45. Kongress für Allgemein- und Familienmedizin der DEGAM ...

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45. Kongress für Allgemein- und Familienmedizin der DEGAM Salzburg, 22.-24. September 2011 Paris Lodron Universität Salzburg, Große Aula Polypharmakotherapie im Spannungsfeld zwischen Klinik und Hausarzt. www.forummedizin21.at

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45. Kongress für Allgemein- undFamilienmedizin der DEGAM

Salzburg, 22.-24. September 2011Paris Lodron Universität Salzburg, Große Aula

Polypharmakotherapie im Spannungsfeld zwischen Klinik und Hausarzt.

www.forummedizin21.at

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Inhaltsverzeichnis

Programm und Organisation ............................................................................................................................. 2 Grußwort .......................................................................................................................................................... 3 Programmübersicht ............................................................................................................................................ 4 Abstracts ........................................................................................................................................................... 14 Keynotes .......................................................................................................................................................... 15 Symposien ........................................................................................................................................................ 16 Workshops ....................................................................................................................................................... 86 Poster-Präsentationen .......................................................................................................................................... 92 Nachgereicht .................................................................................................................................................... 154 Autorenindex .................................................................................................................................................... 160 Impressum: Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg - Privatstiftung, Strubergasse 21, A-5020 Salzburg, Telefon: +43 (0)662 / 44 2002 0, www.pmu.ac.at Haftungsausschluss: Die Paracelsus Medizinische Privatuniversität erklärt hiermit ausdrücklich, dass sie soweit auf der gms-Website auf Inhalte Dritter verwiesen wird für die Inhalte der verlinkten Sites keine Verantwortung übernimmt. Die Paracelsus Medizinische Privatuniversität erklärt ferner ausdrücklich, dass sie für die Richtigkeit sämtlicher Inhalte und Angaben in den veröffentlichten Abstracts keine Verantwortung übernimmt, da diese ausschließlich bei den Autorinnen und Autoren liegt.

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Programm und Organisation

Forum Medizin 21 Kongress der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Internet: www.forummedizin21.at 45. Kongress für Allgemein- und Familienmedizin der DEGAM Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM) Internet: www.degam.de (Kooperationsveranstaltung) Kooperationspartner Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM) Österreichische Gesellschaft für Allgemeinmedizin (ÖGAM) Südtiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SÜGAM) Universität Salzburg Veranstalter Paracelsus Medizinische Privatuniversität Strubergasse 21 5020 Salzburg Österreich Tel.: +43 (0)662 / 44 2002 0 Internet: www.pmu.ac.at Entwicklungsgruppe Prof. Dr. Günther Bernatzky, Salzburg Dr. Reiner Brettenthaler, Salzburg Dr. Christoph Dachs, Salzburg Dr. Thomas Diller, Salzburg Prim. Dr. Reinhold Fartacek, Salzburg Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernhard Iglseder, Salzburg Dr. Michael Nake, Salzburg Prof. Dr. Andreas Sönnichsen, Salzburg

Wissenschaftliche Leitung / Tagungspräsident Univ.-Prof. Dr. Andreas Sönnichsen Vorstand des Instituts für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Email: [email protected] Wissenschaftliches Programmkomitee 2011 Prof. Dr. Attila Altiner, Rostock (D) Prof. Dr. Antje Bergmann, Dresden (D) Prof. Dr. Günther Bernatzky, Salzburg (A) Dr. Christoph Dachs, Salzburg (A) Prof. Dr. Norbert Donner-Banzhoff, Marburg (D) Edmund Fröhlich, Frankfurt (D) Dr. Reinhold Glehr, Hartberg (A) Dr. Christian Haffner, Frankfurt (D) Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernhard Iglseder, Salzburg (A) Dr. Simon Kostner, Bozen (I) Dr. Christiane Muth, Frankfurt (D) Dr. Giuliano Piccoliori, San Christina (I) Dr. Susanne Rabady, Windigsteig (A) Prof. Dr. Martin Scherer, Hamburg (D) Prof. Dr. Antonius Schneider, München (D) Dr. Jochen Schuler, Salzburg (A) Prof. Dr. Andreas Sönnichsen, Salzburg (A) Mag. Katharina Tschernutter, Salzburg (A) Organisatorische Leitung / Kongressmanagement Mag. Katharina Tschernutter Kongressbüro der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Mobil: +43 (0)699 / 144 200 71 Email: [email protected]

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Grußwort

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr herzlich begrüße ich Sie auf dem dritten Forum Medizin 21 der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg. Nachdem wir uns im vergangenen Jahr sehr allgemein mit evidenzbasierter Medizin beschäftigt haben, gehen wir in diesem Jahr einer ganz speziellen Fragestellung nach, bei der uns die Studienevidenz bisher meist im Stich lässt: Polypharmakotherapie. Wer kennt nicht jenen Arztbrief, auf dem die Medikation eine ganze Seite einnimmt - und die dazugehörige 82jährige Patientin, die uns - gerade aus dem Spital entlassen - mit der ängstlichen Frage konfrontiert: „Herr Doktor, muss ich das wirklich alles nehmen?“ Die Patientin wird mit Ramipril, HCT und Amlodipin in den Blutdruck-Zielbereich therapiert, bekommt wegen ihres Stents nach Infarkt Clopidogrel, ASS, Metoprolol, Simvastatin und Ezetimib, ihr Diabetes mellitus Typ 2 wird mit Metformin, Glimepirid und Pioglitazon in seine Schranken verwiesen, nicht zu vergessen der Magenschutz mit Pantoprazol und die MCP-Tropfen gegen permanente Übelkeit. Zur Nacht benötigt sie Zolpidem, und Citalopram hellt ihre negative Grund-stimmung auf. Als langjähriger Hausarzt kennt man die Patientin gut – mit einem Gefühl von Unbehagen und Mitleid setzt man den Rotstift an. Aber was machen wir da eigentlich? Wo ist die Evidenz für unser Tun? Sind Studienergebnisse, die an meist jüngeren Patienten mit einer bestimmten Zielerkrankung gewonnen wurden, auf ältere, polymorbide Patienten übertrag-bar? Von welchem Medikament profitiert der Patient wirklich? Wo richtet die Kombination mehr Schaden als Nutzen an? Und dann die vielleicht schwierigste Frage: kann hier ein Konsens zwischen Klinikern und Hausärzten hergestellt werden? Diesen spannenden Fragen wollen wir auf dem diesjährigen Forum Medizin 21 in Kooperation mit der Deutschen Ge-sellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM), der Österreichischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (ÖGAM) und der Südtiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SÜGAM) nachgehen, wobei unsere Tagung gleichzeitig der 45. Jahreskongress der DEGAM ist und wir uns freuen und stolz darauf sind, die Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland und Südtirol zu diesem wichtigen Thema in Salzburg begrüßen zu dürfen. Neben unserem Schwerpunktthema „Polypharmakotherapie“ soll unsere Tagung auch ein Forum für das gesamte Spekt-rum allgemeinmedizinischer Tätigkeit und Forschung sein. Es erwarten Sie hochkarätige Vorträge, praxisnahe Workshops und spannende Symposien mit Beiträgen aus der allgemeinmedizinischen Lehre und Forschung im gesamten deutsch-sprachigen Raum. Wir möchten mit Ihnen ins Gespräch kommen und wünschen Ihnen spannende und Ihre berufliche Tätigkeit bereichernde Tage in Salzburg! Wir freuen uns auf diesen Kongress, wir freuen uns auf Sie! Herzlichst Ihr

Univ.-Prof. Dr. Andreas Sönnichsen Vorstand des Instituts für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität

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Programmübersicht | Donnerstag, 22. September Zeit Ort Art der Veranstaltung Thema Vortragende/r 9:00-12:30 HS 7 PMU Pre-Conference JAMÖ, JADE Vorkonferenz M. Schimdt, J. Baumgartner DEGAM-Nachwuchsakademie A. Bergmann

12:00-15:30 HS 103 Pre-Conference Workshop a

Forschung in und mit Hausarztpraxen – ein Spagat zwischen wissenschaftlichem Gold Standard und Praxisalltag? Ein Preconference-Workshop für Hausärzte, Medizinische Fach-angestellte und Mitarbeiter der universitären Allgemeinmedizin

A. Namyst & C. Muth, Frankfurt

1 Wie können Hausarztpraxen zur Studienteilnahme gewonnen werden? Evidenz und Fallbeispiele erfolgreicher Rekrutierungsstrategien.

Impulsreferate von J. Bleidorn, Hannover; M. Pentzek, Düsseldorf; Z. Albay, Frankfurt; Friederike Müller, Jena

2 Wie können Hausarztpraxen während laufender Forschungsprojekte (ein-)gebunden werden? Erfahrungsberichte zu Praxisbetreuung und Kommunikation.

Impulsreferate von S. Korsatko, Graz; M. Leifermann, Frankfurt; H. Heiskel, Frankfurt; S. Bösner, Marburg

3 Wie kann allgemeinmedizinische Forschung verstetigt werden? Ein Ausblick anhand aktueller Initiativen und Konzepte für Forschungspraxisnetzwerke.

Vorstellung von Konzepten und aktuellem Stand der Forschungsnetzwerke "FoPraNet" durch J. Haus-waldt, Hannover und "ForN" durch M. Beyer, Frankfurt

12:00-13:30 HS 106 Pre-Conference Workshop b

Wie können sich unsere Patienten gesund entwickeln? Salutogene Kommunikation mit chronisch Kranken.

T. D. Petzold, Bad Gandersheim

13:30-14:00 Foyer PAUSE

12:00-13:45 HS 101 Pre-Conference Workshop c

Komplementäre Medizin, Praxis und Lehre - in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Naturheilkunde e.V.

D. Jobst, Bonn

1 Chronisch entzündliche Darmerkrankungen D. Jobst, J. Langhorst, Essen

2 Irritables Colon - ein komplementärmedizinisches Modull des Instituts für hausärztliche Fortbildung D. Jobst, Bonn

3 Lehre und Prüfungen in der Komplementärmedizin - Konzepte und erfahrungen aus Heidelberg

S. Joos, Heidelberg

4 Komplementärmedizinische Lehre an der Medizinischen Fakultät der Universität Magdeburg

U. Daig, Magdeburg

5 Komplementärmedizinische Ansätze in der Schmerztherapie G. Bernatzky, Salzburg

14:00-15:30 HS 106 Pre-Conference Workshop d

Arbeitsgruppe Psychosomatik in der Allgemeinmedizin: Wir stellen vor, was wir tun.

I. Veit, Becker, Rüter, T.D. Petzold, Hermann

1 Was sind Ziele und die Arbeitsweise der Arbeitsgruppe Psychosomatik in der Allgemeinmedizin

I. Veit,Herne / Becker

2 Lebenskunst in der Allgemeinmedizin –wie erforschen wir das, was wir tun auf seine Wirksamkeit? Was sind wirksame Interventionen? Ein Denk- und möglicher Forschungsansatz

G. Rüter, Benningen / T. D. Petzold, Bad Gandersheim

3 Curriculäre Weiterbildung in der Allgemeinmedizin- wie kann die Beziehungs- gestaltung zwischen Arzt und Patient hinreichend Berücksichtigung finden?

I. Veit, Herne

4 Brauchen wir eine fachbezogene Psychotherapie in der Allgemeinmedizin und wenn ja, was sind ihre Inhalte? M. Herrmann, Berlin

5 Leitlinie funktionelle Störungen - Inhalte und unsere Position. Sollen Hausärzte im knappen Budget die Versorgung der funktionellen Störungen übernehmen?

