der spezialisierten Kräfte und Spezialkräfte desDeutschen Heeres.

1. Einsatzführungskommando der Bundeswehr

Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr mit Sitzin Geltow bei Potsdam ist heute das zentrale Element derBundeswehr zur Planung und Führung von Auslandsein-sätzen unterhalb des Bundesministeriums der Verteidi-gung. Aufgestellt im Juli 2001 als ein integraler Bestand-teil des Transformationsprozesses der Bundeswehr hin zueiner „Armee im Einsatz“ sollte es innerhalb von neunMonaten seine Einsatzbereitschaft herstellen und als teil-streitkraftübergreifende Führungsinstanz von Auslands-einsätzen fungieren. Der damalige Befehlshaber des Ein-satzführungskommandos führte in seiner Zeugenaussagevor dem Untersuchungsausschuss zu dem gesetzten Zeit-plan Folgendes aus:

„(…) Mit den Ereignissen des 11. September waren diesePlanungen dann Makulatur. Das Kommando stellte – da-mals noch mit 50 Prozent des geplanten Personalumfangsausgestattet – seine Einsatzbereitschaft bis zum 16. No-vember 2001 her. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8,Teil II, S. 7)

Der 16. November 2001 war der Tag, an dem der Deut-sche Bundestag zustimmte, dass deutsche Streitkräftesich gemeinsam mit den USA und anderen Partnerstaatenbei der militärischen Bekämpfung des internationalenTerrorismus im Rahmen der Operation Enduring Free-dom beteiligen sollten. Noch am gleichen Tag wurde von

dem Leiter der Stabsabteilung V des Führungsstabes derStreitkräfte (Fü S V) im Bundesministerium der Verteidi-gung die „Weisung Nr. 1“ erlassen. Sie lag dem Untersu-chungsausschuss vor und enthält grundsätzliche Festle-gungen für den Einsatz der Bundeswehr in der OperationEnduring Freedom, die für alle Teilkontingente der deut-schen Streitkräfte galten. Darin heißt es:

„(…) 2. Auftrag

Bundeswehr

– stellt bereit mit erster Priorität – parallel zu Einsätzenauf dem Balkan und in Georgien – bewaffneteStreitkräfte, um mit den USA und Partnerstaaten aufder Grundlage des Artikel 51 der Satzung der Verein-ten Nationen und des Artikel 5 des Nordatlantikver-trages im Rahmen der Operation ‚ENDURINGFREEEDOM‘ zur militärischen Bekämpfung des in-ternationalen Terrorismus im Rahmen der durch denDeutschen Bundestag festgelegten personellen Ober-grenze (3 900 Soldaten) und im festgelegten Einsatz-gebiet (gemäß Artikel 6 des Nordatlantikvertrags, diearabische Halbinsel, Mittel- und Zentralasien undNord-Ost-Afrika sowie die angrenzenden Seegebiete)zusammen zu wirken;

– trifft hierzu unverzüglich erste vorbereitende Maßnah-men einschließlich der Festlegung einer einheitlichenFührungsorganisation zur Führung aller Einsätze imRahmen einer DEU Beteiligung an OperationENDURING FREEDOM. (…).

3. Durchführung

a. Absicht

Bundeswehr

(1) beginnt mit der Vorbereitung der Bereitstellung vonfolgenden Kräften für die Operation ENDURINGFREEDOM: (…) Spezialkräfte (…);

(2) regelt Detailausplanung, Vorbereitung, Verlegungund Einsatz der jeweiligen Kontingente mit Einzel-weisungen,

(3) plant aus und führt auf Befehl alle Einsätze deutscherKontingente im Rahmen von ENDURING FREE-DOM durch EinsFüKdoBw nach Weisungen BMVg;(…).

b. Einzelaufträge

(1) Einsatzführungskommando der Bundeswehr

(a) plant und führt den Einsatz der im Rahmen vonENDURING FREEDOM eingesetzten deutschenKontingente auf operativer Ebene;

(b) setzt um ministerielle Weisungen in Einsatzangele-genheiten in Befehle und Aufträge an die betroffenenBereiche der Bundeswehr;

(c) koordiniert einsatzrelevante Maßnahmen aller Kom-mandos und Ämter seiner Ebene; (…).“

(Weisung Nr. 1 v. 16.11.2001, MAT 16 – 14, Anlage 04,entspricht BMVg-Ordner 4)

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 113 – Drucksache 16/10650

Zuvor war im Bundesministerium der Verteidigung ge-prüft worden, ob das erst kurz zuvor gebildete und nochnicht vollständig aufgebaute Einsatzführungskommandoüberhaupt mit der operativen Führung der deutschenKontingente beauftragt werden könne oder ob die Füh-rungsverantwortung zunächst beim Führungsstab desHeeres belassen werden sollte. Der ehemalige Befehlsha-ber des Einsatzführungskommandos erläuterte vor demUntersuchungsausschuss, dass sich der Minister auf sei-nen Vorschlag hin dann aber entschieden habe, Planungund Führung der Operationen Enduring Freedom undISAF dem Einsatzführungskommando zu übertragen(Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil II, S. 7). DieserAufgabenverteilung trug auch eine weitere Weisung desBMVg Rechnung, in der die Aufträge für das Einsatzfüh-rungskommando bei der Führung von Spezialkräften imRahmen der Operation Enduring Freedom bestätigt undpräzisiert wurden.

Eine nachfolgende Weisung zum Einsatz fasste die Auf-gaben des Einsatzführungskommandos abermals zusam-men und stellte klar, dass jede Einzeloperation der Spe-zialkräfte-Kontingente der Billigung durch das BMVgbedurfte.

Noch vor dem ersten Einsatz des 1. Kontingents sei esnach übereinstimmenden Zeugenaussagen vor dem Un-tersuchungsausschuss jedoch zu einer Übertragung derEntscheidungsbefugnis vom Bundesminister der Verteidi-gung auf den damaligen Befehlshaber des Einsatzfüh-rungskommandos gekommen. Dieser führte dazu aus:

„(…) Anfang Januar gab es eine Entscheidung durch dasBMVg, dass ich selbstständig über Einsätze entscheidenkonnte, wenn diese sich auf der Basis oder innerhalb desvorgegebenen Rahmens durch den Bundesminister derVerteidigung halten würden. (…) Wenn die Pläne, die mirvorgelegt worden sind, sich im Rahmen dessen bewegten(…), habe ich entschieden und diese Entscheidung an denBundesminister der Verteidigung gemeldet, immer überden Fü S V. Haben sich Abweichungen ergeben, habenwir sofort gemeldet und den Einsatz nicht freigegeben.Erst wenn endgültig entschieden worden ist, haben wirdie Freigabe erteilt. (…)“ (Stenografisches ProtokollNr. 8, Teil II, S. 9)

Der damalige Kontingentführer berichtete, dass die Über-tragung der Entscheidungsbefugnis letztlich auf seine Ini-tiative zurückgegangen sei, da die ursprüngliche Festle-gung, jeden Einsatz durch den Minister genehmigen zulassen, aufgrund eines Antrages von ihm geändert wordensei (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 1). Bereitsin einem Bericht über seine Erkundungsreise in die For-ward Operation Base Kandahar vom 27. Dezember 2001,der dem Untersuchungsausschuss vorlag, hatte der Kon-tingentführer eine Übertragung der Entscheidungsbefug-nis auf den Befehlshaber des Einsatzführungskommandosangeregt:

„Möglicherweise ist es notwendig, bei – nach Bewertungdurch die Spezialisten vor Ort – realistisch durchführba-ren Einsätzen, sehr rasch Handlungsfreiheit zu bekom-men. Eine diesbezügliche Entscheidungsbefugnis bereits

auf Ebene des Befh EinsFüKdo wäre m. E. notwendigund sollte angestrebt werden.“ (Erkundungsbericht vom27. Dezember 2001, S. 5, MAT 16 – 14, Anlage 11, ent-spricht BMVg-Ordner A10)

Auch vor dem Untersuchungsausschuss begründete er dieSinnhaftigkeit der Übertragung der Entscheidungsbefug-nis mit der Notwendigkeit, über flache und somit zuschnellen Entscheidungen befähigte Hierarchien zu ver-fügen, um eine effektive Auftragserfüllung durch dieSpezialkräfte nicht zu gefährden, da diese in der Regelnur ein Zeitfenster von 48 bis 96 Stunden hätten, um dieOperationsplanung und -vorbereitung für einen anstehen-den Einsatz abzuschließen (Stenografisches ProtokollNr. 4, Teil III, S. 11).

„(…) Wenn diese Entscheidung beim Minister gebliebenwäre, hätten wir keine Einsätze durchführen können.(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 11)

Der ehemalige Befehlshaber des Einsatzführungskom-mandos der Bundeswehr konnte sich in seiner Zeugen-aussage vor dem Untersuchungsausschuss an einen förm-lichen Antrag des Kontingentführers nicht erinnern. Essei aber richtig, dass dieser nachdrücklich um eine Ver-kürzung der Befehlswege gebeten habe, was dann in ei-nen Antrag an das Bundesministerium der Verteidigunggemündet sei (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III,S. 3). Diesem Antrag sei dann auch zugestimmt worden,sodass dem Befehlshaber des Einsatzführungskomman-dos ab diesem Zeitpunkt die Verantwortung für die Ge-nehmigung der einzelnen Operationen oblegen habe, wieder damalige Leiter der Abteilung „Spezialoperationen“vor dem Untersuchungsausschuss bestätigte (Stenografi-sches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 10).

Mit Abflug aus Deutschland nach Masirah wurde dasdeutsche Spezialkräfte-Kontingent aus den bisherigenUnterstellungsverhältnissen des KSK in Calw und die Di-vision Spezielle Operationen herausgelöst und dem Be-fehlshaber des Einsatzführungskommandos unterstellt,sodass dieser nunmehr auch als truppendienstlicher Vor-gesetzter der eingesetzten Kommandosoldaten fungierte.Charakteristisch für die Wahrnehmung der nationalenFührungsverantwortung im Vorfeld geplanter Einsätze seinach der Aussage des damaligen Befehlshabers des Ein-satzführungskommandos die grundsätzliche Beschrän-kung auf eine Überprüfung der mandats- und fürsorge-rechtlichen Zulässigkeit der Planungen des deutschenKontingents gewesen, während die taktisch-operativeFührungsverantwortung in erster Linie bei der US-ge-führten CJSOTF gelegen habe. Der Zeuge führte weiteraus:

„(…) Das Einsatzführungskommando führte grundsätz-lich die deutschen Kontingente in allen nationalen Ange-legenheiten. Dazu gehörten unter vielen anderen Aufga-ben personelle Angelegenheiten, Logistik, Schutz derTruppen, Infrastruktur, Betreuung usw. Die operativ-tak-tischen Befehle für den Einsatz und solche Aufträge er-hielten die Kontingentführer von den internationalenKommandeuren der Koalition. Die Aufgabe meinesKommandos bestand darin, diese Weisungen oder Be-

Drucksache 16/10650 – 114 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

fehle aus den Koalitionen auf ihre Mandatstreue hinsicht-lich des Bundestagsmandats zu überprüfen. (…)“ (Steno-grafisches Protokoll Nr. 8, Teil II, S. 7)

Über die konkrete Einbeziehung des Einsatzführungs-kommandos in die Planung anstehender Einsätze sagteder Kontingentführer aus, dass alle Einsätze nach erfolg-ter Lagebeurteilung und Auftragsauswertung durch ihn,aber noch vor der konkreten Planungs- und Vorberei-tungsphase dem Einsatzführungskommando und dort derAbteilung „Spezielle Operationen“ zur Genehmigung derAusplanung vorzulegen gewesen seien (StenografischesProtokoll Nr. 4, Teil III, S. 3). Und weiter:

„(…) Alle von uns dann erstellten Operationspläne wur-den mehr als kritisch hinterfragt – Stichwort Risikoana-lyse – und mussten im Detail erläutert werden. Alle Ein-sätze wurden durch das Einsatzführungskommando zurDurchführung freigegeben. (…)“ (Stenografisches Proto-koll Nr. 4, Teil III, S. 3)

Die besonders enge Zusammenarbeit zwischen dem Kon-tingent und dem Einsatzführungskommando wurde auchvon dem damaligen stellvertretenden Kontingentführerdes 1. Kontingents hervorgehoben, der aussagte, dass na-hezu jeder Schritt im Vorfeld anstehender Operationenbesprochen worden sei. Vergleichbares habe er in seinermilitärischen Laufbahn zuvor nicht erlebt (Stenografi-sches Protokoll Nr. 14, Teil III, S. 7). Der Befehlshaberdes Einsatzführungskommandos habe jederzeit das Rechtund die Möglichkeit gehabt, gegen geplante Einsätze zuopponieren (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III,S. 5). Der ehemalige Leiter der Abteilung „Spezialopera-tionen“ merkte hierzu an, dass der Kontakt zwischenKontingent und Einsatzführungskommando bereits imVorfeld der Einsatzplanung einen Dialog darüber ermög-licht habe, ob der jeweilige Auftrag übernommen werdenkönne oder nicht, sodass es, zumindest bei ausgeplantenEinsätzen, keine Ablehnung gegeben habe (Stenografi-sches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 9). Der damalige Befehls-haber des Einsatzführungskommandos antwortete auf dieFrage des Untersuchungsausschusses, ob er anstehendenEinsätzen während des Untersuchungszeitraumes seineGenehmigung verweigert habe:

„(…) Wie gesagt, das ist ein, zwei Mal gewesen; kannauch drei Mal gewesen sein. Aber (…) nicht sehr häufig,(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 22).

Über die Gründe, die zu einer Verweigerung der Freigabeführen konnten, sagte er aus:

„Ja, die Ablehnung hat es zum Beispiel gegeben, wennder Einsatz zu kurzfristig kam. Also: Ein Einsatz konntedurchaus im Rahmen des Machbaren sein. Aber wenndieser Einsatz so kurzfristig kam, dass er nicht mit der er-forderlichen Solidität vorbereitet werden konnte – ichhatte natürlich auch eine wesentliche Verantwortung fürdas Leben und die Gesundheit unserer Soldaten –, zumBeispiel, dann haben wir es abgelehnt. (…)“ (Stenografi-sches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 22)

Auch während der laufenden Einsätze sei das Einsatzfüh-rungskommando ständig über den Verlauf unterrichtet

worden und hätte gegebenenfalls eingreifen können, wieder damalige Kontingentführer während seiner Zeugen-vernehmung erläuterte. So habe etwa die Durchführungder ersten Operation über einen Zeitraum von drei Tagenund zwei Nächten hinweg in Echtzeit per Live-Video-übertragung weitergemeldet werden müssen. Auch dieNachbereitungen der Einsätze durch das Kontingent seiendem Einsatzführungskommando zur Kenntnis gegebenworden (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 2).Der von dem Untersuchungsausschuss vernommene Ab-teilungsleiter „Spezialoperationen“ im Einsatzführungs-kommando führte zu diesem Thema aus:

„(…) Bei Einsätzen und Operationen wurde in einer stän-dig geschalteten Leitung zwischen dem Kontingentführerund dem national verantwortlichen Befehlshaber des Ein-satzführungskommandos ständig Verbindung gehalten,sodass eine Einflussnahme jederzeit möglich gewesenwäre. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 9)

Dennoch habe sich der damalige Befehlshaber des Ein-satzführungskommandos nach eigenem Bekunden in die-ser Phase mit Weisungen an die eingesetzten deutschenSoldaten zurückgehalten und nur ganz selten in eine lau-fende Operation eingegriffen. Vielmehr sei es ihm darumgegangen, sich ein Bild von der Lageentwicklung machenund im Bedarfsfall unverzüglich seine Hilfe anbieten zukönnen (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 19).

Die Beweisaufnahme durch den Untersuchungsausschussergab überdies, dass innerhalb des Einsatzführungskom-mandos neben dem Befehlshaber vor allem die Abteilung„Spezialoperationen“ mit den Einsätzen des KSK inAfghanistan befasst gewesen war. So stellte der Kontin-gentführer im Zuge seiner Zeugenvernehmung fest:

„(…) Einfluss auf die Einsätze hatte somit in jedem Falldas Einsatzführungskommando, hier die Abteilung ‚Spe-zielle Operationen‘. (…)“ (Stenografisches ProtokollNr. 4, Teil III, S. 3).

Deren Leiter fasste die Aufgaben seiner Abteilung in sei-ner Zeugenaussage vor dem Untersuchungsausschuss wiefolgt zusammen:

„Die Abteilung ‚Spezialoperationen‘ hat alle im Zusam-menhang mit der Spezialkräfteoperation stehenden Dingeschon wegen des Schutzbedürfnisses und des Geheimhal-tungsbedürfnisses autark bearbeitet. Wir haben also diestrategischen Weisungen des Führungsstabes der Streit-kräfte in operative Weisungen an das Kontingent umge-setzt. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 9).

Er selbst habe den Befehlshaber des Einsatzführungs-kommandos bei der Wahrnehmung der nationalen Verant-wortung unterstützt. Dies habe bedeutet, die anstehendenEinsätze auf ihre Mandatskonformität, auf die Überein-stimmung mit den Führungs- und Einsatzgrundsätzendeutscher Spezialkräfte und hinsichtlich der rechtlichenRahmenbedingungen zu überprüfen (StenografischesProtokoll Nr. 5, Teil II, S. 9).

Auf die Frage, ob der Abteilungsleiter auch eigenständigEntscheidungen bezüglich der Einsatzdurchführung inAfghanistan habe treffen können, gab der damalige Be-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 115 – Drucksache 16/10650

fehlshaber des Einsatzführungskommandos an, dass diesallenfalls auf logistische Fragen bezogen denkbar gewe-sen sei. Alle operativen Entscheidungen habe er selbst ge-troffen (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 3).Darüber hinaus habe er bei Bedarf auch auf andere Abtei-lungen des Einsatzführungskommandos zurückgegriffen:

„(…) Es gab (…) noch zwei Bereiche, bei denen Abtei-lungsleiter, wenn notwendig, mit herangezogen wurden.Das waren einmal der Leiter der nachrichtendienstlichenAbteilung J 2 und der Abteilungsleiter Sanitätsdienst, derKommandoarzt, dem ja auch die Ärzte im Einsatz alle un-terstanden. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil II,S. 9).

Der ehemalige Abteilungsleiter „Spezialoperationen“ be-stätigte die intensive Einbeziehung des leitenden Sanitäts-offiziers in alle Aspekte der sanitätsdienstlichen Unter-stützung und die des Abteilungsleiters J2 im Bereich desmilitärischen Nachrichtenwesens, um hier alle Informa-tionen über feindliche Kräfte bestmöglich nutzen zu kön-nen. Zudem habe man bei der Prüfung der mandatsrecht-lichen Zulässigkeit von Einsätzen auch den leitendenRechtsberater des Einsatzführungskommandos genutzt,der allein und ausschließlich für die rechtlichen Bewer-tungen zuständig gewesen sei (Stenografisches ProtokollNr. 5, Teil II, S. 9 f.).

2. Division Spezielle Operationen

Die Division Spezielle Operationen (DSO) ist ein militä-rischer Großverband zur zentralen Führung der speziali-sierten Kräfte und Spezialkräfte des Deutschen Heeres,darunter auch des Kommandos Spezialkräfte mit demStandort Calw. Nach Aussage ihres damaligen Komman-deurs sei die DSO jedoch nicht in die Planung und Durch-führung der KSK-Einsätze in Afghanistan involviert ge-wesen, da die nationale Führungsverantwortung alleindurch den Befehlshaber des Einsatzführungskommandosüber den Kontingentführer vor Ort wahrgenommen wor-den sei. Seine Beteiligung habe sich auf die Bereitstel-lung allgemeiner logistischer Unterstützung zur Sicher-stellung der Einsatzbereitschaft des KSK beschränkt.Diese Aufgabenteilung sei zur Sicherstellung der notwen-digen „Operational Security“ und der Schaffung flacherHierarchien auch angezeigt gewesen (StenografischesProtokoll Nr. 14, Teil II, S. 7).

„(…) Das heißt, über die Phase, wo konkrete Aufträge andas KSK gegeben wurden, einschließlich der Vorberei-tung, habe ich keine detaillierten Kenntnisse – (…)“ (Ste-nografisches Protokoll Nr. 14, Teil II, S. 7)

Er sei ausschließlich über ausbildungsspezifische As-pekte des Afghanistan-Einsatzes informiert gewesen undhabe weder in einem direkten Kontakt mit den in Afgha-nistan eingesetzten Kontingenten gestanden noch habe erKenntnis von deren Meldungen an das Einsatzführungs-kommando erlangt (Stenografisches Protokoll Nr. 14, TeilII, S. 8 und 9).

3. Kommando Spezialkräfte

Der damalige Kommandeur des Kommandos Spezial-kräfte erklärte vor dem Untersuchungsausschuss, imUntersuchungszeitraum keine Verantwortung für denoperativen Einsatz der Spezialkräfte-Kontingente inAfghanistan getragen zu haben:

„(…) Das heißt, mit Überschreiten der Landesgrenze gingdie disziplinare und operative Verantwortung von dem ur-sprünglichen Kommandeur bei all diesen Einsätzen aufdas Einsatzführungskommando in Potsdam, in personaauf den (…)“ [Befehlshaber des Einsatzführungskom-mandos] „über. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 11,Teil II, S. 8)

In der Anfangszeit des Einsatzes habe er alle ein bis zweiTage in einem telefonischen Kontakt mit dem Kontin-gentführer vor Ort gestanden. Später – im Frühjahr 2002,oder erst während des Einsatzes des 2. Kontingents, diessei ihm nicht mehr erinnerlich – habe zudem die Mög-lichkeit bestanden, über eine Videokonferenzanlage zukommunizieren. In den Gesprächen sei es aber vorwie-gend um logistische Fragen, insbesondere um die Bedürf-nisse und Anliegen der Kommandosoldaten gegangen,konkrete Informationen über die Vorbereitung und dieDurchführung von Einsätzen habe er nicht erhalten (Ste-nografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 1 und 10). Da-rüber hinaus habe er das Kontingent etwa „drei-, viermal“während des Untersuchungszeitraumes aufgesucht undsich mit den Kommandosoldaten ausgetauscht (Stenogra-fisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 14).

IV. Einfluss des Bundesministeriums der Verteidigung auf Einsätze des Kommandos Spezialkräfte

Neben einer Klärung der Einflussmöglichkeiten und Ent-scheidungsbefugnisse von Dienststellen der Bundeswehrauf der zweiten, der operativen Ebene des Einsatzes vondeutschen Spezialkräften in Afghanistan befasste sich derUntersuchungsausschuss auch mit den Verantwortlichkei-ten innerhalb des Bundesministeriums der Verteidigungals der strategischen Führungsebene. Als oberste Bundes-behörde mit der Zuständigkeit für Fragen der Landes- undBündnisverteidigung ist das Ministerium zugleich verant-wortlich für die Führung der drei Teilstreitkräfte und derübrigen militärischen Organisationsbereiche innerhalbder Bundeswehr. Der Bundesminister der Verteidigungals Ressortchef ist gemäß Artikel 65a GG Inhaber der Be-fehls- und Kommandogewalt im Frieden und im Span-nungsfall und somit den Streitkräften gegenüber wei-sungsbefugt. Unterstützt wird er bei der Erfüllung seinerAufgaben von den Staatssekretären als seinen Stellvertre-tern, dem Generalinspekteur der Bundeswehr als seinemengsten militärpolitischen Berater sowie den zivilen Ab-teilungen und militärischen Führungsstäben des Ministe-riums.

Der Untersuchungsausschuss widmete sich im Zuge sei-ner Ermittlungstätigkeit eingehend den interministeriellenBefehls- und Meldewegen während des Einsatzes deut-scher Spezialkräfte in Afghanistan sowie der Aufgabenver-

Drucksache 16/10650 – 116 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

teilung zwischen dem Ministerium als militärpolitischerLeitungsinstanz und den nachgeordneten militärischenFührungsbereichen, insbesondere dem Einsatzführungs-kommando als dem zentralen Element zur Planung undDurchführung von Auslandseinsätzen innerhalb der Bun-deswehr. Die Untersuchung zeigte die Zuständigkeit desBundesministers der Verteidigung bei Entscheidungenvon politischer oder grundsätzlicher Bedeutung im Zu-sammenhang mit der Beteilung des KSK an der Opera-tion Enduring Freedom auf, während rein militärischeFührungsprozesse von dem Einsatzführungskommandozu leisten waren. Schnittstelle zwischen beiden Ebenenwährend des Untersuchungszeitraumes, auch dies erga-ben die Ermittlungen des Untersuchungsausschusses, wardie Stabsabteilung V im Führungsstab der Streitkräfte(Fü S V), deren regelmäßige Berichte die Grundlage fürdas Lagebild der ministeriellen Leitungsebene bildeten.Eine herausgehobene Stellung nahm zudem der General-inspekteur der Bundeswehr als oberster deutscher Soldatund militärpolitischer Berater der Bundesregierung ein.

1. Führungsstab der StreitkräfteAls Arbeitsstab des Generalinspekteurs der Bundeswehrgliederte sich der Führungsstab der Streitkräfte (Fü S)während des Untersuchungszeitraumes in die fünf Stabs-abteilungen Fü S I (Innere Führung; Personal; Ausbil-dung; Organisation), Fü S II (Militärisches Nachrichten-wesen), Fü S III (Militärpolitik und Rüstungskontrolle),Fü S IV (Planung) sowie Fü S V (Einsatz Bundeswehr).Nach den Ermittlungen des Untersuchungsausschusseskam insbesondere der Stabsabteilung Fü S V eine beson-dere Bedeutung im Verlauf von Auslandseinsätzen derBundeswehr zu, da sie als Verbindungsglied zwischendem Bundesminister der Verteidigung auf der strategi-schen und dem Einsatzführungskommando als der verant-wortlich handelnden Stelle auf der operativen Ebenefungierte, ohne dabei selbst eine eigenständige Führungs-verantwortung wahrzunehmen.

Zu der grundsätzlichen Aufteilung der Zuständigkeiteninnerhalb der Abteilung, die ihrerseits aus den vier Refe-raten Fü S V 1 (Grundlagen Einsatz/Übungen), Fü S V 2(Einsatzplanung), Fü S V 3 (Einsatzführung) und Fü S V 4(Lageführung; Bereitschaftszentrum der Bundeswehr; In-formationszentrale) bestand, führte der damalige Stabsab-teilungsleiter Fü S V aus:

„Wir haben zum damaligen Zeitpunkt das Referat V 2 ge-habt, was die Einsatzplanung gemacht hat, und V 3 fürdie laufenden Operationen. Es ist immer so, dass das Pro-jekt, wenn die Planung abgeschlossen ist, an das Einsatz-führungsreferat übergeben wird, also an Fü S V 3. Nurwenn es grundsätzlich neue Planungen gibt, dann steigtFü S V 2 mit der entsprechenden Planung wieder ein.Wenn sie abgeschlossen ist, geht sie praktisch zur Exeku-tion, zur Durchführung an das Referat Fü S V 3.“ (Steno-grafisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 12)

Auch der damalige Referatsleiter Fü S V 3 bestätigte,dass die Verantwortung für die Vorbereitung von Aus-landseinsätzen bei dem Referat Fü S V 2 gelegen habe. Inder jeweiligen Endphase der Planungen seien dann Ange-

hörige seines Referates hinzugezogen worden, um einenreibungslosen Übergang der Zuständigkeit auf sein Refe-rat gewährleisten zu können, der in der Regel mit demBeginn der Verlegung eines Kontingents erfolgt sei (Ste-nografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 35). Gleichzeitigstellte er in seiner Aussage jedoch klar, dass für die opera-tive Führung der Kontingente im Auslandseinsatz alleindas Einsatzführungskommando der Bundeswehr verant-wortlich gewesen sei:

„(…) Wir wurden immer dann beteiligt, wenn sich in denlaufenden Einsätzen Klärungsbedarf und Handlungsbe-darf ergaben, die auf ministerieller Ebene gelöst werdenmussten. Es war dann unsere Aufgabe, für die Koordina-tion bzw. das Herbeiführen von Lösungen auf ministeriel-ler Ebene zu sorgen, über die wir dann das Einsatzfüh-rungskommando informiert haben bzw. gemäß denen wires angewiesen haben zu verfahren.“ (StenografischesProtokoll Nr. 10, Teil II, S. 36).

Ein weiterer Schwerpunkt der eigenen Tätigkeit sei dieErstellung regelmäßiger Berichte aufgrund von Mel-dungen des Einsatzführungskommandos für die Lei-tungsebene des Ministeriums gewesen, sodass das Refe-rat Fü S V 3 überwiegend koordinierend tätig gewesen sei(Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 34), ohneselbst operative Weisungen an deutsche Soldaten im Aus-landseinsatz erteilt zu haben.

Über die Art der vom Einsatzführungskommando an dasBundesministerium der Verteidigung weitergegebenenMeldungen, die hier die Grundlage für das Lagebild derstrategischen Führungsebene bildeten, wusste der dama-lige Leiter der Abteilung „Spezialoperationen“ des Ein-satzführungskommandos Folgendes zu berichten:

„Für uns war der Führungsstab der Streitkräfte, Fü S V– Einsatz –, zuständig. Wir haben dem Bundesministe-rium der Verteidigung natürlich unsere Weisungen an dasKontingent nachrichtlich vorgelegt und das BMVg auchüber die für die strategische Ebene relevanten Dinge ausden Meldungen des Kontingents informiert. (…)“ (Steno-grafisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 10).

Die Nichtweiterleitung allein taktisch oder operativ be-deutsamer Informationen an das Ministerium habe dabeideutscher Führungsphilosophie entsprochen, wonach sichjede Befehlsebene mit ihren jeweiligen Verantwortungs-und Aufgabenbereichen zu beschäftigen habe. Ein „Fil-tern“ habe dieses Vorgehen aber nicht dargestellt (Steno-grafisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 20).

2. Generalinspekteur der BundeswehrStellung und Amtsbefugnisse des Generalinspekteurs derBundeswehr während des Untersuchungszeitraumes re-gelte der sogenannte Blankeneser Erlass des damaligenBundesministers der Verteidigung, Helmut Schmidt, ausdem Jahre 1970. Danach war der Generalinspekteur dieunmittelbar dem Minister nachgeordnete ministerielleInstanz für die Entwicklung und Realisierung der Ge-samtkonzeption der militärischen Verteidigung, der Ge-samtverantwortliche für die Bundeswehrplanung im Bun-desministerium der Verteidigung sowie der militärische

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 117 – Drucksache 16/10650

Berater des Ministers und der Bundesregierung. Das Amtdes Generalinspekteurs wurde in der ersten Hälfte desUntersuchungszeitraums von General Harald Kujat be-kleidet. Ihm folgte ab dem 1. Juli 2002 General WolfgangSchneiderhan.

Nach der Ernennung wies der damalige Bundesministerder Verteidigung, Dr. Peter Struck, dem Generalinspek-teur im Vorgriff auf seinen damals bereits in der Ausar-beitung befindlichen und im Januar 2005 verkündeten„Berliner Erlass“ zur Neuordnung der militärischen Spit-zengliederung in Deutschland zu seinen bisherigen Auf-gaben auch die Verantwortung für die Planung, Vorberei-tung, Führung und Nachbereitung von Einsätzen derBundeswehr zu. Diese Übertragung einer herausgehobe-nen Position innerhalb der bundeswehrinternen Befehls-kette und die damit einhergehende Unterstellung des Ein-satzführungskommandos der Bundeswehr stellte einebeträchtliche Erweiterung der Zuständigkeiten des Gene-ralinspekteurs auf der strategischen Entscheidungsebenewährend des Untersuchungszeitraumes dar. In seiner Zeu-genaussage vor dem Untersuchungsausschuss bestätigteder damalige Befehlshaber des Einsatzführungskomman-dos, erst dem neuen Generalinspekteur in allen Einsatz-angelegenheiten unterstellt worden zu sein (Stenografi-sches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 4).

General a. D. Harald Kujat führte im Verlauf seiner Zeu-genaussage vor dem Untersuchungsausschuss aus, als mi-litärpolitischer Berater der Bundesregierung über keiner-lei Befehlsbefugnisse gegenüber den in Afghanistaneingesetzten deutschen Soldaten verfügt zu haben, da dasAmt des Generalinspekteurs zu seiner Amtszeit nochnicht in die Befehlskette zur Führung von Auslandsein-sätzen eingegliedert gewesen sei (Stenografisches Proto-koll Nr. 18, Teil II, S. 19). Auf die Frage, welche Kriterienerfüllt sein mussten, damit Meldungen im Zusammen-hang mit dem Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistandennoch an den Generalinspekteur herangetragen wur-den, gab der ehemalige Stabsabteilungsleiter Fü S V imBMVg dem Untersuchungsausschuss folgende Auskunft,auch wenn insoweit unklar blieb, auf welchen Amtsinha-ber er sich dabei bezog:

„Immer dann, wenn von dem gebilligten Operationsplanabgewichen wird, das heißt also, zeitliche, räumliche oderauch Schwerpunktänderungen eintreten. (…) Wenn mandann von einem Raum außerhalb Kabuls beschossenwird, wenn man dort Aufklärungsmittel einsetzen will,muss man sich das letztlich vom Generalinspekteur billi-gen lassen. Wenn er der Überzeugung ist, dass es eineLeitungsentscheidung erfordert, dann entscheidet er das.(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 12)

Zudem betonte er die Zuständigkeit des Generalinspek-teurs in Fragen von militärpolitischer Relevanz, etwadann, wenn zum Beispiel ein Auftrag eines US-Komman-deurs an die deutschen Spezialkräfte innerhalb des Minis-teriums als nicht hinnehmbar bewertet worden sei. In ei-nem solchen Fall habe der Generalinspekteur dann eineKlärung der Angelegenheit mit seinem jeweiligen Coun-terpart anstreben müssen (Stenografisches ProtokollNr. 10, Teil II, S. 11).

General a. D. Harald Kujat selbst berichtete als Antwortauf die Frage, bei welchen Gelegenheiten er konkret indie Vorbereitung oder Durchführung von Einsätzen desKSK in Afghanistan involviert gewesen sei, von einemGespräch mit dem damaligen Befehlshaber des US „Cen-tral Command“ im Vorfeld einer möglichen deutschenBeteiligung an der Operation Enduring Freedom vom2. Dezember 2001:

„(…) Dabei ging es um zwei Dinge: einmal um das, waswir leisten könnten, und natürlich auch (…) darum, dasswir nicht Anträge erhielten, die wir aus politischen odermilitärischen Gründen nicht erfüllen wollten oder nichterfüllen konnten. Der Einsatz der Spezialkräfte, der KSK,war Teil dieses Gesprächs, der dann auf dem normalenWeg über eine Anfrage der amerikanischen Regierungabgearbeitet wurde.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 18,Teil II, S. 7).

Bereits verbindliche Entscheidungen seien im Zuge die-ses Austausches aber gerade nicht getroffen worden. Viel-mehr sei es sein Anliegen gewesen, sich über die Absich-ten der Vereinigten Staaten im Kampf gegen denTerrorismus zu informieren, um so seiner Rolle als mili-tärpolitischer Berater der Bundesregierung gerecht wer-den zu können (Stenografisches Protokoll Nr. 18, Teil II,S. 12).

3. Bundesminister der Verteidigung

Von einem besonderen Interesse für die Aufklärungs-arbeit des Untersuchungsausschusses waren sowohl dieformalen wie auch die tatsächlich wahrgenommenen Ent-scheidungsbefugnisse des Bundesministers der Verteidi-gung im Vorfeld und während des Einsatzes deutscherSpezialkräfte in Afghanistan. Von diesen Einflussmög-lichkeiten zu unterscheiden sind die bloßen Kenntnisseder damaligen Entscheidungsträger über Einzelaspektevon Operationen, die in dem nachfolgenden Abschnitt E.dargestellt werden.

Bundesminister a. D. Rudolf Scharping führte das Bun-desministerium der Verteidigung seit 1998; in seineAmtszeit fielen die grundsätzliche Entscheidung übereine Beteiligung Deutschlands an der Operation EnduringFreedom, die dazu notwendigen Vorbereitungen sowiedie Einsätze der ersten beiden Spezialkräfte-Kontingentein Afghanistan; ihm folgte im Amt ab Juli 2002 Dr. PeterStruck.

Der damalige Stabsabteilungsleiter Fü S V im BMVgsagte vor dem Untersuchungsausschuss aus, dass dieFrage nach der Bereitstellung der verschiedenen Teilkon-tingente für die multinationale Operation EnduringFreedom, darunter auch die Bereitstellung der Einsatz-kontingente des Kommandos Spezialkräfte, in ihrenGrundzügen durch den Generalinspekteur auf demDienstweg bis zum Bundesminister der Verteidigung ge-langt und von diesem gebilligt worden sei (Stenografi-sches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 11). Somit sei – demehemaligen Stabsabteilungsleiter Fü S V im BMVg zu-folge – die Grundsatzentscheidung, Spezialkräfte einzu-

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setzen, eine Ministerentscheidung gewesen (Stenografi-sches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 13).

Auch der ehemalige Generalinspekteur, General a. D. Ha-rald Kujat, bestätigte in seiner Zeugenaussage vor demUntersuchungsausschuss die Entscheidungsbefugnis desMinisters in dieser Frage (Stenografisches ProtokollNr. 18, Teil II, S. 12). Bundesminister a. D. RudolfScharping selbst äußerte sich dazu nicht konkret. Er be-schrieb allgemein seine Einbindung in die grundsätzlicheEntscheidung über den Einsatz des KSK im Rahmen derOperation Enduring Freedom wie folgt:

„(…) Die Aufgaben, über die im Ministerium gesprochenworden sind, bezogen sich zunächst auf, (…), allgemeineUnterstützungsaufgaben für Spezialkräfte insgesamt. Eswaren sehr viele Nationen an diesen Spezialkräften betei-ligt. Es gab eine gewisse Diskussion darüber: Erstens. Anwelchen Einsätzen werden sie konkret beteiligt? Zwei-tens. Was können wir davon unter den Bedingungen derGeheimhaltung dem Parlament sagen? Drittens. Ist dasein auf Dauer durchhaltbarer und verantwortbarer Ein-satz? (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 15, Teil II, S. 7)

Er führte zudem aus, in Einzelentscheidungen über diedann durchzuführenden Einsätze des KSK nicht einge-bunden gewesen zu sein. Seine Aufgabe sei die Vorgabevon politischen Leitlinien gewesen, während die rein mi-litärischen Führungsprozesse der operativen Ebene oble-gen hätten:

„(…) Wenn es aber darum geht, zu sagen, dass sich einebestimmte Gruppe von Menschen mit einem bestimmtenmilitärischen Auftrag in einer bestimmten Umgebung be-

wegen soll, ist das militärische Führungsverantwortung.Das kann nicht Aufgabe eines Ministers sein. (…)“ (Ste-nografisches Protokoll Nr. 15, Teil II, S. 15)

Demgegenüber erklärte General a. D. Harald Kujat, dassder Bundesminister der Verteidigung aufgrund der sichständig verändernden Situation selbst die notwendigenEntscheidungen im Rahmen der regelmäßigen Leitungs-besprechungen getroffen habe, die dann von dem jeweilszuständigen Vorgesetzten umgesetzt worden seien (Steno-grafisches Protokoll Nr. 18, Teil II, S. 19). Auch nach derErinnerung des damaligen Befehlshabers des Einsatzfüh-rungskommandos seien Einzelfragen von herausgehobe-ner Bedeutung, wie die Verlegung des 1. Kontingents vonMasirah nach Kandahar oder die Verlegung speziell aus-gerüsteter Fahrzeuge nach Afghanistan, durch das Bun-desministerium der Verteidigung entschieden worden(Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil II, S. 4).

In dem von dem Untersuchungsausschuss ausgewertetenAktenmaterial des Bundesministeriums der Verteidigungfanden sich zwar mitunter Ministervorlagen zum Einsatzdes KSK in Afghanistan, inwieweit diese dem Ministeraber tatsächlich zur Kenntnis gelangt sind oder zu Minis-terentscheidungen geführt haben, ließ sich den Vorlagennicht entnehmen. Anders verhält es sich bei der Frage derVerlegung der deutschen Spezialkräfte von Kandaharnach Bagram. Auf dem entsprechenden Schriftstück fan-den sich das Wort „Einverstanden“ und die Unterschriftdes damaligen Bundesministers der VerteidigungDr. Peter Struck (Wochenmeldung vom 17. Juli 2002,MAT 16 – 14, Anlage 23, entspricht BMVg-Ordner 22).

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E. Welche Personen in der Bundeswehr und im Bundesministerium der Verteidigung hatten je welche Kenntnis über die KSK-Einsätze in Kandahar von ca. November 2001 bis ca. November 2002?

Mit diesem Punkt des Untersuchungsauftrages soll die kompaktes und aktuelles Bild über die Absichten und

Frage nach den individuellen Kenntnissen einzelner Per-sonen innerhalb der Bundeswehr und des Bundesministe-riums der Verteidigung über die Einsätze der deutschenSpezialkräfte Einsatzkontingente in Afghanistan geklärtwerden. Im Laufe der Beweiserhebung zeigte sich, dassdieser Personenkreis aufgrund der strengen Geheimhal-tung bezüglich deutscher Kommando-Einsätze im We-sentlichen deckungsgleich mit den verantwortlich Han-delnden der in Abschnitt D. dargestellten maßgeblichenStellen gewesen ist.

I. Kenntnisse von Personen in der Bundeswehr

Neben den Soldaten der deutschen Spezialkräfte-Kontin-gente selbst waren es insbesondere Mitarbeiter des Einsatz-führungskommandos der Bundeswehr (EinsFüKdoBw),die aufgrund ihrer engen Einbindung in die Wahrneh-mung der nationalen Verantwortung bei der Führung desKSK in Afghanistan über umfassende Kenntnisse dieserEinsätze verfügten, während sowohl der Kommandeurdes KSK in Calw wie auch der Kommandeur der überge-ordneten Division Spezielle Operationen ihren Aussagenvor dem Untersuchungsausschuss zufolge allenfalls überlogistische Aspekte informiert gewesen seien.

1. Einsatzführungskommando der Bundeswehr

Wie unter Abschnitt D. dargestellt, kam dem Einsatzfüh-rungskommando die zentrale Funktion bei der Führungder deutschen Spezialkräfte-Kontingente während desAfghanistan-Einsatzes zu. Nach den übereinstimmendenZeugenaussagen vor dem Untersuchungsausschuss wareninnerhalb des Einsatzführungskommandos der Befehlsha-ber, dessen Stellvertreter sowie der Chef des Stabes stetsumfassend über die Operationen der deutschen Spezial-kräfte-Kontingente unterrichtet, um zu jeder Zeit eine ein-heitliche Führung sicherstellen zu können. Die eigentlicheBearbeitung der mit den Einsätzen im Zusammenhang ste-henden Führungsfragen erfolgte durch die Abteilung „Spe-zialoperationen“ des Einsatzführungskommandos, dieden Befehlshaber bei der Wahrnehmung seiner nationalenFührungsverantwortung zu unterstützen hatte.

Um den notwendigen Informationsstand der maßgeben-den Offiziere innerhalb des Einsatzführungskommandossicherzustellen und zu einer Vervollständigung des Lage-bildes beizutragen, waren die Kontingente verpflichtet,regelmäßig Meldung zu erstatten. Diese Verpflichtungumfasste Tagesmeldungen, Wochenmeldungen sowie So-fortmeldungen bei Besonderen Vorkommnissen (Steno-grafisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 13). Die Tages-meldungen sollten der übergeordneten Führung ein

Bewertungen des Kontingents sowie Kerninformationenüber die Personalstärke, Feind- und Versorgungslage ver-mitteln, wohingegen die Wochenmeldungen ausführlicherwaren und Informationen aus allen Führungsgrundgebie-ten und zur Operationsführung sowie zu Aspekten der lo-gistischen Unterstützung, der Führungsunterstützung, derMenschenführung und zum inneren Gefüge der Truppeenthielten (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 10).

Der ehemalige Befehlshaber des Einsatzführungskom-mandos der Bundeswehr sagte vor dem Untersuchungs-ausschuss aus, nach dem Eintreffen der Tagesmeldungenregelmäßig zunächst eine Lagebesprechung durchgeführtzu haben, um die neuesten Informationen aus dem Ein-satzgebiet auszuwerten, woran sich in der Regel eine Vi-deokonferenz mit dem deutschen Kontingentführer vorOrt angeschlossen habe. Diese sei entweder durch ihn,seinem Stellvertreter oder den Chef des Stabes geleitetworden (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil II, S. 8).Auch der Kontingentführer ließ sich vor dem Untersu-chungsausschuss dahingehend ein, nahezu täglich mit ei-nem der drei Generale des Einsatzführungskommandosüber eine Videokonferenzanlage kommuniziert zu haben:

„(…) Das waren die einzigen drei nach meinem Kennt-nisstand außerhalb dieser Abteilung ‚Spezielle Operatio-nen‘, die in die Operation eingebunden waren. (…)“ (Ste-nografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 13).

Die ständige Einbindung auch des stellvertretenden Be-fehlshabers und des Chef des Stabes des Einsatzführungs-kommandos in die Operationen des KSK sei allein schondeshalb erfolgt, weil diesen Einsätzen eine besondere Be-deutung beigemessen worden sei und für den Fall der Ab-wesenheit des Befehlshabers eine kontinuierliche Füh-rung in diesem Bereich sichergestellt werden sollte(Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 20). Nebenden bislang Genannten seien innerhalb des Einsatzfüh-rungskommandos nur die Angehörigen der Abteilung„Spezialoperationen“ umfassend über die Einsätze desdeutschen Spezialkräfte-Kontingents in Afghanistan in-formiert gewesen.

„Ja. Vom Grundsatz her galt die Regel ‚Need to know‘,und aus dem Bereich des Einsatzführungskommandos– (…) – hatten von den Dingen eigentlich nur ich, meinStellvertreter und der Chef des Stabes sowie die Abtei-lung Spezialkräfte – eine eigentlich in sich autarke Abtei-lung – Kenntnis. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 8,Teil II, S. 9)

Der Kontingentführer gab in seiner Zeugenvernehmungan, tägliche Telefonate mit dem Leiter der Abteilung„Spezialoperationen“ geführt zu haben (StenografischesProtokoll Nr. 4, Teil III, S. 13). Dieser bestätigte, von al-

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len Informationen und Anfragen des KontingentführersKenntnis erlangt zu haben (Stenografisches ProtokollNr. 5, Teil III, S. 2).

Um sich über die Meldungen hinaus ein Bild von denEinsätzen der deutschen Spezialkräfte in Afghanistan ma-chen zu können, habe der damalige Befehlshaber des Ein-satzführungskommandos das deutsche Kontingent inKandahar in dem Zeitraum von Dezember 2001 bis März2002 nach eigenem Bekunden zudem „zwei- oder drei-mal“ aufgesucht (Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III,S. 9).

2. Division Spezielle OperationenWie unter Abschnitt D. dargestellt, habe der damaligeKommandeur der Division Spezielle Operationen nacheigenen Aussagen über keine detaillierten Kenntnisse be-züglich der Einsätze des Kommandos Spezialkräfte inAfghanistan verfügt.

3. Kommando SpezialkräfteAuch der damalige Kommandeur des Kommandos Spe-zialkräfte (KSK) sei nach eigenem Bekunden zwar überlogistische Aspekte, nicht jedoch über Art und Ablauf dervon deutschen Spezialkräften in Afghanistan durchge-führten Einsätze informiert gewesen (siehe dazu Ab-schnitt D.).

II. Kenntnisse von Personen im Bundes-ministerium der Verteidigung

Nach dem Grundsatz „Need to know“ hatten auch imBundesministerium der Verteidigung von den Operatio-nen der deutschen Spezialkräfte in Afghanistan nur sol-che Personen Kenntnis, die damit dienstlich unmittelbarbefasst waren, sodass auch hier der Kreis der Eingeweih-ten mit den in Teil D. genannten Personen deckungs-gleich ist. Bundesminister a. D. Dr. Peter Struck fasstediese Gruppe wie folgt zusammen:

„Ich natürlich, soweit es meine Amtszeit betrifft, natür-lich auch der Führungsstab der Streitkräfte, der General-inspekteur, die Staatssekretäre sicher auch. (…)“ (Steno-grafisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 46)

Schnittstelle zu dem mit operativen Führungsverantwort-lichkeiten befassten Einsatzführungskommando der Bun-deswehr war die Stabsabteilung Fü S V des Führungssta-bes der Streitkräfte, in der das Meldeaufkommen deruntergeordneten Führung ausgewertet, aufbereitet und– soweit relevant – der Leitungsebene des Ministeriumszur Kenntnis gegeben wurde. Über die grundsätzlicheVerfahrensweise bei eingehenden Meldungen deutscherAuslandskontingente führte der damalige Stabsabtei-lungsleiter Fü S V aus:

„Es ist im Grunde genommen so, dass der Referent imRahmen der Auftragstaktik bei uns schon der erste Filterist, der dann entscheidet: Ist etwas relevant für meinenReferatsleiter – ja oder nein? – Der Nächste ist dann derReferatsleiter, der es dem Stabsabteilungsleiter vorlegt.Dort wird es dann dem Informationsbedarf der jeweiligen

Führungsebene entsprechend in Form gebracht, zusam-mengefasst und entweder über Vorlagen zur Kenntnisgebracht oder aber auch im Rahmen der wöchentlichenLeitungslage, die parallel dazu gelaufen ist, (…)“ (Steno-grafisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 12)

1. Führungsstab der Streitkräfte

Wie bereits ausgeführt, nahm die Stabsabteilung Fü S Veine Schlüsselposition bei der Führung und Koordinierungdeutscher Auslandseinsätze ein; das Referat Fü S V 2 wäh-rend der Planungs- und Vorbereitungsphase und das Refe-rat Fü S V 3 während der eigentlichen Einsatzdurchfüh-rung. Hauptaufgabe des letztgenannten Referates war dieAuswertung des eingehenden Meldeaufkommens und dieErstellung eigener Berichte für die Leitungsebene des Mi-nisteriums. Die Ermittlungen des Untersuchungsaus-schusses zeigten, dass innerhalb des Führungsstabes derStreitkräfte der Chef des Stabes, der StabsabteilungsleiterFü S V sowie der Leiter und die Mitarbeiter des ReferatesFü S V 3 über umfassende Kenntnisse bezüglich der Ein-sätze des KSK in Afghanistan während des Untersu-chungszeitraumes verfügten.

Der damalige Stabsabteilungsleiter Fü S V im BMVg be-schrieb in seiner Zeugenaussage vor dem Untersuchungs-ausschuss zunächst den Meldeweg von Informationen ausden Auslandskontingenten in das Bundesministerium derVerteidigung:

„Die Kontingentführer, die damals in die Operation OEFeingebunden waren, haben an das Einsatzführungskom-mando gemeldet. Das Einsatzführungskommando hatdiese Meldungen dann in einer Tagesmeldung, Morgen-lage, zusammengefasst. Diese Lage ist dann in den Fü S Vweitergegeben worden. Mir ist diese Meldung morgens,im Regelfall gegen 7.00 Uhr, vorgelegt worden, ist danngrob ausgewertet worden und dann im Regelfall mit demChef des Stabes erläutert worden. (…)“ (StenografischesProtokoll Nr. 10, Teil II, S. 17)

Der damalige Abteilungsleiter „Spezialoperationen“ be-richtete, dass das Einsatzführungskommando auch wäh-rend laufender Operationen der deutschen Spezialkräfteteilweise ständigen Kontakt zum Ministerium gehaltenhabe, um dort einen hohen Informationsstand über denVerlauf dieser „durchaus sehr risikoträchtigen“ Einsätzesicherzustellen (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II,S. 10):

„(…) All die Dinge, die mit Operationen zusammenhin-gen, haben wir immer sehr verzugslos weitergemeldet.(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 11)

Dabei habe man mitunter eine Meldung noch am gleichenTag weitergeleitet oder sogar mehrere Meldungen an ei-nem Tag abgesetzt. Bei Besonderen Vorkommnissenseien Sofortmeldungen auch nachts vorgelegt worden(Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 19). Zu demAdressatenkreis der genannten Meldungen aus dem Ein-satzführungskommando an das Bundesministerium derVerteidigung sagte der ehemalige Abteilungsleiter „Spe-zialoperationen“ aus:

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 121 – Drucksache 16/10650

„(…) Es waren ein Referent und der Referatsleiter vonFü S V 3, die beiden, die ich auch namentlich kenne. Mitdenen haben wir öfter gesprochen, und an die haben wirauch unsere Meldungen geschickt. Die waren die Emp-fänger dieser Meldungen.“ (Stenografisches ProtokollNr. 5, Teil II, S. 12)Der damalige Stabsabteilungsleiter Fü S V im BMVg be-stätigte, dass die eingehenden Meldungen zunächst voneinem Referenten des Fü S V 3 aufgenommen wordenseien (Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 8). Aufdie Frage von Mitgliedern des Untersuchungsausschus-ses, ob die Meldungen des Einsatzführungskommandosüber die deutschen Spezialkräfte durch das ReferatFü S V 3 gefiltert oder kommentiert worden seien, gab eran:„Die werden im Regelfall kommentiert. Mir werden auchnicht alle Meldungen vorgelegt, weil es sich bei einemgroßen Teil um Routinemeldungen handelt. Wenn bei-spielsweise die Einsatzvorbereitung läuft – das ist teil-weise über Tage und Wochen gelaufen, bis mal wieder einkonkreter Einsatz gelaufen ist –, dann bin ich im Grundegenommen nur im Rahmen dieser Wochenmeldungenoder Routinemeldungen darüber unterrichtet worden.“(Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 12)Der damalige Referatsleiter Fü S V 3 beschrieb in seinerZeugenaussage vor dem Untersuchungsausschuss, wiemit Meldungen des Einsatzführungskommandos über denEinsatz des KSK in Afghanistan innerhalb des Bundes-ministeriums der Verteidigung weiter verfahren wurde:„Wir haben, wie gesagt, die täglichen Berichte“ [des Ein-satzführungskommandos] „ausgewertet und haben Be-sonderheiten, wenn sie zum Beispiel mit der Versorgungdes Kontingentes oder mit dem Stand von Vorbereitungenvon Einsätzen zu tun hatten, in diesem Bericht zusam-mengefasst. Dieser Bericht ist durch mich bzw. einen Re-ferenten in meinem Referat erstellt worden. Der Berichtist dann an den Stabsabteilungsleiter, Herrn (…), weiter-geleitet worden und noch einmal endgültig abgestimmtworden, bevor er dann auf dem Dienstweg zum Bundes-minister gegangen ist.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 10,Teil II, S. 34)Zur Vervollständigung des Lagebildes innerhalb des Mi-nisteriums über die Geschehnisse im afghanischen Ein-satzraum habe der Führungsstab der Streitkräfte, nach derAussage des damaligen Stabsabteilungsleiters Fü S V imBMVg, auch auf die Erkenntnisse des deutschen Verbin-dungskommandos beim US „Central Command“ inTampa, Florida, zurückgegriffen:„(…) Parallel dazu haben wir uns über unser Verbin-dungskommando in Tampa die Gesamtzusammenhänge– mittelfristige, langfristige Planungszusammenhänge –melden lassen (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 10,Teil II, S. 8)

2. Leitungsebene des Ministeriums und Generalinspekteur der Bundeswehr

Wie zuvor dargestellt, wurden die Meldungen des Ein-satzführungskommandos durch die Stabsabteilung Fü S Vausgewertet und bei entsprechender Relevanz der Lei-

tungsebene des Ministeriums in aufbereiteter Form zurKenntnis gereicht. Die Beweisaufnahme des Untersu-chungsausschusses ergab, dass selbst in diesem engstenFührungszirkel nur derjenige Einblick in die Operationendes KSK in Afghanistan erhielt, der damit dienstlich un-mittelbar befasst war.

Staatssekretär a. D. Klaus-Günther Biederbick sagte zuden innerministeriellen Geheimhaltungsbemühungen vordem Untersuchungsausschuss aus:

„(…) Um den Auftrag nicht zu gefährden, musste dies ineiner großen Geheimhaltung ablaufen. Von daher ist KSKnicht in der normalen Lage vorgetragen worden wie allesandere, sondern KSK-Einsätze sind vorgetragen wordenentweder mündlich durch den Generalinspekteur – daswar eigentlich die Regel, kann man sagen, dass der Gene-ralinspekteur im kleinen Kreis dem Minister bzw. mir,wenn wir zusammengesessen haben, vorgetragen hat –oder man hat sich im Führungszentrum in einem separa-ten Raum über KSK unterhalten und dort wurde zur Lagevorgetragen, auch über die KSK-Einsätze. (…)“ (Steno-grafisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 20)

Auch der damalige Stabsabteilungsleiter Fü S V imBMVg gab im Zuge seiner Zeugenvernehmung an, dassüber die Spezialoperationen in der Routineministerlagenicht berichtet worden sei. Dies sei gesondert in einemsehr kleinen, dazu ermächtigten Kreis geschehen (Steno-grafisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 13), was von demdamaligen Leiter des Ministerbüros von BundesministerRudolf Scharping bestätigt wurde (Stenografisches Proto-koll Nr. 14, Teil II, S. 31). Allerdings sei nach der Aussagevon Staatssekretär a. D. Klaus-Günther Biederbick dieser„allerexklusivste“ Kreis im Verlauf des Einsatzes des2. Spezialkräfte-Kontingents erweitert worden (Stenogra-fisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 20). Der von dem Un-tersuchungsausschuss vernommene damalige Leiter desMinisterbüros fasste die Geheimhaltungsbemühungen un-ter der Ägide von Bundesminister Rudolf Scharping wiefolgt zusammen:

„(…) Der Minister legte allergrößten Wert darauf, insbe-sondere in der Frage des Einsatzes von Kommando-Spe-zialkräften, um die es ja nach dem 11. September ging,dieses in einem außerordentlich kleinen Kreise zu bespre-chen – außerordentlich klein –, sodass ich Ihnen nochnicht einmal sagen kann, aus wem der Kreis konkret be-standen hat, außer dass ich weiß, dass Menschen da insMinisterbüro hineingegangen sind und wieder heraus.(…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 14, Teil II, S. 29)

a) Generalinspekteur der Bundeswehr

Die Zeugenaussagen vor dem Untersuchungsausschussergaben übereinstimmend, dass auch General a. D. Ha-rald Kujat umfassend über die Einsätze des KSK in Af-ghanistan informiert war, obwohl der Generalinspekteurder Bundeswehr während seiner Amtsführung noch nichtin die Befehlskette bei der Führung von Auslands-einsätzen eingegliedert war. Die möglichen Kenntnissevon General Wolfgang Schneiderhan, seit Juli 2002 Ge-neral Kujats Nachfolger im Amt des Generalinspekteurs,

Drucksache 16/10650 – 122 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

wurden nicht zum Gegenstand der Ermittlungen des Un-tersuchungsausschusses gemacht, auch wenn Zeugenaus-sagen über die Kenntnisse des Generalinspekteurs nichtimmer erkennen ließen, auf welchen Amtsinhaber sie sichbezogen.

Der damalige Generalinspekteur, General a. D. HaraldKujat, erläuterte, dass der Leitungsebene zu den KSK-Operationen durch den Befehlshaber des Einsatzfüh-rungskommandos im Wesentlichen im Rahmen der regel-mäßigen Leitungsrunden vorgetragen worden sei (Steno-grafisches Protokoll Nr. 18, Teil II, S. 10). SeinerZeugenaussage zufolge habe er aber:

„(…) auch nicht an allen Leitungsgesprächen teilgenom-men, sodass ich es durchaus für möglich halte – wahr-scheinlich ist es sogar so gewesen –, dass der Ministerauch das eine oder andere Mal mit dem Befehlshaber Ein-satzführungskommando unter vier Augen gesprochenhat.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 18, Teil II, S. 9/10)

Weitergehende Einlassungen über seine Kenntnisse be-züglich der einzelnen Operationen des KSK in Afghanis-tan machte er nicht. Der damalige StabsabteilungsleiterFü S V im BMVg gab im Zuge seiner Zeugenverneh-mung an, dass der Generalinspekteur über alle Einsätzedes 1. Kontingents informiert gewesen sei (Stenografi-sches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 13). Staatssekretär a. D.Klaus-Günther Biederbick sagte aus, dass dem Bundes-minister der Verteidigung und ihm bezüglich des Einsat-zes deutscher Spezialkräfte in Afghanistan in der Regeldurch den Generalinspekteur vorgetragen worden sei(Stenografisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 20). Der Par-lamentarische Staatssekretär a. D. Walter Kolbow führtevor dem Untersuchungsausschuss aus:

„(…) Es ist auch, was das KSK angeht, nach meinem re-sümierenden Erinnerungsvermögen so gewesen, dass daviel zwischen dem amtierenden Verteidigungsministerund dem Generalinspekteur als militärisch Verantwortli-chem oder auch bilateral zwischen Inspekteur und beam-tetem Staatssekretär oder Verteidigungsminister gelaufenist. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 14, Teil III, S. 39)

Zu der Frage, ob er dem KSK-Kontingent in Afghanistaneinen Truppenbesuch abgestattet habe, ließ sich Generala. D. Harald Kujat dahingehend ein, im Zuge seinerAfghanistan-Besuche zwar Kabul und die Nordregion,nicht jedoch das Feldlager der deutschen Spezialkräfte inKandahar aufgesucht zu haben (Stenografisches ProtokollNr. 18, Teil II, S. 7).

b) StaatssekretäreDie vier Staatssekretäre des Bundesministeriums der Ver-teidigung bilden zusammen mit dem Bundesminister dieLeitungsebene des Hauses. Während zwei Parlamentari-sche Staatsekretäre den Minister bei der Erfüllung seinerAufgaben als Regierungsmitglied unterstützen, indem sieVerbindung zum Bundestag, Bundesrat und den Fraktio-nen halten und ihn dort vertreten, obliegt den beiden beam-teten Staatssekretären die Unterstützung des Ministers beider fachlichen Leitung des Ministeriums und bei der Aus-übung der Befehls- und Kommandogewalt im Frieden. DieAbgeordneten des Deutschen Bundestages Brigitte Schulte

und Walter Kolbow fungierten während des Untersu-chungszeitraumes als Parlamentarische Staatssekretäre,Klaus-Günther Biederbick und Dr. Walther Stützle als be-amtete Staatsekretäre im Verteidigungsministerium.

Über die Einbindung der Staatsekretäre in die Operatio-nen von Soldaten des KSK in Afghanistan sagte Bundes-minister a. D. Dr. Peter Struck Folgendes aus:

„Zunächst lief das natürlich alles über die beamtetenStaatssekretäre, entweder Staatssekretär Biederbick oder– im Vertretungsfall – Staatssekretär Stützle. (…) DieParlamentarischen Staatssekretäre sind vielleicht bei Ge-legenheit informiert worden. Es war auch nicht Gegen-stand der Kollegiumssitzung im BMVg, die ich regelmä-ßig geführt habe und an der auch die ParlamentarischenStaatssekretäre teilgenommen haben.“ (StenografischesProtokoll Nr. 13, Teil II, S. 46)

Staatssekretär a. D. Klaus-Günther Biederbick gab in sei-ner Zeugenvernehmung an, unter Bundesminister a. D.Rudolf Scharping für die Durchführung von Auslandsein-sätzen zuständig und somit als Einsatzstaatssekretär in die„Chain of Command“ eingegliedert gewesen zu sein:

„(…) Mir ist die Vorlage vom Haus auch über den Einsatzder KSK vorgelegt worden, wie das eigentlich bei allenEinsätzen die Regel ist.“ (Stenografisches ProtokollNr. 13, Teil II, S. 14 f.)

Bei den meisten Unterrichtungen über den Einsatz deut-scher Spezialkräfte in Afghanistan sei er zugegen gewe-sen und mitunter persönlich durch den Generalinspekteuroder direkt im Einsatzführungskommando informiertworden (Stenografisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 17).Gleichwohl seien ihm Befehle oder Weisungen des Ein-satzführungskommandos an das Spezialkräfte-Kontingentnicht zur Kenntnis gelangt (Stenografisches ProtokollNr. 13, Teil II, S. 27).

Staatssekretär a. D. Dr. Walther Stützle sagte aus, über dieEinsätze des KSK im Untersuchungszeitraum nicht „inconcreto“ informiert gewesen zu sein, da dies nicht zuseinem damaligen Aufgabengebiet gehört habe (Steno-grafisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 37):

„Der Kollege Biederbick, …, war für die Einsatzdurch-führung zuständig, und ich war zuständig für die Einsatz-vorbereitung bis hin zur Verabschiedung eines Mandatsdurch den Deutschen Bundestag. (…)“ (StenografischesProtokoll Nr. 13, Teil II, S. 34).

Der Parlamentarische Staatssekretär a. D. Walter Kolbowerklärte, sich an Details zu Einsätzen deutscher Spezial-kräfte in Afghanistan nicht mehr erinnern zu können, ob-wohl er seinen Einlassungen vor dem Untersuchungsaus-schuss zufolge

„(…) sicherlich an Unterredungen, die das UnternehmenKSK zum Inhalt hatten, während meiner siebenjährigenDienstzeit als Parlamentarischer Staatssekretär teilge-nommen habe, (…).“ (Stenografisches Protokoll Nr. 14,Teil II, S. 17)

In die operativen Abläufe von Bundeswehreinsätzen seier allerdings nicht involviert gewesen, da es seine Auf-gabe gewesen sei, eine

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 123 – Drucksache 16/10650

„(…) Brückenfunktion wahrzunehmen und abgeschlos-sene Meinungsprozesse oder auch Stellungnahmen imVorlage- oder im Berichtsbereich dann an das Parlament– – oder, wenn es notwendig war, auch der Öffentlichkeitgegenüber deutlich zu machen.“ (Stenografisches Proto-koll Nr. 14, Teil II, S. 19)

Er sagte weiter aus, das deutsche Spezialkräfte-Kontin-gent während des Untersuchungszeitraumes nicht aufge-sucht zu haben (Stenografisches Protokoll Nr. 14, Teil III,S. 38), allein schon deshalb, um die Soldaten vor den zu-sätzlichen mit einem Besuch verbundenen Belastungenzu bewahren und dem besonderen Schutzinteresse derKommandosoldaten Rechnung zu tragen (Stenografi-sches Protokoll Nr. 14, Teil II, S. 23).

c) Bundesminister der Verteidigung

Über die in Abschnitt D. dargestellte Entscheidungsbe-fugnis des Bundesministers der Verteidigung in Fragenmit herausgehobener oder politischer Bedeutung im Zu-sammenhang mit dem Auslandseinsatz deutscher Solda-ten hinaus, berichteten sowohl Bundesminister a. D. Ru-dolf Scharping wie auch sein Nachfolger im Amt,Bundesminister a. D. Dr. Peter Struck, dem Untersu-chungsausschuss von ihren Weisungen, sie über alle poli-tisch relevanten Informationen und Besonderen Vor-kommnisse im Zusammenhang mit dem KSK-Einsatz inAfghanistan zu unterrichten. Dabei ist im Falle von Bun-desminister a. D. Rudolf Scharping weitgehend offen ge-blieben, über welche konkreten Informationen er wäh-rend seiner Amtszeit verfügt hat.

So erläuterte er in seiner Zeugenaussage, nicht jeden fürdie Leitung des Hauses bestimmten Bericht des Füh-rungsstabes der Streitkräfte erhalten zu haben; einen dies-bezüglichen Automatismus habe es nicht gegeben:

„Nein, im Gegenteil – (…) –, meine im Übrigen bei ver-schiedenen Gelegenheiten klar formulierte Erwartungwar: Wenn irgendetwas sensibel, wenn irgendetwasschwierig sein könnte, weil es außerhalb der Routine ist,sagt es mir. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 15, TeilII, S. 14 f.)

Weiterhin führte er aus: Innerhalb des Ministeriums seiklar gewesen,

„(…), dass ich Wert darauf gelegt habe, von politischoder auch militärisch sensiblen Dingen gegebenenfallsauch über das von den Berichten erforderliche Maß hi-naus etwas zu hören.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 15,Teil II, S. 18)

Der damals verantwortliche Leiter des Ministerbüros be-stätigte die Existenz von Vorlagen zum Einsatz des KSKin Afghanistan, auch wenn diese nicht über seinenSchreibtisch gegangen seien (Stenografisches ProtokollNr. 14, Teil II, S. 26):

„(…) Aber die Unterlagen, die es dazu gab, lagen beimBundesminister der Verteidigung und sind ihm durch sei-nen Adjutanten zugeführt worden.“ (Stenografisches Pro-tokoll Nr. 14, Teil II, S. 27)

Bundesminister a. D. Dr. Peter Struck erklärte, er habesich im Rahmen seiner Amtsübernahme „(…) informie-ren lassen von meinen Mitarbeitern, Staatssekretären, Ad-jutanten, Generalinspekteur über die allgemeine Situationder Bundeswehr, vor allem im Auslandseinsatz. Für michwar der Hinweis entscheidend: Das KSK ist in Kandahar,und es gibt Überlegungen, das KSK nach Bagram zu ver-legen. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 13, Teil II,S. 45).

Überdies habe er wöchentliche Ministervorlagen über dieArbeit der Spezialkräfte-Kontingente in Afghanistan vondem Führungsstab der Streitkräfte angefordert, die erdann auch erhalten habe. Allerdings hätten diese Berichtevor allem Fragen im Zusammenhang mit der Verlegungdes Kontingents von Kandahar nach Bagram zum Inhaltgehabt und seien nie „sensationeller“ Natur gewesen (Ste-nografisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 49). Bundes-minister a. D. Dr. Peter Struck fasste seinen Kenntnis-stand vor dem Untersuchungsausschuss wie folgtzusammen:

„(…) Ich fühlte mich laufend informiert. In besonderenFällen, wenn irgendetwas Besonderes gewesen wäre,wäre ich natürlich auch sofort informiert worden. Daswar die Weisung, die ich an die Streitkräfte gegebenhabe.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 49)

Der damalige Stabsabteilungsleiter V im Führungsstabder Streitkräfte ließ sich dahingehend ein, dass der Bun-desminister der Verteidigung durch wöchentliche Be-richte über den Fortgang der Operationen unterrichtetworden sei (Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II,S. 13), wobei insoweit unklar geblieben ist, auf welchenAmtsinhaber er sich dabei bezog:

„(…) Das heißt, der Minister hat auch den Kenntnisstandgehabt, beispielsweise, dass das Kontingent in der Vorbe-reitung auf einen bestimmten Einsatz ist, dass sich einEinsatz in der ‚Box 3‘ abzeichnet. Und dann ist auch dasErgebnis gemeldet worden.“ (Stenografisches ProtokollNr. 10, Teil II, S. 13).

Auf die Frage, ob der Minister darüber hinaus täglichüber die Einsätze in Afghanistan unterrichtet worden sei,gab die damalige Leiterin des Ministerbüros von Bundes-minister a. D. Dr. Peter Struck vor dem Untersuchungs-ausschuss an:

„Ich kann mich an Tagesmeldungen nicht erinnern. Esgab Geheimberichte, die in regelmäßigen Abständen ge-kommen sind. Aber nicht täglich Tagesberichte.“ (Steno-grafisches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 9 f.).

Der ehemalige Stabsabteilungsleiter Fü S V im BMVgberichtete dem Untersuchungsausschuss, dass eine an-lassbezogene Unterrichtung des Bundesministers der Ver-teidigung nicht stattgefunden habe, da im Zusammenhangmit den Einsätzen der Spezialkräfte-Kontingente seinesWissens keine so dramatischen Dinge geschehen seien,die eine unmittelbar anlassbezogene Meldung an den Mi-nister erforderlich gemacht hätten (Stenografisches Pro-tokoll Nr. 10, Teil II, S. 13).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 125 – Drucksache 16/10650

Dritter Teil

Bewertungen

A. Bewertung der Untersuchungsergebnisse

I. Allgemeine Feststellungen zeugung gelangt, dass die Antragstellung für diesen Un-

Parlamentarische Untersuchungsausschüsse sind traditionellInstrumente der Opposition, um vermeintliche rechtswi-drige Verhaltensweisen oder Fehlentwicklungen im Han-deln der jeweiligen Regierung aufzudecken. Andersverhält es sich bei der Einsetzung des Verteidigungsaus-schusses als 1. Untersuchungsausschuss gemäß Arti-kel 45a GG der 16. Wahlperiode.

Direkt nach Bekanntwerden der Vorwürfe von MuratKurnaz in der Wochenzeitschrift stern vom 5. Oktober2006, von zwei deutschen Soldaten misshandelt wordenzu sein, nahm sich der Verteidigungsausschuss diesesVorfalls an. Keine drei Wochen später, nämlich am23. Oktober 2006, waren die Koalitionsfraktionen imVerteidigungsausschuss zu der Überzeugung gelangt,dass dieser Vorfall der vorbehaltlosen Aufklärung durcheinen parlamentarischen Untersuchungsausschuss be-dürfe. Auf Antrag der Fraktionen von CDU/CSU und derSPD vom 23. Oktober 2006 wurde die Einsetzung desVerteidigungsausschusses als Untersuchungsausschussauf die Tagesordnung des Verteidigungsausschusses ge-setzt. Die Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN reagierten auf diesen Antrag mit Ergän-zungsanträgen.

Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD waren sich dabeibewusst, dass schon das Bundesministerium der Verteidi-gung auf die von Murat Kurnaz erhobenen Vorwürfeschnell und umsichtig reagiert hatte. Durch die sofortigeEinsetzung der Arbeitsgruppe „Murat Kurnaz“ konntedas BMVg erste Erkenntnisse gewinnen. Fast allen Teil-nehmern des deutschen Einsatzkontingents vom Dezem-ber 2001/Januar 2002 in Kandahar wurde die Abgabeeiner dienstlichen Erklärung zu den Misshandlungsvor-würfen und – darüber hinausgehend – zu irgend einemKontakt zu Murat Kurnaz oder der Kenntnis davon befoh-len. In einem zweiten Schritt wurden alle in Frage kom-menden Soldaten in dienstlichen Anhörungen befragt.

Die Koalitionsfraktionen waren sich bei ihrer Antrag-stellung auch bewusst, dass parallel zum Untersuchungs-ausschuss die Staatsanwaltschaft Tübingen ein Ermitt-lungsverfahren eingeleitet hatte, ebenso die zuständigeWehrdisziplinaranwaltschaft. Die Vorgänge um MuratKurnaz waren teilweise auch Gegenstand der Untersu-chungen durch den 1. Untersuchungsausschuss der16. Wahlperiode (sog. BND-Untersuchungsausschuss)und den Sonderausschuss des Europäischen Parlaments(sog. CIA-Untersuchungsausschuss).

Trotz dieses insgesamt nicht unbeträchtlichen Aufwandssind die Fraktionen von CDU/CSU und SPD zu der Über-

tersuchungsausschuss die richtige Entscheidung war.

Das Kommando Spezialkräfte (KSK) ist nicht nur in mili-tärischer Hinsicht eine sogenannte Elitetruppe. DieserTruppenteil steht oft im Mittelpunkt des öffentlichen Inte-resses. Das Verhalten von KSK-Soldaten bestimmt nichtunwesentlich das Bild, das von der Bundeswehr im In-und Ausland existiert. Das KSK steht also an herausgeho-bener Stelle in den Streitkräften.

Gleichzeitig handelte es sich bei dem Einsatz im Rahmender Operation Enduring Freedom (OEF) um den erstenEinsatz des KSK zur Bekämpfung eines bewaffnetenGegners. Die hier gesammelten Erfahrungen, aber auchdas allgemeine Verhalten der Soldaten waren richtungs-weisend für weitere Einsätze.

Der Deutsche Bundestag war gehalten, sich der erhobe-nen Vorwürfe gegen Soldaten der „Parlamentsarmee“Bundeswehr anzunehmen. Die von Murat Kurnaz be-hauptete Misshandlung wurde von der StaatsanwaltschaftTübingen im Ermittlungsverfahren als gefährliche Kör-perverletzung im Amt geführt. Dies ist ein schweres Ver-gehen, das mit einer Höchststrafe von bis zu zehn Jahren(§§ 340, 224 StGB) geahndet wird. Dennoch handelt essich keineswegs um ein Delikt, das regelmäßig das Inte-resse des Bundestages auslöst. Im Normalfall hätte hierdie Zuständigkeit von Staatsanwaltschaft und Wehrdis-ziplinaranwaltschaft ausgereicht.

Durch die besonderen Umstände der behaupteten Täterund Tatbegehung war es jedoch notwendig, der Bundes-wehr und der Öffentlichkeit zu zeigen, dass der DeutscheBundestag seine Stellung den Streitkräften gegenüberernst nimmt. Dabei waren zwei Intentionen zu beachten:der von Murat Kurnaz erhobene Vorwurf war restlos auf-zuklären, damit bei Nachweis der Tat die nötigen straf-rechtlichen, disziplinarischen und dienstrechtlichen Kon-sequenzen gezogen werden können. Genau so wichtig istjedoch, dass ein solcher Vorwurf nicht im Bewusstseinder Öffentlichkeit stehen bleibt. Die Soldaten der Bun-deswehr – sowohl die Angehörigen des KSK als auch al-ler anderen Truppenteile – haben einen Anspruch auf Un-tersuchung und Mitteilung des Ergebnisses an die gleicheÖffentlichkeit, die Adressat der öffentlich erhobenen Vor-würfe von Murat Kurnaz war.

Deshalb war es hier das Bestreben der Koalitionsfraktio-nen, keinen Verdacht auf der Bundeswehr und den Solda-ten des Kommandos Spezialkräfte ohne umfangreicheAufklärung der behaupteten Misshandlung von MuratKurnaz zu belassen. Das ideale Mittel dazu ist die Einset-

Drucksache 16/10650 – 126 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

zung eines parlamentarischen Untersuchungsausschussesund der vorliegende Abschlussbericht.

Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD haben den Un-tersuchungsauftrag um die Nummern 4 und 5 erweitert,die allgemeine Fragen zu den Einsätzen des KommandosSpezialkräfte und der Führungsweise durch das BMVgenthalten. Es war aus Sicht der Koalition im Bundestagzu überprüfen, nach welchen Grundsätzen und rechtli-chen Grundlagen dieser erste Auslandseinsatz des KSKablief.

Aus Geheimhaltungsgründen werden keinerlei Einzelhei-ten über die Einsätze des KSK veröffentlicht. Gründe derGeheimhaltung bestehen unbestritten, jedoch steht ihnender Informationsanspruch des Bundestages aus § 6 Abs. 1Parlamentsbeteiligungsgesetz gegenüber. Diese Vor-schrift verpflichtet die Bundesregierung, den gesamtenBundestag regelmäßig über den Verlauf der Einsätze unddie Entwicklung im Einsatzgebiet zu unterrichten. Zwarhat sich die Information des Parlaments auch über dieTeilnahme des KSK an Auslandseinsätzen in den letztenJahren erheblich verbessert, was von den Koalitionsfrak-tionen ausdrücklich anerkannt wird, jedoch waren auchhier ein weiter gehender Informationsbedarf und die Not-wendigkeit eines institutionalisierten Unterrichtungsver-fahrens zu überprüfen.

Der Untersuchungsauftrag wurde in diesen Punkten zeit-lich auf den Zeitraum von November 2001 bis November2002 und räumlich auf das Einsatzgebiet im Raum Kan-dahar, Afghanistan, eingegrenzt, um eine konkrete undzielgerichtete Untersuchung zu ermöglichen.

Zum Tatsachenkomplex um die behauptete Misshandlungvon Murat Kurnaz waren Regierungskoalition und Oppo-sition durch das gemeinsame Interesse an der Aufklärungder Ereignisse verbunden. Dieser Teil der Untersuchungzeichnete sich durch eine sehr sachliche und zielgerich-tete Handlungs- und Beschlussweise aus.

In Bezug auf die allgemeiner gehaltenen Nummern 4 und 5des Untersuchungsauftrages war die Opposition bemüht,den Soldaten des Einsatzkontingents und dem Bundesmi-nisterium der Verteidigung ein Fehlverhalten nachzuwei-sen. Fragen, die auf vermeintliche völkerrechtswidrigeUmstände in dem US-Gefangenenlager hinzielten sowieauf eine vermeintlich bewusst hingenommene Lücke beider rechtlichen Frage, wie von deutschen Soldaten mitfestgenommenen Personen umzugehen sei, waren zumgroßen Teil rein politisch motiviert und ergaben keinenGrund zur Beanstandung. Unglücklich, aber tatsächlichohne große Relevanz, war der im Juni 2007 bekannt ge-wordene Datenverlust im Amt für Nachrichtenwesen derBundeswehr. Bei den aufgrund einer technischen Panneverloren gegangenen Daten handelte es sich um Auf-zeichnungen, die ohnehin von anderen Dienststellen wiedem BND oder dem Verbindungskommando beimUS Central Command übermittelt wurden und daher beidiesen Dienststellen vorhanden waren. Ein besondererZusammenhang zum Untersuchungsauftrag bestandnicht. Versuche der Opposition, aus dem rein technischen

Versagen von Speichermedien einen politischen Skandalzu konstruieren, mussten naturgemäß scheitern.

Zum Schluss dieses Kapitels sei den Mitarbeiterinnen undMitarbeitern des Sekretariats gedankt, die ihre Aufgabeimmer zuverlässig, unparteiisch und vorausschauend er-füllt haben. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern derKoalitionsfraktionen sei für ihr hohes Engagement undihren fachlichen Rat gedankt.

II. Bewertung der Feststellungen zu den Nr. 1 bis 3 des Untersuchungsauftrages

Nach der Bewertung der Fraktionen von CDU/CSU undSPD zu den Feststellungen der Nummern 1 bis 3 des Un-tersuchungsauftrages muss es offenbleiben, ob MuratKurnaz durch deutsche Soldaten misshandelt wurde odernicht. Die Fraktionen kommen zu diesem Ergebnis, das ineinem Strafgerichtsverfahren zu einem Freispruch „in du-bio pro reo“ geführt hätte. Bei einem parlamentarischenUntersuchungsausschuss geht es allerdings nicht um eineVerurteilung oder einen Freispruch, sondern um politi-sche Bewertungen eines Vorgangs. So muss es bei derFeststellung bleiben, dass weder der Nachweis für denvon Murat Kurnaz behaupteten Tathergang noch derNachweis für das Gegenteil erbracht wurde. Der überwie-gende Teil der Beweismittel lässt keinen Schluss auf eineMisshandlung zu.

Des Weiteren steht für die Koalitionsfraktionen fest, dasseine Handvoll deutscher Soldaten Murat Kurnaz in demUS-Gefangenenlager in Kandahar in der Nacht vom5. auf den 6. Januar 2002 getroffen haben und dass einSoldat den sinngemäßen Satz „Du hast dir wohl die fal-sche Seite ausgesucht. Runtergucken!“ zu Murat Kurnazgesagt hat. Weitere Soldaten des deutschen Kontingentshaben Kurnaz aus mehreren Metern Entfernung gesehen,da er ihnen von US-amerikanischen Soldaten als „deut-scher Gefangener“ oder „deutschsprachiger Gefangener“gezeigt wurde. Ein darüber hinausgehender Kontaktkonnte nicht belegt werden.

Es hatten verschiedene Soldaten des 1. Einsatzkontingentsin Kandahar und Soldaten verschiedener Dienststellen(Einsatzführungskommando der Bundeswehr, Verbindungs-kommando beim US Central Command, Amt für Nach-richtenwesen der Bundeswehr) Kenntnis von einem„deutschen/deutschsprachigen Gefangenen“ in Kanda-har. Namentlich bekannt war Murat Kurnaz in der Zeitvon Anfang 2002 nur den Soldaten der Zelle Militäri-sches Nachrichtenwesen des 1. Einsatzkontingents sowieden Soldaten, die beim Amt für Nachrichtenwesen derBundeswehr die Meldungen aus dem Einsatzland entge-gen nahmen. Im Bundesministerium der Verteidigunghatten die Angehörigen des Referates Fü S V 3 sowie derdamalige Stabsabteilungsleiter Fü S V Kenntnis von dem„deutschen/deutschsprachigen Gefangenen“. Beim dama-ligen Stabsabteilungsleiter Fü S V endete dieser Informa-tionsfluss, da am 9. Januar 2002 die Meldung des Verbin-dungskommandos beim US Central Command mit demInhalt eintraf, bei der vorherigen Meldung über den deut-schen Gefangenen in Kandahar handele es sich um einefalsche Meldung, für die man sich entschuldige.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 127 – Drucksache 16/10650

1. Kontakt von Angehörigen der Bundeswehr zu Murat Kurnaz (Nr. 1 des Untersuchungsauftrages)

Aufgrund der Feststellungen im Zweiten Teil unter A.,Ziffer III. sind die Koalitionsfraktionen zu der Überzeu-gung gelangt, dass wenigstens 16 Soldaten des deutschen1. Einsatzkontingents Murat Kurnaz in dem US-Gefan-genenlager gesehen haben. Teilweise geschah dies miteinem direkten Hinweis von US-amerikanischen Soldatenauf den „deutschen/deutschsprachigen Gefangenen“, teil-weise mit dem pauschalen Hinweis, dass dieser Gefan-gene sich in einem bestimmten „compound“ aufhalte.

Gelegenheit zu diesem rein visuellen Kontakt ergab sichauf zwei Arten: Zum einen die Wachunterstützung, dievon 14 deutschen Soldaten in dem Gefangenenlager ge-leistet wurde; zum anderen bei Besichtigungsrundgängen,die unregelmäßig von einigen US-Soldaten für Angehö-rige anderer Kontingente angeboten wurden.

Nach Überzeugung der Koalition von CDU/CSU undSPD hat ein deutscher Soldat den von Murat Kurnaz zi-tierten Satz „Du hast dir wohl die falsche Seite ausge-sucht. Runtergucken!“ oder einen ähnlichen sinngemäßenSatz zu Murat Kurnaz gesagt. Es ist wahrscheinlich, dassder Zeuge Nr. 5 diesen Satz ausgesprochen hat.

Dieser Satz ist während einer kurzen Begegnung vonMurat Kurnaz mit einer Gruppe deutscher Soldaten wäh-rend der Wachunterstützung in dem US-Gefangenenlagerin der Nacht vom 5. auf den 6. Januar 2002 gefallen.Diese Begegnung wurde von mehreren Zeugen bestätigt.Der Zeuge Nr. 18 hat die Begegnung und den Satz auseigenem Erleben bestätigt. Die Zeugen Nr. 8, 20, 22 und32 haben ausgesagt, dass dieser Satz in späteren Gesprä-chen unter den Soldaten des Kontingents erwähnt wurde.

Dabei hat laut Aussage des Zeugen Nr. 20 ein weitererZeuge (Nr. 8) den Satz „Du hast dir wohl die falsche Seiteausgesucht. Runtergucken!“ dem Zeugen Nr. 5 zugeord-net. Auch Murat Kurnaz hat den Zeugen Nr. 5 aus einerAuswahl von Lichtbildvorlagen als denjenigen erkannt,der den Satz gesagt haben soll. Das Wiedererkennen isternst zu nehmen, da Murat Kurnaz den Zeugen Nr. 5 aus48 Personenlichtbildern heraus identifiziert hat. Dies lässtmit einer gewissen Wahrscheinlichkeit darauf schließen,dass der Zeuge Nr. 5 den Satz „Du hast dir wohl die fal-sche Seite ausgesucht. Runtergucken!“ zu Murat Kurnazgesagt hat. Ein Dienstvergehen oder ein anderes Fehlver-halten war damit nicht verbunden.

Ein über diesen Wortwechsel hinausgehender körperli-cher oder irgendwie anders gearteter Kontakt deutscherSoldaten zu Murat Kurnaz konnte nicht bestätigt werden.

2. Vermeintliche Misshandlung von Murat Kurnaz durch Soldaten der Bundeswehr (Nr. 2 des Untersuchungsauftrages)

Nach Überzeugung der Koalitionsfraktionen muss es of-fenbleiben, ob Murat Kurnaz durch deutsche Soldatenmisshandelt wurde oder nicht. Für beide Alternativen gibtes zahlreiche Indizien.

a) Für den von Murat Kurnaz behaupteten Hergangspricht:

Murat Kurnaz hat die Vorgänge in Kandahar mit Bezugzu den deutschen Soldaten durchaus glaubhaft geschil-dert. Er konnte sich an die Begegnung mit den KSK-Sol-daten am Zaun zu seinem „compound“ innerhalb des Ge-fangenenlagers einigermaßen detailreich erinnern. MuratKurnaz‘ Darstellung dieser Begegnung wurde im Wesent-lichen durch die Aussagen der unter 1. genannten Zeugenbestätigt. Besonderes Gewicht ist dabei dem Wiederer-kennen des Zeugen Nr. 5 aus einer Auswahl von Lichtbil-dern durch Murat Kurnaz beizumessen. Murat Kurnaz hatdamit denjenigen Soldaten identifizieren können, dernach der eigenen Aussage an der Wachunterstützung indem US-Gefangenenlager teilgenommen hat und der miteiniger Wahrscheinlichkeit den Satz „Du hast dir wohl diefalsche Seite ausgesucht. Runtergucken!“ gesagt hat.

Ein weiteres Detail, das bei der Einstellungsverfügungder Staatsanwaltschaft Tübingen vom 29. Mai 2007 einewichtige Rolle gespielt hatte, war der mögliche LKW imGefangenenlager. Nach Murat Kurnaz‘ Aussage wurde ervon US-amerikanischen Soldaten aus seinem „compound“geholt und hinter einen LKW geführt, wo dann die zweiteBegegnung mit den deutschen Soldaten und die Miss-handlung durch diese stattgefunden haben soll. NachAussagen der in den Sitzungen Nr. 4 bis Nr. 17 vernom-menen Zeugen hat sich kein LKW in dem Gefangenenla-ger befunden. Einige Zeugen sagten sogar aus, dass derAusbau des Gefangenenlagers ein Befahren mit größerenFahrzeugen gar nicht zugelassen habe.

Die Lichtbildaufnahmen von dem Gefangenenlager alsauch die Aussage des Mitgefangenen Ruhal Ahmed ha-ben die letztere Darstellung widerlegt. Auf den Fotogra-fien aus der Zeit von Anfang 2002 ist deutlich erkennbar,dass die inneren Dimensionen des Gefangenenlagers dasBefahren mit einem kleineren LKW erlaubt haben. Auchist ein größeres Tor auf einer Seite des Gefangenenlagerszu erkennen, das – anders als der mit einem besonderenZelt verdeckte Eingang für neue Insassen – breit genugfür ein größeres Fahrzeug war. Der Zeuge Ruhal Ahmedhat zu diesem Punkt sehr differenziert und glaubhaft aus-gesagt: Versorgungsgüter wie Trinkwasser und Lebens-mittel seien in längeren Abständen von LKW in dasGefangenenlager gebracht worden. Ein LKW zur Entsor-gung der Fäkalien sei alle zwei, drei Tage im Gefange-nenlager gewesen, nach Erinnerung des Zeugen aller-dings nicht in der Nacht.

Aufgrund dieser Beweislage sind die Koalitionsfraktio-nen zu der Überzeugung gelangt, dass sich ein LKW indem Gefangenenlager befunden haben kann; wobei kei-neswegs der Nachweis geführt ist, dass ein LKW auchtatsächlich in der Nacht vom 5. auf den 6. Januar 2002vor Ort war.

Murat Kurnaz hat seine Aussagen gegenüber der Staats-anwaltschaft Tübingen und im Untersuchungsausschussohne besonderen Eifer oder Groll gegen die vermeintli-chen Täter gemacht. Im Gegenteil: Er hat den zweitenBeschuldigten im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfah-

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ren, den Zeugen Nr. 27, nicht mit Sicherheit identifizierenkönnen. Auch in Bezug auf den Zeugen Nr. 5 sagte MuratKurnaz ausdrücklich aus, dass er „nicht hundertprozen-tig“ sicher sei, da er keinen Unschuldigen verdächtigenwollte.

Der von Murat Kurnaz geschilderte Vorfall war laut ei-gener Aussage auch keineswegs von herausgehobenerBedeutung für ihn. Der Vorfall sei bei den weiteren Vor-gängen während der Haft in Kandahar und Guantánamountergegangen, weswegen Murat Kurnaz die Sache erstsehr spät und eher beiläufig geschildert habe.

b) Diese Indizien für eine Körperverletzung von MuratKurnaz durch zwei deutsche Soldaten sind ernst zu neh-men. Jedoch gibt es eine ganze Reihe von Umständen, diegegen den von Murat Kurnaz geschilderten Hergang spre-chen.

Keiner der weiteren vom BMVg, der StaatsanwaltschaftTübingen oder dem Untersuchungsausschuss vernomme-nen Zeugen hat eine Aussage gemacht, die den von MuratKurnaz behaupteten Vorgang hinter dem LKW bestäti-gen.

Die vernommenen KSK-Soldaten haben viele Aspekteder gesamten Schilderung von Murat Kurnaz bestätigtund auch kritisch zu einigen Punkten Stellung genom-men. So wurde die Wachunterstützung im Gefangenenla-ger durch die KSK-Soldaten ohne Vorbehalte bestätigt.Der Aufbau des Gefangenenlagers wurde von MuratKurnaz und den übrigen Zeugen im Wesentlichen gleichbeschrieben. Mehrere Zeugen haben den kurzen Wort-wechsel während der Wachunterstützung mit dem Satz„Du hast dir wohl die falsche Seite ausgesucht. Runtergu-cken!“ bestätigt. Einige Zeugen haben sich auch kritischzu den allgemeinen Umständen in dem Gefangenenlagerund dem Umgang der US-Soldaten mit den Gefangenengeäußert (z. B. Zeuge Nr. 28 zum „Hochreißen“ von Ge-fangenen aus einer liegenden Position).

Auf die von Murat Kurnaz behauptete Misshandlung fehltjedoch jeglicher Hinweis in den Aussagen aller anderenZeugen. Weder wurde eine Körperverletzung oder einedarauf hindeutende Situation beobachtet noch gab es Be-obachtungen eines verdächtigen Verhaltens eines odermehrerer KSK-Soldaten. Dazu könnte das Absondernzweier Soldaten von den anderen oder das Abweichenvom regulären Streifenweg im Gefangenenlager und diebaldige Rückkehr zählen. Jedoch gibt es keinerlei Hin-weis auf ein derartiges Vorkommnis.

Ebenso hat kein einziger Zeuge von Gesprächen nach derWachunterstützung über ein verdächtiges oder problema-tisches Vorkommnis berichtet. Laut vieler Zeugenaussa-gen wurde innerhalb des KSK-Kontingents zum Teil überden „deutschen/deutschsprachigen Gefangenen“ gespro-chen. Auch die unbeabsichtigte Schussabgabe beim Ent-ladevorgang der Waffe durch den Zeugen Nr. 3, die zudessen Ablösung aus dem Kontingent geführt hat, warThema interner Gespräche. Dies gilt ausweislich der Zeu-genaussagen aber nicht für einen in jedem Fall nennens-werten Vorfall wie den einer Körperverletzung eines Ge-fangenen.

Das Fehlen jeglicher Beobachtungen gilt für alle vernom-menen Soldaten, sowohl für die heutigen Kommando-soldaten als auch die übrigen KSK-Angehörigen und dieSoldaten, die inzwischen in andere Truppenteile versetztoder schon aus der Bundeswehr entlassen wurden. Die-sem Umstand ist in Bezug auf alle Zeugen besonderesGewicht beizumessen. Bei den Kommandosoldaten, die in der Nacht vom 5. aufden 6. Januar 2002 Wachunterstützung in dem US-Gefan-genenlager geleistet haben, deshalb, weil sie einen der-artigen Vorfall geradezu hätten beobachten müssen. DasGefangenenlager war nach Aussage aller Zeugen auchnachts hell erleuchtet und die Gesamtfläche („ca. 50 mal50 Meter“) hätte eine Beobachtung auch hinter einemgrößeren Fahrzeug erlaubt.Den Zeugenaussagen anderer Soldaten ist deshalb Ge-wicht beizumessen, da die besondere Verbundenheit derKommandosoldaten untereinander eine Schutzbehaup-tung und damit eine Falschaussage zugunsten eines Ka-meraden aus einer falsch verstandenen Kameradschafts-pflicht heraus denkbar macht. Dies schwindet aber mehrund mehr, je weiter sich der Zeuge beruflich und persön-lich vom KSK inzwischen entfernt hat. Bei einem schonausgeschiedenen Zeitsoldaten – wie zum Beispiel demZeugen Nr. 14 – fehlt diese besondere Verbundenheit.Auch die ausländischen Zeugen, die damals ebenso inhaf-tierten Ruhal Ahmed und Asif Iqbal, konnten zu keinemUmstand aussagen, der auf eine Körperverletzung durchdeutsche Soldaten schließen lassen könnte. Asif Iqbal istin Kandahar gar nicht mit Murat Kurnaz zusammenge-troffen, sie waren in getrennten „compounds“ unterge-bracht. Ruhal Ahmed jedoch war zusammen mit MuratKurnaz in dem gleichen „compound“, befand sich also indirekter Nähe zu ihm. Aber auch dieser Zeuge konnte aufdie direkte Nachfrage im Untersuchungsausschuss kei-nerlei Auskunft über Beobachtungen geben, die auf eineMisshandlung von Murat Kurnaz durch deutsche Solda-ten hindeuten würden. Der Zeuge hat ebenso von keinemGespräch mit Murat Kurnaz berichtet, in dem dieser aufeinen Vorfall mit deutschen Soldaten eingegangen wäre.Diese Aussage wiegt schwer, da Ruhal Ahmed nachseiner Aussage in Guantánamo Freundschaft mit MuratKurnaz geschlossen hat und höchstwahrscheinlich einesolche Beobachtung nicht verschweigen würde.Gleiches gilt für den per Telefon von der Staatsanwalt-schaft Tübingen befragten Mitgefangenen Shafiq Rasul.Auch dieser hatte deutsche Soldaten Anfang 2002 in demGefangenenlager gesehen, konnte sich aber an keine Be-gebenheit erinnern, die auf eine Misshandlung MuratKurnaz‘ durch diese Soldaten hingedeutet hätte.Auch Murat Kurnaz‘ eigene Aussage zu der von ihm be-haupteten Körperverletzung enthält trotz ihrer generellenGlaubhaftigkeit einige ungeklärte Aspekte, die Zweifelaufkommen lassen. So wirft die Abkürzung „KSK“, die laut Murat Kurnaz‘Aussage im Untersuchungsausschuss von einem der deut-schen Soldaten unmittelbar vor der Misshandlung benutztwurde, Fragen auf. In der ersten detaillierten Presseveröf-fentlichung von Murat Kurnaz zu seinen Erfahrungen inKandahar (Interview im stern vom 5. Oktober 2006) fehlt

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 129 – Drucksache 16/10650

diese Abkürzung in den von Murat Kurnaz wiedergege-benen Äußerungen des deutschen Soldaten. Hier heißt es:

„(…) Der eine zog mich an den Haaren hoch. ‘Weißt du,wer wird sind?‘ Der wollte angeben. ‘Wir sind die deut-sche Kraft.‘(…)“

Erst der interviewende Mitarbeiter des Magazins führtden Begriff „KSK“ in das Interview mit der Nachfrage„KSK? Kommando-Spezialkräfte waren damals die einzi-gen deutschen Soldaten in Kandahar.“ ein. In den folgen-den Presseveröffentlichungen und Vernehmungen tauchtdie Abkürzung „KSK“ ohne Nachfrage und wie vomdeutschen Soldaten stammend in Murat Kurnaz‘ Aussa-gen auf:

„(…) Dann kam derselbe, der mir bereits gesagt hat: ‚Fal-sche Seite ausgesucht, auf den Boden gucken!‘, zog mei-nen Kopf an meinen Haaren hoch und sagte: ‚Weißt du,wer wir sind? Wir sind die deutsche Kraft, das KSK.‘“(Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 32)

In seiner Vernehmung durch den Untersuchungsaus-schuss vom 17. Januar 2007 erklärt Murat Kurnaz diesenUmstand damit, dass ihm beim ersten Interview die Ab-kürzung „KSK“ direkt nach Einwurf des aufzeichnendenJournalisten auch eingefallen war und er sich sicher sei,dass dies auch so gesagt wurde. Jedoch sind die verschie-denen Aussagen bzw. Schilderungen von Murat Kurnazin diesem Punkt widersprüchlich.

Des Weiteren wirft die Formulierung „deutsche Kraft“Fragen auf. Dieser Begriff, der von Murat Kurnaz in allenPresseinterviews und Aussagen einheitlich dem deut-schen Soldaten zugeschrieben wird, klingt nicht wie eineRedewendung, die von einem muttersprachlichen Deut-schen verwendet werden würde. Tatsächlich ist die näherliegende Herleitung eine direkte und damit idiomatischfehlerhafte Übersetzung des englischen Begriffs „Germanforces“ („deutsche Truppen“ oder „deutsche Streitkräfte“).Es ist wenig wahrscheinlich, dass ein deutscher Soldat,der Deutsch als seine Muttersprache gelernt hat, einensolchen Begriff benutzen würde. Da alle KSK-Angehöri-gen, die bei der Wachunterstützung teilgenommen haben,Deutsch als Muttersprache gelernt haben, spricht dieserUmstand gegen Murat Kurnaz‘ Darstellung der Gescheh-nisse.

Der von Murat Kurnaz wiedergegebene Tathergang wi-derspricht sowohl den bisher bekannten Grundsätzen derUS-Soldaten für einen sicheren Umgang mit den Gefan-genen in dem Gefangenenlager in Kandahar als auch demBedürfnis der KSK-Soldaten nach Geheimhaltung undIdentitätsschutz.

Es ist angesichts der strengen Vorschriften der US-Streit-kräfte für den Umgang mit Gefangenen und der ebensostrengen Disziplinarvorschriften bei Verstößen dagegenabwegig anzunehmen, dass US-Soldaten ihren Kamera-den aus anderen Nationen „einen Gefallen“ erweisen undeinen gefangenen, in ihren Augen mutmaßlichen Terro-risten aus einem „compound“ in einen nicht zusätzlichgesicherten Bereich des Gefangenenlagers führen. Bei

Bekanntwerden dieses Vorgehens wäre dies von den US-amerikanischen Vorgesetzten hart geahndet worden. Alledazu vernommenen Zeugen haben einheitlich ausgesagt,dass ein solches Verhalten seitens der US-Soldaten kaumdenkbar ist.

Gleiches gilt für die direkte Konfrontation eines KSK-Soldaten mit einem für ihn mutmaßlichen Terroristen, dieein Wiedererkennen möglich macht. Laut Aussage derKSK-Angehörigen ist Identitätsschutz einer der denDienst dieses Spezialkommandos tragenden Grundsätze.Es sei unüblich, dass Soldaten des KSK ihrem Gegenüberdas Gesicht zeigen; in der Regel trete man vermummtoder getarnt auf oder wende sich ab, wenn man ange-schaut wird. Dementsprechend haben viele der vernom-menen Kommandosoldaten ausgesagt, sich bei der Be-gegnung am Zaun des „compounds“ innerhalb desGefangenenlagers abgewendet oder ihren Kragen hoch-geschlagen und die Kopfbedeckung ins Gesicht gezogenzu haben. Ein direktes Anschauen von Angesicht zu An-gesicht sei nach Aussage aller dazu vernommenen KSK-Angehörigen unwahrscheinlich bis unmöglich. Dies stehtim Widerspruch zum Wiedererkennen des Zeugen Nr. 5durch Murat Kurnaz; dieser Widerspruch konnte in denVernehmungen nicht aufgelöst werden.

Eine letzte Erwägung der Beweiswürdigung betrifft eineentscheidende Frage bei jedem Delikt: Weder Murat Kurnaznoch ein anderer Zeuge konnten eine nachvollziehbareMotivation für das behauptete Handeln der deutschenSoldaten benennen. Nach Murat Kurnaz‘ Schilderung desVorfalls wurden ihm keine Fragen im Sinne eines Verhörsgestellt, und es war auch kein sonstiger weitergehenderZweck für das Verbringen außerhalb des „compounds“und die behauptete Misshandlung erkennbar.

Nach allgemeiner Lebenserfahrung bleiben an Motivatio-nen für ein solches Verhalten eine Art purer Sadismusoder Einschüchterung des Gefangenen bzw. Demonstra-tion der eigenen Überlegenheit übrig. Für keinen dieserBeweggründe gibt es Anhaltspunkte bei allen vernomme-nen Kommandosoldaten oder im Besonderen bei denbeiden Beschuldigten des staatsanwaltlichen Ermittlungs-verfahrens. Einen besonderen Grund für eine Einschüch-terung von Murat Kurnaz gab es für keinen Kommando-soldaten. Murat Kurnaz stellte für keinen von ihnen eineGefahr dar noch mussten sie ein weiteres Zusammentref-fen befürchten. Von allen Zeugen, die nicht zu den Kom-mandosoldaten zählen, wurden diese als professionellhandelnde Soldaten beschrieben, deren einziges Ziel dieErfüllung des Auftrages ist. Zum Teil wurden Beschrei-bungen wie „eigenbrötlerisch“ oder überspitzt „Diven“benutzt. Charakterzüge wie sadistische oder ähnlicheNeigungen gehörten keinesfalls dazu.

Die Gegenüberstellung der Erwägungen pro und contraMurat Kurnaz‘ Schilderung des Vorfalls um die behaup-tete Misshandlung führt zu keinem eindeutigen Ergebnis.Der Vorwurf der Misshandlung konnte nicht erhärtetwerden. Denkbar sind auch verschiedene Gesche-hensabläufe, die eine Bestätigung von Murat Kurnaz‘

Drucksache 16/10650 – 130 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Darstellung im Kern, jedoch auch kein Fehlverhalten ei-nes deutschen Soldaten beinhalten. Diese sind jedochrein spekulativ und daher nicht Gegenstand dieses Ab-schlussberichtes.

3. Kenntnis in der Bundeswehr und dem Bundesministerium der Verteidigung von Murat Kurnaz‘ Anwesenheit in Kandahar (Nr. 3 des Untersuchungsauftrages)

Nach Überzeugung der Koalitionsfraktionen hatten fol-gende Soldaten Kenntnis von Murat Kurnaz bzw. einem„deutschen/deutschsprachigen Gefangenen“ im US-Ge-fangenenlager in Kandahar:

– diejenigen Soldaten, die visuellen oder verbalen Kon-takt zu Murat Kurnaz in Kandahar hatten;

– der Kontingentführer des 1. Einsatzkontingents inKandahar;

– drei Soldaten der Zelle Militärisches Nachrichtenwe-sen des 1. Einsatzkontingents;

– Soldaten des Verbindungskommandos bei US CentralCommand in Tampa, Florida;

– Soldaten des Amts für Nachrichtenwesen der Bundes-wehr, die die Meldung der Zelle MilNWBw des 1.Kontingents in Kandahar entgegen genommen haben;

– Soldaten der Abteilung „Spezialoperationen“ des Ein-satzführungskommandos der Bundeswehr;

– Mitarbeiter des Referats Fü S V 3 im BMVg;

– der damalige Stabsabteilungsleiter Fü S V.

Bei den Soldaten des Einsatzkontingents ergab sich dieKenntnis durch den visuellen Kontakt im Gefangenen-lager selber, vermittelt durch US-amerikanische Soldatenoder durch die Gespräche der Kontingentteilnehmer un-tereinander. Die Soldaten der Zelle MilNWBw wusstenvon Murat Kurnaz aufgrund des Angebots durch US-amerikanische Soldaten einer Vernehmung dieses Gefan-genen. Zu der Vernehmung kam es nicht (siehe Erster Teildes Berichtes, Ziffer V., Nr. 3).

Die Soldaten der Dienststellen Einsatzführungskom-mando der Bundeswehr, Amt für Nachrichtenwesen derBundeswehr und Verbindungskommando beim US CentralCommand erfuhren zwangsläufig aus den Meldungen, dieaus dem Einsatzland an diese Dienststellen abgesetztwurden, von dem „deutschen/deutschsprachigen“ Gefan-genen. Im BMVg nahmen als dienstgradhöchste Soldatender damalige Referatsleiter Fü S V 3 und der damaligeStabsabteilungsleiter Fü S V Kenntnis von diesem Gefan-genen aufgrund der Meldungen des Einsatzführungskom-mandos der Bundeswehr und dem Verbindungskom-mando beim US Central Command vom 3. bzw. 6. Januar2002. Dass der damalige Stabsabteilungsleiter Fü S Vdiese Meldung nicht weiter verfolgte und auch nicht wei-ter gab, liegt an der Meldung vom US Central Commandvom 9. Januar 2002, wonach der zuvor gemeldete „Deut-sche“ irrtümlich in die Meldung hineingelangt war, wofürman sich entschuldige. Das Verhalten des Zeugen ist

nachvollziehbar und logisch, da die Angelegenheit damitaufgeklärt war und kein weiterer Handlungsbedarf be-stand.

Gleiches gilt für den damaligen Befehlshaber des Einsatz-führungskommandos der Bundeswehr. Der Befehlshabererfuhr aus der Meldung des Kontingentführers von einem„deutschen/deutschsprachigen Gefangenen“ in Kanda-har. Da dieser Umstand im BMVg bekannt gewesen sei,habe der Zeuge die Angelegenheit nicht weiter verfolgt.

Eine wichtige Rolle bei der Aufklärung durch den Unter-suchungsausschuss spielte die Frage, warum keiner derdeutschen Soldaten, die schon in Kandahar von dem„deutschen/deutschsprachigen Gefangenen“ wussten, dieSache weiter aufklären oder näheren Kontakt zu diesemGefangenen suchen wollte. Diese Frage wurde von denZeugen übereinstimmend damit beantwortet, dass einesolche Kontaktaufnahme nicht zum Auftrag des Kom-mandos Spezialkräfte gehörte und man z. B. für eine Ver-nehmung dieses Gefangenen gar nicht ausgebildet gewe-sen sei. Im Übrigen habe es sich bei den Insassen desGefangenenlagers um mutmaßliche Terroristen oder Tali-ban-Kämpfer gehandelt, um deren Hintergrund und wei-tere Überprüfung sich die US-amerikanischen und andereNachrichtendienste kümmerten. Zudem seien Vertreterdes Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK)vor Ort gewesen und hätten Kontakt zu den Gefangenenaufgenommen.

Diese Haltung ist auch aus heutiger Sicht nachvollziehbarund gibt keinerlei Anlass zum Vorwurf. Die KSK-Solda-ten waren in Kandahar, um mit den Spezialkräften ver-bündeter Nationen Operationen gegen einen bewaffnetenGegner durchzuführen. Dies war ein Auftrag, bei dem je-derzeit der Gegner oder die deutschen Soldaten selber ge-tötet werden konnten. Der Auftrag war also im Bewusst-sein der Soldaten an erster Stelle und nahm die meisteKonzentration ein. Schon die Wachunterstützung in demGefangenenlager geschah auf Nachfrage der US-amerika-nischen Streitkräfte und rein in deren Interesse. Es warvon den deutschen Soldaten mit diesem Auftrag nicht zuerwarten, dass sie sich um mutmaßliche Terroristen küm-mern, die ja ohnehin von den US-Behörden überprüft undvom Roten Kreuz betreut wurden.

Soweit es den Kontingentführer und die Angehörigen derZelle MilNWBw betrifft, haben diese jeweils einschlä-gige Meldungen an die vorgesetzten Dienststellen abge-setzt und keine weiteren Befehle zu dem „deutschen/deutschsprachigen Gefangenen“ erhalten. Sie konnten da-von ausgehen, dass es keinen Handlungsbedarf gibt oderandere Dienststellen sich darum kümmern.

Ein Fehlverhalten liegt hier nicht vor.

III. Bewertung der Feststellungen zu den Nummern 4 und 5 des Unter-suchungsauftrages

Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD stellen fest, dassdas Kommando Spezialkräfte seinen Auftrag im Rahmender Operation Enduring Freedom im Untersuchungszeit-raum mit Erfolg und völkerrechtskonform erfüllt hat.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 131 – Drucksache 16/10650

Das 1. Einsatzkontingent in Kandahar, das vom KSK ge-stellt wurde, hat in jeder Hinsicht militärisches Neulandbeschritten. Erstmals überhaupt kam das KSK in einendauerhaften Einsatz, ohne hinreichend auf diese Situationeingestellt zu sein. Die Vorbereitungen mussten aufgrunddes hohen Zeitdrucks teilweise überstürzt und improvi-siert erfolgen. Der Zielort des Einsatzes war zum Zeit-punkt der Verlegung des Kontingents an den Ort der Zwi-schenstationierung nicht bekannt und die Gesamtlage vonhoher Unsicherheit gekennzeichnet. Klare Vorgaben, An-weisungen oder schriftliche Regelwerke waren nicht vor-handen. Der Kontingentführer und seine Männer warenauf sich allein gestellt und mussten von Beginn an impro-visieren. Was den Lufttransport von Versorgungsgüternund Ausrüstungsgegenständen betraf, war das deutscheKontingent zu 100 Prozent von den US-Streitkräften ab-hängig, da deutsche Transportflugzeuge Kandahar nichtanflogen.

Es wurde rasch deutlich, dass das KSK für die ihmübertragenen Aufgaben teilweise nicht geeignet bzw.überqualifiziert war. Im Untersuchungsausschuss als pro-blematisch stellten sich Hinweise auf übermäßigen Alko-holgenuss einzelner Vorgesetzter heraus wie auch Aussa-gen einiger KSK-Soldaten, die eine „Zweiteilung“ desKontingents erahnen lassen. Neben dem Großteil der Sol-daten, die Loyalität und großes Vertrauen in die Kontin-gentführung hatten, existierte ein kleinerer Teil, der ver-mehrt Kritik an grundlegenden Entscheidungen äußerteund dem eine tiefere Unzufriedenheit mit der Führung an-zumerken war. Ein Teil dieser Probleme stellte sich alspersonenbezogen heraus und kann nicht dem System an-gelastet werden. Teilweise hat ein falsch verstandenerCorpsgeist diese Probleme befördert, da sie offenbarnicht ohne Vorbehalte von den militärischen Vorgesetztenangegangen wurden.

Weitere Problembereiche waren die Umstände in demUS-Gefangenenlager in Kandahar und ein rechtlicherPrüfungsprozess innerhalb der Bundesregierung zur Ge-fangennahme/Festnahme von Personen durch die KSK-Soldaten im Einsatz.

Hinsichtlich der Umstände im US-Gefangenenlager gibtes eine große Diskrepanz in den Aussagen von MuratKurnaz zu den Misshandlungen der Gefangenen durchUS-Soldaten und den Aussagen der Mehrzahl der alsZeugen vernommenen Soldaten. Unterschwellig bis aus-drücklich formulierte Vorwürfe der Opposition an dievernommenen Soldaten stellten sich aber als haltlos undunbegründet heraus.

Es gab unbestreitbar einen langwierigen Abstimmungs-prozess innerhalb der Bundesregierung zur Frage, ob undunter welchen Voraussetzungen deutsche Soldaten wäh-rend einer Operation Personen festnehmen oder gefangennehmen können. Dieser lange und schwierige Prozesswar zum einen der nach wie vor ungeklärten Völker-rechtslage bei dem Einsatz der internationalen Gemein-schaft gegen den Terror geschuldet. Zum anderen war tra-gender Gedanke der Führung des BMVg die Rechts- undHandlungssicherheit der Soldaten im Einsatz. Diesekonnten nicht mit langwierigen und komplizierten juristi-

schen Prüfungen belastet werden, um verschiedene Op-tionen für jeden einzelnen etwaigen Gefangenen durchzu-gehen. Hier musste eine einfache, einheitliche Lösunggefunden werden, die in der Übergabe eventuell zu über-prüfender und zu inhaftierender Personen an die US-Streitkräfte, die den gesamten Einsatz OEF führten, be-stand.

Im Einzelnen kommen die Fraktionen von CDU/CSU undSPD zu folgenden Bewertungen:

1. Art der Einsätze der KSK-SoldatenIm Untersuchungszeitraum haben die drei Einsatzkontin-gente des KSK sämtliche Einsätze erfolgreich und ohneVerluste durchgeführt. Dabei handelte es sich um „directaction“-Operationen und „special reconnaissance“-Ope-rationen bzw. Erkundung und Raumaufklärung. Die Ope-rationen liefen nach Aussage aller dazu vernommenenZeugen militärisch reibungslos und beispielhaft ab.

Drei generelle Schlussfolgerungen sind aus den Aussagender Zeugen zu ziehen.

Das KSK eignet sich nicht für einen ständigen Einsatzmit Aufträgen, die auch von anderen Truppenteilen über-nommen werden könnten. Die durchgeführten Opera-tionen erforderten laut Aussage der KSK-Angehörigen– vom Kommandosoldaten bis zum Kontingentführer undzum Kommandeur des KSK – größtenteils nicht den Ein-satz von Spezialkräften. Das KSK war überqualifiziert, daeher nachrangige Aufgaben vom deutschen Kontingentzu übernehmen waren. Hinzu kam, dass die US-Spezial-kräfte gemäß amerikanischer Einsatzphilosophie dieKSK-typischen Aufgaben weitgehend selbst durchführtenund den Partnern nur unterstützende Aufgaben zuwiesen.

Gleichzeitig entsprach der dauerhafte Einsatz in Afgha-nistan nicht der Konzeption des KSK. Nach dem Grund-satz „rush in – rush out“ sieht die Konzeption des KSKvor, die Truppe für kurzfristige Operationen (Festnahme,Evakuierung usw.) in einen Einsatzraum zu verlegen, dieOperation rasch zu beenden und das Einsatzgebiet unver-züglich wieder zu verlassen. Im Rahmen von OEF jedochwurde ein aus rund 100 Soldaten bestehendes Kontingentdauerhaft im Einsatzland Afghanistan belassen, um ein-zelne Operationen im Einsatzgebiet durchzuführen. DasKSK ist nicht auf einen solch langen Verbleib im Einsatz-gebiet ausgelegt.

Es hat sich weiterhin gezeigt, dass Spezialkräfte weniggeeignet sind, um im Verbund mit anderen Bündnispart-nern militärische Operationen durchzuführen. Schon nachkurzer Zeit im Einsatz war der Kontingentführer bemüht,die nationalen Entscheidungsabläufe bis zur Teilnahmedes KSK an einer Operation abzukürzen. Stand zu An-fang jede Operation des KSK unter dem Vorbehalt derEinwilligung des Verteidigungsministers, sollten späternach zuvor festgelegten Kriterien zu bestimmende Ein-sätze auch durch den Befehlshaber des Einsatzführungs-kommandos bewilligt werden. Einsätze von Spezialkräf-ten betreffen aber wegen ihrer Gefährlichkeit und Brisanzden Kernbereich militärischen Handelns. Nationale Vor-behalte wird es bei diesen Einsätzen immer geben. Jede

Drucksache 16/10650 – 132 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Nation – mag sie den Einsatz der sonstigen Truppen auchunter ein multinationales Kommando gestellt haben –wird sich die Genehmigung einer Spezialkräfte-Operationvorbehalten. Da eine solche Operation so gut wie niedurch eine multinationale Führung entschieden werdenkann, ist ein relativ langer Zeitvorlauf bis zur Genehmi-gung durch jede Nation vorprogrammiert. Dies wider-spricht der Natur der Einsätze von Spezialkräften.

Die Erfahrungen des deutschen Kontingents im Untersu-chungszeitraum haben dies deutlich gezeigt. Als zu langempfundene Entscheidungswege über das Einsatzfüh-rungskommando in das Bundesverteidigungsministeriumhinein; die Zuteilung nachrangiger Aufgaben durch dieUS-Streitkräfte, die sich die wichtigen Operationen selbervorbehalten haben; und die logistische Abhängigkeit desdeutschen Kontingents in jeder Hinsicht von den US-Streitkräften legen diese Schlussfolgerung nahe.

Auch die Eigenart und Konzeption dieser Einsätze er-leichtert nicht die Zusammenarbeit unter einem multi-nationalen Dach. Während reguläre Kontingente in denheutigen Auslandseinsätzen dauerhaft im Einsatzland sta-tioniert sind und oft eine Aufteilung der Region nach dengrößeren Kontingenten der beteiligten Nationen stattfin-det, sind Einsätze von Spezialkräften auf punktuelle Ope-rationen mit kurzer Dauer, aber hoher Gefährdung ausge-legt. Der Aufbau von funktionierenden multinationalenStrukturen und eine eingespielte Aufgabenteilung nachden verschiedenen Fähigkeiten sind hier naturgemäßnicht so gut möglich.

Beide Entwicklungen hatten ihre Begründung und Recht-fertigung in der politischen Grundentscheidung, demBündnispartner USA im Kampf gegen die asymmetrischeterroristische Bedrohung beizustehen. Nach den Anschlä-gen des 11. September 2001 war es für jeden Bündnis-partner der USA selbstverständlich, militärische Unter-stützung zu leisten, um dem Selbstverteidigungsrecht derUSA und des Bündnisses Geltung zu verschaffen. DieEinsatzplanung der USA sah den Beitrag anderer Natio-nen zur Mission OEF in der Bereitstellung von Spezial-kräften. Für die Bundesrepublik Deutschland war dies dasEinsatzkontingent des KSK. Dem politischen Willen zurUnterstützung folgend, waren die teilweise Unterforde-rung des KSK und die nicht immer optimale Einsatzarthinzunehmen. Anders hätte Deutschland seine gegenüberden USA eingegangenen Verpflichtungen nicht erfüllenkönnen. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich aber inBündnissen und in der Koalition gegen den Terror ver-pflichtet, den Partnern in Lagen der Bedrohung beizuste-hen bzw. um bei einer etwaigen eigenen Gefährdung Bei-stand zu erhalten. Dies ist die Natur dieser Bündnisse.

Die Koalitionsfraktionen erkennen auch die Entscheidungder damaligen Bundesregierung an, mit der Teilnahme ander Mission OEF „auf der sicheren Seite“ zu sein. Eswurde der Truppenteil entsandt, der die optimale Auftrags-erfüllung und den bestmöglichen Eigenschutz erwartenließ. Da keine eigenen Erfahrungen der deutschen Streit-kräfte mit einem solchen Einsatz existierten, wusste nie-mand in der politischen und militärischen Führung, wasdas deutsche Kontingent erwartet. Die Entsendung des

Kommandos Spezialkräfte war daher die richtige Maß-nahme.

Weitere Schlussfolgerungen in Bezug auf streitkräfte-in-terne, operative Abläufe sind inzwischen überholt. MitBlick auf das KSK und die Melde- und Informationswegeinnerhalb des BMVg sind die Lehren aus dem 1. Einsatz-kontingent bereits weitgehend und unabhängig vom Er-gebnis des Untersuchungsausschusses umgesetzt. Das KSKwird inzwischen von einem spezifischen Stabselement fürspezielle Operationen beim Einsatzführungskommandogeführt. Beim für die laufenden Auslandseinsätze zustän-digen Referat im BMVg (Fü S V 3) ist ein Stabsoffiziermit KSK-Erfahrung implementiert worden. Aufgrund dessogenannten Berliner Erlasses vom 21. Januar 2005 istder Generalinspekteur der Bundeswehr zuständig für diePlanung und Durchführung der Auslandseinsätze. Mit dergeplanten und politisch entschiedenen Aufstellung einesEinsatzführungsstabes im BMVg wird auch die Füh-rungsfähigkeit des Generalinspekteurs und damit im Wei-teren auch der politischen Leitung weiter optimiert. Zu-dem wurde die Politische Bildung in der Bundeswehrdurch eine Novelle der Zentralen Dienstvorschrift 12/1den veränderten Rahmenbedingungen angepasst und derpolitischen Leitung ein Durchgriff bis auf untere militäri-sche Verantwortungsebenen eingeräumt.

Das KSK hat bei zahlreichen späteren Einsätzen mit ei-nem optimal auf seine Belange zugeschnittenen Aufga-benprofil seine hohe, auch international anerkannte Leis-tungsfähigkeit wiederholt unter Beweis stellen können.Ein über die bisherigen Adaptionen hinausgehender Re-formbedarf konnte aus dem Ergebnis des Untersuchungs-ausschusses nicht abgeleitet werden.

2. Einsatzregeln des KSKDas deutsche Kontingent hat den Einsatz im Untersu-chungszeitraum dem Völkerrecht, dem deutschem Ver-fassungs- und Wehrrecht und den bundeswehrinternenErlassen und Befehlen für den Auslandseinsatz gemäßdurchgeführt.

a) Kritisch sehen die Koalitionsfraktionen dabei die nichtzu ignorierenden Hinweise auf einen hohen Alkoholkon-sum von Vorgesetzten des 1. Kontingents. Es ist unzwei-felhaft, dass Alkohol im deutschen Kontingent getrunkenwurde. Dabei galt grundsätzlich die bekannte Faustregelvon „zwei Bier pro Mann und Tag“. Darüber hinaus gabes allerdings Aussagen von vier Zeugen, die einen teil-weise übermäßigen Genuss von Bier, Wein und stärkerenSpirituosen bemerkt haben. Beunruhigend dabei ist, dassVorgesetzte im Kontingent laut diesen Aussagen ebensoübermäßig viel getrunken haben. Diesen Hinweisen ste-hen die übereinstimmenden Aussagen des damaligen Be-fehlshabers Einsatzführungskommando der Bundeswehrund des ehemaligen Kommandeurs KSK gegenüber, diebeide diesen Sachverhalt überprüft haben. Beide Vorge-setzte kamen zu dem Ergebnis, dass kein Handlungsbe-darf in Bezug auf disziplinare Ermittlungen oder die Ab-lösung aus dem Einsatz bestand. Diese Einschätzung derzuständigen Vorgesetzten müssen die Mitglieder des Un-tersuchungsausschusses zur Kenntnis nehmen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 133 – Drucksache 16/10650

Die Koalitionsfraktionen bewerten diesen Sachverhalt alsFehlverhalten Einzelner, der personenbezogen war undden Auftrag des Kontingents zu keinem Zeitpunkt gefähr-det hat. Da die Angelegenheit von den zuständigen Vor-gesetzten überprüft wurde, handelt es sich nicht um eineFehlentwicklung, die im System angelegt ist oder durchdas System begünstigt wurde. Die streitkräfte-internenÜberprüfungsmechanismen haben funktioniert. Allerdingsist angesichts der Aussagen zum erhöhten Alkoholkon-sum das Ausbleiben von Konsequenzen zu hinterfragen.Weiterhin stellt sich die Frage, warum die Vorgesetzten,bei denen schon im 1. Kontingent der Verdacht auf einenüberhöhten Alkoholgenuss aufkam, mit dem 3. Kontin-gent erneut in den Einsatz entsandt wurden. In der Bewer-tung eines Gremiums, das die Sachverhalte der Jahre2001 und 2002 aus heutiger Sicht betrachtet, ist dieseEntscheidung zu kritisieren.

b) Ein Gegenstand besonderer Untersuchung im Aus-schuss war die Frage nach den „Rules of Engagement“für diesen Einsatz. In der Mehrzahl der internationalenMissionen sind „Rules of Engagement“ Bestandteil desOperationsplans. Grundlage für dieses Regelwerk ist dasVölkerrecht in für die jeweilige Mission besonders ausge-prägter Form.

Für OEF wurden keine „Rules of Engagement“ verein-bart. Daraus kann keinesfalls – wie seitens der Oppositiongetan – der Schluss gezogen werden, dass damit dieseMission in einer Art „rechtsfreiem Raum“ stattfand. Keinbesonders zugeschnittenes Regelwerk bedeutet ebennicht, dass es keine rechtlichen Grundlagen gibt, vielmehrgilt die Gesamtheit aller völkerrechtlichen Bestimmungenfür die Mission OEF. Dieser Umstand wurde den Solda-ten des KSK, wie jedem anderen Teilnehmer an einemAuslandseinsatz auch, unmissverständlich vermittelt. Je-der Kontingentangehörige trug die Taschenkarte „Huma-nitäres Völkerrecht in bewaffneten Konflikten“ am Mann,die auf sieben Seiten die Grundregeln dieses Rechtsge-biets darlegt. Beim KSK fanden und finden regelmäßigUnterrichtungen durch Juristen für die Teilnehmer anAuslandseinsätzen über die völkerrechtlichen Grundlagender Missionen statt. Wie der damalige Kommandeur desKSK und der Unterabteilungsleiter R II im BMVg alsZeugen bestätigt haben, galt das auch für die Teilnehmeran der Mission OEF.

Der damalige Befehlshaber des Einsatzführungskomman-dos der Bundeswehr war gegenüber dem Einsatz ohne„Rules of Engagement“ zunächst skeptisch, ließ sich aberlaut seiner Aussage im Untersuchungsausschuss überzeu-gen.

c) Die Opposition versuchte wiederholt, das Thema „Ge-fangennahme/Festhalten von Personen durch deutscheSoldaten“ zu instrumentalisieren: die rot-grüne Bundes-regierung habe hier einen Beitrag zur in der internatio-nalen Kritik stehenden Inhaftierung von Personen im US-Gefängnis in Guantánamo Bay, Kuba, geleistet.

Ein solcher Beitrag wurde im gesamten Untersuchungs-zeitraum nicht geleistet. Es gibt keinen einzigen konkre-ten Fall, in dem ein von deutschen Soldaten in Verwah-

rung Genommener an die US-amerikanischen Kräfteübergeben und dann nach Guantánamo gebracht wurde.Im Untersuchungszeitraum trat einmal die Situation auf,dass zwei Personen von deutschen KSK-Angehörigenwährend einer Operation festgehalten wurden. NachÜberprüfung durch die US-Behörden konnten beide Per-sonen wieder ihrer Wege gehen.

Leitlinie der Bundesregierung und speziell des BMVg indieser Hinsicht war es, den Soldaten im Einsatz eine klareHandlungsanweisung an die Hand zu geben. Weder sindSoldaten juristisch geschult noch gehören Einschätzun-gen möglicher Rechtslagen zu ihrem Auftrag bei der Mis-sion OEF. Gerade im Umgang mit mutmaßlichen extremgefährlichen Terroristen oder Taliban-Kämpfern sindzeitaufwändige, nach persönlichem Hintergrund differen-zierte Handlungsalternativen völlig fehl am Platze. DieEinrichtung eines eigenen Gefangenenwesens mit dauer-hafter Unterbringung, Verpflegung und medizinischerVersorgung von Gefangenen durch das deutsche Kontin-gent verbot sich von selbst, da dies nicht im vom Bundes-tag beschlossenen Mandat enthalten noch die Logistik da-für vorhanden war.

Weiterhin verweisen die Koalitionsfraktionen hier auf dieAussage des damaligen Verteidigungsministers Scharping:Die Bundesrepublik Deutschland wirke an einem völker-rechtswidrigen Vorgehen nicht mit. Es habe innerhalb derBundesregierung keinen Zweifel gegeben, dass bezüglichFestgehaltener oder Festgenommener bestimmte Rechts-normen einzuhalten sind. Dies war die feste Haltung derdamaligen Bundesregierung.

Was die Fraktionen von CDU/CSU und SPD in ihrer Be-wertung wesentlich bestärkt, ist die Befassung des Vertei-digungsausschusses mit dem Thema „Gefangennahmevon Personen im Rahmen von OEF“ noch im Jahr 2002.In der Sitzung vom 13. November 2002 informierte derdamalige Parlamentarische Staatssekretär im BMVg,Walter Kolbow, den gesamten Verteidigungsausschussüber die Praxis der deutschen Soldaten bei der OEF, keineeigenen Gefangenen zu machen, sondern die US-ameri-kanischen Streitkräfte dabei zu unterstützen. Das Gefan-gennehmen sei nicht die Aufgabe der deutschen KSK-Soldaten. Im Falle einer Notsituation, die einen Zugrifferfordere, werde dies nach den Vorschriften des Völker-rechts gelöst (MAT 16 – 6, Protokoll des Verteidigungs-ausschusses vom 13. November 2002, S. 3). Dieser Um-stand blieb unwidersprochen. Jedes Mitglied desVerteidigungsausschusses hätte die Möglichkeit gehabt,dazu mit den Mitteln der Abgeordneten und der Fraktio-nen weitere Informationen seitens der Bundesregierungeinzuholen und eine Änderung der Rechtsansicht undHandhabung einzufordern. Jede Fraktion, die nun das da-malige Handeln der Bundesregierung rügt, muss sich anihrem früheren Verhalten messen lassen.

3. Umstände in dem US-GefangenenlagerMurat Kurnaz hat in seiner Aussage vor dem Untersu-chungsausschuss von ständigen Schlägen und Misshand-lungen durch US-amerikanische Soldaten berichtet.Gleichzeitig seien ständig Schreie als Ergebnis dieser

Drucksache 16/10650 – 134 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Misshandlungen zu hören gewesen. Die MitgefangenenRuhal Ahmed und Asif Iqbal haben vergleichbare Aus-sagen gemacht. Konsequenterweise haben die Mitgliederdes Untersuchungsausschusses die deutschen Soldatendazu befragt, ob sie solche Misshandlungen oder Spurendavon gesehen haben und wenn ja, wie sie reagiert haben.Derartige Menschenrechtsverletzungen hätten von jedemdeutschen Soldaten gemeldet werden müssen.

Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD sind überzeugt,dass derartige Misshandlungen, Misshandlungsspurenoder Schreie als Folge davon nicht zu sehen oder zu hö-ren waren. Alle vernommenen deutschen Zeugen, die dasGefangenenlager besichtigt oder darin Wachunterstüt-zung geleistet haben, haben einheitlich ausgesagt, dasskeine Schläge oder vergleichbare Misshandlungen derGefangenen wahrzunehmen waren, dass keine Spurensolcher Misshandlungen zu sehen und keine Schreie indem Gefangenenlager zu hören waren. Diese Aussagenstammen nicht nur von den Zeugen, die insgesamt keinenegative Wertung zu dem Gefangenenlager abgegebenhaben – also der Mehrzahl der vernommenen Soldaten –,sondern dies gilt auch für die Zeugen, die sich kritisch inBezug auf das Gefangenenlager äußerten. So lehnt derkatholische Militärpfarrer in seiner schriftlichen Stellung-nahme gegenüber dem Untersuchungsausschuss das Ge-fangenenlager als solches als Widerspruch gegen die

allgemeine Menschlichkeit ab, hat aber keine konkretenMisshandlungen und Körperverletzungen bemerkt(MAT 16 – 52, S. 2).

Aufschluss zu diesem Widerspruch der Zeugenaussagenmag die Aussage des ebenfalls in Kandahar inhaftiertenZeugen Ruhal Ahmed bringen. Der Zeuge berichtete vordem Untersuchungsausschuss, dass viele der Misshand-lungen darin bestanden haben, Gefangene beim Laufenmit Fußfesseln zu schubsen oder so schnell laufen zu las-sen, dass die Fesseln in die Fußgelenke einschnitten.Gleiches habe für die Handfesseln gegolten, an denen dieGefangenen regelmäßig durch die US-Soldaten hoch-oder fortgerissen worden seien. Alle Gefangenen hättendavon schmerzhafte Einschnitte an Hand- und Fußgelen-ken gehabt. Die „eigentliche Folter“ fing laut der Aussagevon Ruhal Ahmed mit der Verbringung nach Guantánamoan.

Derartige Verletzungen sind durchaus erheblich und wer-den von Gefangenen durchaus zu Recht als dauerhafteMisshandlung empfunden. Sie sind jedoch aus einigenMetern Entfernung, die von den deutschen Soldaten beider Besichtigung und bei der Wachunterstützung in demGefangenenlager naturgemäß eingehalten wurde, nicht zuerkennen, wenn man nicht besonders darauf aufmerksamgemacht wird.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 135 – Drucksache 16/10650

B. Schlussfolgerungen

Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD sehen in einigenPunkten Überprüfungs- oder Verbesserungsbedarf, wasdas Verhältnis der „Parlamentsarmee“ Bundeswehr zumDeutschen Bundestag betrifft. Auch insofern war der Un-tersuchungsausschuss lehrreich und nutzbringend.

Im Einzelnen:

1. Es ist zu überprüfen, wie weit das Geheimhaltungsbe-dürfnis in Bezug auf das KSK tatsächlich geht. Unbe-stritten ist, dass es zwei Kernbereiche gibt, für die einabsolutes Geheimhaltungsbedürfnis gilt. Das sind derIdentitätsschutz der KSK-Angehörigen und laufendemilitärische Operationen des KSK. Der Identitäts-schutz ist zwingende Voraussetzung, um die KSK-An-gehörigen und deren Verwandte vor Gefährdung undErpressbarkeit zu bewahren.

Leider hat auch der Untersuchungsausschuss selbergezeigt, wo eine auch nur punktuelle Aufweichungdes Identitätsschutzes hinführen kann. Durch die Bei-ziehung von Akten des Bundesverteidigungsministe-riums im Untersuchungsausschuss erhielt ein begrenz-ter Personenkreis außerhalb der dafür zuständigenDienststellen der Bundeswehr Zugriff auf persönlicheDaten von einigen Dutzend KSK-Soldaten. Aufgrundvon Verstößen gegen die Geheimhaltungsvorschriftenwurden diese Daten an einige „investigative“ Journa-listen weitergegeben. Folge war die Kontaktaufnahmeeiniger Journalisten zu mehreren KSK-Soldaten, umEinzelheiten über die Einsätze des KSK in Afghanis-tan zu erfahren. Die betroffenen Soldaten sahen dieszu Recht als Gefährdung ihrer Person und ihrer Ange-hörigen an. Die Koalitionsfraktionen rechnen denIdentitätsschutz deshalb dem Kernbereich der Ge-heimhaltung zu.

Auch laufende militärische Operationen des KSK dür-fen von der Geheimhaltung nicht ausgenommen wer-den. Andernfalls würde der Erfolg der Operation ge-fährdet und das Leben der teilnehmenden Soldatenaufs Spiel gesetzt.

Darüber hinaus ist jedoch zu überprüfen, wie weit dieGeheimhaltung gehen muss und wie weit der Bundes-tag über die Einsätze des KSK zu informieren ist. DieGeheimhaltung ist hier in Ausgleich mit dem Informa-tionsanspruch des Deutschen Bundestages über die be-waffneten Einsätze der Streitkräfte zu bringen. DieserAnspruch erwächst aus dem besonderen Verhältnis desParlaments zur Bundeswehr in der BundesrepublikDeutschland. Wie das Bundesverfassungsgericht inseiner Grundsatzentscheidung vom 12. Juli 1994(Az: 2 BvE 3/92 u. a.) feststellte, bedarf jeder bewaff-nete Einsatz der Bundeswehr der – grundsätzlich vor-herigen – konstitutiven Zustimmung des Deutschen

Bundestages. Der Erfordernis der Zustimmung desBundestages vor einem bewaffneten Einsatz entsprichtdas Rückholrecht des Parlaments. Der Bundestagmuss in der Lage sein, einen bewaffneten Einsatz derStreitkräfte abzubrechen, auch wenn das von der Bun-desregierung nicht gewollt oder der Zweck der Mis-sion noch nicht erreicht ist. Zwingend erforderlich fürdas Rückholrecht ist eine umfassende Information desBundestages über die wesentlichen Eckdaten des be-waffneten Einsatzes. Ansonsten wäre keine belastbareGrundlage für die Entscheidung über Andauern oderAbbruch des Einsatzes vorhanden. Dies entsprichtdem Charakter der Bundeswehr als „Parlamentsar-mee“. § 6 Abs. 1 Parlamentsbeteiligungsgesetz folgtdiesem Prinzip und normiert eine Pflicht der Bundes-regierung, den Bundestag über den Verlauf des Einsat-zes und die Entwicklung im Einsatzland zu unterrich-ten. Das KSK ist von dieser Pflicht nichtausgenommen. Das Bundesverfassungsgericht hat imFalle besonderer Geheimhaltungsbedürftigkeit einenEinsatz ohne Beteiligung des Bundestages für zulässigerachtet. Demgemäß muss die Unterrichtungspflichtder Bundesregierung auch Ausnahmen aus Gründender Geheimhaltung kennen. Dies wird von den Koali-tionsfraktionen nicht angezweifelt. Jedoch muss hierder Ausgleich zwischen Geheimhaltungsbedürfnis derSpezialkräfte und dem Anspruch auf Unterrichtungdes Bundestages gefunden werden.

Dieser Ausgleich kann etwa die Information über dasOb des aktuellen Einsatzes von KSK und weitere Ein-zelheiten über abgeschlossene Operationen enthalten.Taktische Einzelheiten oder Operationsdetails würdenlaufende oder künftige Einsätze gefährden, jedoch gibtes keinen Grund, dem Parlament Informationen überdie Existenz von KSK-Einsätzen und den Erfolg sowiegrundlegender Eckdaten vorzuenthalten.

2. Eng mit diesen Erwägungen verknüpft ist die Über-prüfung, wie der Informationsanspruch des Parla-ments inhaltlich und in seiner Regelmäßigkeit verbes-sert werden kann. Die Fraktionen von CDU/CSU undSPD erkennen an, dass die Information des Bundesta-ges über die Einsätze des Kommandos Spezialkräftedurch die Bundesregierung in den letzten Jahren er-heblich zugenommen hat. Eine inhaltlich adäquateUnterrichtung hat im Wesentlichen stattgefunden.Adressat sind die Obleute der Fraktionen im Auswärti-gen Ausschuss sowie im Verteidigungsausschuss. DieBundesregierung muss jedoch zur Kenntnis nehmen,dass § 6 Abs. 1 Parlamentsbeteiligungsgesetz eine Un-terrichtung des gesamten Bundestages vorsieht. EineBegrenzung auf einen Teil der Abgeordneten – seienes Obleute oder auch alle Mitglieder von Auswärtigem

Drucksache 16/10650 – 136 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Ausschuss und Verteidigungsausschuss – ist demWortlaut nicht zu entnehmen. Der besonderen Stellungdes KSK ist Rechnung zu tragen. Daher ist hier eininstitutionalisiertes Verfahren zu finden, das beideInteressen berücksichtigt.

3. Die Koalitionsfraktionen schließen weiterhin aus denErgebnissen des Untersuchungsausschusses, dass Spe-zialkräfte für den Einsatz im multinationalen Verbandwenig geeignet sind. Einzelheiten wurden unterZiffer III. 1. ausgeführt. Bundesregierung und Deut-scher Bundestag werden dies bei künftigen Einsätzendes KSK zu beachten haben.

4. Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD sehen letzt-lich einen bestimmten Nachholbedarf bei der Vermitt-lung des Begriffs „Parlamentsarmee“ und der Rolle,die der Deutsche Bundestag in Bezug auf die Streit-kräfte bei den Angehörigen des Kommandos Spezial-kräfte einnimmt. Bei den Vernehmungen der Zeugenaus den Reihen des KSK war einer Vielzahl von Sol-daten eine wenig verdeckte Ablehnung und ein Unver-ständnis über die Einmischung des Parlaments in dieAngelegenheiten des KSK anzumerken. Zwei Zeugenhaben ihre Ablehnung in vorbereiteten kurzen Stel-lungnahmen deutlich zum Ausdruck gebracht. DieseHaltung entspringt offensichtlich nicht nur der – ausSicht der Betroffenen verständlichen – Empörung an-gesichts zahlreicher Untersuchungen, die aufgrund derBehauptung eines Einzelnen stattfinden. Loyalitätwird gegenüber der Bundeswehr und dem Bundesver-teidigungsministerium empfunden. Dieses Vertrauenund diese Loyalität der Exekutive gegenüber sind rich-tig und notwendig.

Jedoch muss jedem Soldaten der „Parlamentsarmee“Bundeswehr vermittelt werden, dass sich die Legiti-mation der Streitkräfte in der BundesrepublikDeutschland vom gesamten Volk ableitet, deren ge-wählte Vertreter die Abgeordneten des DeutschenBundestages sind, die auch den Bundeskanzler wählen

und die Bundesregierung kontrollieren. Der Begriff„Parlamentsarmee“ ist keine bloße Floskel und er-schöpft sich nicht in der halbjährigen Zustimmung desBundestages zu den laufenden Auslandseinsätzen. DasParlament hat eine Grundverantwortung für die deut-schen Streitkräfte, die in zahlreichen Einzelbestim-mungen zum Ausdruck kommt. Der Bundestag be-stimmt über den Haushaltsplan die zahlenmäßigeStärke und Grundzüge der Organisation der Streitkräfte(Artikel 87a Abs. 1 GG). Er ist zusammen mit demBundesrat für die Feststellung des Verteidigungsfalls zu-ständig (Artikel 115a Abs. 1 GG) und muss gemäß derRechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Ur-teil vom 12.07.1994) einem bewaffneten Einsatz derStreitkräfte im Rahmen eines Systems gegenseitigerkollektiver Sicherheit konstitutiv zustimmen.

Konkreter Ausdruck dieser Grundverantwortung istder Verteidigungsausschuss, der sich ständig mit The-men der Streitkräfte befasst, die über die reinen Ge-setzentwürfe mit Bezug zur Bundeswehr hinausgehen.Und der Verfassungsgeber hat dem Verteidigungsaus-schuss durch Artikel 45a Abs. 2 GG das Recht zurKonstituierung als Parlamentarischer Untersuchungs-ausschuss eingeräumt. Dass dies ein nicht regelmäßi-ger, aber doch regulärer Vorgang innerhalb der parla-mentarischen Kontrolle ist, muss von allen Soldatender Bundeswehr verstanden und im Grundsatz akzep-tiert werden.

Da dies offensichtlich nicht der Fall ist, müssen Me-chanismen gefunden werden, um das Vertrauen derKSK-Angehörigen in das Parlament und in das Sys-tem der Beziehungen zwischen Streitkräften und Par-lament zu stärken.

Sich diesen Schlussfolgerungen in geeigneter Weise an-zunehmen, wird Aufgabe der Bundesregierung sein, vorallem aber des Verteidigungsausschusses im Rahmen sei-ner künftigen Beratungen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 137 – Drucksache 16/10650

Vierter Teil

Sondervoten

A. Minderheitenbericht der Fraktion der FDP

I. Einführung haltung einer aus der Bundesrepublik Deutschland

Die Fraktion der FDP macht von ihrem Recht gemäß § 66Abs. 2 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages(GO-BT) und § 33 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung desRechts der Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bun-destages (Untersuchungsausschussgesetz – PUAG) Ge-brauch, einen abweichenden Bericht vorzulegen.

Der Verteidigungsausschuss beschloss auf Antrag derFraktionen der CDU/CSU und SPD am 25. Oktober 2006einstimmig, sich als 1. Untersuchungsausschuss einzuset-zen, was mit der ersten Sitzung des Untersuchungsaus-schusses am 8. November 2006 gemäß Artikel 45a Ab-satz 2 GG vollzogen wurde.

