Das Gilgamesch Epos

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Das Gilgamesch-Epos

Übersetzt, kommentiert und

herausgegeben von Wolfgang Röllig

Philipp Reclam jun. Stuttgart

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Inhalt

Einleitung 7

Das 12-Tafel-Epos in der ninivitischen Version

Tafel i 35

Tafel ii 46

Tafel iii 52

Tafel iv 59

Tafel v 67

Tafel vi 73

Tafel vii 81

Tafel viii 89

Tafel ix 98

Tafel x 103

Tafel xi 116

Auszüge aus den altbabylonischen Texten

1 Gilgameschs Träume. Enkidus Erziehung und Erscheinen

in Uruk 133

2 Die Planung des Marsches zum Zedernwald 138

3 Träume auf dem Marsch zum Zedernwald 143

4 Der Tod des Chuwawa 146

5 Gilgamesch bei der Schenkin Siduri 147

Anhang

Erläuterungen 153

Glossar 177

Weiterführende Literatur 181

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Nun töne, Lied, mit eignem Feuer!

Denn du bist älter, du bist neuer.

Goethe, West-östlicher Divan

Einleitung

Erzählen ist ein Urbedürfnis des Menschen wie Essen, Trinken

und Schlafen. Erlebnisse werden geschildert, Erfahrungen wer-

den in Worte gebracht, Sehnsüchte angedeutet, Jubel, Freude

und Glück, aber auch Schmerz, Trauer und Klage werden in Si-

tuationen oder Bildern geschildert und so dauerhaft erfahrbar ge-

macht, seelisch bewältigt. So entsteht Dichtung, große Dichtung.

Das Gilgamesch-Epos ist so eine große Dichtung. In ihm

wurden bereits vor Tausenden von Jahren existentielle Erfah-

rungen des Menschen angesprochen – Schöpfung und Tod,

Freundschaft und Feindschaft, Hochmut und klägliches Versa-

gen, Demut und Überheblichkeit – und in beispielhaften Episo-

den plastisch vorgestellt. Das Epos entstand in einer Kultur, die

schon lange vergangen ist, spielt im Zweistromland, das uns mit

seiner frühen Zivilisation fremd ist. Und doch spricht es, auch

darin den großen Epen Europas gleich, Situationen und Erfah-

rungen an, die immer aktuell bleiben, auch uns betreffen. Die

Bedeutung seines Erzählstoffes, die Schönheit und Erhabenheit

seiner Erzählung ließen sich trotz mancher Lücken bisher bereits

erahnen. Die Entdeckung vieler neuer Bruchstücke, die gelehrte

Rekonstruktion des Textes in den letzten Jahrzehnten lässt uns

heute diese großartige Schöpfung babylonischer Dichter erst

richtig erfahrbar machen. Dazu soll diese neue Übersetzung ver-

helfen.

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8 Einleitung

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Eine erste Übersetzung des Gilgamesch-Epos erschien in Re-

clams Universal-Bibliothek bereits 1934. Sie stammte aus der Fe-

der von Albert Schott, einem Schüler von Peter Jensen, der zuvor

durch seine monumentalen Bände Das Gilgamesch-Epos in derWeltliteratur (Bd. 1, 1906; Bd. 2, 1928) für eine kontrovers geführ-