Hermann, I. Veit

14:00-15:30 HS 104 Pre-Conference Workshop e

Arzneimitteltherapie in der Hausarztpraxis – eine Herausforderung für die allgemeinmedizinische Lehre

H.-M. Schäfer, Frankfurt

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14:00-15:30 HS 105 Pre-Conference Workshop f

Der Hausarzt der Zukunft J. Baumgartner, Graz

14:00-15:30 HS 107 Pre-Conference Workshop g

Manuelle Medizin bei akutem Rückenschmerz M. Hell, Axams

15:30-16:00 Foyer PAUSE 16:00-17:30 HS 105 DEGAM-Sektionstreffen: Forschung HS 106 DEGAM-Sektionstreffen: Fortbildung HS 103 DEGAM-Sektionstreffen: Qualitätsförderung HS 104 DEGAM-Sektionstreffen: Studium und Hochschule HS 107 DEGAM-Sektionstreffen: Versorgungsaufgaben HS 122 DEGAM-Sektionstreffen: Weiterbildung 17:00-17:30 HS 101 Pressekonferenz 17:30-18:00 Foyer PAUSE

18:00-18:30 Große Aula Kongresseröffnung Eröffnung, Begrüßung, Grußworte Moderation: A. Sönnichsen

A. Stöger (BM f. Gesundheit) O. Pjeta (Präs. Ref. d. ÖÄK) C. Klein (Gen.Dir.Stv. Haupt-verband d. Ö. Soz.Vers.Tr.) H. Resch (Rektor PMU) F.M. Gerlach (Präs. DEGAM) R. Glehr (Präs. ÖGAM) S. Kostner (Präs. SÜGAM)

18:30-20:00 Große Aula Podiumsdiskussion Gesundheitspolitisches Forum: Wissenschaft trifft Politik - Zukunft der hausärztlichen Versorgung in Österreich und Deutschland Moderation: R. Schmid

A. Stöger (BM f. Gesundheit) C. Klein (HV) O. Pjeta (Präs. Ref. d. ÖÄK) F. Gerlach (Präs. DEGAM) R. Glehr (Präs. ÖGAM) U. Weigeldt (HÄV D) C. Euler (HÄV Ö)

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Programmübersicht | Freitag, 23. September vormittags Zeit Ort Veranstaltung Thema Vortragende/r

Polypharmakotherapie in der allgemeinärztlichen Praxis CHAIR: R. Glehr, Hartberg & F.M. Gerlach, Frankfurt

08:30-09:15 Große Aula Keynote Customizing Drug Therapy for the Elderly - Combining Ethics, Evidence Based Medicine, and the Art of Medicine

D. Garfinkel, Tel Aviv, Israel

09:15-09:20 Große Aula Ankündigung Progress-Test für Hausärzte - Ein medizindidaktisches Projekt Schuhmacher, Fischer, Witten 09:20-09:45 Foyer PAUSE

09:45-11:15 Große Aula Workshop I a Drugs to be Discontinued - Why and How: the Garfinkel-Method

D. Grafinkel, A. Sönnichsen, C. Dachs, J. Schuler u.a.

09:45-11:15 HS 106 Workshop I g Ein neues Konzept für strukturierte, individualisierte Gesundheitsgespräche

G. Schmiemann, Hannover

09:45-11:15 HS 105 Workshop I h Evidenzbasierte Bürokratie: Workshop zu Zielen und Fragestellungen

U. Popert, Kassel

09:45-11:15 HS 101 Symposium I b Unangemessene Verordnungen und unerwünschte Arzneimittelwirkungen

CHAIR: B. Panhofer, Unge-nach & N. Enthaler, Salzburg

1 Wie häufig werden nicht-indizierte Protonenpumpeninhibitoren nach Krankenhausentlassung von Hausärzten weiterverordnet?

D. Ahrens, Göttingen

2 PUMA- potentiell unangemessene Medikamente im Alter S. Kossow, Freiburg

3 Die PRISCUS-Liste – Prävalenz von potentiell altersinadäquater Medikation in Alten- und Pflegeheimen

K. Böhme, Freiburg

4 Potentiell inadäquate Medikation gemäß der Priscus-Liste bei älteren hausärztlichen Patienten mit Polypharmazie

D. Koper, Salzburg

5 Unerwünschte Arzneimittelwirkungen in der Hausarztpraxis: Eine repräsentative Studie

B. Weltermann, Essen

6 Polypharmazie und der Einsatz ungeeigneter medikamente in der hausärztlichen Versorgung - eine Sekundäranalyse der AgeCoDe-Studie

T. Zimmermann, Hamburg

09:45-11:15 HS 107 Symposium I c Leitlinien CHAIR: S. Kostner, Bozen & H.C. Vollmar, Witten

1 Informationen zum Update der DEGAM-Leitlinie Nr. 7 „Ohrenschmerzen“

M. Hänsel, Hamburg

2 Der normative Prozess der Leitlinienentwicklung am Beispiel der beiden interdisziplinären Leitlinien zu Fibromyalgie und Funktionellen Störungen

M. Herrmann, Magdeburg

3 Leitlinienbasierte Entwicklung von Qualitätsindikatoren: eine systematische Literaturübersicht.

T. Kötter, Hamburg

4 DEGAM-Leitlinien als App für Mobiltelefone – Einsatz in der hausärztlichen Praxis und erstes Feedback

U.-M. Waldmann, Ulm

5 Inwieweit wird die tägliche Praxis durch die vorhandenen Leitlinien informiert? Ergebnisse einer Querschnitts-Studie

B. Pflanz, Heidelberg

6 Die medikamentöse Behandlung von Patienten mit arterieller Hypertonie in der Hausarztpraxis – Ein Abgleich mit bestehenden Leitlinienempfehlungen

Bösch, Freiburg

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09:45-11:15 HS 103 Symposium I d Hausärztliche Diagnostik CHAIR: W. Spiegel, Wien & O. Hirsch, Marburg

1 Hausärztliche Differentialdiagnose bei Patienten mit Beinödemen – eine qualitative Studie

J. Diederich, Marburg

2 Diagnostische Treffsicherheit der Kombination eines Klinischen Scores (Wells) mit einem D-Dimer-Test zum Ausschluss einer tiefen Bein- und Beckenvenenthrombose (TVT) in deutschen Hausarztpraxen

L. El Tabei, Düsseldorf

3 Brustschmerz und Koronare Herzkrankheit in der Primärversorgung: diagnostischer Nutzen des Marburger Herz-Score

J. Haasenritter, Marburg

4 Hausärztliche Differentialdiagnose bei Patienten mit Kopfschmerz – eine qualitative Studie

S. Hartl, Marburg

5 KHK Ausschluss in der Primärversorgung: Validierung des Marburger Herz-Score S. Bösner, Marburg

6 Kann eine Streptokokkenangina klinisch diagnostiziert werden? T. Bachler, Innsbruck

09:45-11:15 HS 104 Symposium I e Geriatrie I: hausärztliche Konsultationen mit älteren und hochbetagten Patienten

CHAIR: B. Iglseder, Salzburg & G. Piccoliori, San Christina

1 Partizipative Behandlungsplanung mit älteren Patienten (PräfCheck): Was bringt es, wenn sich Ärzte und Patienten partnerschaftlich über Gesundheits- und Behandlungsprioritäten austauschen?

U. Junius-Walker, Hannover

2 Warum sprechen die Patienten nicht mit uns? – Konsultations-verhalten und Erwartungen älterer Rückenschmerzpatienten

J. Best, Marburg

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Patientenverfügung auf neuen Wegen: Kontrollierte Studie zur Implementation des Advance Care Planning-Programms 'beizeiten begleiten' in Senioreneinrichtungen und kooperierenden Versorgungsstrukturen einer Region

J. In der Schmitten, Düsseldorf

4 Betreuung von älteren Patienten mit Diabetes mellitus durch Hausärzte E. Mann, Rankweil

5 Versorgung am Lebensende aus Sicht von Patienten und Angehörigen: Realität, Anspruch und Visionen J. Bleidorn, Hannover

6 Die Bestimmung der Nierenfunktion und Konsequenzen für die Medikation bei hochbetagten Patienten

M. Karsch-Völk, München

09:45-11:15 HS 122 Symposium I f Depressions- und Demenz-Behandlung in der Primärversorgung

CHAIR: J. Gensichen, Jena & B. Fürthauer, Maishofen

1 Behandlung depressiver Störungen in der Primärversorgung - ein systematischer multi-treatment Review der randomisierten Studien zu verfügbaren Behandlungen

K. Linde, München

2 Stellenwert von Johanniskraut-Extrakt in der Depressionstherapie – eine nicht-interventionelle Studie in Hausarztpraxen

B. Musselmann, Heidelberg

3 Selbstmanagementförderung bei Patienten mit Angst, Depression oder somatoformen Störungen in der hausärztlichen Versorgung durch Kooperation zwischen Hausärzten und Pflegekräften

E. Puschmann, Hamburg

4 Die Verschreibung von Antidementiva im ersten Jahr nach der Demenzdiagnose – Ein Vergleich des Verschreibungsverhaltens von Hausärzten und Nervenärzten

H. van den Bussche, Hamburg

5 Kosteneffektivität eines praxisbasierten Case Managements für Patienten mit Depression

J. Gensichen, Jena

6 Die Rolle von Depressivität in der Optimierung der Behandlung von Patienten mit Bluthochdruck

A. Buchholz, Freiburg

11:15-11:30 Foyer PAUSE 11.30-12:30 Foyer Open Space Poster-Session 11:30-12:30 HS 101 Progress-Test für Hausärzte Schuhmacher / Fischer, Witten 12:30-13:30 HS 106 MITTAGSPAUSE „Mittelbau-Treffen“ 12:30-13:30 HS 103 Sektionstreffen CAM

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Programmübersicht | Freitag, 23. September nachmittags Zeit Ort Veranstaltung Thema Vortragende/r

Polypharmakotherapie und Patientensicherheit CHAIR: M. Lainer, Salzburg & M. Beyer, Frankfurt

13:30-14:15 Große Aula Keynote Patient Safty in Primary Care - the LINNEAUS initiative A. Esmail, Manchester 14:15-14:45 Große Aula Impulsreferat Polyphamakotherapie - das Dilemma der Leitlinien M. Gosch, Hochzirl 14:45-15:00 Große Aula Diskussion Polyphamacy and Patient Safety A. Esmail / M. Gosch

15:00-15:10 Große Aula Impulsreferat Die AG "WiForMFA" eine neu wachsende Arbeitsgruppe in der DEGAM stellt sich vor I. Schluckebier, Witten

15:10-15:30 Foyer PAUSE 14:30-17:30 HS 122 Workshop IIg Vorbereitung für die Facharztprüfung Allgemeinmedizin M. Lohnstein, Augsburg

15:30-17:00 Große Aula Symposium II a Patientensicherheit CHAIR: M. Gosch,Hochzirl & C. Hofer-Dückelmann, Salzburg

1 Was wissen Patienten über ihre orale Antikoagulationstherapie? T. D. Hua, Göttingen

2 „Dann nehme ich noch so was Pflanzliches“ – Risiken der sogenannten sanften Medizin S. Brockmann, Bern

3 Verbessert der Einsatz der Frankfurter Patientensicherheitsmatrix die Sicherheitskultur in Hausarztpraxen?

B. Müller, Frankfurt am Main

4 Patientensicht auf unerwünschte Ereignisse in der Primärversorgung: Eine systematische Literaturübersicht

C. Heintze, Berlin

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Führen computerunterstütze (IT) - Interventionen zur Verbesserung der Medikamentensicherheit in der Allgemeinmedizin-Praxis?: eine systematische Übersichtsarbeit von randomisiert kontrollierten Studien

M. Lainer, Salzburg

6 Patientenpräferenzen bei der Darstellung von Informationen zu Wirkungen und Nebenwirkungen von Arzneimitteln: Haben patientengerechte Broschüren einen Nutzen?