Gegenstände der Untersuchung sollten sein:

– Klärung der Kontakte von Bundeswehrangehörigenmit Murat Kurnaz während dessen Inhaftierung durchUS-Streitkräfte in Kandahar/Afghanistan;

– Aufklärung einer möglichen Kenntnis von Personeninnerhalb der Bundeswehr und/oder im Bundesminis-terium der Verteidigung über solche Kontakte;

– Klärung der Frage, ob Murat Kurnaz in dieser Zeit vonBundeswehrsoldaten misshandelt wurde, und wenn ja,wie und durch wen;

– Anzahl und Art der Einsätze des Kommandos Spezial-kräfte (KSK) von November 2001 bis November 2002in Kandahar, deren Einsatzregeln sowie die Einflüssevon Dienststellen der Bundeswehr und des Bundes-ministeriums der Verteidigung auf diese Einsätze;

– Klärung der Frage, welche Personen in der Bundes-wehr und im Bundesministerium der Verteidigung vondiesen Einsätzen welche Kenntnisse hatten.

Weder die Fraktion der FDP noch die anderen Fraktionender Opposition im Deutschen Bundestag hatten diesen Un-tersuchungsausschuss beantragt. Die Gründe, warum diedie gegenwärtige Bundesregierung tragenden Fraktionenihn beantragt haben, erschließen sich auch nach Abschlussseiner Arbeit nicht, da ein aktiver Aufklärungswille nichterkennbar war.

Die Fraktion der FDP hat der Einsetzung des Untersu-chungsausschusses zugestimmt, um

– die von Herrn Murat Kurnaz gegen Bundeswehrsolda-ten erhobenen schweren Vorwürfe der Misshandlungaufzuklären,

– die mögliche Kenntnis der militärischen wie der poli-tischen Führung der Bundeswehr über die Gefangen-

stammenden Person zu untersuchen,

– die offensichtlich bestehende Problematik bei der Frageder Gefangennahme von Personen durch Soldatinnen/Soldaten der Bundeswehr in Afghanistan zu beleuch-ten,

– die politische Vorbereitung und Verantwortung für denübernommenen Auftrag des KSK zu untersuchen und

– die grundsätzliche Frage einer wirksamen parlamenta-rischen Kontrolle auch in Bezug auf das KSK derBundeswehr zu überprüfen.

Der Untersuchungsausschuss hat seine ihm gestelltenAufgaben aus den verschiedensten Gründen, die späternoch eingehender beleuchtet werden, nach Meinung derFraktion der FDP nur unzureichend erfüllt. Hingegen istdie durchweg sachorientierte und von dem Bemühen zurAufklärung getragene Verfahrensleitung des Vorsitzendendes Untersuchungsausschusses ausdrücklich zu würdi-gen.

II. UntersuchungsergebnisseAls Ergebnisse, bezogen auf die von der Fraktion derFDP für klärungsbedürftig erachteten Fragen, bleibenfestzuhalten:

1. Beschuldigungen durch Murat KurnazHerr Kurnaz schilderte in seiner Vernehmung am 17. Ja-nuar 2007 (vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 4, S. 31 ff.)glaubwürdig den Ablauf seiner Begegnung mit zwei Sol-daten, die die deutsche Flagge auf ihren Uniformen tru-gen, und die spätere Misshandlung durch eben diese zweiSoldaten. Er führte aus, dass sich dieser Vorfall in denersten zwei Wochen seiner Gefangenschaft in Kandaharereignet hat und dass sich die zwei Soldaten als Angehö-rige des KSK zu erkennen gegeben hätten. Einen dieserSoldaten hat er am 28. Dezember 2006 aus einer ihm vonder Staatsanwaltschaft Tübingen vorgelegten Lichtbild-mappe, bestehend aus 48 Fotos, identifiziert. 34 der aufden 48 Fotos abgebildeten Personen waren von vornhe-rein außerhalb jeglichen Verdachts, 14 kamen als mögli-che Tatverdächtige infrage. Diese Tatsache, ergänzt durchdas Gesamtbild der Aussage von Herrn Kurnaz vor demUntersuchungsausschuss, stärkt den Eindruck seinerGlaubwürdigkeit.

Die Vernehmungen der Soldaten/ehemaligen Soldatendes KSK, die zu der besagten Zeit in Kandahar und auchin dem Gefangenenlager waren, in dem Herr Kurnaz fest-

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gehalten wurde, gaben ein sehr unterschiedliches Bild.Die Bandbreite ging von strikter Aussageverweigerungbis hin zu umfänglichen Schilderungen der persönlichenErlebnisse und Wahrnehmungen. Dabei war auffällig,dass diese zum Teil sehr gegensätzlich waren, sowohl inder Schilderung sehr konkreter einzelner Fälle als auchim Grundsätzlichen.

Bei der Vernehmung von zwei Mitgefangenen von HerrnKurnaz traten ebenfalls Widersprüche zutage (vgl. Wort-protokoll Nr. 22, Teil II, S. 30 ff.).

So kann es nicht überraschen, dass die von Herrn Kurnazsowohl in der Wochenzeitschrift stern als auch später inder Fernseh-Talkshow beckmann gegen zwei Soldatendes KSK erhobenen Anschuldigungen durch den Unter-suchungsausschuss weder zweifelsfrei bestätigt noch um-fassend entkräftet werden konnten.

2. Kenntnis der militärischen und politischen Führung über die Gefangenschaft von Murat Kurnaz in Kandahar

Wie die Vernehmungen der Soldaten des KSK ergabenauch die Anhörungen der Zeugen aus der militärischenFührung der unterschiedlichsten Ebenen sowie aus demzivilen Leitungsbereich des Bundesministeriums der Ver-teidigung (BMVg) kein einheitliches Bild. Bisweilen wares verwunderlich zu vernehmen, dass brisante Meldungenaus Afghanistan zwar das Einsatzführungskommando derBundeswehr erreichten, nicht jedoch das BMVg. Daringing es z. B. um die akute Gefährdung von Soldatendurch eine falsche Handhabung einer Handfeuerwaffe, inderen Folge sich zweimal Schüsse lösten, die zur Ablö-sung eines Soldaten führten. Darüber hinaus erreichtenoffensichtlich auch Meldungen über den zumindestleichtfertigen Umgang mit Alkohol durch militärischesFührungspersonal des KSK in Kandahar zwar die Abtei-lung Spezialkräfte im Einsatzführungskommando derBundeswehr, nicht jedoch den Befehlshaber des Kom-mandos und somit auch nicht das BMVg.

Diese Ergebnisse der Vernehmungen sind deshalb von be-sonderer Bedeutung, weil bis zum Ende der Arbeit desUntersuchungsausschusses nicht eindeutig aufgeklärtwerden konnte, zu welchem Zeitpunkt die militärischeFührung der Bundeswehr, die politische Leitung desBMVg und/oder die Bundesregierung Kenntnis über dieGefangenschaft von Herrn Kurnaz in Kandahar erlangte.Hier widersprachen sich die Aussagen, beginnend bei derBefehlsgebung für die Wachgestellung für das US-Gefan-genenlager durch das KSK bis hin zu der Frage, ob dieseruntypische Einsatz in Kenntnis bzw. mit dem Einver-ständnis des Einsatzführungskommandos der Bundes-wehr und/oder des BMVg durchgeführt wurde.

Ähnlich verhielt es sich bei der Frage, wann wer erstmalsKenntnis darüber erlangte, dass sich eine aus der Bundes-republik Deutschland stammende Person im US-Gefan-genenlager in Kandahar befindet. Während der Befehls-haber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehrhierüber schon am 3. Januar 2002 informiert gewesen zu

sein schien (vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 10, Teil II,S. 10), offensichtlich durch das KSK, will das BMVg – inPerson des Stabsabteilungsleiters V des Führungsstabsder Streitkräfte (StAL Fü S V) – davon erst am 7. Januar2002 erfahren haben (vgl. Stenografisches Protokoll Nr.10, Teil II, S. 7), und zwar nicht auf dem Dienstweg vomEinsatzführungskommando, sondern vom Verbindungs-kommando der Bundeswehr beim CENTCOM in Tampa,Florida. Dies ist umso erstaunlicher, als eben dieses Ver-bindungskommando bereits auch am 3. Januar 2002 eineerste Meldung über Detainees in Kandahar, also über dasdortige US-Gefangenenlager, an den StAL Fü S V gemel-det hat. Einhellig bestätigten aber sowohl der Befehlsha-ber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr alsauch der STAL Fü S V, dass von ihnen eine Meldung überdiesen Sachverhalt an die militärische und/oder politischeFührung des BMVg, aus welchen Gründen auch immer,mit großer Wahrscheinlichkeit unterblieben ist (vgl. Ste-nografisches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 9). Diese Aussa-gen wurden durch den damaligen Generalinspekteur derBundeswehr, soweit ihm erinnerlich war (vgl. Stenografi-sches Protokoll Nr. 18, Teil II, S. 7), und durch den dama-ligen Bundesminister der Verteidigung Rudolf Scharping(vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 15, Teil II, S. 8) bestä-tigt.

Eine Überprüfung der archivierten Meldedokumentekonnte in weiten Teilen nicht durchgeführt werden, dadiese, nach Angaben der Bundesregierung, im Dezember2003 durch eine starke Beschädigung von zwei Archivda-tenträgern des Amtes (später: Zentrums) für Nachrichten-wesen der Bundeswehr (ANBw/ZNBw) vernichtet wor-den seien. Bemerkenswert bei diesem Vorfall ist vorallem, dass sich die Bundesregierung erst auf Nachfragedes Untersuchungsausschusses Mitte Juni 2007 gezwun-gen sah (vgl. Kurzprotokoll v. 4. Juli 2007, Nr. 16, S. 6),hierüber zu informieren. Dabei hat das BMVg bereitsspätestens im Oktober 2006 darüber Kenntnis erlangt,wie einem Bericht des ZNBw vom 1. Dezember 2006 zuentnehmen ist (vgl. VA v. 19. September 2007, 59/43 ff.).Ein derartiges Verschleppungsverfahren seitens der Bun-desregierung gegenüber dem Parlament ist, nicht nur inBezug auf die Arbeit des Untersuchungsausschusses, völ-lig inakzeptabel.

Abschließend bleibt zu diesem Untersuchungsfeld festzu-halten, dass die Unterbrechung des Meldeflusses unmit-telbar unterhalb der Ebene der militärischen Bundeswehr-führung einerseits und der politischen Leitungsebene desBMVg andererseits nicht ohne Überraschung zur Kennt-nis genommen werden muss. Gegenbeweise konnten auchwegen der durch das ANBw/ZNBw vernichteten Datennicht geführt werden. Gerade aber in Anbetracht der be-sonderen Brisanz des KSK-Einsatzes und der täglichenVideokonferenzen zwischen dem Einsatzführungskom-mando der Bundeswehr und dem KSK-Kontingentführerin Kandahar sowie dessen umfangreiche Meldungen, diein umgesetzter Form an das BMVg weitergegeben wurden(vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil II, S. 8), bleibenerhebliche Zweifel an dieser Darstellung bestehen.

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3. Umgang der Bundesregierung mit Gefangennahmen in Kandahar

Die Bundesregierung hat frühzeitig öffentlich kritisiert,dass die USA im Umgang mit islamistischen TerroristenWege eingeschlagen habe, die einem zuvor bestehendenKonsens widersprachen. So hat Außenminister Fischeram 22. Januar 2002 in einer Pressemitteilung darauf hin-gewiesen, dass die inhaftierten Beschuldigten inGuantánamo, unabhängig von einer späteren Statusdefini-tion, wie Kriegsgefangene zu behandeln seien. Im krassenWiderspruch hierzu stand jedoch ihr Handeln. Währendauf der einen Seite der Öffentlichkeit medienwirksam diewerteorientierte Friedensmacht Deutschland darzustellenversucht wurde, war man auf der anderen Seite in die In-formationsstränge der US-Administration fest eingebun-den und teilweise sogar operativ an der Durchsetzung die-ses amerikanischen Sonderweges beteiligt (vgl. MAT16 – 14, Anlage 16 – entspricht Ordner 15). Dieser ent-sprach jedoch in keiner Weise den rechtsstaatlichen Stan-dards der Bundesrepublik Deutschland.

Am 10. Januar 2002 hatte das BMVg Kenntnis vom Be-ginn der Verlegung von in Kandahar inhaftierten Perso-nen. Die Funktion des Gefangenenlagers Kandahar alsDurchgangsstation nach Guantánamo war bereits zu Be-ginn der Operation bekannt (vgl. MAT 16 – 14, Anlage 16 –entspricht Ordner 15). Das eingesetzte deutsche KSKwirkte im Rahmen seines Auftrages an Operationen derOEF-Kräfte mit, bei denen Gefangene gemacht wurden,die anschließend über Kandahar nach Guantánamo ge-langten (vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil II,S. 10 und MAT 16 – 14, Anlage 16 – entspricht Ordner 15).Diese Tatsache ist ein deutliches Zeichen der Inkonse-quenz der damaligen Bundesregierung.

Die Verantwortung für Art und Umfang der operativenHilfe war innerhalb der Bundesregierung umstritten. Sovertrat das BMJ die Auffassung, dass auch Unterstüt-zungsleistungen für die USA unterhalb der Maßnahmeder direkten Übergabe selbst ergriffener Verdächtiger einedeutsche Mitverantwortung im Falle von Verstößen gegendie Menschenrechte ergeben könnte (vgl. MAT 16 – 14,Anlage 07, Ord. Nr. 4.3.4, R II 3 vom 6. Juni 2002). AAund BMVg teilten diese Bewertung nicht. Der darüberbestehende Dissens zwischen den Ressorts wurde trotzKenntnis des Bundeskanzleramtes zu keiner Zeit durchdie Herbeiführung einer Positionierung durch die Bun-desregierung beseitigt (vgl. MAT 16 – 14, Anlage 07,Ord.Nr. 4.3.4, R II 3 vom 6. Juni 2002).

Bedeutsam scheint überdies, dass seitens der Bundesregie-rung Fragen aus dem parlamentarischen Bereich und desWehrbeauftragten des Deutschen Bundestages bis nachder Bundestagswahl 2002 zurückgehalten wurden, obwohlFristen der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestageslange abgelaufen waren. Das wird deutlich im Umgangmit einem Schreiben aus dem Büro des Wehrbeauftragtendes Deutschen Bundestages, der infolge der Berichterstat-tung des SPIEGEL um Stellungnahme bat, inwieweit dieRechtssicherheit für deutsche Soldaten sichergestellt sei,die möglicherweise an völkerrechtswidrigen Maßnahmenanderer Nationen mitgewirkt hätten (vgl. MAT 16 – 14,

Anlage 07, Ord. Nr. 4.3.4, Wehrbeauftragter, 28. Juni2002). Zwischen dem Ministerbüro des BMVg und demParlaments- und Kabinettsreferat des BMVg bestand Ei-nigkeit darüber, dass eine Antwort auf diese Frage denDissens zwischen BMJ auf der einen und AA/BMVg aufder anderen Seite offenbaren würde. So wurde innerhalbdes BMVg die Staatssekretärsebene darüber informiert,dass zwischen der Rechtsabteilung, dem Parlaments- undKabinettsreferat und dem Ministerbüro Einigkeit darüberbestehe, dass die Beantwortung wenn irgend möglich wei-ter hinausgezögert werden solle (vgl. MAT 16 – 14, Anlage07, Ord. Nr. 4.3.4, BMVg, 22. August 2002). Diese Verein-barung wurde nochmals mit einer E-Mail vom 27. August2002 von R II 2 an den Leiter der Rechtsabteilung bestä-tigt. Darin wird ein Telefonat zwischen dem Parlaments-und Kabinettsreferat und dem Ministerbüro wiedergege-ben, in dem vereinbart wurde, wegen des Sichtbarwerdensdes Dissenses von der Beantwortung der Anfrage noch indieser Legislaturperiode abzusehen (vgl. MAT 16 – 14,Anlage 07, Ord. Nr. 4.3.4, BMVg, 27. August 2002).

Mit Schreiben vom 10. Oktober 2002 an den Parlamenta-rischen Staatssekretär beim BMVg drückte der Wehrbe-auftragte des Deutschen Bundestages sein Bedauern darü-ber aus, dass er auf das Schreiben vom Juni 2002 bislangweder Antwort noch Eingangsbestätigung erhalten habe(vgl. MAT 16 – 14, Anlage 07, Ord. Nr. 4.3.4, Wehrbeauf-tragter, 10. Oktober 2002). Im Antwortschreiben vom13. November 2002 ging das BMVg weder auf den Dis-sens innerhalb der Bundesregierung ein noch erwähnte esrechtliche Unklarheiten (vgl. MAT 16 – 14, Anlage 07,Ord. Nr. 4.3.4, PStS, 13. November 2002).

4. Rechtliche Rahmenbedingungen des Einsatzes – Gefangennahme und Gefangenenweitergabe

Während der Arbeit des Untersuchungsausschusses wur-den unterschiedliche Auffassungen über den Auftrag unddie Handlungsmöglichkeiten des KSK bei der OperationEnduring Freedom (OEF) sichtbar. So führte der im Un-tersuchungszeitraum für Völker- und Verfassungsrechtzuständige Unterabteilungsleiter der Rechtsabteilung desBMVg aus, dass laut Mandat des Deutschen Bundestagesdie Zielsetzung von OEF u. a. die Gefangennahme vonTerroristen sowie deren Überstellung zu einem Gerichtsei (vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II, S. 45).Das von der Bundesregierung dem Deutschen Bundestagzur Entscheidung vorgelegte Mandat sah jedoch weiterge-hende Teilaufträge vor (vgl. Bundestagsdrucksache 14/7296vom 7. November 2001, S. 3). Es bleibt auch nach Ab-schluss des Untersuchungsausschusses unklar, inwiefernsich die damalige Bundesregierung diese Meinung zu ei-gen gemacht hat. Die derzeitige Bundesregierung hatselbst auf konkrete Nachfrage nicht klargestellt, ob siesich eine davon abweichende Rechtsmeinung gebildet hat(vgl. Schreiben BMVg v. 30. Januar 2008 – Gz R I/R I 501-02-03/01). Davon ist jedoch nicht auszugehen, da derDienstposten des zuständigen Unterabteilungsleiters seit2002 nicht umbesetzt wurde.

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Das KSK hat im Einsatz bezüglich des Umgangs mitNichtkombattanten in einer von der Bundesregierung zuverantwortenden rechtlichen Grauzone handeln müssen(vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil II, S. 10).Schon vor der Verlegung des Kontingents machte dasKSK darauf aufmerksam, dass Weisungen, die lediglichauf die Regeln des humanitären Völkerrechts verweisen,als Handlungsgrundlage für den konkreten Einsatz inAfghanistan nicht ausreichend seien. Besonders für dieBefugnisse gegenüber Drittpersonen und Zielpersonen,die keinen Kombattantenstatus besitzen, wurden eindeu-tige Regelungen gefordert, um Soldaten nicht der Gefahreiner strafrechtlichen Verantwortung auszusetzen (vgl.Stenografische Protokolle Nr. 11, Teil II, S. 10 und Nr. 10,Teil II, S. 9). Zunächst erachtete das Einsatzführungskom-mando derartige Regelungen gegenüber dem BMVg –Fü S V 2 für erforderlich, ließ später jedoch von dieserForderung ab. Der Mangel an klaren rechtlichen Regelnwurde hingegen immer wieder zwischen dem deutschenEinsatzkontingent in Kandahar und dem Einsatzführungs-kommando erörtert (vgl. MAT 16 – 22, Anlage 1 – ent-spricht Ordner 26 A). Das BMVg sah keine Veranlas-sung, den für die eingesetzten Soldaten unbefriedigendenZustand zu beenden.

Die Bundesverteidigungsminister Scharping und Dr. Struckhaben es versäumt, innerhalb der Bundesregierungen aufeine gemeinsame Positionierung hinzuwirken. Dieser un-haltbare Zustand besteht unverändert, da auch die heutigeBundesregierung keinen Lösungsversuch unternommenhat. Dieser Zustand ist nicht länger hinnehmbar.

Die Rechtmäßigkeit der Gefangennahme von Personen inAfghanistan durch Angehörige der Bundeswehr, oder dasFesthalten von Personen mit dem Ziel der Gefangen-nahme, ist auch über sechs Jahre nach dem Beginn desEinsatzes der Bundeswehr im Rahmen von OEF undISAF in Afghanistan nicht umfassend geklärt. Die Befra-gung von Zeugen im Untersuchungsausschuss wurdezwar umfassend zur Aufklärung genutzt, das Ergebniswar jedoch eher dürftig. Besonders nachdenklich müssendabei sich zum Teil erheblich widersprechende Aussagenstimmen.

So stellte der ehemalige Bundesminister der VerteidigungRudolf Scharping fest:

„Innerhalb der Bundesregierung bestand überhaupt keinZweifel daran, uns dafür einzusetzen, dass alle Festge-nommenen im Zusammenhang mit dem Antiterrorkampf– egal wo sie festgenommen werden, egal von wem siefestgenommen werden, egal an wen sie überstellt werden –nach dem Status für Kriegsgefangene der Haager Land-kriegsordnung zu behandeln sein würden. Völlig klar,überhaupt keine Frage.“ (vgl. Stenografisches ProtokollNr. 15, Teil II, S. 12)

Dieser Auffassung seines ehemaligen Ministers wider-sprach in aller Klarheit der damalige StAL Fü S V, indemer vor dem Untersuchungsausschuss feststellte:

„Es handelt sich hier nicht um Kriegsgefangene, sondernzunächst mal um Festgehaltene, für die dann der amerika-nische oder englische NATO-Begriff ‚Detainee‘ verwen-

det wurde; die Gewahrsamsnation sind letztendlich dieVereinigten Staaten, weil sie letztendlich die Führungs-macht in diesem Combined Joint Special Operations TaskForce Headquarter dargestellt haben.“ (vgl. Stenografi-sches Protokoll Nr. 10, Teil II, S. 9)

Es ist schon erstaunlich, dass im verantwortlichen Stabs-bereich des BMVg eine so bedeutsame Sachdarstellungund Bewertung im völligen Widerspruch zur politischenLeitung des Ministeriums steht. Ganz offensichtlich warder Minister nicht, schlecht oder falsch unterrichtet wor-den. Darüber hinaus ist es durchaus bedenklich, wenn einan einsatzverantwortlicher Stelle im BMVg arbeitenderBrigadegeneral sich ausschließlich auf eine militärischeSichtweise beschränkt und eine politische Bewertung un-terlässt. Andernfalls hätte er zu einem anderen Ergebniskommen müssen, in dem Wissen, dass die sogenanntenFestgehaltenen nach Übergabe an die US-Streitkräfteoder der US-Central Intelligence Agency (CIA) mithöchster Wahrscheinlichkeit nach Guantánamo verbrachtwerden. Als geradezu entlarvend ist folgende Formulie-rung von ihm zu bewerten:

„Unsere Auslegung war die, dass wir keinen Gewahrsambegründen und damit letztendlich auch keine nationaleVerantwortung dafür tragen, was im Rahmen der, sagenwir mal: weiteren Gewahrsamnahme mit den entspre-chenden Kameraden dort erfolgt.“ (vgl. StenografischesProtokoll Nr. 10, Teil II, S. 9)

Spätestens jetzt wird klar, dass sich das BMVg sehr wohlder Brisanz bewusst war, fälschlicherweise aber dachte,dass man die Hände in Unschuld waschen könne, wennman nur „festhält“ und nicht „gefangen nimmt“.

Bereits mit einer Pressemeldung vom 22. Januar 2002 zuden Inhaftierten in Guantánamo machte der damalige Mi-nister des Auswärtigen Joseph Fischer diese Problematiksehr deutlich:

„Die Bundesregierung hat mit der amerikanischen Seitedas Gespräch über den rechtlichen Status und die Be-handlung der in Guantánamo Inhaftierten aufgenom-men.“ (vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 13, Teil II,S. 25)

Spätestens nach dieser Pressemeldung hätten sowohlbeim Bundesminister der Verteidigung als auch bei sei-nem StAL Fü S V die Alarmglocken klingeln müssen.

Ganz offensichtlich und für Interessierte leicht erkennbarbestanden in der Bundesregierung Zweifel bezüglich desStatus der in Guantánamo festgesetzten Personen, zumaldie USA in aller Öffentlichkeit in Bezug auf Kandaharund Guantánamo von „Detainees“ und nicht von „Priso-ners of War“ sprachen und ausdrücklich die Behandlungder dort festgesetzten Personen nach den Grundsätzen desKriegsvölkerrechts ablehnten.

Es war also augenscheinlich so, entgegen der von HerrnScharping in der Anhörung geäußerten Annahme, dassbezüglich der Gefangennahme bei der Bundeswehr eherVerwirrung herrschte. So bekannte der damalige für Völ-kerrechtsfragen verantwortliche Referatsleiter (R II 3) desBMVg:

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„Als rechtlich besonders problematisch stellten sich sehrschnell die Fragen heraus, die sich hinsichtlich der Befug-nis zur Gefangennahme von Terroristen ergaben. (…) Ichals für die völkerrechtlichen Fragen verantwortlicher Re-feratsleiter hatte sehr große Zweifel, dass, wenn wir Ge-fangene an die Amerikaner übergeben hätten, die Ameri-kaner dort Menschenrechtsstandards zugrunde gelegthätten, die mit unseren völkerrechtlichen Verpflichtungenals Bundesrepublik Deutschland deckungsgleich gewesenwären.“ (vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II,S. 7)

Diese Auffassung, Ergebnis einer Ressortabstimmung,schilderte der Referatsleiter auch dem STAL Fü S V, undfügte hinzu, dass er aus begründeten Zweifeln an dermenschenrechtskonformen Behandlung dem Bundes-minister der Verteidigung vorschlagen werde, es Solda-tinnen und Soldaten der Bundeswehr nicht zu gestatten,eventuelle Gefangene an die US-Streitkräfte oder der CIAzu übergeben. Der StAL Fü S V habe darauf mit Entset-zen reagiert (vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II,S. 8).

Erstaunlich ist, dass von dem Disput, trotz der Brisanzdieses Vorgangs, weder der zuständige beamtete Staatsse-kretär (vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 13, Teil II,S. 26) noch Bundesminister Scharping (vgl. Stenografi-sches Protokoll Nr. 15, Teil II, S. 12 ff.) oder dessen Nach-folger Dr. Struck (vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 13,Teil II, S. 47) Kenntnis erlangt haben wollen. Zumindestder Leiter des Büros von Bundesminister Scharpingwusste im Kern, aufgrund der fehlenden Rules of Enga-gement, um die Brisanz der Völkerrechtsproblematik inder Frage der Gefangennahme und Gefangenenüberstel-lung an die USA (vgl. Stenografisches Protokoll Nr. 14,Teil II, S. 29). Schließlich hatte er mit dem Referatsleiterfür Völkerrecht diese Problematik besprochen und dessenVorlage dazu zugeleitet bekommen (vgl. StenografischesProtokoll Nr. 19, Teil II, S. 12). Die Büroleiterin vonBundesminister Dr. Struck konnte sich, obwohl der Vor-gang erst fünf Jahre zurückliegt, erstaunlicherweise annahezu nichts mehr erinnern (vgl. Stenografisches Proto-koll Nr. 13, Teil II, S. 7 ff.):

„Über eventuelle Vorgänge dort ist mir nichts bekannt.Ich weiß nichts über Kandahar, und ich weiß auch nichtsüber Guantánamo.“ (vgl. Stenografisches ProtokollNr. 13, Teil II, S. 7)

5. Parlamentarische Kontrolle des Kommandos Spezialkräfte

Offenkundig wurde im Verlauf des Untersuchungsaus-schusses, dass eine Kontrolle des Einsatzes des KSK imRahmen der Operation Enduring Freedom durch das Par-lament nicht einmal in einem eng begrenzten Rahmenstattgefunden hat. Der Grund hierfür liegt in der Sensibili-tät und in dem Geheimhaltungsgebot der Einsätze desKSK. Trotz Anerkennung dieser besonderen Umstände isteine Kontrolle notwendig, wie zum einen am oben be-schriebenen bisweilen leichtfertigen Umgang mit Alkoholund zum anderen auch im Umgang mit der mangelnden

Auslastung der Spezialtruppe in Afghanistan zu erkennenist. Hierzu äußerte sich Bundesminister Dr. Struck in sei-ner Anhörung vor dem Untersuchungsausschuss wie folgt:

„Die hockten da herum, fühlten sich eigentlich absolutunterbeschäftigt und frustriert. Wir haben also gesagt:Kommt zurück! (…) Mein Eindruck war schon, dass sichdas Kommando Spezialkräfte, (…) das dafür ausgebildetwar, deutsche Geiseln zu befreien –, (…) absolut unter-fordert gefühlt hat. Die haben mir auch gesagt: Das kön-nen Fallschirmjäger genauso.“ (vgl. Stenografisches Pro-tokoll Nr. 13, Teil II, S. 48)

Der damals verantwortliche Minister hat zweifelsfrei denrichtigen Entschluss getroffen. Allerdings scheint esebenso zweifelsfrei zu sein, dass diese offensichtlicheUnter- und Falschbeschäftigung des KSK bei einer mög-lich gewesenen Kontrolle durch das Parlament bereitsfrüher bekannt und abgestellt worden wäre.

III. Folgerungen/ForderungenAus den beschriebenen Ergebnissen des Verteidigungs-ausschusses als 1. Untersuchungsausschuss gemäß Arti-kel 45a Abs. 2 GG leiten sich einige wichtige Folgerun-gen ab.

Für die Fraktion der FDP steht außer Zweifel, dass dieAuswahl des bei Auslandsmissionen der Bundeswehr ein-gesetzten Führungspersonals sorgsamer zu geschehen hat,als dies offensichtlich 2001 bei dem KSK-Kontingent fürdie Operation Enduring Freedom der Fall war.

Ein Einsatz des KSK sollte auf dessen originäre Aufga-ben beschränkt bleiben, um Missmut und Frustration beiden hoch spezialisierten Soldaten durch eine offensichtli-che Unterforderung zu vermeiden.

Von großer Bedeutung für den Erfolg von Operationensind in gleicher Wertigkeit eine klare Führungsstrukturund die Entscheidungsspielräume der militärischen Füh-rer. Es darf nicht jedes Detail befohlen werden. Den Füh-rern der jeweiligen Ebenen müssen Freiräume zur Ausge-staltung der ihnen erteilten Befehle belassen werden. DieKontrolle der Ausführung dieser Befehle hat durchDienstaufsicht der Vorgesetzten vor Ort zu geschehen.

Die Auftragstaktik darf nicht eingeschränkt werden, auchwenn die technischen Möglichkeiten und der Wunsch,unmittelbar eingreifen zu können, bisweilen dazu verlei-ten mögen. Dieses Führungsprinzip ist neben der InnerenFührung die Stärke der Bundeswehr.

Die Bundesregierung muss umgehend klarstellen, welcheHandlungsmöglichkeiten Bundeswehrsoldaten im Aus-landseinsatz haben. Die getroffene Regelung zur Proble-matik der Gefangennahme war und ist nicht praktikabel.Die Unterscheidung zwischen Festsetzung und Gefangen-nahme ist nicht einsichtig und vermittelbar. Trotz Aner-kenntnis der anfänglichen Schwierigkeiten bei der Erar-beitung einer praktikablen Rechtsgrundlage kann nichthingenommen werden, dass auch nach sechs Einsatzjahrender Bundeswehr in Afghanistan für die Soldatinnen undSoldaten noch keine eindeutige Regelung hierzu vorliegt.Die Bundesregierung ist gefordert, hierzu klare Weisun-

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gen zu erteilen. Sie ist ebenso gefordert sicherzustellen,dass von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr soge-nannte festgehaltene Personen nicht an Staaten und/oderstaatliche Organisationen übergeben werden, die nach-weislich oder vermutlich gegen das Kriegsvölkerrechtoder gegen die Menschenrechte allgemein verstoßen.

Die parlamentarische Kontrollmöglichkeit des KSK istendlich und im vollen Umfang zu realisieren. Da dieseKontrolle aufgrund der häufigen Geheimhaltungswürdig-keit und der großen Sensibilität der Einsätze, wie die Pra-xis über Jahre gezeigt hat, nicht vom Verteidigungsaus-schuss wahrgenommen werden kann, ist eine andereLösung zu finden. Es bietet sich hierzu die Einrichtungeines Ausschusses für besondere Auslandseinsätze an,

wie ihn die FDP-Fraktion seit 2002 wiederholt geforderthat (Bundestagsdrucksachen 15/36, 15/1985 und 16/3342).Dieser Lösungsansatz fand im wissenschaftlichen Be-reich vielfache Unterstützung, u. a. von Seiten wissen-schaftlicher Mitarbeiter der Universitäten Erfurt (vgl.ZRP 3/2007, Themen der Zeit, Seite 84) und Frankfurt/Main (vgl. NVwZ 2003, Seite 1474 ff) sowie der StiftungWissenschaft und Politik (vgl. SWP-Aktuell 10, Februar2007, Seite 4). Darüber hinaus kam sogar der General-sekretär der CDU, Herr Ronald Pofalla, bereits 2004 nichtumhin festzustellen:

„Der FDP-Entwurf sieht richtigerweise einen ‚Ausschussfür besondere Auslandseinsätze‘ vor.“ (ZRP 2004, Heft 7,Seite 223)

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B. Minderheitenbericht der Fraktion DIE LINKE.

Die deutsche Öffentlichkeit und der Deutsche Bundestagwurden im Oktober 2006 durch Berichte überrascht, wo-nach der als Guantánamo-Häftling bekannt gewordeneMurat Kurnaz aus Bremen von Soldaten des KommandosSpezialkräfte (KSK) nach seiner Festnahme und Inhaftie-rung in Pakistan bzw. Afghanistan misshandelt wordensein sollte. Dies habe sich im Laufe eines Wacheinsatzesdieser Soldaten im Gefangenenlager Kandahar Anfangdes Jahres 2002 ereignet. Der Verteidigungsausschussentschloss sich daraufhin, sich als Untersuchungsaus-schuss gemäß Artikel 45a Grundgesetz einzusetzen, umden Vorfall näher zu beleuchten. Es sollten auch dierechtlichen Grundlagen und die politischen Voraussetzun-gen für den Einsatz der Spezialkräfte in diesem Zeitraumhinterfragt werden. Ferner sollte geprüft werden, welcheStellen bzw. Personen über diese Vorgänge informiert wa-ren. Der Auftrag indes wurde durch die Regierungsmehr-heit räumlich (Kandahar), zeitlich (Januar bis November2002) und in der Sache (keine Aufklärung der militäri-schen Einsätze im Rahmen der Operation Enduring Free-dom) begrenzt – obwohl die damals bekannt gewordenenTatsachen eine umfangreichere Untersuchung gerade die-ser Einsätze des KSK gerechtfertigt hätte. Immerhin ge-langte der Ausschuss zu wichtigen Einsichten in die Lageund Verfasstheit des ersten KSK-Kontingents in Afgha-nistan und konnte sich einen Eindruck verschaffen, wiedie damalige Bundesregierung ihren Beitrag zum Kampfgegen den Terrorismus gestaltete. Dieser Erkenntnisge-winn verdankt sich nicht zuletzt der ganz überwiegendkollegialen und offenen Umgangsweise innerhalb desAusschusses selbst, woran der amtierende Vorsitzende,Dr. Karl Lamers (Heidelberg), einen wichtigen Anteilhatte.

Der Untersuchungsausschuss hat nach unserer Ansichtdie politischen Forderungen der Fraktion DIE LINKE.bestätigt,

– dass sich die Bundesrepublik Deutschland nicht anmilitärischen Auslandseinsätzen beteiligen sollte,

– dass, solange deutsche Soldaten im Ausland eingesetztsind, zumindest die umfassende parlamentarischeKontrolle dieser Einsätze sicherzustellen ist,

– dass diese Kontrolle sich besonders auf die Spezial-kräfte der Bundeswehr beziehen muss und dieseKampfverbände schließlich aufzulösen seien.

Nach unseren Erkenntnissen lassen sich die untersuchtenVerfehlungen des Afghanistan-Einsatzes im Jahre 2002auf einen Grund zurückführen: Die Bundesregierunghatte ihr gesamtes verteidigungspolitisches Handeln derBündnissolidarität mit den USA unterworfen. Die Regie-rung der USA verstieß und verstößt jedoch in dem von ihrso bezeichneten, seit 2001 geführten „War on Terror“

massiv und auf den unterschiedlichsten Feldern gegen dieRegeln des Völkerrechts.

Die von Gerhard Schröder im September 2001 dem US-Präsidenten George W. Bush zugesicherte „uneinge-schränkte Solidarität“ wurde für die deutsche Regierungzum Programm, gegenüber dem alle politischen, morali-schen und rechtlichen Bedenken hintan stehen mussten.

Die rechtlichen Vorgaben für den Afghanistan-Einsatzdes KSK berücksichtigten zwingendes Völkerrecht nicht– etwa die Frage einer Übergabe von Gefangenen an dieUSA. Vor dem Untersuchungsausschuss bemühten dieVerantwortlichen sich, das offensichtliche Problem he-runterzuspielen: Rudolf Scharping, bis Juli 2002 Verteidi-gungsminister, beharrte darauf, die Frage nach denRechtsgrundlagen für Gefangennahmen sei im Zusam-menhang mit dem Afghanistan-Einsatz rein theoretischerNatur gewesen – obwohl das KSK sich in Kandahar zu-sammen mit Spezialkräften anderer Nationen an soge-nannten Direct Action-Missionen beteiligte. Bei solchenMissionen, die die Identifizierung und Markierung be-stimmter Operationsziele, aber auch aktive Bekämpfungmilitärischer Gegner beinhalten, war schon nach ihrerZweckbestimmung ständig damit zu rechnen, dass unterBeteiligung von deutschen Soldaten potentielle Verdäch-tige aufgegriffen werden würden. Eine rechtsstaatlicheHandlungsvorgabe für diesen Fall erhielten die KSK-Sol-daten aber nicht.

Der Schauplatz des sog. „War on Terror“ sollte aber auchdazu genutzt werden, das erst 2001 einsatzfähig aufge-stellte KSK in einem multinationalen Verbund einzuset-zen und so internationale Anerkennung zu erhalten. DasKSK sollte sich in Afghanistan unbedingt bewähren – sowar es von der politischen Ebene, von der Führung desKSK und auch von den Kontingentangehörigen gewollt.Dafür wurde in Kauf genommen, das KSK in einen Ein-satz zu schicken, für den es nicht adäquat vorbereitet undausgerüstet war, und in dem letztlich die spezifischen Fä-higkeiten des KSK gar nicht abgerufen wurden.

Deutschland wollte als zuverlässiger NATO-Partner aufinternationaler Ebene an Gewicht gewinnen. Die anfäng-lich enge Anbindung der Befehlsstruktur des KSK an dasVerteidigungsministerium und das Einsatzführungskom-mando störte die vor Ort Agierenden dabei. Der Kontin-gentführer erklärte, er könne sein Kontingent in das US-amerikanisch geführte Militär-Unternehmen nur effektiveinbringen, wenn er vor Ort schnelle Entscheidungenselbst treffen könne – ohne Rückfrage in Berlin, Bonn undPotsdam. Tatsächlich bedeutete das: sich der US-amerika-nischen Befehlskette zu unterwerfen. In der Folge wurdedas in Afghanistan eingesetzte KSK-Kontingent „entbüro-kratisiert“ und von Deutschland aus an einer relativ langen

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Leine geführt. Das BMVg verlor damit einen großen Teilseiner Kontrolle über das KSK.

Das KSK agierte in einer Kontrolllücke: Die politischeFührung des KSK wurde nur eingeschränkt und nachträg-lich unterrichtet, der Bundestag wurde von der Regierungbestenfalls rudimentär über Aktivitäten des KSK infor-miert. Trotz des Skandals, den die Schilderungen vonHerrn Kurnaz auslösten, ist die Kontrolle des KSK immernoch nicht entscheidend verbessert worden. SämtlicheAuslandseinsätze der Bundeswehr bedürfen – wie von unsseit langem gefordert – nun endlich einer effektiven parla-mentarischen Kontrolle.

Das Kommando Spezialkräfte wurde zum damaligenZeitpunkt geführt von Brigadegeneral Reinhard Günzel.Dieser schrieb in dem von ihm 2007 mit herausgegebenenBuch „Geheime Krieger“ auf Seite 48: „Das Selbstver-ständnis der deutschen Kommandotruppen hat sich seitdem Zweiten Weltkrieg nicht geändert“. Günzel sieht dasKSK in dieser Veröffentlichung in der Tradition der be-rüchtigten Division der Wehrmacht „Brandenburger“, diesich vor allem im Rahmen der Partisanenbekämpfung imOsten schlimmer Verbrechen schuldig gemacht hat.

KSK-Soldaten sollen vor und während ihres Einsatzes inAfghanistan Geländefahrzeuge mit einer nachgemachtenAfrika-Palme, dem Symbol des Afrika-Korps der deut-schen Wehrmacht, geschmückt haben: Ein KSK-Soldatwurde in der Zeitschrift stern mit den Worten zitiert, einigeKontingentangehörige seien „Ewiggestrige“ und fändenes daher „besonders schick“, mit dieser Wehrmachtsinsi-gnie herumzufahren (stern vom 2. November 2006). Es istnicht von der Hand zu weisen, dass in derartigen Vorstel-lungswelten auch ein Motiv für eine von Murat Kurnaz ge-schilderte Misshandlung gesehen werden kann.

I. Die Ergebnisse der Beweiserhebung des Untersuchungsausschusses in kurzer Zusammenfassung

1. Misshandlung von Murat Kurnaz durch Angehörige des KSK

Nach der Beweisaufnahme im Untersuchungsausschussspricht alles dafür, dass Herr Kurnaz tatsächlich von Sol-daten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) misshandeltworden ist, während er im Gefangenenlager der US-Ar-mee in Kandahar festgehalten wurde.

Wir haben Herrn Kurnaz gleich zu Beginn der Beweis-aufnahme dieses Untersuchungsausschusses im Januar2007 als Zeugen gehört und konnten uns so von seinerGlaubwürdigkeit selbst ein Bild machen.

Außerdem haben wir im Laufe der Monate eine Vielzahlvon KSK-Angehörigen als Zeugen vernommen. Wir ha-ben ihre Schilderungen im Ermittlungsverfahren derStaatsanwaltschaft Tübingen wegen des von Herrn Kurnazerhobenen Körperverletzungsvorwurfs ebenso wie ihreStellungnahmen gegenüber dem BMVg lesen können undall dies mit dem weiteren uns zur Verfügung stehenden Be-weismaterial verglichen. Dabei trat deutlich zutage, dassfast alle dem KSK zuzurechnenden Zeugen, unter ihnen

die beiden im Ermittlungsverfahren der StaatsanwaltschaftTübingen Beschuldigten, in ihrem Aussageverhalten höchstunzuverlässig waren. Viele ihrer Angaben waren ganz of-fensichtlich von dem Bemühen getragen, sich selbst undihre Kameraden auf Kosten von Herrn Kurnaz zu entlas-ten.

Schon von Anfang an gab es ein besonders starkes Indizdafür, dass die von Herrn Kurnaz vorgebrachten Vorwürfenicht schlicht aus der Luft gegriffen sein konnten: HerrKurnaz erkannte bei einer Wahllichtbildvorlage am 28. De-zember 2006 aus 48 Fotos, von denen 34 keine bei derWachverstärkung eingesetzten Soldaten zeigten, denKSK-Angehörigen, der nach seinen Angaben seinenKopf auf den Boden geschlagen hatte. Dieser Soldat hatte– was Herr Kurnaz aber nicht wissen konnte – bei seinerVernehmung durch die Staatsanwaltschaft Tübingen am13. Dezember 2006 auf Vorhalte so nervös reagiert, dassdies in einem gesonderten Vermerk festgehalten wurde(MAT 16 – 8, Bl. 137). Diesem Soldaten wurde von KSK-Angehörigen auch die während des Wachdienstes im Ge-fangenenlager an Herrn Kurnaz gerichtete Äußerung „Duhast Dir wohl die falsche Seite ausgesucht“ zugeschrie-ben (MAT 16 – 8, Bl. 112, 154 f.). Der von Herrn Kurnazidentifizierte KSK-Soldat hatte in einer dienstlichen Er-klärung an das BMVg vom 10. Oktober 2006 seine Betei-ligung am Wacheinsatz und sein Zusammentreffen mitHerrn Kurnaz verschwiegen (MAT 16 – 14, Anlage 03).Hierdurch erreichte er, dass er gegenüber der Staatsan-waltschaft Tübingen zunächst nicht als Zeuge benanntwurde. Vernommen wurde er erst, nachdem andere KSK-Angehörige ihn gegenüber der Staatsanwaltschaft alsweiteren Teilnehmer des Wacheinsatzes benannt hatten.

Dennoch stand formal betrachtet zunächst „Aussage ge-gen Aussage“. Im Januar 2008 konnten schließlich nochzwei ehemalige Mitgefangene von Herrn Kurnaz durchden Untersuchungsausschuss als Zeugen befragt werden.Auch diese Zeugen hatten zwar keine Misshandlung vonHerrn Kurnaz durch deutsche Soldaten beobachtet, siewidersprachen aber im Hinblick auf wesentliche Anknüp-fungspunkte den Schilderungen der KSK-Angehörigenund stützten damit die Aussage von Herrn Kurnaz.

2. Einsatz des KSK in Kandahar

Die KSK-Soldaten sind außerhalb ihres vom Bundestagdefinierten Mandats tätig geworden: Sie nahmen nichtnur an ihrem klaren Auftrag vorbei – und möglicherweisesogar ohne Genehmigung der zuständigen Stellen desBMVg – Wachaufgaben im Gefangenenlager der US-Ar-mee in der sog. Forward Operation Base (FOB) AirfieldKandahar wahr. Sie beteiligten sich bei dieser Gelegen-heit auch an der Aufnahme neuer Gefangener in diesesLager. Ein Großteil der Personen, die von den USA in ih-rem sogenannten „War on Terror“ rechtsgrundlos in die-ses und andere Gefangenenlager eingeliefert und dortüber Jahre ohne Gewährung von Rechtsschutz gefangengehalten wurden, gelangte nicht aufgrund eines gegen siebestehenden Verdachts der Beteiligung an terroristischenStraftaten dorthin. Zahllose Gefangene wurden schlicht– so wie Herr Kurnaz – von Verbündeten der US-Truppen

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ohne konkreten Tatvorwurf festgenommen und festgehal-ten, um sie an die USA zu verkaufen.

Unabhängig von dieser Unterstützung des schon generellrechtswidrigen Vorgehens der USA verstieß auch das Ver-halten der Angehörigen des Kommandos Spezialkräfte indiesem Einsatz gegen grundlegende Vorgaben des huma-nitären Völkerrechts: Während ihres Wachdienstes unddurch ihre Teilnahme an der Prozedur zur Aufnahmeneuer Gefangener erlebten die Kontingentsoldaten, dassdie Behandlung der Festgehaltenen im GefangenenlagerKandahar gegen das Folterverbot der Genfer Konventionüber die Behandlung von Kriegsgefangenen und derenZusatzprotokolle verstieß. Sie schritten hiergegen nichtein, sondern beteiligten sich selbst an der völkerrechts-widrigen Behandlung der sog. detainees. Sie erstattetenihren Vorgesetzten nicht Meldung. Die Vorgesetztenselbst kannten die Situation im Gefangenenlager aller-dings aus eigenen Lagerbesuchen und -besichtigungen.

Die naheliegende Vermutung, deutsche Soldaten könntenUS-amerikanische Truppen auch dabei unterstützt haben,Gefangene auf den Weg nach Guantánamo zu bringen,ließ sich mit den Mitteln des Untersuchungsausschussesnicht erhärten.

Die rechtlichen und inhaltlichen Vorgaben des BMVgzum Einsatz des KSK im Rahmen der „Operation Endu-ring Freedom“ berücksichtigten die Regeln des Völker-rechts völlig unzureichend: Die sich angesichts der demKSK mitgegebenen Aufgabenstellung aufdrängendeFrage, ob es deutschen Soldaten gestattet sei, Personenfestzunehmen und diese an die US-Armee zu übergeben,blieb ohne geeignete Antwort. Eine hierauf bezogene An-frage des Wehrbeauftragten wurde nicht adäquat beant-wortet. Eine Anfrage der seinerzeitigen Obfrau der PDS-Fraktion im Verteidigungsausschuss blieb soweit ersicht-lich sogar gänzlich unbeantwortet. Das KSK agierte auf-grund teils fehlender, teils rechtswidriger Vorgaben in ei-ner rechtlichen Grauzone.

II. Behinderung der Aufklärungsbemühun-gen des Untersuchungsausschusses

Die Arbeit des Untersuchungsausschusses wurde erheb-lich dadurch behindert, dass es vielfach an der vom Unter-suchungsausschuss geforderten Unterstützung der Bun-desregierung, ihrer Vertreter und Mitarbeiter fehlte.

Die Untersuchung war geprägt vom Auftreten von – vor-rangig dem BMVg angehörigen oder ihm unterstellten –Zeugen, die vorgaben, sich kaum noch an ihr dienstlichesTätigwerden in Zusammenhang mit der „Operation Endu-ring Freedom“ in den Jahren 2001/2002 erinnern zu kön-nen oder mit aufklärungsbedürftigen Vorgängen per senicht befasst gewesen zu sein. Tatsächlich ist aber eineEinbindung dieser Personen in die Entscheidungspro-zesse sowohl aus offenkundigen Organisationsstrukturenund Ressorteinteilungen als auch aus dem Ausschuss zu-gänglichen Akten klar zu erkennen.

Bei den im Ausschuss vernommenen KSK-Soldatenkonnte man sich des starken Eindrucks nicht erwehren,dass ihr Aussageverhalten aufeinander abgestimmt wor-

den war. Der weitaus größte Teil von ihnen bemühte sichnach Kräften, eher allgemeine und unverfängliche Anga-ben zu machen und sämtliche rechtlich oder tatsächlichzweifelhaften Aspekte herunterzuspielen oder zu ver-schweigen. Schon die Detailliertheit der Aussagen, diediese Zeugen in dienstlichen Anhörungen gegenüber Ver-tretern des BMVg gemacht hatten, unterschied sich gravie-rend von dem, was diese Soldaten sich im Untersuchungs-ausschuss selbst noch an Auskünften abringen ließen.

Hinzu kam ein Datenschwund erheblichen Ausmaßes, dernach Darlegungen des Staatssekretärs im BMVg,Dr. Wichert, im Zusammenhang mit Archivierungsbemü-hungen beim Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundes-wehr (ZNBw) aufgetreten sein soll. Die Stellungnahmenvon Staatssekretär Dr. Wichert hierzu waren mit Wider-sprüchen behaftet und teilweise nicht nachvollziehbar.Unsere Bemühungen, Licht in diese Vorgänge zu bringen,kollidierten mit einer allenfalls – euphemistisch – als zö-gerlich zu bezeichnenden Informationsstrategie desBMVg. Der Verdacht, dass hier gezielt Beweismittel zu-rückgehalten oder vernichtet wurden, um sie dem Untersu-chungsausschuss vorzuenthalten, ist daher aus unsererSicht in keiner Weise ausgeräumt.

Weitere Beweismittel – z. B. Protokolle zu Videokonfe-renzen – wurden in einer so losen und lückenhaften Zu-sammenstellung überlassen, dass ihre Unvollständigkeitoffensichtlich ist.

In mehreren Fällen verweigerten die Bundesregierung,das Bundeskanzleramt und die zuständigen Ministerienoffen die Herausgabe von Akten. Das wurde entweder mitder Behauptung begründet, die beizuziehenden Beweis-mittel wiesen keinen Bezug zum Untersuchungsauftragauf, oder damit, die verlangten Unterlagen unterfielendem „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“ undseien daher nicht an den Untersuchungsausschuss heraus-zugeben. Eine Berufung auf den „Kernbereich exekutiverEigenverantwortung“ ist allerdings nach der Verfassungs-rechtsprechung bei abgeschlossenen Vorgängen – und umsolche handelte es sich in allen Fällen – nur ausnahms-weise zulässig (vgl. die Nachweise bei Achterberg/Schultein: v. Mangoldt/Klein, Kommentar zum Grundgesetz,5. Aufl. 2005, Artikel 44 GG Rn. 66 f.).

Auch gegenüber der Staatsanwaltschaft Tübingen, die dieErmittlungen wegen der Tatvorwürfe gegen die Soldatendes KSK führte, wurde im BMVg gleich zu Beginn desVerfahrens die Absicht signalisiert, beschlagnahmefä-hige Beweismittel zurückhalten zu wollen:

„Herr Birkenheier“ [der Leiter der Arbeitsgruppe imBMVg zur Überprüfung der von Herrn Kurnaz vorge-brachten Vorwürfe] „verwies darauf, dass es aus Sicht derBundeswehr problematisch sei, wenn die als Wachleute inKandahar eingesetzten Soldaten als Beschuldigte geführtwürden. Dies hätte disziplinarrechtliche Konsequenzenund wäre ehrkränkend. Insoweit müsste dann überlegtwerden, welche Unterlagen uns“ [der Staatsanwalt-schaft Tübingen] „zur Verfügung gestellt werdenkönnten. Ich habe Herrn Birkenheier darauf verwiesen,dass die Frage, wer von uns als Beschuldigter geführt

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wird, gemäß der Strafprozessordnung von uns zu ent-scheiden ist.“ (MAT 16 – 78, Bl. 34)*

Der Wortlaut dieses Vermerks ist eindeutig. Die vomBMVg – angesichts der absehbaren Veröffentlichung die-ser Notiz im vorliegenden Minderheitsvotum – nachge-schobene Argumentation, der Staatsanwaltschaft Tübin-gen habe nur verdeutlicht werden sollen, dass bezüglichder dienstlichen Anhörungen der Soldaten aufgrund einerfehlenden Belehrung über ihre Selbstbelastungsfreiheitein strafprozessuales Verwertungsverbot hinsichtlich allergegenüber dem BMVg gemachten Angaben bestehe, trägtund überzeugt nicht. Auch aus einem solchen – nur ge-genüber dem einzelnen, sich selbst belastenden Soldatenzu berücksichtigenden – Verwertungsverbot folgt keinRecht des BMVg, eine Herausgabe der dort, sei es im Zu-sammenhang mit dienstlichen Anhörungen oder sonst,entstandenen Unterlagen insgesamt zu verweigern.

Die Behinderung der Arbeit des Untersuchungsausschus-ses bekam nach Abschluss der Beweisaufnahme eine zu-sätzliche Qualität. Das BMVg teilte mit Schreiben vom29. Februar 2008 dem Sekretariat des Untersuchungsaus-schusses mit, bezüglich zahlreicher Passagen des ZweitenTeils dieses Abschlussberichts – also den aus Sicht derAusschussmehrheit zusammengefassten Ergebnissen derBeweisaufnahme – könne keine Herabstufung als „VS-GEHEIM“ eingestufter Unterlagen erfolgen. Das BMVgbezog sich hier nicht nur auf Teile des Sachverhaltsent-wurfs, die Informationen aus Unterlagen des BMVgwiedergaben, sondern auch auf Auszüge aus den Sit-zungsprotokollen des Untersuchungsausschusses. DieAnmerkungen des BMVg hierzu waren schon angesichtsihrer Knappheit nicht ernstlich als „Begründungen“ zu be-trachten. Es wurden aber auch überhaupt keine Aspekteangeführt, die für eine Einstufung als „VS“ nach der Ge-heimschutzordnung des Deutschen Bundestages zu be-rücksichtigen gewesen wären. Schon aus diesem Grundfehlte dem Verlangen des BMVg die Relevanz.

Alle Fraktionen im Untersuchungsausschuss waren sichdarüber einig, dass eine Einstufung der monierten Passa-gen rechtlich nicht geboten war. Dennoch unterwarfensich die Regierungsfraktionen, die auch im Untersu-chungsausschuss entsprechend der Mehrheitsverhältnisseim Plenum die Mehrheit der Abgeordneten stellen, denKürzungs- und Verfremdungswünschen des BMVg. DerFeststellungsteil zum Ausschussbericht liegt demnachnun in einer gekürzten und (selbst-)zensierten Fassungvor. Er konnte daher von den Ausschussmitgliedern derFraktion DIE LINKE. nicht mitgetragen werden.

All das verdeutlicht, dass seitens der Bundesregierung,die ja in partieller Kontinuität zur Vorgängerregierungsteht, kein Interesse an einer umfassenden Aufklärung derGeschehnisse bestand – weder was die Vorwürfe vonHerrn Kurnaz gegen zwei Angehörige des KSK im Spezi-ellen betraf noch was den Einsatz und die Einsatzvorga-ben des KSK im Afghanistan des Jahres 2002 unter denVorzeichen der „Operation Enduring Freedom“ anging.

III. Misshandlung von Murat Kurnaz durch Angehörige des KSK

Der Untersuchungsausschuss hat Herrn Kurnaz in seinerSitzung vom 17. Januar 2007 ausführlich befragt. Nachdiesem Termin bestand für uns kein Zweifel mehr an derGlaubwürdigkeit von Herrn Kurnaz. Auch die mit denKörperverletzungsvorwürfen gegen die beiden beschul-digten KSK-Soldaten befasste Staatsanwaltschaft Tübin-gen wies ausdrücklich darauf hin, dass sie Herrn Kurnazfür glaubwürdig halte. Sie bescheinigte ihm, dass nichtsan seinem Aussageverhalten für eine Tendenz zur einsei-tigen oder unbegründeten Belastung der beiden beschul-digten Soldaten gesprochen habe.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Untersu-chungsausschuss stand aber bis weit in das Jahr 2007 hi-nein Aussage gegen Aussage(-n): die in vielen Aspektenübereinstimmenden Angaben der KSK-Soldaten gegendie von Herrn Kurnaz.

Zugunsten von Herrn Kurnaz stritt von Anfang an dieTatsache, dass sich nach und nach immer mehr Detailsseiner Schilderung als zutreffend herausstellten – wäh-rend die Darstellungen der KSK-Soldaten, aber auch desBMVg, zunehmend zweifelhafter wurden.

Seitens des BMVg war zunächst sogar bestritten worden,dass das KSK überhaupt in Kandahar stationiert war; dassKSK-Soldaten zum vermuteten Tatzeitpunkt in Kandaharstationiert waren; dass es jemals einen Wachdienst derKSK-Soldaten gegeben habe, anlässlich dessen es zu ei-nem Zusammentreffen von KSK-Soldaten mit HerrnKurnaz kam; und schließlich, dass Herr Kurnaz aus einerkleinen Gruppe von Soldaten heraus während einesWachdienstes im Gefangenenlager mit den Worten „Duhast Dir wohl die falsche Seite ausgesucht“ angesprochenworden war.

All diese Punkte wurden im staatsanwaltschaftlichen Er-mittlungsverfahren und aufgrund des Tätigwerdens desUntersuchungsausschusses aufgeklärt. Sie werden heutevon keinem Angehörigen des BMVg mehr geleugnet. Be-stritten wird nur noch, dass es zu einer Misshandlung vonHerrn Kurnaz durch KSK-Soldaten kam, im Schutze ei-nes Lastwagens im von der US-amerikanischen Armeeeingerichteten Gefangenenlager der FOB (Forward Ope-ration Base) Airfield Kandahar.

Durch die Vernehmung ehemaliger Mitgefangener vonHerrn Kurnaz ist auch in diesen Komplex Bewegung ge-kommen.

Zwei der ehemaligen Mitgefangenen, die Zeugen RuhalAhmed und Asif Iqbal, konnten am 23. Januar 2008 imUntersuchungsausschuss angehört werden. Der ZeugeShafiq Rasul wurde von der Staatsanwaltschaft Tübingenergänzend telefonisch befragt.

Der Zeuge Ruhal Ahmed bestätigte die Angaben vonHerrn Kurnaz zum regelmäßigen Vorhandensein vonLastwagen im Gefangenenlager und auch zur Existenz ei-nes LKW, auf dessen Ladefläche bereits Anfang Januar2002 die Fäkalien in Fässern aus dem Gefangenenbereichherausgefahren worden seien: * Red. Anm.: Vgl. hierzu Erster Teil, B, Ziff. VIII., Nr. 2

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„Wir haben Eimer zur Darmentleerung und zum Urinie-ren benutzt. Am Anfang sind die amerikanischen Solda-ten noch selbst in den Käfig gekommen und haben die Ei-mer abgeholt. (…) ich glaube, nachdem ich zwei Wochendort war, haben sie begonnen (…), Gefangenen extraMahlzeiten anzubieten, wenn wir diese Eimer voller Fä-kalien nehmen und sie zu einem Lastwagen bringen, aufdem (…) Fässer waren. Große Fässer, wie Ölfässer. (…)

Diese Lastwagen waren ziemlich groß, und sie fuhrendurch die Tore zum Haupteingang. Der Haupteingangwurde ständig überwacht. Die Tore waren immer ge-schlossen. Wenn die Lastwagen kamen, wurden sie geöff-net. Die Lastwagen wurden für Verschiedenes genutzt.(…) Sie hatten Fässer geladen, große Fässer, in denen siedie Fäkalien abtransportierten. Sie… Wir kippten die Fä-kalien in Fässer und die wurden dann aus dem Lager ge-fahren zu einem bestimmten Ort und dort verbrannt. (…)Ich würde sagen, es gab keine (…) richtig großen Fahr-zeuge – aber größer als ein Kleintransporter, wie einTransporter, größer als ein Transporter. Ein mittelgroßerLastwagen, der wahrscheinlich leicht 30 Tonnen aufladenkann. (…) Viel größer als ein Pick-Up. (…)

In den ersten zwei Wochen mussten wir in die entgegen-gesetzte Richtung gucken, wenn die Amerikaner kamenund die Fäkalien entsorgten, zur Rückwand des Käfigsgehen und uns hinknien, die Hände an unseren Köpfen(…). Wir konnten nicht mehr sehen. (…)

(Frage: Haben Sie in den ersten zwei Wochen Lkws gese-hen, oder haben Sie erst später Lkws gesehen?)

‘Nein, ich habe vorher Lkws gesehen.‘ (…)

Die Fahrzeuge kamen rein, wenn wir die Fäkalien hinge-bracht haben. Oder sie kamen rein, wenn sie zum BeispielEssen oder Wasser gebracht haben. Und nachdem derLkw, die Fässer, die großen Fässer, mit Fäkalien beladenworden war, fuhr er vom Gelände runter. Ich nehme an,sie haben sie weggebracht und verbrannt, weil sie das insolchen Situationen so machen. Sie verbrennen die Fäka-lien.“ (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 8/9, 10, 14, 16;Übersetzung teilweise überarbeitet auf Basis des eng-lischsprachigen Ursprungsprotokolls)

Der Zeuge Asif Iqbal, ein weiterer ehemaliger Mitgefan-gener von Herrn Kurnaz, der vor dem Untersuchungsaus-schuss aussagte, erklärte zwar, keine Erinnerung an LKWzu haben, mit denen die Fäkalien der Gefangenen abge-holt worden seien. In seinen Vernehmungen durch denUntersuchungsausschuss und die Staatsanwaltschaft Tü-bingen konnte aber nicht hinreichend genau herausgear-beitet werden, ob er im relevanten Zeitraum überhaupt ineinem der „Käfige“ untergebracht war, von dem aus erden Standort des LKW hätte überblicken können. Erselbst gehörte nicht zu den Gefangenen, die die Fäkali-eneimer für die US-Armee trugen. Er wusste auch nicht,wie die Fäkalien im Gefangenenlager Kandahar im poten-tiellen Tatzeitraum entsorgt wurden, weil – wie auch derZeuge Ruhal Ahmed bestätigte – die Gefangenen ge-zwungen wurden, während der Abholung der Fäkalienei-mer auf die dem Durchlass gegenüberliegende Seite ihres„Käfigs“ zu gehen und, mit hinter dem Kopf verschränk-

ten Händen, in die andere Richtung zu schauen. Dass erselbst während seiner zweiwöchigen Gefangenschaft imLager Kandahar keine LKW gesehen hat, mit denen Fä-kalien abgeholt wurden, belegt daher nicht, dass es sie zujener Zeit dort nicht gab.

Die oben zitierten, die Aussage von Herrn Kurnaz stüt-zenden Angaben des Zeugen Ruhal Ahmed finden ihreBestätigung in Schilderungen von Angehörigen der US-Armee. Diese wurden in dem in der Zeitschrift SPIEGELvom 3. September 2007 veröffentlichten Bericht der Jour-nalisten John Goetz und Holger Stark (MAT 16 – 66,S. 68 f.) wiedergegeben: Major Matthew W. Donald undOberstleutnant Keith Warman berichteten, die Exkre-mente der Gefangenen seien auch Anfang Januar 2002schon in Ölfässern gesammelt, mit Lastwagen im Gefan-genenlager abgeholt und zur Verbrennung aus dem Lagerherausgebracht worden. Der Lastwagen sei durch dasHaupttor des Gefangenenlagers hineingelangt. MajorMatthew W. Donald war ein Angehöriger der ab AnfangJanuar 2002 in der FOB Airfield Kandahar stationierten108. Militärkompanie, Oberstleutnant Keith Warman be-fehligte das 519. Bataillon der Military Police.

Das Aussageverhalten der KSK-Soldaten kann vor demHintergrund dieser Tatsachen nur als äußerst auffällig be-zeichnet werden: Nur ein einziger im Untersuchungsaus-schuss gehörter KSK-Angehöriger – der Zeuge Nr. 21, dervon Januar bis März 2002 als Munitionsunteroffizier derUnterstützungskräfte des deutschen Kontingents im LagerKandahar eingesetzt war – sagte aus, im ganzen Lager,also auch im Gefangenenbereich, hätten sich Fahrzeuge,auch Lastwagen, bewegt (Stenografisches Protokoll Nr. 5,Teil II, S. 46/47). Alle anderen im Untersuchungsaus-schuss vernommenen KSK-Soldaten behaupteten hinge-gen, sie hätten niemals einen Lastwagen im Gefangenen-lager gesehen. Der größte Teil dieser Soldaten erklärtedarüber hinaus sogar, Lastwagen habe es im Gefangenen-lager gar nicht geben können. Die hierfür abgegebenenBegründungen wechselten zwischen einigen mehr oderweniger unterschiedlichen Variationen: Zutritt zum Ge-fangenenlager habe es nur durch ein Zelt gegeben; das Ge-fangenenlager habe gar kein Eingangstor gehabt; es habekeine Zufahrtmöglichkeit zum Gefangenenlager für Fahr-zeuge existiert, das Gefangenenlager sei nur dem „Perso-nenverkehr“ zugänglich gewesen; das Gefangenenlagerhabe zwar über ein Eingangstor verfügt, durch dieses hät-ten aber Lastwagen nicht fahren können, weil das Tor miteiner Sandsackstellung zugebaut gewesen sei; das Gefan-genenlager habe zwar über ein Eingangstor verfügt, dieseshabe aber nicht geöffnet werden können, weil es zu insta-bil gewesen sei; unabhängig davon, ob es eine Zufahrt-möglichkeit zum Gefangenenlager gegeben habe, sei dasGefangenenlager durch Kraftfahrzeuge und erst rechtLastwagen schon aus Platzgründen nicht zu befahren ge-wesen, weil sämtliche Wege und das Lager insgesamt vielzu eng gewesen seien.

Den KSK-Soldaten wurden Fotos des Gefangenenlagersvorgelegt, die diesen Angaben widersprachen. Daraufhinerklärten zahlreiche der Befragten, die Fotos gäben einenAusbauzustand des Gefangenenlagers wieder, der dem

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von Januar 2002, dem mutmaßlichen Tatzeitpunkt, nichtentspräche. Auch diese Behauptungen konnten durch An-forderung einer Erklärung des BMVg zum Entstehungs-zeitpunkt der Fotos widerlegt werden (MAT 16 – 76).

In das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Tü-bingen eingeführt – und auf diesem Weg zum Beweisge-genstand im Untersuchungsausschuss – wurde auch einein der Zeitschrift stern, Ausgabe 41/2006, S. 42, veröf-fentlichte Aufnahme des Gefangenenlagers in Kandahar.Auf einer Vergrößerung dieses Bildes ist ein LKW inner-halb des Gefangenenbereiches zu erkennen. Entgegen ei-nem Auswertungsvermerk aus dem Tübinger Ermitt-lungsverfahren sieht man am identischen Ausbauzustanddes Lagers, dass auch diese Aufnahme im gleichen Zeit-raum entstanden sein muss wie die Fotos des BMVg, alsoAnfang Januar 2002 (MAT 16 – 83).

Insbesondere zeigen alle Fotos sehr deutlich, dass dieHauptverbindungswege im Gefangenenbereich so breitwaren, dass kleinere bis mittelgroße Lastwagen sie un-problematisch befahren konnten.

Nach der Beweiserhebung des Untersuchungsausschussesliegt daher auf der Hand, dass die oben wiedergegebenenErklärungen aus den Reihen des KSK unfundierteSchutzbehauptungen waren. Sie sollten dazu dienen, dieAussage von Herrn Kurnaz in einem wesentlichen Punktals unzutreffend erscheinen zu lassen und so den Körper-verletzungsvorwurf gegen Kontingentangehörige zu ent-kräften.

Auffällig am Aussageverhalten fast aller KSK-Soldatenwar auch, dass sie sich – obwohl sie vorgaben, sich anwesentliche Details ihrer Teilnahme an der „OperationEnduring Freedom“ nicht mehr erinnern zu können, odereinander stark widersprechende Erklärungen abgaben –bezüglich einzelner die Angaben von Herrn Kurnaz be-treffender Aspekte nahezu übereinstimmend festlegten:Das betraf zum einen die Frage der Befahrbarkeit des Ge-fangenenlagers für Lastwagen. Weiter wiesen die Kontin-gentangehörigen auf angebliche „Unstimmigkeiten“ inder Aussage von Herrn Kurnaz hin. Nicht nachvollzieh-bar sei z. B., wieso US-Armeeangehörige Herrn Kurnazaus seinem „Käfig“ herausgeführt haben sollten. Die Ge-fangenen seien aus ihren „Käfigen“ nur herausgebrachtworden, um sie nach Guantánamo zu bringen – schon hierübergingen die KSK-Zeugen die auch im KSK-Kontin-gent wohlbekannte Tatsache, dass die Gefangenen immerwieder verhört und dafür selbstverständlich aus den „Kä-figen“ herausgeholt und zu Verhörzelten im Lager Kanda-har gebracht wurden. Die von der Staatsanwaltschaft be-fragten KSK-Soldaten brachten weiter vor, die von HerrnKurnaz beschriebene Uniform sei keine von den deut-schen Soldaten getragene Uniform gewesen – allerdingsidentifizierte Herr Kurnaz kurz darauf bei der Staatsan-waltschaft Tübingen die Uniformen der KSK-Angehöri-gen auf Fotos eindeutig. Besonders auffällig war auch,dass fast alle KSK-Soldaten darauf hinwiesen, kein KSK-Soldat werde einem Gegner gegenüber sein Gesicht oder

seine Identität als Angehöriger einer deutschen (Elite-)Einheit offenbaren – das hinderte allerdings (das ist un-streitig!) mindestens einen der KSK-Soldaten nicht daran,Herrn Kurnaz im Gefangenenlager aus geringer Entfer-nung auf Deutsch mit den Worten „Du hast Dir wohl diefalsche Seite ausgesucht“ anzusprechen. Das ignoriertendie KSK-Angehörigen und argumentierten weiter, dievon Herrn Kurnaz den beschuldigten Kontingentsoldatenzugeschriebene Äußerung „wir sind die/das deutscheKraft“ klinge wie eine schlechte Übersetzung von „theGerman force“; es habe in Kandahar US-Soldaten mitsehr guten Deutschkenntnissen gegeben. Dieser Einwandwurde wiederholt vorgebracht, um darzulegen, es könnesich bei der Misshandlung von Herrn Kurnaz um einespezielle Vernehmungstechnik der US-Streitkräfte bzw.der CIA gehandelt haben. Warum diese auf Befragungenin akzentfreier deutscher Sprache spezialisierten Verneh-mer sich in derart kryptischem Deutsch ausdrücken soll-ten, wurde allerdings nicht erklärt.

Die Kontingentsoldaten, die sich an ein Zusammentreffenmit Herrn Kurnaz am Zaun des Gefangenenlagers erin-nerten, widersprachen in noch einem weiteren Punkt denAngaben von Herrn Kurnaz: Herr Kurnaz erklärte, erhabe am Zaun des „Käfigs“, in dem er in Kandahar gefan-gen gehalten wurde, zwei KSK-Soldaten gegenüber ge-standen. Von diesen beiden habe ihn einer mit der Äuße-rung „Du hast Dir wohl die falsche Seite ausgesucht“angesprochen.

Die Soldaten, die überhaupt einräumten, diese Äußerungkönne gefallen sein, gaben zur Größe der Gruppe der KSK-Soldaten, die Herrn Kurnaz am Zaun gegenüber gestandenhabe, stets Größenordnungen von nicht weniger als dreiPersonen an. Andererseits sagten fast alle KSK-Soldatenübereinstimmend aus, sie seien in Zweier-Gruppen aufStreife gegangen. Soweit die im Untersuchungsausschussgehörten Kontingentsoldaten hiervon abwichen, sprachensie niemals von größeren Gruppen deutscher Soldaten. Sieschilderten allenfalls, sie hätten ihre Streifengänge zumTeil auch allein absolviert. Der Zeuge Nr. 32 erklärte sogar,er könne sich nicht vorstellen, dass die KSK-Soldaten ingrößeren Gruppen als zu zweit Streife gelaufen seien (MAT16 – 8, Bl. 199).