te Diskussion über die Verbreitung und Wirkung des Epos ge-

sorgt hatte. Die neue Übersetzung war sowohl inhaltlich als auch

in ihrer sprachlichen Gestaltung vorbildlich. Schott kehrte al-

lerdings aus dem Zweiten Weltkrieg nicht zurück. Seine Über-

setzung wurde aber mehrfach aufgrund neuerer Forschungen

ergänzt und verbessert durch Wolfram Freiherr von Soden und

erschien in einer 6. Auflage zuletzt 1989. In der Zwischenzeit

wurden weitere Fortschritte in der Textrekonstruktion gemacht,

konnten neue Fragmente des Epos bei Ausgrabungen und in Mu-

seen entdeckt werden, wurden die Kenntnisse der Grammatik

und des Wortschatzes des Akkadischen (Babylonisch-Assyri-

schen), nicht zuletzt durch die Arbeiten Wolfram von Sodens,

entscheidend verbessert. Jetzt hat Andrew R. George 2003 in ei-

ner monumentalen Neuedition aller Texte nebst ausführlichem

Kommentar eine völlig neue textliche Basis geschaffen, die nicht

nur eine Revision, sondern eine neue Übersetzung des Epos für

die Ausgabe im Reclam Verlag ermöglichte und erzwang. Der

hier vorgelegte Text weicht an so vielen Stellen von den früheren

Auflagen ab, dass keine Ergänzung der alten Übersetzung mög-

lich war, sondern eine einheitliche neue Übersetzung erforder-

lich wurde. Sie bemüht sich allerdings darum, die Vorgänger

nicht einfach zu ignorieren, sondern folgt an bestimmten Stellen

durchaus den Formulierungen von Schott / von Soden. Doch

ist das in den früheren Auflagen angewandte Prinzip, Lücken in

Der Text 9

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der ninivitischen Version durch Texte aus der altbabylonischen

Überlieferung zu schließen, jetzt aufgegeben worden, da der Text

des sogenannten 12-Tafel-Epos inzwischen weithin lückenlos re-

konstruierbar ist. Darüber hinaus soll diese Übersetzung, die sich

möglichst eng an den Text der ninivitischen Version anlehnt,

auch deutlich machen, wo stilistische Eigenheiten der babyloni-

schen Dichtung hervortreten. Es wurde also nur in geringem

Umfang stilistisch geglättet, schon um die Erzählstruktur des

überlieferten Textes auch dem heutigen Leser spürbar zu ma-

chen. Das kann allerdings nur teilweise gelingen, soll das Ver-

ständnis des Gesagten nicht leiden. Deshalb schien es sinnvoll,

durch Beigabe von Erläuterungen schwierige Stellen zu erklären,

Hintergrundinformationen zu liefern, die dem Babylonier selbst-

verständlich und wohlbekannt waren, Lesern des 21. Jahrhun-

derts jedoch nicht geläufig sein können. Das kann und will aber

kein Kommentar zum gesamten Epos sein. Darüber hinaus soll

eine alphabetische Zusammenstellung von mehrfach vorkom-

menden Namen und Begriffen dem Leser auch ohne Lektüre der

Anmerkungen eine rasche Orientierung erlauben.

Der Text

Wie nicht anders zu erwarten, hat der Text des Epos eine lange

und durchaus uneinheitliche Tradition. Das »Gilgamesch-Epos«

in der ninivitischen Version, die auch hier als Haupttext der

Übersetzung zugrunde gelegt wurde, ist erst ein Produkt der

Spätzeit der babylonisch-assyrischen Kultur des 1. Jahrtausends

v. Chr. Dieser Text samt seiner Einteilung in 12 »Tafeln« ist – so-

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Tafel i 35

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Tafel i

Der die Tiefe auslotete, die Fundamente des Landes,

der Entlegenes wusste, alles verstand,

Gilgamesch, der die Tiefe auslotete, die Gründung des Landes,

der Entlegenes wusste, alles verstand,

der gleichermaßen …

der alles begriff, die Summe der Weisheit.

Verborgenes sah er, Geheimes tat er auf,

er brachte Kunde von der Zeit vor der Flut.

Einen weiten Weg legte er zurück, erschöpft machte er Rast.

All seine Mühe ist niedergeschrieben auf einem Gedenkstein: 10

Er errichtete die Mauer von Hürden-Uruk,

des allerheiligsten Eanna, des glänzenden Schatzhauses.

Schau seine Mauer an, die sich so weit erstreckt!

Blick auf ihre Verkleidung, der niemandes Werk gleicht!