D. Simic, Witten

15:30-17:00 HS 104 Symposium II b Methodik pragmatischer Studien und komplexer Interventionen

CHAIR: M. van den Akker, Maastricht & J. Rochon, Heidelberg

1 Entwicklung und Bewertung von komplexen Interventionen I. Mühlhauser, Hamburg

2 Gerinnungsmanagement im hausärztlichen Bereich – Beispiel einer komplexen Intervention

A. Siebenhofer-Kroitzsch, Frankfurt

3 Effekte eines KHK-Behandlungspfades auf die Lebensqualität von Patienten

L. Kramer, Marburg

4 Untersuchung von Mediatoren des Interventionseffekts in kontrollierten Studien

J. Rochon, Heidelberg

15:30-17:00 HS 101 Symposium II c Allgemeinmedizinische Lehre CHAIR: H. Bachler, Innsbruck & A. Simmenroth, Göttingen

1 Lässt sich die kommunikative Kompetenz für die Bewältigung schwieriger Arzt-Patienten-Gespräche prüfen? Erfahrungsbericht über den Düsseldorfer CoMeD–OSCE im 4. Studienjahr

A. Mortsiefer, Düsseldorf

2 Seminarunterricht in der Allgemeinmedizin - Strukturierung durch Leitsymptome und Fallvignetten

M. Tzschaschel, München

3 POL Polypharmakotherapie M. Ehrhardt, Hamburg

4 Wie effektiv ist der Einsatz von virtuellen Patienten in der Lehre im Fach Allgemeinmedizin?

K. Weckbecker, Bonn

5 Praktisches Jahr Allgemeinmedizin – Warum kommen Studierende in die Allgemeinmedizin und worin besteht ihr größter Lernbedarf? B. Huenges, Bochum

6 Die Kunst des Lehrens: Hochschuldidaktische Fortbildung für Lehrärzte – ein vier Stunden Basismodul

U. Schnell, Halle

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15:30-17:00 HS 107 Symposium II d Versorgungsforschung und Epidemiologie CHAIR: M. Sprenger, Graz & K. Hoffmann, Wien

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Kinder und Jugendliche in der ambulanten hausärztlichen Versorgung in Sachsen. Ergebnisse der 4. Sächsischen Epidemiologischen Studie der Allgemeinmedizin (SESAM-4) der Sächsischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin

K. Voigt, Dresden

2 Unterschiede in der Versorgung kardiovaskulärer Risikopatienten und Patienten mit koronarer Herzerkrankung (KHK) in europäischen Hausarztpraxen

S. Ludt, Heidelberg

3 Inwiefern unterscheiden sich Menschen mit und ohne Demenz hinsichtlich Inanspruchnahmeraten und Dauer stationärer Versorgung?

M. Eisele, UKE - Hamburg

4 Epidemiologie von chronischen Krankheiten und Therapien in der Altersklasse über 70 Jahren

G. Piccoliori, San Christina

5 Kasugraphie als Instrument zur Klassifizierung und Risikoabschätzung

W. Fink, Straning

6 DFG-Nachwuchsakademie Versorgungsforschung - Konzept - Ablauf - Teilnehmerrückmeldungen

M. Scherer, Hamburg

15:30-17:00 HS 103 Symposium II e Disease Management Programme CHAIR: G. Egidi, Bremen & C. Fürthauer, Pfarrwerfen

1 Hat sich die Versorgung von Patienten mit Asthma bronchiale in den bayerischen Hausarztpraxen seit der Einführung des Disease Management Programms Asthma verbessert?

A. Schneider, München

2 Nationale VersorgungsLeitlinie und Disease-Management-Programm Asthma – Kommen die Inhalte bei den Patienten an? – Eine Fragebogenstudie bei gesetzlich Versicherten in Deutschland

B. Bücker, Witten

3 Pharmakotherapie von DMP-Teilnehmern im Vergleich zu Nicht-Teilnehmern - Ergebnisse der ELSID-Studie

A. Miksch, Heidelberg

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Developing and Validating Disease Management Evaluation Methods for European Healthcare Systems (DISMEVAL): Auswirkungen der Anwendung verschiedener Matching-Methoden auf die Einschätzung von Effekten des DMP Diabetes Typ II

A. Erler, Frankfurt am Main

5 Effektivität des österreichischen DMP “Therapie Aktiv” für Diabetes Typ 2 hinsichtlich Verbesserung der metabolischen Kontrolle, des Risikoprofils und der Leitlinienadhärenz - zwei Jahre Follow up

M. Flamm, Salzburg

6 „Aktivtreff Diabetes“ – Peer Support als neues Konzept im Diabetes Management

H. Winkler, Salzburg

15:30-17:00 HS 106 Symposium II f Qualitative Forschung CHAIR: K. Götz, Heidelberg & V. Bachmann, Marburg

1 Die Weiterverordnung von nicht-indizierten Protonenpumpen-hemmern nach Krankenhausaufenthalt. Qualitative Interviews mit Hausärzten

M. Wermeling, Göttingen

2 Einsatz von reinen und unreinen Placebos in der allgemein-medizinischen Praxis – Ergebnisse einer qualitativen Befragung

K. Meissner, München

3 Qualitätszirkel zur Modifikation von Verschreibungsgewohnheiten in der primärmedizinischen Versorgung – eine qualitative Analyse

W. Spiegel, Wien

4 Interkulturelle Medizin: Erwartungen und Erfahrungen chronisch kranker Patienten beim Hausarzt. Ergebnisse einer qualitativen Befragung von Patienten mit und ohne Migrationshintergrund

C. Bachmann, Hamburg

5 Probleme und Lösungsansätze für einen rechtzeitigen bedarfs-gerechten Zugang zu medizinischer Rehabilitation aus der ambulanten ärztlichen Versorgung – Eine qualitative Studie

S. Grundke, Halle-Wittenberg

6 Motivation und Sichtweisen von Ärzten, manuelle Medizin anzuwenden – eine qualitative Studie

J. Steinhäuser, Heidelberg

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15:30-17:00 HS 105 Workshop IIh Das hausärztliche Team in der Versorgungsforschung – ein Workshop für Hausärzte, Medizinische Fachangestellte und wissenschaftliche Mitarbeiter der universitären Allgemeinmedizin

A. Barzel , Hamburg & K. Mergenthal, Frankfurt am Main

17:00-17:30 Foyer PAUSE 17:30-19:00 Große Aula Mitgliederversammlung der DEGAM 17:30-19:00 HS 103 Vorstandssitzung der OEGAM

17:30-19:00 Paracelsus Medizinische Privatuniversität

Informelles Treffen: SAGAM - SÜGAM - Institut für Allgemeinmedizin der PMU

20:00-24:00 Festung Hohensalzburg, Rittersaal

GESELLIGER ABEND

Programmübersicht | Samstag, 24. September Zeit Ort Veranstaltung Thema Vortragende/r

Polypharmakotherapie aus klinischer und hausärztlicher Sicht CHAIR: U.C. Hoppe, Salzburg & A. Sönnichsen, Salzburg

08:30-09:00 Große Aula Keynote [Multimorbidity and polypharmacy: concepts, challenges in health care and the primary care research agenda]

J. A. Knottnerus, Maastricht

09:00-09:15 Große Aula Impulsreferat Strategies in pharmacotherapy of multimorbidity: is it always too many or sometimes too few?

M. van den Akker, Maastricht

09:15 -09:30 Große Aula Impulsreferat (Poly-)Pharmacotherapy of the Elderly: advantages and disadvantages of lists of inappropriate medication

B. Iglseder, Salzburg

09:30-09:45 Große Aula Impulsreferat Less is More - The Triple win-win game of reducing polypharmacy D. Garfinkel, Tel Aviv

09:45-10:30 Große Aula Podiumsdiskussion Polypharmacy: what is actually known and where are the current pitfalls?

Knottnerus, van den Akker, Garfinkel, Iglseder

10:30-11:00 Foyer PAUSE

11:00-12:15 HS 101 Symposium III b Aktuelle Polypharmakotherapie-Studien CHAIR: J. Schuler, Salzburg & M. Flamm, Salzburg

1 Die RIME Studie – Eine clusterrandomisierte kontrollierte Studie zur Reduktion von potentiell inadäquater Medikation in der Hausarztpraxis – Studienprotokoll

C. Müller, Hannover

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Hausärztliche und Patientenperspektive zur Priorisierung und Optimierung der Schmerztherapie bei älteren, multimorbiden Patienten mit Multimedikation. Daten aus der PRIMUM-Pilotstudie (ISRCTN99691973)

C. Muth, Frankfurt am Main

3 Hausärztliche Versorgung von Patienten mit Multimorbidität – Entwicklung und Pilotierung einer Intervention

H. Kaduszkiewicz, Hamburg

4 PIL: Polyfarmacy Intervention Limburg. A randomized controlled trial evaluating a complex intervention to optimize medication prescription, using the stepped wedge design

M. van den Akker, Maastricht

5 Polypharmacy: Reduction of Inappropriate Medication and Adverse Drug Events in Older Patients: a Randomized Controlled Trial - The “PRIMA”-Study

A. Sönnichsen, Salzburg

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11:00-12:15 HS 103 Symposium III c Allgemeinmedizinische Lehre und Weiterbildung CHAIR: M. Wendler, Graz & M. Ehrhard, Hamburg

1 Analyse der Schulungstage des Programms Verbundweiterbildung plus

K. Jäckel, Heidelberg

2 Komplementärmedizin im Fokus der Medien – Wie Medizinstu-dierende die kontroverse mediale Berichterstattung wahrnehmen

U. Daig, Magdeburg

3 STUDDY-Patenprogramm: Medizinstudierende unterstützen ältere Menschen in ihrer häuslichen Umgebung – Ein Unterrichtskonzept für die Allgemeinmedizin

N. Holtz, Hamburg

4 Wie eine allgemeinmedizinische Station im Albertinen-Krankenhaus in Hamburg die Patientenversorgung verbessert und der hausärztlichen Nachwuchsförderung dient

M. Groening, Hamburg

5 Entwicklung eines standardisierten Instruments zur Evaluation der Facharztweiterbildung Allgemeinmedizin während des stationären Weiterbildungsabschnitts

A. Viniol, Marburg

11:00-12:15 HS 104 Symposium III d Minderheitenprobleme in der hausärztlichen Praxis CHAIR: A. Altiner, Rostock & S. Kostner, Bozen

1 Hausärztliche Versorgung von Migranten: Kommunikations-präferenzen russisch-sprachiger Migranten vor dem Hintergrund in den Herkunftsländern erfahrener Sozialisation.