Auch dieses widersprüchliche Aussageverhalten weistauf eine durchschaubare Absprache zwischen den KSK-Soldaten hin. Sie waren offensichtlich der Meinung,wenn die von ihnen beschriebene Personengruppe die vonHerrn Kurnaz angegebene Gruppengröße übersteige,könne eine Identifizierung und Überführung einzelnerKSK-Soldaten nicht gelingen.

Das gesamte Aussageverhalten der KSK-Soldaten ließdeutlich erkennen, dass es vom Bestreben getragen war,die Schilderung von Herrn Kurnaz unglaubhaft erschei-nen zu lassen und so die Kontingentangehörigen weitge-hend zu entlasten. Stimmte das von Herrn Kurnaz ge-schilderte Geschehen nicht mit der Realität überein, gabes für eine solche Strategie aber keinen Anlass.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 149 – Drucksache 16/10650

IV. Einsatz des KSK in Kandahar

1. Nicht vom Bundestagsmandat gedeckter Einsatz des KSK

Seit den dienstlichen Anhörungen der KSK-Angehörigenbeim BMVg vor dem Hintergrund der von Herrn Kurnazerhobenen Misshandlungsvorwürfe ist bekannt, dass Sol-daten des 1. KSK-Kontingents in Kandahar im Januar2002 nicht nur Wachschichten im Gefangenenlager derFOB Airfield Kandahar geleistet, sondern sich sogar ander Aufnahme neuer Gefangener in dieses Gefangenenla-ger (sog. In-processing) beteiligt haben.

Der Bundestag formulierte als Zielvorgabe für die Betei-ligung an der „Operation Enduring Freedom“:

„Diese Operation hat zum Ziel, Führungs- und Ausbil-dungseinrichtungen von Terroristen auszuschalten, Terro-risten zu bekämpfen, gefangen zu nehmen und vorGericht zu stellen sowie Dritte dauerhaft von der Unter-stützung terroristischer Aktivitäten abzuhalten. Deutschebewaffnete Streitkräfte tragen dazu mit ihren Fähigkeitenbei.“ (Bundestagsdrucksache 14/7296).

Ob die Teilnahme der KSK-Soldaten an Bewachungsauf-gaben in einem Gefangenenlager von diesem Mandat ge-deckt war, ist mehr als fraglich. Die Frage ist eindeutig zuverneinen, sofern zu diesem Zeitpunkt schon erkennbarwar, dass die USA als Gewahrsamsmacht nicht darandachten, die Gefangenen einem ordentlichen Gerichtsver-fahren zu überstellen. Daher stand in besonderem Maßedie aktive Unterstützung von Streitkräfteangehörigen derUSA bei der Aufnahmeprozedur im Gefangenenlager imWiderspruch zum Bundestagsmandat.

Im Untersuchungsausschuss ließ sich noch nicht einmalaufklären, ob eine Bewachung von Gefangenen vom Ein-satzführungskommando jemals angeordnet oder auch nurgenehmigt worden war. Der Kontingentführer behaupteteim Untersuchungsausschuss, er habe eine Genehmigungzur Übernahme der Wachaufgabe eingeholt, bevor Kon-tingentsoldaten zum Wachdienst eingesetzt worden seien.Das sei nach seiner Erinnerung in einer Videokonferenzmit dem Leiter der Abteilung Spezielle Operationen ge-schehen (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 7, 13,25). Dieser Abteilungsleiter erinnerte sich weder an einesolche Weisung oder Genehmigung noch auch nur an eineentsprechende Meldung des Kontingentführers (Steno-grafisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 14, 18/19, 21; Teil IIIS. 8). Aus den dem Ausschuss vorgelegten Protokollen zuVideokonferenzen ergibt sich keine derartige Weisungaus dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr inPotsdam. Da aber nach Zeugenaussagen (StenografischesProtokoll Nr. 8, Teil III, S. 24/25) bekannt ist, dass in Vi-deokonferenzen erteilte Befehle protokolliert wurden,muss sich im Umkehrschluss zwingend ergeben, dass je-denfalls per Videokonferenz eine entsprechende Weisungzur Übernahme von Wachaufgaben im Gefangenenlagernicht erfolgte.

Zwar sagte der seinerzeitige Befehlshaber des Einsatzfüh-rungskommandos, Generalleutnant a. D. Riechmann, beiseiner Vernehmung im Untersuchungsausschuss, er selbst

habe einem Wachdienst zugestimmt. Hierbei ging er abervon einer Beteiligung am Schutz des gesamten Militärla-gers, der FOB Airfield Kandahar, gegen Angriffe von au-ßen aus, nicht von einer Bewachung von Gefangenen:

„Das Thema hat gelautet: Sicherung. Sie sprechen ja voneiner Zeit im Januar 2002, wo gerade dieser Compound,das Areal dieses Flugplatzes, in amerikanische Hand ge-kommen ist und wo permanent Angriffe auf das Lagerstattfanden, Beschießungen. (…) In diesem Zusammen-hang ist das Thema Sicherung des Lagers einschließlichder Sicherung des Gefangenenlagers Teil dieses Ge-sprächs gewesen. Ich habe damals zugestimmt: Jawohl,wenn hier Not am Mann ist, dann muss auch unser Kon-tingent seinen Beitrag leisten. (…) Es handelt sich janicht um den Gewahrsam dieser sog. Detainees in demLager, sondern es handelt sich um eine allgemeine Siche-rungsmaßnahme. Der habe ich so zugestimmt.“ (Steno-grafisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 2)

Weiter erklärte er:

„Die Einschränkung, die ich gegeben habe, (…) war ein-deutig: dass durch unsere Soldaten keine Aufgaben desGewahrsams wahrgenommen werden dürfen, sonderndass es sich um eine Sicherungsaufgabe handelt.“ (Steno-grafisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 12/13)

Auch der seinerzeitige Stabsabteilungsleiter Fü S V, Ge-neralmajor Engelhardt, schilderte im Untersuchungsaus-schuss, ihm sei nur vorgetragen worden, die Angehörigendes KSK-Kontingents seien an einer Bewachung des Mi-litärlagers in Kandahar beteiligt gewesen:

„Wir haben dem keine besondere Bedeutung beigemes-sen, weil für mich für den Begriff ,Guards Duty‘ die Betei-ligung an einer Bewachung des Lagers in Kandahar dieErklärung war. Ich habe dem überhaupt keine weitere Be-deutung beigemessen, weil nirgendwo an mich herange-tragen worden ist: sie beteiligen sich da an der Bewachungder Gefangenen. – Dann hätten wir schon eingegriffenoder ich hätte eingegriffen, weil das nicht Aufgabe derSpezialkräfte gewesen wäre.“ (Stenografisches ProtokollNr. 10, Teil II, S. 18)

Ob diese Darstellungen mehr als bloße Schutzbehauptun-gen waren, konnte mit den Mitteln des Untersuchungs-ausschusses nicht aufgeklärt werden.

Wenn aber nicht gegenüber dem Untersuchungsausschussdas Vorliegen einer Weisung zur Teilnahme an der Auf-nahme neuer Gefangener gezielt verschwiegen wurde,fehlte es insoweit an jeglicher Genehmigung von Seitender für das KSK Verantwortlichen. Das bedeutet aber,dass das BMVg die Kontrolle über das KSK schon vonAnfang an verloren hatte.

Glaubt man den Darlegungen des Kontingentführers imUntersuchungsausschuss, hatte noch nicht einmal erselbst einen Überblick darüber, womit sich die ihm unter-stellten Soldaten befassten: Bei seiner Vernehmung imUntersuchungsausschuss behauptete er nämlich,

„(…) ich habe die Anordnung für die Bewachung des La-gers nicht gegeben. Ich habe einen Request der Amerika-

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ner bekommen, ob ich Soldaten abstellen kann zur Bewa-chung des Lagers. (…) ich habe dann meinemKompaniechef den Auftrag gegeben, Männer abzustellen,die sich dann da melden mussten – bei wem, weiß ichjetzt auch nicht mehr –, und da haben die ihren Auftragbekommen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III,S. 20)

Nicht nur insoweit fehlte dem Kontingentführer eine prä-zisere Vorstellung von den realen Vorgängen: Im Untersu-chungsausschuss erklärte er auch, er sei davon ausgegan-gen, die an der Wache teilnehmenden Soldaten seien– entsprechend des Requests der US-amerikanischenStreitkräfte an ihn – die ganze Nacht über „auf demWachturm“ eingesetzt gewesen, und nicht im inneren Be-reich des Lagers (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III,S. 14, 19).

2. Folterung von Gefangenen durch KSK-Angehörige

Mindestens einer der zur Wache im Gefangenenlager derFOB Airfield Kandahar eingesetzten KSK-Soldaten hateigenhändig gegen das Folterverbot verstoßen.

Nach der Beweiserhebung im Untersuchungsausschusssteht für uns fest, dass ein Angehöriger des KSK im La-ger Kandahar – sei es auch nur zum Schein – Gefangenemit seinem mit einer Laserzielvorrichtung ausgestattetenGewehr bedroht und sie dadurch in Todesangst versetzthat.

Der Zeuge Asif Iqbal schilderte vor dem Untersuchungs-ausschuss:

„Wir wurden jede Nacht geweckt und sie haben unsdurchgezählt. Und da war eine Nacht, in der sie es immerwieder gemacht haben, alle 10, 15 Minuten haben sie,Durchzählen’ gerufen, und wir mussten alle nach vornekommen und uns aufstellen, und da habe ich den deut-schen Soldaten gesehen, sein Gewehr war anders als dieamerikanischen Gewehre. Und er hatte eine rote Leuchte… Laserleuchte und er hat immer wieder mit seinem Ge-wehr auf unsere Köpfe gezeigt (…).

(…) die amerikanischen Soldaten… Sie haben nur ihreGewehre auf uns gerichtet und man merkte, dass sieAmerikaner waren. (…) Aber dieser Typ, er stand da undrichtete das Gewehr auf uns und er zeigte mit der rotenLeuchte auf jeden Einzelnen. (…)

Alle Tage sind beinah gleich, aber plötzlich, eines Tages,sind da ein paar deutsche Soldaten und sie leuchten einenan. Das vergisst man nicht.“ (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II,S. 28/29 und S. 33)

Herr Kurnaz sagte zu dieser Begebenheit bereits bei sei-ner Zeugenvernehmung durch den Untersuchungsaus-schuss am 17. Januar 2007 aus:

„(M.K.) Der mit der helleren Haarfarbe hat eine beson-dere Waffe gehabt, was mir aufgefallen ist.(…)

(Frage) Hatte die Waffe eine besondere Zieleinrich-tung?

(M.K.) Sie hat Laser obendrauf gehabt, mit dem erauch auf die Gefangenen gezielt hat, indem erdas den Amerikanern vorgeführt hat. Das fan-den die amerikanischen Soldaten toll. Sie ha-ben diese Waffe bewundert. Da kamen die gan-zen amerikanischen Soldaten und haben sichdas angeguckt.

(Frage) Die deutschen Soldaten haben, als sie draußenam Zaun stehen – damit wir das richtig verste-hen –, mit dieser Laserwaffe Punkte auf dieKleidung gemacht?

(M.K.) Auf die Köpfe von den Gefangenen oder aufdie Körper unterschiedlicher Gefangener. Erhat das zum Vorführen für die Amerikaner ge-macht.

(…)

(Frage) (…) Wie haben die anderen, die Mitgefange-nen, darauf reagiert? (…) Haben die Angst ge-habt in diesem Moment, haben die das als Be-drohung angesehen oder als (…) ,dummes,böses Spiel’?

(M.K.) Jeder Gefangene reagiert anders, der einenimmt das ernst und der andere wahrscheinlichnicht. Aber für mich hat es den Eindruck ge-macht, dass sie es vor allem als Bedrohungfanden. Man zielt nicht mit einem Laser, miteiner scharf geladenen Waffe mit einem Laserauf Köpfe aus Spaß. Ich gehe davon aus, dasssie es ernst genommen haben. Das kann ichnicht beurteilen. Das weiß ich nicht. Da mussman diejenigen fragen, auf die gezielt wurde.“

(Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 35/36 undS. 50)

Es liegt auf der Hand, dass die betroffenen GefangenenTodesangst empfanden.

Eine solche Behandlung läuft der sowohl von der Bun-desrepublik Deutschland als auch den USA ratifiziertenFolterverbots-Konvention (Übereinkommen gegen Fol-ter und andere grausame, unmenschliche oder erniedri-gende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984;BGBl. 1990 II, S. 247) zuwider:

„Artikel 1

(1) Im Sinne dieses Übereinkommens bezeichnet derAusdruck ,Folter’ jede Handlung, durch die einerPerson vorsätzlich große körperliche oder seelischeSchmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Bei-spiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussageoder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tat-sächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Drittenbegangene Tat zu bestrafen oder um sie oder einenDritten einzuschüchtern oder zu nötigen, oder auseinem anderen, auf irgendeiner Art von Diskrimi-nierung beruhenden Grund, wenn diese Schmer-zen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentli-chen Dienstes oder einer anderen in amtlicherEigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlas-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 151 – Drucksache 16/10650

sung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschwei-gendem Einverständnis verursacht werden. Der Aus-druck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sichlediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen erge-ben, dazu gehören oder damit verbunden sind.

(2) (…)

Artikel 2

(1) Jeder Vertragsstaat trifft wirksame gesetzgeberische,verwaltungsmäßige, gerichtliche oder sonstige Maß-nahmen, um Folterungen in allen seiner Hoheitsge-walt unterstehenden Gebieten zu verhindern.

(2) Außergewöhnliche Umstände gleich welcher Art, seies Krieg oder Kriegsgefahr, innenpolitische Instabili-tät oder ein sonstiger öffentlicher Notstand, dürfennicht als Rechtfertigung für Folter geltend gemachtwerden.

(3) (…)“

3. Duldung von und Teilnahme an völker-rechtswidriger Behandlung der Gefan-genen im Gefangenenlager der FOB Airfield Kandahar

Während ihres Wachdienstes im Gefangenenlager der FOBAirfield Kandahar nahmen die KSK-Soldaten wahr, dassdie Behandlung der Gefangenen durch die US-amerikani-schen Streitkräfte menschenrechtlichen Verbürgungen undden Vorgaben des humanitären Völkerrechts widersprach.Dennoch beteiligten sich mindestens sechs – möglicher-weise aber auch alle oder fast alle – der als Wachen im Ge-fangenenlager eingesetzten KSK-Soldaten nicht nur andiesem Wachdienst selbst, sondern sogar an der Aufnahmeneuer Gefangener in das Gefangenenlager.

a) Prozedur zur Aufnahme neuer Gefangener („In-processing“)

Die Prozedur zur Aufnahme neuer Gefangener (sog. In-processing) stellte sich bereits nach den Schilderungender deutschen KSK-Angehörigen als – in der euphemisti-schen Umschreibung der Kontingentsoldaten – „ruppi-ger“, „robuster“ Vorgang dar. Die KSK-Soldaten nanntenhierzu nur wenige Details.

So sagte der Zeuge Nr. 8 bei seiner dienstlichen Anhö-rung im BMVg aus:

„Im Lager gab es ein Zelt, in dem mehrere Stationen auf-gebaut waren (…), sie“ [die Gefangenen] „wurden foto-grafiert, es wurden Fingerabdrücke genommen, die Ge-fangenen mussten sich ausziehen und wurden ärztlichuntersucht. Es war unsere Aufgabe, die Gefangenen vonStation zu Station zu führen. (…) Die Gefangenen trugenAugenbinden, ich glaube eine Art Kapuze, und Fesseln.Wir haben die Gefangenen am Arm geführt, da sie auchFußfesseln trugen. Dieser Einsatz hat etwa 3 – 4 Stundengedauert, obwohl es nicht so viele Gefangene waren. (…)Innerhalb des Zeltes konnten sowohl eine US-Soldatin alsauch ein Befrager arabisch sprechen. Seitens der Gefan-genen gab es keinen Widerstand. Der Umgang der Ameri-

kaner war robust, aber nicht in einer Form, die ich im um-gekehrten Falle als unangemessen betrachtet hätte. Es gabweder Tritte noch Schläge durch die Amerikaner sowieauch keine Akte willkürlicher Gewalt.“ (MAT 16 – 14,Anlage 03)

Der Zeuge Nr. 18 füllte das Bild des „robusten“ Umgangsder US-Amerikaner mit Gefangenen mit etwas mehr Le-ben, als er in seiner dienstlichen Anhörung beim BMVgschilderte:

„Die Gefangenen kamen vom Flugzeug, wurden in einZelt außerhalb des Lagers gebracht, dort durchsucht undbefragt (Name etc.). Ich habe an der Durchsuchung derGefangenen nicht teilgenommen, jedoch habe ich mit denAmerikanern zusammen anfangs diese Personen mit ab-geführt. Danach habe ich diese Tätigkeit mit einem deut-schen Kameraden weiter durchgeführt, da die Amerika-ner die Gefangenen aus meiner Sicht zu aggressivbehandelt haben. Als die Gefangenen aus dem Flugzeugkamen, waren sie gefesselt und hatten einen Sack alsSichtschutz über dem Kopf. Beim Abführen haben wirdie Gefangenen am Arm gepackt. Im Rahmen der Auf-nahme wurden sie auch einem Arzt vorgeführt; bei derAufnahme wurde arabisch gesprochen. Alles ging sehrlaut zu. (…) Vom ersten Zelt wurden die neuen Gefange-nen – es waren etwa 10 bis 15 Personen – weiter geführt.Ich habe erlebt, dass ein Amerikaner einen Gefangenenmit Sichtschutz gegen eine Wand laufen ließ, daraufhinhabe ich es vorgezogen, die Gefangenen mit einem deut-schen Kameraden zusammen abzuführen. Bei dem gan-zen Verfahren gab es weder Tritte noch Schläge. Trotz-dem hatte man ein ungutes Gefühl, denn man wusstenicht, ob all diese Personen auch wirklich schuldig waren.Zu dieser Zeit kam man in Afghanistan sehr schnell infalschen Verdacht, manchmal reichte es aus, wenn manzuviel Geld bei sich hatte. Die Amerikaner waren betontgrob zu den Gefangenen. (…) Die Behandlung der Ge-fangenen durch die Amerikaner war insgesamt nicht so,wie man sich es unter rechtsstaatlichen Gesichtspunktenvorstellt. Ich habe das KSK aus einer Vielzahl von Grün-den verlassen, die Erfahrungen, wie unsere Partner derUS-Streitkräfte mit Gefangenen umgegangen sind, warein Grund dafür.“ (MAT 16 – 14, Anlage 03)

Von akustischen Einschüchterungen der Gefangenenwährend des „In-processing“ erzählte auch der ZeugeNr. 20:

„Misshandlungen durch die Amerikaner habe ich nichtbeobachtet. Es gab ein Abtasten und Abführen, dazu wur-den die Gefangenen auch angefasst, sie wurden jedochsehr laut angesprochen.“ (MAT 16 – 14, Anlage 03)

Und der Zeuge Nr. 14 äußerte sich zu seiner Einstellungzum Vorgehen der Angehörigen der US-amerikanischenArmee:

„Wie ich vorhin schon gesagt habe, kam es uns eben da-rauf an, dass wir als Deutsche sie so behandeln, wie maneben mit Menschen umgeht. Ich möchte mich hier nocheinmal von der einen oder anderen Methode der Amerika-ner distanzieren, (…). Wenn hier tatsächlich eine Men-schenrechtsverletzung stattgefunden hätte – wobei der

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Übergang ja fließend ist, da sind wir uns wohl einig; aberwenn hier eine ganz klare Verletzung der Menschenrechtestattgefunden hätte –, wäre sicherlich jeder von uns dorteingeschritten. Aber es gibt ja auch einen Unterschied,wie man an eine solche Sache herangeht.“ (Stenografi-sches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 10)

Die Stimmungslage der Gefangenen umriss dieser Zeugedann so:

„Man muss sich auch in die Lage der Gefangenen verset-zen. Ich nehme an, dass die Mehrzahl dieser Menschenschon sehr große Angst hatte.“ (Stenografisches ProtokollNr. 9, Teil III, S. 10)

Eine menschenrechtswidrige Behandlung setzt keine kör-perlichen Einwirkungen wie „Schläge“ oder „Tritte“, aufdie die KSK-Soldaten abstellten, voraus. Schon die vonden KSK-Angehörigen beschriebenen Details sprechenunter völkerrechtlichen Gesichtspunkten für sich und las-sen außerdem Rückschlüsse auf weitere Missstände zu.Dennoch bezeichneten die im Untersuchungsausschussvernommenen KSK-Soldaten die von ihnen selbst wahr-genommenen Geschehnisse in Zusammenhang mit die-sem „In-processing“ auch auf Nachfragen als „im vertret-baren Rahmen“ liegend.

Ganz anders liest sich beispielsweise die Schilderung ei-nes auch in Kandahar eingesetzten Befragers (ChrisMackey) der US-Armee, der seine im Rahmen der „Ope-ration Enduring Freedom“ in unterschiedlichen Gefange-nenlagern gesammelten Erfahrungen in dem Buch „TheInterrogators“ (Chris Mackey/Greg Miller; erschienen2005 bei Back Bay Books) niederlegte:

„As always, it happened at night. A cargo plane toucheddown in darkness, its lights doused to avoid attack, andlumbered across the rutted runway toward what had oncebeen the passenger terminal of the Kandahar airport. Itsrear ramp lowered, revealing a ragged train of enemyfighters in bare feet and rags, emerging like aliens in thered-hued light of the cargo hold. Their heads were cov-ered in burlap sacks, but their breath was still visible inthe frigid air. (…) They were bound together in longchains. As they were spirited down the ramp, if one wereto stumble, he would pull the others down with him. Onthe tarmac, MPs swarmed in from all sides, shining flash-lights in the prisoners' concealed faces and screaming astream of commands and obscenities audible even overthe roar of the plane as it pulled away and made its escapeinto the Afghanistan sky. They led the prisoners toward abarbed-wire enclosure (…). It was accessed through along, rickety door made of sheet metal and topped withconcertina wire. The prisoners ambled through under thegaze of MPs in towers above, who kept their weapons atthe ready. With a mighty „thud“ the prisoners werehurled, one by one, into a three-sided sandbag „pindown“. Rubber-gloved MPs armed with surgical scissorsmade them lie on their stomachs and began cutting awaythe rags. At the first snip of the scissors, the prisonershowled and wailed and struggled to roll over, fearingthere could only be one purpose for being held face-downand stripped. The screaming stirred the line of prisoners

still waiting in the reception area to states of supreme agi-tation. The pin-down was the entry point to an abattoir-like tent tunnel through which the prisoners would pass asthey were processed into U.S. custody. (…) Once theyhad gone through a quick intelligence screening, theprisoners were examined by a doctor. He scanned theprisoners’ torsos, arms, and legs, moving a gloved handquickly across their skin, searching for scars and freshwounds that might need dressing. He checked theirmouths with a gloved finger, and searched their eyes witha flashlight, looking for any sign of disease. Then an MPwould shout one of the few phrases he had mastered inArabic: „Wa’ all’an lill act el emptihan!“ – „And now forthe ass inspection!“ One MP would put his knee into theback of one of the prisoners’ knees while the other put hishand on the prisoner’s neck and pushed it down until theprisoner was properly positioned. The doctor’s probe al-ways prompted new shrieks from prisoners convincedthey were about to be raped.“ (a. a. O., S. 3 ff.)

Das „In-processing“ im Gefangenenlager von Kandaharwird hier als eine planvoll Angst erregende Prozedur ausgezielten Einschüchterungen und körperlichen Übergrif-fen geschildert, mit der bei den Gefangenen nicht zuletztextreme Ängste provoziert werden sollten. Die Folterde-finition der Folterverbots-Konvention wurde oben beiPunkt IV. 2. schon zitiert. Das Hervorrufen von Todes-angst, aber auch die gezielte, massive Erniedrigung vonGefangenen, vor deren religiös-kulturellem Hintergrundz. B. erzwungene Nacktheit besonders tabuisiert ist, unddas planvolle Spiel mit ihrer Angst vor Vergewaltigung,können Leiden von großer Intensität verursachen, die die-ser Folterdefinition unterfallen.

Bezeichnenderweise finden sich zahlreiche Details ausden Schilderungen der KSK-Soldaten in der sicherlichpartiell literarisch beeinflussten Schilderung von Mackeyund Miller wieder.

Der Zeuge Nr. 20, dem Teile von Mackey/Miller's Be-schreibung eines „In-processing“-Vorganges in der FOBAirfield Kandahar im Untersuchungsausschuss vorgehal-ten wurden, erklärte jedoch, einen derartigen Umgang mitGefangenen in Kandahar nicht beobachtet zu haben. Die-ser Zeuge ließ allerdings bei seiner Schilderung eines „In-processing“, an dem er selbst beteiligt gewesen war, we-sentliche Aspekte aus, die sich in der obigen Darstellungvon Mackey/Miller finden, und die unabhängig hiervonz. B. auch von den im Untersuchungsausschuss gehörtenehemaligen Mitgefangenen von Herrn Kurnaz erwähntwurden. Die Untersuchung der Gefangenen etwa gestal-tete sich nach den Darlegungen des Zeugen Nr. 20 eherharmlos und schien auf eine rein äußerliche Durchsu-chung beschränkt:

„Dann hat man angefangen, einen nach dem anderen,sage ich mal, von dieser ganzen Verbindung loszubinden,hat diesen einen genommen; der wurde dann auf Gegen-stände untersucht, die er vielleicht am Körper oder in sei-nen Sachen haben könnte.“ (Stenografisches ProtokollNr. 21, Teil III, S. 27)

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 153 – Drucksache 16/10650

Der Zeuge Ruhal Ahmed sagte im Untersuchungsaus-schuss – ganz offensichtlich erheblich in seinem Scham-gefühl berührt und außerstande, ins Detail zu gehen – hin-gegen aus:

„Sie brachten uns in ein Zelt und zogen uns aus. Sie ris-sen uns mit Gewalt alle Kleider vom Leib, sodass wirnackt waren. Und sie fotografierten uns, von vorn, vonder Seite. Dann nahmen sie Proben aus unseren Bärten.Sie nahmen Proben von meinem Bart, von meiner Wange,Abstriche, Fingerabdrücke. Und Dreck unter den Nägeln,von unter den Nägeln.“ (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II,S. 15)

und beendete diese Schilderung nach einer beklommenenPause mit den Worten:

„Then we were searched thoroughly. OK?“.

Erst auf gezielte Nachfrage, ob Teil dieser „gründlichenDurchsuchung“ auch eine Rektaluntersuchung gewesensei, antwortete der Zeuge spürbar befangen mit einemknappen, beschämten „Ja“ (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II,S. 23).

b) SchlafentzugEiner der im Untersuchungsausschuss vernommenen KSK-Soldaten erwähnte Vorgehensweisen der US-amerikani-schen Armeeangehörigen, die ersichtlich machen, dass dieGefangenen gezielt und systematisch der Foltertechnikdes Schlafentzugs ausgesetzt wurden. So schilderte derZeuge Nr. 8 in seiner Anhörung beim BMVg:

„Die Gefangenen wurden von den Amerikanern regelmä-ßig geweckt.“ (MAT 16 – 14, Anlage 03).

Im Untersuchungsausschuss hierzu befragt, wollte er al-lerdings keinen Bezug zu systematischen Störungen desSchlafs der Gefangenen herstellen.

Deutlicher wurden die ehemaligen Mitgefangenen vonHerrn Kurnaz. Der Zeuge Ruhal Ahmed erzählte über sei-nen Aufenthalt im Gefangenenlager der FOB AirfieldKandahar:

„Sie haben uns auch nicht schlafen lassen, weil sie unsalle zwei bis drei Stunden haben durchzählen lassen. Siehaben uns nachts geweckt und wir mussten alle zur Vor-derseite des Käfigs kommen und durchzählen. Zählen,wie viele Gefangene in diesem… in diesem Zelt sind.Und das ging die ganze Nacht so weiter, sie haben unsnicht schlafen lassen. (…)

Das Durchzählen findet dreimal am Tag statt. Es solltenur dreimal am Tag stattfinden. Es gab drei Schichten,aber nachts haben sie das regelmäßig gemacht. Das heißt,alle zwei, drei, vier Stunden kamen sie und weckten unsauf und ließen uns durchzählen. (…)“ (WortprotokollNr. 22, Teil II, S. 15/16)

Der Zeuge Asif Iqbal schilderte, dass die Gefangenen inder Nacht, in der die deutschen Soldaten am Wacheinsatzteilnahmen, sogar gezwungen wurden, alle 10, 15 Minu-ten zum Durchzählen anzutreten. Auf die Frage, ob Sinndes wiederholten Durchzählens gewesen sei, festzustel-

len, ob Gefangene aus dem Lager geflohen seien, entgeg-nete er:

„Nein, das haben sie jede Nacht gemacht. Jede Nacht ha-ben sie das Gleiche gemacht. Sie haben uns nicht schlafenlassen.“ (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 28/29 und 30)

Auch aus zahlreichen Presseveröffentlichungen ist be-kannt, dass die USA im Rahmen ihres „Kampfs gegenden Terror“ gezielt dadurch auf Gefangene einwirkten(und vermutlich einwirken), dass sie sie am Schlafen hin-derten.

Schlafentzug ist eine Foltermethode. Im Internet-Lexikonwikipedia findet sich hierzu der Eintrag:

„Dauerhafter Schlafmangel führt zu körperlichen Beschwer-den (beispielsweise erhöhte Infektanfälligkeit, Kopfschmer-zen) und zu psychischen Problemen (beispielsweise Denk-störungen, Müdigkeit, Halluzinationen, Reizbarkeit).Dauerhafter methodischer Schlafentzug wird daher auchals Methode der Folter unter anderem dazu eingesetzt, umklares Denken des Opfers zu unterbinden und um den Wil-len sowie die Widerstandskraft des Opfers zu brechen undso beispielsweise Aussagen zu erpressen.

Im alten Kaiserreich China diente der Schlafentzug überTage und Wochen dazu, Schwerverbrecher hinzurichten.Durch Schlagen, Schmerzreize und Kitzeln wurden diesewach gehalten. Nach einigen Tagen bekamen sie Wahn-vorstellungen und bald darauf starben sie.

In der Sowjetunion war Schlafentzug eine gängige Praxisbei den Verhören von Verdächtigen, die teilweise wie amFließband von verschiedenen Personen abwechselnd be-fragt wurden (diese Folter wird auch in Solschenizyns Ar-chipel Gulag geschildert).

Kombiniert mit Einschüchterungen, Drohungen, Entzugvon Nahrung und Wasser sowie qualvollen Körperhaltun-gen war es ein weit verbreitetes Druckmittel.

Schlafentzug wird auch heutzutage noch oft als Folterme-thode angewandt, da er keine nachweisbaren körperlichenSpuren beim Opfer hinterlässt (sog. Weiße Folter).“(http://de.wikipedia.org/wiki/Schlafentzug)

c) Lebensbedingungen im GefangenenlagerDie Nachttemperaturen in Kandahar gingen AnfangJanuar 2002 – auch um den mutmaßlichen Zeitpunkt desWachdienstes herum – bis auf minus 16° C hinunter.Aufzeichnungen hierzu finden sich in den an das Einsatz-führungskommando der Bundeswehr gerichteten Tages-meldungen des Kontingentführers aus Kandahar. Kontin-gentangehörige erzählten im Untersuchungsausschuss,mehrfach seien das Trink- und Waschwasser über Nachteingefroren; das sei auch in der Nacht des Wachdienstesdeutscher Soldaten geschehen (Stenografisches ProtokollNr. 11, Teil III, S. 60; Stenografisches Protokoll Nr. 6, TeilIII, S. 48; Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 54).

Die Kontingentsoldaten selbst litten im Januar 2002 – an-gesichts zunächst fehlender Heizgeräte in ihren Zelten –stark unter der Kälte. Nach Angaben eines der dem Kon-tingent angehörigen Sanitäter (Zeuge Nr. 13) gab es unter

Drucksache 16/10650 – 154 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

den deutschen Soldaten viele Erkältungskrankheiten (Ste-nografisches Protokoll Nr. 5, Teil III, S. 36). Im Gegen-satz zu den Gefangenen schliefen sie aber immerhin ingeschlossenen Zelten und verfügten über Schlafsäcke undeine kälte-isolierende Ausstattung. Die Zeugen Nr. 8, 22,28 sowie weitere Kontingentangehörige berichteten in ih-rer dienstlichen Anhörung beim BMVg und auch vor demUntersuchungsausschuss, die KSK-Soldaten hätten we-gen der großen Kälte neben der deutschen Wüstentarn-uniform dienstlich gelieferte Ausrüstungsteile aus demsog. Arktissatz getragen; z. B. Fleecejacken undWollmützen (Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III,S. 56; Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 70;MAT 16 – 14, Anlage 03).

Nach Angaben von Herrn Kurnaz trugen die Soldatenzum Schutz vor der Kälte teilweise Gesichtsmasken unddicke Handschuhe (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II,S. 55).

Der Kontingentführer schilderte den Mitgliedern des Un-tersuchungsausschusses bei seiner Vernehmung, die Nacht-temperaturen hätten um minus 10° C herum gelegen –und fügte mit frappierender Kaltschnäuzigkeit hinzu, miteiner Wärmejacke sei es „angenehm“ gewesen … (Steno-grafisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 26). Auch die KSK-Soldaten absolvierten ihren nächtlichen Wachdienst imJanuar 2002 mit wärmender Kleidung: Über ihren Unifor-men trugen sie Wärmejacken, wie der Zeuge Nr. 23 be-richtete (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 49).

Die Gefangenen in der FOB Airfield Kandahar verfügtennicht über Wärmejacken. Sie besaßen – bis auf ein oderzwei Wolldecken – auch sonst keinerlei Schutz gegen dieKälte und sonstige Witterungseinflüsse. Bekleidet warensie lediglich mit dünnen, blauen Baumwolloveralls.

Herr Kurnaz erzählte bei seiner Befragung im Untersu-chungsausschuss:

„Es war so kalt. (…) Wir haben nur ein Stück Kleidunggehabt, die aus einem Teil besteht. Wir sind also fast vorder Kälte verstorben. Es war so kalt, dass wir kaum mehrauf den Beinen stehen konnten und uns kaum noch bewe-gen konnten wegen der Kälte und des Essens allein.“ (Ste-nografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 55)

Der Kontingentführer des KSK räumte ein, dass ihm be-kannt war, dass die Gefangenen noch nicht einmal mitUnterwäsche ausgestattet worden waren, dass sie also un-ter ihren dünnen Overalls nackt der winterlichen Eises-kälte in Kandahar ausgesetzt waren (Stenografisches Pro-tokoll Nr. 4, Teil II, S. 64/65 und MAT 16 – 8, Bl. 316).

Die Gefangenen verbrachten ihre Tage und Nächte unterZeltabdeckungen, deren Seitenplanen vollständig hochgerollt waren. Sie waren hierdurch allenfalls gegen direktvon oben kommende Witterungseinflüsse geschützt. Ei-nen Schutz gegen Wind und Kälte boten die Zeltdächer,unter denen sie sich aufhalten konnten und mussten,nicht. Sie schliefen auf dem nackten Boden.

Um die desolaten Bedingungen, unter denen die Gefange-nen leben mussten, wusste nicht nur der gerade zitierteKontingentführer.

Auch die KSK-Soldaten hatten gesehen, wie die Gefan-genen ausgestattet waren, dass die Seitenplanen der Zeltehochgerollt waren und auch über Nacht hochgerollt blie-ben (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III, S. 46; Ste-nografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 49 und MAT16 – 14, Anlage 03; MAT 16 – 8, Bl. 125; MAT 16 – 8,Bl. 149; Stenografisches Protokoll Nr. 7, Teil III, S. 10;MAT 16 – 8, Bl. 214; Stenografisches Protokoll Nr. 8, TeilIII, S. 53; Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 10,26). Sie beschrieben die Kleidung der Gefangenen zutref-fend dahingehend, dass diesen lediglich ihre blauen Over-alls zur Verfügung standen. Ergänzend wiesen sie allen-falls darauf hin, jedem Gefangenen seien ein oder zweiDecken ausgehändigt worden. Sie erwähnten auch, dassdie Gefangenen – mit diesen Decken – auf dem Bodenschlafen mussten (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III,S. 46, 48; Stenografisches Protokoll Nr. 9, Teil III, S. 6;Stenografisches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 60 undMAT 16 – 14, Anlage 03; Stenografisches Protokoll Nr. 7,Teil III, S. 10; Stenografisches Protokoll Nr. 8, Teil III, S. 53).

Dass diese Bedingungen in keiner Weise geeignet waren,bei Temperaturen von minus 16° C (oder auch nur minus10° C) vor der Kälte zu schützen, war offenkundig. Kei-ner der KSK-Angehörigen behauptete, es habe Heizmög-lichkeiten für die Gefangenen gegeben. Solche existiertenauch nicht.

Den deutschen Soldaten, die das Gefangenenlager be-sucht hatten – und insbesondere den KSK-Soldaten, dieam Wachdienst teilnahmen –, war also klar, dass die Ge-fangenen gegen Kälte nicht bzw. nur völlig unzureichendgeschützt waren.

Der Zeuge Nr. 23 (Stenografisches Protokoll Nr. 6, Teil III,S. 49) verstieg sich bei seiner Aussage im Untersuchungs-ausschuss zu der zynischen Replik, dass es den Gefange-nen zumutbar gewesen sei, derart schutzlos der Kälte aus-gesetzt zu sein, ergebe sich für ihn daraus,

„… dass es ihr Land ist und dass sie es gewöhnt sind.“

Die Inakzeptabilität dieser lakonischen Argumentationergibt sich besonders deutlich mit Blick auf Gefangenewie Herrn Kurnaz – von dem die KSK-Soldaten allewussten, dass er mindestens einen engeren Bezug zuDeutschland (und dessen klimatischen Bedingungen undSchutzvorkehrungen hiergegen) als zu Afghanistan hatte.

Die Lebensbedingungen der im Gefangenenlager derFOB Airfield Kandahar Festgehaltenen verstießen – s. so-gleich unter d) – gegen die Verbürgungen in Artikel 25und 27 des Genfer Abkommens über die Behandlung vonKriegsgefangenen vom 12. August 1949 und dem folgenddes 1. Zusatzprotokolls vom 8. Juni 1977 zu den GenferAbkommen über den Schutz der Opfer internationaler be-waffneter Konflikte.

d) Völkerrechtliche Vorgaben zur Behandlung von Gefangenen

Nach den Angaben der Zeugen Murat Kurnaz, RuhalAhmed und Asif Iqbal liegt es nahe, dass Gefangene imLager Kandahar von US-Armeeangehörigen getötet wur-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 155 – Drucksache 16/10650

den und dass auch die deutschen Soldaten Schreie von beiVerhören gefolterten Gefangenen gehört und (mindes-tens) die Folgen gravierender Misshandlungen gesehenhaben müssten. Eindeutig nachweisen ließ sich das imUntersuchungsausschuss letztlich nicht.

Belegt ist allerdings nach den vorangegangenen Ausfüh-rungen, dass nicht nur die von den KSK-Angehörigen er-lebten Übergriffe gegen die Gefangenen gegen das Fol-terverbot der Genfer Konvention, des 1. Zusatzprotokollszur Genfer Konvention und der Folter-Konvention vom10. Dezember 1984 verstießen, sondern dass bereits dieUnterbringung der Gefangenen grundlegende Garantiender Genfer Konvention bzw. ihres Zusatzprotokolls igno-rierte.

Auf die von der Regierung der USA seit 2001 vertreteneindiskutable Position, im Rahmen des US-amerikani-schen „War on Terror“ und der „Operation EnduringFreedom“ gefangen genommene und gefangen gehaltenemutmaßliche Al Qaida- oder Taliban-Anhänger seien au-ßerhalb des regulären Rechtssystems stehende „feindlicheKämpfer“ („unlawful combatants“), zu deren Gunsten dieden Kriegsgefangenen nach der Genfer Konvention undihren Folgeübereinkommen garantierten Verbürgungennicht greifen sollten, muss argumentativ hier nicht nähereingegangen werden. Diese Auffassung ist nach gelten-dem Völkerrecht unvertretbar. Gefangenen Nicht-Kom-battanten steht jedenfalls nach Artikel 45 Abs. 1 und Arti-kel 75 des 1. Zusatzprotokolls vom 8. Juni 1977 zu denGenfer Abkommen über den Schutz der Opfer internatio-naler bewaffneter Konflikte (BGBl. 1990 II S. 1551) dergleiche grundlegende Schutz vor Übergriffen zu, wie denals Kriegsgefangenen einzuordnenden Kombattanten:

Von Personen, die an „Feindseligkeiten“ teilgenommenhaben und gefangen genommen werden, wird zunächst –und bis zum gerichtlichen Beweis des Gegenteils! – ver-mutet, dass sie Kriegsgefangene sind (Artikel 45 Abs. 1des 1. Zusatzprotokolls zu den Genfer Abkommen). Demfolgend können sie sich auf sämtliche völkerrechtlichenGarantien zum Schutz der Kriegsgefangenen berufen.

Das Genfer Abkommen über die Behandlung von Kriegs-gefangenen vom 12. August 1949 benennt zunächst dieallgemeinen Verbürgungen. Nach Artikel 3 des GenferAbkommens sind Kriegsgefangene „unter allen Umstän-den mit Menschlichkeit“ zu behandeln; Angriffe auf Leibund Leben, grausame Behandlung und Folterung, Geisel-nahmen, die Beeinträchtigung der persönlichen Würde,eine erniedrigende und entwürdigende Behandlung sindausnahmslos verboten. Außerdem werden in Artikel 21ff. des Genfer Abkommens noch ausdrücklich einige spe-zielle Anordnungen getroffen, die die in Artikel 3 nieder-gelegten allgemeinen Grundsätze mit Leben erfüllen.

Stellt sich heraus, dass festgehaltene Personen keineKriegsgefangenen im Sinne der Genfer Konvention überdie Behandlung der Kriegsgefangenen vom 12. August1949 sind, unterfallen sie völkerrechtlich (u. a.) den Ver-bürgungen des 1. Zusatzprotokolls vom 8. Juni 1977 zuden Genfer Abkommen über den Schutz der Opfer inter-nationaler bewaffneter Konflikte.

Wird ihnen eine Straftat vorgeworfen, müssen sie in an-gemessener Zeit einem unparteiischen, ordnungsgemäßbesetzten Gericht zugeführt werden. Wurden sie nichtwegen des Verdachts einer Straftat festgenommen oderinhaftiert, sind sie so schnell wie möglich freizulassen(Artikel 75 Abs. 3, 4 des 1. Zusatzprotokolls).

Das 1. Zusatzprotokoll regelt den Schutz und die „Be-handlung von Personen, die sich in der Gewalt einer amKonflikt beteiligten Partei befinden“ nicht so detailliertwie die Genfer Konvention vom 12. August 1949 undenthält daher auch keine Bestimmungen, die explizit diegleichen Anordnungen treffen wie die erwähnten Artikel21 ff. der Genfer Konvention. Es enthält aber mit Artikel75 eine Generalklausel („Grundlegende Garantien“), dieinhaltlich weitgehend den Garantien des Artikel 3 GenferKonvention entspricht und damit in Hinblick auf denSchutz der Gefangenen auch die dortigen Detailregelun-gen implizit mit erfasst.

Ebenso wie Artikel 3 der Genfer Konvention bestimmtArtikel 75 des 1. Zusatzprotokolls: Gefangene müssen„unter allen Umständen mit Menschlichkeit behandelt“werden.

Ausdrücklich erwähnt und verboten werden (u. a.):

– Angriffe auf das Leben, die Gesundheit oder das kör-perliche und geistige Wohlbefinden von Personen, ins-besondere

– vorsätzliche Tötung, Folter jeder Art, egal ob körper-lich oder seelisch

– körperliche Züchtigung und Verstümmelung

– Beeinträchtigungen der persönlichen Würde, insbe-sondere entwürdigende und erniedrigende Behand-lung, Nötigung zur Prostitution und unzüchtige Hand-lungen jeder Art.

Die Beweisaufnahme im Untersuchungsausschuss hat– neben den gerade unter Punkt IV. 2., IV. 3. a) und b) ge-schilderten und als Folter zu qualifizierenden Übergriffen –offenbart, dass im Gefangenenlager in Kandahar insbe-sondere die folgenden Vorgaben der Genfer Konventionnicht eingehalten wurden:

– Die Unterbringung von Kriegsgefangenen muss ange-messen und menschenwürdig sein und der der Trup-pen des Gewahrsamsstaats entsprechen. Die ihnen zu-gewiesenen Räume müssen z. B. ausreichend beheiztsein:

Artikel 25 Genfer Konvention

„Die Unterkunftsbedingungen der Kriegsgefangenensollen ebenso günstig sein wie diejenigen der im glei-chen Gebiet untergebrachten Truppen des Gewahr-samsstaates. Diese Bedingungen haben den Sitten undGebräuchen der Gefangenen Rechnung zu tragen unddürfen ihrer Gesundheit keinesfalls abträglich sein.

(…)

Die vorstehenden Bestimmungen beziehen sich na-mentlich auf die Schlafräume der Kriegsgefangenen,

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(…) auch hinsichtlich der Einrichtung und des Bett-zeuges mit Einschluss der Decken.

Die sowohl für die persönliche wie für die gemein-schaftliche Benutzung durch die Kriegsgefangenen die-nenden Räume sollen vollkommen vor Feuchtigkeit ge-schützt und (…) genügend geheizt (…) sein. (…)“

– Auch ihre Ausstattung mit Bekleidung, Wäsche undSchuhen muss ausreichend und den klimatischen Ge-gebenheiten angemessen sein:

Artikel 27 Genfer Konvention

„Kleider, Wäsche und Schuhwerk sind den Kriegsge-fangenen vom Gewahrsamsstaat in genügender Mengezu liefern, wobei dem Klima der Gegend, in der sich dieGefangenen befinden, Rechnung zu tragen ist. (…)“

Unabhängig von der Frage, ob die in Kandahar Gefan-gengehaltenen Kriegsgefangene waren oder nicht: Alleinmit der völlig unzureichend gegen die klimatischen Be-dingungen schützenden Unterbringung der Gefangenenund ihrer mangelhaften Ausstattung mit Kleidung wurdeim Gefangenenlager der FOB Airfield Kandahar schongegen grundlegende Vorgaben des humanitären Völker-rechts verstoßen.

e) Erkenntnis der KSK-Soldaten hinsichtlich der völkerrechtswidrigen Behandlung der Gefangenen

Keiner der KSK-Angehörigen hat – ausweislich der demUntersuchungsausschuss durch das BMVg zugänglich ge-machten Informationen – gegenüber seinen direkten Vor-gesetzten oder gegenüber sonstigen Verantwortlichen ausden Reihen des BMVg Meldung zu den völkerrechts- undmenschenrechtswidrigen Lagerbedingungen gemacht.

Die KSK-Soldaten waren – wie alle deutschen Soldaten –in humanitärem Völkerrecht geschult worden. Zahlreichevon ihnen behaupteten allerdings, sich an ihrem Einsatz inKandahar unmittelbar vorausgehende Unterrichtungen imhumanitären Völkerrecht nicht erinnern zu können. Offenblieb, ob dies daran lag, dass derartige Unterrichtungentatsächlich – entgegen der Darstellung aus dem BMVg –nicht für alle Kontingentangehörigen stattfanden, ob siedidaktisch derart mangelhaft waren, dass ein großer Teilder Soldaten keine Erinnerung mehr an eine Teilnahme andiesen Schulungen hatte, oder ob die fehlende Erinnerungmit mangelndem Interesse, Engagement oder fehlenderAufnahmefähigkeit der KSK-Soldaten zusammenhing.Unabhängig hiervon sind eingehende Kenntnisse des hu-manitären Völkerrechts bei den deutschen Spezialkräften,die an Einsätzen teilnahmen, bei denen mit Gefangennah-men zu rechnen war, vorauszusetzen. Die Schilderungender Soldaten, Verstöße gegen humanitäres Völkerrechtseien ihnen in Zusammenhang mit der Behandlung derGefangenen durch Angehörige der US-amerikanischenStreitkräfte in der FOB Airfield Kandahar nicht aufgefal-len, erweisen sich als offensichtliche Schutzbehauptun-gen. Die KSK-Soldaten schilderten präzise die auch fürsie offensichtlichen Anknüpfungspunkte, aus denen sichdie Völkerrechtswidrigkeit der Behandlung der Gefange-nen ergab – unzureichender Kälteschutz, gezielte Störun-

gen der Nachtruhe, eine grobe, gezielt Furcht einflößendeBehandlung der Gefangenen u. a. beim „In-processing“.Von ihnen war eine zutreffende Einschätzung der Völker-rechtswidrigkeit und Menschenrechtswidrigkeit dieserBeobachtungen zu verlangen. Wenn sie hiervor die Augenverschlossen und noch nicht einmal ihren unmittelbarenVorgesetzten Meldung machten, ist ihnen und damit letzt-lich der Führung des BMVg das vorzuwerfen.

f) Kenntnis der Führungsebene

Sämtliche im Untersuchungsausschuss gehörten KSK-Soldaten behaupteten, ihren Vorgesetzten keine Meldungüber völkerrechtswidrige Zustände im Gefangenenlagererstattet zu haben. Die Vorgesetzten – neben dem Kontin-gentführer und dem Kompaniechef z. B. auch der Leiterder Abteilung Spezialoperationen beim Einsatzführungs-kommando – besichtigten aber das Gefangenenlager undkannten die aus Kandahar übermittelten Meldungen desKontingentführers. Auch sie mussten also zumindest er-kannt haben, dass ein Verstoß gegen das humanitäre Völ-kerrecht jedenfalls in der Unterbringung der Gefangenenohne zureichenden Schutz gegen die Witterungsbedin-gungen, insbesondere die extreme nächtliche Kälte, be-stand.

4. Ungelöstes Problem von Gefangen-nahmen durch KSK-Angehörige im Rahmen der „Operation Enduring Freedom“

Die Beweisaufnahme des Untersuchungsausschusses hatkeine konkreten Anhaltspunkte dafür erbracht, dass deut-sche Soldaten bei ihren Einsätzen selbst Personen gefan-gen genommen haben oder an Einsätzen beteiligt waren,bei denen durch Angehörige anderer Nationen – über ein„bloßes“ vorübergehendes Festhalten zur Identitätsüber-prüfung hinaus – Gefangennahmen erfolgt wären.

Sofern dieses Untersuchungsergebnis der Realität ent-spricht, können sich sowohl die in Afghanistan eingesetz-ten Angehörigen des KSK als auch das Einsatzführungs-kommando der Bundeswehr und das BMVg glücklichschätzen: Eine Beteiligung an Festnahmen von Personen,die an US-amerikanische Stellen übergeben worden wä-ren, wäre völkerrechtswidrig gewesen und hätte im Ein-zelfall auch strafrechtliche Konsequenzen für die an einerFestnahme und Übergabe beteiligten Soldaten nach sichziehen können.

Das KSK wurde Ende 2001 in Einsätze geschickt, die Ge-fangennahmen geradezu erwarten ließen, ohne dass imVorfeld die rechtlichen Konsequenzen belastbar abgeklärtund konkrete Handlungsempfehlungen für die Soldatenformuliert worden waren.

Offensichtlich wollte die Bundesregierung – das BMVg –vermeiden, in eine den USA widerstreitende Position zugeraten. In der Rechtsabteilung des BMVg war erkanntworden, dass eine Überlassung von Gefangenen an US-amerikanische Streitkräfte angesichts des nicht menschen-rechtskonformen Umgangs der USA mit den im Rahmenihres „War on Terror“ festgehaltenen Personen völker-

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rechtswidrig war. Dennoch wurde darauf verzichtet, dieseErkenntnis vernehmbar zu kommunizieren.Bezeichnenderweise existierte bis Frühjahr 2007 keineschriftliche Handlungsanweisung für den Umgang mit imRahmen der „Operation Enduring Freedom“ festgenom-menen bzw. festzunehmenden Personen. Zwar waren die für den Einsatz deutscher Soldaten imRahmen der „Operation Enduring Freedom“ entworfenenRules of Engagement bereits 2001 vom seinerzeitigen Ver-teidigungsminister Scharping gebilligt worden. Die Ruleof Engagement 183, die sich mit Regelungen zur Fest-nahme von Verdächtigen befasste, war von Bundesminis-ter a. D. Scharping aber ausdrücklich unter Leitungsvorbe-halt gestellt und nicht freigegeben worden. Damit blieb dieFrage der Befugnis zur Festnahme von Terroristen unge-löst (Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II, S. 7).Eine zwischen Februar und Juni 2002 seitens des imBMVg für das Völkerrecht zuständigen Referatsleiters(R II 3) mit dem AA, BMJ und BMI abgestimmte Positionwurde vom Leiter der Unterabteilung R II der AbteilungRecht im BMVg, MinDirig Dr. Schwierkus, in Abstim-mung mit dem FüS V verworfen. Der von diesem Unter-abteilungsleiter dann beauftragte Sachbearbeiter aus demVerfassungsrechtsreferat (R II 2) der Abteilung Recht desBMVg erarbeitete in Abstimmung mit MinDirig Dr.Schwierkus im Juli und August 2002 eine rechtliche Stel-lungnahme, die grundlegende Prinzipien des Völkerrechtsaußer Acht ließ. Damit isolierte sich das BMVg gegenüber den anderen indie Beratungen einbezogenen Ministerien. Die neue Posi-tion des BMVg wich von der des AA, BMJ und BMI gra-vierend ab (s. hierzu sogleich ausführlich: Punkt IV. 4. a)). Eine Ressortabstimmung erfolgte nicht – die Führung desBMVg blieb untätig: Weder der seit 19. Juli 2002 amtie-rende Verteidigungsminister Dr. Struck noch die Staatsse-kretäre im BMVg bemühten sich um eine Abstimmung mitdem Außen-, Justiz- oder Innenministerium. Die Vermu-tung drängt sich auf, dass diese Passivität in der Klärungeiner an sich drängenden Frage damit zusammenhing, dassim BMVg klar war, dass die eigene Rechtsposition unver-tretbar war und dass ohne Aufgabe dieser Position auchkeine Einigung mit den anderen Ministerien gefundenwerden könnte. Um diesen Dissens zwischen den Ministerien – mittelbaralso: die Tatsache, dass das BMVg eine rechtlich unver-tretbare Linie verfolgte – zu verdecken, wurden in Abstim-mung mit dem Parlaments- und Kabinettsreferat Anfragender PDS-Bundestagsabgeordneten Heidi Lippmann (die inder 14. Legislaturperiode auch Obfrau der PDS-Fraktionim Verteidigungsausschuss war) sowie des Wehrbeauf-tragten des Deutschen Bundestages vom BMVg gar nichtbzw. mit gezielter Verzögerung und unzutreffend beant-wortet (s. hierzu ausführlich: Punkt IV. 4. c)).

a) Unzulässigkeit einer Übergabe von Gefangenen an die USA

Nach Abstimmung mit dem seinerzeit amtierenden Vertei-digungsminister Rudolf Scharping, begann der in der Ab-teilung Recht des BMVg für den Bereich Völkerrecht zu-

ständige Leiter des Referats R II 3, MinR Dr. Saalfeld, imFebruar 2002 – also erst einige Wochen nach dem erstma-ligen Einsatz von Soldaten der Bundeswehr im Rahmender „Operation Enduring Freedom“ – die Frage einer Zu-lässigkeit von Gefangennahmen durch deutsche Soldatenmit Angehörigen des AA, BMJ und BMI zu erörtern. InAbstimmungsgesprächen, durch Austausch von E-Mails,Vermerken und Positionspapieren wurde ein gemeinsamerStandpunkt der vier Ministerien erarbeitet. Im AA undBMJ war das Ergebnis bis auf Staatssekretärs-Ebene abge-stimmt; im BMI nur bis zum zuständigen Referatsleiter,hier fehlte es noch an einer abschließenden Einbindungdes Staatssekretärs.

Das Ergebnis dieser Beratungen fasste der im BMVg fürden Bereich Völkerrecht zuständige Referatsleiter Dr.Saalfeld in einer „Gutachtlichen Stellungnahme zur Frageder Rechtsgrundlagen für das Ergreifen und das Festhal-ten von verdächtigen Personen bei der Bekämpfung desinternationalen Terrorismus im Rahmen von EnduringFreedom“ (MAT 16 – 14, Anlage 07) vom 3. Juni 2002zusammen: Eine Übergabe von Gefangenen an die USAsei unzulässig, so lange zu befürchten sei, dass diesen Ge-fangenen eine menschenrechtswidrige Behandlung oderdie Todesstrafe drohe oder ihnen nicht in angemessenerZeit justizieller Rechtsschutz gewährt werde:

„Tatsächlich kann gegenwärtig weder in der internationa-len wissenschaftlichen Diskussion noch innerhalb der Re-gierungen der Staatengemeinschaft eine einheitliche Auf-fassung zur Frage des Status von Al Qaida/TalibanMitgliedern nach humanitärem Völkerrecht festgestelltwerden. Dennoch gibt es sowohl nach den gewohnheits-rechtlich anerkannten allgemeinen Menschenrechtsstan-dards als auch nach den Regelungen des humanitärenVölkerrechts einen Bestand von Grundgarantien für vonstaatlicher Seite in Haft/Gewahrsam genommene Perso-nen, der zumindest im Kern deckungsgleich sein dürfte.Diese Grundgarantien sind zwingendes Recht undmüssen deshalb von jeder Gewahrsamsmacht unterallen Umständen beachtet werden.

Der Sprecher des Weißen Hauses – Ari Fleischer – gab ineiner Pressekonferenz am 7. Februar 2002 eine Entschei-dung von Präsident Bush bekannt, wonach die USA denTaliban Kämpfern den Schutz der Genfer Konvention zu-billigen, ohne ihnen allerdings den Status als Kriegsge-fangene zu gewähren. Al Qaida Mitgliedern hingegenwollen die USA nach Auskunft in der Pressekonferenzkeinerlei Rechte nach den Genfer Abkommen zugeste-hen.

Unabhängig von der internationalen Diskussion über dieStatusfrage und die damit verbundene Frage, welcheRechtsgarantien den Internierten letztlich zu gewährensind, müssen sowohl den Al Qaida Mitgliedern wie auchden Taliban Kämpfern in jedem Fall die o. g. menschen-rechtlichen Mindeststandards gewährt werden. (…)

Darüber hinaus schreibt Artikel 75 Abs. 4 ZP I auch Min-destgarantien für Gerichtsverfahren vor, die gegen einePerson mit dem Vorwurf geführt werden, dass diese imZusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt Strafta-ten begangen hat; (…).

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U. a. besteht im Hinblick auf die durch ,Military Order’des US Präsidenten vom 13. November 2001 eingerichte-ten ,military commissions’ die Sorge, dass es sich um Aus-nahmegerichte handeln könnte, die justiziellen Mindest-standards nicht genügen. (…) Bei der Verpflichtung der Mitglieder der Staatengemein-schaft zur Beachtung menschenrechtlicher Garantien imRahmen der Bekämpfung des internationalen Terrorismusbedarf das Problem Todesstrafe besonderer Beachtung. (…)Der britische Verteidigungsminister Geoffry Hoon hat ineiner BBC Radio-Sendung am 11. Dezember 2001 (…)erklärt, dass britische Soldaten, wenn sie Osama BinLaden in AFG gefangen nehmen würden, ihn nur unterder Bedingung an die USA übergeben würden, dass er inden USA nicht hingerichtet wird. H. betonte in diesemZusammenhang, dass UK als Vertragsstaat der EMRKVerdächtige nicht an Länder (mit Todesstrafe) ausliefere,die keine Garantien dafür abgäben, dass sie die Todes-strafe nicht vollstrecken würden. Darüber hinaus hat in diesem Sinne die Vollversammlungder Mitgliedsstaaten des Europarates die Mitgliedstaatender EMRK am 24. Januar 2002 aufgefordert, die Auslie-ferung von Terroristen an Staaten zu verweigern, in denenihnen die Todesstrafe droht, das Risiko von Misshand-lung besteht oder das Risiko von Prozessen besteht, diedie Grundprinzipien der Gerechtigkeit missachten. (…)Ergebnis: (…) D. h. eine festgehaltene Person darf nur an einen an-deren Staat übergeben werden, wenn dort ein menschen-rechtlicher Mindeststandard eingehalten wird, der die Be-achtung des Folterverbots und des Rechts auf Lebeneinschließlich des Verbots der Todesstrafe sowie die Ga-rantie der richterlichen Überprüfung einer die Freiheitentziehenden Maßnahme nach angemessener Zeit beach-tet. Die Durchführung von Strafverfahren muss den o. g.Mindeststandards genügen.“ In einer auf den 6. Juni 2002 datierten Vorlage, die er anden seinerzeitigen Bundesverteidigungsminister Scharpingadressierte, nannte MinR Dr. Saalfeld das Problem nochdeutlicher beim Namen und führte aus: „10 – (…) Es besteht zwischen AA, BMJ und BMVgKonsens darüber, (…) dass eine Übergabe ergriffenerPersonen an die USA rechtlich problematisch wäre, so-lange Zweifel daran bestehen, dass dort die Einhaltunginternational verbindlicher menschenrechtlicher Stan-dards – einschließlich der Nichtanwendung der Todes-strafe – gewährleistet ist. (…) Es wäre deshalb gegenwär-tig rechtlich bedenklich, Personen mit dem Ziel zuergreifen, sie anschließend an die USA zu übergeben.“(MAT 16 – 14, Anlage 07)Nach Einschätzung der Mitarbeiter der Ministerien exis-tierten zu Beginn der „Operation Enduring Freedom“ an-dere – realistische – Möglichkeiten eines Umgangs mit inAfghanistan Gefangengenommenen als eine Übergabe andie USA nicht.

MinR Dr. Saalfeld fuhr daher in seiner Vorlage vom6. Juni 2002 fort:

„12 – Deutsche Unterstützungsleistungen für die USAsollten gegenwärtig nicht die Schwelle des eigenständi-gen Ergreifens von Personen mit anschließender Über-gabe an die USA erreichen. (…)

(…)

14 – Zur Haltung des BMJ im Rahmen der Ressortab-stimmung wird darauf hingewiesen, dass dort zwar – wieim AA – die generelle vom BMVg vorgeschlagene Liniemitgetragen wird, dass aber der im BMJ zuständige Ab-teilungsleiter und StS Dr. Geiger die Auffassung vertretenhaben, dass sich auch bei Unterstützungsleistungen fürdie USA unterhalb der Maßnahme der direkten Übergabeselbst ergriffener Verdächtiger eine deutsche Mitverant-wortung im Falle von Verstößen gegen die Menschen-rechte ergeben könnte.“ (MAT 16 – 14, Anlage 07)

Diese gutachtliche Stellungnahme wurde von einem Un-terabteilungsleiter im BMVg, MinDirig Dr. Schwierkus,angehalten – in Abstimmung mit dem Leiter der Stabsab-teilung V beim Führungsstab der Streitkräfte, GeneralManfred Engelhardt. Nach den Angaben aller im Unter-suchungsausschuss hierzu vernommenen Zeugen er-reichte die Vorlage Verteidigungsminister Scharping nichtmehr.

MinR Dr. Saalfeld erklärte den Vorgang im Untersu-chungsausschuss (Stenografisches Protokoll Nr. 19,Teil II, S. 7 ff., S. 12, S. 21):

„Ich als für die völkerrechtlichen Fragen verantwortlicherReferatsleiter hatte sehr große Zweifel, dass, wenn wirGefangene an die Amerikaner übergeben hätten, dieAmerikaner dort Menschenrechtsstandards zugrunde ge-legt hätten, die mit unseren völkerrechtlichen Verpflich-tungen als Bundesrepublik Deutschland deckungsgleichgewesen wären.

Diese Zweifel sind mir dann auch im Rahmen derRessortabstimmung, die wir für diese Fragen vorgenom-men hatten, vom BMJ und BMI, aber letztlich auch vomAuswärtigen Amt, das mit uns wegen der Einsatzbezo-genheit immer etwas näher verbunden war, bestätigt wor-den, sodass ich wirklich Zweifel hatte, dass man das ver-antworten konnte.

Dadurch, dass diese Rule 183, Festnahme, nicht freigege-ben worden war, blieb die Frage der Befugnis zur Fest-nahme von Terroristen (…) zunächst ungelöst. Da abernicht nur am Horn von Afrika ein Marineeinsatz durchge-führt wurde, sondern eben auch, wie allen bekannt ist,KSK-Kräfte in Afghanistan waren, stellte sich natürlichim Zusammenhang mit dem Einsatz der KSK-Kräfte dieFrage der Festnahme viel dringlicher. (…)

Wir haben uns dann über die Festnahmerechte abge-stimmt im Ressortkreis, (…) im Zusammenhang mit demEinsatz (…) deutscher Kräfte in Afghanistan. (…)

Deswegen habe ich ein Gutachten ausgearbeitet, das ichmit den erwähnten Ressorts abgestimmt habe. Ich habedann nach dieser Ressortabstimmung mit dem GeneralEngelhardt – das war der damalige Stabsabteilungsleiterder Stabsabteilung V des Fü S, die für Einsatz zuständig

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 159 – Drucksache 16/10650

ist, diese Problematik besprochen, habe ihm vom Ergeb-nis der Ressortabstimmung berichtet und habe ihm ge-sagt, dass ich dem Minister angesichts des Ergebnissesder Ressortabstimmung vorschlagen werde, deutschenKräften nicht zu gestatten, eventuelle Gefangene an dieAmerikaner zu übergeben, aus den dargestellten Zweifelnan der menschenrechtskonformen Behandlung.

Darauf hat mir General Engelhardt gesagt, das, was ich davorhätte, sei seiner Ansicht nach das Brisanteste, was ihmin seiner bisherigen dienstlichen Laufbahn begegnet sei,und ob ich wisse, dass mein Unterabteilungsleiter andererAnsicht, was die rechtlichen Fragen angeht, sei als ich.*Daraufhin habe ich ihm gesagt, dass ich das wisse, ichaber selber davon überzeugt sei, dass man nicht andershandeln könne, und auf der anderen Seite mich auch des-halb eigentlich in einer ganz guten Position mit meinerRechtsansicht fühlte, weil ja der Sachverstand der ande-ren beteiligten Ressorts mich bestätigte in meiner Auffas-sung. Es war ja – ich sage es einmal etwas salopp – nichtdie Rechtsauffassung irgendeines wild gewordenen Refe-ratsleiters, sondern es war immerhin die Rechtsansichtder Experten von vier Bundesressorts, und da fühlte ichmich eigentlich in einer ganz komfortablen Position.

Ich bin dann am Tage nach der Besprechung mit GeneralEngelhardt, bei der übrigens – das muss ich noch dazu sa-gen –, wenn ich mich richtig erinnere, drei seiner Offi-ziere, seine Referatsleiter und der damalige Rechtsberatervon Herrn Engelhardt mit anwesend waren, zu HerrnSchwierkus gegangen, meinem damaligen Unterabtei-lungsleiter, habe ihm das Ergebnis des Gespräches vorge-tragen, und ich hatte den Eindruck, dass Engelhardt undSchwierkus miteinander auch schon nach der Bespre-chung telefoniert hatten, wo dann eben auch die Proble-matik meiner Rechtsauffassung dargestellt wurde.

Herr Schwierkus blieb bei seiner Ansicht, dass er das,was ich vorhatte, dem Minister zu berichten, für zu res-triktiv hielt und dass er anderer Rechtsansicht sei, dass erdas als völkerrechtlich nicht geboten ansehe. Daraufhinhabe ich versucht, ihn zu überzeugen. (…) Für mich istdas nicht nur ein fachlich-juristisches Anliegen gewesen,sondern für mich war das auch ein moralisches Anliegen,und zwar einmal, was die Einhaltung der Menschenrechteals Rechtsstaat generell angeht (…), aber insbesondereauch der Zusammenhang, dass man anderenfalls Soldatenin eine unklare Rechtssituation schicken würde, mit derHypothek belastet, eben anschließend wegen irgendwel-cher Handlungen strafrechtlich belangt zu werden. (…)

Ich habe ihm gesagt, stellen Sie sich einmal vor, KSK-Kräfte machen in Afghanistan Gefangene, übergeben siean die Amerikaner, die Amerikaner bringen sie nachGuantánamo, foltern sie dort, und dann kommen sie nachJahren dort aus Guantánamo wieder heraus und erzählender deutschen Presse, dass sie von deutschen Kräften andie Amerikaner übergeben worden sind. (…)

Daraufhin hat Herr Schwierkus mir entgegnet, das seiihm egal; ihm sei egal, was in Afghanistan mit irgendei-nem Esels- oder Kameltreiber passiere. (…)*

Ich habe dann dennoch, obwohl wir eben unterschiedli-cher fachlicher Auffassung waren, diese Ministervorlagevom 6. Juni geschrieben (…), habe sie auf den Dienstweggegeben. (…) Dann erfuhr ich nach einigen Tagen – dassprach sich herum –, dass Herr Schwierkus diese Vorlagenicht an die Leitung weitergegeben hatte.

(…) Er hat die Weisung gegeben, dass ich in Einsatzfra-gen nicht mehr beraten soll. Das heißt, er hat zum Bei-spiel das Referat R II 2 – das ist das Verfassungsrechtsre-ferat, das aber auch mit Einsatzfragen wegen derverfassungsrechtlichen Implikationen zu tun hatte – be-auftragt, ein Gegengutachten zu dem Gutachten zuschreiben, das Sie vielleicht von mir aus den Akten ken-nen, um dort eine andere Rechtsauffassung zum Aus-druck zu bringen.

(…) meine Vorlage war unter den Ressorts abgestimmt inder beschriebenen Weise, und die Gegenvorlage, die durchHerrn Dr(…)** erstellt worden war, die eben der Ressort-auffassung der anderen Ressorts diametral entgegenstand– Die billigten das nicht. Der Herr Dr(…)** hat – daswusste ich aus Erzählungen – den Versuch unternommen,seine Vorlage dann auf Weisung von Herrn Schwierkus mitden Ressorts abzustimmen; aber dann hätten die genau dasGegenteil von dem behaupten müssen, was sie ein paarTage vorher noch zu meiner Vorlage gesagt haben. Deswe-gen war das, was Herr Dr(…)** aufgeschrieben hat, nichtMeinung der Ressorts, sondern nur die Meinung vonHerrn Dr(…)** und Herrn Schwierkus.“

MinDirig Dr. Schwierkus räumte auf Nachfrage im Un-tersuchungsausschuss ein, keine eigene Fachkompetenzim Bereich des Völkerrechts zu besitzen (StenografischesProtokoll Nr. 19, Teil II, S. 43). Die von ihm gegen dieRechtsauffassung von MinR Dr. Saalfeld vorgebrachtenErklärungsansätze überzeugten weder logisch noch juris-tisch. Die Vernehmungen von MinDirig Dr. Schwierkusund MinR Dr. Saalfeld durch den Untersuchungsaus-schuss bestätigten, was sich bereits aus den dem Untersu-chungsausschuss vom BMVg, BMJ und AA vorgelegtenAkten erschließen ließ:

Die Bundesregierung erkannte die rechtliche Problematikeiner Involvierung in Festnahmen und einer Übergabevon Gefangenen an die USA überdeutlich, wollte sichaber nicht durch rechtliche Vorgaben darin behindern las-sen, auf internationaler Ebene endlich militärisch wiedereine Rolle zu spielen.

Der von MinDirig Dr. Schwierkus mit der weiteren Bear-beitung der Rechtsfrage beauftragte Sachbearbeiter desReferats Verfassungsrecht (R II 2) der Abteilung Recht desBMVg verstieg sich – vermutlich ganz im Sinne seinesMentors, des Unterabteilungsleiters Dr. Schwierkus – ineinem als „2. Entwurf“ bezeichneten Vermerk vom 15. Juli2002 (MAT 16 – 14, Anlage 07) zu dem „Argument“:

„Ließe die Bundesrepublik Deutschland andererseits dieZusammenarbeit mit den USA und anderen Koalitions-streitkräften bei der Ergreifung der Terroristen an der Pro-

* Red. Anm.: Vgl. Erster Teil, B, Ziff. VIII., Nr. 2 ** Name mit Rücksicht auf den Betroffenen nicht ausgeschrieben

Drucksache 16/10650 – 160 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

blematik einer möglichen Todesstrafe in Einzelfällenscheitern, würde sie nicht nur auf eine effektive Bekämp-fung der fortdauernden Bedrohung durch den internationa-len Terrorismus, sondern auch – obwohl deutsche Kräftedies können – auf einen effektiven Beitrag zur Verhinde-rung weiterer Anschläge wie am 11. September 2001 ver-zichten und damit die fortdauernde Bedrohung hinneh-men.“

Anzunehmen ist allerdings auch, dass diese Formulierungden Standpunkt ihres Verfassers sowie – mutmaßlich –den von MinDirig Dr. Schwierkus etwas zu drastisch um-riss. Jedenfalls hat diese Passage den Weg in das auf den7. August 2002 datierte Gutachten (MAT 16 – 14, Anlage 07)des Sachbearbeiters im Referats R II 2 des BMVg in sei-ner – soweit uns bekannten – Endfassung nicht gefunden.

Auch die weiteren Rechtsauffassungen des mit derNeufassung des Gutachtens betrauten Sachbearbeiters desReferats R II 2 dürften aber auf der Linie der von HerrnDr. Schwierkus deutlich gemachten Erwartungen gelegenhaben:

„2. Rechtliche Wertung

Die Rechtsauffassung von AA und BMJ wird nicht ge-teilt.