Nimm doch die Treppe, die seit alters besteht, und

nähere dich Eanna, dem Wohnsitz der Ischtar,

das kein späterer König, kein Mensch nachmachen kann!

Steig hinauf auf die Mauer von Uruk und geh herum,

prüfe das Fundament, inspiziere das Ziegelwerk,

ob nicht sein Ziegelwerk aus Backstein ist, 20

ob den Grund nicht legten die sieben Weisen!

Eine Quadratmeile ist Wohnstadt, eine Quadratmeile sind Palm-

gärten, über eine Quadratmeile erstreckt sich die Lehmgrube,

eine halbe Quadratmeile bedeckt der Tempel der Ischtar.

Drei und eine halbe Quadratmeilen – das ist die Ausdehnung

von Uruk.

Nimm den Tafelbehälter aus Zedernholz,

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36 Das 12-Tafel-Epos in der ninivitischen Version

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löse seinen Verschluss aus Bronze,

öffne den Zugang zu seinem Geheimnis,

nimm die Tafel aus Lapislazuli heraus, lies auf ihr von

all der Beschwernis, durch die Gilgamesch gehen musste!

Jeden König übertrifft er, ist von kräftiger Statur,

der Held, in Uruk geboren, der stößige Wildstier! 30

Er geht voran, ist der Allererste,

hinterher marschiert er, eine Stütze für seine Brüder,

ein rettendes Ufer, Schirm für seine Kämpfer,

eine wilde Flut, die selbst Mauern aus Stein zerbricht.

Gilgamesch, du Wildstier des Lugalbanda von

vollkommener Kraft,

gesäugt von der edlen Kuh Rimat-Ninsun.

Riesig ist Gilgamesch, vollkommen (und) schrecklich,

der die Pässe der Gebirge auftat,

der Brunnen grub an den Flanken des Berges,

der den Ozean überquerte, die weite See, bis zum Aufgang

der Sonne, 40

der die Weltränder ausspähte auf der Suche nach dem Leben,

der energisch zum fernen Uta-napischti vorstieß,

der die Kultstätten wiederherstellte, die die Sintflut zerstörte,

der die kultischen Riten festlegte für die zahlreichen Menschen.

Wo ist einer, der sich mit ihm an königlicher Macht

messen könnte

und der wie Gilgamesch sprechen könnte: »Ich bin der König«?

Den Namen Gilgamesch trägt er seit dem Tag seiner Geburt.

Zwei Drittel von ihm sind Gott, ein Drittel Mensch.

Belet-ili entwarf seine Gestalt,

Nudimmud vollendete seine Statur: 50

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Lücke.

. . . . . . . . elf Ellen hoch ist er,

zwei Ellen sind seine Lenden weit,

ein Drittel Ellen sein Fuß, eine halbe Rute sein Bein.

Sechs Ellen breit sind seine Schultern,

eine halbe Elle lang ist der erste seiner Finger.

Seine Wangen tragen einen Bart, glänzend wie Lapislazuli,sein lockiges Haar wächst dicht wie Getreidehalme. 60

Von vollkommenem Liebreiz war er, als er herangewachsen war,

sehr schön nach irdischen Maßstäben.

Im Pferch von Uruk schreitet er einher,

kräftig wie ein Wildstier, hocherhobenen Hauptes.

Seinesgleichen hat er nicht, seine Waffen sind gezückt,

durch das pukku sind seine Genossen in Schach gehalten.

Ständig gehen die jungen Leute von Uruk grollend herum,

denn Gilgamesch lässt den Sohn nicht zu seinem Vater,

bei Tag und bei Nacht treibt er (ihn) an mit Macht.

Er, Gilgamesch, ist der König der weiten Menschheit, 70

er, der Hirte (sein sollte) in Hürden-Uruk,

Gilgamesch lässt die Tochter nicht zu ihrer Mutter,

er . . . . . . . . . . . . . . . . . bald,

ihre Klagen bringen sie vor die Götter (?)Gewaltig, überragend, allwissend …

Gilgamesch lässt die Jungfrau nicht zu ihrem Geliebten.