V. Bachmann, Marburg

2 Entwicklung und Evaluation einer Schulung zur Förderung der Selbstmanagementkompetenz von illiteraten türkischstämmigen Patienten - SITD

C. Mews, Hamburg

3 Die Gesundheitsversorgung lesbischer Frauen – ein Survey zu Inanspruchnahmeverhalten, Bedarf und Erwartungen

K. Löltgen, Marburg

4 Das Image des Hausarztes aus interkultureller Perspektive - eine qualitative Studie zur Sichtweise türkischer und deutscher Patienten

S. Uslu, Heidelberg

11:00-12:15 HS 107 Symposium III e Professionsentwicklung und Zukunftsperspektiven in der Allgemeinmedizin

CHAIR: S. Bösner, Marburg & J. Baumgartner, Graz

1 „Klinische Studien in der Hausarztpraxis“ - Ergebnisse einer Befragung von Hausärzten zu Erfahrungen und Einstellungen

F. Peters-Klimm, Heidel-berg

2 Vergleich allgemeinmedizinischer Professionsentwicklung in Brasilien und Deutschland

M. Herrmann, Magdeburg

3 Die Rolle der kommunalen Ebene bei Strategien gegen den Hausärztemangel.

L. Scheidt, Heidelberg

4 Neuniederlassung im ländlichen Raum - Eine qualitative Analyse der individuellen Entscheidungshintergründe neuniedergelassener Hausärzte in Mecklenburg-Vorpommern

C. Löffler, Rostock

11:00-12:15 HS 122 Symposium III f Interprofessionalität und Praxisteam CHAIR: A. Kalis, Salzburg & A. Ewers, Salzburg

1 Medizinische Fachangestellte mit Migrationshintergrund in der Hausarztpraxis

K. Mergenthal, Frankfurt

2 Erfahrungen von Hausärzten und Medizinischen Fachangestellten beim Zusammenschluss zum Schaafheimer Arzt- und Apotheken-zentrum (SCHAAZ) – Eine qualitative Evaluation

l. Ulrich, Frankfurt am Main

3 Polypharmakotherapie: ein Einsatzgebiet für „EVA“? - Ergebnisse eines Pilotprojektes

I. Schluckebier, Witten

4

Salutogene Ressourcen im Berliner Gesundheitssystem: Eine Erhebung des Sense of coherence bei Fachärzten für Allgemeinmedizin, Fachärzten für Chirurgie und Medizinischen Fachangestellten

V. Braun, Berlin

12

11:00-12:15 HS 106 Symposium III g Freie Themen CHAIR: G. Kamenski, Angern & J. Haasenritter, Marburg

1 Implementierungsforschung und Wissenszirkulation - wichtig für die Allgemeinmedizin?

H. C. Vollmar, Witten

2 Wiederfindung von 80 Krankheiten des Morbi-RSA in hausärztlichen Routinedaten - ICD-Kode oder Beratungsergebnis?

J. Hauswaldt, Hannover

3 Veränderungen der bakteriellen Resistenzmuster von Escherichia coli im Primärversorgungsbereich in Österreich

Wagner, Wien

4 “Evidence-based Medicine Guidelines”: Dissemination and Usage of an Online Compendium in four European Countries

S. Rabady, Windigsteig

11:00-12:15 Große Aula Workshop III a Optimierung von Multimedikation in der Praxis - Fallbeispiele für Hausärzte und Medizinische Fachangestellte

E. Mann, Rankweil S. Harder, H.-M. Schäfer

11:00-12:15 HS 105 Workshop III h Diagnosen-Kodierung in deutschen Praxen U. Popert, Kassel 12:15-13:00 Foyer PAUSE

13:00-14:30 Große Aula Symposium IV a Multimorbidität und Chronic Care CHAIR: B. Bücker, Witten & C. Muth, Frankfurt

1 Selbstwirksamkeitserwartung, Schmerzintensität und schmerzbedingte Beeinträchtigung bei multimorbiden Patienten mit Arthrose in der Primärversorgung

S. Schulz, Jena

2 Hausarztpraxis-basiertes Case Management für chronisch kranke Patienten (PraCMan) – Entwicklung, Prätest und Design einer cluster-randomisierten kontrollierten Studie

T. Freund, Heidelberg

3 Diagnosenselektion für einen neuen medikationsbasierten Chronic Disease Score (BMBF-FZ: 01ET1004B)

M. Freitag, Jena

4 Kosten-Nutzenbewertung der ACE-Hemmer-Therapie bei neu diagnostizierten Typ-2-Diabetikern in Deutschland – ein Markov-Modell

A. Gandjour, Maastricht

5 Validierung des deutschen Patient Assessment of Chronic Illness Care - Kurzform

K. Götz, Heidelberg

6 Smooth - Strukturierte Langzeitnachsorge für Patienten nach Sepsis

K. Schmidt , Jena

13:00-14:30 HS 101 Symposium IV b Systematische Übersichtsarbeiten symptomevaluierender Studien

CHAIR: N. Donner-Banzhoff & A. Becker, Marburg

1 Methodik systematischer Übersichtsarbeiten symptomevaluierender Studien in der Primärversorgung

J. Haasenritter, Marburg

2 Prävalenz und Ätiologie des Symptoms "Thpraxschmerz" in der hausärztlichen Praxis - eine systematische Literaturübersicht symptomevaluierender Studien

T. Biroga , Marburg

3 Bauchschmerz als Symptom in der Primärversorgung: eine systematische Übersichtsarbeit

C. Keunecke , Marburg

4 Müdigkeit als Symptom in der Primärversorgung: eine systematische Übersichtsarbeit

R. Stadje , Marburg

5 Kopfschmerzen in der Primärversorgung - häufig harmlos, aber wann gefährlich? Eine systematische Übersichtsarbeit

K. Dornieden , Marburg

13

13:00-14:30 HS 103 Symposium IV c Geriatrie und Versorgung Pflegebedürftiger CHAIR: I. Schluckebier, Witten & A. Engel, Brixen

1 Möglichkeiten körperlicher Aktivität von Pflegeheimbewohnern aus der Bewohnerperspektive

W. J. Herrmann, Berlin/Jena

2 Bewältigungsstrategien bei Multimorbidität - Eine qualitative Analyse über den Umgang älterer Patienten mit multiplen chronischen Erkrankungen

C. Löffler, Rostock

3 Psychopharmaka-Polymedikation bei Patienten mit Demenz in Pflegeheimen - Sekundärdatenanalyse in Deutschland, Österreich und den Niederlanden

S. Wilm, Witten-Herdecke

4 Hausärztliche Versorgung am Lebensende (HAVEL) – die Rolle der Hausärzte in der palliativen Basisversorgung A. Lüthke , Göttingen

5 Evidenz basierte Empfehlungen für das Ernährungsmanagement in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen

M. Schreier, Salzburg

6 Prospektive Studie zum Einfluss von Polypharmazie auf die Krankenhausaufnahme – Berliner Studie zur Operationalisierung von Multimorbidität und Autonomie im Höheren Alter (OMAHA)

H. Knopf, Berlin

13:00-14:30 HS 104 Workshop IV d Familienkreise zeichnen B. Panhofer, Ungenach 13:00-14:30 HS 107 Workshop IV e Evidenzbasierte Medizin versus Erfahrungsmedizin? J. Baumgartner, Graz

13:00-14:30 HS 122 Workshop IV f Rezertifizierung– eine Alternative zum CME-Fortbildungs-System?

G. Egidi, Bremen

13:00-14:30 HS 106 Workshop IV g Medikamentenrevision im niedergelassenen Bereich durch den Pharmazeuten: Ein Versuch zur Verbesserung der Patientensicherheit

C. Hofer-Dückelmann, A. Lasser

14:30-15:00 Große Aula Verabschiedung Take-Home-Messages, Posterpreisverleihung und Farewell Resch, Gerlach, Glehr, Kostner, Sönnichsen

14

Abstracts

Keynotes Polypharmakotherapie aus klinischer und hausärztlicher Sicht ........................................................................ 15 Polypharmakotherapie und Patientensicherheit ........................................................................................... 15 Symposien Ib Unangemessene Verordnungen und unerwünschte Arzneimittelwirkungen ...................................................... 16 Ic Leitlinien ....................................................................................................................................... 20 Id Hausärztliche Diagnostik ................................................................................................................... 24 Ie Geriatrie I: Hausärztliche Konsultationen mit älteren und hochbetagten Patienten ............................................ 27 If Depressions- und Demenz-Behandlung in der Primärversorgung .................................................................. 31 IIa Patientensicherheit .......................................................................................................................... 35 IIb Methodik pragmatischer Studien und komplexer Interventionen .................................................................. 40 IIc Allgemeinmedizinische Lehre ............................................................................................................. 42 IId Versorgungsforschung und Epidemiologie ............................................................................................ 45 IIe Disease Management Programme ...................................................................................................... 50 IIf Qualitative Forschung ...................................................................................................................... 54 IIIb Aktuelle Polypharmakotherapie-Studien ............................................................................................... 57 IIIc Allgemeinmedizinische Lehre und Weiterbildung .................................................................................... 61 IIId Minderheitenprobleme in der hausärztlichen Praxis ................................................................................ 64 IIIe Professionsentwicklung und Zukunftsperspektiven in der Allgemeinmedizin ................................................... 67 IIIf Interprofessionalität und Praxisteam .................................................................................................... 69 IIIg Freie Themen ............................................................................................................................... 71 IVa Multimorbidität und Chronic Care ..................................................................................................... 75 IVb Systematische Übersichtsarbeiten symptomevaluierender Studien ............................................................... 80 IVc Geriatrie und Versorgung Pflegebedürftiger .......................................................................................... 83 Workshops Preconference Workshops .................................................................................................................... 86 Workshops, Freitag, 23.09. (Ig, Ih, IIg, IIh) .............................................................................................. 89 Workshops, Samstag, 24.09. (IIIh, IVd, IVe, IVf) ........................................................................................ 90 Poster-Präsentationen 1 Freie Themen ................................................................................................................................. 92 2 Polypharmakotherapie, Versorgungsqualität und Patientensicherheit I ........................................................... 97 3 Polypharmakotherapie, Versorgungsqualität und Patientensicherheit II ......................................................... 103 4 Patienteninformation, Patientenleitlinien, Patientenkompetenz und Shared Decision Making .............................. 110 5 Versorgungs- und Gesundheitssystemforschung, neue Versorgungskonzepte I ............................................... 115 6 Versorgungs- und Gesundheitssystemforschung, neue Versorgungskonzepte II .............................................. 121 7 Weiter- und Fortbildungskonzepte sowie Forschung zur allgemeinmedizinischen Lehre I ................................... 128 8 Weiter- und Fortbildungskonzepte sowie Forschung zur allgemeinmedizinischen Lehre II .................................. 134 9 Epidemiologische und praxisepidemiologische Forschung I ...................................................................... 139 10 Epidemiologische und praxisepidemiologische Forschung II .................................................................... 146 11 Freie Themen, Klinische Forschung, Leitlinien ...................................................................................... 149 Nachgereicht Keynotes ........................................................................................................................................ 154 Workshops ..................................................................................................................................... 157 Autorenindex ................................................................................................................................. 160

15

Keynotes

Polypharmakotherapie aus klinischer und hausärztlicher Sicht

001

(Poly-)Pharmakotherapie bei älteren Menschen: Vor- und Nachteile von PIM-Listen Bernhard Iglseder

Gemeinnützige Salzburger Landeskliniken Betriebsgesellschaft mbH, Christian-Doppler-Klinik, Universitätsklinik für Geriatrie, Salzburg, Österreich

Bei geriatrischen Patienten stellen inadäquate Medika-mentenverordnungen einen wichtigen Risikofaktor für unerwünschte Arzneimittelereignisse (UAE) dar. Eine ver-zögerte renale Elimination und eine höhere Empfindlich-keit für anticholinerge und sedierende Effekte tragen zu einem erhöhten Risiko für alterstypische Komplikationen wie z.B. Stürze oder Verwirrtheitszustände bei. Aufgrund der im Alter meist vorherrschenden Multimorbidität sowie der veränderten Pharmakokinetik und Pharmakodynamik gelten viele Arzneimittel wegen ihrer pharmakologischen Wirkungen oder möglichen Nebenwirkungen als unge-eignet für ältere Menschen. Die Entwicklung Konsensus basierter Listen mit Medikamenten, die bei geriatrischen Patienten im Allgemeinen vermieden werden sollten, wird als eine mögliche Strategie angesehen, um die Qualität der medikamentösen Behandlung zu steigern. Für diese Listen hat sich der Begriff PIM, ein Akronym für potentiell inappropriate Medikation eingebürgert. Die erste solcher Listen wurde 1991 vom Geriater Mark H. Beers erstellt. Seither wurden international zahlreiche Medikationsemp-fehlungen für multimorbide ältere Patienten entwickelt, die sich aufgrund von Unterschieden bei Arzneimittelzulas-sungen, Verschreibungsverhalten sowie Therapieleitlinien sowohl formal als auch inhaltlich unterscheiden, nationale Kriterien sind daher grundsätzlich wünschenswert.