(…)

g) (…) Eigenen Gewahrsam an ergriffenen mutmaßli-chen Terroristen für die Bundesrepublik Deutschlandbegründen sie nicht, obwohl sie hierzu berechtigt wä-ren. Gewahrsam begründen allein die USA, die diesePersonen übernehmen und als einzige Nation bisherin Kandahar und Guantánamo Einrichtungen ge-schaffen haben, die diese Personen aufnehmen kön-nen. (…) Unklar ist auch, nach welchen Verfahrens-regeln später Strafverfahren durchgeführt werden,welche Beweismittel zugelassen werden, welcherBeweiswert ihnen zukommt, ob sie zu einer Verurtei-lung ausreichen und ob das Urteil ein Freispruch, dieVerurteilung zu einer Haftstrafe oder zum Tode seinwird. Wenn AA/BMJ befürchten, jedem in US-Haftbefindlichen Gefangenen drohe die Todesstrafe, unddaraus folgern, deutsche Soldaten dürften ergriffenePersonen nicht an US-Stellen ,ausliefern’, so ist diesnicht nachvollziehbar, weil eine zuverlässige Beurtei-lung dieser schwierigen Fragen – zumal zum Zeit-punkt des Zugriffs – geradezu hellseherische Fähig-keiten verlangte.

h) Selbst wenn einem ergriffenen Terroristen in einemStrafverfahren die Todesstrafe drohte, wäre das Mit-wirken deutscher Soldaten an seiner Ergreifung unddie weitere Behandlung durch die USA nicht als Ver-stoß gegen geltendes Völkerrecht oder deutschesRecht zu werten. (…)

j) (…) Zusammenfassend kann die schwierige, beimZugriff ohnehin kaum mögliche Prognose, welcheStrafe welcher ergriffenen Person in den USA irgend-wann einmal droht, selbst von Spitzenjuristen nichtgetroffen werden. Sie – wie von AA/BMJ gefordert –den im Einsatz befindlichen Soldaten aufzubürden,

hieße Unmögliches verlangen. (…) Deshalb kanndie Entscheidung nur lauten, den Einsatz wie bis-her fortzusetzen.“

(MAT 16 – 14, Anlage 07 – Rechtsgutachten i. d. F. vom7. August 2002)

Den Effekt dieser im BMVg einseitig geänderten Rechts-position schilderte Dr. Schwierkus als Zeuge im Untersu-chungsausschuss:

„Eine Leitungsvorlage in dem Sinne ist nicht gemachtworden. Die ist auch nicht mehr von uns verlangt worden.

(…); wir haben den Ressortkonsens noch nicht, der lässtsich auch nicht herstellen. (…) Die Arbeitsebene ist prak-tisch nicht mehr in der Lage, ihn herzustellen, weil Staats-sekretäre aufseiten der anderen Häuser schon agierten.(…) Da kann ja das eigene Haus nicht mehr die Meinunguntergraben, sondern das kann nur die Leitung ändern,wenn sie der Meinung ist, es muss so geschehen.“ (Steno-grafisches Protokoll Nr. 19, Teil II, S. 29/30)

Und ergänzte an anderer Stelle seiner Vernehmung:

„Soweit ich mich erinnern kann, war die Leitung desHauses an der Lösung dieser Probleme nicht mehr inte-ressiert. Wir haben unser Gutachten, aus dem sich derDissens ergab, ja nach oben gegeben. (…)

Herr Scharping hatte damals den Auftrag gegeben, dieseFrage im Ressortkreis zu klären. Er hatte als Minister denAuftrag gegeben; es ist auch danach nicht mehr gefragtworden, nachdem wir im Bereich StaatssekretärBiederbick gesagt haben: Okay, das können wir in dieserForm nicht goutieren; das halte ich nicht für sachgerecht.(…) Aber ich kann ja auch nicht sagen: Ich wünsche eineKlärung von Fragen, denen bestimmt nicht MinisterStruck ausweichen wollte, aber die er für nicht klärungs-würdig hielt.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II,S. 43)

Die „Leitung des Hauses“ – Verteidigungsminister a. D.Dr. Struck – behauptete in der Vernehmung durch denUntersuchungsausschuss:

„Ich kenne auch keinen Streit zwischen Ressorts über dierechtliche Frage. Den kenne ich so nicht; das ist mir nichtvorgelegt worden. Weder hat mich mein Kollege OttoSchily angesprochen noch Frau Zypries oder wer auchimmer, zu der Frage, ob man in irgendeiner Weise gegenVölkerrecht verstößt. Ich bin davon ausgegangen – auchnach den Vorträgen aus dem Hause –, dass diese rechtli-che Frage geklärt ist.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 13,Teil II, S. 47)

Eine eindeutige Anweisung an die KSK-Angehörigen er-ging nicht. Erst am 26. April 2007 – offenbar veranlasstdurch die Beweiserhebungstätigkeit des Untersuchungs-ausschusses und entsprechende Anträge im Verteidi-gungsausschuss – wurde im BMVg ein schriftlicher Be-fehl zur Frage von Gefangennahmen formuliert.

Der seinerzeitige Staatssekretär Biederbick erklärte imAusschuss (Stenografisches Protokoll Nr. 13, Teil II,S. 13, 32), das Problem habe sich für ihn als rein akade-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 161 – Drucksache 16/10650

misches ohne jede praktische Relevanz dargestellt. Dabeiging er allerdings von falschen Voraussetzungen aus: Erbehauptete, die KSK-Soldaten hätten in Afghanistan nurAufklärungsaufträge (Special Reconnaissance) ausge-führt. Die ihnen verliehene Befugnis auch an Kampfein-sätzen (direct action) teilzunehmen, sei nur zur Selbstver-teidigung benötigt worden. Daher sei nicht zu erwartengewesen, dass deutsche Soldaten im Rahmen der „Opera-tion Enduring Freedom“ jemals selbst Gefangene nehmenwürden. Dabei überging der Staatssekretär schon die Tat-sache, dass Bundeswehrangehörige auch am Horn vonAfrika eingesetzt waren, nicht nur in Kandahar. Unzutref-fend ist allerdings auch die Einschätzung zur Einsatztätig-keit des KSK-Kontingents: Die KSK-Soldaten waren ak-tiv in Missionen eingebunden, in denen ihre Fähigkeit„Direct Action“ (offensive zielgerichtete Einsätze, umPersonen festzunehmen, Einrichtungen in Besitz zu neh-men oder zu zerstören) auch abgerufen wurde. Die Aus-führungen des Staatssekretärs a. D. belegen also, dass erentweder schlecht informiert war, oder sich darum be-mühte, vor dem Untersuchungsausschuss wesentliche As-pekte zu verschweigen.

Demgegenüber hatte Herr MinR Dr. Saalfeld dem Aus-schuss aber nicht nur – wie oben schon zitiert – von derWahrscheinlichkeit berichtet, dass KSK-Soldaten in dieLage kommen könnten, Gefangene zu nehmen. Er schil-derte auch:

„Ich hatte gute Verbindungen zum Ministerbüro damals,2002, weil ich 1999 ein halbes Jahr lang (…) den Bürolei-ter von Scharping vertreten hatte (…). Deswegen kannteich die Leute in der Leitung. Ich habe damals diese The-matik und solche Dinge mit Herrn Thießen besprochen,und ich hatte Herrn Thießen auch diese Vorlage, die HerrSchwierkus nicht weitergeleitet hatte, übersandt, und ichhabe ihm auch diese Problematik erläutert (…).“ „(…) Was Herr Thießen dann mit der Vorlage gemachthat oder ob das im Ministerbüro diskutiert worden ist, daskann ich nicht sagen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 19,Teil II, S. 12, S. 15)

Bei seiner Vernehmung im Untersuchungsausschuss gabBundesminister a. D. Scharping an, von einer derartigenVorlage oder auch nur von zwischen den Ressorts und derAbteilung Recht des BMVg (bzw. deren Referaten) präzi-sierten Vorstellungen keinerlei Kenntnis zu haben.

Sein ehemaliger Büroleiter Thießen schilderte sein Tätig-keitsspektrum als ausschließlich verwaltend auf die Büro-organisation bezogen. Die zusammenfassend an ihn ge-richtete Frage „wenn ich es richtig verstanden habe,haben Sie zwar im Ministerium während dieser schwieri-gen Phase sehr viel beobachtet, es ging sehr viel an Ihnenvorbei, aber Sie haben inhaltlich keine Informationen be-kommen“ bejahte er schlicht (Stenografisches ProtokollNr. 14, Teil II, S. 30).*

Andererseits erklärte er aber auf die Frage nach fehlendenRules of Engagement: „Nein, zu dem damaligen Zeitpunkt, nein. Aber natürlichhaben wir in den späteren Monaten über die Fragen unter-

einander diskutiert: Was bedeutet das? Was ist die Grund-lage? Aber das sind Dinge, die in den ersten Monaten inmeinem Zusammenhang keine Rolle gespielt haben. (…)Das sind Dinge, die wir danach durchaus besprochen ha-ben. Ich sage, dass das vielleicht ein Dreivierteljahr langdanach eine Rolle gespielt hat. Aber zu diesem Zeitpunktdort, Monate nach diesen – während also der erste Einsatzdort stattfand – hat dieses schlechterdings keine Rolle ge-spielt, jedenfalls nicht im Verantwortungsbereich des Bü-roleiters.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 14, Teil II, S. 29)

Das lässt sich als kryptische Umgehung einer präzisenAntwort und einer Stellungnahme zum „eigentlichen“Problem lesen: „Ein Dreivierteljahr“ nach dem Beginnder deutschen Beteiligung an der „Operation EnduringFreedom“ war Rudolf Scharping als Verteidigungsminis-ter bereits abberufen und Jörn Thießen als Büroleiter er-setzt worden – durch Birgitt Heidinger als Büroleiterinvon Verteidigungsminister Dr. Struck.

Beide Minister haben geleugnet, während ihrer jeweiligenAmtszeit darüber informiert worden zu sein, dass dieRechtsfrage „Zulässigkeit von Festnahmen“ ungeklärt ge-blieben war. Wenn diese Aussagen stimmen, heißt diesnur, dass sie auch keinerlei Anlass sahen, sich dieser Frageüberhaupt zuzuwenden. Daraus jedoch ist der Schluss zuziehen: Beide Minister sind mit der völkerrechtlich rele-vanten Gefangenenproblematik fahrlässig, ja verantwor-tungslos umgegangen.

b) Festhalten/FestnehmenDer unaufgelöste Konflikt zwischen dem dringendenWunsch der deutschen Regierung, auf internationalerEbene militärische Bedeutung zu erlangen, und den damitverbundenen völkerrechtlichen Problemen veranlasste diemit der Beteiligung des KSK an der „Operation EnduringFreedom“ befassten Akteure zu – verbalen – Gratwande-rungen.

Unter anderem den im Zweiten Teil (Feststellungsteil)dieses Abschlussberichts wiedergegebenen Zeugenaussa-gen ist zu entnehmen, dass offizielle Linie des BMVg diewar, dem KSK aufzugeben, aufgegriffene Personen an dieUS-Armee zu übergeben, dabei aber keine „eigenen“ Ge-fangenen zu machen.

Im Bemühen, dem Bündnispartner weitestmöglich entge-genzukommen, gleichzeitig aber den Schein der (Völker-)Rechtsförmigkeit des eigenen Handelns zu wahren, ver-legte man sich auf den Versuch einer Differenzierungzwischen (einerseits) dem „Festhalten“ von Personen, an-dererseits ihrer „Festnahme“, gleichbedeutend mit ihrer„Gefangennahme“ durch „Begründung eigenen Gewahr-sams“.

Die mangelnde Praktikabilität dieses (gegenüber dem Un-tersuchungsausschuss behaupteten) „Lösungsansatzes“spiegelte sich überdeutlich in den Aussagen der vor demUntersuchungsausschuss gehörten Zeugen. Bei den Kon-tingentsoldaten – denjenigen also, denen sich als erste dieFrage gestellt hätte, wie sie mit einer von ihnen aufgegrif-fenen Person verfahren sollten – ließ sich im Untersu-chungsausschuss kein Konsens und noch nicht einmal* Red. Anm.: Vgl. Erster Teil, B, Ziff. VIII., Nr. 2

Drucksache 16/10650 – 162 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

eine Mehrheitsmeinung zur Frage des Umgangs mit Ge-fangenen ausmachen. Offensichtlich hatte sich ihnen derAbgrenzungsbedarf nicht allzu deutlich erschlossen. Aberselbst ranghohe Vertreter des BMVg waren mit derGrenzziehung nicht vertraut, wie sich aus der Aussagedes ehemaligen Generalinspekteurs Kujat im Untersu-chungsausschuss ergab:

„Ich hätte es vorgezogen, wenn wir vor Beginn des Ein-satzes die Frage der Gefangenen geregelt gehabt hätten,und zwar in einer zentralen Dienstvorschrift. (…) Das istnicht geschehen. (…)

Aber es wurde dann entschieden, dass diese, wenn es zuGefangennahmen kommen sollte, sofort an die Amerika-ner übergeben werden; möglicherweise auch deshalb,weil eine solche Regelung nicht vorhanden war. (…)

Es ist nach meiner Erinnerung richtig, dass über die Frageder Behandlung von Gefangenen nur in diesem Zusam-menhang gesprochen wurde und nicht im Detail darüber,wie sich die einzelnen Soldaten zu verhalten hätten.“ (Ste-nografisches Protokoll Nr. 18, Teil II, S. 8)

Sobald die im Untersuchungsausschuss gehörten Zeugenaufgefordert wurden, die Kriterien der propagierten Dif-ferenzierung zwischen Festhalten und Festnehmen anzu-geben, gerieten sie sämtlich ins Schwimmen. Auch daslässt sich andeutungsweise bereits den Feststellungen imZweiten Teil dieses Abschlussberichts entnehmen, wou. a. die Einschätzung des ehemaligen Kommandeurs desKSK, Brigadegeneral a. D. Günzel (Stenografisches Pro-tokoll Nr. 11, Teil II, S. 10), wiedergegeben wird: Der er-betene Rechtsrat zur Frage der Festnahmen

– „nicht festnehmen, sondern festhalten, bis sie durchamerikanische Soldaten festgenommen werden“ – sei ein

„rechtlicher Ausweg“

gewesen. Und auf unsere konkrete Nachfrage, ob derZeuge einen Unterschied zwischen „Festhalten“ und„Festnehmen“ ausmachen könne, entgegnete dieser:

„De facto besteht kein Unterschied. Ich mit meinem ein-fachen juristischen Verständnis sehe keinen.“ (Stenografi-sches Protokoll Nr. 11, Teil III, S. 17)

Auch der im Untersuchungsausschuss vernommene Un-terabteilungsleiter der Abteilung Recht im BMVg,Dr. Schwierkus, konnte keinen Rechtsrat zur Lösung die-ses Differenzierungsproblems anbieten: Er verwies aufeine

„rein gefühlsmäßige“

Abgrenzung zwischen Festhalten und Festnehmen und er-klärte, eine „Legaldefinition“ der beiden Begriffe „sehe“er nicht (Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II, S. 33).

Und sogar der seinerzeitige Verteidigungsminister Schar-ping behauptete bei seiner Vernehmung im Untersu-chungsausschuss, eine den KSK-Soldaten nahegelegteUnterscheidung zwischen „Festnehmen“ und „Festhal-ten“ sei ihm nicht bekannt, und befand, ein solcher Diffe-renzierungsansatz komme ihm „etwas arg fein ziseliert“vor (Stenografisches Protokoll Nr. 15, Teil II, S. 23).

In all dem offenbart sich überdeutlich, dass die offizielleLinie – Festhalten ja, Festnehmen nein – allenfalls eindefinitorischer Ansatz war, der letztlich keine unter-schiedlichen Handlungsmuster bei den KSK-Angehöri-gen auslöste und hierzu auch nicht geeignet war.

Selbst wenn die Bundeswehr sich bemühte, nominalrechtmäßig zu agieren, wäre ein nach den Vorgaben desBMVg bewirktes „Festhalten“ faktisch eine Festnahme,und die Übergabe einer gefangen genommenen Person andie US-Armee weiterhin völkerrechtswidrig gewesen.

Das hat offenbar auch das BMVg erkannt: In dem am26. April 2007 ergangenen Befehl zur „Behandlung vonPersonen, die bei Auslandseinsätzen von deutschen Solda-tinnen oder Soldaten in Gewahrsam genommen (festge-halten oder festgenommen) werden“, wird die künstlicheDifferenzierung zwischen „Festhalten“ und „Festnehmen“aufgegeben.

c) Nicht-Information der MdB Heidi Lippmann und herausgezögerte Fehlinformation des Wehrbeauftragten

In das – gerade zu IV. 4. a) und b) offengelegte – im Juni2006 in der Rechtsabteilung des BMVg ausgelöste recht-liche und faktische Vakuum hinein traf am 30. Juni 2002beim BMVg eine Anfrage des Wehrbeauftragten desBundestages vom 27. Juni 2002 ein (MAT 16 – 32; MAT16 – 14, Anlage 07). Vor dem Hintergrund verschiedenerPresseveröffentlichungen wollte der Wehrbeauftragtewissen, ob Gefangennahmen beim Afghanistaneinsatzder Bundeswehr rechtlich abgesichert seien:

„Während der vergangenen Wochen wurde in verschiede-nen Presseveröffentlichungen wiederholt die Frage nachden rechtlichen Grundlagen für die im Afghanistaneinsatzeingesetzten Soldaten des Kommandos Spezialkräfte(KSK) aufgeworfen. Insbesondere wurden die Maßnah-men zur Gefangennahme der Taliban- und Alkaida-Kämp-fer bis hin zur Überführung in das Gefangenenlager nachGuantánamo Bay hinsichtlich der rechtlichen Vorausset-zungen und möglichen Folgen für die daran beteiligtendeutschen Soldaten kritisch hinterfragt.“

Die Reaktion beim BMVg war: Auf die Anfrage des Wehr-beauftragten zunächst gar nicht zu reagieren und sie nachwiederholtem Drängen seitens des Wehrbeauftragten erstim November 2002 (formal) zu beantworten, dabei aberdie wesentlichen rechtlichen Probleme in Zusammenhangmit Gefangennahmen, die gerade Hauptgegenstand derAnfrage waren, komplett zu übergehen.

In den Unterlagen, die dem Untersuchungsausschuss vomBMVg zur Verfügung gestellt wurden, findet sich ein ers-ter Vermerk vom 22. August 2002 (MAT 16 – 14, Anlage07), aus dem deutlich hervorgeht, dass die Beantwortungder Anfrage des Wehrbeauftragten zielgerichtet verzögertwurde, um nicht offen legen zu müssen, dass die Rechts-ansicht des BMVg zur Frage der Zulässigkeit von Gefan-gennahmen höchst zweifelhaft war und deutlich von derPosition des BMJ, AA und BMI abwich.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 163 – Drucksache 16/10650

Dem Vermerk ist zu entnehmen:

„Gegenstand des Vorgangs ist die Anforderung einer Stel-lungnahme zu den Rechtsgrundlagen für den Einsatz derKSK-Kräfte in Afghanistan. Es handelt sich in der Sachebereits um eine Erinnerung, da der eigentliche Bezugs-vorgang auf den 30. Juni 2002 datiert ist.

Bearbeitungshinweis: Nach Weisung UAL R II“ [hierbeihandelte es sich um MinDirig Dr. Schwierkus] „sollte zu-nächst die Teilnahme BM an der Sitzung des Vtg-Aus-schusses und möglicher Äußerungen zu diesem Themaabgewartet werden. Eine Nachfrage bei Frau LRD’inKö(…)*, ParlKab, hat ergeben, dass BM sich hierzu imAusschuss nicht geäußert hat und der Inhalt eines Ge-sprächs BM mit den Obleuten Vtg-Ausschuss (darunterauch MdB Lippmann, PDS) im Anschluss hieran nichtbekannt ist.

Vor diesem Hintergrund ist erneut zu entscheiden, wie dieAnfrage des WB zu behandeln ist.

(…) In Gesprächen Unterzeichner und UAL R II mitLRD’in Kö(…)* von ParlKab v. 21. August 2002 wurdeverdeutlicht, dass die Offenbarung eines Dissenses inner-halb der BReg (AA/BMJ versus BMVg) vermieden wer-den sollte. Wenn irgend möglich, sollte die Beantwortungweiter hinausgezögert werden.“

Im Anschluss entwickelte sich eine rege E-Mail-Korres-pondenz zwischen Angehörigen der Abteilung Recht desBMVg sowie des Parlaments- und Kabinettsreferats (ParlKab). Dabei ging es darum, die Beantwortung der An-frage des Wehrbeauftragten sowie einer Anfrage derPDS-Abgeordneten Heidi Lippmann bis zum Ablauf derLegislaturperiode hinauszuschieben, zugleich die Posi-tion des Bundesverteidigungsministers Dr. Struck zu er-gründen und das weitere Vorgehen mit dem Ministerbüroabzustimmen.

Ein weiterer Kommunikationsstrang bildete sich zwi-schen Mitarbeitern des BMVg: Es wurde eine Stellung-nahme für den Wehrbeauftragten formuliert, die – s. o. –möglichst wenig von den sich in Zusammenhang mit Ge-fangennahmen stellenden Problemen erkennen lassensollte.

In einer E-Mail vom 27. August 2002 übermittelte einMitarbeiter des Referats R II 2 in der Rechtsabteilung desBMVg etwa eine Stellungnahme aus dem Parlaments-und Kabinettsreferat an den Leiter des Referats R II 2 inder Rechtsabteilung des BMVg:

„Anruf von LRD’in Kö(…)* (K.), ParlKab v. 27. August2002

Frau K. teilt mit:

– Der noch offene Auftrag Parl Kab – Beantwortung ei-ner Anfrage der MdB Lippmann, PDS – wurde auf derGrundlage des vorgelegten Rechtsgutachtens R II 2mit Leiterin Ministerbüro erörtert. Hierbei zeichnetesich die Tendenz ab, wegen des im Gutachten sichtbar

werdenden Dissens der Rechtsauffassungen AA/BMJeinerseits und BMVg andererseits keine Beantwortungder Anfrage noch in dieser Legislaturperiode ins Augezu fassen.

– Allerdings hat sich die Leiterin Ministerbüro vorbe-halten, hierüber nochmals nach Lektüre des Rechtsgut-achtens abschließend zu entscheiden.“ (MAT 16 – 14,Anlage 07)

Bezeichnend vor dem Hintergrund dieser offensichtlichenEinbindung des Ministerbüros – nämlich der Büroleiterin,Frau Heidinger**, – ist, dass auch diese Zeugin bei ihrerVernehmung im Untersuchungsausschuss am 13. Juni2007 behauptete, inhaltlich so gut wie keine anderenKenntnisse als das in Obleute-Sitzungen Vorgetragenebzw. „keine Erinnerung“ zu haben. Auf Vorhalte und dezi-dierte Fragen zum soeben aufgezeigten Themenkomplexantwortete die Büroleiterin stets mit der gleichen Ten-denz:

„Ich weiß nichts über in Gewahrsam genommene Gefan-gene. Daraus resultiert auch, dass ich darüber hinaus kei-nerlei Vorlagen kenne.“

„Ich kann mich an kein Schreiben des Wehrbeauftragtenan den Minister erinnern. Sie hatten eben auch gesagt, dassei ein Schreiben des Wehrbeauftragten an das Haus. Icherinnere mich nicht an einen solchen Vorgang.“

„Ich kann eigentlich definitiv ausschließen, dass es aufMinisterebene einen Schriftwechsel gegeben hat; dennder wäre mir ja zur Kenntnis gekommen.“ (Stenografi-sches Protokoll Nr. 13, Teil II, S. 7, 8, 9)

Am 15. Oktober 2002 versandte eine zwischenzeitlich zu-ständig gewordene Sachbearbeiterin im Referat R II 2 derAbteilung Recht des BMVg eine E-Mail an die Leitungdes Verteidigungsministeriums. Dieser lässt sich entneh-men, dass neben dem Parlaments- und Kabinettsreferatund dem Ministerbüro auch der Staatssekretär Dr. Stützlein den Vorgang involviert war:

„Thema: Behandlung von mutmaßlichen Terroristen, diein AFG (…) ergriffen werden

(…)

Sehr geehrter Herr Ni(…)***,

in der Anlage übersende ich das Gutachten meines Vor-gängers zu den o. g. Rechtsfragen, das in gleicher bzw.gleich gelagerter Sache bereits ParlKab, dem Büro Dr.Stützle und dem Büro Minister vorgelegen hat. Ange-sichts des Dissenses gegenüber den Rechtsauffassungenvon BMJ und AA sind von BMVg bisher Anfragen nachaußen (Wehrbeauftragter und MdB Lippmann) nicht be-antwortet worden. Zuletzt (27.08.02) hatte sich die Leite-rin Ministerbüro gegenüber ParlKab vorbehalten, nachLektüre dieses Gutachtens abschließend zu entscheiden,ob die Anfrage von MdB Lippmann (PDS) beantwortetwerden solle. Nach Rücksprache mit Frau Kö(…) ist

* Name mit Rücksicht auf die Betroffene nicht ausgeschrieben** Red. Anm.: Vgl. Erster Teil, B, Ziff. VIII., Nr. 2*** Name mit Rücksicht auf den Betroffenen nicht ausgeschrieben

Drucksache 16/10650 – 164 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

diese Entscheidung auch für die Behandlung der WB-An-frage weiter relevant. (…)“ (MAT 16 – 14, Anlage 07)

Die neue Sachbearbeiterin war in den folgenden Wochendamit befasst, das – oben (Punkt IV.4.a am Ende) aus-zugsweise zitierte – „Rechtsgutachten“ ihres Vorgängersim Referat R II 2 der Rechtsabteilung des BMVg so zukürzen und zu verwässern, dass dem Wehrbeauftragtendie entscheidenden rechtlichen Probleme verborgen blie-ben.

Das BMVg legte in MAT 16 – 14, Anlage 07, mehrerevon dieser Sachbearbeiterin formulierte Vermerke undAntwortentwürfe an den Wehrbeauftragten vor, die sichhauptsächlich dadurch auszeichnen, dass sie kontinuier-lich kürzer und oberflächlicher wurden. Ein Entwurf vom17. Oktober 2002 wurde vom Unterabteilungsleiter R II,Herrn Dr. Schwierkus, mit der Anmerkung „Eine m. E.hervorragende Leistung“ abgezeichnet.

Ein auf den 30. Oktober 2002 datierter Entwurf einesSchreibens an den Wehrbeauftragten enthält zahlreicheStreichungen, die soweit ersichtlich von der Leitung desPlanungsstabs beim BMVg herrühren. Der Text wird ein-geleitet mit einer (angesichts der oben wiedergegebenenabweichenden Position des BMJ: sogar unzutreffenden)Vorbemerkung:

„Innerhalb der Bundesregierung herrscht Uneinigkeit da-rüber, ob das Vorgehen der USA gegenüber den Talibanund Alkaida-Angehörigen völkerrechtlich zulässig ist. Kon-sens besteht jedoch darüber, dass die Beteiligung deut-scher Soldaten dann nicht zu strafrechtlichen Konsequen-zen führen kann, wenn lediglich operative Maßnahmenunterstützt werden, die es den Partnern ermöglichen, ineigener Verantwortung verdächtige Personen zu ergrei-fen. Dem Wehrbeauftragten sollten daher nicht die Mei-nungsverschiedenheiten, sondern lediglich der Minimal-konsens mitgeteilt werden. Ich schlage daher folgendenBriefentwurf vor: (…)“ (MAT 16 – 14, Anlage 07)

Die Sachbearbeiterin zeigte sich in einer E-Mail vom30. Oktober 2002 mit den von der Leitung des Planungs-stabs vorgenommenen Kürzungen „aus rechtlicher Sichteinverstanden“ und schlug weitere Streichungen vor. Daserläuterte sie so:

„Dadurch kommt nicht die Fehlinterpretation auf, eskönne doch völkerrechtlich oder verfassungsrechtlich un-zulässige Beiträge geben.“

„Völkerrechtlich oder verfassungsrechtlich unzulässigeBeiträge“ standen allerdings, wie das oben IV. 4. a) aus-zugsweise zitierte Gutachten des originär zuständigenSachbearbeiters, des Referatsleiters R II 3 der AbteilungRecht des BMVg, aufzeigte, im Falle von Gefangennah-men durchaus zu erwarten.

Aufgrund der in der E-Mail vom 30. Oktober 2002 ange-kündigten, von der Sachbearbeiterin im Referat R II 2 desBMVg noch selbst vorgenommenen weiteren Streichun-gen wurde dem Wehrbeauftragten endlich am 13. Novem-ber 2002 das folgende, im Hinblick auf seine im Juni2002 formulierte Fragestellung nichtssagende und völligrealitätsferne Antwortschreiben übersandt:

„Sehr geehrter Herr Dr. Penner, lieber Wilfried,

für Ihre Frage, in welchem Umfang der Einsatz der deut-schen KSK-Einheit und ihre Befehlsgebung rechtlichabgesichert sind, ergeben sich die maßgeblichen verfas-sungs- und völkerrechtlichen Grundlagen aus Bundes-tagsbeschluss vom 19. September 2001.

(…)

Die Bundeswehr beachtet bei der Umsetzung ihres Auf-trags selbstverständlich die Verpflichtungen zur Einhal-tung der menschenrechtlichen Mindeststandards sowiedie Wertentscheidungen des Grundgesetzes. Dementspre-chend können Beiträge deutscher Soldaten zur Gefangen-nahme von Taliban- und Alkaida-Kämpfern keine straf-rechtliche Verantwortung der eingesetzten Soldaten nachsich ziehen. Eine strafrechtliche Verantwortung trifft denSoldaten nur, wenn seine Handlung eine schwere Verlet-zung humanitären Völkerrechts oder eine Straftat nachdeutschem Recht darstellt. Bei Handeln auf Befehl ist zu-dem erforderlich, dass der Untergebene erkannt hat odernach ihm bekannten Umständen erkennen konnte, dass essich bei der befohlenen Handlung um eine Straftat han-delt.

Mit freundlichen Grüßen

Dein Walter Kolbow“

(MAT 16 – 14, Anlage 07)

V. Politische Schlussfolgerungen DIE LINKE. fühlt sich in ihrer grundlegenden Ablehnunggegenüber Auslandseinsätzen, insbesondere unter Beteili-gung des KSK, durch den diesen Untersuchungsaus-schuss begründenden Vorfall bestätigt. Wie bereits einlei-tend ausgeführt, agierte das KSK nicht nur jenseits derparlamentarischen Kontrollstrukturen, was seitens derBundesregierung unter Missachtung des Parlamentsbetei-ligungsgesetzes auch prinzipiell so gewollt war. Das KSKoperierte sogar – zumindest partiell – jenseits der exekuti-ven Kontroll- und Befehlsstrukturen, was offensichtlichebenfalls gewollt war, um eine umfassende und effizienteOperationsfähigkeit im „Krieg gegen den Terror“ zu er-zielen. Auf diese Weise sollte eine bis heute immer nochnicht zum öffentlichen Diskurs gestellte deutsche Staats-räson in Gestalt der zuverlässigen Bündnissolidarität, jasogar der „uneingeschränkten Solidarität“ demonstriertwerden.

Ungeachtet der generellen Ablehnung von Auslandsein-sätzen, fordert die Bundestagsfraktion DIE LINKE. dieuneingeschränkte Umsetzung des Parlamentsbeteili-gungsgesetzes, um endlich die volle parlamentarischeKontrolle der deutschen Streitkräfte – einschließlich desKSK/SEK – zu gewährleisten. Hierzu hat die Bundes-tagsfraktion DIE LINKE. einen Antrag (Bundestags-drucksache 16/6646) über die „Stärkung der parlamenta-rischen Beteiligung bei der Entscheidung über denEinsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland (Parlaments-beteiligungsgesetz)“ eingebracht. Eine Parlamentsarmeeohne nennenswerte parlamentarische Kontrollfunktionenist und bleibt eine Schimäre.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 165 – Drucksache 16/10650

C. Sondervotum der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

I. Politische Einleitung

Während die Aufklärung der Vorwürfe von Murat Kurnazgegen Bundeswehrsoldaten der Anstoß und erste Zweckdes Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsaus-schuss war, war er nicht darauf beschränkt. Die FrageNr. 4 des Untersuchungsauftrages lautete:

„Welche Einsätze haben KSK-Kräfte von ca. November2001 bis ca. November 2002 in Kandahar durchgeführt,nach welchen Einsatzregeln haben sie dabei gehandeltund welchen Einfluss hatten Dienststellen in der Bundes-wehr und das Bundesministerium der Verteidigung aufdiese Einsätze?“

Damit ergab sich zugleich die Möglichkeit, fünf Jahrenach dem Einsatz den Teil der deutschen Beteiligung ander Operation Enduring Freedom (OEF) einer parlamen-tarischen Überprüfung zu unterziehen, der als geheimhal-tungsbedürftiger Spezialeinsatz in Afghanistan einer par-lamentarischen Kontrolle weitgehend entzogen war.

Der Bundestagsbeschluss zur Beteiligung der Bundesre-publik an der US-geführten Operation Enduring Freedomam 16. November 2001 war die bisher wohl umstrittensteEntscheidung zu einem Auslandseinsatz der Bundeswehr.In der Tat beinhaltete sie eine bis dahin undenkbare Ent-grenzung deutscher Sicherheitspolitik – hinsichtlich desEinsatzraumes, des Auftrages und der möglichen Intensi-tät des Einsatzes. Die ungewöhnlich vielen Erklärungenzur Abstimmung am 16. November, insbesondere aus denReihen der rotgrünen Koalition, machten deutlich, wiegroß die Befürchtung war, in einen unabsehbaren Kriegs-einsatz zu geraten.

Ohne die Gewissensentscheidung der Befürworter inZweifel zu ziehen, spricht viel für die These, dass die Bun-desregierung nur dank dreier begünstigender Faktoreneine eigene – knappe – Mehrheit für ihren Antrag er-reichte: (a) Durch eine Protokollnotiz und einen Entschlie-ßungsantrag der Koalitionsfraktionen war der ursprüng-lich entgrenzte Auftrag eingehegt worden (klare Bindungan Völker- und Menschenrecht, Betonung der nichtmilitä-rischen Terrorismusbekämpfung, indirekter Ausschlussdes Irak als Einsatzgebiet); (b) durch den überraschendschnellen Zusammenbruch des Taliban-Regimes hattesich die Konfliktlage in Afghanistan etwas entspannt; (c)indem Bundeskanzler Schröder die Abstimmung überOEF mit der Vertrauensfrage verband, stellte er gleichzei-tig den Fortbestand der rotgrünen Koalition zur Disposi-tion. Was aus der Sicht des Kanzlers legitim war, wurdevon nicht wenigen Abgeordneten als Erpressung aufge-fasst.

Die deutsche Beteiligung an OEF war für die Politik wiefür die Bundeswehr Neuland und mit besonders vielen

Ungewissheiten behaftet: Nach den bisherigen Beteili-gungen an UN-mandatierten und NATO-geführten Frie-densmissionen ging es jetzt erstmalig um die Unterstüt-zung eines Verbündeten, der nach den Attacken des11. September 2001 das Recht auf Selbstverteidigung inAnspruch nahm. Anstelle einer multinationalen Missionging es jetzt um die Unterstützung einer US-geführtenOperation mit multinationaler Beteiligung gegen einenschwer identifizierbaren Gegner. Bisher waren KSK-Ein-heiten mehrfach bei der Fahndung und Festnahme mut-maßlicher Kriegsverbrecher auf dem Balkan im Rahmender dortigen multinationalen Friedensmissionen einge-setzt worden. Jetzt ging es erstmalig um einen Dauer-Kontingenteinsatz, um einen Einsatz bewaffneter Streit-kräfte in einem kriegerischen Umfeld, 6 000 km vonDeutschland entfernt und anfangs ohne eigene logistischeKette.

Erstmalig führte das noch im Aufbau befindliche Einsatz-führungskommando der Bundeswehr in Potsdam die Ope-ration.

Trotz aller Bemühungen zur Einhegung des militärischenAuftrages entsandten Bundesregierung und Bundestagdie bis zu 100 Spezialsoldaten in einen operativen „Ne-bel“: Nur rudimentär bekannt war das Einsatzgebiet,kaum bekannt waren die Voraussetzungen, Leistungsfä-higkeiten und Grenzen von Spezialeinsätzen. Allerdingsverband sich mit der Entsendung von Spezialkräften dieErwartung, dass damit der Auftrag besonders präzise undunter möglichster Vermeidung von Opfern durchgeführtwerden könnte.

Die Geheimhaltung war zunächst so total, dass sogar dieObleute des Verteidigungsausschusses nicht über denSpezialeinsatz unterrichtet wurden. Das änderte sich erstmit der Amtsübernahme von Verteidigungsminister Dr.Peter Struck. Von da an wurden die Obleute über Zahlund Art der Einsätze und besondere Vorkommnisse unter-richtet.

Insofern bot der Untersuchungsausschuss die Möglich-keit, über das exekutive Handeln hinaus auch das Bun-destagsmandat nachträglich auf seine Klarheit, Umsetz-barkeit und Verantwortbarkeit hin zu überprüfen. DerUntersuchungsausschuss ist somit für die Fraktion vonBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch der Versuch einerparlamentarischen Selbstüberprüfung.

II. VerfahrenDie Ermittlungen des Untersuchungsausschusses wurdendurch das erkennbar gemeinsame Interesse aller Fraktionendes Verteidigungsausschusses erleichtert, die Beschuldi-gungen ohne Rücksicht auf Personen und frühere Regie-rungsbeteiligungen so vollständig wie möglich aufzuklä-

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ren. Den Primat eines kooperativen Aufklärungsinteressespraktizierte der Vorsitzende des Untersuchungsausschus-ses, der stellvertretende Verteidigungsausschussvorsit-zende Dr. Karl A. Lamers. Für seine souveräne Verhand-lungsführung, die den fragenden Abgeordneten imZweifelsfall eher mehr als weniger Raum ließ, ist ihm aus-drücklich zu danken.

Umso bedauerlicher ist es, dass der Aufklärungskonsensdes Ausschusses in der Schlussphase von Seiten der Ko-alitionsmehrheit verlassen wurde.

1. Verspätete oder unvollständige Vorlage von Unterlagen

Die Zusammenarbeit der Bundesregierung mit dem Un-tersuchungsausschuss ließ teilweise zu wünschen übrig.Bis zum Schluss blieb der Eindruck, dass dem Ausschusswesentliche Dokumente vorenthalten werden sollten. Inder Vorlagepraxis gab es jedoch wahrnehmbare Unter-schiede zwischen dem Bundesministerium der Verteidi-gung (BMVg) und dem Bundeskanzleramt. Während dasBMVg zunächst mehrere Dutzend Aktenordner sehr un-terschiedlicher Relevanz für den Untersuchungsauftragvorlegte, beschränkte sich das Kanzleramt auf die Über-gabe eines dünnen Hefters mit nur zwei Dokumenten.Beide Stellen versicherten die Vollständigkeit der über-lassenen Unterlagen nach § 18 Abs. 2 Satz 3 PUAG.

Im Verlauf der Untersuchungen stellte sich bei mehrerenGelegenheiten heraus, dass die dem Ausschuss überlasse-nen Unterlagen keineswegs vollständig waren, sonderneinschlägige Dokumente von zentraler Bedeutung nichtvorgelegt worden waren und zum Teil bis zum Abschlussder Untersuchungen nicht vorgelegt wurden.

Auf die Aufforderung zur Nachlieferung reagierten dieangesprochenen Stellen unterschiedlich: Während sichdas BMVg zumindest bemühte, einschlägige Dokumenteaus seinem Zuständigkeitsbereich ausfindig zu machen,war im Bundeskanzleramt eine Verweigerungshaltungvorherrschend. Auch die Herausgabe von Unterlagen, diein Beweisbeschlüssen des Ausschusses genau benanntwurden, wurde vom Kanzleramt mit dem Hinweis ver-weigert, diese gehörten nicht zum Untersuchungsgegen-stand. Es ist jedoch Aufgabe des Parlaments, nicht derRegierung, zu definieren, welche Akten für seine Unter-suchung relevant sind.

Beispiel: Dem 1. Untersuchungsausschuss (BND-Unter-suchungsausschuss) liegt ein Dokument aus beigezoge-nen Akten des Bremer Innensenators vor (Ordner desSenators für Inneres und Sport Bremen, MAT A 158/1,Ordner 6). In einem Anschreiben der Verbindungsbeam-tin BKA beim BND vom 9. Januar 2002 heißt es dort un-ter dem Betreff: „Von den Amerikanern festgenommenermöglicherweise Deutscher Al Qaida Kämpfer“: „DieseMitteilung stammt von einer BND-Quelle aus Kandahar“.Angehängt ist eine detaillierte Personenbeschreibung (inenglischer Sprache) und ein Foto von Murat Kurnaz. Aufdieses Schreiben angesprochen, bestätigte der ZeugeNr. 16 (Stenografisches Protokoll Nr. 11), diese Meldungzu kennen. Es handele sich um „die Datei, die wir nach

Hause geschickt haben.“ Der Zeuge bestätigte ferner,dass es sich bei der erwähnten BND-Quelle aus Kandaharum den BND-Mitarbeiter in Kandahar handelt, der vomUntersuchungsausschuss auch als Zeuge vernommenwurde.

Diese einschlägigen Unterlagen sind dem Untersuchungs-ausschuss von der Bundesregierung jedoch niemals zurVerfügung gestellt worden. Das Bundeskanzleramt lehnteeinen entsprechenden Beweisbeschluss (Nr. 16 – 29) mitdem lapidaren Hinweis ab, diese würden nicht dem Un-tersuchungsauftrag unterfallen (Schreiben v. 15. Juni 2007;MAT 16 – 39).

Mit derselben Begründung verweigerte das Kanzleramtübrigens auch die Vorlage dieser Unterlagen an den1. Untersuchungsausschuss. Unter anderem hiergegenrichtet sich eine Klage der Oppositionsparteien im 1. Un-tersuchungsausschuss, die derzeit noch vor dem Bundes-verfassungsgericht anhängig ist.

Seitens des BMVg wurden wiederholt – zumeist auf Auf-forderung durch den Untersuchungsausschuss – Aktenund Unterlagen nachgeliefert. So wurden dem Ausschusszunächst nur die Wochenberichte („Wetterberichte“) derZelle Militärisches Nachrichtenwesen in Kandahar zurVerfügung gestellt. Nachdem Zeugen im Ausschuss je-doch auch von Tagesmeldungen sprachen, forderte derAusschuss diese per Beweisbeschluss (Nr. 16 – 35) erneutund explizit an. In einem weiteren Beweisbeschluss(Nr. 16 – 38) forderte der Ausschuss die ihm auch zu-nächst nicht übermittelten Protokolle von Videokonferen-zen zwischen dem Führer des deutschen Kontingents inKandahar und dem Einsatzführungskommando in Pots-dam an. Dabei stellte sich die erste Teillieferung schnellals unvollständig heraus. Es bedurfte einer erneutenNachfrage des Ausschusses, die zu einer Nachlieferungführte. In dem entsprechenden Schreiben von Staatssekre-tär Dr. Wichert vom 4. September 2007 an den Untersu-chungsausschuss heißt es, dass auf Bitten des Ausschus-ses nochmals nach Protokollen von Videokonferenzengesucht worden sei und nunmehr 33 weitere Protokolleaufgefunden worden seien. Aber auch danach bestandenweiterhin erhebliche Lücken; für längere Zeiträume feh-len jegliche Protokolle in den vorgelegten Unterlagen.

Die verspätete und unvollständige Vorlage führte dazu,dass Staatssekretär Dr. Wichert angewiesen hat, „den Vor-gang disziplinarrechtlich zu untersuchen“ (Schreiben vom4. September 2007).

2. Verweigerung der Vorlage von Akten und Unterlagen, insbesondere durch das Bundeskanzleramt

Gemäß § 18 PUAG sind Ministerien zur Vorlage von Ak-ten verpflichtet. Sie sind allerdings nicht verpflichtet, Ak-ten zu übersenden, die zum Kernbereich exekutiverEigenverantwortung gehören (BVerfGE 67, 100, Flick-Entscheidung).

Bei diesem Kernbereich handelt es sich z. B. um ressort-übergreifende- und interne Abstimmungsprozesse, Vorbe-reitungen zur Kabinettssitzung und vorbereitende Beam-

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ten- und Ministergespräche. Allerdings reicht einepauschale Berufung auf den Bereich exekutiver Eigenver-antwortung nicht aus – insbesondere, wenn es sich um ab-geschlossene Vorgänge handelt.

Unter Hinweis auf den „Kernbereich exekutiver Eigen-verantwortung“ verweigerten auch das Auswärtige Amt(Schreiben vom 4. September und 12. November 2007)sowie das Bundesministerium der Justiz (Schreiben vom17. Oktober und 8. November 2007) die Herausgabe be-stimmter Unterlagen. Zu den Schriftstücken, deren Über-lassung an den Untersuchungsausschuss vom Auswärti-gen Amt abgelehnt wurde, zählte eine Vorlage an dendamaligen Bundesminister der Verteidigung RudolfScharping aus dem eigenen Hause vom 7. Februar 2002zum Komplex „Rechtsgrundlagen für den Einsatz deut-scher Kräfte im Rahmen von Enduring Freedom, hier:Festnahme-/Beschlagnahmerechte“. Interessant ist in die-sem Zusammenhang allerdings, dass dieses Dokumentdem Ausschuss bereits vom Bundesministerium der Vertei-digung vorgelegt worden war (MAT 16 – 14, Anlage 07).

Die Weigerung des Bundeskanzleramtes, dem Untersu-chungsausschuss angeforderte Akten zur Verfügung zustellen, führte schließlich auch zum sogenannten „Vorsit-zendenverfahren“, wobei zumindest dem Vorsitzenden(und seinem Stellvertreter) Einsicht in die zurückgehalte-nen Akten gewährt wurde. Im Ergebnis berichtete der stell-vertretende Vorsitzende dem Untersuchungsausschuss,das gesichtete Material sei der Zuständigkeit des sog.BND-Untersuchungsausschusses zuzuweisen.

3. Aktenvernichtung beim Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr (ZNBw)

In den Zeitraum des Untersuchungsausschusses fiel auchdas Bekanntwerden des massiven Verlusts von einschlä-gigen Daten im Zusammenhang mit Auslandseinsätzenim Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr(ZNBw), der die Medien Ende Juni/Anfang Juli 2007stark beschäftigte. Erste Hinweise auf den Verlust rele-vanter Daten und Unterlagen im Zusammenhang mit demEinsatz in Afghanistan ergaben sich aus den Aussagen ei-nes Mitarbeiters des ZNBw vor dem Untersuchungsaus-schuss. Daraufhin forderte der Ausschuss auf Antrag derFraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit Beweisbe-schluss 16 – 35 vom 24. Mai 2007 das Verteidigungs-ministerium auf, sämtliche Meldungen und Berichte im Un-tersuchungszeitraum aus Kandahar vorzulegen. Auf dieseAufforderung teilte Staatssekretär Dr. Wichert dem Un-tersuchungsausschuss mit Schreiben vom 12. Juni 2007mit, dass diese Dokumente im Rahmen eines größerenDatenverlusts im Bereich des Amtes für Nachrichtenwe-sen der Bundeswehr (ANBw) Ende 2004 verloren gegan-gen seien und auch nicht wieder rekonstruiert werdenkönnten. Es ist hier nicht der Ort, diesen Vorgang detail-liert zu bewerten; es sollte aber dennoch vermerkt wer-den, dass er ohne den Untersuchungsausschuss und ohnedie von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN initiierte Nach-frage dem Parlament und der Öffentlichkeit wohl nie be-

kannt geworden wäre. Denn dem Verteidigungsausschussberichtete das BMVg erstmalig im Juli 2007 nach denentsprechenden Presseberichten über diesen Vorgang ausdem Jahre 2004.

4. Beweisanträge des 1. Untersuchungs-ausschusses

Der 1. Untersuchungsausschuss („BND-Ausschuss“) hattesich mit mehreren Beweisbeschlüssen an den Verteidi-gungsausschuss als Untersuchungsausschuss gewandt undum Überlassung von Protokollen und Unterlagen gebeten.Dabei ging es insbesondere um Unterlagen des Bundes-kanzleramts (Bundesnachrichtendienst) und die Proto-kolle der Vernehmung eines BND-Mitarbeiters in Kanda-har. Aus Sicht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENwaren diese Beweisbeschlüsse zulässig und sachdienlich.Es ging dem 1. Untersuchungsausschuss darum, Unterla-gen zu erhalten, die seinen Untersuchungsauftrag betref-fen, vom Bundeskanzleramt dem Ausschuss jedoch nichtvorgelegt wurden. Dass ein Untersuchungsausschuss desBundestages einen anderen Untersuchungsausschuss – un-ter Beachtung der Geheimschutzvorschriften – um dieÜberlassung seiner Protokolle bitten kann, soweit dieseunter seinen Untersuchungsauftrag fallen, ergibt sichschon aus der Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusam-menarbeit zwischen zwei Untergliederungen desselbenOrgans Bundestag. Die Überlassung von Protokollen einesUntersuchungsausschusses an einen anderen Untersu-chungsausschuss ist im Übrigen in § 31 PUAG geregelt.

Bedauerlicherweise wurde die Behandlung dieser Beweis-anträge vom Ausschuss zunächst verzögert und eine vor-behaltslose Überlassung letztlich von der Koalitions-mehrheit abgelehnt.

Mit Schreiben vom 14. September 2007 hatte der Vorsit-zende zunächst den Bundestags-Ausschuss für Wahlprü-fung, Immunität und Geschäftsordnung um Prüfung desBeweisbeschlusses des 1. Untersuchungsausschusses ge-beten. Das – unbefriedigende – Ergebnis dieser Prüfungwurde dem Ausschuss erst mit Schreiben vom 14. Januar2008, also genau 4 Monate später, übermittelt. Darin heißtes, der Geschäftsordnungsausschuss wolle keine formelleAuslegungsentscheidung treffen, sondern nur eine infor-melle Empfehlung abgeben.

Hier ist der Eindruck entstanden, dass sowohl die Mehr-heit im Untersuchungsausschuss als auch im Geschäfts-ordnungsausschuss auf Zeit gespielt hat und sich um eineklare Entscheidung drücken wollte.

In der Sache fiel der Beschluss der Mehrheit überaushalbherzig aus: Während die Herausgabe von Unterlagen,die dem Ausschuss zur Verfügung gestellt wurden, an den1. Untersuchungsausschuss insgesamt abgelehnt wurde,wurde der Überlassung der Vernehmungsprotokolle desAusschusses nur „nach Beteiligung der aussagegenehmi-genden Stelle (Verteidigungsministerium bzw. Bundes-kanzleramt)“ zugestimmt. Damit überlässt man jedochdie Entscheidung über die Herausgabe der Protokolleletztlich der Bundesregierung.

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5. Erstellung des Abschlussberichts/Geheimhaltung

Vertreter aller Fraktionen im Untersuchungsausschuss be-tonten immer wieder, dass es ihr Interesse sei, einen mög-lichst offenen, also nicht der Geheimhaltung unterliegen-den Abschlussbericht zu erstellen. Da ein Großteil derdem Ausschuss zur Verfügung gestellten Dokumente vonden herausgebenden Stellen als „geheim“ eingestuftwurde und auch viele Vernehmungen, insbesondere dieder Angehörigen des KSK-Kontingents, vor dem Aus-schuss ganz oder teilweise als „geheim“ eingestuft wur-den, hat das Ausschusssekretariat sich bereits im Sommer2007 ein Verfahren überlegt, um die „Geheim“-Einstu-fung der Sachaussagen für den Abschlussbericht aufhebenzu können. Zu diesem Zweck – und um zugleich die Iden-tität der KSK-Soldaten zu schützen – hat das Sekretariateine Liste erstellt, in der die Zeugen mit Nummern (Zah-len) verschlüsselt wurden. Vor diesem Hintergrund bat dasSekretariat das Verteidigungsministerium und die Staats-anwaltschaft Tübingen sodann um Mitteilung, ob die Ein-stufung der überlassenen Unterlagen, soweit sie Angabenzur Sache enthalten, aufgehoben werden könne, währenddie Einstufung der Angaben zur Person aufrechterhaltenbleibe. Sowohl das Verteidigungsministerium wie auchdie Staatsanwaltschaft haben diesem Verfahren ausdrück-lich schriftlich zugestimmt. Da das BMVg und die Staats-anwaltschaft Tübingen jeweils die Einstufung der in ihrenZuständigkeitsbereich fallenden Unterlagen, soweit Aus-sagen zur Sache betroffen sind, für die Erstellung des Ab-schlussberichts aufgehoben haben, hätte es insoweit kei-nes Beschlusses des Untersuchungsausschusses bedurft.Der Untersuchungsausschuss selbst hätte jedoch über dieHerabstufung der stenografischen Vernehmungsprotokolledes Ausschusses zu befinden gehabt.

Bedauerlicherweise ist die Koalitionsmehrheit dem nichtgefolgt. Vielmehr hat man ein aufwändiges Verfahren be-schlossen (Beschluss 16 zum Verfahren), wonach die Ent-würfe aller Teile des Abschlussberichts, also auch die Be-wertungen der Fraktionen, den „herausgebenden Stellen“,also auch dem Verteidigungsministerium, vorab zur Prü-fung vorzulegen sind, ob darin enthaltene Zitate aus Un-terlagen verwendet werden dürfen oder weiterhin derGeheimhaltung unterliegen sollen. Da für diese Entschei-dung auch keine Kriterien vorgegeben wurden, hat mansich unnötigerweise der Gefahr ausgesetzt, dass die Bun-desregierung, durch das Verteidigungsministerium oder dasBundeskanzleramt, erheblichen Einfluss auf den Ab-schlussbericht des parlamentarischen Untersuchungsverfah-rens nimmt. Die Mehrheit im Ausschuss war nicht einmalbereit, die Aufhebung der Einstufung der Sachaussagenin den Vernehmungsprotokollen des Ausschusses ohneBeteiligung der Bundesregierung zu beschließen. Diesenungerechtfertigten (Selbst)-Beschränkungen konnten wirnicht zustimmen.

6. Amputationen im Abschlussbericht

Mit Schreiben vom 5. Mai 2008 legte das Bundesministe-rium der Verteidigung eine umfangreiche 8-seitige Auf-listung mit Änderungswünschen in immerhin 37 Punkten

vor. Diese betrafen u. a. zentrale Aussagen im Abschluss-bericht. Danach sollten insbesondere jegliche kritischenHinweise auf die Vorgehensweise der US-Amerikaner imZusammenhang mit dem Gefangenenlager gestrichenwerden, und das Angebot der US-Amerikaner an dieDeutschen, Murat Kurnaz zu befragen sowie die Über-gabe eines Datenträgers an die Deutschen vor Ort ver-schleiert werden. Betroffen von den Streichwünschen desMinisteriums sind ferner Aussagen über die Unterbe-schäftigung und Unterforderung des KSK in diesem Ein-satz, Aussagen und Bewertungen von Zeugen über denAlkoholmissbrauch in der Führung des deutschen Kontin-gents vor Ort sowie Hinweise auf Alkohol als Tausch-ware. Ferner sollten alle Angaben über konkrete Einsätze,zugewiesene Einsatzräume und Einsatzzeiträume für alledrei deutschen Kontingente gestrichen werden. Schließ-lich darf selbst der Name des damaligen Befehlshabersdes US Central Command nicht erwähnt werden.

Die CDU/CSU-Fraktion wollte den Wünschen des Minis-teriums in allen Punkten durch „Eins-zu-eins-Umset-zung“ nachkommen, auch wenn dies zu erheblichen Ein-griffen in den Kernbereich des Abschlussberichts führt.Die SPD-Fraktion zog aus der – richtigen – Einschätzung,dass dies zu einer Amputation des Kerns des Berichtsführen würde, den – falschen – Schluss, der Feststellungs-teil des Berichts müsse als „geheim“ eingestuft werden:Dann könne man schreiben, was man wolle, aber keinerdürfe es lesen.

Über den Umgang mit den Eingriffen der Bundesregie-rung bestand über Wochen keine Einigkeit innerhalb derKoalition, was zu einer erheblichen Verzögerung bei derErstellung des Abschlussberichts geführt hat. Schließlichsetzte sich die CDU-Fraktion durch. Der Abschlussbe-richt wurde im Sinne des BMVg „geglättet“; vom Minis-terium monierte Passagen wurden entweder ersatzlos ge-strichen oder durch BMVg-Formulierungen ersetzt,jeweils ohne dass dies kenntlich gemacht wurde. DiesemVerfahren konnten wir nicht zustimmen. Bei dem Fest-stellungsteil des Abschlussberichts handelt es sich nun-mehr um einen gemeinsamen Bericht der Koalitionsfrak-tionen und des BMVg.

Zudem setzte die Koalition – auf „Anregung“ des BMVg –durch, dass wichtige Zeugen vor dem Untersuchungsaus-schuss im Abschlussbericht (Feststellungsteil) nur nachihrer (damaligen) Funktion bezeichnet, aber nicht na-mentlich benannt werden. Das betrifft beispielsweiseauch den damaligen Befehlshaber des Einsatzführungs-kommandos der Bundeswehr und den damaligen Kom-mandeur des KSK. Ein sachlicher Grund hierfür ist nichterkennbar.

III. Zeugenverhalten Die meisten Zeugen gehörten einer der drei nachfolgendenGrobkategorien an: Kommandosoldaten und andere Kon-tingentangehörige in Kandahar, militärische Führungsebe-nen oberhalb des Kontingents, politisch Verantwortliche.Hinsichtlich des Erinnerungsvermögens und der Auskunfts-freudigkeit einzelner Zeugen gab es erhebliche Schwan-kungen.

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Die Aussagefähigkeit und -bereitschaft der Zeugen wurdedurch mehrere Faktoren beeinflusst: Die absolute Ge-heimhaltung der Operationen und der äußerst kleine Kreisder Eingeweihten oberhalb des Kontingents; den Grund-satz „nur wissen, was nötig“; die besondere Bedeutungdes inneren Zusammenhaltes und Abschottung nach au-ßen bei Spezialtruppen. Nach übereinstimmender Ein-schätzung aller befragten Kontingentangehörigen hattensowohl der Bewachungsauftrag wie auch die Tatsache,dass im US-Gefangenenlager eine deutschsprachige Per-son festgehalten wurde, in Anbetracht des militärischenAuftrages und der Einsatzrealität nur einen geringen Auf-merksamkeitswert.

Auf der anderen Seite hatte auch für Murat Kurnaz dieBegegnung mit Bundeswehrsoldaten in Kandahar im Ver-gleich zu seinem jahrelangen Martyrium in Guantánamoeinen geringeren Erinnerungswert. Erstmalig berichteteer davon in seinem Interview mit dem stern-Reporter UliRauss.

Für die Kommandosoldaten war die Befragung durch denUntersuchungsausschuss schon die dritte Aussage in die-ser Sache – nach der internen Untersuchung des Ministe-riums und der Vernehmung durch die StaatsanwaltschaftTübingen. Zumindest diejenigen Soldaten, die weiterhinbeim KSK in Calw stationiert sind, hatten zwischenzeit-lich ausgiebige Möglichkeiten zu Gesprächen über denUntersuchungsgegenstand und des Austauschs unterei-nander auch im Rahmen des täglichen Dienstbetriebs, ohnedass dies besonderer Anstrengungen bedurfte. Im Übri-gen zählt Verhalten in Befragungssituationen zu den Be-reichen, in denen sie im Rahmen ihrer militärischen Son-derausbildung ein besonderes Training durchlaufenhaben. All dies dürfte im Einzelfall dazu beigetragen ha-ben, dass bei einer ganzen Reihe von Zeugen aus dem Be-reich des KSK der Eindruck einer zumindest teilweiseabgestimmten Aussage entstand. So durfte es kaum ver-wundern, dass kein Einziger dieser Zeugen einen irgend-wie gearteten körperlichen Kontakt oder gar Übergriffseitens einzelner Kameraden auf Murat Kurnaz beobach-tet haben will. Die Staatsanwaltschaft Tübingen geht un-seres Erachtens zu recht davon aus, dass derartige Aussa-gen „kritisch zu würdigen“ seien. Auch zeichneten sicheinzelne Aussagen durch erhebliche Erinnerungslückenhinsichtlich entscheidender Fragen aus, beispielsweisenach dem Urheber des Ausspruchs „Du bist wohl auf diefalsche Seite geraten“. Auch hier geht die Staatsanwalt-schaft – zutreffend – davon aus, diese Darstellung er-scheine „wenig glaubwürdig“.

Auffallend war insbesondere das Verhalten des Komman-dosoldaten vor dem Untersuchungsausschuss, der imstaatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren als Haupt-beschuldigter genannt wurde. Während beide beschuldig-ten Soldaten bei ihrer Aussage vor dem Untersuchungs-ausschuss anwaltlich vertreten waren und sich weitgehendauf ihr Auskunftsverweigerungsrecht beriefen, gab derHauptbeschuldigte zu Beginn seiner persönlichen Verneh-mung vor dem Ausschuss eine Erklärung ab, in der er dasVerfahren insgesamt kritisierte und den Untersuchungs-ausschuss angriff.

Zugleich gab es unter den (ehemaligen) Angehörigen desKSK einige, die sich durch kritische Beobachtungsgabeauszeichneten und sich auch nicht scheuten, dem Unter-suchungsausschuss von ihren Wahrnehmungen und Ein-schätzungen zu berichten. Kritisch bewertet wurden u. a.der als unangemessen angesehene Alkoholkonsum inner-halb des deutschen Kontingents, insbesondere auf Füh-rungsebene, die Behandlung der Gefangenen durch US-amerikanische Militärangehörige, die „Unterbeschäfti-gung“ des deutschen Kontingents und die Tatsache, dassdem KSK nur niedrigwertige Aufgaben zugewiesen wur-den, sowie letztlich die Tatsache, dass diejenigen mit ei-ner kritischen Herangehensweise von den Kameradenund Vorgesetzten an den Rand gedrängt wurden.

Auf der Ebene der militärischen Führung fiel auf, dasszwar umfangreich und engmaschig nach oben berichtetwurde, aber nicht deutlich wurde, wo und auf welcherHierarchieebene Berichte wahrgenommen wurden, undgegebenenfalls ob und welche Reaktionen diese ausgelösthaben.

Noch auffälliger war dies jedoch bei den politisch Verant-wortlichen. Ihr Aussageverhalten war zum Teil durchweitschweifende und allgemeine Bemerkungen einerseitsund Erinnerungslücken hinsichtlich konkreter Sachver-halte andererseits gekennzeichnet. Dies gilt insbesondereauch für den im fraglichen Zeitraum Anfang 2002 verant-wortlichen Bundesminister Rudolf Scharping sowie seinebeiden beamteten Staatssekretäre Biederbick undDr. Stützle.

Beispiel: Zu der Meldung des BMVg, Washington an StSDr. Stützle vom 4. Januar 2002, wonach sich im US-Ge-wahrsam in Kandahar ein Deutscher befände, erklärteStaatssekretär Dr. Stützle dem Untersuchungsausschuss,es sei ihm bis zum heutigen Tage nicht klar, ob diesesFernschreiben von ihm gelesen worden sei (Stenografi-sches Protokoll, Nr. 13, Teil III, S. 10).

Der 2003 von Verteidigungsminister Dr. Struck aus derBundeswehr entlassene ehemalige KSK-KommandeurGeneral a. D. Reinhard Günzel gab hilfreiche Einblicke indie Aufgabenstellung, Funktionsweise, Mentalitäten undFührungsanforderungen eines Spezialverbandes.

Den Zeugen aus dem militärischen Bereich wurde zurVorbereitung auf ihre Aussage vor dem Untersuchungs-ausschuss ein Gespräch im Bundesministerium der Vertei-digung angeboten. Dieses Angebot wurde insbesonderevon einer Reihe von Kommandosoldaten angenommen,die teilweise gemeinsam von ihrem StationierungsortCalw nach Bonn zum Ministerium angereist sind und sichwährend der Reise über den Sachverhalt unterhalten ha-ben. Bedauerlicherweise sah das Verteidigungsministe-rium nicht die Notwendigkeit, den Untersuchungsaus-schuss von diesen vorbereitenden Gesprächen in Kenntniszu setzen. Erst nachdem dies im Rahmen von Aussagenbekannt wurde und auf entsprechende Nachfragen ausdem Ausschuss, wurde der Sachverhalt seitens des Minis-teriums eingeräumt.

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IV. Das KSK-Kontingent in Kandahar1. Lebens- und EinsatzbedingungenDas Kontingent verlegte in den ersten Januar-Tagen 2002nach Kandahar Airfield und richtete sich notdürftig aufeinem kleinen ihm von den US-Streitkräften zugewiese-nen Areal in der Nähe des Flugfeldes ein. Nach Aussageneines Kontingentangehörigen sei Kandahar Airfield imDezember ein großes Minenfeld gewesen, wo es täglichTote und Verwundete gegeben habe. Im Januar wurde dasCamp immer mal wieder aus der Umgebung beschossen.

Die Lebensbedingungen für die beteiligten Soldaten warenAnfang 2002 äußerst schwierig. Die Unterbringung er-folgte zumeist in kleinen einfachen Zelten. Schwierige hy-gienische Bedingungen und extreme Temperaturschwan-kungen (heiße staubige Tage, frostige Nächte) führten zueinem rasanten Anstieg der Krankmeldungen.

Mangels eigener Lufttransportkapazität war man hin-sichtlich der Zuführung von Gerätschaften, Verpflegung,etc. auf Absprachen mit und den good will der US-Streit-kräfte angewiesen, deren eigene Versorgung Vorranghatte. Immer wieder machte es Schwierigkeiten, inRamstein Versorgungspaletten auf die US-Transporter zubekommen. Dies führte zu einer Rationierung sogar vonTrinkwasser (1 bis 1 ½ Liter pro Person pro Tag) und zuEngpässen bei der Essensversorgung, die sich auf ameri-kanische Fertigmahlzeiten beschränkte.

Die fast vollständige Abhängigkeit des Kontingents vonden US-Amerikanern (Versorgung, Transport, Luftunter-stützung, Funkfrequenzen) brachte das Kontingent zudemin die Rolle eines „Bittstellers“. Es fühlte sich daher nacheigener Einschätzung nicht in der Lage, die Bitte um„Wachunterstützung“ abzulehnen.

Während z. B. das dänische Kontingent von Anfang andank eigenen Lufttransports ausreichend versorgt wurde,nahm die deutsche Luftwaffe erst am 18. Februar 2002die Versorgung der Bundeswehrsoldaten auf.

2. Unterstellung und KontrolleDas deutsche Kontingent war der US-geführten „Combi-ned Joint Special Operation Task Force-South“(CJSOTF-S) zugeordnet, zu der neben US-Spezialkräften(anfangs Delta Force) auch Spezialkräfte aus Australien,Dänemark, Großbritannien, Kanada, Norwegen und derTürkei – allerdings mit geringerer Kopfstärke – gehörten.Die Auftragsvergabe erfolgte nach dem Prinzip der Frei-willigkeit.

Während bei allen anderen Kontingenten der jeweiligeKommandeur eigenständig über die Annahme von Auf-trägen entschied, geschah dies beim deutschen Kontingentin engster Anbindung an das Einsatzführungskommando:Dort wurde über die Annahme eines Auftrages und überden Operationsplan entschieden, dort wurden die „Go-/No-go-Kriterien“ (z. B. Aufklärungsbild, ausreichende sa-nitätsdienstliche Versorgung, Risikolage) geprüft. Die na-tionale Führungsverantwortung bezog sich vor allem aufdie Überprüfung mandats- und fürsorgerechtlicher Zuläs-sigkeit. Die taktisch-operative Führungsverantwortung

(operational control) lag beim CJSOTF-Hauptquartier.Die Planung und Durchführung erfolgte durch das Kon-tingent. Bei laufenden Einsätzen war das Einsatzfüh-rungskommando (Befehlshaber) über Videokonferenz inEchtzeit „dabei“.

Zu dieser engen nationalen Kontrolle war die militärischeFührung der Bundeswehr von der politischen Führungverpflichtet worden. In der Protokollnotiz über die Erklä-rung des Bundesaußenministers im Auswärtigen Aus-schuss am 14. November 2001 heißt es: „Zu Ziffer 8 desAntrags versichert die Bundesregierung, dass der Einsatzdeutscher bewaffneter Streitkräfte (…) unter deutschemKommando stattfinden wird. Die letztendliche Entschei-dung über den konkreten Einsatz der deutschen bewaffne-ten Streitkräfte liegt ausschließlich bei der Bundesregie-rung.“ (Bundestagsdrucksache 14/7447, S. 4).

Nach Aussage des stellvertretenden Kontingentführers imAusschuss soll Deutschland bei der Auftragsübernahmeeine „sehr positive Gelassenheit“ entwickelt und auchmal Nein gesagt haben (Stenografisches Protokoll Nr. 14,Teil III, S. 35).

3. Aufträge und Einsätze

Am 10. Januar 2002 meldete der Kontingentführer dieEinsatzbereitschaft der deutschen Spezialkräfte, wobeiweniger als die Hälfte des 100-Mann-Kontingents die ei-gentlichen Einsatzkräfte waren. Ihr Auftrag umfassteSpecial Reconnaissance (Spezialaufklärung) von verdäch-tigen Objekten und Räumen über längere Zeiträume sowieDirect Action (Zugriffs- bzw. Angriffsoperationen gegenverdächtige Objekte und Personen) von kürzerer Dauer.Solche Einsätze gehen immer mit zeitintensiven und mi-nutiösen Vor- und Nachbereitungsphasen einher. Das Ein-satzgebiet des 1. Kontingents lag in mehr als 400 km Ent-fernung in Ost-Afghanistan. Die Einsätze erfolgten immermit US-Hubschraubern sowie einem Special OperationTerminal Air Controller, über den Luftnahunterstützungmöglich war. Ein Teil der Einsätze erfolgte zusammen mitUS-Spezialkräften.

Von den insgesamt elf geplanten Einsätzen des 1. Kontin-gents wurden fünf durchgeführt: Viermal war es die untereStufe von Direct Action (Durchsuchungen von mutmaßli-chen Verstecken, Waffenlagern: „Sensitive Sites Exploita-tions“), einmal Spezialaufklärung (Beobachtung der Ab-flusswege bei der Operation „Anaconda“). Bei keinemdieser fünf Einsätze kam es zu Widerstand, zu Schuss-wechseln, Luftbodeneinsätzen, Gefangennahmen oderBeiträgen zu Inhaftierungen. Das kann auch der Überra-schung, Schnelligkeit und Präzision der Einsätze geschul-det sein. In der Zeit des 1. Kontingents soll es im Rahmender CJSOTF insgesamt überhaupt nur einen Kampfeinsatzgegeben haben.

Das 2. Kontingent bekam einen festen Einsatzraum imafghanisch-pakistanischen Grenzgebiet zugewiesen.Seine insgesamt fünf Spezialaufklärungseinsätze wurdenalle ohne Vorkommnisse abgeschlossen. Das 3. Kontin-gent verlegte seine Forward Operation Base nach Bagramnördlich Kabul und erhielt auf eigene Initiative einen ei-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 171 – Drucksache 16/10650

genen Verantwortungsbereich. Mit je zwei Einsätzen zurSpezialaufklärung und zur Erkundung und Raumaufklä-rung verlagerte sich der Auftrag weg von OEF hin zuVorfeldabsicherung für das ISAF-Kontingent in Kabul.

Während im CJSOTF zur Zeit des 1. Kontingents einehohe Auftragsdichte geherrscht haben soll, wurde die„Auftragslage“ von vielen deutschen Soldaten vor Ortbald als unbefriedigend bewertet – sowohl hinsichtlichder Zahl als auch der Art der konkreten Einsätze. Es ent-stand der Eindruck, die deutschen Einsatzkräfte würdenvon Seiten der „Lead Nation“ USA regelmäßig nur mitniedrigwertigen Aufgaben und zweitrangigen Zielen be-dacht.

Im Unterschied zu allen anderen Spezialkräften – auchden vergleichbaren US-Kräften – standen nur die deut-schen Spezialkräfte über längere Zeit in Afghanistan.Charakteristikum von Spezialkräften ist „schnell rein –schnell raus“. Nach dem 1. Kontingent war der KSK-Ein-satz in Afghanistan atypisch. Die dann vorherrschendenSpezialaufklärungseinsätze hätten nach Einschätzung mi-litärischer Führer auch von spezialisierten Kräften geleis-tet werden können.

Letztlich führte dies zu folgender Einschätzung durch dendamaligen KSK-Kommandeur, Brigadegeneral ReinhardGünzel:

„Darüber hinaus wird es zunehmend schwieriger, denSoldaten sinnhaft zu vermitteln, weshalb sie über Monatehinweg unter noch durchweg nicht einfachen Bedingun-gen im Einsatzland bereitgehalten werden sollen, ohneabsehbar in einem adäquaten Auftrag wirklich gefordertzu werden.“ (Schreiben Kommandeur Kommando Spe-zialkräfte an Einsatzführungskommando der Bundeswehrvom 02.10.2002)

Vor dem Untersuchungsausschuss ergänzte General a. D.Günzel seine Aussage wie folgt:

„Es war natürlich eher ein politischer Zweck, der unsüber diese lange Zeit in Afghanistan gehalten hat, als einmilitärischer Zweck.“ (Stenografisches Protokoll, Nr. 11,Teil III, S. 6)

Der damalige Generalinspekteur der Bundeswehr, HaraldKujat, erläuterte dem Untersuchungsausschuss, es sei da-rum gegangen, „politische Solidarität gegenüber den Ame-rikanern zum Ausdruck zu bringen, ohne dass wir dort inEinsätze verwickelt werden, die wir nicht wollen.“ (Steno-grafisches Protokoll, Nr. 18, Teil II, S. 8).