Die Tochter des Kriegers, die Braut des Jünglings:

ihre Klagen vernehmen die Göttinnen,

die Götter im Himmel rufen zu Anu,

dem … 80

»Hast du nicht den wilden Stier geschaffen in Hürden-Uruk?«

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132 Altbabylonische Texten

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Gilgameschs Träume 133

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1 Gilgameschs Träume.Enkidus Erziehung und Erscheinen in Uruk

Gilgamesch erhob sich. Um den Traum zu erklären,

spricht er zu seiner Mutter:

»Mutter, in meinem Traumgesicht

ging ich kraftstrotzend herum / unter den Männern. 5

Da verbargen sich die Sterne des Himmels vor mir, und

ein Meteor fiel vor mir nieder.

Ich wollte ihn aufheben, (doch) er wurde zu schwer für mich,

ich wollte ihn in Bewegung setzen, konnte ihn aber

nicht bewegen.

Das (ganze) Land von Uruk ist bei ihm versammelt, 10

die jungen Männer küssen seine Füße.

Ich stemmte meine Stirn dagegen, / sie unterstützten mich –

da konnte ich ihn aufheben und zu dir bringen.«

Gilgameschs Mutter, der alles kund ist, / sprach zu Gilgamesch: 15

»Vielleicht, Gilgamesch, wurde einer wie du

in der Steppe geboren, und / das Bergland ließ ihn heranwachsen.

Siehst du ihn, so wirst du Freude haben. 20

Die jungen Männer küssen ihm die Füße,

und du wirst ihn umarmen, / ihn zu mir führen.«

Er legte sich nieder, sah einen zweiten (Traum),

erhob sich, sprach zu seiner Mutter: 25

»Mutter, einen zweiten (Traum) habe ich gesehen:

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . auf der Gasse / von Uruk-Markt,

da lag eine Axt, und (die Leute) / waren um sie

versammelt. 30

Die Axt aber – ihr Aussehen war ganz fremdartig.

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134 Altbabylonische Texte 1

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Ich blickte sie an – da wurde ich ganz froh,

gewann sie lieb wie eine Frau, ›raunte‹ über ihr,

hob sie auf und legte sie / an meine Seite.« 35

Gilgameschs Mutter, der alles kund ist, / sprach zu Gilgamesch:Lücke von etwa vier Zeilen.

. . . . . denn ich werde ihn dir gleichstellen.«

Während Gilgamesch den Traum erzählt,

befindet Enkidu sich bei der Dirne. 45

Beide umschmeichelten einander –

da vergaß er die Steppe, wo er geboren war.

Sieben Tage und sieben Nächte

ist Enkidu auf, / beschläft die Schamkatu. 50

Dann tut die Dirne ihren Mund auf, / spricht zu Enkidu:

»Schaue ich dich an, Enkidu, so gleichst du einem Gott.

Warum nur läufst du mit dem Wild / in der Steppe herum? 55

Komm, ich will dich mitten nach Uruk-Markt führen,

zum heiligen Tempel, der Wohnung des Anu!

Enkidu, steh auf, ich will dich zum Eanna bringen,

dem Wohnsitz des Anu, 60

wo (die Leute) immer ihre kultischen Pflichten erfüllen,

und du sollst dich (dort) / wie jedermann auch bewegen,sobald du vertraut bist mit dem Erdreich, / dem Schlafplatz

des Hirten.« 65

Er hört ihr Wort, stimmt ihrer Rede zu,

der Rat der Frau / ging ihm zu Herzen.

(Ihre) Kleider zog sie aus, / mit dem einen bekleidete sie ihn, 70

das andere Gewand / zog sie sich selbst an.

Sie nimmt ihn bei der Hand, / wie einen Gott führt sie ihn

zur Behausung des Hirten, / dem Schafpferch. 75

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