Naturgemäß haben alle diese Listen Einschränkungen und sind nicht in prospektiven klinischen Studien überprüft. Die Frage des Nutzens von PIM-Listen ist derzeit nicht eindeu-tig zu beantworten. Mehrere retrospektive Studien fanden keinen Zusammenhang zwischen der Prävalenz von Beers-Kriterien PIM und UAE und stellen somit die Relevanz im Hinblick auf die Vermeidbarkeit von UAE in Frage. Dem gegenüber zeigte eine Analyse von epidemiologischen Studien – vorwiegend aus den USA – dass die Anwen-dung von Arzneimitteln der Beers-Liste liste sowohl bei Patienten aus dem ambulanten Bereich als auch aus Altenheimen mit einem erhöhten Hospitalisierungsrisiko verbunden ist, auch eine Assoziation mit einem erhöhten Sturzrisiko konnte demonstriert werden. Daneben wurde auch nachgewiesen, dass eine potentiell inadäquate Medikation über vermehrte Arztbesuche und Kranken-hausaufenthalte zu erhöhten Kosten führen kann. In einer rezenten Publikation konnte auch gezeigt werden, dass die STOPP-PIM-Kriterien nachhaltig eingesetzt werden können. Die Studie zeigte, dass die STOPP-Kriterien im Vergleich zur Beers-Liste eine wesentlich höhere Sensitivi-

tät für das Erfassen von potentiell schwerwiegenden UAE zeigen.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Medikations-empfehlungen im Sinne von PIM Listen als Hilfestellung für verordnende Ärztinnen und Ärzte angesehen werden können. Naturgemäß können diese Listen nicht vollstän-dig sein und sind im Einzelfall immer einer individuellen Beurteilung in Bezug auf Nutzen und Risiko zu unterwer-fen. Eine kontinuierliche Wartung der Listen ist erforder-lich, um auf Änderungen des Marktes und aktuelle Ergeb-nisse von Medikamentenstudien zeitnahe reagieren zu können. Einschränkend für alle PIM-Listen ist anzuführen, dass sie im Wesentlichen auf Expertenkonsensus beruhen. Somit hängt die Klassifikation eines Arzneimittels als PIM nicht nur vom Evidenzgrad des Risikos, sondern auch von der jeweiligen Einschätzung der beurteilenden Experten und der Verfügbarkeit von Alternativen ab.

Man kann aber annehmen, dass das konsequente An-wenden solcher Listen zu einer vermehrten Sensibilität bezüglich des Problemfeldes der Fehlmedikation führt.

Bitte zitieren als: Iglseder B. (Poly-)Pharmakotherapie bei älteren Menschen: Vor- und Nachteile von PIM-Listen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom001. DOI: 10.3205/11fom001, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0019 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom001.shtml

Polypharmakotherapie und Patientensicherheit

002

Polypharmkotherapie – das Dilemma der Leitlinien Markus Gosch

Hochzirl, Österreich

Die Multimorbidität ist eines der wichtigsten Merkmale älterer Patienten. Als unmittelbare Folge findet sich eine hohe Prävalenz der Polypharmazie. Laut einer deutschen Untersuchung nehmen ältere Patienten (>75 Jahre) durchschnittlich acht verschiedene Substanzen ein, ergänzt wird die ärztlich verordnete Medikation durch weitere drei bis vier „over the counter“-Medikamente. Die Zahl „drug-drug-interactions“ steigt exponentiell mit der Zahl der verordneten Substanzen. Dies bestätigt auch eine Studie aus Frankreich. Erhoben wurden unerwünschte Wirkungen einer Pharmakotherapie bei älteren Patienten. Dabei zeigte sich, wenig überraschend, aber sehr eindrucksvoll, dass die Polypharmazie der entscheidende Risikofaktor für das Auftreten von unerwünschten Ereignissen war, noch vor der Verordnung von inadäquaten Substanzen.

Guidelines bzw. Leitlinien stellen eine wesentliche Hilfe und Qualitätsverbesserung in der Behandlung für den Arzt und den Patienten dar. Vielfach werden sie jedoch auch von den Ärzten als Begründung für eine notwendige, nicht abwendbare Polypharmazie bei einer bestehenden Multi-morbidität herangezogen. Guidelines beziehen ihre In-formationen im Sinne einer Evidenz-basierten Medizin

16

überwiegend aus randomisierten kontrollierten Studien. Dies hat zur Konsequenz, dass der „normale, alltägliche“ Patient, sprich alt, weiblich und multimorbid, in den Gui-delines kaum oder nur als „Randgruppe“ erfasst ist. Zwar wird dies in den Guidelines diskutiert, diese wesentliche Information geht jedoch vielfach auf dem Weg zum kli-nisch tätigen Arzt verloren.

Nur in 25 % der deutschen Leitlinien werden Aussagen zu älteren Patienten getroffen. Der Aspekt der Multimorbidi-tät war im Jahr 2008/2009 nur in 5 Leitlinien der AWMF Gegenstand einer therapeutischen Empfehlung. Im Kon-text der Multimorbidität muss zwingend in jedem Fall geprüft werden, ob die aktuelle Leitlinien auf den zu be-handelnden Patienten anzuwenden sind. In vielen Fällen wird man die Guidelines nur als Unterstützung im Ent-scheidungsprozess heranziehen können. Unrealistisch ist die Erwartung, dass Leitlinien alle Fragen beantworten, realistisch ist, dass Behandlungsziele formuliert, potentiell wirksame Therapien spezifiziert und die Variabilität der medizinischen Betreuung reduziert wird.

Neben einer kritischen Bewertung von Leitlinien stellt die Priorisierung der Multimorbidität ein wichtiges Instrumen-tarium zur Vermeidung einer problematischen Poly-pharmazie dar. Nicht alles, was behandelbar ist, muss behandelt werden. Die Indikation zur Behandlung orien-tiert sich streng an den Bedürfnissen des Patienten. Keine Therapie ohne Behandlungsziel und Erfolgskontrolle.

Bitte zitieren als: Gosch M. Polypharmkotherapie – das Dilemma der Leitlinien. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom002. DOI: 10.3205/11fom002, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0026 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom002.shtml

Symposien

Ib Unangemessene Verordnungen und unerwünschte Arzneimittelwirkungen

003

Wie häufig werden nicht-indizierte Protonenpumpeninhibitoren nach Krankenhausentlassung von Hausärzten weiterverordnet? Dirk Ahrens1, Gesa Behrens2, Wolfgang Himmel2, Michael M. Kochen2, Jean-François Chenot2 1Abteilung Allgemeinmedizin , Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland 2Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland

Hintergrund: Der Umfang von Protonenpumpeninhibitor-(PPI-)Verschreibungen hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen, was nicht durch einen entsprechenden Anstieg säurebedingter Erkrankungen erklärbar ist. Aus anderen Ländern wurde von nicht leitliniengerechtem Einsatz von PPI in Kliniken und im ambulanten Sektor

berichtet. Ziel dieser Studie war es, den Umfang von nicht-indizierten PPI-Empfehlungen in Krankenhausentlas-sungsbriefen und deren Einfluss auf die hausärztliche PPI-Verordnung zu untersuchen.

Material und Methoden: In einer Querschnittsstudie in 35 Hausarztpraxen in Mecklenburg-Vorpommern analysierten wir die Krankenhausentlassungsbriefe aller AOK-Patienten, die zwischen dem 1.7.2006 und dem 30.6.2007 entlassen wurden und deren Entlassungsmedi-kation einen PPI umfasste. Die PPI-Empfehlung des Kran-kenhauses wurde nach vorliegender Evidenz als „indi-ziert“, „nicht-indiziert“ oder „unsicher indiziert“ klassifi-ziert. Zur Überprüfung der Vormedikation und Weiterver-ordnung wurde die hausärztliche Dokumentation ein halbes Jahr vor und nach Entlassung untersucht. Der Einfluss verschiedener Faktoren auf die hausärztliche Weiterverordnung wurde uni- und multivariat als Odds Ratio (OR) berechnet.

Ergebnisse: Von den teilnehmenden 35 Praxen hatten 506 Patienten eine PPI-Empfehlung im Krankenhausent-lassungsbrief. Für gut die Hälfte dieser Empfehlungen fehlte eine klare Indikation. Zwei Drittel dieser nicht-indizierten PPI-Therapien wurden im Krankenhaus begon-nen. Bei 57% der Patienten wurden diese Therapien län-ger als einen Monat und bei 24% länger als sechs Mona-te fortgeführt. Folgende Faktoren waren mit einer Weiter-verordnung assoziiert: (PPI-Medikation vor Krankenhaus-aufnahme (OR 3,0 CI 1,7-5,2), low-dose-ASS (OR 1,9 CI 1,1-3,3), Alter über 70 Jahre und Entlassung aus einem Krankenhaus der Grundversorgung. Auf der anderen Seite wurden 33% der indizierten PPI nach Entlassung vom Hausarzt nicht weitergeführt. Insbesondere bezüglich der Ulkusprophylaxe bei Aspirin- und NSAR-Risikopatienten wurden sowohl hohe Raten an Über- und Unterverord-nung beobachtet.

Schlussfolgerung/Implikation: Nicht-indizierte PPI-Empfehlungen in Krankenhausentlassungsbriefen sind häufig und haben einen großen Einfluss auf das hausärzt-liche Verschreibungsverhalten. Krankenhäuser sollten Ihre Empfehlungspraxis überprüfen und die Indikationen für eine PPI-Therapie im Entlassungsbrief klar dokumentieren. Hausärzte sollten PPI-Empfehlungen in Krankenhausent-lassungsbriefen sorgfältig auf Ihre Notwendigkeit prüfen, um Über- und Unterverordnungen von PPI zu vermeiden.

Bitte zitieren als: Ahrens D, Behrens G, Himmel W, Kochen MM, Chenot JF. Wie häufig werden nicht-indizierte Protonenpumpeninhibitoren nach Krankenhausentlassung von Hausärzten weiterverordnet. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom003. DOI: 10.3205/11fom003, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0039 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom003.shtml

004

PUMA – potentiell unangemessene Medikamente im Alter Stephanie Kossow, Wilhelm Niebling

Lehrbereich Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland

Hintergrund: Menschen ab einem Alter von 65 Jahren haben aufgrund ihres veränderten Stoffwechsels und der möglicherweise vorhandenen Multimorbidität verbunden

17

mit Polypharmazie ein erhöhtes Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW). Vor allem bei Pflegeheim-bewohnern ist gegenüber Nicht-Pflegeheimbewohnern eine erhöhte Mortalität und eine höhere Anzahl an Kran-kenhauseinweisungen zu beobachten [1]. Potentially inappropriate Medication (PIM) erhöht das Risiko von UAWs [2]. Über die Prävalenz der PIM bei Pflegeheimbe-wohnern sowie deren Prädiktoren gibt es in Deutschland bislang keine ausreichenden empirische Befunde. Ziel der Studie war daher, die Prävalenz von PIM bei Pflegeheim-bewohnern (65 Jahre und älter) zu erheben und Prä-diktoren dafür festzustellen.

Material und Methoden: 26 Hausarztpraxen im südbadi-schen Raum lieferten 549 vollständige Datensätze mit aktuellen Diagnosen, Kreatinin, Gewicht, Geschlecht, Alter und dem Medikamentenverordnungsbogen aller ihrer sich in Pflegeheimen befindlichen Patienten. Die Medikation wurde mittels der Beers-Liste von 2003 sowie dem Arzneiverordungsreport 2008 (AVR, modifizierte Beers-Liste für den deutschen Markt) mittels T- Tests und logistischer Regression analysiert.

Ergebnisse: Von den 549 in die Studie eingeschlossenen Patienten waren 425 weiblich (77%). Das Durchschnittsal-ter betrug 83,3 Jahre (SD=7,97). Jeder erhielt durch-schnittlich 7,75 (SD=3,75) verschiedene Wirkstoffe und hatte 8,22 (SD=5,07) verschiedene Diagnosen. 79,3 % der Patienten erhielten 5 oder mehr Medikamente gleich-zeitig. Frauen waren signifikant älter und nahmen mehr Medikamente ein.

Nach Beers-Kriterien erhielten 44,4 % (n=244) PIM. Digoxin (5,8%), Promethazin (5,5%) und Oxazepam (5,1%) waren die häufigsten Dauermedikamente, Dia-zepam (3,1%), Lorazepam (2,9%) und Promethazin (2,7%) waren die häufigsten Bedarfsmedikamente. Vier Patienten erhielten 4 PIM gleichzeitig.