4. Spannungen innerhalb des Kontingents

Den Kern des Kontingents bildeten die Spezialkräfte ausder Fernspähkompanie und der 3. Kommandokompanie.Eine traditionelle Kluft bestand zwischen den hoch spezia-lisierten Einsatzkräften, die besonders schwierig zu füh-ren sein sollen, und den Unterstützungskräften. Hinzukam eine Kluft zu den beigeordneten Nachrichtendienst-lern.

Zeugen berichteten von erheblichen Spannungen inner-halb des Kontingents. Aus der Sicht des ZNBw stelltesich die Situation wie folgt dar:

„Die Arbeit beim KSK kann man nur als ‚ungeplantesChaos‘ bezeichnen. Dies lag zum großen Teil an den Offi-zieren dort, die nicht mit uns zusammenarbeiten wollten.(…) Die Rolle des Stellvertretenden Kontingentsführershabe ich nie richtig durchblickt. Es gab sowieso sehr vielGeklüngel im Stab …“ (…) „Das KSK konnte mit unse-rer Zelle nicht so recht etwas anfangen.“ (Zeuge Nr. 2,BMVg-Anhörung, MAT 16 – 14, Anlage 03)

„Das Kontingent hatte Probleme, unsere Zelle zu akzep-tieren, da wir zumindest in der Anfangszeit nichts produ-ziert haben. (…)“ (Zeuge Nr. 16, BMVg-Anhörung,MAT 16 – 14, Anlage 03)

Aber auch die Zusammenarbeit zwischen den verschiede-nen deutschen Nachrichtendiensten vor Ort verlief nichtreibungslos.

„Zwischen dem ZNBw und dem BND gab es häufig Ab-stimmungsprobleme.“ (Zeuge Nr. 11, BMVg-Anhörung,MAT 16 – 14, Anlage 03)

Einige Soldaten fanden deutliche Worte zur Beschreibungder Situation innerhalb des Kontingents. So heißt es bei-spielsweise im Einsatztagebuch unter dem 13. Januar2002:

„Stimmung im Lager sehr gespannt.“ (Zeuge Nr. 16, MAT16 – 14, Anlage 09)

„Die Situation in Kandahar war insgesamt sehr unerfreu-lich. Es gab zwei Gruppen: eine Gruppe um den Kompa-niechef (Name) und eine Gruppe, die sich von diesemferngehalten hat.“

[Anmerkung: Der Rest des Absatzes in der schriftlichenAussage ist von der Bundesregierung geschwärzt undwurde dem Untersuchungsausschuss vorenthalten.]

„Noch nie in meinen bis dahin 11 Dienstjahren habe ichsolche Zustände bei der Bundeswehr gesehen, wie in die-ser Truppe.“ (…) „Differenzen gab es auf allen Ebenen;die Führung hat auf allen Ebenen versagt.“ (Zeuge Nr. 18,BMVg-Anhörung, MAT 16 – 14, Anlage 03)

5. AlkoholkonsumDie Frage des Alkoholkonsums spielte im 1. Kontingentin Kandahar eine erhebliche Rolle. Viele, wenn auchnicht alle Soldaten, berichteten, dass in erheblichemMaße Alkohol getrunken wurde; einige nannten dies „ex-zessiv“. Ein Teil der Soldaten sah den hohen Alkoholkon-sum, insbesondere bei bestimmten militärischen Führern,überaus kritisch.* (…)

* Das an dieser Stelle vorgesehene Zitat der Aussage eines Angehöri-gen des Kontingents über Alkoholkonsum in der Führung des deut-schen Kontingents wurde vom BMVg nicht freigegeben.

Drucksache 16/10650 – 172 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Andere betonten demgegenüber, dass wohl nach Einsät-zen gefeiert worden, die Einsatzbereitschaft aber nie be-einträchtigt gewesen sei.

Bemerkenswert ist, dass der übermäßige Alkoholkonsumzumindest Einzelner als Ausdruck eines schon in der Hei-mat vorhandenen und bekannten Alkoholproblems gese-hen werden muss. Nachdem dann auch aus Kandahar ent-sprechende Hinweise bei der militärischen Führung inDeutschland eingingen, ist es nicht nachvollziehbar, dasseine in diesem Zusammenhang immer wieder erwähnteFührungsperson des 1. Kontingents erneut in einem spä-teren Kontingent eingesetzt wurde.

Sobald dies technisch möglich war, wurde Alkohol in er-heblichem Umfang aus Deutschland eingeflogen. Bereitsauf dem ersten Versorgungsflug soll sich eine Palette Bierbefunden haben (Zeuge Nr. 20). Ein weiterer Kommando-feldwebel (Zeuge Nr. 28) erläuterte, er habe im Zuge sei-ner Verlegung nach Kandahar zwei Paletten Bier mitge-nommen, um diese zur Sicherung des Grundbedarfs derdeutschen Spezialkräfte eintauschen zu können. DerAlkoholhandel war schwungvoll und Bier eine Tausch-währung im Umgang mit Spezialkräften anderer Koali-tionspartner: Bier gegen Informationen oder Ausrüs-tungsgegenstände.

Zum Gesamtbild des Alkoholkonsums passt folgendeAnekdote: Ein Zeuge berichtete dem Untersuchungsaus-schuss von einem Vorfall, bei dem ein US-amerikanischerSoldat von einer Bierflasche am Nasenbein getroffenwurde, die aus dem Lagerbereich der US-Navy-Seals ge-worfen wurde. Dies sei die schwerwiegendste Verletzunggewesen, die er während seines Einsatzes im 1. Kontin-gent ärztlich zu betreuen gehabt habe.

6. Verhalten von US-Kräften im Einsatz

Einzelne Zeugen äußerten sich ausgesprochen kritischzum Einsatzverhalten der US-Streitkräfte. Ein Komman-dosoldat stellte sich angesichts des Verhaltens von US-Soldaten gegenüber der ortsansässigen Bevölkerung dieFrage, ob man das Volk gewinnen oder das Land besetzenwolle. Das habe sich z. B. beim Auftreten gegenüberFrauen oder bei der Durchsuchung von Kisten gezeigt, indenen eine afghanische Familie ihre ganze Habe aufbe-wahre. Man habe sich manchmal „wie die Axt im Walde“aufgeführt (Zeuge Nr. 14, Stenografisches Protokoll Nr. 9,Teil III, S. 17/18 ).

General a. D. Günzel bemerkte zu den OEF-Operationen„Mountain Sweep“ und „Anaconda“:

„Sie haben sich nach Kräften bemüht, auch das Vertrauender noch letzten gutwilligen Afghanen zu verscherzen,weil sie die Hütten aufgebrochen haben, das Vieh und dieletzten Ziegen weggetrieben haben. Bei diesen Operatio-nen bleibt oft – vielleicht gar nicht böswillig, aber so, wieeine amerikanische Walze durchs Land geht – eine ganzeMenge Flurschaden zurück. (…) Es waren nicht unbe-dingt Verstöße gegen das Kriegsvölkerrecht; aber es warzumindest eine sehr unkluge Vorgehensweise.“ (Steno-grafisches Protokoll Nr. 11., Teil III, S. 18)

V. Das Gefangenenlager1. Gefangenenbewachung – MandatAuf Bitte der US-Amerikaner waren KSK-Soldaten An-fang Januar 2002 zumindest an einem Tag und einerNacht als Wachverstärkung des US-Gefangenenlagerseingesetzt worden. Dabei mussten sie in dem Gefange-nenlager, meist in Zweiergruppen, bewaffnet Streife ge-hen bzw. bei der Eskortierung neu eingetroffener Gefan-gener in den Aufnahmebereich des Gefangenenlagersmitwirken.

Es ist fraglich, ob dieser konkrete Auftrag von dem Man-dat gedeckt war, das vom Deutschen Bundestag für denEinsatz der Sondereinsatzkräfte erteilt wurde. Dieses siehtvor (vgl. Antrag der Bundesregierung, Bundestagsdruck-sache 14/7296 vom 7. November 2001), dass sich dieBundeswehr an der Operation ENDURING FREEDOMmit dem Ziel beteiligt, „Führungs- und Ausbildungsein-richtungen von Terroristen auszuschalten, Terroristen zubekämpfen, gefangen zu nehmen und vor Gericht zu stel-len sowie Dritte dauerhaft von der Unterstützung terroris-tischer Aktivitäten abzuhalten.“ Der Beschluss des Bun-destages hätte sicherlich eine eigene Gefangennahmedurch deutsche Streitkräfte erlaubt; ob dies jedoch auchfür die Bewachung von Personen gilt, die durch andereStaaten festgehalten wurden, ist fraglich – zumal die deut-sche Seite in dieser Konstellation keinen Einfluss auf dieBehandlung und das weitere Schicksal der festgehaltenenPersonen hatte.

Das war den militärisch verantwortlichen Einsatzführernvor Ort und im Einsatzführungskommando in Potsdamwohl auch bewusst. Auf eine entsprechende Frage ant-wortete der damalige Kontingentführer im Ausschuss:

„Die Bewachungsaufgabe, Frau Abgeordnete, steht natür-lich in keinster Weise im Zusammenhang mit dem Man-dat.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 6)

Und der Zeuge Nr. 9, der den Einsatz seitens des Einsatz-führungskommandos engmaschig betreute, antworteteauf die Frage, ob er anlässlich eines Besuchs in Kandaharauch im Gefangenenlager war:

„Nein. Wir waren nicht in diesem Gefangenenlager, weildas nicht Teil unseres Auftrags war. Wir hatten mit die-sem Gefangenenlager nichts zu tun.“ (…) Auf Nachfrage:„Sie sagen, es hat nicht zum Auftrag der Bundeswehr ge-hört, sich um dieses Gefangenenlager zu kümmern?“„Nein“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 14)

2. Gefangenenbewachung – AuftragsvergabeBei dieser Sachlage verwundert es dann auch nicht, wennsich die militärischen Führer vor Ort in Kandahar und imEinsatzführungskommando in Potsdam in ihren Aussagendarüber, wer den „Bewachungsauftrag“ erteilt hat, heftigwidersprechen.

Das mag zunächst auch mit begrifflichen Unklarheitensowohl hinsichtlich des „Lagers“ als auch in Bezug aufdie Aufgabe der „Bewachung“ zu tun haben. Denn unterLager kann man auch das Militärlager, also den größeren

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 173 – Drucksache 16/10650

Gesamtkomplex, verstehen und nicht das eigentliche Ge-fangenenlager, das ein Teil des Gesamtkomplexes war.Und ein Wachauftrag kann sich sowohl auf die Bewa-chung des militärischen Komplexes gegen Angriffe vonaußen als auch auf die Bewachung der Gefangenen inner-halb des Gefangenenlagers beziehen.

Zu der Frage, wer in der militärischen Führung den Auf-trag zur Bewachung des Gefangenenlagers gab oder ihngebilligt hat, machten die Verantwortlichen in Kandaharund beim Einsatzführungskommando in Potsdam sich wi-dersprechende Angaben. Zur Verdeutlichung hier die un-terschiedlichen Aussagen des Leiters der Abteilung „Spe-zielle Operationen“ im Einsatzführungskommando unddes Kontingentführers in Kandahar: Auf die Frage, wanndas Einsatzführungskommando die Anfrage auf Unter-stützung für die Bewachung des Lagers bekommen habe,antwortete der Leiter der Abteilung „Spezielle Operatio-nen“:

„Wir haben keine Anfrage erhalten. Es hat eine solche An-frage auch nicht gegeben, weil das im Endeffekt kein inte-graler Bestandteil des Auftrags des Kontingents gewesenist. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 5, Teil II, S. 14)

Auf die Frage, ob dem Einsatzführungskommando durchden Kontingentführer vor Ort nicht Mitteilung darübergemacht worden sei, dass deutsche KSK-Angehörige Be-wachungsaufgaben explizit hinsichtlich des Gefangenen-lagers übernommen hätten, antwortete der Zeuge: „Nein.“

Im Gegensatz dazu stehen die Angaben des Kontingent-führers:

„Ich habe die Anordnung für die Bewachung nicht gege-ben. Ich habe einen Request der Amerikaner bekommen,ob ich Soldaten abstellen kann zur Bewachung des La-gers. Ich habe diesen Request zur Genehmigung weiter-gegeben ans Einsatzführungskommando.“ (Stenografi-sches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 20)

Auf die weitere Frage, bei wem er die Genehmigung desEinsatzführungskommandos für die Übernahme dieserWachaufgabe eingeholt habe und mit wem er gesprochenhabe, antwortete der Kontingentführer:

„Ich meine, mit dem Leiter der Abteilung ‚Spezielle Ope-rationen‘.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III,S. 25).

Auch die Aussagen von Generalleutnant a. D. FriedrichRiechmann, damals Chef des Einsatzführungskomman-dos, vor dem Ausschuss konnten keine weitere Klarheitin dieser Frage bringen. Selbstverständlich hat Generala. D. Riechmann die politische Verantwortung für den„Wachauftrag“ übernommen, aber was genau er angeord-net oder gebilligt hat, blieb unklar.

Auffallend ist in jedem Fall, dass es bei den meisten Be-teiligten kein Bewusstsein für die Problematik der Bewa-chungsaufgabe gab. Wo es ein solches Problembewusst-sein gab, überwog doch das Gefühl, man dürfe dieAmerikaner nicht im Stich lassen und müsse sie von Ka-merad zu Kamerad unterstützen. Das ist auf der Ebeneder Kommandosoldaten nachvollziehbar, die sich eher

durch die Anforderung einer soldatischen Basisfertigkeitunterfordert fühlen konnten. Umso mehr hätten die mili-tärischen Führer der verschiedenen Ebenen die Problema-tik erkennen müssen.

3. Das Gefangenenlager zwischen Neugier und Ausblenden

Fast durchgängig und unabhängig vom Dienstgrad ver-mittelten die Soldaten vor dem Ausschuss den Eindruck,sie hätten vom Gefangenenlager nichts wissen, nichts se-hen und nichts hören wollen.

Dennoch muss das Lager für etliche Soldaten vor Ort einegewisse Faszination gehabt haben, die dazu führte, dass ei-nige – nicht alle – das Angebot der US-Amerikaner wahr-genommen haben, im Rahmen von „Führungen“ Einblickin das Lager zu erhalten.

Auch der damalige Kommandeur des Kommandos Spe-zialkräfte, Brigadegeneral Reinhard Günzel, hat im Rahmeneines Truppenbesuchs in Kandahar das Gefangenenlagerbesichtigt. Anders der damalige Chef des Einsatzfüh-rungskommandos, General a. D. Riechmann, der eine ihmangebotene Besichtigung des Lagers ablehnte.

So wenig die deutschen Soldaten vor Ort in Kandahar mitdem Gefangenenlager zu tun haben wollten, so ist dochinteressant, dass der Kontingentführer in seinen täglichenMeldungen die jeweilige Zahl der Gefangenen genau be-zifferte.

4. Übergriffe durch US-amerikanische Kräfte?

Murat Kurnaz hat in seinem Buch „Fünf Jahre meines Le-bens“ aus der Zeit seiner Gefangenschaft in Kandaharüber anhaltenden Schlafentzug, Schläge bei Befragungenund systematische Folter, u. a. durch Elektroschocks unddas stundenlange Aufhängen an Ketten berichtet. Insbe-sondere letztere Foltermethode hat Herr Kurnaz auch alsZeuge vor dem Untersuchungsausschuss eindringlich ge-schildert:

„(…) Es waren zwischen vier und fünf Tage, die ich anKetten hängen musste. Aber es ist nicht so, dass man24 Stunden hängt. Da würde man sterben. Ich wurde min-destens dreimal am Tag runtergenommen. Zum Beispieldann, bevor der Befrager gekommen ist, haben sie michruntergenommen. (…) Aber auch bevor der Arzt gekom-men ist, wurde ich runtergenommen. (…)“ Und weiter:

„Ich bin öfter in Ohnmacht gewesen während des Fol-terns. Also, es ist schwer zu beurteilen, ob man geschla-gen ist, in Ohnmacht gewesen ist, wenn man so müde istund wegen der ganzen Folter, Hunger und der Kälte.“(Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil II, S. 51 f.)

Die vom Untersuchungsausschuss befragten KSK-Solda-ten gaben übereinstimmend an, von diesen Folterprakti-ken nichts gewusst und nichts gehört zu haben. Jeder Ein-zelne verneinte, während seiner Zeit in KandaharDerartiges beobachtet oder auch nur Schreie gequälterGefangener gehört zu haben. Dies muss auf den ersten

Drucksache 16/10650 – 174 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Blick überraschen. Die Richtigkeit dieser Aussagen un-terstellt, könnte eine mögliche Erklärung darin zu suchensein, dass das Lager – insbesondere auch während derNachtzeit – von einem hohen Geräuschpegel umgebenwar, u. a. durch den ständigen Einsatz von Generatorenzur Stromerzeugung sowie startende und landende Flug-zeuge.

Die Behandlung der Gefangenen durch US-amerikani-sche Kräfte stand nicht im Mittelpunkt der Untersuchun-gen. Soweit KSK-Soldaten dazu befragt wurden, ob dieUS-Amerikaner mit den Gefangenen, soweit dies be-obachtet werden konnte, menschlich und nach den Re-geln des Völkerrechts umgegangen sind, fielen die Ant-worten unterschiedlich aus. Beispielhaft für eine kritischeBewertung steht die Aussage des Zeugen Nr. 18:

„Die Behandlung der Gefangenen durch die Amerikanerwar insgesamt nicht so wie man sich es unter rechtsstaat-lichen Gesichtspunkten vorstellt.“ (BMVg-Anhörung,MAT 14 – 16, Anlage 03)

Eine ganze Reihe von Soldaten, die im Rahmen desWachauftrages an der Eskortierung neu eingetroffenerGefangener in das Lager beteiligt waren, waren mit denMethoden der US-amerikanischen Kräfte nicht einver-standen.

Kurnaz selber schildert seine Ankunft in Kandahar so:

„Ich erwachte, als mich jemand ins Gesicht schlug. (…)Man zog mich hoch, und ich versuchte zu gehen. Der Sol-dat rammte seine Faust in meinen Rücken, ich lief, bismich jemand aufhielt und mir den Sack vom Kopf nahm.Ich war in einem Zelt.“ (Buch „Fünf Jahre meines Le-bens“, Murat Kurnaz, S. 37)

Ein Soldat hat das Vorgehen der US-Amerikaner in die-sem Zusammenhang als „robust“ bezeichnet; ein andererschildert, wie die US-Amerikaner einen an Händen undFüßen gefesselten Gefangenen, dem ein Sack über denKopf gezogen war, bewusst gegen eine Mauer laufen lie-ßen. Einigkeit herrschte bei den Zeugen, dass deutscheSoldaten sich anders verhalten hätten.

Bemerkenswert ist jedoch die Aussage eines der briti-schen Mitgefangenen von Kurnaz, dass es gerade eindeutscher Soldat war, der während der Wachnacht mit derLaserzieleinrichtung seines Gewehres jeden einzelnenGefangenen anvisiert hat.

Zeuge Asif Iqbal:

„Wir wurden jede Nacht geweckt und sie haben unsdurchgezählt. Und da war eine Nacht, in der sie es immerwieder gemacht haben, alle 10, 15 Minuten haben sie,Durchzählen‘ gerufen, und wir mussten alle nach vornekommen und uns aufstellen, und da habe ich den deut-schen Soldaten gesehen, sein Gewehr war anders als dieamerikanischen Gewehre. Und er hatte eine … Laser-leuchte und er hat immer wieder mit seinem Gewehr aufunsere Köpfe gezeigt. (…)“ (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II,S. 28 f.)

VI. Misshandlungen?Aus verschiedenen Gründen ist es dem Untersuchungs-ausschuss nicht gelungen, abschließend zu klären, ob dievon Murat Kurnaz erhobenen Vorwürfe gegen Angehö-rige des KSK insgesamt zutreffend sind. Letztlich stan-den Aussagen gegen Aussagen. Vieles spricht jedoch da-für, dass sich der Vorfall so abgespielt hat, wie MuratKurnaz ihn aus der Erinnerung geschildert hat.

Dafür spricht zunächst der glaubwürdige Eindruck, denMurat Kurnaz bei seiner Vernehmung vor dem Ausschussgemacht hat. Bemerkenswert ist zudem, dass Herr Kurnazbei der Lichtbildervorlage durch die StaatsanwaltschaftEnde 2006 den Hauptverdächtigen erkannt hat, der da-raufhin in dem bis dato gegen „Unbekannt“ geführtenstaatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren als „Beschul-digter“ eingetragen wurde.

Die beiden von der Staatsanwaltschaft Beschuldigten, dievor dem Untersuchungsausschuss als Zeugen vernommenwurden, wurden bei ihrer Befragung anwaltlich begleitetund verweigerten weitgehend die Antwort auf Fragen, diesie selbst belasten könnten – beides ist ihr gutes Recht.Erwähnenswert ist jedoch, dass gerade der Hauptbeschul-digte zu Beginn seiner Vernehmung in aggressivem TonVorwürfe gegen den Untersuchungsausschuss vortrug.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass an der verbalen An-sprache von Kurnaz durch Kommandosoldaten (in demSinne: „Du bist wohl auf die falsche Seite geraten“) keineZweifel mehr bestehen können. Zwar bekannte sich kei-ner der befragten Soldaten dazu, diesen oder einen ähnli-chen Ausspruch gegenüber Murat Kurnaz getätigt zu ha-ben; einige Soldaten gaben aber an, ihn gehört zu habenoder später davon gehört zu haben, dass er gefallen sei.Die Aussagen der Beschuldigten und unmittelbaren Zeu-gen, sie könnten sich aber nicht erinnern, welcher Soldatfür den Spruch verantwortlich war, erscheinen jedoch we-nig glaubwürdig.

Die Staatsanwaltschaft Tübingen teilte hinsichtlich ihrereigenen Ermittlungen folgende Beobachtungen mit:

„Ein Beschuldigter war bei seiner Zeugenvernehmung au-ßergewöhnlich unsicher. Als er gefragt wurde, ob er dieBemerkung mit ,der falschen Seite’ gemacht habe, re-agierte er, wie vom ermittelnden Kriminalbeamten festge-halten, auffallend nervös und wurde rot. Schließlich bestä-tigte noch ein Zeuge, dass man im Nachhinein innerhalbder Kompanie darüber gesprochen habe, wer für den Aus-spruch verantwortlich sein könnte und dass dabei derName gerade dieses Beschuldigten genannt worden sei.“

Im Ergebnis heißt es weiter:

„Die Staatsanwaltschaft Tübingen schließt daraus, dassder von Kurnaz wiedererkannte Beschuldigte tatsächlichden Spruch am Zaun gemacht hat.“ (MAT 16 – 41, Pres-semitteilung vom 29. Mai 2007)

An den diesbezüglichen Aussagen der befragten Kom-mandosoldaten bestehen insgesamt erhebliche Zweifel.Sie sind – um es mit den Worten der StaatsanwaltschaftTübingen zu sagen – „kritisch zu würdigen“. Dabei fielauf, dass sich einige Aussagen durch wenig Detailreich-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 175 – Drucksache 16/10650

tum und erhebliche Erinnerungslücken bei gleichzeitigidentischer Wortwahl auszeichneten. Einige Soldaten ver-mittelten dem Ausschuss zudem den Eindruck, dass sieZweifel am Sinn und Zweck der Untersuchung habenbzw. sich durch diese eher belästigt oder bedrängt sehen.

Auch der von der Staatsanwaltschaft als zentral angese-hene Punkt – konnte zur Tatzeit im inneren Bereich desLagers ein Lastwagen stehen? – erscheint nunmehr ge-klärt.

Dass die als Zeugen vernommenen Soldaten fast durch-gängig angaben, einen LKW im Gefangenenlager nichtwahrgenommen zu haben, darf – auch vor dem Hinter-grund des allgemeinen Aussageverhaltens – nicht verwun-dern. Auffällig ist jedoch, dass der einzige Soldat, der dasVorhandensein eines LKW bestätigte, – ein Offizier –nicht zum engeren Kreis der Kommandosoldaten zählte.

Die Wahrnehmung vieler Soldaten über den inneren Be-reich des Gefangenenlagers beschränkt sich zudem auf ei-nen einzigen kurzen Zeitraum (ein Tag oder eine Nacht)des Wachdienstes. Daher kann es kaum verwundern, soll-ten sie in diesem beschränkten Zeitraum dort tatsächlichkeinen LKW gesehen haben.

Dass jedoch Lastwagen das Gefangenenlager auch imfraglichen Zeitraum tatsächlich befahren konnten undauch befahren haben, ergibt sich nicht nur aus den im„Stern“ und im „Spiegel“ (Heft 36/2007, MAT 16 – 66,S. 68/69) veröffentlichten Fotos, sondern wird eindrück-lich auch durch die Aussage des Zeugen Ruhal Ahmedbestätigt, der vom 31. Dezember 2001 bis zum 14. Fe-bruar 2002 im Gefangenenlager festgehalten wurde. DerZeuge schilderte dem Ausschuss, dass er selber einer derGefangenen war, die Eimer mit Fäkalien zu dem Lastwa-gen brachten:

„Diese Lastwagen waren ziemlich groß, und sie fuhrendurch das Haupttor. (…) Sie hatten Fässer geladen, großeFässer, in denen sie die Fäkalien abtransportierten. (…)Wir kippten die Fäkalien in Fässer und die wurden dannaus dem Lager gefahren zu einem bestimmten Ort unddort verbrannt.“ (Wortprotokoll Nr. 22, Teil II, S. 10)

Dies entspricht den Angaben, die ehemalige US-Soldatengegenüber dem „Spiegel“ gemacht haben („Die Fäkalienwurden mit einem Lastwagen abgeholt. Die Fahrer ka-men durch das Haupttor auf das Gefangenengelände biszum Abholpunkt.“). Bedauerlicherweise konnten dieseSoldaten vom Ausschuss nicht gehört werden, da die US-Seite jegliche Mitwirkung an der Aufklärung des Sach-verhalts verweigerte.

Ob das Gefangenenlager möglicherweise erst zu einemspäteren Zeitpunkt, also noch nicht in der ersten Hälftedes Monats Januar, mit Lastkraftwagen befahren wurde,bleibt Spekulation. Zumindest müssen die Aussagen der-jenigen Soldaten, die sich dahingehend einließen, Last-wagen hätten aufgrund der örtlichen Gegebenheiten garnicht in das Gefangenenlager fahren können, als wider-legt gelten.

VII. Meldungen1. Ein Deutscher im US-Gewahrsam

in Kandahar Die ersten Meldungen über einen Deutschen oderDeutschsprachigen im US-Gewahrsam in Kandahar ka-men aus den USA. Eine entsprechende Meldung schickteder BND-Verbindungsbeamte beim US Central Commandin Tampa, Florida bereits am 28. Dezember 2001 nachDeutschland. Am 29. Dezember 2001 meldete das Deut-sche Verbindungskommando beim US Central Commandim Rahmen täglicher Meldungen an das Bundesministe-rium der Verteidigung (Fachreferat Fü S V 2), dass es Hin-weise auf einen von US-Kräften gefangenen Deutschengäbe. Am 4. Januar 2002 erfolgte eine Bestätigung dieserMeldung.

Auch das Kommando Spezialkräfte in Kandahar wusstezu diesem Zeitpunkt Bescheid. Am 3. Januar 2002 meldetder Kommandeur des deutschen Kontingents Spezial-kräfte aus Kandahar:

„Im Kriegsgefangenenlager auf dem AIRFIELDKANDAHAR befinden sich ca. 250 POW, darunter auchein Deutscher, der offensichtlich Al Qaida Anhänger ist.“

Und zur Bewertung heißt es sodann:

„Die Tatsache, dass sich unter den POW u. a. auch einDeutscher befindet, zeigt deutlich, dass es sich bei denKämpfern der Al Qaida nicht nur um Kämpfer aus islami-schen Ländern, sondern auch aus westlichen Nationenhandelt.“

Noch deutlicher wird der Kommandeur in seiner der Mel-dung vom folgenden Tage beigefügten „Bewertung derBedrohungslage“ (Stand 4. Januar 2002), in der es unterPunkt 4. Gefangene AQ-Kämpfer und TB-Führer heißt:

„Zurzeit befinden sich ca. 250 Gefangene (mutmaßlicheAQ-Terroristen und TB-Führer) in Gewahrsam der US-Streitkräfte. Für sie wurde ein Gefangenensammellagereingerichtet, das als Übergangseinrichtung bis zur Verle-gung der Festgenommenen nach GUANTÁNAMO BAYdient. (Bericht folgt)

Bei den Gefangenen handelt es sich um fanatisierte,kampferprobte und rücksichtslose Kämpfer, die mitMasse eine terroristische Ausbildung erhalten haben. Ver-suche, sich aus primitivsten Mitteln Waffen herzustellen,wurden mehrfach enttarnt und vereitelt.

Die Gefangenen bilden trotz strenger Bewachungs- undSicherheitsvorkehrungen ein hohes Risikopotential.“

Interessant an diesen Ausführungen ist auch die Bezeich-nung der Gefangenen als Kriegsgefangene (Prisoners ofWar-POW) und des Lagers als Kriegsgefangenenlager.Diese Terminologie wurde später geändert. Außerdem istbemerkenswert, dass bereits zu diesem frühen Zeitpunktbekannt war, dass die Festgenommenen nach Guantánamoverbracht werden sollten.

Was mit diesen Meldungen aus Kandahar geschah und inwelchem Zeitraum sie in der militärischen Hierarchienach oben weitergegeben wurden, ließ sich nicht klären.Nach Angaben des Kontingentführers gab es keine „An-

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weisungen als Reaktion auf diese Meldung.“ (BMVg-An-hörung, MAT 16 – 14, Anlage 03)

Bekannt ist aber, dass die Spitze des BMVg bereits am4. Januar 2002 unterrichtet wurde. In einem Fernschrei-ben des BMVg aus Washington an Staatssekretär Dr.Stützle heißt es u. a.:

„Im US-Gewahrsam (…) befinden sich derzeit 221 Tali-ban, darunter in Kandahar ein Deutscher.“

(Der Name ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt.)

Auch hier blieb unklar, was mit diesen Meldungen in derSpitze des BMVg geschah. Die damaligen StaatssekretäreDr. Stützle und Biederbick gaben beide vor dem Aus-schuss an, keine Kenntnis oder keine Erinnerung mehr andiese Meldung zu haben.

2. Erste Informationen zur Person Murat Kurnaz durch die Geheimdienste

Die ersten Informationen zur Person Murat Kurnaz ka-men über die Geheimdienste in Deutschland an. So über-mittelte die Verbindungsbeamtin des BKA beim BNDunter dem 9. Januar 2002 erste Erkenntnisse der US-Amerikaner über Kurnaz (mit aktuellem Foto) und demHinweis, die Mitteilung stamme von einer BND-Quellein Kandahar.

Das Foto und die Personenbeschreibung des MuratKurnaz wurden am 7. Januar 2002 von der Zelle Militäri-sches Nachrichtenwesen beim KSK (Zelle MilNW) nachDeutschland übermittelt, und zwar vermutlich sowohl andas Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr(ZNBw) wie auch an den Bundesnachrichtendienst(BND).

3. Die undurchsichtige Rolle der Nachrichtendienste

Die Rolle deutscher Nachrichtendienste (ZNBw, BND,MAD) bei der Informationsübermittlung im Zusammen-hang mit der Inhaftierung von Murat Kurnaz in Kandaharkonnte nicht vollständig aufgeklärt werden. Allerdingsgab es Hinweise darauf, dass Angehörige deutscherNachrichtendienste in Kandahar bereits Anfang Januar2002 konkrete Informationen zur Person Murat Kurnazerhalten und an ihre jeweiligen Zentralen weitergeleitethaben. Zwei der in diesem Zusammenhang vom Untersu-chungsausschuss angehörten Zeugen wurden nach ihrerersten Vernehmung vom Ausschuss zu einer weiteren Be-fragung geladen. Grund hierfür war in einem Fall (ZeugeNr. 11), dass erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt sei-ner ersten Aussage bestanden und ihm die Gelegenheitzur Korrektur seiner Angaben gegeben werden sollte. Imzweiten Fall (Zeuge Nr. 16) war eine ergänzende Verneh-mung notwendig, um den Zeugen zu seiner Kenntnis imZusammenhang mit Unterlagen zu befragen, die das Bun-deskanzleramt dem Untersuchungsausschuss erst nachdessen erster Befragung im Mai 2007 zur Verfügung ge-stellt hatte.

Wie weit die einzelnen deutschen Dienste in Vernehmun-gen involviert waren oder zumindest von Befragungser-

gebnissen profitierten, ließ sich nicht abschließend klä-ren. Aber es gab Hinweise, beispielsweise in einerMeldung der Zelle Militärisches Nachrichtenwesen ausKandahar an das ZNBw vom 9. Januar 2002 (Tgb.-Nr. 51/07; MAT 16 – 59 u. 16 – 60), in der es u. a. heißt:

„Als Anlage die Vernehmungsprotokolle einiger Gefan-gener. Wird wahrscheinlich nur für den MAD interessantsein. Die Geschichte zu Murrat könnt Ihr Euch aus Mün-chen liefern lassen.“

Weitergehende Hinweise enthält der „Erfahrungsberichtüber den Einsatz als Zelle MilNW beim 1. KontingentKSK im Rahmen der Operation Enduring Freedom“ vom20. März 2002:

„Verwirrend war die Behandlung des Problems MuratKurnatz, des türkischen Staatsbürgers, gesucht mit deut-schem Haftbefehl, inhaftiert im Detainee-Lager Kanda-har. Während anfangs offenbar großes Interesse an Befin-den und Aufenthalt bestand, wurde auf das Angebot zueinem direkten Gespräch lediglich ein Fragebogen über-sandt.

Es entstand offensichtlich eine Kompetenzdiskussion imHause, die zielgerichtetes Reagieren nicht zuließ.* (…)

Während hier auf weitere Informationen und Anweisun-gen von zuhause gewartet wurde, wurde das ‚Problem‘auf eigene Weise gelöst.“ (MAT 16 – 54)

VIII. Rechtsgrundlagen

1. Fehlende rechtliche Klarheit

Auslandseinsätze der Bundeswehr sind zwingend an dasVölkerrecht und die Menschenrechte gebunden. Das istauch das Selbstverständnis der Soldatinnen und Soldatender Bundeswehr. Im Verlauf der Untersuchungen wurdejedoch zunehmend deutlicher, dass es auf allen Ebenen,einschließlich der politisch Verantwortlichen, erheblicheSchwierigkeiten bei der Bestimmung der menschen- undvölkerrechtlichen Grenzen und Bindungen des OEF-Ein-satzes in Afghanistan gab. Dies führte zu erheblichen Un-sicherheiten, wie und entlang welcher rechtlichen Vorga-ben erlaubtes von unerlaubtem Handeln abzugrenzen ist.Dabei geht es um so entscheidende Fragen wie die, wasmit festgenommenen Personen zu geschehen hat, und obund unter welchen Bedingungen eine Übergabe dieserPersonen an andere Institutionen zulässig ist. Diese Fra-gen stellen sich im Übrigen auch beim ISAF-Einsatz.

Mit Schreiben vom 13. Januar 2002 wandte sich der Chefdes Stabes des Einsatzführungskommandos an das BMVgund wies auf Folgendes hin:

* Ein Teil dieses Zitates wurde vom Bundeskanzleramt nicht freigege-ben, da die vollständige Wiedergabe nach Auffassung des Kanzler-amtes Verstimmungen auf alliierter Seite auslösen könnte.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 177 – Drucksache 16/10650

„Bei der Durchführung von Operationen in AFG werden/können die Spezialeinsatzkräfte auf Personen/-gruppentreffen, die sehr unterschiedlichen Status haben können(TALIBAN; Al Qaida, Zivilbevölkerung) und mit oderohne Waffen angetroffen werden.

Es wird um Prüfung und Weisung gebeten

was mit festgehaltenen, festgenommenen oder gefangengenommenen Personen zu geschehen hat,

ob und unter welchen Bedingungen eine Übergabe anandere Institutionen/Kräfte (z. B. Interim Authority(IA), US Streitkräfte, andere Koalitionsstreitkräfte) zu-lässig ist.

Da diese Problematik potenziell Bedeutung hat für alle imRahmen der Operation ENDURING FREEDOM einge-setzten deutschen Kontingente wird um grundsätzlichePrüfung gebeten.“ (MAT 16 – 14, Anlage 20)

Diese Nachfrage des Einsatzführungskommandos wardurchaus berechtigt, ist es doch – nach eigener Darstel-lung – Aufgabe des Einsatzführungskommandos sicher-zustellen,

„dass der Einsatz deutscher Kräfte den Rahmen ihrer Man-date und die Rechtsnormen der Bundesrepublik Deutsch-land nicht verletzt.“ (www.einsatz.bundeswehr.de)

Am 22. Januar 2002 hatte der damalige AußenministerJoschka Fischer in einer Presseerklärung des AuswärtigenAmtes zur Frage der in Guantánamo Inhaftierten Stellunggenommen:

„Im Kampf gegen den Terrorismus verteidigen wir auchunsere Grundwerte. Sie gelten ohne Ansehen der Person,schützen Leben und Würde des Menschen. Dies ist es,was wir terroristischen Herausforderungen entgegenstel-len müssen.

Mit Blick auf die Inhaftierten in Guantánamo sind wirdeshalb der Auffassung, dass sie, unabhängig von einerspäteren Statusdefinition, wie Kriegsgefangene zu behan-deln sind. Das heißt in Übereinstimmung mit dem huma-nitären Völkerrecht, so wie es die Genfer Konventionfestschreibt:

– menschliche Behandlung

– Achtung der Person und Ehre

– Schutz vor Gewalttätigkeit und Einschüchterung

– Anspruch auf ärztliche Behandlung

– bei Gerichtsverhandlungen rechtsstaatliche Garantien.

(…) Die Bundesregierung hat mit der amerikanischenSeite das Gespräch über den rechtlichen Status und dieBehandlung der in Guantánamo Inhaftierten aufgenom-men.“

Eine Bestimmung des zulässigen Vorgehens im Einzelfallsetzt vor dem Einsatz Klarheit über die geltenden rechtli-chen Grundsätze voraus. Dies war in der gesamten erstenHälfte des Jahres 2002 Gegenstand von Beratungen und

Abstimmungen zwischen den beteiligten Ministerien(BMVg, AA, BMJ). So wird in einer Vorlage der Rechts-abteilung des BMVg an Bundesminister Scharping vom7. Februar 2002 darauf hingewiesen,

„dass auch im BMJ und AA überlegt wird, wie die sichaus der Aufgabenstellung insbesondere von KSK-Kräften(…) möglicherweise ergebenden Folgefragen, insbeson-dere bzgl. des Verfahrens bzgl. festgenommener Personen(…) rechtlich und praktisch gelöst werden können.“

Am 22. Februar 2002 gab der Minister die Zustimmungzur

„Einberufung des Ressortarbeitskreises“ [BMJ, AA, BMVg,BMI] „(…) um eine grundsätzliche Vorklärung der skiz-zierten Rechtsfragen und anzuwendenden Verfahren her-beizuführen“.

Die Versuche der Abstimmung zwischen den beteiligtenHäusern führten jedoch nicht zur Auflösung des Dissen-ses innerhalb der Bundesregierung. In der Konsequenzwurde die Verantwortung bei den Soldaten abgeladen.

Sogar innerhalb des Bundesministeriums der Verteidigunggab es konträre Auffassungen, die in sich widersprechen-den Rechtsgutachten Niederschlag fanden und im Rahmender Vernehmung der damaligen Mitarbeiter der Rechtsab-teilung des BMVg nochmals deutlich zutage traten.

In dem Gutachtenentwurf vom 3. Juni 2002 kommt derdamalige Leiter des Referates R II 3 im Bundesministe-rium der Verteidigung zu dem Schluss, es spräche vielesdafür, dass ehemalige Taliban-Kämpfer und Al-Qaida-Mitglieder, die an den bewaffneten Auseinandersetzun-gen in Afghanistan teilgenommen haben, als Kombattan-ten anzusehen und bei Festnahme als Kriegsgefangene zubehandeln seien. Daraus wurden dann konkrete Folgerun-gen hinsichtlich der Dauer und Bedingungen des Festhal-tens gezogen. Insbesondere wurde erläutert, dass deut-sche Kräfte Personen nicht an einen Staat (USA)übergeben dürfen, wenn ihnen dort möglicherweise dieTodesstrafe droht.

Dieses Gutachten wurde in einem mehrere Monate dau-ernden Prozess mit dem Auswärtigen Amt (AA) undBundesministerium der Justiz (BMJ) bis zur Staatssekre-tärs-Ebene abgestimmt. Dabei betonte das AuswärtigeAmt insbesondere, dass die Bundeswehr auch bei Aus-landseinsätzen an die Grundrechte gebunden sei. DasBundesministerium der Justiz ergänzte u. a., dass einevon der Bundeswehr in Afghanistan festgehaltene Personnur dann an die USA übergeben werden dürfe, wenn dieUSA zusichern, dass die Todesstrafe nicht ausgesprochenoder zumindest nicht vollstreckt werden wird.

Nach der Abstimmung mit den anderen Ressorts wurde dasGutachten vom zuständigen Unterabteilungsleiter im Bun-desministerium der Verteidigung angehalten. Vielmehr er-ging nunmehr an das Referat R II 2 im Verteidigungs-ministerium der Auftrag, in einer weiteren gutachterlichenStellungnahme „die im Gutachten des Referatsleiters R II 3enthaltenen Rechtsfehler zu korrigieren“.

Drucksache 16/10650 – 178 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Das Gutachten des Referates R II 2 distanziert sich vonder mit dem AA und BMJ abgestimmten Vorlage undstellt klar:

„Nach Auffassung von AA und BMJ ist die deutsche Be-teiligung an der Ergreifung mutmaßlicher Terroristen inAfghanistan und am Horn von Afrika rechtlich problema-tisch. (…) Die Rechtsauffassung von AA und BMJ wirdnicht geteilt.“

Entgegen der Auffassung des Auswärtigen Amtes unddes Bundesministeriums der Justiz sei ein internationalerbewaffneter Konflikt nicht gegeben. Daher sei der Statusvon in Afghanistan ergriffenen Taliban und Al-Qaidaauch nicht der von Kriegsgefangenen. Selbst wenn einemergriffenen Terroristen in einem Strafverfahren die Todes-strafe drohte, wäre das Mitwirken deutscher Soldaten anseiner Ergreifung und die weitere Behandlung durch dieUSA nicht als Verstoß gegen geltendes Völkerrecht oderdeutsches Recht zu werten.

Dieses „Gegengutachten“ konnte nicht nur wegen des klarherausgearbeiteten Dissenses in der Sache nicht mit denanderen Ressorts (AA/BMJ) abgestimmt werden, sondernschon deswegen nicht, da diese bis zur Staatssekretärs-ebene das erste Gutachten abgesegnet hatten. Die Sachewurde daher vom Verteidigungsministerium nicht weiter-verfolgt. Nach Aussagen von Staatssekretär Biederbickgab es dafür keine Notwendigkeit, es handele sich viel-mehr um ein „akademisches Problem.“

Neben anderen fragwürdigen Aussagen sind insbesonderedie Ausführungen in dem zweiten Gutachten zur Frageder Todesstrafe schlicht überholt und unzutreffend. DennDeutschland ist wie die anderen Mitgliedsstaaten des Eu-roparates an die Europäischen Menschenrechtskonven-tion (EMRK) und insbesondere an das 6. Zusatzprotokollzur EMRK gebunden, wonach die Todesstrafe verbotenist. Dabei ist entscheidend nicht darauf abzustellen, ob dieUSA durch völkerrechtliche Normen an der Verhängungund Vollstreckung der Todesstrafe gehindert sind. An-knüpfungspunkt ist vielmehr das deutsche Handeln, dassich an den hierfür verpflichtenden Bindungen orientierenmuss, selbst wenn es sich im Ausland (Afghanistan) ma-nifestiert oder seine Auswirkungen in einem anderenStaat (USA) eintreten.

Letztlich läuft die rechtliche Kontroverse innerhalb desBMVg auf die Erklärung hinaus, die Aktionen zur Ergrei-fung seien „notwendig“, könnten rechtlich nicht zweifels-frei eingeordnet werden und stellten sich als Maßnahme„sui generis“ dar (Gutachten R II 2).

Die Bezeichnung „bewaffneter Kampf gegen Straftäter“(Unterabteilungsleiter Rechtsabteilung BMVg) vernebeltdabei die rechtlichen Grundlagen des Einsatzes. Geltendie Garantien des Grundgesetzes und der EuropäischenMenschenrechtskonvention (EMRK) oder die Regelun-gen des humanitären Völkerrechts? Findet der Einsatz imRahmen eines bewaffneten Konfliktes statt? Praktisch be-reitet die Abgrenzung sicher große Schwierigkeiten; sieist dennoch notwendig, um zu einer klaren rechtlichenFundierung des Einsatzes zu kommen.

Wertet man die Operation als Strafverfolgung, so geltendie Garantien des Grundgesetzes und der EuropäischenMenschenrechtskonvention (Unschuldsvermutung, Rich-tervorbehalt, etc.). Im Falle eines bewaffneten Konfliktesgelten vorrangig die Schutzvorschriften des humanitärenVölkerrechts (insbesondere der gemeinsame Artikel 3 dervier Genfer Abkommen von 1949). Eine Folge der Klassi-fizierung als bewaffneter Konflikt wäre jedoch auch, dassdeutsche Soldaten legitime Ziele von Kampfhandlungendarstellen würden; eine Konsequenz, die im BMVg ausnachvollziehbaren Gründen nicht gewünscht war.

2. Keine „Rules of Engagement“ (ROEs)

Alle Zeugen haben dem Untersuchungsausschuss bestä-tigt, dass es im zu untersuchenden Zeitraum für den Ein-satz des KSK in Afghanistan keine Rules of Engagementgab.

Hinsichtlich der Einsatzgrundsätze wurde immer wiederauf die grundlegende Weisung Nr. 1 (zur Führung von Ein-sätzen der Bundeswehr im Rahmen von Operationen zurBekämpfung des internationalen Terrorismus) und Wei-sung Nr. 101 (zur Verlegung und zum Einsatz von Spezial-kräften im Rahmen der Operation Enduring Freedom) Be-zug genommen. Entgegen anderslautenden Behauptungeneiniger Zeugen vor dem Untersuchungsausschuss wird indiesen Weisungen die Frage der Gefangennahme oder dieBehandlung möglicher Gefangener nicht angesprochen.

Die grundlegende Weisung Nr. 1 vom 16. November2001 enthält als Anlage F einen Hinweis auf „RechtlicheRahmenbedingungen“. Darin heißt es u. a.:

„Die Regeln des in internationalen bewaffneten Konflik-ten geltenden humanitären Völkerrechts sind zu beach-ten.“

Da muss es doch schon überraschen, dass der zuständigeUnterabteilungsleiter der BMVg-Rechtsabteilung als Er-gebnis eines längeren Überlegungs- und Diskussionspro-zesses zu dem Schluss kommt, bei dem Konflikt inAfghanistan 2002 handele es sich nicht um einen interna-tionalen bewaffneten Konflikt.

3. Interpretation des Auftrages des Bundestages

Der Deutsche Bundestag hatte im November 2001 be-schlossen, dass sich die Bundeswehr an der OperationEnduring Freedom u. a. mit dem Ziel beteiligt, Terroris-ten zu bekämpfen, gefangen zu nehmen und vor Gerichtzu stellen. Nach der Aussage des zuständigen Unterabtei-lungsleiters gehörte es zu den Aufgaben der Rechtsabtei-lung des BMVg,

„dass wir uns Gedanken machen, wie Bundestagsbe-schlüsse zu interpretieren sind.“ (…) (StenografischesProtokoll Nr. 19, S. 25)

Und weiter:

„Wir haben hier gesehen, dass der Bundestagsbeschluss(…) nicht bedeutet, dass wir alle Aufgaben selbst erfül-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 179 – Drucksache 16/10650

len, direkt an vorderster Front kämpfen, gefangen neh-men und vor Gericht stellen. Wenn es so gewesen wäre,dann hätte man sich ja auch einmal Gedanken machenmüssen: Was machen denn die deutschen Streitkräfte mitden ergriffenen Personen?

Ich meine, auch das Parlament muss doch überlegen, wases beschließt. Das geht doch durch viele Ausschüsse. Wirhaben also die Sache nie so verstanden, dass wir dieseDinge machen müssen, um dem Bundestagsmandat zugenügen, sondern wir haben gesagt, die deutschen Streit-kräfte leisten einen Beitrag, und der darf eben nicht darinbestehen, (…) eigene Gefangene zu machen.“ (Stenogra-fisches Protokoll Nr. 19, S. 34)

4. „Keine eigenen Gefangenen“Es gab offensichtlich auf der Ebene der militärischenFührung und der politisch Verantwortlichen eine Überein-kunft, dass Deutschland in Afghanistan keine eigenenGefangenen machen und sich bei der Frage der Gefan-gennahme am besten heraushalten solle. Ein schriftlichesDokument, in dem diese Position niedergelegt wird, istdem Untersuchungsausschuss allerdings weder vorgelegtworden noch bekannt geworden. Während in der Sacheoffensichtlich großes Einvernehmen herrschte, blieb un-klar, wann und von wem diese Linie entwickelt wurde.Unklar blieb auch, ob diese Linie aus der praktischen Er-wägung entstand, dass man gar nicht die Kapazitätenhatte, um eigenes Gewahrsam zu begründen, oder ausrechtlichen Erwägungen.

Der Unterabteilungsleiter der BMVg-Rechtsabteilung sagtedem Ausschuss dazu:

„ Die militärische Seite hat mir, sofern das überhaupt ver-lautbart wurde, aber dann doch zwischen den Zeilen ge-sagt: ,Hör mal, wir machen keine Gefangenen‘ – vonAnfang an.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 19, Teil II,S. 28)

Der Kontingentführer bestätigte dies vor dem Ausschussmit folgenden Worten:

„Mir wurde (…) die Auflage gemacht: Ihr könnt Perso-nen festsetzen, sie sind aber unmittelbar an die Amerika-ner zu übergeben. Wir Deutsche machen keine Gefange-nen. (…)“ (Stenografisches Protokoll Nr. 4, Teil III, S. 6).

5. Beteiligung an Menschenrechts-verletzungen ist unzulässig!

Auch jegliche Form von Unterstützung, die zu einer men-schenrechtswidrigen Behandlung führt, ist den deutschenStreitkräften verboten. Diese Konsequenz scheut jedochauch der mit dem BMJ und AA abgestimmte, später fal-lengelassene Gutachtenentwurf. Einzig das BMJ hat in ei-ner Anmerkung diese Problematik aufgegriffen: Wenndie Behandlung von Festgenommenen menschenrechts-widrig ist, sind auch Unterstützungsleistungen und Bei-hilfehandlungen, die zur Festnahme führen, unzulässig.Das gilt nicht nur für die direkte Übergabe von festgehal-tenen Personen an US-Kräfte, sondern auch für jedes an-dere Verhalten, das diesen eine Festnahme ermöglicht

oder erleichtert. Bereits die informell praktizierte Arbeits-teilung (Bundeswehr hält Personen so lang fest, bis sievon den USA übernommen werden können) überschreitetdie Grenzen des rechtlich Zulässigen.

6. Verschleierung gegenüber dem ParlamentDie Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Bundesre-gierung sollten dem Deutschen Bundestag und der Öf-fentlichkeit vorenthalten werden. So heißt es in einemVermerk der Rechtsabteilung des Bundesministeriumsder Verteidigung (R II 2 – Az. 02-25-25) vom 22. August2002 im Zusammenhang mit einem Auftrag, einen Ant-wortentwurf an den Vorsitzenden des Verteidigungsaus-schusses zu formulieren, der ein völkerrechtliches Gut-achten zum Einsatz des „Kommandos Spezialkräfte“enthält,

„dass die Offenbarung eines Dissenses innerhalb derBReg (AA/BMJ versus BMVg) vermieden werden sollte.Wenn irgend möglich, sollte die Beantwortung weiter hin-ausgezögert werden.“

Einzelnen Abgeordneten, die sich mit Fragen an das Bun-desministerium der Verteidigung gewandt hatten, erginges nicht anders. Auch hier ist ein Vermerk der Rechtsab-teilung aufschlussreich:

„Der noch offene Auftrag Parl Kab – Beantwortung einerAnfrage der MdB Lippmann, PDS – wurde auf derGrundlage des vorgelegten Rechtsgutachtens R II 2 mitLeiterin Ministerbüro erörtert. Hierbei zeichnete sich dieTendenz ab, wegen des im Gutachten sichtbar werdendenDissens der Rechtsauffassungen AA/BMJ einerseits undBMVg andererseits keine Beantwortung der Anfragenoch in dieser Legislaturperiode ins Auge zu fassen.“(BMVg, R II 2, 27. August 2002, Hervorhebungen im Ori-ginal).

In ähnlicher Weise wurde auch mit Anfragen des Wehrbe-auftragten des Deutschen Bundestages verfahren. Dieserhatte sich mit Datum vom 27. Juni 2002 und erneuten Er-innerungsschreiben von Ende Juli und Mitte Oktober andas Ministerium gewandt.

Eine Antwort durch den Parlamentarischen StaatssekretärWalter Kolbow erfolgte erst am 13. November 2002. Zu-vor hatte der Leiter des Planungsstabes den Briefentwurf„entschärft“ mit dem Hinweis:

„Dem Wehrbeauftragten sollten daher nicht die Mei-nungsverschiedenheiten“ [innerhalb der Bundesregie-rung], „sondern lediglich der Minimalkonsens mitgeteiltwerden.“

In seinem Jahresbericht 2002 hat der Wehrbeauftragte mitfolgenden Worten auf die Problematik hingewiesen:

„Soldaten müssen sicher sein können, dass der jeweiligeEinsatz rechtlich einwandfrei abgesichert ist. (…) Diesgilt auch für eine mögliche Beteiligung deutscher Solda-ten bei Festnahmen von Personen, die von den US-Ameri-kanern nach Guantánamo auf Kuba oder anderswohin ver-bracht, festgehalten, befragt und möglicherweise auch zurVerantwortung gezogen werden. Dazu wird von hochran-

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gigen Sachverständigen die Meinung vertreten, dass dieseArt des Vorgehens gegen grundsätzliche Regeln des inter-nationalen Rechts verstoße. Auch dieses Rechtsproblemdarf nicht auf dem Rücken der Soldaten ausgetragen wer-den. (…)“ (Bundestagsdrucksache 15/500 vom 11. März2003)

7. Verhalten bei Gefangennahmen

Vor dem Untersuchungsausschuss ist deutlich geworden,dass es keine schriftliche Handreichung für die deutschenSoldaten in Afghanistan gab, wie sie sich im Falle einerGefangennahme oder Festnahme von bekämpften Perso-nen verhalten sollen. Auch nach Aussagen des zuständigenUnterabteilungsleiters der Rechtsabteilung des BMVg hates lediglich eine mündliche Einweisung des KSK direktvor Ort in Calw gegeben.

Über diese Einweisung berichtete der Kompaniechef:

„Vor dem Einsatz gab es lediglich eine Einweisung durchden Rechtsberater (…), dabei wurde die Frage der Gefan-gennahme nicht weiter vertieft.“ (Zeuge Nr. 36, BMVg-Anhörung, MAT 16 – 14, Anlage 03)

Der damalige Generalinspekteur Kujat vertrat vor demUntersuchungsausschuss folgende Auffassung:

„(…) Ich hätte es vorgezogen, wenn wir vor Beginn desEinsatzes die Frage der Gefangenen geregelt gehabt hät-ten, und zwar in einer zentralen Dienstvorschrift. (…) Dasist nicht geschehen. Ich denke, es wäre sinnvoll gewesen,hier Handlungssicherheit für unsere Soldaten zu schaf-fen.“ (Stenografisches Protokoll Nr. 18, Teil II, S. 8)

8. Humanitäres Völkerrecht – praktische Umsetzung

Die vom Untersuchungsausschuss vernommenen militäri-schen Führer und politisch Verantwortlichen gaben unisonoan, dass das humanitäre Völkerrecht selbstverständlich beiallen Einsätzen der Bundeswehr Geltung beanspruche.Auffallend war jedoch, wie formelhaft und bemerkens-wert unkonkret diese Hinweise waren. Auch auf Nachfra-gen war keiner der Befragten in der Lage, konkreteVerhaltensnormen zu benennen oder praktische hand-lungsleitende Schlussfolgerungen für konkrete Einsatzsi-tuationen abzuleiten.

IX. Bewertungen und Schlussfolgerungen

1. Einsatzrealität

Die Spezialsoldaten kamen zu einer Zeit (Anfang Januar2002) nach Afghanistan, als die Kampfhandlungen abge-flaut waren und sich Al Qaida und Taliban schon weitge-hend zurückgezogen hatten. Das Vertrauen auf die Mitver-sorgung der deutschen Soldaten durch die US-Streitkräftewurde nur minimal eingelöst. Der wochenlange Verzichtauf einen nationalen Lufttransport führte zu unnötig belas-tenden Lebensbedingungen in Kandahar und wirft dieFrage auf, ob dies ein Verstoß gegen die Fürsorgepflichtder politisch-militärischen Führung war.

Die Anforderungen der Einsätze waren erheblich, die Ri-siken hoch. Die Einsätze bewegten sich alle im Rahmenvon Special Reconnaissance (Spezialaufklärung) und Di-rect Action (hier als Sensitive-Sites-Exploitations, Durch-suchung von Verstecken, Waffenlagern etc.). Bei den KSK-Einsätzen im Untersuchungszeitraum kam es nicht zuSchusswechseln, Luftbodeneinsätzen, Gefangennahmenoder Beiträgen zur Inhaftierung. Von den eingesetztenSoldaten kam niemand zu Schaden. Durch die deutschenSoldaten wurde niemand direkt verwundet oder getötet.Insofern blieb die Einsatzrealität weit hinter den Möglich-keiten des Mandats, aber auch hinter vielen Befürchtun-gen zurück. Gerüchte von opferreichen Kampfeinsätzendes KSK in Afghanistan im Jahr 2002 entbehren nach denErmittlungen des Untersuchungsausschusses jeder Grund-lage. Bei der Operation „Anaconda“ waren die KSK-Sol-daten allerdings im Umfeld einer Operation eingesetzt,die mit der Verwüstung eines ganzen Landstrichs durchein Bombardement der US-Luftwaffe endete.

2. Führung und InteroperabilitätshindernisseIm internationalen Vergleich einmalig und angesichts derdeutschen Auftragstaktik ungewöhnlich war die enge Füh-rung und Kontrolle des deutschen Einsatzkontingentsdurch den Befehlshaber des Einsatzführungskommandos.Mit Sorgfalt wurde die Mandatstreue und Verantwortbar-keit der einzelnen Einsätze überprüft und ggf. die „roteKarte“ gezogen. Die Kooperation mit den US-Streitkräftenwar faktisch erheblich beeinträchtigt durch unterschiedli-che Auffassungen über die Rechtsform der militärischenBekämpfung mutmaßlicher Al-Qaida-Terroristen und ih-rer Unterstützer sowie die Rechtsstellung gefangener geg-nerischer Kämpfer. Die Vermeidung eigener Gefangen-nahmen bedeutete im Klartext, dass die Spezialsoldatennur einen Teil des Auftrages des Bundestages überhauptdurchführen konnten. Das hätte erst recht für den Fall einermilitärischen Bekämpfung von Terroristen gegolten, dersich bei den tatsächlichen Einsätzen des KSK nicht ergab:Bei einem militärischen „Zerschlagen“ und „Vernichten“von mutmaßlichen Terroristen hätten die deutschen Solda-ten kaum mitmachen dürfen.

Insofern konnte von einer „uneingeschränkten Solidari-tät“, wie sie der damalige Bundeskanzler Schröder ver-kündet hatte, ganz und gar keine Rede sein. De facto wardie deutsche Solidarität ausgesprochen eingeschränkt –sowohl hinsichtlich des Umfanges wie auch der Einsatz-formen. Trotz quantitativ erheblicher Beteiligung an OEFwar die Distanz zum realen „Global War against Terro-rism“ doch gravierend.

Die Biervorräte des deutschen Kontingents erleichtertenals beliebte Tauschware offenbar die alltägliche Zusam-menarbeit mit anderen Koalitionskräften. Sie ändertennichts an den gravierenden Kooperationshindernissen.

3. Sinn des Auftrags und politische Zweckentfremdung

Die einhellig von den Soldaten geäußerten Zweifel amSinn des Dauer-Kontingenteinsatzes waren berechtigt.Gegen Ende des ersten Kontingents sank der Bedarf er-kennbar. Die Übernahme eines eigenen Verantwortungs-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 181 – Drucksache 16/10650

raumes durch das 3. Kontingent ab August 2002 und dieAuftragsverlagerung hin zum Vorfeldschutz für das ISAF-Kontingent in Kabul waren dieser Entwicklung geschul-det. Ein Dauer-Kontingenteinsatz steht auch im Wider-spruch zum Anforderungsprofil von Spezialkräften, dieganz auf genauestens vorbereitete schnelle Operationenausgelegt sind. Angesichts der relativ geringen Zahl vonKommandosoldaten im KSK insgesamt (ca. 150) war da-mit die Durchhaltefähigkeit der Spezialkräfte extrem be-lastet. Der KSK-Einsatz war spätestens vom 2. Kontingentan nicht mehr mit militärischer Notwendigkeit, sondernnur noch politisch begründbar – als bündnispolitisches Sig-nal gegenüber den USA. Der häufig von KSK-Angehöri-gen geäußerte Verdacht, als „Spielball der Politik“ (erst-malig SPIEGEL 41/2002, S. 32) zu dienen, war also nichtunbegründet. Damit verstieß die politische Führung gegendas Prinzip eines ehrlichen Mandats und die berechtigteErwartung der Soldaten, dass ihr Einsatz – nach der Recht-mäßigkeit – zuallererst militärisch notwendig und verant-wortbar sein muss und nicht primär ein Mittel zu anderenpolitischen Zwecken sein darf. Mit dieser bündnispoliti-schen Instrumentalisierung des KSK-Einsatzes hat diedamalige Bundesregierung das ihr von den Soldaten ent-gegengebrachte Vertrauen beschädigt und auch das Parla-ment nicht wahrheitsgemäß informiert. Möglich wurdedas durch die mangelhafte Kontrolle der Spezialeinsätzedurch das Parlament, wo wegen der Geheimhaltung auchim Bundestag die politische Begründung dominierte undeine Überprüfung der militärischen Wirksamkeit undZweckmäßigkeit vernachlässigt wurde.

4. Warnfunktion gegen StraflosigkeitDie Tatsache, dass die von Murat Kurnaz erhobenen Vor-würfe – bedingt durch die lange Haft von Kurnaz inGuantánamo im zeitlichen Abstand von mehreren Jahren –von verschiedenen Instanzen (BMVg, Staatsanwaltschaft,Untersuchungsausschuss) untersucht wurden, sendet wich-tige Signale an die Soldaten im Auslandseinsatz: Auchwenn sich ihr Tun fernab der Heimat und hinter einer Ne-belwand aus Geheimhaltung abspielt, müssen sie damitrechnen, sich für etwaiges Fehlverhalten erklären und ver-antworten zu müssen. Insoweit kann man den Ausschusssowohl als Beitrag im Kampf gegen die ja gerade in be-waffneten Konflikten verbreitete Straflosigkeit sehen wieauch als „Warnung“, sich auch in Situationen, in denenFehlverhalten vermeintlich sanktionslos bleibt, regelkon-form zu verhalten.

Zugleich darf dies nicht auf die Bestätigung der Alltags-erfahrung „Den Letzten beißen die Hunde“ hinauslaufen.Wo Spezialsoldaten höchste Leistungen und Risikobereit-schaft in Extremeinsätzen abverlangt werden, müssen sieumso mehr auf die Rechtstreue der militärischen und po-litischen Führung vertrauen können. An der entsprechen-den Führungsverantwortung hat es im Untersuchungszeit-raum erkennbar gemangelt.

5. Menschenrechtliche BindungenJegliche deutsche Unterstützungsleistungen (unterhalbder direkten Übergabe selbst ergriffener Verdächtiger) be-gründen im Falle von Verstößen gegen die Menschen-

rechte eine Mitverantwortung. Dies gilt auch für die Mit-wirkung bei der Aufnahme und Bewachung vonGefangenen im US-Gefangenenlager in Kandahar. Deut-sche staatliche Gewalt darf keine Beihilfe zur Folter oderunrechtmäßiger Inhaftierung leisten. Festgehaltene Perso-nen dürfen nicht an andere Staaten oder Institutionenübergeben werden, wenn die Gefahr besteht, dass sie derFolter unterworfen oder zum Tode verurteilt werdenkönnten. Diese Pflicht besteht nicht nur in einem „Unter-lassen“, sondern verdichtet sich zu einer Verpflichtung,durch aktives Tun Menschenrechtsverletzungen zu ver-hindern.

6. Geheimhaltung ganzer Einsätze des KSK

Ein weiteres Ergebnis der Dauerstationierung des KSKwar, dass über den OEF-Einsatz in Afghanistan insgesamtein „Schleier der Geheimhaltung“ gelegt wurde. Nichteinmal die Tatsache des Einsatzes des KSK wurde gegen-über der Öffentlichkeit bestätigt. Dies begünstigte einer-seits Gerüchte und Spekulationen: So im Juli 2005 vomangeblichen Tod von bis zu 12 KSK-Soldaten in Afgha-nistan (www.german-foreign-policy.com) oder von derangeblichen Vorbereitung des KSK auf die „Eliminie-rung“ von Drogenbossen (Uli Rauss im stern 28/2005,S. 38). Im FREITAG (22. Juli 2005) erschien daraufhinder Artikel „Kommando Spezialkiller“ von Jürgen Rose,Oberstleutnant der Bundeswehr. Hierzu forderte der Ob-mann der Bündnisgrünen im Verteidigungsausschuss am18. Juli 2005 schriftlich Aufklärung von Verteidigungs-minister Dr. Struck. Die totale Geheimhaltung machteeine öffentliche Klarstellung unmöglich.

Die vollständige Geheimhaltung führte zugleich zu einerEntmündigung des Parlaments insgesamt. Denn in derPraxis der Bundesregierung wurden alle Operationen, andenen das KSK beteiligt war, als geheimhaltungsbedürf-tig eingestuft, selbst wenn dies von der Natur des Einsat-zes her nicht gerechtfertigt war. Wo nur die Obleute desVerteidigungsausschusses seit Minister Struck über dieKSK-Einsätze unter „geheim“ unterrichtet werden, sinddie Abgeordneten insgesamt nicht in der Lage, die Ver-antwortbarkeit des Einsatzes seriös zu bewerten.

Der ausschließliche Einsatz von Spezialkräften stellt eineAusnahme dar. Die Einsatzpraxis der letzten Jahre in Af-ghanistan zeigt, dass im Rahmen der ISAF-Mission ver-mutlich häufiger Spezialkräfte und herkömmliche Soldatengemeinsam operieren bzw. Spezialkräfte Aufklärungsmis-sionen durchführen. Der Bundestag hat von diesen Einsät-zen in der Regel keinerlei Kenntnis, sondern ist auf Pres-seberichte oder das Wohlwollen der Bundesregierungangewiesen. Während bis zur Verabschiedung des Parla-mentsbeteiligungsgesetzes (ParlBG) die Bundesregierungin der Regel angegeben hatte, welche „Kräfte“ sie konkreteinzusetzen gedenkt, wird der Bundestag inzwischen nurnoch über die „Fähigkeiten“ unterrichtet. So erfuhren dieAbgeordneten erst aus der Presse, dass im Rahmen derKongo-Mission auch Spezialkräfte zum Einsatz kamenoder dass von Seiten der Bundesregierung im Rahmen desLibanon-Einsatzes als „nationale Beistellung“ ein „Spio-nageschiff“ eingesetzt wurde.

Drucksache 16/10650 – 182 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Als Reaktion auf die Einsetzung des Untersuchungsaus-schusses bot die Bundesregierung den Fraktionsvorsitzen-den Ende 2006 erprobungsweise ein spezielles Unterrich-tungsverfahren für geheimhaltungsbedürftige Einsätze an.Demnach bietet die Bundesregierung an, einen ausgewähl-ten Kreis von Abgeordneten (Vorsitzende, StellvertretendeVorsitzende und Obleute des Auswärtigen Ausschussesbzw. Verteidigungsausschusses) vertraulich zu unterrich-ten. Das Unterrichtungs-Ermessen liegt dabei allein in denHänden der Bundesregierung. Eine Unterrichtung sollaber erst dann erfolgen „sobald und soweit dies ohne Ge-fährdung des Einsatzes, der Soldaten oder ihrer Angehöri-gen möglich ist“. Sobald diese Bedingungen erfüllt sind,ist eine Geheimunterrichtung jedoch überflüssig.

Bei dieser Sachlage ist eine Ausnahme von den Informa-tionspflichten des § 6 ParlBG nicht angebracht. Es kannnicht richtig sein, wesentliche Teile des deutschen militä-rischen Afghanistan-Einsatzes der politischen Diskussionund parlamentarischen Kontrolle mit dem formelhaftenHinweis auf die Notwendigkeit der Geheimhaltung vorzu-enthalten, wenn die im Zusammenhang mit dem KSK auf-gestellten besonders strikten Geheimhaltungsvorschriftenvon der Natur des konkreten Einsatzes nicht gerechtfertigtsind.

X. ForderungenAngesichts der Herausforderungen durch irreguläre Kräfteund asymmetrische Konfliktkonstellationen auch bei Sta-bilisierungseinsätzen, angesichts der Erwartungen in derÖffentlichkeit zumindest demokratischer Staaten, dass ei-gene Verluste und zivile Opfer so weit wie eben möglichvermieden werden, gibt es international und zumindestbei vielen Verbündeten einen wachsenden Bedarf an Spe-zialkräften. Die sie und ihre Einsätze umgebende Ge-heimhaltung ist zugleich eine latente Versuchung für diePolitik, darüber parlamentarische Kontrollen und die Bli-cke einer kritischen Öffentlichkeit zu umgehen. Dieinternationale Geschichte von Spezialkräften und -einsät-zen zeigt überdies nachdrücklich, wie dicht hier die Grau-zonen sind und wie vielfältig die Übergänge zu schmutzi-gen Geheimkriegen jenseits von Völker- undMenschenrechten. Insofern kommt den folgenden Forde-rungen eine ganz besondere Bedeutung zu. Sie sind einezwingende Konsequenz der Inneren Führung und ihrerWeiterentwicklung.

1. Verbesserte parlamentarische KontrolleGeheimschutzinteressen sind allenfalls durch zeitweili-gen Ausschluss der Öffentlichkeit, nicht jedoch durchAusschluss des Parlaments auf Dauer zu wahren. Derzeitgibt es hinsichtlich geheimhaltungsbedürftiger Einsätze

nur eine begrenzte Unterrichtungspflicht der Bundesre-gierung gegenüber dem Deutschen Bundestag. Und selbstdie in § 6 ParlBG genannte und in der Begründung weiterausdifferenzierten Pflichten werden von der Bundesregie-rung nicht eingehalten. Das von der Bundesregierungvorgeschlagene Unterrichtungsverfahren über geheimhal-tungsbedürftige Einsätze hat sich nicht bewährt. Für diegeheimhaltungsbedürftigen Sachverhalte muss ein recht-lich verbrieftes Verfahren gefunden werden, das demSchutzinteresse von Soldaten und laufenden Operationensowie den Kontroll- und Mitwirkungsrechten des Bun-destages gerecht wird. Die Geheimhaltung ist dabei aufein Minimum zu beschränken. Darüber hinaus muss dieBundesregierung künftig bei der Mandatserteilung die fürden Einsatz vorgesehenen Kräfte, einschließlich der Spe-zialkräfte, im Mandat bzw. gegenüber dem Bundestag ex-plizit benennen (vgl. Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Bundestagsdrucksache 16/6770 „Prüfkri-terien für Auslandseinsätze der Bundeswehr entwickeln –Unterrichtung und Evaluation verbessern“).

2. Klare rechtliche Regelungen

Die Entsendung von Soldaten in bewaffnete Auseinan-dersetzungen verlangt vorab weitestgehende Klarheitüber die Rechtgrundlagen, die für den einzelnen Soldatenklar erkennbar sein müssen. Die Vorgaben des Grundge-setzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention(EMRK) müssen schon im Vorfeld des Einsatzes benanntund in den Rules of Engagement umgesetzt werden (vgl.Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Bun-destagsdrucksache 16/8402 „Für klare menschen- undvölkerrechtliche Bindungen bei Auslandseinsätzen derBundeswehr“).