Nach AVR-Kriterien erhielten 30,6 % aller Patienten (n=168) PIM. Die häufigsten waren Digoxin (5,8%), Amitriptylin (4,4%) sowie Doxepin (3,3%) in der Dauer-medikation, sowie Bisacodyl (6,6%), Diazepam (3,1%) und Nifedipin (1,5%) in der Bedarfsmedikation.

Der stärkste Prädiktor für das Auftreten von PIM war Poly-pharmazie (AVR: OR: 5,69; Beers: OR: 5,15). Auf Seiten der Ärzte trugen Gemeinschaftspraxen, städtisches Ge-biet, häufige Besuche der Einrichtung und Betreuung vieler Einrichtungen zum PIM-Risiko bei.

Abbildung 1

Schlussfolgerung/Implikation: PIM sind häufig und rele-vant. Eine Interventionsstudie zur Reduktion von PIM ist geplant. Daraufhin können prospektive Interventionsstu-dien den Effekt des Verzichtes auf PIM in Zukunft untersu-chen. Verschreiberbezogene Faktoren sollten besser un-tersucht werden. Die Prävalenz vom PIM ist in der vorlie-genden Studie als eher hoch einzuschätzen. Bei der Inter-pretation der Ergebnisse ist zu beachten, dass es seit 2010 eine Liste gibt, die besser auf den deutschen Arz-neimittelmarkt angepasst ist. Die vorhandenen Daten sollen mit dieser PRISCUS- Liste erneut untersucht werden.

Literatur 1. Lau D, Kasper J, Potter D, Lyles A, Bennett R. Hospitalization and death associated with potentially inappropriate medication prescriptions among elderly nursing home residents. Archives of Internal Medicine. 2005;165(1):68-75. 2. Klarin I, Wimo A, Fastbom J. The association of inappropriate drug use with hospitalisation and mortality: a population based study of the very old. Drugs and Aging. 2005;22(1):69-82. 3. Fick D, Cooper J, Wade W, Waller J, Maclean J, Beers M. Updating the Beers Criteria for potentially inappropriate medica-tion use in older adults. Arch of Int Med. 2003;163(8/22):2716-24.

Bitte zitieren als: Kossow S, Niebling W. PUMA – potentiell unangemessene Medikamente im Alter. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom004. DOI: 10.3205/11fom004, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0045 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom004.shtml

005

Die PRISCUS-Liste – Prävalenz von potentiell altersinadäquater Medikation in Alten- und Pflegeheimen Klaus Böhme1, Daniel Grandt2, Stephanie Kossow1, Wilhelm Niebling1 1Uniklinik Freiburg, Freiburg, Deutschland 2Klinikum Saarbrücken, Saarbrücken, Deutschland

Hintergrund: Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) haben eine hohe klinische wie auch ökonomische Rele-vanz [1], [2]. Das Risiko einer UAW steigt mit der Zahl der verordneten Medikamente, insbesondere, wenn es sich dabei um eine „Potentiell inadäquate Medikation“ (PIM) handelt. Besondere Bedeutung besitzt dieses Problem für ältere und multimorbide Alten- und Pflegeheimbewohner, bei denen gehäuft eine Polypharmakotherapie zu be-obachten ist. Eigenen Untersuchungen zur Folge erhalten ca. 44% der Alten- und Pflegeheimbewohner nach Beers-Kriterien PIM [3]. Ziel dieser Arbeit ist es, eine Re-Analyse dieser Daten nach den Kriterien der seit August 2010 verfügbaren, an den deutschen Markt adaptierten PRIS-CUS-Liste [4] vorzunehmen.

Material und Methoden: Für diese Arbeit wurden die im Rahmen der o.a. Untersuchungen erhobenen Daten von 549 Alten- und Pflegeheimbewohnern im südbadischen Raum mittels einer speziellen Software (RpDoc®) im Hin-blick auf die PRISCUS-Kriterien analysiert und deskriptiv ausgewertet.

Ergebnisse: 40,4% der Patienten des untersuchten Kollek-tivs erhielten mindestens ein Arzneimittel, welches für den Einsatz bei Patienten >65 Jahren als potentiell inadäquat

18

eingestuft wird. Betrachtet man die Geschlechtsverteilung dieser Patienten, so findet sich folgendes Ergebnis: Män-ner 22,1%, Frauen 74,3%, Geschlecht unbekannt 3,6%. Von den 40,4% der Patienten erhielt die Mehrzahl (75,2%) genau eine PIM als Dauer- oder Bedarfsmedika-tion, 19,8% erhielten zwei PIM und 5% drei oder mehr PIM gleichzeitig. Die am häufigsten verordneten PIM waren Acetyldigoxin, Amitriptylin, Diazepam, Doxepin, Temazepam, Trimipramin und Haloperidol (>2mg/d). Diese sieben waren für 48,8% aller PIM-Verordnungen verantwortlich, zeigten allerdings ein unterschiedliches Verteilungsmuster in ihrem Anteil an Dauer- bzw. Be-darfsmedikation. Wirkstoffe, deren PIM-Status sich auf ein bestimmtes Freisetzungsverhalten oder die Überschreitung einer definierten Tagesmaximaldosis bezieht sind z.B. Haloperidol, Lorazepam, Nifedipin, Zopiclon. Die Ver-ordnungen dieser Substanzen erfüllten in 52,6% das Kriterium PIM.

Schlussfolgerung/Implikation: Unter dem Gesichtspunkt einer Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit in Alten- und Pflegeheimen weist die Analyse der Verord-nungsdaten nach Kriterien der PRISCUS-Liste ein deutli-ches Optimierungspotential aus. Unsererseits ist eine prospektive Studie geplant, die zeigen soll, dass eine Reduktion der PIM über eine wirksame Intervention auf der Ebene der Verordner geeignet ist, die Rate von UAWs zu reduzieren.

Literatur 1. Konkaev C, Noyce PR, Ashcroft DM. Hospital admissions associated with adverse drug reactions: a systematic review of prospective observational studies. Ann Pharmacother. 2008;42:1017-25. 2. Pirmohamed M, James S, Meakin S, Green C, Scott AK, Walley TJ, et al. Adverse drug reactions as cause of admission to hospital: prospective analysis of 18820 patients. BMJ. 2004;329(7456):15-9. 3. Niebling W, Kossow S, Loh A, Böhme K, Beck S. PUMA- potentially inappropriate medication in the Elderly. An analysis of primary health care in Nursing home residents. Swiss Med Wkly. 2009;139(Suppl 175):61. 4. Holt S, Schmiedl S, Thürmann PA. Potentially inappropriate medication in the elderly – PRISCUS list. Dtsch Arztebl Int. 2010;107:543-51.

Bitte zitieren als: Böhme K, Grandt D, Kossow S, Niebling W. Die PRISCUS-Liste – Prävalenz von potentiell altersinadäquater Medikation in Alten- und Pflegeheimen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom005. DOI: 10.3205/11fom005, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0052 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom005.shtml

006

Potentiell inadäquate Medikation gemäß der Priscus-Liste bei älteren hausärztlichen Patienten mit Polypharmazie Dara Koper, Miriam Lainer, Eva Mann, Andreas Sönnichsen

Institut für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin, Paracelsus Medizinische Privatuniversität (PMU), Salzburg, Österreich

Hintergrund: Polypharmazie ist die regelmäßige, tägliche Einnahme von 5 oder mehr Medikamenten. Sie ist bei älteren Patienten/innen häufig. Über 60% der Über-65-Jährigen nehmen regelmäßig Arzneimittel ein. Über-75-

Jährige nehmen im Schnitt täglich 7,5±3,8 Arzneimittel ein.

Material und Methoden: Diese Pilotstudie untersucht die Durchführbarkeit einer geplanten großen Studie bei älte-ren hausärztlichen Patienten/innen mit Polypharmazie. Bislang wurden 38 Patienten/innen von 7 niedergelasse-nen Allgemeinärzten/Ärztinnen im Raum Salzburg analy-siert. Die verschriebenen Arzneimittel wurden im Hinblick auf Interaktionen (Datenbank Lexi-Interact) und potentiell inadäquate Medikation bei Älteren (Priscus-Liste) beurteilt.

Ergebnisse: Von den 38 Patienten/innen waren 16 männ-lich, 22 weiblich. Das Durchschnittsalter betrug 74,9 (50–89) Jahre. Die Patienten/innen nahmen im Schnitt 10,05 ärztlich verschriebene und 0,92 selbstverordnete Medi-kamente ein. Es wurden 43 potentiell gefährliche Interak-tionen (Kategorie D, gemäß Lexi-Interact) bei 63% der Patienten/innen entdeckt. 33 von 38 Patienten/innen waren 65 Jahre oder älter. Bei ihnen wurde eine Suche nach potentiell inadäquater Medikation bei Älteren ge-mäß der Priscus-Liste durchgeführt. Acetyldigoxin war bei 2, Amitriptylin bei 1, Bromazepam bei 1, Doxazosin bei 1, Lorazepam (>2mg/d) bei 1, Nifedipin bei 2, Oxazepam bei 1, Oxybutynin bei 1, Pentoxifyllin bei 2 und Triazolam bei 5 Patienten/innen verschrieben. 16 von 350 bei den älteren 33 Patienten/innen verschriebenen Medikamenten (4,57%), 15 von 33 Patienten/innen (45,45%) und 6 von 7 Allgemeinärzten/Ärztinnen (85,71%) waren von den o.g. Verschreibungen betroffen.

Schlussfolgerung/Implikation: Diese Ergebnisse legen nahe, dass institutionalisierte Programme zur regelmäßi-gen Unterstützung von Allgemeinärzten/ Ärztinnen bei älteren Patienten/innen mit Polypharmazie höchstwahr-scheinlich a) die Anzahl von potentiell inadäquater Medi-kation, b) die Anzahl von Interaktionen und c) die Kosten dauerhaft senken werden.

Literatur 1. Holt S, Schmiedl S, Thürmann PA. Potenziell inadäquate Medikation für ältere Menschen: Die PRISCUS-Liste. Dtsch Arz-tebl. 2010;107(31-32):543-51. 2. Schuler J, Dückelmann C, Beindl W, Prinz E, Michalski T, Pichler M. Polypharmacy and inappropriate prescribing in elderly internal-medicine patients in Austria. Wien Klin Wochenschr. 2008;120(23-24):733-41. 3. Frazier SC. Health outcomes and polypharmacy in elderly individuals: an integrated literature review. J Gerontol Nurs. 2005;31(9):4-11. 4. Willlams CM. Using medications appropriately in older adults. Am Fam Physician. 2002;66(10):1917-24. 5. Rathore SS, Mehta SS, Boyko WL Jr, Schulman KA. Prescrip-tion medication use in older Americans: a national report card on prescribing. Fam Med. 1998;30(10):733-9.

Bitte zitieren als: Koper D, Lainer M, Mann E, Sönnichsen A. Potentiell inadäquate Medikation gemäß der Priscus-Liste bei älteren hausärztlichen Patienten mit Polypharmazie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom006. DOI: 10.3205/11fom006, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0063 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom006.shtml

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007

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen in der Hausarztpraxis: Eine repräsentative Studie Birgitta Weltermann, Sonja Reidegeld, Petra Kempis, Stefan Gesenhues

Institut für Allgemeinmedizin, Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland

Hintergrund: Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) sind ein häufiges Thema in der ärztlichen Beratung, doch gibt es nur wenige systematische Untersuchungen aus deutschen Hausarztpraxen. Ziel unserer praxisepidemio-logischen Studie war die Erfassung der Häufigkeit von UAW und deren Charakterisierung.

Material und Methoden: In einer akademischen Lehrarzt-praxis mit drei Ärzten werden seit Jahren alle UAW syste-matisch in der Praxissoftware per ICD erfasst. Für diese retrospektive Analyse wurden alle UAW ausgewählt, die bei allen innerhalb eines Jahres behandelten Patienten bekannt oder neu aufgetreten waren. Die UAW wurden nach der MedDra-Klassifikation, die eine Zuordnung der Symptome zu den beteiligten Organsystemen erlaubt, erfasst. Außerdem wurden die verantwortlichen Wirkstoffe nach den ATC-Klassen ermittelt. Zusätzlich wurden Patien-tencharakteristika wie Geschlecht, Alter und Anzahl der UAW pro Patient erfasst.

Ergebnisse: Bei 397 Patienten traten UAW neu auf oder waren vorbekannt: die Prävalenz in der Praxispopulation betrug 13.4%. UAW traten häufiger bei Frauen als bei Männern auf (66% versus 34%). Das Durchschnittsalter war 64 Jahre (Spanne: 15-89 Jahre). 60% aller UAW traten bei Senioren auf (≥65 Jahre). Die 3 häufigsten Symptome waren Beinödeme, Husten und gastrointestina-le Beschwerden. Die 3 häufigsten Wirkstoffklassen mit UAWs waren: ACE-Hemmer, Calciumkanalblocker und NSAR. Die häufigsten Wirkstoffe mit UAW waren: Lisinop-ril (7,9%), Amlodipin (7,1%), HCT (4,8%). Pro Patient waren 1 bis 8 UAW aufgetreten: 55% der Patienten hatten 1 UAW, 27% hatten 2 UAWs, 11% 3 UAWs.

Schlussfolgerung/Implikation: Unsere Erhebung zeigt, dass UAW ein häufiges Problem in der hausärztlichen Versorgung sind, wobei weibliche Senioren am häufigsten betroffen sind.

Literatur 1. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Available from: http://www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/UAW-Meldung/index.html

Bitte zitieren als: Weltermann B, Reidegeld S, Kempis P, Gesenhues S. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen in der Hausarztpraxis: Eine repräsentative Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom007. DOI: 10.3205/11fom007, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0079 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom007.shtml

008

Polypharmazie und der Einsatz ungeeigneter Medikamente in der hausärztlichen Versorgung – eine Sekundäranalyse der AgeCoDe-Studie Thomas Zimmermann1, Martin Scherer1, Hendrik van den Bussche1, Birgitt Wiese2, Hanna Kaduszkiewicz1 1Institut f. Allgemeinmedizin, UK Eppendorf, Hamburg, Deutsch-land 2Institut f. Biometrie, Medizinische Hochschule, Hannover, Deutschland

Hintergrund: Höheres Lebensalter geht mit erhöhter Mor-bidität und erhöhtem Medikamentenkonsum einher. Poly-pharmazie wiederum birgt gerade für ältere Menschen viele Risiken. Inzwischen existiert neben der Beers-Liste potenziell inadäquater Medikamente (PIM) für Ältere eine deutsche Adaptation, die PRISCUS-Liste. Im Rahmen der „German Study on Ageing, Cognition and Dementia in primary care patients“ (AgeCoDe) analysieren wir den Langzeitverlauf des Medikamentkonsums und den Einsatz der Wirkstoffe anhand der genannten PIM-Listen: Wie entwickelt sich die eingenommene Menge an Medika-menten über einen Zeitraum von über vier Jahren? Wel-che Wirkstoffe der PIM-Listen kommen zum Einsatz?

Material und Methoden: 3.327 Hausarzt-Patient/innen ohne Demenz, zur Baseline zwischen 75 und 89 Jahre alt, wurden bei Hausbesuchen im Abstand von 18 Monaten detailliert nach den Medikamenten befragt, die sie regel-mäßig und bei Bedarf einnehmen. Für 1.942 Patienten liegen vollständige Medikamentenanamnesen zur Baseli-ne und zum Follow-Up 3 vor, bei einer Beobachtungszeit von 4,5 Jahren. Wir beschreiben die Veränderungen in der Medikamenteinnahme und vergleichen die Entwick-lung derjenigen, die zur Baseline mehr als 5 bzw. mehr als 7 sowie Medikamente aus den PIM-Listen eingenom-men haben. Mittels multivariater Modelle ermitteln wir Faktoren für die Veränderung der Medikamenteneinnah-me.

Ergebnisse: Die mittlere Einnahme rezeptpflichtiger Medi-kamente erhöhte sich von durchschnittlich 3,3 auf 6,2 pro Patient. Anfänglich nahmen 91,1% der Patient/innen mindestens ein verschreibungspflichtiges Medikament, nach 4,5 Jahren stieg der Anteil auf 95,6%. Der Anteil derjenigen, die zur Baseline 5 und mehr Medikamente einnahmen, stieg von 25,8% der Population auf 66,5%. Der Anteil derer, die 7 und mehr Medikamente einneh-men, stieg über 4,5 Jahre von 9,4% auf 41,6%.

Schlussfolgerung/Implikation: Für Hausärzte mit vielen Patienten im höheren Lebensalter bedeutet eine solche Entwicklung eine erhöhte Vorsorgenotwendigkeit, denn das Risiko für unerwünschte Wirkungen steigt mit jedem weiteren Medikament. Die Daten zur Beantwortung der Frage, inwieweit die Verordnung von PIM ebenso steigt wie die Medikation allgemein, liegen vor und werden gegenwärtig analysiert. Etwaige Risikofaktoren für die zunehmende Medikamenteneinnahme werden auf der DEGAM-Tagung vorgestellt.

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Bitte zitieren als: Zimmermann T, Scherer M, van den Bussche H, Wiese B, Kaduszkiewicz H. Polypharmazie und der Einsatz ungeeigneter Medikamente in der hausärztlichen Versorgung – eine Sekundäranalyse der AgeCoDe-Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom008. DOI: 10.3205/11fom008, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0084 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom008.shtml

Ic Leitlinien

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Informationen zum Update der DEGAM-Leitlinie Nr. 7 „Ohrenschmerzen“ Michaela Hänsel1, Martin Beyer2, Hans-Michael Mühlenfeld3, Fritz Meyer4, Martin Scherer1 1UKE, Institut für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland 2Johann Wolfgang Goethe-Universität, Institut für Allgemeinmedi-zin, Frankfurt, Deutschland 3Praxis, Bremen, Deutschland 4Praxis, Oettingen, Deutschland

Hintergrund: Die Gültigkeit der DEGAM-Leitlinie Nr. 7 zum Thema „Ohrenschmerzen“ läuft im Jahre 2011 ab. Die Autoren stellten einen Überarbeitungsbedarf fest und teilten dies der Geschäftsstelle Leitlinien mit. Nach Beauf-tragung durch die SLK (Ständige Leitlinien-Kommission) und Anmeldung bei der AWMF erfolgt zurzeit die Aktuali-sierung der Leitlinie.

Material und Methoden: Nach Durchsicht der derzeit gültigen Leitlinienversion priorisierten die Autoren The-menschwerpunkte zur Überarbeitung. Zu diesen Schwer-punkten erfolgte eine systematische Literaturrecherche in EMBASE, MEDLINE und der Cochrane Library der Jahr-gänge 2004 (Erscheinen der derzeitigen Leitlinienversion) bis 2011. Gegenstand der Recherche waren im Wesentli-chen publizierte randomisierte kontrollierte Studien, Me-taanalysen und systematische Reviews. Daneben wurde überprüft, ob neue nationale/internationale Leitlinien zum Thema erschienen sind. Nach Erstellung eines ersten Entwurfes wird dieser von Autoren und Leitlinienpaten kommentiert und entsprechend überarbeitet. Der auf diesem Wege bearbeitete Entwurf wird dann der SLK zur Einsicht vorgelegt und im Rahmen einer Konsensuskonfe-renz mit Fachgesellschaften und Berufsverbänden disku-tiert werden. Die Erstellung eines Methoden-/Evidenzreports erfolgt simultan.

Ergebnisse: Insbesondere zu den Themen Epidemiologie und Antibiotikatherapie bei Otitis media erschienen wäh-rend der vergangenen fünf Jahre neuere Publikationen, so dass hier eine Neuformulierung der Leitlinienempfehlun-gen zu erwarten sein könnte. Relevante Aspekte betreffen z.B. die Frage nach klinischen Befunden oder Risikofakto-ren, die bei Kindern >2 Jahre mit einer Otitis media eine Antibiotikatherapie nahelegen, oder die Mastoiditis als eine der wichtigsten Komplikationen der Otitis media. Änderungsvorschläge hinsichtlich weiterer Themen sowie Informationen zu Entwicklung und Struktur des Methoden-reports werden ebenfalls dargestellt.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Aktualisierung der Leitlinienempfehlungen wird es (niedergelassenen) Allge-meinmedizinern ermöglichen, sich umfassend über aktuel-le evidenzbasierte diagnostische und therapeutische Opti-onen zum Symptom „Ohrenschmerzen“ in der Hausarzt-praxis zu informieren.

Bitte zitieren als: Hänsel M, Beyer M, Mühlenfeld HM, Meyer F, Scherer M. Informationen zum Update der DEGAM-Leitlinie Nr. 7 „Ohrenschmerzen“. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom009. DOI: 10.3205/11fom009, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0097 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom009.shtml

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Der normative Prozess der Leitlinienentwicklung am Beispiel der beiden interdisziplinären Leitlinien zu Fibromyalgie und Funktionellen Störungen Markus Herrmann

Institut für Allgemeinmedizin, Magdeburg, Deutschland

Hintergrund: Soziologische, historische und kulturanalyti-sche Arbeiten können durch die Rekonstruktion der Ent-stehung und Entwicklung medizinischen Wissens, einen wichtigen Beitrag leisten, neue Krankheitskonstruktionen und deren implizierten Folgen als unverrückbare Wahrhei-ten in Frage zu stellen. Denn aus dieser alltagsweltlichen Gewissheit heraus kann sich erst die Dringlichkeit bzw. Durchsetzungsfähigkeit des von dem Krankheitskonstrukt abgeleiteten medizinischen Handlungsbedarfs entwickeln. Die Relativierung medizinischen Wissens in der Ausgestal-tung der gesundheitlichen Versorgung ermöglicht den Zugang für alternative Deutungen sowohl von den Krank-heitsphänomenen selbst als auch deren Prävention und Behandlung. Damit aber eröffnen sich auch neue Argu-mente für die Debatte einer rationalen gesundheitlichen Versorgung, die derzeit stark von der Logik biomedizini-scher und ökonomischer Rationalität geprägt ist. In der letzten Dekade haben vor allem fachbezogene und inter-disziplinäre Leitlinien für die Disseminierung medizinischen Wissens an Bedeutung gewonnen.

Material und Methoden: Untersuchungsgegenstand sind die beiden interdisziplinären Leitlinien zur Fibromyalgie und zu Funktionellen Störungen, die beide trotz unsicherer ätiologischer Konzepte häufige Beschwerdebilder Krank-heitsentitäten generieren. Anhand der Entwicklung der beiden Leitlinien wird die von der Steuerungsgruppe ver-einbarte Methodik im Vorgehen bei der Leitlinienentwick-lung (Strukturqualität), der konsensuelle Gruppenprozess in der Bearbeitung und Gewichtung der vorhandenen Literatur hinsichtlich der Erarbeitung der Empfehlungen analysiert (Prozessqualität). Ebenfalls werden wichtige Teile der Leitlinienempfehlungen dargestellt und analysiert (Ergebnisqualität).

Ergebnisse: Zusammensetzung der interdisziplinären Leitliniengruppe und gesetzte Rahmenbedingungen haben einen sehr starken Einfluss auf das Ergebnis, das sich in den Empfehlungen niederschlägt. Die Tatsache, dass es nur wenig evidenzbasiertes Wissen auf Studienbasis zum Thema gibt, bedeutete einen enormen Einfluss auf das Konsensusverfahren. Bei fehlender oder schwacher Evi-

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denzen bekommt das Konsensusverfahren einen bedeute-ten Einfluss bei der Empfehlungsstärke.