3. Menschenrechte in der militärischen Ausbildung

Neben den Erfordernissen des humanitären Völkerrechtssollten auch die Anforderungen des Grund- und Men-schenrechtsschutzes in die militärische Ausbildung einge-führt werden. Denn die Menschenrechte gelten währendbewaffneter Konflikte grundsätzlich fort. Sie gelten damitgleichzeitig und nicht alternativ zum humanitären Völ-kerrecht. Die Bundesregierung hat 2005 gegenüber demUN-Menschenrechtsausschuss zugesichert, dass bei derAusbildung deutscher Sicherheitskräfte im internationa-len Einsatz eine „Belehrung“ über die im InternationalenPakt über bürgerliche und politische Rechte verankertenMenschenrechte vorgesehen ist. Es geht darum, allen Sol-daten ein Verständnis dafür zu vermitteln, dass die Men-schenrechte immer und überall Richtschnur und Maßstabihres Handelns sein müssen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 183 – Drucksache 16/10650

Fünfter Teil

Übersichten und VerzeichnisseI. Abkürzungsverzeichnis

AAA Auswärtiges Amta. a. O. am angegebenen OrtAbg. Abgeordnete/rAbgG AbgeordnetengesetzAbs. AbsatzAbt. Abteilungabzgl. abzüglicha. D. außer DienstA-Drs. AusschussdrucksacheAFG AfghanistanAL AbteilungsleiterAMK Amt für MilitärkundeANBw Amt für Nachrichtenwesen der Bundeswehr Anl. AnlageAnm. AnmerkungAQ-Kämpfer Al Qaida-KämpferAQ-Terroristen Al Qaida-TerroristenARD Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik DeutschlandArt. ArtikelAWACS Airborne Warning and Control SystemAz. Aktenzeichen

BBauDir BaudirektorBB BeweisbeschlussBBC British Broadcasting CorporationBd. BandBefh BefehlshaberBetr. BetreffBfV Bundesamt für VerfassungsschutzBGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. BundesgesetzblattBGH BundesgerichtshofBK BundeskanzleramtBKA BundeskriminalamtBl. BlattBM BundesministerBMI Bundesministerium des InnernBMJ Bundesministerium der JustizBMVg Bundesministerium der VerteidigungBND Bundesnachrichtendienst

Drucksache 16/10650 – 184 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

BReg BundesregierungBSI Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnikbspw. beispielsweiseBU BeratungsunterlageBV Besonderes VorkommnisBVerfG BundesverfassungsgerichtBVerfGE Entscheidungssammlung des BundesverfassungsgerichtsBw Bundeswehrbzgl. bezüglichbzw. beziehungsweise

Cca. circaCD Compact Disc CD-ROM Compact Disc – Read Only Memory Cdr. CommanderCDU Christlich-Demokratische UnionCENTCOM Central Command CFLCC Coalition Forces Land Component CommandCIA Central Intelligence AgencyCJSOTF Combined Joint Special Operation Task ForceCJTF Combined Joint Task ForceCONOP Concept of OperationsCSU Christlich-Soziale Union

Dd. A. der Akte(n)DBT Deutscher BundestagDEU DeutschDez. Dezemberd. h. das heißt d. Verf. der VerfasserDipl.-Jur. DiplomjuristDr. DoktorDrs. DrucksacheDSO Division Spezielle OperationenDtHKtgt Deutsches HeereskontingentDtHKtg.Spezkr. EF Deutsches Heereskontingent Spezialkräfte Enduring Freedom

EEF Enduring FreedomEG Europäische GemeinschaftEinsFüKdo EinsatzführungskommandoEinsFüKdoBw Einsatzführungskommando der Bundeswehreinschl. einschließlichEMRK Europäische Menschenrechtskonvention

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 185 – Drucksache 16/10650

EKA Evangelisches Kirchenamt für die BundeswehrEP Europäisches ParlamentETB Einsatztagebuchetc. et ceteraEU Europäische Union

Ff. folgendFDP Freie Demokratische Parteiff. folgendef. d. R. d. A. für die Richtigkeit der AngabenFebr. FebruarFm/EloAufkl Fernmelde- und Elektronische AufklärungFNKr FeldnachrichtenkräfteFOB Forward Operation BaseFOSK Führung Operationen von SpezialkräftenFrankf. a. M. Frankfurt am MainFü S Führungsstab der Streitkräfte

GGA Genfer AbkommenGASP Gemeinsame Außen- und SicherheitspolitikGBA Generalbundesanwaltgem. gemäßGG GrundgesetzGgf./ggf. gegebenenfallsGO-BT Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages GSO-BT Geheimschutzordnung des Deutschen BundestagesGVG GerichtsverfassungsgesetzGz. Geschäftszeichen

Hh. c. honoris causaHrsg. HerausgeberHQ Headquarter

IIA Interim AuthorityICRC International Committee of the Red Crossi. G. im Generalstabi. H. v. in Höhe vonIKRK Internationales Komitee vom Roten Kreuzinkl. inklusiveinsbes. insbesondereIPA Interparlamentarische ArbeitsgemeinschaftISAF International Security Assistance ForceIStGH Internationaler Strafgerichtshofi. V. m. in Verbindung mit

Drucksache 16/10650 – 186 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

JJan. Januar

KKdoStratAufkl Kommando für Strategische AufklärungKdoTrp KommandotruppKfz Kraftfahrzeugkm KilometerKMNB Kabul Multinational BrigadeKOK KriminaloberkommissarKS KonsulatssekretärKS z. A. Konsulatssekretär zur AnstellungKSK Kommando SpezialkräfteKTB Kriegstagebuch

Llfd. Nr. laufende Nummerlit. BuchstabeLkw/LKW LastkraftwagenLR LegationsratLRD’in Leitende Regierungsdirektorinlt. laut

MM. K. Murat KurnazMAT Materialie(n)MAD Militärischer AbschirmdienstMD/MinDir MinisterialdirektorMdB Mitglied des Deutschen BundestagesMdEP Mitglied des Europäischen ParlamentsMDg / MinDirig MinisterialdirigentMilDek MilitärdekanMilGenDek MilitärgeneraldekanMilGenVik MilitärgeneralvikarMilNW Militärisches Nachrichtenwesen MilNWBw Militärisches Nachrichtenwesen der BundeswehrMinR / MR MinisterialratMRn MinisterialrätinMio. Million(en)MoU Memorandum of UnderstandingMREs Meals ready to eat

NNATO North Atlantic Treaty OrganisationNfD Nur für den DienstgebrauchNJW Neue Juristische Wochenzeitungn. m. B. nach meiner BewertungNov. November

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 187 – Drucksache 16/10650

Nr. NummerNRF NATO Response ForceNSC National Security CouncilNVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

Oo. ä. oder ähnlicheso. g. oben genanntOARn OberamtsrätinOEF Operation Enduring FreedomOHQ Operational HeadquarterOPCON Operational ControlOpIK Operationen gegen irreguläre KräfteOrgPlan OrganisationsplanORR OberregierungsratORRn OberregierungsrätinOPZ Operationszentraleo. V. i. A. oder Vertreter im AmtOrd. OrdnerOTL OberstleutnantOLt Oberleutnant

PPA Parlamentarischer Ausschuss/ParlamentsausschussParlBG ParlamentsbeteiligungsgesetzParlKab Parlament- und KabinettreferatPDS Partei des Demokratischen SozialismusPIZ Presse- und InformationszentrumPKG Parlamentarisches KontrollgremiumPOC Point of ContactPOW Prisoners of War Prof. ProfessorProt. ProtokollPStS Parlamentarischer StaatssekretärPUAG Parlamentarisches Untersuchungsausschussgesetz

RR ReferatRA RechtsanwaltRD/RegDir RegierungsdirektorRDn Regierungsdirektorinrd. rundRed. Redaktion/redaktionellRes. ResolutionRoE Rules of EngagementRR RegierungsratRRn Regierungsrätin

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 188 – Drucksache 16/10650

SS. Seites. siehes. o. siehe obenSAS Special Air ServiceSEAL Sea Air and Land (Forces)SGA Satellitengestützte Abbildende AufklärungSF Special Forces SKB StreitkräftebasisSOF Special Operation Forces sog. sogenannte/n/r/sSPD Sozialdemokratische Partei DeutschlandsSpezkr SpezialkräfteSpezOps Spezielle OperationenStA StaatsanwaltschaftStAL StabsabteilungsleiterStGB StrafgesetzbuchStPO StrafprozessordnungStS StaatssekretärStellv. Stellvertretende/rSten. Prot. Stenografisches ProtokollSWP Stiftung Wissenschaft und Politik

Ttaz die tageszeitungTB-Führer Taliban-FührerTgb.-Nr. TagebuchnummerTJ Tablighi JamaatTsd. Tausend

Uu. undu. a. unter anderemu. ä. und ÄhnlichesUA Untersuchungsausschuss UAL UnterabteilungsleiterUK United Kingdom UN United Nations UNO United Nations OrganizationUS United StatesUSA United States of America USCENTCOM United States Central CommandUSEUCOM United States European Commandusw. und so weiter

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 189 – Drucksache 16/10650

Vv. von, vomv. a. vor allemVA / VtgA VerteidigungsausschussVB VerbindungsbeamterVBn VerbindungsbeamtinVfg. Verfügungvgl. vergleicheVLR Vortragender LegationsratVLR I Vortragender Legationsrat 1. KlasseVN Vereinte NationenVNSR Vereinte Nationen SicherheitsratVors. Vorsitzende/rVS-NfD VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCHVS-Vertr. VS-VERTRAULICHVTC Video-TeleconferenceVwGO Verwaltungsgerichtsordnung

WWB WehrbeauftragterWBeauftrG WehrbeauftragtengesetzWP Wahlperiode

Zz. A. zur Anstellungzzt. zurzeitz. B. zum BeispielZDv Zentrale DienstvorschriftZiff. ZifferZIP Dateiformat zur komprimierten Archivierung von Dateien z. N. zum NachteilZNBw Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr ZP ZusatzprotokollZRP Zeitschrift für Rechtspolitikzzgl. zuzüglich

sonstige Abkürzungen

§ (§§) Paragraph(en)

Drucksache 16/10650 – 190 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

II. Übersicht der Beratungsunterlagen

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

1 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 23.11.2006: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung folgender Unterla-gen des BMVg und der nachgeordneten Dienststellen: - Organigramme des BMVg aus dem Zeitraum vom

1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002; - alle Befehle aus dem BMVg und den nachgeordneten

Dienststellen, die den Einsatz der „Deutschen Heereskon-tingente Spezialkräfte Enduring Freedom“ betreffen, aus dem Zeitraum 1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002;

- alle Dienstpläne der „Deutschen Heereskontingente Spe-zialkräfte Enduring Freedom“ vom 1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002 im Einsatzgebiet;

- alle Tagesbefehle, die den Einsatz der „Deutschen Hee-reskontingente Spezialkräfte Enduring Freedom“ vom 1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002 betreffen;

- alle Vernehmungs- und Anhörungsprotokolle von Solda-ten der „Deutschen Heereskontingente Spezialkräfte En-during Freedom“ zum Vorgang „Murat Kurnaz“;

- alle dienstl. Erklärungen von Soldaten der „Deutschen Heereskontingente Spezialkräfte Enduring Freedom“ zum Vorgang „Murat Kurnaz“;

- alle Befehle zu militärischen Operationen der „Deutschen Heereskontingente Spezialkräfte Enduring Freedom“ während des Einsatzes in Afghanistan im Zeitraum vom 1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002;

- Liste der im Kommando Spezialkräfte in Führungsver-antwortung stehenden Soldaten vom Kommandeur bis zur Ebene der Zugführer im Zeitraum vom 1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002;

- Liste der in den „Deutschen Heereskontingenten Spezial-kräfte Enduring Freedom“ in Führungsverantwortung ste-henden Soldaten vom Kontingentführer bis zur Ebene der Teileinheitsführer im Zeitraum vom 1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002;

- alle weiteren Unterlagen (einschl. von Protokollen, Sprechzetteln, Vermerken und Aktennotizen) des BMVg und der nachgeordneten Dienststellen zu Kontakten von Soldaten der Bundeswehr zu Murat Kurnaz und zu den durchgeführten militärischen Operationen der „Deutschen Heereskontingente Spezialkräfte Enduring Freedom“ während des Einsatzes in Afghanistan im Zeitraum vom 1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002.

23.11.2006 29.11.2006 1

2 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 23.11.2006: Es soll Beweis erhoben werden zur Frage, ob Murat Kurnaz durch Angehörige der Bundeswehr in seiner körperlichen

23.11.2006 29.11.2006 2

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 191 – Drucksache 16/10650

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

Integrität beeinträchtigt wurde und wenn ja, durch wen, durch Beiziehung der Akten der Staatsanwaltschaft Tübin-gen im Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen Ver-dachts der Körperverletzung im Amt aufgrund der Äuße-rungen von Murat Kurnaz über seine behauptete Misshand-lung durch Soldaten der Bundeswehr Anfang 2002 in Kan-dahar (Afghanistan).

3 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 23.11.2006: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung der Ausschusspro-tokolle des Verteidigungsausschusses des DBT mit Bezug zum Einsatz von deutschen Soldaten im Rahmen der Opera-tion Enduring Freedom im Zeitraum vom 1. Nov. 2001 bis 30. Nov. 2002.

24.11.2006 29.11.2006 3

4 Beschlussvorschlag: Einsetzung eines interfraktionellen Gremiums

24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 1 zum

Verfahren 5 Beschlussvorschlag:

Nichtöffentlichkeit der Sitzungen (gemäß § 14 Abs. 4 Un-tersuchungsausschussgesetz i. V. m. Art. 45a Abs. 3 GG)

24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 2 zum

Verfahren 6 Beschlussvorschlag:

Protokollierung der Ausschusssitzungen (zu § 11 Untersu-chungsausschussgesetz)

24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 3 zum

Verfahren 7 Beschlussvorschlag:

Verteilung von Beratungsunterlagen, Beweisbeschlüssen und Ausschussmaterialien

24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 4 zum

Verfahren 8 Beschlussvorschlag:

Behandlung der Ausschussprotokolle 24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 5

zum Verfahren

9 Beschlussvorschlag: Verzicht auf Verlesung von Schriftstücken (zu § 31 Unter-suchungsausschussgesetz)

24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 6 zum

Verfahren 10 Beschlussvorschlag:

Verpflichtung zur Geheimhaltung 24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 7

zum Verfahren

11 Beschlussvorschlag: Verteilung von Verschlusssachen (zu § 16 Abs. 1 Untersu-chungsausschussgesetz)

24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 8 zum

Verfahren 12 Beschlussvorschlag:

Fragerecht bei der Beweiserhebung 24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 9

zum Verfahren

13 Beschlussvorschlag: Behandlung von Beweisanträgen

24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 10 zum

Verfahren 14 Beschlussvorschlag:

Zutritt von Fraktionsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern (zu § 12 Abs. 2 Untersuchungsausschussgesetz)

24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 11 zum

Verfahren

Drucksache 16/10650 – 192 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

15 Beschlussvorschlag: Mitteilungen aus nichtöffentlichen Sitzungen

24.11.2006 29.11.2006 Beschluss 12 zum

Verfahren 16 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA

gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 24.11.2006: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung von Aufzeichnun-gen aller Art über mögliche Informationen, die der Wehrbe-auftragte für den Zeitraum 1. Nov. 2001 bis 30. Nov. 2002 hinsichtlich Murat Kurnaz erhalten haben könnte.

24.11.2006 29.11.2006 4

17 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 24.11.2006: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung von Aufzeichnun-gen aller Art über Gespräche im Kabinett für den Zeitraum 1. Nov. 2001 bis 30. Nov. 2002, die sich auf Murat Kurnaz beziehen.

24.11.2006 29.11.2006 -

18 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 24.11.2006: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung von Aufzeichnun-gen aller Art über Gespräche im Kabinett für den Zeitraum 1. Nov. 2001 bis 30. Nov. 2002, die sich auf die KSK bezie-hen.

24.11.2006 29.11.2006 -

19 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 24.11.2006: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung von Aufzeichnun-gen aller Art über Informationen, die der Wehrbeauftragte für den Zeitraum 1. Nov. 2001 bis 30. Nov. 2002 hinsicht-lich der KSK erhielt.

24.11.2006 29.11.2006 5

20 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 24.11.2006: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung aller Akten, die den Untersuchungsgegenstand betreffen oder zu dessen Erhel-lung beitragen können, insbesondere - Org.-Pläne Bundeskanzleramt, BMVg, AA, BMI,

EinFüKdo, Amt für Nachrichtenwesen bzw. ZNBw, BND, Amt für Militärkunde, deutsches Verbindungs-kommando US CENTCOM, Namen der BND-Verbin-dungsbeamten bei US CENTCOM aus dem Zeitraum 1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002;

- Liste der Angehörigen des „Deutschen Heereskontingents Spezialkräfte Enduring Freedom“, die im Einsatzgebiet vom 1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002 zum Einsatz gekommen sind, sowie die Liste der in diesem Zeitraum im Kommando Spezialkräfte in Führungsverantwortung stehenden Soldaten vom Kommandeur bis zur Ebene der Zugführer sowie alle Dienstpläne dieses Kontingents und

24.11.2006 29.11.2006 6

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 193 – Drucksache 16/10650

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

diesen Zeitraum betreffend; - alle dienstlichen Erklärungen, Vernehmungs- und Anhö-

rungsprotokolle zum Vorgang „Murat Kurnaz“; - alle Befehle aus dem BMVg und den nachgeordneten

Dienststellen, die den Einsatz der „Deutschen Heereskon-tingente Spezialkräfte Enduring Freedom“ betreffen, aus dem Zeitraum 1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002;

- tägliche Meldung und tägliche Weisung vom 1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002, die den Einsatz der „Deutschen Heereskontingente Spezialkräfte Enduring Freedom“ betreffen;

- alle Befehle zu militärischen Operationen der „Deutschen Heereskontingente Spezialkräfte Enduring Freedom“ während des Einsatzes in Afghanistan im Zeitraum vom 1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002;

- alle weiteren Unterlagen (einschl. von Protokollen, Sprechzetteln, Vermerken und Aktennotizen) des BMVg und der nachgeordneten Dienststellen zu Kontakten von Soldaten der Bundeswehr zu Murat Kurnaz und zu den durchgeführten Operationen der „Deutschen Heereskon-tingente Spezialkräfte Enduring Freedom“ die den Zeit-punkt des Einsatzes in Afghanistan im Zeitraum 1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002;

- MoU, RoE, CONOP, technische Verständigung mit US-Partnern, insbesondere über Umgang mit „festzuhal-tenden“ Personen aus dem Zeitraum 1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002;

- alle weiteren Unterlagen, die Beschwerden von Soldaten des Kommandos Spezialkräfte wegen der Behandlung von Gefangenen durch Amerikaner und deren eigene unklare rechtliche Lage an das Einsatzführungskommando sowie andere Dienststellen aus dem Zeitraum 1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002 zum Gegenstand haben;

- BND-Bericht an Bundeskriminalamt vom 03.07.2002 sowie BND-Bericht vom 28.06.2002 an Bundeskanzler-amt;

- Befragungsprotokolle schriftlich und Videos der Kurnaz-Befragung durch BND und BfV am 23./24.09.2002;

- erster Bericht über die Befragung von BND und BfV an Bundeskanzleramt/Referat 605 vom 02.10.2002;

- Bericht zur Befragung BND an Bundeskanzleramt/Referat 605 vom 08.10.2002.

21 Antrag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 24.11.2006: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 4 und Nr. 5 des Untersuchungsauftrages durch Beiziehung folgender Unter-lagen: - alle Abkommen, Vereinbarungen oder sonstige Dokumen-

te, die vor dem Hintergrund der deutschen Beteiligung an der Operation Enduring Freedom zwischen Regierungs-

24.11.2006 29.11.2006 7

Drucksache 16/10650 – 194 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

stellen der USA und Deutschlands geschlossen wurden und vor allem Auskunft geben über Zugang zu und Aus-tausch von Informationen, Zuständigkeiten, Befehls- und Kommandostruktur, Rules of Engagement, Vereinbarun-gen zum Umgang mit Gefangenen sowie den Einfluss auf Auftrag, Aufgaben und Einsatz deutscher Soldaten im Rahmen der Operation Enduring Freedom in Afghanistan;

- die nationalen Einsatzregeln, nach denen die Soldaten des „Deutschen Heereskontingents Spezialkräfte Enduring Freedom“, die Soldaten des Zentrums für Nachrichtenwe-sen der Bundeswehr und andere im OEF-Einsatz verwen-dete Soldaten oder Beamte während des US-geführten Einsatzes in Afghanistan im Zeitraum vom 1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002 gehandelt haben.

22 Antrag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 24.11.2006: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 und Nr. 2 des Untersuchungsauftrages durch die Beiziehung der Inter-views und Stellungnahmen von Murat Kurnaz bzw. dessen Anwalt, Bernhard Docke, zur Inhaftierung durch US-Streit-kräfte und vermeintlichen Misshandlung durch Soldaten der Bundeswehr, einschl. des Video-/Wortprotokollauszugs aus der Sendung „beckmann“ vom 16.10.2006 und des Proto-kolls der Aussage und Befragung vor dem CIA-Unter-suchungsausschuss des Europäischen Parlaments am 22.11.2006.

24.11.2006 29.11.2006 8

23 Antrag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 24.11.2006: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung folgender Unterla-gen des BMVg und der nachgeordneten Dienststellen: - einer Übersicht über die Personalauswahl, Ausbildung,

Einsatzvorbereitung und Einsatzbegleitung der zum Ein-satz gekommenen Soldaten;

- eines Berichts, einschl. Skizzen, Fotos oder Videoauf-nahmen, der Auskunft gibt über die Infrastruktur und die Organisation sowie die Unterbringung, Aufgaben und Be-fugnisse deutscher Soldaten im Lager in Kandahar;

- eines Organigramms, einer Aufstellung sowie einer Dienstpostenbeschreibung aller Bundeswehrsoldaten und Bundesbediensteten, die im Untersuchungszeitraum im Rahmen der Operation Enduring Freedom in Afghanistan eingesetzt waren;

- eine Aufstellung aller Bundeswehrsoldaten und Bundes-bediensteten, inkl. Organigramm und Dienstpostenbe-schreibung, die im Untersuchungszeitraum in multinatio-nalen militärischen Verbindungsstellen außerhalb Afgha-nistans am OEF-Einsatz mitgewirkt haben;

24.11.2006 29.11.2006 9

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 195 – Drucksache 16/10650

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

- alle Vernehmungs- und Anhörungsprotokolle von Solda-ten und Bundesbediensteten, die im Zusammenhang mit dem Vorgang „Murat Kurnaz - Kandahar“ befragt wur-den;

- aller Einsatz-/Kriegstagebuchberichte, die im Untersu-chungszeitraum zum OEF-Einsatz in Afghanistan erstellt wurden;

- aller Evaluationsberichte, die den OEF-Einsatz im Unter-suchungszeitraum in Afghanistan betreffen.

24 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 04.12.2006: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages, indem im gestuften Verfahren 1. das BMVg diejenigen Soldaten benennen möge, die im

Rahmen der Kurnaz-Untersuchung des BMVg zur Stel-lungnahme aufgefordert wurden und von denen bislang keine Rückmeldung vorliegt

2. diese Soldaten als Zeugen vernommen werden.

07.12.2006 13.12.2006 14

25 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 04.12.2006: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages, indem im gestuften Verfahren 1. das BMVg diejenigen Soldaten benennen möge, die mit

Murat Kurnaz während seiner Gefangenschaft in Afgha-nistan in irgendeiner Weise in Kontakt (z. B. Blickkon-takt, Wortkontakt, körperlicher Kontakt) gekommen sind oder die ihn im Gefangenenlager in Kandahar gesehen haben.

2. diese Soldaten als Zeugen vernommen werden.

07.12.2006 13.12.2006 15

26 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 04.12.2006: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung von Bernhard Docke als Zeugen.

07.12.2006 13.12.2006 11

27 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 04.12.2006: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung von Murat Kurnaz als Zeugen.

07.12.2006 13.12.2006 10

28 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 06.12.2006: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung des Kontingent-führers 1. Kontingent als Zeugen.

07.12.2006 13.12.2006 12

29 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 06.12.2006: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung des ehemaligen Leiters der Abteilung Spezielle Operationen als Zeugen.

07.12.2006 13.12.2006 13

Drucksache 16/10650 – 196 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

30 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 06.12.2006: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 3 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung von Murat Kurnaz als Zeugen.

07.12.2006 13.12.2006 10

31 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG des DBT vom 12.01.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 3 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung von - Hauptfeldwebel (…) - Hauptfeldwebel (…) - Hauptfeldwebel (…) - Hauptfeldwebel (…) - Hauptfeldwebel (…) - Hauptfeldwebel (…) als Zeugen.

19.01.2007 31.01.2007 16

32 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 12.01.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 3 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung von - Oberstleutnant (…) - Oberstleutnant (…) - Hauptfeldwebel (…) - Oberstabsfeldwebel (…) als Zeugen.

19.01.2007 31.01.2007 17

33 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 15.01.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 3 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung von - Rudolf Scharping (Bundesminister a. D.) - Walter Kolbow (Parl. Staatssekretär a. D.) - Jörn Thießen (Büroleiter des Bundesministers Rudolf

Scharping) als Zeugen.

19.01.2007 31.01.2007 18

34 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 18.01.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 3 des Un-tersuchungsauftrages, indem im gestuften Verfahren 1. das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK)

höflichst gebeten wird, eine Liste derjenigen Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen, die im Untersuchungszeitraum im Gefangenenlager Kandahar tätig gewesen sind.

2. Die Mitglieder des IKRK als Zeugen zu benennen, die während der Gefangenschaft von Murat Kurnaz Kontakt zu ihm hatten.

19.01.2007 31.01.2007 19

35 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 23.01.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 4 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung der Videomitschnit-

24.01.2007 31.01.2007 -

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 197 – Drucksache 16/10650

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

te sämtlicher Videokonferenzen zwischen dem KSK-Ein-satzführer Oberst (...) in Afghanistan und dem Einsatzfüh-rungskommando im Zeitraum 26. Dez. 2001 bis 18. Jan. 2002 aus dem BMVg.

36 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 23.01.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung des damaligen Befehlshaber des Einsatzführungskommandos, Generalleut-nant a. D. (…), als Zeugen.

24.01.2007 31.01.2007 20

37 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 24.01.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung des Sprechzettels gem. § 29 Abs. 1 PUAG, den der Zeuge Oberst (…) bei seiner Vernehmung am 17. Jan. 2007 bei sich trug.

25.01.2007 31.01.2007 -

38 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 24.01.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 4 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung des Militärpfarrers und seines unmittelbaren Nachfolgers, die das erste Kontin-gent des KSK ab Dez. 2001 nach Afghanistan begleiteten.

25.01.2007 31.01.2007 -

39 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 20.02.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu Nr. 4 des Untersu-chungsauftrages durch Beiziehung folgender Unterlagen des BMVg - alle schriftlichen Regelwerke für den Einsatz deutscher

Soldaten, insbesondere zu den Führungs- und Einsatz-grundsätzen, bezogen auf den Zeitraum Nov. 2001 bis Nov. 2002 und auf den Einsatz in Kandahar/Afghanistan (u. a. die durch den Zeugen Oberst a. D. (…) in der Sit-zung zur Beweisaufnahme vom 31.01.2007 benannten „Weisungen 100 und 101“).

20.02.2007 28.02.2007 -

40 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 20.02.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu Nr. 1 bis 3 des Untersu-chungsauftrages durch Vernehmung von - Stabsfeldwebel (…) - Hauptfeldwebel (…) - Zeuge (…) - Hauptfeldwebel (…) - Hauptmann (…) - Oberstleutnant a. D. (…) als Zeugen.

20.02.2007 28.02.2007 21

41 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 26.02.2007: Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Leitungsvorla-gen

27.02.2007 28.02.2007 -

Drucksache 16/10650 – 198 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

1. Ministervorlage vom 7. Nov. 2001 zur Unterstützung US EUCOM mit Lufttransportmitteln/Luftumschlagpersonal,

2. Ministervorlage vom 21. Dez. 2001 zur Billigung der Weisung Nr. 100 für die Vorbereitung des DEU Einsatz-kontingentes Spezialkräfte im Rahmen der Operation ENDURING FREEDOM,

3. Ministervorlage vom 10. Jan. 2002 zur grundsätzlichen Billigung der Teilnahme von DEU Spezialkräften an Einsätzen im Rahmen der Operation ENDURING FREEDOM in Afghanistan

unverzüglich dem Verteidigungsausschuss als 1. UA gem. § Art. 45a Abs. 2 GG zugänglich zu machen.

42 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 01.03.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung folgender Leitungs-vorlagen: 1. BMVg-Ministervorlage vom 7. Nov. 2001 zur Unterstüt-

zung USEUCOM mit Luftransportmitteln/Luftumschlag-personal,

2. BMVg-Ministervorlage vom 21. Dez. 2001 zur Billigung der Weisung Nr. 100 für die Vorbereitung des DEU Einsatzkontingents Spezialkräfte im Rahmen der Opera-tion ENDURING FREEDOM,

3. BMVg-Ministervorlage vom 10. Jan. 2002 zur grundsätz-lichen Billigung der Teilnahme von DEU Spezialkräften an Einsätzen im Rahmen der Operation ENDURING FREEDOM in Afghanistan.

01.03.2007 07.03.2007 22

43 Antrag der Mitglieder der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 01.03.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung von - Generalleutnant (…), damaliger Kommandeur der Divisi-

on Spezialkräfte, - Generalmajor (…), damaliger Abteilungsleiter Fü S V,

BMVg, - Oberst i. G. (…), damaliger Referatsleiter Fü S V 3,

BMVg als Zeugen.

01.03.2007 07.03.2007 23

44 Antrag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 01.03.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung von Brigadegeneral a. D. (…), ehemaliger Kommandeur des KSK, als Zeugen.

05.03.2007 21.03.2007 24

45 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 02.03.2007:

05.03.2007 21.03.2007 -

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 199 – Drucksache 16/10650

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

Es soll Beweis erhoben werden zu Nr.1 bis 4 des Untersu-chungsauftrages durch Vernehmung des Militärpfarrers und seines unmittelbaren Nachfolgers, die das erste Kontingent des KSK ab Dez. 2001 nach Afghanistan begleiteten.

46 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 02.03.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 4 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung von Hauptfeldwe-bel (…) als Zeugen.

05.03.2007 21.03.2007 25

47 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 05.03.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 3 des Un-tersuchungsauftrages, indem im gestuften Verfahren: 1. das BMVg die Namen und dort bekannte ladungsfähige

Anschriften der Medienvertreter benennen möge, die in Abstimmung mit dem BMVg im Zeitraum 1. Nov. 2001 bis 30. Nov. 2002 im Umfeld des Lagers Kandahar re-cherchiert und/oder von dort berichtet haben, ergänzend;

2. das Sekretariat des Untersuchungsausschusses bei sämtli-chen überregional verbreiteten/deutschen Medien (Print-medien, TV-und Radiostationen, Internetzeitungen) an-fragt, ob für sie tätige Mitarbeiter/Medienvertreter im Zeitraum 1. Nov. 2001 bis 30. Nov. 2002 im Umfeld des Lagers Kandahar recherchiert und/oder dort berichtet ha-ben;

3. das Sekretariat des Untersuchungsausschusses die ent-sprechenden Medien bittet, die Namen und ladungsfähi-gen Anschriften der zu 1. erfassten Mitarbeiter/Medien-vertreter mitzuteilen und im Anschluss hieran;

4. die jeweils benannten Personen als Zeugen vernommen werden.

05.03.2007 21.03.2007 -

48 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 07.03.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 4 und 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung von - Dr. Willfried Penner (Wehrbeauftragter a. D.), - Dr. Peter Struck (Bundesminister der Verteidigung a. D.), - Dr. Walther Stützle (Staatssekretär a. D.), - Klaus-Günther Biederbick (Staatssekretär a. D.) und - Birgitt Heidinger (Leiterin Ministerbüro Dr. Struck) als Zeugen.

08.03.2007 21.03.2007 26

49 Antrag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 14.03.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages, indem das BMVg benennen möge, in welchem Ordner die in dem Dokument Anlage 4 zu EinsFüKdoBw - SpezOps - Az. 32-71-00 vom 24.06.2002 mit dem Titel „Grundsatzdokumente für den Einsatz SpezKr im Rahmen der Operation ENDURING FREEDOM“ aufge-listeten schriftlichen Weisungen/Grundsatzbefehle dem

15.03.2007 21.03.2007 27

Drucksache 16/10650 – 200 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

Untersuchungsausschuss vorgelegt wurden sowie die dem Ausschuss nicht bereits zur Verfügung gestellten Dokumen-te vorzulegen.

50 Antrag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 15.03.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung folgender Unterla-gen des BMVg: - alle schriftlichen Äußerungen des OTL (damals: Haupt-

mann) (…) gegenüber Vorgesetzten, insbesondere OTL (…) und Oberst (…) mit Bezug auf den Untersuchungs-zeitraum und den KSK-Einsatz in Afghanistan, von denen der Zeuge (…) in der Sitzung des Untersuchungsaus-schusses am 07.03.2007 berichtet hat.

15.03.2007 21.03.2007 -

51 Antrag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 04.04.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 3 des Un-tersuchungsauftrages, indem im gestuften Verfahren die Bundesregierung gebeten wird, sämtliche Mitarbeiter des BND, die im Untersuchungszeitraum in Kandahar tätig waren, zu benennen und diese Mitarbeiter als Zeugen zu vernehmen.

12.04.2007 25.04.2007 28

52 Antrag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 04.04.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 3 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung sämtlicher Unterla-gen, einschl. Befragungsprotokollen, dienstlichen Erklärun-gen, Vermerken, Aktennotizen bzw. Bildmaterial und Da-tenträgern (CD, CD-ROM, Diskette oder ähnlich), die dem Bundeskanzleramt, den Bundesministerien und nachgeord-neten Behörden für den Zeitraum vom 1. Jan. 2001 bis 28. Febr. 2002 durch BND-Quellen, BND-Mitarbeiter oder Mitarbeiter des Unterstützungselements Militärisches Nach-richtenwesen Spezialkräfte in Kandahar mit Bezug auf einen deutschen oder deutsch sprechenden Gefangenen oder die Person Murat Kurnaz übermittelt wurden, einschl. derjeni-gen Materialien, die von US-amerikanischer Seite direkt oder indirekt an Hauptmann (…) übergeben wurden.

12.04.2007 25.04.2007 29

53 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gemäß Art. 45a Abs. 2 GG vom 19.04.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 4 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung von Oberfeldarzt (…), zu laden über das BMVg, als Zeugen.

20.04.2007 25.04.2007 30

54 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 19.04.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Punkten 4 und 5 des Untersuchungsauftrages durch Vernehmung des Oberstleut-

20.04.2007 25.04.2007 31

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 201 – Drucksache 16/10650

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

nants (…) und des Fregattenkapitäns (…), zu laden über das BMVg, als Zeugen.

55 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 19.04.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung von Oberst (…), stellv. Kontingentführer des 1. Kontingents, zu laden über das BMVg, als Zeuge.

20.04.2007 25.04.2007 32

56 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art 45a Abs. 2 GG vom 19.04.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung der Aufzeichnungs-bänder (oder sonstigen Datenträger), auf denen die Video-konferenzen (VTC) zwischen EinsFüKdo und Kontingent-führer des Kommandos Spezialkräfte in Kandahar vom 1. Jan. 2002 bis 28. Febr. 2002 aufgezeichnet wurden.

20.04.2007 25.04.2007 -

57 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 19.04.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 3 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung 1. des Kontingentführers bzw. der Kontingentführer des

dänischen Kontingents der in Kandahar in Zusammen-hang mit der Operation Enduring Freedom zwischen dem 1. Nov. 2001 und 30. Nov. 2002 eingesetzten Spezial-kräfte;

2. des Kontingentführers bzw. der Kontingentführer des neuseeländischen Kontingents der in Kandahar in Zu-sammenhang mit der Operation Enduring Freedom zwi-schen dem 1. Nov. 2001 und 30. Nov. 2002 eingesetzten Spezialkräfte als Zeugen.

20.04.2007 25.04.2007 -

58 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 19.04.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung der digitalisierten Fassung der Einsatztagebücher des Kommandos Spezial-kräfte (KSK) zur Beteiligung an der „Operation Enduring Freedom“ für den Zeitraum 1. Nov. 2001 bis 30. Nov. 2002.

20.04.2007 25.04.2007 33

59 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 26.04.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages: Die Bundesregierung wird gebeten, schriftlich darzulegen, ob im Zusammenhang mit der wiederholten ungewollten Abgabe von Schüssen in Kandahar im Jan. 2002, in dessen Folge ein KSK-Soldat vorzeitig das Einsatzkontingent ver-lassen musste, ein Besonderes Vorkommnis (BV) gemeldet wurde. Sollte ein BV gemeldet worden sein, wird ferner darum gebeten, dieses dem Untersuchungsausschuss zur Verfü-gung zu stellen, unter gleichzeitiger Mitteilung, welche

27.04.2007 09.05.2007 34

Drucksache 16/10650 – 202 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

Dienststellen sowie Referate/Stabsabteilungen im BMVg davon Kenntnis erhalten haben.

60 Antrag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 10.05.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung sämtlicher Tagesbe-richte oder Tagesmeldungen der Verbindungsstelle ANBw zum KSK in Kandahar für den Zeitraum vom 1.1.2002 bis 28.2.2002 sowie - für den gesamten Zeitraum des Untersu-chungsauftrages - sämtlicher Meldungen aus Kandahar an das ANBw oder den BND mit Bezug auf den Wachauftrag oder die Inhaftierung von Europäern oder Deutschen im US-Gefangenenlager sowie sämtlicher Erfahrungsberichte an das ANBw oder den BND.

11.05.2007 23.05.2007 35

61 Antrag der Mitglieder der Fraktion der FDP im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 10.05.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages: Die Bundesregierung wird gebeten, möglicherweise von Satelliten der USA in der Zeit vom 1. bis 10. Januar 2002 aufgenommene Fotos vom Gefange-nenlager auf dem Flughafen Kandahar, die beim BND oder ZNBw archiviert sind, dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung zu stellen.

15.05.2007 23.05.2007 36

62 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 06.06.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung des kompletten Schriftwechsels (einschließlich E-Mails) zwischen BMVg, BMJ und AA zur Frage der Rechtsgrundlagen für das Er-greifen und Festhalten von Personen im Rahmen der Opera-tion Enduring Freedom sowie der hierzu in den beteiligten Ministerien verfassten Vermerke.

07.06.2007 13.06.2007 37

63 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 06.06.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung der Ergebnisproto-kolle von Videokonferenzen, die parallel zur Durchführung der Videokonferenzen zwischen Einsatzführungskommando und dem Kontingentführer des Kommandos Spezialkräfte in Kandahar im Zeitraum Dezember 2001 bis November 2002 angefertigt wurden.

07.06.2007 13.06.2007 38

64 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 14.06.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 4 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung des - damaligen Leiters der Abteilung Recht, BMVg, - damaligen Unterabteilungsleiters der Rechtsabteilung,

BMVg,

14.06.2007 20.06.2007 39

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 203 – Drucksache 16/10650

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

- damaligen Leiters des Referates R II 3, BMVg, als Zeugen.

65 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 13.06.2007 Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung von General a. D. Harald Kujat, ehemaliger Generalinspekteur der Bundes-wehr, als Zeuge.

14.06.2007 20.06.2007 40

66 Beschlussvorschlag vom 26.06.2007: Erstellung des Abschlussberichts

02.07.2007 04.07.2007 -

67 Beschlussvorschlag vom 26.06.2007: Formeller Abschluss von Vernehmungen (§ 26 PUAG)

02.07.2007 04.07.2007 -

68 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 27.07.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung - sämtlicher über den G2-Offizier der ZMilNW des Deut-schen Einsatzkontingents an das Einsatzführungskommando auf dem truppendienstlichen Weg übermittelter Tagesbe-richte oder Tagesmeldungen aus Kandahar für den Zeitraum vom 01.01.2002 bis 28.02.2002 sowie - für den gesamten Zeitraum des Untersuchungsauftrages - sämtlicher auf dem vorgenannten Weg dem Einsatzfüh-rungskommando aus Kandahar übermittelter Meldungen mit Bezug auf den Wachauftrag oder die Inhaftierung von Eu-ropäern oder Deutschen im US-Gefangenenlager und sämt-licher Erfahrungsberichte, die auf dem oben aufgezeigten Weg dem Einsatzführungskommando übermittelt wurden.

29.06.2007 04.07.2007 41

69 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 27.06.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung des „Berichts zu den Vorwürfen im Rahmen des Einsatzes der Feldnachrichten-kräfte (FNKr) in Einsatzgebieten der Bundeswehr“ vom 13. Januar 2006.

29.06.2007 04.07.2007 -

70 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 09.08.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung der laut Presse-meldungen (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 07.08.2007) von Rechtsanwalt Docke im Ermittlungsverfahren der StA Tü-bingen - 11 Js 26900/06 - neu benannten drei Zeugen aus Großbritannien und den USA.

10.08.2007 19.09.2007 42

71 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 09.08.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages

10.08.2007 19.09.2007 43

Drucksache 16/10650 – 204 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

1. durch Beiziehung der Handakte der Staatsanwaltschaft Tübingen im Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Körperverletzung zum Nachteil von Murat Kurnaz (Az.: 11 Js 26900/06)

2. durch Beiziehung der zur Ermittlungsakte der Staatsan-waltschaft Tübingen im o. g. Verfahren seit der letzten Akteneinsicht neu hinzugekommenen Aktenbestandteile.

72 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 09.08.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung von Beweismitteln aus dem Bereich des BMVg zum Entstehungszeitpunkt der in der Ermittlungsak-te der StA Tübingen - 11 Js 26900/06 Blatt 65, 66, 67, 68, 69 - (offen) abgebildeten Lichtbilder: Das BMVg möge zu jedem einzelnen Foto Blatt 65 bis Blatt 69 d. A. darlegen, wann und durch wen dieses aufgenommen wurde und diese Angaben durch Überlassung unveränderter Kopien der Ori-ginaldateien, soweit dies nicht möglich ist, durch Zeugener-klärungen, und die Vorlage einer schriftlichen Dokumenta-tion zur Entstehung der Lichtbilder, belegen.

10.08.2007 19.09.2007 44

73 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 03.09.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung von 1. Major Matthew W. Donald 2. Lance Corporal Athar Zulfiqar 3. Oberstleutnant Keith Warman als Zeugen.

04.09.2007 19.09.2007 45

74 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 11.09.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung des Disziplinarbu-ches des am 21.03.2007 im Untersuchungsausschuss als Zeugen vernommenen Hauptfeldwebels (…) beim Kom-mando Spezialkräfte (KSK).

11.09.2007 19.09.2007 -

75 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 03.09.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung von - Hauptfeldwebel (…) - Hauptfeldwebel (…) als Zeugen.

11.09.2007 19.09.2007 46

76 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschus-ses vom 11.10.2007 mit Zusendung des Beweisbeschlusses 16 - 338: Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag (BT-Drs. 16/990, 16/1179 sowie 16/3028, 16/3191 sowie 16/5751, 16/6007) - hier v. a. zu Komplex III - durch Bei-ziehung folgender Unterlagen:

18.09.2007 19.09.2007 -

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 205 – Drucksache 16/10650

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

Alle beigezogenen Unterlagen des Verteidigungsausschus-ses als Untersuchungsausschuss, die die Tätigkeit von Herrn (…) in Kandahar betreffen oder Herrn (…) namentlich oder der Funktion nach erwähnen (beispielsweise von Herrn (…) angefertigte Berichte, Unterlagen über die dienstlichen Befragungen der in Kandahar stationierten Bundeswehr- und Nachrichtendienstangehörige etc.) sowie das Stenogra-fische Protokoll der Vernehmung von Herrn (…) vor dem Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss. Der Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss wird gebeten, die Unterlagen vor dem 20.09.2007 an den 1. Untersuchungsausschuss zu übersenden.

77 Antrag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 02.10.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Vernehmung des S2-Stabsoffi-ziers KSK im 1. Kontingent (…).

05.10.2007 24.10.2007 47

78 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschus-ses vom 11.10.2007 mit Zusendung des Beweisbeschlusses 16 - 344: Es wird Beweis erhoben zum Untersuchungsauftrag (BT-Drs. 16/990, 16/1179 sowie 16/3028, 16/3191 sowie 16/5751, 16/6007) - hier v. a. zu Komplex III - durch Bei-ziehung folgender Unterlagen: Sämtliche Stenografische Protokolle des Verteidigungsaus-schusses als 1. Untersuchungsausschuss über die Verneh-mung von Zeugen, die die Tätigkeiten von Herrn (…) in Kandahar betreffen oder Herrn (…) namentlich oder der Funktion nach erwähnen.

18.10.2007 24.10.2007 -

79 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 17.10.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages: Der BND möge die Identität des in MAT 16 - 60 (Tgb.-Nr. PA 12/1. UA-16-51/07 geh.) - dort: Zelle MilNW, Meldung an POC vom 01.01.2002 - benannten „Hauptmann (…) vom BND“ offenlegen und eine ladungsfähige Anschrift dieses - potentiellen - Zeugen mitteilen.

18.10.2007 24.10.2007 -

80 Beschlussvorschlag vom 05.12.2007: Erstellung des Abschlussberichts

07.12.2007 12.12.2007 -

81 Beschlussvorschlag vom 05.12.2007: Beendigung der Beweisaufnahme

07.12.2007 12.12.2007 -

82 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 04.12.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beschaffung von im Zeitraum 03. bis 16.01.2002 aufgenommenen Satellitenbildern, die das US-Gefangenenlager auf der FOB Airfield Kandahar (mit-)abbilden, bei den auf Seite 3 des Schriftsatzes von

05.12.2007 12.12.2007 -

Drucksache 16/10650 – 206 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

RA Docke vom 19.06.2007 (MAT 16-56) erwähnten Stel-len.

83 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG vom 04.12.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu den Nr. 1 bis 5 des Un-tersuchungsauftrages durch Beiziehung des am 03.09.2007 unter dem Titel „Die Nacht von Kandahar“ in der Zeitschrift „Der Spiegel“ erschienenen Artikels der Autoren John Goetz und Holger Stark.

05.12.2007 12.12.2007 -

84 Antrag der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im 1. UA gem. Art. 45a Abs. 2 GG des DBT vom 04.12.2007: Es soll Beweis erhoben werden zu Nr. 1 bis 5 des Untersu-chungsauftrages: 1. Der Untersuchungsausschuss beauftragt eine geeignete

Vernehmungsperson, z. B. einen US-amerikanischen Anwalt - hier bietet sich insbesondere Professor Baher Azmy (Associate Professor of Law, Seton Hall Law School), der US-amerikanische Verteidiger von Murat Kurnaz, an -, Kontakt zu den Zeugen Matthew W. Do-nald, Keith Warman, Athar Zulfiqar herzustellen und festzustellen, inwieweit diese Zeugen bereit sind, ihm gegenüber Angaben zum Verfahrensgegenstand zu ma-chen.

2. Der Untersuchungsausschuss beauftragt die ausgewählte Vernehmungsperson, die zu 1. genannten Zeugen im Fal-le ihrer Aussagebereitschaft an ihren Wohn- oder Auf-enthaltsorten aufzusuchen und sie - nach fachgerechter Belehrung und Aufklärung darüber, dass ihre Angaben in ein Verfahren vor einem Untersuchungsausschuss des DBT eingeführt werden sollen - in Hinblick auf die ihnen im „Spiegel“-Artikel vom 03.09.2007 (unter dem Titel „Die Nacht von Kandahar“) zugeschriebenen Aussagen anzuhören.

3. Der Untersuchungsausschuss vernimmt die ausgewählte Vernehmungsperson als Zeugen/Zeugin vom Hörensagen über die Angaben der zu 1. genannten Zeugen.“

05.12.2007 12.12.2007 -

85 Beschlussvorschlag vom 15.01.2008: Formeller Abschluss von Vernehmungen (§ 26 PUAG) 1. Die Beweisaufnahme durch Anhörung von Zeugen ist

beendet.2. Die Vernehmungen der Zeugen, die das Stenografische

Protokoll über ihre Vernehmung durch den Untersu-chungsausschuss erhalten und dazu Stellung genommen bzw. auf eine Stellungnahme verzichtet haben, sind abge-schlossen.

3. Für den Abschluss der Vernehmung derjenigen Zeugen, denen das Protokoll noch nicht gestellt werden konnte oder deren Frist zur Stellungnahme noch nicht abgelau-fen ist, wird der stellvertretende Vorsitzende ermächtigt, den entsprechenden Beschluss des Ausschusses nach Zif-fer 2 im Umlaufverfahren herbeizuführen.

16.01.2008 23.01.2008 Beschluss 14 zum

Verfahren

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 207 – Drucksache 16/10650

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

86 Beschlussvorschlag vom 15.01.2008: Erstellung des Abschlussberichts 1. Das Sekretariat wird - vorbehaltlich des Abschlusses der

Beweisaufnahme - beauftragt, bis Mittwoch, 30. Janu-ar 2008, den Vorentwurf eines Abschlussberichts (Ein-setzung des Untersuchungsausschusses, Ablauf des Un-tersuchungsverfahrens, Feststellungsteil, Anlagen) zu erstellen und diesen den Sprechern zuzuleiten.

2. Die Erstellung und Zuleitung der Bewertungen durch die Sprecher an das Sekretariat erfolgen bis Montag, 3. März 2008. Zu den Berichtsteilen gehören auch die aus den beigezogenen Unterlagen ggf. noch einzuarbeitenden Dokumente sowie offenkundige Sachverhalte.

3. Die Beratung des Vorentwurfs und der Bewertungen erfolgt durch die Sprecher am Mittwoch, 12. März 2008, unter Würdigung der Frage des rechtlichen Gehörs. Bei Bedarf könnten weitere Gespräche der Sprecher verein-bart werden.

4. Die endgültigen Voten der Sprecher sind dem Sekretariat bis Donnerstag, 10. April 2008, zuzuleiten.

5. Die Beratungssitzung, in der der Bericht (Verfahrens- und Feststellungsteil, Bewertungsteile sowie ggf. abwei-chende Berichte) festgestellt werden soll, wird bestimmt auf Mittwoch, dem 23. April 2008.

16.01.2008 - -

86 - neu - Beschlussvorschlag vom 23.01.2008: Erstellung des Abschlussberichts 1. Das Sekretariat wird - vorbehaltlich des Abschlusses der

Beweisaufnahme - beauftragt, bis Mittwoch, 30. Janu-ar 2008, den Vorentwurf eines Abschlussberichts (Ein-setzung des Untersuchungsausschusses, Ablauf des Un-tersuchungsverfahrens, Feststellungsteil, Anlagen) zu erstellen und diesen den Sprechern zuzuleiten.

2. Die Erstellung und Zuleitung der Bewertungen durch die Sprecher an das Sekretariat erfolgen bis Montag, 17. März 2008. Zu den Berichtsteilen gehören auch die aus den beigezogenen Unterlagen ggf. noch einzuarbei-tenden Dokumente sowie offenkundige Sachverhalte.

3. Die Beratung des Vorentwurfs und der Bewertungen erfolgt durch die Sprecher am Mittwoch, 9. April 2008, unter Würdigung der Frage des rechtlichen Gehörs. Bei Bedarf könnten weitere Gespräche der Sprecher verein-bart werden.

4. Die endgültigen Voten der Sprecher sind dem Sekretariat bis Mittwoch, 23. April 2008, zuzuleiten.

5. Die Beratungssitzung, in der der Bericht (Verfahrens- und Feststellungsteil, Bewertungsteile sowie ggf. abwei-chende Berichte) festgestellt werden soll, wird bestimmt auf Mittwoch, dem 7. Mai 2008.

23.01.2008 23.01.2008 Beschluss 15 zum

Verfahren

87 Beschlussvorschlag vom 15.01.2008: Abfassung von Berichtsteilen / Aufhebung von Einstufun-gen

16.01.2008 23.01.2008 Beschluss 16 zum

Verfahren

Drucksache 16/10650 – 208 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

Für den Abschlussbericht können Inhalte aus eingestuften Unterlagen verwendet werden. Die eingestuften Unterlagen (Quellen) bleiben als solche weiterhin eingestuft. Die Be-richtsteile sind bis zum Feststellungsbeschluss des Aus-schusses über den Abschlussbericht als VS-Zwischen-material GEHEIM zu behandeln. Der Abschlussbericht wird ohne geschwärzte Fassungen eingestufter Unterlagen erstellt. Zur Wahrung des Identitäts-schutzes sind die Identitäten von zu schützenden Zeugen entsprechend der vom Sekretariat erstellten oder noch zu ergänzenden Verschlüsselungsliste zu anonymisieren; das Sekretariat wird ermächtigt, im Rahmen einer redaktionellen Überarbeitung des Abschlussberichts vor Drucklegung dies sicherzustellen. Um eine Aufhebung der Einstufung von verwendeten Inhal-ten zu ermöglichen, sind alle entsprechenden Berichtsstellen mit detaillierten Quellenangaben zu versehen (z. B. Be-zeichnung des Dokuments, MAT-Nummer, Ordner-Nummer, Seitenangabe bzw. Protokollnummer, Protokoll-teil, Zeugenverschlüsselungsnummer, Seitenangabe). Die Aufhebung der Einstufung der im Abschlussbericht verwendeten Inhalte erfolgt durch die herausgebenden stel-len. Bei der Aufhebung von Inhalten aus Vernehmungspro-tokollen durch den Ausschuss, sind die aussagegenehmi-genden Stellen zu beteiligen. Enthält ein Vernehmungspro-tokoll einen Vorhalt aus einer eingestuften Unterlage, so ist bei der Aufhebung der Einstufung auch die Stelle zu beteili-gen, die die Einstufung des verwendeten Vorhalts vorge-nommen hat. Zur Prüfung der Aufhebung der Einstufung werden die entsprechenden Berichtsteile den herausgeben-den oder zu beteiligenden Stellen übersandt.

88 Beschlussvorschlag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 21.01.2008: Auf Bitte des 1. Untersuchungsausschusses (dortige Be-weisbeschlüsse 16-338 und 16-344) beschließt der Verteidi-gungsausschuss als Untersuchungsausschuss, dem 1. Unter-suchungsausschuss die Stenografischen Protokolle der Ver-nehmung von Herrn (…) vor dem Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss sowie die Stenografischen Protokolle über die Vernehmung von Zeugen, die die Tätig-keiten von Herrn (…) in Kandahar betreffen oder Herrn (…) namentlich oder der Funktion nach erwähnen, unter Beach-tung der Geheimschutzvorschriften zu überlassen. Dies ge-schieht in Hinblick auf das innerorganschaftliche Koopera-tionsverhältnis und die Nähe der jeweiligen Untersuchungs-aufträge sowie in Anlehnung an § 31 Abs. 1 PUAG, der die Überlassung von Protokollen über Untersuchungshandlun-gen von anderen Untersuchungsausschüssen an einen Unter-suchungsausschuss regelt. Für die Behandlung der Ver-schlusssachen gilt gemäß § 15 Abs. 3 PUAG die Geheim-schutzordnung des Bundestages.

23.01.2008 23.01.2008 -

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 209 – Drucksache 16/10650

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

89 Schreiben des Vorsitzenden des Ausschusses für Wahlprü-fung, Immunität und Geschäftsordnung vom 14. Janu-ar 2008: Ergebnis einer Prüfung der Zulässigkeit von zwei Beweisbeschlüssen des 1. UA 16. WP

23.01.2008 23.01.2008 -

89a Beschlussvorschlag vom 23.01.2008: Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss beschließt, der mit Schreiben vom 14. Januar 2008 (Bera-tungsunterlage 16/89) übermittelten informellen Empfeh-lung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung mit den Maßgaben zu folgen, dass: - die Vernehmungsprotokolle des Untersuchungsausschus-

ses nach Beteiligung der aussagegenehmigenden Stelle (Verteidigungsministerium bzw. Bundeskanzleramt) dem 1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahlperiode zur Ver-fügung gestellt werden können,

- im Einzelnen die Vernehmungsprotokolle des Zeugen (…). sowie die Vernehmungsprotokolle der zwei weiteren Angehörigen der Zelle Nachrichtenwesen im 1. Kontin-gent nach Herstellung des Einvernehmens mit dem Bun-deskanzleramt bzw. dem Bundesministerium der Vertei-digung dem 1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahlperi-ode zur Verfügung gestellt werden,

- Unterlagen, die nicht originär im Untersuchungsausschuss entstanden sind, durch den 1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahlperiode direkt bei der Stelle angefordert werden sollten, die diese Unterlagen erstellt haben.

23.01.2008 23.01.2008 -

90 Beschlussvorschlag der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 22.01.2008: Erstellung des Abschlussberichts / Herabstufung der Einstu-fung: „In Hinblick darauf, dass das BMVg und die Staatsanwalt-schaft Tübingen die GEHEIM-Einstufung der Protokolle der Vernehmungen bzw. Auszüge aus den Ermittlungsakten, soweit es die Aussagen zur Sache betrifft, aufgehoben ha-ben, beschließt der Verteidigungsausschuss für den Ab-schlussbericht die bei den Zeugenvernehmungen angewand-ten Abkürzungen der jeweiligen Namen noch mal zu ver-schlüsseln. Vor dem Hintergrund des hierdurch gewahrten Identitätsschutzes beschließt der Ausschuss als die für die Einstufung bzw. die Aufhebung der Einstufung zuständige Stelle die als GEHEIM eingestuften Teile der Verneh-mungsprotokolle durch den Ausschuss für Zwecke des Ab-schlussberichtes aufzuheben, soweit sie Angaben zur Sache enthalten, während die Einstufung der Angaben zur Person aufrechterhalten bleibt.“

23.01.2008 23.01.2008 -

91 Beschlussvorschlag vom 18.06.2008: Endgültige Einstufung von als vorläufig GEHEIM einge-stuften Dokumenten

19.06.2008 25.06.2008 -

Drucksache 16/10650 – 210 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss beschließt, die in der anliegenden Übersicht vom 11. Ju-ni 2008 aufgeführten und bisher als vorläufig GEHEIM eingestuften Dokumente endgültig als GEHEIM einzustu-fen.

92 Beschlussvorschlag vom 18.06.2008: Formeller Abschluss von Vernehmungen (§ 26 PUAG) Die Vernehmungen der Zeugen vom 12. Dezember 2007 und 23. Januar 2008, die das Stenografische Protokoll über ihre Vernehmung durch den Untersuchungsausschuss erhal-ten und dazu Stellung genommen bzw. auf eine Stellung-nahme verzichtet haben, sind abgeschlossen.

19.06.2008 25.06.2008 -

93 Beschlussvorschlag vom 18.06.2008: Wörtliche Zitate aus Protokollen nichtöffentlicher Sitzungen („fair trial“) Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss beschließt, den namentlich oder der Funktion nach benann-ten Zeugen bei wörtlichen Zitaten aus Protokollen nichtöf-fentlicher Sitzungen vor einer Veröffentlichung des Ab-schlussberichtes (Feststellungs- und Bewertungsteil, Son-dervoten) Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben.

19.06.2008 - -

93 - neu - Beschlussvorschlag vom 24.06.2008: Wörtliche Zitate aus Protokollen nichtöffentlicher Sitzungen („fair trial“) Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss beschließt, den namentlich oder der Funktion nach benann-ten Zeugen bei wörtlichen Zitaten aus Protokollen nichtöf-fentlicher Sitzungen vor einer Veröffentlichung des Ab-schlussberichtes Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben.

25.06.2008 25.06.2008 -

94 Beschlussvorschlag vom 18.06.2008: Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß § 32 PUAG Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss beschließt, dass den folgenden Personen vor einer Veröf-fentlichung des Abschlussberichts nach § 32 PUAG Gele-genheit zu einer Stellungnahme zu entsprechenden Textstel-len im Sondervotum der Fraktion DIE LINKE. zu geben ist: 1. Birgitt Heidinger (ehemalige Büroleiterin BM

Dr. Struck) 2. Jörn Thießen (ehemaliger Büroleiter BM Scharping), 3. Generalleutnant Manfred Engelhardt (ehemaliger Leiter

der Stabsabteilung Fü S V) 4. UAL MinDirig Dr. Fredy Schwierkus

19.06.2008 - -

94 - neu - Beschlussvorschlag vom 24.06.2008: Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß § 32 PUAG Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss beschließt, dass den folgenden Personen vor einer Veröf-fentlichung des Abschlussberichts nach § 32 PUAG Gele-genheit zu einer Stellungnahme zu entsprechenden Textstel-len im Sondervotum der Fraktion DIE LINKE. zu geben ist:

25.06.2008 25.06.2008 -

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 211 – Drucksache 16/10650

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

1. Birgitt Heidinger (ehemalige Büroleiterin BM Dr. Struck),

2. Jörn Thießen (ehemaliger Büroleiter BM Scharping), 3. Generalleutnant Manfred Engelhardt (ehemaliger Leiter

der Stabsabteilung Fü S V), BMVg, 4. UAL MinDirig Dr. Fredy Schwierkus, BMVg, 5. MinDirig Ulrich Birkenheier, BMVg.

95 Beschlussvorschlag vom 18.06.2008: Zitate aus einer Anklageschrift oder anderen amtlichen Schriftstücken eines Strafverfahrens (§ 353d Nr. 3 StGB) Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss beschließt, im Abschlussbericht aus amtlichen Schriftstü-cken eines Strafverfahrens im Sinne des § 353d Nr. 3 StGB nicht wörtlich zu zitieren.

19.06.2008 25.06.2008 -

96 Schreiben von Abg. Paul Schäfer (DIE LINKE.) vom 23. Juni 2008 zu den Beratungsunterlagen 16/93 u. 16/95

24.06.2008 25.06.2008 -

97 Beschlussvorschlag vom 10.09.2008: Verfahrensteil (Teil I), Feststellungsteil (Teil II) sowie An-lagenteil (Teil V) des Abschlussberichtes Der Bericht der Berichterstatter Abg. Bernd Siebert (CDU/CSU) und Abg. Rainer Arnold (SPD) - Einsetzung des Untersuchungsausschusses und Verlauf des Untersu-chungsverfahrens (Teil I), Feststellungen zum Sachverhalt (Teil II) sowie Übersichten und Verzeichnisse (Teil V) - wird als Bericht des Verteidigungsausschusses als 1. Unter-suchungsausschuss der 16. Wahlperiode festgestellt.

10.09.2008 18.09.2008 -

98 Beschlussvorschlag vom 10.09.2008: Bewertungsteil (Teil III) des Abschlussberichtes Der Bericht der Berichterstatter Abg. Bernd Siebert (CDU/CSU) und Abg. Rainer Arnold (SPD) - Bewertungen (Teil III) - wird als Bericht des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss der 16. Wahlperiode festge-stellt.

10.09.2008 18.09.2008 -

99 Beschlussvorschlag vom 10.09.2008: Sondervoten (Teil IV) des Abschlussberichtes Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss beschließt, dass die nachfolgenden Sondervoten nach § 33 Absatz 2 PUAG als Teil IV in den Bericht aufzunehmen sind: - der Berichtsentwurf der Berichterstatterin Abg. Elke Hoff

(FDP) vom 14. April 2008 als Sondervotum der Fraktion der FDP;

- der Berichtsentwurf des Berichterstatters Abg. Paul Schä-fer (DIE LINKE.) vom 4. September 2008 als Sondervo-tum der Fraktion DIE LINKE. sowie

- der Berichtsentwurf des Berichterstatters Abg. Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 4. Sep-tember 2008 als Sondervotum der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

10.09.2008 18.09.2008 -

Drucksache 16/10650 – 212 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

100 Beschlussvorschlag vom 10.09.2008: Beschlussempfehlung des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss beschließt, die vorgenannten Berichte (Teil I bis Teil V) werden nach § 34 Absatz 4 Satz 2 in Verbindung mit § 33 PUAG dem Deutschen Bundestag als Abschlussbericht mit der Beschlussempfehlung vorgelegt, ihn zur Kenntnis zu nehmen.

10.09.2008 18.09.2008 -

101 Beschlussvorschlag vom 10.09.2008: Aufhebung von Einstufungen / Redaktionelle Abfassung des Abschlussberichtes 1. Die Einstufung der verwendeten Inhalte und Zitate aus

Protokollen nichtöffentlicher Sitzungen wird für den Ab-schlussbericht aufgehoben; die aussagegenehmigenden Stellen wurden entsprechend beteiligt. Die Aufhebung der Einstufung für die im Abschlussbericht verwendeten Inhalte und Zitate aus beigezogenen Unterlagen ist be-reits durch die herausgebenden Stellen erfolgt.

2. Der Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-schuss beauftragt und ermächtigt das Ausschusssekretari-at, den festgestellten und zur Veröffentlichung als Bun-destagsdrucksache bestimmten Bericht in Abstimmung mit den jeweiligen benannten Mitarbeitern der Fraktionen redaktionell so zu erarbeiten, dass dieser als abschließen-der Gesamtbericht des Untersuchungsausschusses in ein-heitlicher Form dem Plenum des Deutschen Bundestages vorgelegt werden kann.

10.09.2008 18.09.2008 Beschluss 19 zum

Verfahren

102 Beschlussvorschlag vom 10.09.2008: Behandlung der Protokolle und Materialien nach Kenntnis-nahme des Abschlussberichtes durch den Deutschen Bun-destag I. Protokolle

Der Untersuchungsausschuss empfiehlt gemäß Ziffer II. Nr. 2 der Richtlinien gemäß § 73 Abs. 3 GO-BT: 1. VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH (VS-

NfD), VS-VERTRAULICH (VS-Vertr.), VERTRAU-LICH und höher eingestufte Protokolle werden nach der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundesta-ges behandelt.

2. Protokolle über nichtöffentliche Vernehmungen und Anhörungen, die nicht wie unter Ziffer 1 eingestuft sind, werden mit dem Vermerk „Nur zur dienstlichen Verwendung“ versehen.

3. Protokolle über Beratungssitzungen werden mit dem Vermerk „Nur zur dienstlichen Verwendung“ verse-hen.

II. Materialien 1. Im Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-

schuss entstandene sowie für diesen erstellte Materia-lien sind wie die unter Ziffer I. Nr. 2. erwähnten Pro-

10.09.2008 - -

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 213 – Drucksache 16/10650

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

tokolle zu behandeln. 2. Dies gilt nicht für Materialien mit der Kennzeichnung

VS-NfD, VS-VERTRAULICH, VERTRAULICH und höher, die nach der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages zu behandeln sind.

III. Geschäftsakten 1. Die Geschäftsakten des Verteidigungsausschusses als

1. Untersuchungsausschuss werden ebenfalls mit dem Vermerk „Nur zur dienstlichen Verwendung“ verse-hen.

2. Die Dokumente, die Daten von zu schützenden Zeu-gen enthalten, werden als VS-Zwischenmaterial der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Vernichtung zugeleitet.

IV. Beweismaterialien 1. Die zu Beweiszwecken beigezogenen Materialien

Dritter und die VS-NUR FÜR DEN DIENST-GEBRAUCH, VS-VERTRAULICH, VERTRAU-LICH und höher eingestuften Beweismaterialien wer-den nach Kenntnisnahme des Abschlussberichts durch das Plenum des Deutschen Bundestages an die he-rausgebenden Stellen zurückgegeben.

2. Im Übrigen werden Kopien ebenso wie die vom Ver-teidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss gefertigten Kopien vernichtet, es sei denn, die heraus-gebenden Stellen widersprechen. Die Vernichtung ist in einem Protokoll festzuhalten.

102 - neu - Beschlussvorschlag vom 16.09.2008: Behandlung der Protokolle und Materialien nach Kenntnis-nahme des Abschlussberichtes durch den Deutschen Bun-destag I. Protokolle

Der Untersuchungsausschuss empfiehlt gemäß Ziffer II. Nr. 2 der Richtlinien gemäß § 73 Abs. 3 GO-BT: 1. VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH (VS-

NfD), VS-VERTRAULICH (VS-Vertr.), VERTRAU-LICH und höher eingestufte Protokolle werden nach der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundesta-ges behandelt.

2. Protokolle über nichtöffentliche Vernehmungen und Anhörungen, die nicht wie unter Ziffer 1 eingestuft sind, werden mit dem Vermerk „Nur zur dienstlichen Verwendung“ versehen.

3. Protokolle über Beratungssitzungen werden mit dem Vermerk „Nur zur dienstlichen Verwendung“ verse-hen.

II. Materialien 1. Im Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-

schuss entstandene sowie für diesen erstellte Materia-lien sind wie die unter Ziffer I. Nr. 2. erwähnten Pro-tokolle zu behandeln.

17.09.2008 18.09.2008 Beschluss 17 zum

Verfahren

Drucksache 16/10650 – 214 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

2. Dies gilt nicht für Materialien mit der Kennzeichnung VS-NfD, VS-VERTRAULICH, VERTRAULICH und höher, die nach der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages zu behandeln sind.

III. Geschäftsakten 1. Die Geschäftsakten des Verteidigungsausschusses als

1. Untersuchungsausschuss werden ebenfalls mit dem Vermerk „Nur zur dienstlichen Verwendung“ verse-hen.

2. Die Dokumente, die Daten von zu schützenden Zeu-gen enthalten, werden als VS-Zwischenmaterial der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Vernichtung zugeleitet.

IV. Beweismaterialien 1. Die zu Beweiszwecken beigezogenen Materialien

Dritter und die VS-NUR FÜR DEN DIENST-GEBRAUCH, VS-VERTRAULICH, VERTRAU-LICH und höher eingestuften Beweismaterialien wer-den nach Kenntnisnahme des Abschlussberichts durch das Plenum des Deutschen Bundestages an die he-rausgebenden Stellen zurückgegeben. Ausgenommen hiervon sind Kopien bzw. Ausferti-gungen von Beweismaterialien, die als Dokumente dem Abschlussbericht oder Teilen des Abschlussbe-richts beigefügt sind.

2. Im Übrigen werden Kopien ebenso wie die vom Ver-teidigungsausschuss als 1. Untersuchungsausschuss gefertigten Kopien vernichtet, es sei denn, die heraus-gebenden Stellen widersprechen. Die Vernichtung ist in einem Protokoll festzuhalten.

103 Beschlussvorschlag vom 10.09.2008: Rückgabe von Beweismaterialien und Mehrausfertigungen von Protokollen 1. Die an die Mitglieder des Verteidigungsausschusses als

1. Untersuchungsausschuss, die benannten Mitarbeiter der Fraktionen und die Beauftragten der Bundesregierung im Verteidigungsausschuss als 1. Untersuchungsaus-schuss sowie an die Staatsanwaltschaft Tübingen verteil-ten Kopien der offenen und VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH (VS-NfD) eingestuften Beweis-materialien sowie die davon gezogenen weiteren Kopien sind nach Kenntnisnahme des Abschlussberichts durch das Plenum des Deutschen Bundestages dem Ausschuss-sekretariat zum Zwecke der Vernichtung zuzuleiten.

2. Die Durchführung der Vernichtung ist vom Sekretariat in einem Protokoll festzuhalten.

3. Die von der Geheimregistratur für die Mitglieder des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsaus-schuss, die benannten Mitarbeiter der Fraktionen und die Beauftragten der Bundesregierung sowie an die Staats-anwaltschaft Tübingen verteilten Kopien der VS-VER-

10.09.2008 - -

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 215 – Drucksache 16/10650

beschlos-sen/

behandelt

Verfahrens-/ Beweis-

beschluss

Beratungs-unterlage

16/ Art, Datum und Inhalt

verteiltam

am BB 16 -

TRAULICH (VS-Vertr.) oder höher eingestuften Be-weismaterialien sowie die Mehrausfertigungen der VS-Vertr. oder höher eingestuften Protokolle des Verteidi-gungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss sowie die Mehrausfertigungen der VS-eingestuften Berichtsteile sind nach Kenntnisnahme des Abschlussberichts durch das Plenum des Deutschen Bundestages der Geheimre-gistratur zum Zwecke der Vernichtung zuzuleiten.

103 - neu - Beschlussvorschlag vom 16.09.2008: Rückgabe von Beweismaterialien und Mehrausfertigungen von Protokollen 1. Nach Kenntnisnahme des Abschlussberichtes durch das

Plenum des Deutschen Bundestages geben die Mitglieder des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsaus-schuss, die benannten Mitarbeiter der Fraktionen und die Beauftragten der Bundesregierung gegenüber dem Sekre-tariat eine Erklärung ab, dass verteilte Kopien der offe-nen - einschließlich „Nur zur dienstlichen Verwendung“ - und VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH (VS-NfD) eingestuften Beweismaterialien sowie die davon gezogenen weiteren Kopien - soweit dies nicht bereits er-folgt ist - vernichtet werden.

2. Die von der Geheimregistratur für die Mitglieder des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsaus-schuss, die benannten Mitarbeiter der Fraktionen und die Beauftragten der Bundesregierung sowie an die Staats-anwaltschaft Tübingen verteilten Kopien der VS-VER-TRAULICH (VS-Vertr.) oder höher eingestuften Be-weismaterialien sowie die Mehrausfertigungen der VS-Vertr. oder höher eingestuften Protokolle des Verteidi-gungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss sowie die Mehrausfertigungen der VS-eingestuften Berichtsteile sind nach Kenntnisnahme des Abschlussberichts durch das Plenum des Deutschen Bundestages der Geheimre-gistratur zum Zwecke der Vernichtung zuzuleiten.

17.09.2008 18.09.2008 Beschluss 18 zum

Verfahren

Drucksache 16/10650 – 216 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

III. Übersicht der Beweisbeschlüsse mit Bearbeitungsstand

BB16-

zu BU16/

Inhalt be-

schlossenSchreiben/

Ladung

Terminder Ver-

nehmung/ Anhörung

Anforde-rung

Eingang/ Erstellt

MAT-Nr.

1 1 Beiziehung von Unterlagen des Bundesministeriums der Verteidigung u. nachgeordne-ter Dienststellen: - Organigramme des Bun-

desministeriums der Ver-teidigung aus dem Zeit-raum vom 1. November 2001 bis zum 30. Novem-ber 2002;

- alle Befehle aus dem Bun-desministerium der Vertei-digung und den nachgeord-neten Dienststellen, die den Einsatz der „Deutschen Heereskontingente Spezi-alkräfte Enduring Free-dom“ betreffen, aus dem Zeitraum vom 1. Novem-ber 2001 bis zum 30. No-vember 2002;

- alle Dienstpläne der „Deut-schen Heereskontingente Spezialkräfte Enduring Freedom“ vom 1. Novem-ber 2001 bis zum 30. No-vember 2002 im Einsatz-gebiet;

- alle Tagesbefehle, die den Einsatz der „Deutschen Heereskontingente Spezi-alkräfte Enduring Free-dom“ vom 1. November 2001 bis zum 30. Novem-ber 2002 betreffen;

- alle Vernehmungs- und Anhörungsprotokolle von Soldaten der „Deutschen Heereskontingente Spezi-alkräfte Enduring Free-dom“ zum Vorgang „Murat Kurnaz“;

- alle dienstlichen Erklärun-gen von Soldaten der „Deutschen Heereskontin-gente Spezialkräfte Endu-ring Freedom“ zum Vor-gang „Murat Kurnaz“;

- alle Befehle zu militäri-schen Operationen der

29.11.2006 Schreiben an BMVg

01.12.2006

11.01.2007/ 16 - 14

(GEHEIM)

12.02.2007/ 16 - 22

(GEHEIM)

23.03.2007/ 16 - 29

06.09.2007/ 16 - 60

(GEHEIM)

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 217 – Drucksache 16/10650

BB16-

zu BU16/

Inhalt be-

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Ladung

Terminder Ver-

nehmung/ Anhörung

Anforde-rung

Eingang/ Erstellt

MAT-Nr.

„Deutschen Heereskontin-gente Spezialkräfte Endu-ring Freedom“ während des Einsatzes in Afghanistan im Zeitraum vom 1. No-vember 2001 bis zum 30. November 2002;

- Liste der im Kommando Spezialkräfte in Führungs-verantwortung stehenden Soldaten vom Komman-deur bis zur Ebene der Zugführer im Zeitraum vom 1. November 2001 bis zum 30. November 2002;

- Liste der in den „Deut-schen Heereskontingenten Spezialkräfte Enduring Freedom“ in Führungsver-antwortung stehenden Sol-daten vom Kontingentfüh-rer bis zur Ebene der Teil-einheitsführer im Zeitraum vom 1. November 2001 bis zum 30. November 2002;

- alle weiteren Unterlagen (einschließlich von Proto-kollen, Sprechzetteln, Ver-merken und Aktennotizen) des Bundesministeriums der Verteidigung und der nachgeordneten Dienststel-len zu Kontakten von Sol-daten der Bundeswehr zu Murat Kurnaz und zu den durchgeführten militäri-schen Operationen der „Deutschen Heereskontin-gente Spezialkräfte Endu-ring Freedom“ während des Einsatzes in Afghanistan im Zeitraum vom 1. No-vember 2001 bis zum 30. November 2002.

2 2 Beiziehung der Akten der Staatsanwaltschaft Tübingen im Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen Verdachts der Körperverlet-zung im Amt aufgrund der Äußerungen von Murat Kur-

29.11.2006 Schreiben an Staats-anwalt-schaft

Tübingen01.12.2006

04.01.2007/ 16 - 8

(GEHEIM)

05.01.2007/ 16 - 9

Drucksache 16/10650 – 218 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

BB16-

zu BU16/

Inhalt be-

schlossenSchreiben/

Ladung

Terminder Ver-

nehmung/ Anhörung

Anforde-rung

Eingang/ Erstellt

MAT-Nr.

naz über seine behauptete Misshandlung durch Soldaten der Bundeswehr Anfang 2002 in Kandahar (Afghanis-tan).

27.03.2007/ 16 - 24

28.03.2007/ 16 - 25

(GEHEIM)

18.05.2007/ 16 - 35

(GEHEIM)

18.05.2007/ 16 - 36

31.05.2007/ 16 - 41

04.06.2007/ 16 - 42

(GEHEIM)

12.07.2007/ 16 - 56

13.08.2007/ 16 - 57

17.09.2007/ 16 - 65

(GEHEIM)

18.09.2007/ 16 - 67

26.09.2007/ 16 - 69

09.10.2007/ 16 - 72

(GEHEIM)

01.02.2008/ 16 - 84

11.03.2008/ 16 - 85

3 3 Beiziehung der Ausschuss-protokolle des Verteidi-gungsausschusses des Deut-schen Bundestages mit Bezug zum Einsatz von deutschen

29.11.2006 Schreiben an Vorsit-

zende Verteidi-gungsaus-

04.01.2007/ 16 - 6

(teilweiseVS-NfD)

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 219 – Drucksache 16/10650

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zu BU16/

Inhalt be-

schlossenSchreiben/

Ladung

Terminder Ver-

nehmung/ Anhörung

Anforde-rung

Eingang/ Erstellt

MAT-Nr.

Soldaten im Rahmen der Operation Enduring Freedom im Zeitraum vom 1. Novem-ber 2001 bis 30. Novem-ber 2002.

schuss13.12.2006

4 16 Beiziehung von Aufzeich-nungen aller Art im Büro des Wehrbeauftragten über mög-liche Informationen, die der Wehrbeauftragte für den Zeitraum 1. November 2001 bis 30. November 2002 hin-sichtlich Murat Kurnaz erhal-ten haben könnte.

29.11.2006 Schreiben an Wehr-beauftrag-

ten 01.12.2006

12.01.2007/ 16 - 15

(GEHEIM)

5 19 Beiziehung von Aufzeich-nungen aller Art im Büro des Wehrbeauftragten über In-formationen, die der Wehrbe-auftragte für den Zeitraum 1. November 2001 bis 30. November 2002 hinsicht-lich der KSK in Kandahar erhielt.

29.11.2006 Schreiben an Wehr-beauftrag-

ten 01.12.2006

12.01.2007/ 16 - 15

(GEHEIM)

6 20 Beiziehung aller Akten, die den Untersuchungsgegen-stand betreffen, insbesondere - Organisationspläne Bun-

deskanzleramt, BMVg, AA, BMI, EinsFüKdo, Amt für Nachrichtenwesen bzw. ZNBw, BND, Amt für Militärkunde, deutsches Verbindungskommando USCENTCOM, Namen der BND-Verbindungsbeamten bei USCENTCOM aus dem Zeitraum 1. November 2001 bis zum 30. No-vember 2002;

- Liste der Angehörigen des „Deutschen Heereskontin-gents Spezialkräfte Endu-ring Freedom“, die im Einsatzgebiet vom 1. No-vember 2001 bis zum 30. November 2002 zum Einsatz gekommen sind, sowie die Liste der in die-sem Zeitraum im Kom-mando Spezialkräfte in Führungsverantwortung

29.11.2006 Schreiben an Bun-deskanz-leramt

05.12.2006

Schreiben an BMI

05.12.2006

Schreiben an AA

05.12.2006

Schreiben an BMVg

01.12.2006

11.12.2006/ 16 - 2

11.01.2007/ 16 - 14

(GEHEIM)

16.01.2007/ 16 - 17 (Anlage

VS-NfD)

16.01.2007/ 16 - 18

30.01.2007/ 16 - 20

(GEHEIM)

12.02.2007/ 16 - 22

(GEHEIM)

06.09.2007/ 16 - 60

(GEHEIM)

Drucksache 16/10650 – 220 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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Inhalt be-

schlossenSchreiben/

Ladung

Terminder Ver-

nehmung/ Anhörung

Anforde-rung

Eingang/ Erstellt

MAT-Nr.

stehenden Soldaten vom Kommandeur bis zur Ebe-ne der Zugführer sowie alle Dienstpläne dieses Kontin-gents und diesen Zeitraum betreffend;

- alle Dienstlichen Erklärun-gen, Vernehmungs- und Anhörungsprotokolle zum Vorgang „Murat Kurnaz“ in Afghanistan;

- alle Befehle aus dem Bun-desministerium der Vertei-digung und den nachgeord-neten Dienststellen, die den Einsatz der „Deutschen Heereskontingente Spezi-alkräfte Enduring Free-dom“ betreffen, aus dem Zeitraum 1. November 2001 bis zum 30. Novem-ber 2002;

- tägliche Meldung und täg-liche Weisung vom 1. No-vember 2001 bis zum 30. November 2002, die den Einsatz der „Deutschen Heereskontingente Spezi-alkräfte Enduring Free-dom“ betreffen;

- alle Befehle zu militäri-schen Operationen der „Deutschen Heereskontin-gente Spezialkräfte Endu-ring Freedom“ während des Einsatzes in Afghanistan im Zeitraum vom 1. No-vember 2001 bis zum 30. November 2002;

- alle weiteren Unterlagen (einschließlich von Proto-kollen, Sprechzetteln, Ver-merken und Aktennotizen) des Bundesministeriums der Verteidigung und der nachgeordneten Dienststel-len zu Kontakten von Sol-daten der Bundeswehr zu Murat Kurnaz und zu den durchgeführten Operatio-nen der „Deutschen Hee-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 221 – Drucksache 16/10650

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Ladung

Terminder Ver-

nehmung/ Anhörung

Anforde-rung

Eingang/ Erstellt

MAT-Nr.

reskontingente Spezialkräf-te Enduring Freedom“, die den Zeitpunkt des Einsat-zes in Afghanistan im Zeit-raum vom 1. November 2001 bis zum 30. Novem-ber 2002 betreffen;

- MoU, RoE, CONOP, tech-nische Verständigung mit US-Partnern, insbesondere über Umgang mit „festzu-haltenden“ Personen aus dem Zeitraum 1. Novem-ber 2001 bis zum 30. No-vember 2002 bezogen auf die Operation EnduringFreedom in Afghanistan;

- alle weiteren Unterlagen, die Beschwerden von Sol-daten des Kommandos Spezialkräfte wegen der Behandlung von Gefange-nen durch Amerikaner und deren eigene unklare recht-liche Lage an das Einsatz-führungskommando sowie andere Dienststellen aus dem Zeitraum 1. Novem-ber 2001 bis zum 30. No-vember 2002 zum Gegen-stand haben bezogen auf die Operation Enduring Freedom in Afghanistan;

- BND-Bericht an das Bun-deskriminalamt vom 03.07.2002 sowie BND-Bericht vom 28.06.2002 an das Bundeskanzleramt, so-weit diese den Aufenthalt von Murat Kurnaz im be-sagten Zeitraum in Afgha-nistan betreffen;

- Befragungsprotokolle schriftlich und Videos der Kurnaz-Befragung durch BND und BfV am 23./24.09.2002, soweit die-se den Aufenthalt von Mu-rat Kurnaz im besagten Zeitraum in Afghanistan betreffen;

Drucksache 16/10650 – 222 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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zu BU16/

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Ladung

Terminder Ver-

nehmung/ Anhörung

Anforde-rung

Eingang/ Erstellt

MAT-Nr.

- erster Bericht über die Befragung von BND und BfV an Bundeskanzleramt/ Referat 605 vom 02.10.2002, soweit dieser den Aufenthalt von Murat Kurnaz im besagten Zeit-raum in Afghanistan be-trifft;

- Bericht zur Befragung BND an das Bundeskanz-leramt/ Referat 605 vom 08.10.2002, soweit dieser den Aufenthalt von Murat Kurnaz im besagten Zeit-raum in Afghanistan be-trifft.

7 21 Beiziehung folgender Unter-lagen der Bundesregierung und nachgeordneter Dienst-stellen: - alle Abkommen, Vereinba-

rungen oder sonstigen Do-kumente die vor dem Hin-tergrund der deutschen Be-teiligung an der Operation Enduring Freedom zwi-schen Regierungsstellen der USA und Deutschlands geschlossen wurden und vor allem Auskunft geben über Zugang zu und Aus-tausch von Informationen, Zuständigkeiten, Befehls- und Kommandostruktur, Rules of Engagement, Ver-einbarungen zum Umgang mit Gefangenen sowie den Einfluss auf Auftrag, Auf-gaben und Einsatz deut-scher KSK-Soldaten im Rahmen der Operation En-during Freedom in Afgha-nistan im Zeitraum vom 1. November 2001 bis zum 30. November 2002;

- die nationalen Einsatzre-geln, nach denen die Solda-ten des „Deutschen Hee-reskontingents Spezialkräf-te Enduring Freedom“, die

29.11.2006 Schreiben an BMVg

01.12.2006

11.01.2007/ 16 - 14

(GEHEIM)

12.02.2007/ 16 - 22

(GEHEIM)

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 223 – Drucksache 16/10650

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zu BU16/

Inhalt be-

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Ladung

Terminder Ver-

nehmung/ Anhörung

Anforde-rung

Eingang/ Erstellt

MAT-Nr.

Soldaten des Zentrums für Nachrichtenwesen der Bundeswehr und andere im OEF-Einsatz verwendete Soldaten oder Beamte wäh-rend des US-geführten Ein-satzes in Afghanistan im Zeitraum vom 1. Novem-ber 2001 bis zum 30. No-vember 2002 gehandelt ha-ben.

8 22 Beiziehung der Interviews und Stellungnahmen von Murat Kurnaz bzw. dessen Anwalt Bernhard Docke, zur Inhaftierung durch US-Streitkräfte und vermeintli-chen Misshandlung durch Soldaten der Bundeswehr, einschl. des Video/Wort-protokollauszugs aus der Sendung „Beckmann“ vom 16.10.2006 und des Proto-kolls der Aussage u. Befra-gung vor dem CIA-Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments am 22.11.2006.

29.11.2006 14.12.2006/ 16 - 3

19.12.2006/ 16 - 4

27.12.2006/ 16 - 5

09.01.2007/ 16 - 13

22.01.2007/16 - 19

9 23 Beiziehung folgender Unter-lagen des Bundesministeri-ums der Verteidigung und der nachgeordneten Dienststel-len: - einer Übersicht über die

Personalauswahl, Ausbil-dung, Einsatzvorbereitung und Einsatzbegleitung der in Kandahar zwischen No-vember 2001 und Novem-ber 2002 zum Einsatz ge-kommenen Soldaten;

- eines Berichts, einschließ-lich Skizzen, Fotos oder Videoaufnahmen, der Aus-kunft gibt über die Infra-struktur und die Organisa-tion sowie die Unterbrin-gung, Aufgaben und Be-fugnisse deutscher Solda-ten im Lager in Kandahar im Untersuchungszeitraum;

29.11.2006 Schreiben an BMVg

01.12.2006

11.01.2007/ 16 - 14

(GEHEIM)

12.01.2007/ 16 - 16 (Anlage

VS-NfD)

12.02.2007/ 16 - 22

(GEHEIM)

Drucksache 16/10650 – 224 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

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zu BU16/

Inhalt be-

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Ladung

Terminder Ver-

nehmung/ Anhörung

Anforde-rung

Eingang/ Erstellt

MAT-Nr.

- eines Organigramms, einer Aufstellung sowie einer Dienstpostenbeschreibung aller Bundeswehrsoldaten und Bundesbediensteten, die im Untersuchungszeit-raum im Rahmen der Ope-ration Enduring Freedom in Afghanistan eingesetzt wa-ren;

- eine Aufstellung aller Bun-deswehrsoldaten und Bun-desbediensteten, inkl. Or-ganigramm und Dienstpos-tenbeschreibung, die im Untersuchungszeitraum in multinationalen militäri-schen Verbindungsstellen außerhalb Afghanistans am OEF-Einsatz mitgewirkt haben;

- aller Vernehmungs- und Anhörungsprotokolle von Soldaten und Bundesbe-diensteten, die im Zusam-menhang mit dem Vorgang „Murat Kurnaz - Kanda-har“ befragt wurden;

- aller Einsatz-/Kriegstage-buchberichte, die im Unter-suchungszeitraum zum OEF-Einsatz in Afghanis-tan erstellt wurden;

- aller Evaluationsberichte, die den OEF-Einsatz im Untersuchungszeitraum in Afghanistan betreffen.

10 27,30

Vernehmung von Murat Kurnaz als Zeugen.

13.12.2006 15.12.2006 17.01.2006

11 26 Vernehmung von Rechtsan-walt Bernhard Docke als Zeugen.

13.12.2006 15.12.2006 17.01.2007

12 28 Vernehmung des Kontingent-führers 1. Kontingent als Zeugen.

13.12.2006 15.12.2006 17.01.2007

13 29 Vernehmung des ehemaligen Leiters der Abteilung Spe-zielle Operationen als Zeu-gen.

13.12.2006 19.01.2007 31.01.2007

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 225 – Drucksache 16/10650

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zu BU16/

Inhalt be-

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Ladung

Terminder Ver-

nehmung/ Anhörung

Anforde-rung

Eingang/ Erstellt

MAT-Nr.

14 24 Benennung im gestuften Verfahren durch das BMVg derjenigen Soldaten, die im Rahmen der Kurnaz-Unter-suchung des Bundesministe-riums der Verteidigung zur Stellungnahme aufgefordert wurden und von denen bis-lang keine Rückmeldung vorliegt; Vernehmung dieser Soldaten als Zeugen.

13.12.2006 19.01.2007 und

26.01.2007

31.01.2007

28.03.2007

Schreiben an BMVg

28.12.2006

05.01.2007/ 16 - 11

(GEHEIM)

15 25 Benennung im gestuften Verfahren durch das BMVg derjenigen Soldaten, die mit Murat Kurnaz während seiner Gefangenschaft in Afghanis-tan in irgendeiner Weise in Kontakt (z. B. Blickkontakt, Wortkontakt, körperlicher Kontakt) gekommen sind oder die ihn im Gefangenen-lager in Kandahar gesehen haben; Vernehmung dieser Soldaten als Zeugen.

13.12.2006 19.12.2007 Schreiben an BMVg

28.12.2006

05.01.2007/ 16 - 10

(GEHEIM)

16 31 Vernehmung von - Hauptfeldwebel (…) - Hauptfeldwebel (…) - Hauptfeldwebel (…) - Hauptfeldwebel (…) - Hauptfeldwebel (…) - Hauptfeldwebel (…) als Zeugen.

31.01.2007 02.02.2007 und

01.03.2007 07.03.2007 28.02.2007 07.03.2007 28.02.2007 28.02.2007 28.02.2007

17 32 Vernehmung von - Oberstleutnant (…) - Oberstleutnant (…) - Hauptfeldwebel (…) - Oberstabsfeldwebel (…) als Zeugen.

31.01.2007 02.02.2007 07.03.2007

18 33 Vernehmung von - Rudolf Scharping (Bun-

desminister a. D.) - Walter Kolbow (Parl.

Staatssekretär a. D.) - Jörn Thießen, damaliger

Büroleiter von Bundesmi-nister Scharping,

als Zeugen.

31.01.2007 23.04.2007, 11.05.2007, 22.05.2007

und 31.05.2007

20.06.2007 18.06.2007 18.06.2007

19 34 Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) wird gebeten, im gestuften Verfahren

31.01.2007 Schreiben an ICRC

08.02.2007

12.04.2007/ 16 - 28

Drucksache 16/10650 – 226 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

BB16-

zu BU16/

Inhalt be-

schlossenSchreiben/

Ladung

Terminder Ver-

nehmung/ Anhörung

Anforde-rung

Eingang/ Erstellt

MAT-Nr.

- eine Liste derjenigen Mit-arbeiter zur Verfügung zu stellen, die im Untersu-chungszeitraum im Gefan-genenlager Kandahar tätig gewesen sind;

- die Mitglieder des IKRK als Zeugen zu benennen, die während der Gefangen-schaft von Murat Kurnaz Kontakt zu ihm hatten.

20 36 Vernehmung des damaligen Befehlshabers des Einsatz-führungskommandos als Zeugen.

31.01.2007 02.03.2007 21.03.2007

21 40 Vernehmung von - Stabsfeldwebel (…) - Hauptfeldwebel (…) - Zeuge (…) - Hauptfeldwebel (…) - Hauptmann (…) - Oberstleutnant a. D. (…) als Zeugen.

28.02.2007 02.03.2007 02.03.2007 09.03.2007 09.03.2007 09.03.2007 09.03.2007/ 30.10.2007 30.03.2007 09.01.2008

21.03.2007 21.03.2007 28.03.2007 28.03.2007 28.03.2007 28.03.2007/14.11.2007 09.05.2007 23.01.2008

22 42 Beiziehung folgender Lei-tungsvorlagen: 1. BMVg-Ministervorlage

vom 7. Nov. 2001 zur Un-terstützung US EUCOM mit Lufttransportmitteln/ Luftumschlagpersonal

2. BMVg-Ministervorlage vom 21. Nov. 2001 zur Billigung der Weisung Nr. 100 für die Vorbereitung des DEU Einsatzkontin-gentes Spezialkräfte im Rahmen der Operation ENDURING FREEDOM

3. BMVg-Ministervorlage vom 10. Jan. 2002 zur grundsätzlichen Billigung der Teilnahme von DEU Spezialkräften an Einsät-zen im Rahmen der Opera-tion ENDURING FREE-DOM in Afghanistan.

07.03.2007 Schreiben an BMVg

15.03.2007

03.04.2007/ 16 - 27

23 43 Vernehmung des - damaligen Kommandeurs

der Division Spezialkräfte,

07.03.2007 30.03.2007,11.05.2007

und 31.05.2007

18.06.2007

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 227 – Drucksache 16/10650

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zu BU16/

Inhalt be-

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Ladung

Terminder Ver-

nehmung/ Anhörung

Anforde-rung

Eingang/ Erstellt

MAT-Nr.

- damaligen Abteilungslei-ters Fü S V, BMVg,

- damaligen Referatsleiters Fü S V 3, BMVg

als Zeugen.

30.03.2007

30.03.2007

25.04.2007

25.04.2007

24 44 Vernehmung des ehemaligen Kommandeurs des KSK als Zeugen.

21.03.2007 30.03.2007 09.05.2007

25 46 Vernehmung von Hauptfeldwebel (…) als Zeugen.

21.03.2007 30.03.2007/ 23.04.2007

09.05.2007

26 48 Vernehmung von - Dr. Peter Struck - Dr. Walther Stützle - Klaus-Günther Biederbick - Birgitt Heidinger, ehemali-

ge Leiterin Ministerbüro Dr. Struck

- Dr. Willfried Penner als Zeugen.

21.03.2007 21.05.2007 15.05.2007 15.05.2007 21.05.2007

13.06.2007 13.06.2007 13.06.2007 13.06.2007

Schreiben an

Dr. Penner 09.05.2007

und 06.06.2007

30.04.2007/ 16 - 32

16.05.2007/ 16 - 34

07.06.2007/ 16 - 43

27 49 Das BMVg möge benennen, in welchem Ordner die in dem Dokument Anlage 4 zu EinsFüKdoBw –SpezOps– Az. 32-71-00 vom 24.06.2002 mit dem Titel „Grundsatzdokumente für den Einsatz SpezKr im Rah-men der Operation ENDU-RING FREEDOM“ aufgelis-teten schriftlichen Weisun-gen/Grundsatzbefehle dem Untersuchungsausschuss vor-gelegt wurden. Das Ministe-rium wird gebeten, die dem Ausschuss nicht bereits zur Verfügung gestellten Doku-mente vorzulegen.

21.03.2007 Schreiben an BMVg

30.03.2007

18.04.2007/ 16 - 30

20.04.2007/ 16 - 31

(GEHEIM)

28 51 Benennung sämtlicher Mitar-beiter des BND durch die Bundesregierung, die im Un-tersuchungszeitraum in Kan-dahar tätig waren.

25.04.2007 Schreiben an Bun-deskanz-leramt

27.04.2007

25.05.2007/ 16 - 39

(VS-NfD)

29 52 Beiziehung sämtlicher Unter-lagen, einschl. Befragungs-protokollen, dienstlichen Er-klärungen, Vermerken, Ak-tennotizen bzw. Bildmaterial und Datenträgern (CD, CD-ROM, Diskette o. ä.), die dem Bundeskanzleramt, den

25.04.2007 Schreiben an Bun-

deskanzle-ramt

27.04.2007 12.06.2007 21.06.2007 31.10.2007

15.06.2007/ 16 - 47

05.07.2007/ 16 - 55

12.11.2007/ 16 - 79

Drucksache 16/10650 – 228 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

BB16-

zu BU16/

Inhalt be-

schlossenSchreiben/

Ladung

Terminder Ver-

nehmung/ Anhörung

Anforde-rung

Eingang/ Erstellt

MAT-Nr.

Bundesministerien und nach-geordneten Behörden für den Zeitraum vom 01.01.2002 - 28.02.2002 durch BND-Quellen, BND-Mitarbeiter oder Mitarbeiter des Unter-stützungselements Militäri-sches Nachrichtenwesen Spe-zialkräfte in Kandahar mit Bezug auf einen deutschen oder deutsch sprechenden Gefangenen oder die Person Murat Kurnaz übermittelt wurden, einschließlich derje-nigen Materialien, die von US-amerikanischer Seite direkt oder indirekt an Hauptmann (…) übergeben wurden.

15.11.2007/ 16 - 81

30 53 Vernehmung von Herrn Oberfeldarzt Dr. (…) als Zeugen.

25.04.2007 31.05.2007, 26.06.2007

und 17.08.2007

04.07.2007 (abgesagt)

19.09.2007

31 54 Vernehmung von - Oberstleutnant (…) - Fregattenkapitän (…) als Zeugen.

25.04.2007 31.05.2007 20.06.2007

32 55 Vernehmung des stellv. Kontingentführers des 1. Kontingent als Zeugen.

25.04.2007 31.05.2007 18.06.2007

33 58 Beiziehung der digitalisierten Fassung der Einsatztagebü-cher des Kommandos Spezi-alkräfte (KSK) zur Beteili-gung an der Operation Endu-ring Freedom für den Zeit-raum 01.11.2001 bis 30.11.2002 durch das BMVg.

25.04.2007 Schreiben an BMVg

27.04.2007 und

11.05.2007

14.05.2007/ 16 - 37

19.06.2007/ 16 - 48

34 59 Anforderung schriftlicher Darlegungen durch die Bun-desregierung, ob im Zusam-menhang mit der wiederhol-ten ungewollten Abgabe von Schüssen in Kandahar im Januar 2002, in dessen Folge ein KSK-Soldat vorzeitig das Einsatzkontingent verlassen musste, ein Besonderes Vor-kommnis (BV) gemeldet wurde sowie bei Meldung

09.05.2007 Schreiben an BMVg

16.05.2007

23.05.2007/ 16 - 38

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 229 – Drucksache 16/10650

BB16-

zu BU16/

Inhalt be-

schlossenSchreiben/

Ladung

Terminder Ver-

nehmung/ Anhörung

Anforde-rung

Eingang/ Erstellt

MAT-Nr.

eines BV die Bitte, dieses dem UA zur Verfügung zu stellen unter gleichzeitiger Mitteilung, welche Dienst-stellen sowie Referate/Stabs-abteilungen im BMVg davon Kenntnis erhalten haben.

35 60 Beiziehung sämtlicher Tages-berichte und Tagesmeldun-gen der Verbindungsstelle ANBw zum KSK in Kanda-har für den Zeitraum vom 01.01.2002 bis 28.02.2002 sowie - für den gesamten Zeitraum des Untersuchungs-auftrages - sämtlicher Mel-dungen aus Kandahar an das ANBw oder den BND mit Bezug auf den Wachauftrag oder die Inhaftierung von Europäern oder Deutschen im US-Gefangenenlager sowie sämtlicher Erfahrungsberich-te an das ANBw oder den BND.

23.05.2007 Schreiben an BMVg

31.05.2007 13.06.2007

und 06.07.2007

Schreiben an Bun-deskanz-leramt

31.05.2007 und

12.06.2007

14.06.2007/ 16 - 44

02.07.2007/ 16 - 54

(VS-NfD)

06.09.2007/ 16 - 60

(GEHEIM)

36 61 Bereitstellung von möglicher-weise von Satelliten der USA in der Zeit vom 1. bis 10. Januar 2002 aufgenom-menen Fotos durch die Bun-desregierung vom Gefange-nenlager auf dem Flughafen Kandahar, die beim BND oder ZNBw archiviert sind.

23.05.2007 Schreiben an BMVg

31.05.2007 und

13.06.2007

Schreiben an Bun-deskanz-leramt

31.05.2007 und

12.06.2007

14.06.2007/ 16 - 45

14.06.2007/ 16 - 46

(VS-NfD)

37 62 Beiziehung des kompletten Schriftwechsels (einschl. E-Mails) zwischen BMVg, BMJ und AA zur Frage der Rechtsgrundlagen für das Er-greifen und Festhalten von Personen im Rahmen der Operation Enduring Freedom sowie der hierzu in den betei-ligten Ministerien verfassten Vermerke.

13.06.2007 Schreiben an BMVg

15.06.2007

Schreiben an BMJ

15.06.2007

Schreiben an AA

15.06.2007

06.09.2007/ 16 - 61

(VS-NfD)

06.09.2007/ 16 - 62

(VS-NfD)

17.10.2007/ 16 - 73

(VS-NfD)

Drucksache 16/10650 – 230 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

BB16-

zu BU16/

Inhalt be-

schlossenSchreiben/

Ladung

Terminder Ver-

nehmung/ Anhörung

Anforde-rung

Eingang/ Erstellt

MAT-Nr.

13.11.2007/ 16 - 77

14.11.2007/ 16 - 80

38 63 Beiziehung der Ergebnispro-tokolle von Videokonferen-zen, die parallel zur Durch-führung der Videokonferen-zen zwischen Einsatzfüh-rungskommando und dem Kontingentführer des Kom-mandos Spezialkräfte in Kandahar im Zeitraum De-zember 2001 bis November 2002 angefertigt wurden.

13.06.2007 Schreiben an BMVg

15.06.2007

26.06.2007/ 16 - 51

(GEHEIM)

03.07.2007/ Anschrei-

benzu 16 - 51

06.09.2007/ 16 - 59

(GEHEIM) 39 64 Vernehmung von

- MinDir a. D. (…), damali-ger Leiter der Abteilung Recht, BMVg,

- MinDirig Dr. (…), damali-ger Unterabteilungsleiter der Rechtsabteilung, BMVg;

- MinR Dr. (…), damaliger Leiter des Referates R II 3, BMVg

als Zeugen.

20.06.2007 21.06.2007

20.09.2007 17.08.2007

10.10.2007 17.08.2007

10.10.2007

04.07.2007 (abgesagt)

24.10.2007 19.09.2007 (abgesagt)

07.11.2007 19.09.2007 (abgesagt)

07.11.2007

40 65 Vernehmung des ehemaligen Generalinspekteurs der Bun-deswehr, General a. D. Ha-rald Kujat als Zeugen

20.06.2007 21.06.2007

20.09.2007

04.07.2007 (abgesagt)

24.10.2007

41 68 Beiziehung - sämtlicher über den G2-

Offizier der ZMilNW des Deutschen Einsatzkontin-gents an das Einsatzfüh-rungskommando auf dem truppendienstlichen Weg übermittelter Tagesberichte oder Tagesmeldungen aus Kandahar für den Zeitraum von 01.01.2002 bis 28.02.2002

sowie für den gesamten Zeit-raum des Untersuchungsauf-trages- sämtlicher auf dem vorge-

nannten Weg dem Einsatz-

04.07.2007 Schreiben an BMVg

05.07.2007

17.09.2007/ 16 - 64

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 231 – Drucksache 16/10650

BB16-

zu BU16/

Inhalt be-

schlossenSchreiben/

Ladung

Terminder Ver-

nehmung/ Anhörung

Anforde-rung

Eingang/ Erstellt

MAT-Nr.

führungskommando aus Kandahar übermittelter Meldungen mit Bezug auf den Wachauftrag oder die Inhaftierung von Europäern oder Deutschen im US-Gefangenenlager und

- sämtlicher Erfahrungsbe-richte, die auf dem oben aufgezeigten Weg dem Einsatzführungskommando übermittelt wurden.

42 70 Vernehmung der lt. Presse-meldungen (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 07.08.2007) von Rechtsanwalt Docke im Er-mittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Tübingen neu benannten drei Zeugen aus Großbritannien und Bah-rain- Ruhal Ahmed, England - Asif Iqbal, England - Abdullah Al-Noaimi, Bah-

rain.

19.09.2007 08.10.2007/

09.11.2007/

30.11.2007 u.

14.12.2007 (R. Ah-med u. A. Iqbal)

23.01.2008

43 71 1. Beiziehung der Handakte der Staatsanwaltschaft Tü-bingen im Ermittlungsver-fahren wegen Verdachts der Körperverletzung zum Nachteil von Murat Kur-naz

2. Beiziehung der zur Ermitt-lungsakte der Staatsan-waltschaft Tübingen im o. g. Verfahren seit der letzten Akteneinsicht neu hinzugekommenen Akten-bestandteile.

19.09.2007 Schreiben an Staats-anwalt-schaft

Tübingen26.09.2007

08.10.2007/ 16 - 71

23.10.2007/ 16 - 74

(GEHEIM)

13.11.2007/ 16 - 78

01.02.2008/ 16 - 84

11.03.2008/ 16 - 85

44 72 Beiziehung von Beweismit-teln aus dem Bereich des Bundesministeriums der Ver-teidigung zum Entstehungs-zeitpunkt der in der Ermitt-lungsakte der Staatsanwalt-schaft Tübingen - 11 Js 26900/06 Blatt 65, 66, 67, 68, 69 - abgebildeten Lichtbilder: Das Bundesministerium der Verteidigung möge zu jedem

19.09.2007 Schreiben an BMVg

26.09.2007

08.11.2007/ 16 - 76

Drucksache 16/10650 – 232 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

BB16-

zu BU16/

Inhalt be-

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Ladung

Terminder Ver-

nehmung/ Anhörung

Anforde-rung

Eingang/ Erstellt

MAT-Nr.

einzelnen Foto Blatt 65 bis Blatt 69 d. A. darlegen, wann und durch wen dieses aufge-nommen wurde und diese Angaben durch Überlassung unveränderter Kopien der Originaldateien, soweit dies nicht möglich ist durch Zeu-generklärungen und die Vor-lage einer schriftlichen Do-kumentation zur Entstehung der Lichtbilder, belegen.

45 73 Vernehmung von - Major Matthew W. Donald,

USA, - Lance Corporal Athar

Zulfiqar, USA, - Oberstleutnant Keith

Warman, USA als Zeugen.

19.09.2007 Schreiben an ameri-kanische Botschaft

11.10.2007 und

22.11.2007

11.12.2007/ 16 - 82

46 75 Vernehmung von - Hauptfeldwebel (…) - Hauptfeldwebel (…) als Zeugen.

19.09.2007 29.10.2007 12.12.2007

47 77 Vernehmung eines Stabsoffiziers KSK im 1. Kontingent (Oberstleutnant …)als Zeugen.

24.10.2007 29.10.2007 14.11.2007

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 233 – Drucksache 16/10650

IV. Verzeichnis der zur Beweiserhebung beigezogenen Materialien

MAT-Nr. 16 -

Absender/Inhalt Eingang/ erstellt

am

verteiltam/bzw. zum Ab-ruf bereit

Umfang (Seiten/Ordner)

1(GEHEIM)

Bundesministerium der Verteidigung; Sprechzettel, Staatssekretär Dr. Peter Wichert zur Sitzung des Un-tersuchungsausschusses am 29. November 2006

01.12.06 01.12.06 4 Seiten

2 zu BB 16-6

Auswärtiges Amt; Organisationsplan, gültig vom 15.10.2001 bis 1.12.2002

11.12.06 28.12.06 1 Plan

3 zu BB 16-8

Verwaltung Deutscher Bundestag; Pressedokumenta-tion mit Interviews u. Stellungnahmen von Murat Kurnaz u. dessen Rechtsanwalt Bernhard Docke

14.12.06 28.12.06 94 Seiten

4 zu BB 16-8

Verwaltung Deutscher Bundestag; Mitschrift des Interviews mit Murat Kurnaz in der ARD-Sendung „beckmann“ am 16.10.2006

19.12.06 28.12.06 33 Seiten

5 zu BB 16-8

Verwaltung Deutscher Bundestag; Mitschrift einer Reportage mit Rechtsanwalt Bernhard Docke im Ra-dio Bremen am 4.10.2006

27.12.06 28.12.06 3 Seiten

6(teilweiseVS-NfD)

zu BB 16-3

Verwaltung Deutscher Bundestag; Zusammenstellung von Auszügen aus Kurzprotokollen des Verteidi-gungsausschusses mit Bezug zum Einsatz von deut-schen Soldaten im Rahmen der Operation Enduring Freedom (Afghanistan)

04.01.07 08.01.07 532 Seiten

7 Die Welt, Presseartikel v. 03.01.2007; Mitteilung über bevorstehende Entscheidung der Staatsanwaltschaft Tübingen über eine Fortsetzung der Ermittlungen gegen Bundeswehrsoldaten im Fall Murat Kurnaz

03.01.07 05.01.07 1 Seite

8(GEHEIM)

zu BB 16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen; Unterlagen zur „Zeu-genvernehmung im Ermittlungsverfahren wegen Ver-dachts der Körperverletzung im Amt“

04.01.07 08.01.07 1 Akten-ordner/

230 Seiten 9 zu BB

16-2 Staatsanwaltschaft Tübingen; Ermittlungsakte zum Verfahren Murat Kurnaz

05.01.07 08.01.07 1 Akte/ 91 Seiten

10(GEHEIM)

zu BB 16-15

Bundesministerium der Verteidigung; Verschlusssa-che der Leitung

05.01.07 08.01.07 1 Seite

11(GEHEIM)

zu BB 16-14

Bundesministerium der Verteidigung; Verschlusssa-che der Leitung

05.01.07 08.01.07 1 Seite

12 Gemeinsame Presseerklärung der Staatsanwaltschaft Tübingen und des Regierungspräsidiums Karlsruhe v. 08.01.2007: Aufnahme von Ermittlungen gegen zwei KSK-Soldaten im Fall Murat Kurnaz

08.01.07 08.01.07 2 Seiten

13 zu BB 16-8

Verwaltung Deutscher Bundestag; Bandabschrift der Anhörung von Murat Kurnaz und Bernhard Docke vor dem CIA-Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments am 22.11.2006

09.01.07 11.01.07 40 Seiten

14(GEHEIM) (Anschrei-ben offen)

zu BB 16-1 16-6 16-7 16-9

Bundesministerium der Verteidigung; Zusendung von Akten: Organigramme, Personal, Anhörungen und Dienstliche Erklärungen zum Fall Murat Kurnaz, Befehle, Militärische Operationen/CONOP, ETB/ KTB, Meldungen/Unterrichtungen, Abkommen/Ver-einbarungen

11.01.07 12.01.07 26 Akten-ordner/

12 919 Seiten

Drucksache 16/10650 – 234 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

MAT-Nr. 16 -

Absender/Inhalt Eingang/ erstellt

am

verteiltam/bzw. zum Ab-ruf bereit

Umfang (Seiten/Ordner)

15(GEHEIM)

zu BB 16-4 16-5

Wehrbeauftragter; Eingabeakte eines KSK-Soldaten 12.01.07 15.01.07 1 Akte 32 Seiten

16(Anlage

VS-NfD)

zu BB 16-9

Bundesministerium der Verteidigung; Bericht über die Infrastruktur und die Organisation sowie die Unter-bringung, Aufgaben und Befugnisse deutscher Solda-ten im Lager Kandahar einschl. Bildmaterial

12.01.07 12.01.07 und

15.01.07

16 Seiten

17(Anlage

VS-NfD)

zu BB 16-6

Bundeskanzleramt; Organisationspläne aus dem Zeit-raum 1. Nov. 2001 bis 30. Nov. 2002

16.01.07 24.01.07 3 Seiten

18 (An-schreiben)

18 a - c

zu BB 16-6

Bundesministerium des Innern; Organisationspläne aus dem Zeitraum 1. Nov. 2001 bis zum 30. Nov. 2002

16.01.07 24.01.07 1 Seite

jew. 1 Seite (DIN A3)

19 zu BB 16-8

Stern-Artikel; „Exklusiv: Murat Kurnaz aus Bremen über seine Zeit als Gefangener in dem US-Lager“ mit Fotos, vom 05.10.2006

22.01.07 24.01.07 11 Seiten

20(GEHEIM)

zu BB 16-6

Bundeskanzleramt; Mitteilung über BND-Verbin-dungsbeamte bei US CENTCOM, Dienstliche Erklä-rungen sowie Vernehmungs-/Anhörungsprotokolle

30.01.07 30.01.07 1 Hefter 16 Seiten

21 Europäisches Parlament; Bericht über die behauptete Nutzung europäischer Staaten durch die CIA für die Beförderung und das rechtswidrige Verhalten von Gefangenen

30.01.07 14.02.07 84 Seiten

22(GEHEIM)

zu BB 16-1 16-6 16-7 16-9

Bundesministerium der Verteidigung; Akten vor allem aus den Bereichen des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr sowie des Kommandos FOSK: Er-gänzung der ersten Teillieferung vom 11.01.07

08.02.07 15.02.07 16 Akten-ordner

7 268 Seiten

23 Europäisches Parlament; Entschließung des Europäi-schen Parlaments zu der behaupteten Nutzung euro-päischer Staaten durch die CIA für die Beförderung und das rechtswidrige Festhalten von Gefangenen

14.02.07 26.02.07 23 Seiten

24 zu BB 16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen; Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung z. N. von Murat Kurnaz

27.03.07 27.03.07 43 Seiten

25(GEHEIM)

zu BB 16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen; Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung

28.03.07 28.03.07/ 04.04.07

137 Seiten

26(GEHEIM)

Bundesministerium der Verteidigung; Schreiben UAL R I zu Aussagen der Zeugen Oberst (…) und Oberst a. D. (…)

29.03.07 04.04.07 3 Seiten

27 zu BB 16-22

Bundesministerium der Verteidigung; Schreiben Staatssekretär Dr. Peter Wichert zur erbetenen Über-sendung von drei Leitungsvorlagen

03.04.07 04.04.07 3 Seiten

28 zu BB 16-19

Committee of the Red Cross (ICRC); Schreiben Pierre Krähenbühl, Direktor für operationelle Einsätze

12.04.07 12.04.07 5 Seiten

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 235 – Drucksache 16/10650

MAT-Nr. 16 -

Absender/Inhalt Eingang/ erstellt

am

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Umfang (Seiten/Ordner)

28 a Broschüre „Maßnahmen des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) bei Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht oder andere Grundrechte, die Menschen in Gewaltsituationen schützen“; deutsche Übersetzung und englischer Originaltext

04.05.07 04.05.07 15 Seiten

29 zu BB 16-1

Bundesministerium der Verteidigung; Organisations-plan vom Juli 2002

23.03.07 19.04.07 1 Seite (DIN A 3)

30 zu BB 16-27

Bundesministerium der Verteidigung; Schreiben Staatssekretär Dr. Peter Wichert mit Anlage (Über-sicht der Fundstellen der einzelnen Dokumente)

18.04.07 19.04.07 4 Seiten

31(GEHEIM)

zu BB 16-27

Bundesministerium der Verteidigung; Dokumenten-nachlieferung von Fü S V 6

20.04.07 20.04.07 3 Seiten

32 zu BB 16-26

Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages; Schriftverkehr zwischen dem Wehrbeauftragten und dem Bundesministerium der Verteidigung aus dem Jahr 2002/2003 zu rechtlichen Einsatzfragen des KSK

30.04.07 04.05.07 49 Seiten

33 Auszug Stern-Artikel v. 07.07.2005: „Diesmal wird es Tote geben“ Bericht über die Elite-Soldaten vom Kommando Spezialkräfte (KSK) in Afghanistan

14.05.07 14.05.07 13 Seiten

34 zu BB 16-26

Wehrbeauftragter a. D. Dr. Willfried Penner: Beant-wortung von Fragen zum Untersuchungsauftrag

16.05.07 18.05.07 5 Seiten

35(GEHEIM)

zu BB 16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen: Vorgang zum Ermitt-lungsverfahren wegen Verdachts der Körperverlet-zung im Amt

18.05.07 21.05.07 22 Seiten

36 zu BB 16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen: Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung z. N. von Murat Kurnaz; Ermittlungsakten

18.05.07 21.05.07 15 Seiten

37 zu BB 16-33

Bundesministerium der Verteidigung, Staatssekretär Dr. Peter Wichert: Schreiben zur Anforderung von Materialien

22.05.07 23.05.07 1 Seite

38 zu BB 16-34

Bundesministerium der Verteidigung, Staatssekretär Dr. Peter Wichert: Schreiben zur erbetenen Prüfung, ob im Zusammenhang mit der wiederholten ungewoll-ten Schussabgabe in Kandahar ein Besonderes Vor-kommnis gemeldet wurde.

23.05.07 24.05.07 1 Seite

39(VS-NfD)

zu BB 16-28

Bundeskanzleramt, Leiter der Gruppe 62, Nachrich-tendienstliche Angelegenheiten: Schreiben zur erbete-nen Benennung sämtlicher BND-Mitarbeiter, die im Untersuchungszeitraum in Kandahar tätig waren.

25.05.07 29.05.07 1 Seite

40 Bundesministerium der Verteidigung, Staatssekretär Dr. Peter Wichert: Mitteilung zur Anfrage gem. Bera-tungsunterlage 16/56

25.05.07 29.05.07 3 Seiten

41 zu BB 16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen: Pressemitteilung v. 29.05.2007 zur Einstellung des Ermittlungsverfahren gegen zwei Soldaten der KSK Calw wegen Körperver-letzung im Amt z. N. von Murat Kurnaz

31.05.07 01.06.07 6 Seiten

42(GEHEIM)

zu BB 16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen: Einstellungsverfügung des Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der gefähr-lichen Körperverletzung z. N. von Murat Kurnaz

04.06.07 05.06.07 10 Seiten

Drucksache 16/10650 – 236 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

MAT-Nr. 16 -

Absender/Inhalt Eingang/ erstellt

am

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Umfang (Seiten/Ordner)

43 zu BB 16-26

Wehrbeauftragter a. D. Dr. Willfried Penner: Beant-wortung der zusätzlich übermittelten Fragen

07.06.07 08.06.07 2 Seiten

44 zu BB 16-35

Bundesministerium der Verteidigung, Staatssekretär Dr. Peter Wichert: Schreiben zur Anforderung von Dokumenten aus dem Bereich des ANBw

14.06.07 14.06.07 2 Seiten

45 zu BB 16-36

Bundesministerium der Verteidigung, Staatssekretär Dr. Peter Wichert: Mitteilung zur Anfrage nach archi-vierten Satellitenbildern bei der Bundeswehr

14.06.07 14.06.07 1 Seite

46(VS-NfD)

zu BB 16-36

Bundeskanzleramt, Leiter der Gruppe 62, Nachrich-tendienstliche Angelegenheiten: Mitteilung zur Anfra-ge nach archivierten Satellitenbildern beim BND

14.06.07 14.06.07 1 Seite

47 zu BB 16-29

Bundeskanzleramt, Leiter der Gruppe 62, Nachrich-tendienstliche Angelegenheiten: Mitteilung zur An-forderung von Unterlagen

15.06.07 19.06.07 1 Seite

48 zu BB 16-33

Bundesministerium der Verteidigung, Staatssekretär Dr. Peter Wichert: Mitteilung, dass mit Aktenüber-mittlung v. 08.02.07 bereits alle verfügbaren und rele-vanten Dokumente vorgelegt wurden.

19.06.07 22.06.07 1 Seite

49 Verwaltung Deutscher Bundestag; Zusammenstellung von Pressemitteilungen, Zeitraum Januar bis Mai 2002

25.06.07 26.06.07 19 Seiten

50 Evangelisches Kirchenamt für die Bundeswehr, Ver-treter beim Einsatzführungskommando, Militärdekan: Beantwortung von Fragen gem. Beratungsunterlage 16/45

25.06.07 26.06.07 5 Seiten

51(GEHEIM) (Anschrei-ben offen)

zu BB 16-38

Bundesministerium der Verteidigung: Mitteilung, dass alle den Beweisbeschluss betreffenden Protokolle und Gesprächsnotizen bereits am 08.02.07 übersandt wur-den; erneute Lieferung dieser Dokumente über Ge-heimschutzstelle Deutscher Bundestag

26.06.07

03.07.07

27.06.07

03.07.07

76 Seiten

1 Seite

52 Katholisches Militärbischofsamt, Militärdekan: Be-antwortung von Fragen gem. Beratungsunterlage 16/45

28.06.07 02.07.07 4 Seiten

53(VS-NfD)

Sekretariat Verteidigungsausschuss, ADrs. 16 (12) 30: „Bericht zu den Vorwürfen im Rahmen des Einsatzes der Feldnachrichtenkräfte (FNKr) in Einsatzgebieten der Bundeswehr“, Sachstandsbericht des Bundesmi-nisteriums der Verteidigung vom 13.01.2006

27.06.07 02.07.07 11 Seiten

54(VS-NfD)

zu BB 16-35

Bundeskanzleramt, Leiter der Gruppe 62, Nachrich-tendienstliche Angelegenheiten: Mitteilung zur Über-sendung von zwei Dokumenten des BND

02.07.07 03.07.07 15 Seiten

2 Seiten 55 zu BB

16-29 Bundeskanzleramt, Leiter der Abteilung Koordinie-rung der Nachrichtendienste des Bundes: Nähere Dar-legung, aus welchen Gründen dem Bundeskanzleramt sowie den nachgeordneten Behörden keine einschlägi-gen Unterlagen zum Beweisbeschluss vorliegen.

05.07.07 06.07.07 2 Seiten

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 237 – Drucksache 16/10650

MAT-Nr. 16 -

Absender/Inhalt Eingang/ erstellt

am

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Umfang (Seiten/Ordner)

56 zu BB 16-2

Generalstaatsanwalt Stuttgart: Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung im Amt zum Nachteil Murat Kurnaz; Beschwerdebe-gründung Prozessbevollmächtigter des Anzeigener-statters; Aktenvermerk Staatsanwaltschaft Tübingen und E-Mail-Schriftwechsel mit der Firma Ecolog

12.07.07 23.07.07 9 Seiten

57 zu BB 16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen: Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der gemeinschaftlichen Körperver-letzung zum Nachteil von Murat Kurnaz; Mitteilung, dass das Ermittlungsverfahren im Hinblick auf den Schriftsatz der Anwaltskanzlei Dr. Hannover u. Part-ner wieder aufgenommen wurde.

13.08.07 13.08.07 4 Seiten

58 Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich der Divi-sion Spezielle Operationen, Regensburg: Sachstand zum wehrdisziplinarrechtlichen Vorverfahren im Zu-sammenhang mit dem Fall Murat Kurnaz

13.08.07 20.08.07 2 Seiten

59(GEHEIM) (Anschrei-ben offen)

zu BB 16-38

Bundesministerium der Verteidigung, StS Dr. Peter Wichert: Übermittlung von Unterlagen gem. dem Be-weisbeschluss, die nach nochmaliger Überprüfung aufgefunden wurden.

06.09.07 10.09.07 230 Seiten

2 Seiten

60 (GEHEIM) (Anschrei-ben offen)

zu BB 16-1 16-6

16-35

Bundesministerium der Verteidigung, StS Dr. Peter Wichert: Mitteilung, dass nach nochmaliger Überprü-fung weitere Unterlagen entsprechend den Beweisbe-schlüssen aufgefunden wurden.

06.09.07 10.09.07 142 Seiten

2 Seiten

61(VS-NfD) (Anschrei-ben offen)

zu BB 16-37

Bundesministerium der Verteidigung, StS Dr. Peter Wichert: Mitteilung zur Anforderung des kompletten Schriftverkehrs mit dem BMJ und Auswärtigen Amt; Zusendung von weiteren Unterlagen

06.09.07 10.09.07 57 Seiten

1 Seite

62(VS-NfD) (Anschrei-ben offen)

zu BB 16-37

Auswärtiges Amt, Leiter Parlaments- und Kabinettre-ferat: Zusendung der gemäß dem Beweisbeschluss angeforderten Unterlagen mit Ausnahme der dem Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung zu-geordneten Vorgänge

06.09.07 10.09.07 128 Seiten

2 Seiten

63(VS-NfD)

Bundesministerium der Verteidigung, UAL RI: Glie-derung der „Division Spezielle Operationen“ (DSO) im Untersuchungszeitraum

07.09.07 11.09.07 21 Seiten

64 zu BB 16-41

Bundesministerium der Verteidigung, StS Dr. Peter Wichert: Mitteilung, dass keine Meldungen oder Be-richte entsprechend dem Beweisbeschluss vorliegen.

17.09.07 18.09.07 1 Seite

65(GEHEIM)

zu BB 16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen; Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung z. N. von Murat Kurnaz; Ermittlungsakte

17.09.07 18.09.07 34 Seiten

66 Sekretariat Verteidigungsausschuss als 1. Untersu-chungsausschuss: Zusammenstellung von Pressemit-teilungen zu ehemaligen Mithäftlingen von Murat Kurnaz

20.09.07 24.09.07 70 Seiten

67 zu BB 16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen; Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung z. N. von Murat Kurnaz; offene Ermittlungsakte

18.09.07 24.09.07 64 Seiten

Drucksache 16/10650 – 238 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

MAT-Nr. 16 -

Absender/Inhalt Eingang/ erstellt

am

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Umfang (Seiten/Ordner)

68(VS-NfD)

Bundesministerium der Verteidigung, StS Dr. Peter Wichert: Datenverlust im IT-System JASMIN, Be-antwortung der Fragen von Abg. Schäfer

25.09.07 26.09.07 13 Seiten

69 zu BB 16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen; Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung z. N. von Murat Kurnaz; Ermittlungsakten Bl. 210-230

26.09.07 26.09.07 22 Seiten

70 Sekretariat Verteidigungsausschuss als 1. Untersu-chungsausschuss: Schreiben an den Vorsitzenden des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge-schäftsordnung zum BB 16-338 des 1. Untersu-chungsausschusses (mit 3 Anlagen)

27.09.07 28.09.07 32 Seiten

70 a Bundeskanzleramt, Leiter der Gruppe 13: Stellung-nahme zur Anforderung von Unterlagen durch den 1. Untersuchungsausschuss betreffend den Zeugen (…)

11.10.07 11.10.07 2 Seiten

71 zu BB 16-43

Staatsanwaltschaft Tübingen: Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil von Murat Kurnaz; Ermittlungsakten Bl. 236-296

08.10.07 11.10.07 64 Seiten

72(GEHEIM)

zu BB 16-2

Staatsanwaltschaft Tübingen: Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung: Ermittlungsakte Bl. 415 a, 415 b sowie Bl. 431-436

09.10.07 11.10.07 10 Seiten

73(VS-NfD)

zu BB 16-37

Bundesministerium der Justiz, Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach, MdB: Zusendung des gemäß Be-weisbeschluss angeforderten Schriftwechsels zwi-schen BMVg, BMJ und AA

17.10.07 18.10.07 14 Seiten

74(GEHEIM)

zu BB 16-43

Staatsanwaltschaft Tübingen über Bundesministerium der Justiz: Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung; Übermittlung der angeforderten Handakte

23.10.07 29.11.07/02.11.07

36 Seiten

75 Bundesministerium der Verteidigung, StS Dr. Peter Wichert: Mitteilung zur Anfrage gemäß Beratungsun-terlage 16/74; mit Bezugsschreiben u. Beratungsunter-lage

25.10.07 26.10.07 3 Seiten

76 zu BB 16-44

Bundesministerium der Verteidigung, StS Dr. Wichert: Informationen zum Entstehungszeitpunkt der im Beweisbeschluss genannten Lichtbilder und Über-mittlung eines Datenträgers mit fünf Bilddateien

08.11.07 08.11.07 1 Seite (An-schreiben)

und 5 Bilder

77 zu BB 16-37

Bundesministerium der Justiz, Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach, MdB: Mitteilung zu einer erneut angeforderten Unterlage; keine Vorlage aufgrund der Zuordnung zum Kernbereich der exekutiven Eigen-verantwortung; mit Bezugsschreiben

13.11.07 15.11.07 2 Seiten

78 zu BB 16-43

Staatsanwaltschaft Tübingen, Leitender Oberstaats-anwalt: Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung: Erneute Zusendung der offenen Handakte nach Überprüfung

13.11.07 15.11.07/

16.11.07

2 Seiten (An-schreiben) 178 Seiten (Handakte)

79 zu BB 16-29

Bundeskanzleramt, Leiter Abteilung Koordinierung der Nachrichtendienste des Bundes: Mitteilung zur Akteneinsichtnahme nach dem Vorsitzendenverfahren

14.11.07 15.11.07 2 Seiten

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 239 – Drucksache 16/10650

MAT-Nr. 16 -

Absender/Inhalt Eingang/ erstellt

am

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Umfang (Seiten/Ordner)

80 zu BB 16-37

Auswärtiges Amt, Leiter des Parlaments- und Kabi-nettsreferats: Mitteilung zu erneut angeforderten Un-terlagen; keine Vorlage aufgrund der Zuordnung zum Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung mit Bezugsschreiben

14.11.07 15.11.07 3 Seiten

81 zu BB 16-29

Bundeskanzleramt, Leiter Projektgruppe Untersu-chungsausschuss: Schreiben zum Vorsitzendenverfah-ren

15.11.07 15.11.07 1 Seite

82 zu BB 16-45

Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika: Mit-teilung, dass im Hinblick auf die Zeugenvernehmun-gen der drei amerikanischen Soldaten keine Unterstüt-zung gewährt wird.

11.12.07 18.12.07 6 Seiten

83 Regierungspräsidium Karlsruhe, Landespolizeidirekti-on: Ermittlungsverfahren der StA Tübingen wegen Verdachts der gemeinschaftlichen Körperverletzung; Übermittlung der dem Ermittlungsverfahren zu Grun-de liegenden Lichtbilder der offen geführten Ermitt-lungsakte

28.12.07 09.01.08 10 Seiten

84 zu BB 16-2

16-43

Staatsanwaltschaft Tübingen; Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung: Vernehmungsprotokolle der Zeugen R. Ahmed und A. Iqbal

01.02.08 06.02.08 22 Seiten

85 zu BB 16-2

16-43

Staatsanwaltschaft Tübingen; Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung: Einstellungsverfügung vom 10.03.08

11.03.08 11.03.08 6 Seiten

Drucksache 16/10650 – 240 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

V. Verzeichnis der Sitzungen

Nr. Datum Art der Sitzung

Gegenstand Dauer(in Mi-nuten)

Protokoll-umfang (Seiten)

1 08.11.2006 nichtöffentlich Konstituierung des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss gem. § 45a Abs. 2 GG Beratung über den Untersuchungsauftrag

35 18

2 29.11.2006 nichtöffentlich Beratung und Beschlussfassung von Verfahrensbe-schlüssen - Beratungsunterlagen 16/4 bis 16/15 -

sowie von Beweisanträgen - Beratungsunterlagen 16/1 bis 16/3 und 16/16 bis 16/23 -

Bericht der Bundesregierung zum Stand der Ermitt-lungen bezüglich der Vorwürfe von Murat Kurnaz gegenüber Soldaten der Bundeswehr

70 22

3 13.12.2006 nichtöffentlich Beratung und Beschlussfassung von Beweisanträgen - Beratungsunterlagen 16/24 bis 16/30 -

38 10

4 17.01.2007 nichtöffentlich/ GEHEIM

Beratungssitzung

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen 16 - 10 bis 16 - 12

494 9

106

5 31.01.2007 nichtöffentlich/ GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung von Beweisanträgen - Beratungsunterlagen 16/31 bis 16/38 -

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen 16 - 13 und 16 - 14

479 14

109

6 28.02.2007 nichtöffentlich/ GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung der Beweisanträge - Beratungsunterlagen 16/39 bis 16/41 -

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen 16 - 15 und 16 - 16

441 24

125

7 07.03.2007 nichtöffentlich/ GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung von Beweisanträgen - Beratungsunterlagen 16/42 und 16/43 -

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen 16 - 15, 16 - 16 und 16 -17

451 9

113

8 21.03.2007 nichtöffentlich/ GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung von Beweisanträgen - Beratungsunterlagen 16/44 bis 16/50 -

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen 16 - 15, 16 - 20 und 16 - 21

375 11

86

9 28.03.2007 nichtöffentlich/ GEHEIM

Beratungssitzung

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen 16 - 14, 16 - 15 und 16 - 21

281 9

77

10 25.04.2007 nichtöffentlich/ GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung von Beweisanträgen - Beratungsunterlagen 16/51 bis 16/58 -

Zeugenvernehmungen gemäß dem Beweisbeschluss 16 - 23

175 12

45

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 241 – Drucksache 16/10650

Nr. Datum Art der Sitzung

Gegenstand Dauer(in Mi-nuten)

Protokoll-umfang (Seiten)

11 09.05.2007 nichtöffentlich/ GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung eines Beweisantrages - Beratungsunterlage 16/59 -

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen 16 - 15, 16 - 21, 16 - 24 und 16 - 25

320 11

75

12 23.05.2007 nichtöffentlich Beratung und Beschlussfassung von Beweisanträgen - Beratungsunterlagen 16/60 und 16/61 -

16 9

13 13.06.2007 nichtöffentlich/ GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung von Beweisanträgen - Beratungsunterlagen 16/62 und 16/63 -

Zeugenvernehmungen gemäß dem Beweisbeschluss 16 - 26

321 12

73

14 18.06.2007 nichtöffentlich/ GEHEIM

Beratungssitzung

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen 16 - 18, 16 - 23 und 16 - 32

300 6

77

15 20.06.2007 nichtöffentlich/ GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung von Beweisanträgen - Beratungsunterlagen 16/64 und 16/65 -

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen 16 - 18 und 16 - 31

216 12

52

16 04.07.2007 nichtöffentlich Beratung und Beschlussfassung von Verfahrensbe-schlüssen - Beratungsunterlagen 16/66 und 16/67 - sowie von Beweisanträgen - Beratungsunterlagen 16/68 und 16/69 -

15 10

17 19.09.2007 nichtöffentlich/ GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung von Beweisanträgen - Beratungsunterlagen 16/70 bis 16/76 -

Zeugenvernehmung gemäß dem Beweisbeschluss 16 - 30

75 11

19

18 24.10.2007 nichtöffentlich/ GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung von Beweisanträgen - Beratungsunterlagen 16/77 bis 16/79 -

Zeugenvernehmung gemäß den Beweisbeschlüssen 16 - 39 und 16 - 40

115 14

22

19 07.11.2007 nichtöffentlich/ GEHEIM

Beratungssitzung

Zeugenvernehmungen gemäß dem Beweisbeschluss 16 - 39

205 10

55

20 14.11.2007 nichtöffentlich/ GEHEIM

Beratungssitzung

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen 16 - 21 und 16 - 47

137 16

39

21 12.12.2007 nichtöffentlich/ GEHEIM

Beratung von Verfahrensbeschlüssen - Beratungsun-terlagen 16/80 und 16/81 - sowie von Beweisanträgen - Beratungsunterlagen 16/82 bis 16/84 -

Zeugenvernehmungen gemäß dem Beweisbeschluss 16 - 46

135 12

61

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 242 – Drucksache 16/10650

Nr. Datum Art der Sitzung

Gegenstand Dauer(in Mi-nuten)

Protokoll-umfang (Seiten)

22 23.01.2008 nichtöffentlich/ GEHEIM

Beratung und Beschlussfassung von Verfahrensbe-schlüssen - Beratungsunterlagen 16/85 bis 16/90 -

Zeugenvernehmungen gemäß den Beweisbeschlüssen 16 - 21 und 16 - 42

202 10

74

23 25.06.2008 nichtöffentlich Beratung und Beschlussfassung zu den Beratungsun-terlagen 16/91 bis 16/96

25 13

24 18.09.2008 nichtöffentlich Beratung und Beschlussfassung zu den Beratungsun-terlagen 16/97 bis 16/103

35 11

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 243 – Drucksache 16/10650

VI. Dokumentenübersicht

Ausgewählte Dokumente zum Bericht des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Abs. 2 Grundgesetz

Nr. Inhalt

1 Sicherheitsrat der Vereinten Nationen Resolution 1368 (2001) - 4370. Tagung am 12. September 2001 -

2 Sicherheitsrat der Vereinten Nationen Resolution 1373 (2001) - 4385. Tagung am 28. September 2001 -

3 Antrag der Bundesregierung Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terro-ristische Angriffe gegen die USA auf Grundlage des Artikels 51 der Satzung der Vereinten Nationen und des Artikels 5 des Nordatlantikvertrags sowie der Resolution 1368 (2001) und 1373 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen - Bundestagsdrucksache 14/7296 -

4 Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung - Bundestagsdrucksache 14/7296 - Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terro-ristische Angriffe gegen die USA auf Grundlage des Artikels 51 der Satzung der Vereinten Nationen und des Artikels 5 des Nordatlantikvertrags sowie der Resolution 1368 (2001) und 1373 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen - Bundestagsdrucksache 14/7447 -

5 Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zu der Beratung des Antrags der Bundesregierung - Drucksachen 14/7296, 14/7447 - Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terro-ristische Angriffe gegen die USA auf Grundlage des Artikels 51 der Satzung der Vereinten Nationen und des Artikels 5 des Nordatlantikvertrags sowie der Resolutionen 1368 (2001) und 1373 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen - Bundestagsdrucksache 14/7512 -

6 Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht 202. Sitzung, Berlin, Freitag, den 16. November 2001 - Plenarprotokoll 14/202 -Tagesordnungspunkt 3.Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terro-ristische Angriffe gegen die USA auf Grundlage des Art. 51 der Satzung der Vereinten Nationen und des Art. 5 des Nordatlantikvertrags sowie der Resolutionen 1368 (2001) und 1373 (2001) des Sicher-heitsrats der Vereinten Nationen - Bundestagsdrucksachen 14/7296, 14/7447 -

7 Pressemitteilung des Auswärtigen Amtes vom 22. Januar 2002 Erklärung von Bundesaußenminister Fischer zur Frage der in Guantánamo Inhaftierten

8 Europäisches Parlament Protokoll der Sitzung vom 14. September 2006 Tagesordnungspunkt 3. Aussprache mit Rechtsanwalt Bernhard Docke, Anwalt von Herrn Murat Kurnaz (Anwaltskanzlei Dr. Hannover und Partner, Bremen) in Brüssel - TDIP_PV(2006)0914 -

Die Dokumente können auf der beigefügtenCD-ROM eingesehen werden

Drucksache 16/10650 – 244 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Nr. Inhalt

9 Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode Sekretariat des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss gem. Art. 45a Abs. 2 GG Bandabschrift der Anhörung von Murat Kurnaz und Bernhard Docke vor dem CIA- Untersuchungsaus-schuss des Europäischen Parlaments am 22.11.2006 Vorsitz: Carlos Coelho, MdEP

10 Antrag Einsetzung eines Untersuchungsausschusses - Bundestagsdrucksache 16/990 -

11 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung (1. Ausschuss) zu dem Antrag - Bundestagsdrucksache 16/990 - Einsetzung eines Untersuchungsausschusses - Bundestagsdrucksache 16/1179 -

12 Schreiben der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages an den Präsiden-ten des Deutschen Bundestages vom 2. November 2006 Unterrichtung über die Einsetzung des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Abs. 2 GG

13 Antrag Ergänzung des Untersuchungsauftrages des 1. Untersuchungsausschusses - Bundestagsdrucksache 16/3028 -

14 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung (1. Ausschuss) zu dem Antrag - Bundestagsdrucksache 16/3028 - Ergänzung des Untersuchungsauftrages des 1. Untersuchungsausschusses - Bundestagsdrucksache 16/3191 -

15 Antrag Ergänzung des Untersuchungsauftrages des 1. Untersuchungsausschusses - Bundestagsdrucksache 16/5751 -

16 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung (1. Ausschuss) zu dem Antrag - Bundestagsdrucksache 16/5751 - Ergänzung des Untersuchungsauftrages des 1. Untersuchungsausschusses - Bundestagsdrucksache 16/6007 -

17 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages an den stell-vertretenden Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss vom 14. Sep-tember 2007

18 Schreiben des stellvertretenden Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsaus-schuss an den Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages vom 19. September 2007

19 Schreiben des stellvertretenden Vorsitzenden an den Vorsitzenden des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages vom 27. September 2007

20 Schreiben des Vorsitzenden des 1. Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages an den stell-vertretenden Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss vom 11. Okto-ber 2007

21 Schreiben des Vorsitzenden des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages an den Präsidenten des Deutschen Bundestages, Stellvertretenden Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses als 1. Untersuchungsausschuss sowie den Vorsitzenden des 1. Untersu-chungsausschusses der 16. Wahlperiode vom 14. Januar 2008

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 245 – Drucksache 16/10650

Nr. Inhalt

22 Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages: “Beiziehung von Akten eines Untersuchungsausschusses nach Art. 45a GG durch einen Untersuchungsausschuss nach Art. 44 GG“

23 Gemeinsame Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Tübingen und des Regierungspräsidiums Karlsru-he vom 8. Januar 2007: Staatsanwaltschaft Tübingen hat die Ermittlungen gegen zwei KSK-Soldaten im Fall Murat Kurnaz aufgenommen

24 Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Tübingen vom 29. Mai 2007: Die Staatsanwaltschaft Tübingen hat heute das Ermittlungsverfahren gegen zwei Soldaten der KSK Calw wegen Körperverletzung im Amt zum Nachteil von Murat Kurnaz eingestellt

25 Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Tübingen vom 12. März 2008: Die Staatsanwaltschaft Tübingen hat das Ermittlungsverfahren gegen Soldaten der KSK Calw wegen Körperverletzung im Amt am 10. März 2008 erneut gemäß § 170 Absatz 2 StPO eingestellt

26 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Alexander Bonde, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 16/6174 - Grundgesetz und Völkerrecht bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr; Behandlung von Personen, die in Gewahrsam genommen werden - Bundestagsdrucksache 16/6282 -

27 Schreiben des International Committee of the Red Cross (ICRC), Direktor für operationelle Einsätze, Pierre Krähenbühl, an den stellvertretenden Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses als 1. Untersu-chungsausschuss vom 30. März 2007 auf sein Schreiben vom 8. Februar 2007 in der Angelegenheit Murat Kurnaz

28 Anlage zum Schreiben des ICRC vom 30. März 2007 Berichte und Dokumente Maßnahmen des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) bei Verstößen gegen das humani-täre Völkerrecht oder andere Grundrechte, die Menschen in Gewaltsituationen schützen (Übersetzung der englischsprachigen Broschüre vom 4. Mai 2007)

29 Europäisches Parlament Bericht über die behauptete Nutzung europäischer Staaten durch die CIA für die Beförderung und das rechtswidrige Festhalten von Gefangenen (2006/2200(INI) - Nichtständiger Ausschuss zur behaupteten Nutzung europäischer Staaten durch die CIA für die Beförderung und das rechtswidrige Festhalten von Gefangenen, Berichterstatter: Giovanni Claudio Fava

30 Entschließung des Europäischen Parlaments zu der behaupteten Nutzung europäischer Staaten durch die CIA für die Beförderung und das rechts-widrige Festhalten von Gefangenen vom 14. Februar 2007

31 Unterrichtung durch die Bundesregierung Bilanzierender Gesamtbericht zum Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terroristische Angriffe gegen die USA auf der Grundlage des Artikels 51 der Satzung der Vereinten Nationen und des Artikels 5 des Nordatlantikvertrags sowie der Resolutionen 1368 (2001) und 1373 (2001) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen - Bundestagsdrucksache 14/8990 -

32 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung (1. Ausschuss) a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Bundestagsdrucksache 15/2742 - Entwurf eines Gesetzes über die parlamentarische Beteiligung bei der Entscheidung über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland (Parlamentsbeteiligungsgesetz)

Drucksache 16/10650 – 246 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Nr. Inhalt

b) zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Jörg van Essen, Rainer Funke, Günther Friedrich Nolting, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP - Bundestagsdrucksache 15/1985 - Entwurf deines Gesetzes zur Mitwirkung des Deutschen Bundestages bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr (Auslandseinsätzemitwirkungsgesetz) - Bundestagsdrucksache 15/4264 -

33 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Norman Paech, Monika Knoche, Katrin Kunert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Bundestagsdrucksache 16/2899 - Einsatz der Bundeswehr im Rahmen der „Operation ENDURING FREEDOM“ - Bundestagsdrucksache 16/3272 -

34 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Alexander Bonde, Jürgen Trittin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Bundestagsdrucksache 16/3243 - Verbindliche Unterrichtungspflichten im Rahmen der Operation Enduring Freedom und Evaluation und Kontrolle von Auslandseinsätzen - Bundestagsdrucksache 16/3740 -

35 Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages: “Rechte der Minderheit zur Änderung des Untersuchungsauftrags in einem Untersuchungsverfahren und Konkurrenz zweier Unter-suchungsausschüsse zu sich überschneidenden Lebenssachverhalten“

36 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Angelika Beer, Winfried Nachtwei, Christian Sterzing und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 13/6639 - Kommando Spezialkräfte - Bundestagsdrucksache 13/6924 -

37 Antrag der Abgeordneten Paul Schäfer(Köln), Inge Höger, Monika Knoche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Stärkung der parlamentarischen Beteiligung bei der Entscheidung über den Einsatz bewaffneter Streit-kräfte im Ausland (Parlamentsbeteiligungsgesetz) - Bundestagsdrucksache 16/6646 -

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ISSN 0722-8333