Schlussfolgerung/Implikation: Durch die Rekonstruktion des Leitlinienprozess als ein im höchsten Maße normati-ven Prozess der am Leitlinienprozess beteiligten Akteure sollen die Auswirkungen auf künftiges hausärztliches Handeln durch die beiden S3-Leitlinien diskutiert werden in Hinblick auf mögliche Wahrnehmungs-, Deutungspro-zesse und Handlungsstrategien, die durch die Umsetzung der beiden Leitlinien zu erwarten sind. Mögliche durch die Leitlinien geweckte Patientenerwartungen sollen in die Betrachtung einbezogen werden.

Literatur 1. Eich W, Häuser W, Friedel E, Klement A, Herrmann M, Petzke F, Offenbächer M, Schiltenwolf M, Sommer C, Tölle T, Hen-ningsen P. Definition, Klassifikation und Diagnose des Fibromy-algiesyndroms. Der Schmerz. 2008;22(3):255-66. 2. Klement A, Häuser W, Brückle W, Eidmann U, Felde E, Herrmann M, Kühn-Becker H, Offenbächer M, Settan M, Schil-tenwolf M, von Wachter M, Eich W. Allgemeine Behandlungs-grundsätze, Versorgungskoordination und Patientenschulung beim Fibromyalgiesyndrom und chronischen Schmerzen in meh-reren Körperregionen. Der Schmerz. 2008;22(3):283-94. 3. Herrmann M, Klement A. Grenzen der Umsetzbarkeit von Evidenz in Leitlinien – Analyse am Beispiel der interdisziplinären S3-Leitlinie zum Fibromyalgie-Syndrom. Zeitschrift für Allgemein-medizin. 2008;84:436-43.

Bitte zitieren als: Herrmann M. Der normative Prozess der Leitlinienentwicklung am Beispiel der beiden interdisziplinären Leitlinien zu Fibromyalgie und Funktionellen Störungen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom010. DOI: 10.3205/11fom010, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0108 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom010.shtml

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Leitlinienbasierte Entwicklung von Qualitätsindikatoren: eine systematische Literaturübersicht Thomas Kötter1, Eva Blozik2, Martin Scherer1 1Institut für Allgemeinmedizin / UKE, Hamburg, Deutschland 2Institut für Sozialmedizin / UK S-H, Lübeck, Deutschland

Hintergrund: Qualitätsindikatoren (QI) sind spezifische und messbare Elemente der Versorgung, die zur Bewer-tung dieser verwendet werden können [1]. Die Messung von Qualität mittels QI dient der Qualitätsförderung. QI können basierend auf Expertenmeinungen, auf der Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Evidenz oder aus bzw. parallel zu Leitlinien entwickelt werden [2]. Leitli-nien bieten sich dabei als Quelle für die effiziente Ent-wicklung qualitativ hochwertiger QI besonders an [3]. Bislang besteht ein Goldstandard im Sinne einer aner-kannten und evidenzbasierte Entwicklungsmethode hierfür jedoch noch nicht [4]. Ziel dieser systematischen Über-sichtsarbeit war die Identifikation und Gegenüberstellung verschiedener Methoden der leitlinienbasierten Entwick-lung von QI als Basis für die Formulierung eines solchen Goldstandards.

Material und Methoden: Mittels einer aus kontrolliertem Vokabular und Freitextbegriffen zusammengesetzten Such-strategie haben wir Medline, Embase und Cinahl nach

Literatur, in der Methoden zur leitlinienbasierten QI-Entwicklung beschrieben werden, durchsucht. Zusätzlich führten wir eine ausführliche Grauliteratursuche durch und kontaktierten Experten auf dem Gebiet der QI-Entwicklung. Daten zur Studienqualität und zu methodi-schen Variablen der Entwicklung von QI aus Leitlinien wurden aus relevanten Studien anhand eines vorab auf der Basis international anerkannter Standards entwickelten Formulars extrahiert. Die verschiedenen Methoden wur-den gegenübergestellt, Stärken und Schwächen verschie-dener Ansätze diskutiert.

Ergebnisse: Aus 8.697 Primärtreffern identifizierten wir 48 relevante Publikationen. Die Qualität der gefundenen Literatur war sehr heterogen. Zahlreiche Methoden der leitlinienbasierten Entwicklung von QI wurden beschrie-ben. Randomisierte kontrollierte Studien zum Vergleich unterschiedlicher Methoden im Hinblick auf die Fähigkeit, qualitativ hochwertige QI hervorzubringen, fanden wir jedoch nicht. Es fanden sich Gemeinsamkeiten, aber auch entscheidende Unterschiede hinsichtlich einzelner metho-discher Bausteine, wie z. B. Auswahl der Leitlinien, Extrak-tion der potentiellen QI, Konsensusverfahren und Imple-mentation. Die Entwicklung von QI aus Leitlinien wurde in der gefundenen Literatur im Vergleich zur Entwicklung aus anderen Quellen übereinstimmend als effiziente Methode auf dem Weg zu qualitativ hochwertigen QI beschrieben.

Schlussfolgerung/Implikation: Als Vorbereitung der For-mulierung eines Goldstandards für die Entwicklung von QI aus Leitlinien wurden erstmals die bisher beschriebe-nen Methoden nach systematischer Methodik gesammelt und analysiert. Es fanden sich viele unterschiedliche Vor-gehensweisen. Das Fehlen von Studien, die unterschiedli-che Methoden der leitlinienbasierten QI-Entwicklung hinsichtlich der Fähigkeit, qualitativ hochwertige QI her-vorzubringen, vergleichen, erschwert die Bewertung dieser Methoden jedoch erheblich. Randomisierte kontrollierte Studien werden hier dringend benötigt.

Literatur 1. McGlynn EA, Asch SM. Developing a clinical performance measure. Am J Prev Med. 1998;14:14-21. 2. Campbell SM, Braspenning J, Hutchinson A, Marshall M. Research methods used in developing and applying quality indicators in primary care. Qual Saf Health Care. 2002;11:358-64. 3. Kötter T, Schaefer F, Blozik E, Scherer M. Die Entwicklung von Qualitätsindikatoren - Hintergrund, Methoden und Probleme. Z Evid Fortbild Qual Gesundhwes. 2011;105(1):7-12. 4. Wollersheim H, Hermens R, Hulscher M, Braspenning J, Ouwens M, Schouten J, Marres H, Dijkstra R, Grol R. Clinical indicators: development and applications. Neth J Med. 2007;65(1):15-22.

Bitte zitieren als: Kötter T, Blozik E, Scherer M. Leitlinienbasierte Entwicklung von Qualitätsindikatoren: eine systematische Literaturübersicht. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom011. DOI: 10.3205/11fom011, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0118 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom011.shtml

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DEGAM-Leitlinien als App für Mobiltelefone – Einsatz in der hausärztlichen Praxis und erstes Feedback Uta-Maria Waldmann1, Klaus Weckbecker2 1Institut für Allgemeinmedizin, Uni Ulm, Ulm, Deutschland 2Lehrbereich Allgemeinmedizin, Universität Bonn, Bonn, Deutsch-land

Hintergrund: Evidenzbasierte relevante Informationen jederzeit verfügbar – das ist jetzt durch die Aufbereitung und Umsetzung der aktuellen Kurzversionen der DEGAM-Leitlinien und die Kitteltaschenversion der NVL Kreuz-schmerz als App für Mobiltelefone (für verschiedene Be-triebssysteme) möglich. HausärztInnen testen die Anwen-dung und sollen den Einsatz, den Nutzen und einen etwa-igen Einfluss auf konkrete Entscheidungssituation bewer-ten:

Wofür, wann und wie nutzen sie die Anwendung? Wie schätzen sie den Nutzen für ihre praktische Tä-

tigkeit ein?

Material und Methoden: Bekanntmachung des Leitlinien-Apps über den Email-Verteiler „Listserver Allgemeinmedi-zin – Hausärzte diskutieren Fragen aus der Praxis“ sowie per Email an Lehrärzte verschiedener Universitäten: Haus-ärztInnen können sich als Test-User registrieren, die An-wendung von der Seite www.elearning-allgemeinmedizin.de downloaden und strukturiertes Feedback geben (Feedback-Funktion der Moodle-Plattform mit Likertskalen und Freitextkommentaren).

Ergebnisse: Ergebnisse werden bis zum Kongress vorlie-gen. Kernfragen der aktuell durchgeführten Anwendungs-evaluation sind:

Bei welchen Gelegenheiten und wofür (Nachschla-gen in „Nischenzeiten“, vor/während/nach Patien-tenkontakten, bei Fortbildungen, ...) wird die Anwen-dung genutzt?

Wie hilfreich wird sie empfunden? Wie wird der Mehrwert dieser Anwendung eingeschätzt („Nice to have“, Spielerei, …)? Was ist gut, was weniger? Hat sie einen Einfluss auf die Behandlung?

Anregungen für Optimierung für Einsatz in der Praxis.

Schlussfolgerung/Implikation: Das Mobiltelefon haben Ärzte zu jeder Zeit dabei. Diese Anwendung stellt evidenz-basierte Informationen zeitnah zu Patientenkontakten übersichtlich bereit und kann in Nischenzeiten genutzt werden. Da das App sich automatisch auf die neueste Version aktualisiert, können Ärzte noch in Jahren auf aktuelle Infos in einer ihnen vertrauten Form bequem und schnell zugreifen. Ob es auch im Praxiseinsatz bestehen kann, soll diese Begleitevaluation zeigen.

Bitte zitieren als: Waldmann UM, Weckbecker K. DEGAM-Leitlinien als App für Mobiltelefone – Einsatz in der hausärztlichen Praxis und erstes Feedback. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom012. DOI: 10.3205/11fom012, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0128 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom012.shtml

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Inwieweit wird die tägliche Praxis durch die vorhandenen Leitlinien informiert? Ergebnisse einer Querschnitts-Studie Benedikt Pflanz1, Frank Peters-Klimm1, Hans-Dieter Klimm2 1Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universi-tätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland 2Akademische Lehrpraxis und Gemeinschaftspraxis Prof. Dr. H.-D. und Dr. S. Klimm, Kuppenheim, Deutschland

Hintergrund: Leitlinien und deren Implementierung stehen in den letzten Jahren (wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß) im Zentrum des Interesses der Akteure im Ge-sundheitswesen. Nicht zuletzt wegen der Verankerung leitlinienorientierter Versorgung im SGB V im Jahr 2001 und dem Nachweis der Verbesserung der medizinischen Versorgung durch Leitlinienorientierung wächst das Ange-bot evidenzbasierter Leitlinien enorm. Erstellte Leitlinien werden durch die jeweiligen Fachgesellschaften, auch unter reger Beteiligung der DEGAM, auf der Seite der AWMF zugänglich gemacht. Ziel eines Pilot-Projektes war es, die vorhandenen Leitlinien mit den vorkommenden Krankheitsbildern der täglichen Praxis zu vergleichen.

Material und Methoden: Die Studie wurde in 2 Gemein-schaftspraxen mit insgesamt 11 Ärzten durchgeführt. Man beschränkte sich aus Gründen der Validität auf extern bestätigte Diagnosen und aus Gründen der Machbarkeit auf eine zuvor spezifizierte Subgruppe: Im ersten Schritt wurden im ersten Quartal 2009 alle eingehenden Arzt-briefe gesammelt, und aus denen von Fachärzten (und Spezialisten) der Inneren Medizin, Orthopädie und Urolo-gie wurden alle gesicherten, aktuellen Diagnosen nach ICD-10-GM auf 5 Stellen codiert und qualitativ und quantitativ erfasst.

Im zweiten Schritt wurden zu den entsprechenden Diagno-sen (mittels der AWMF-Suchfunktion und Überprüfung der Internetseiten der jeweiligen Fachgesellschaften) aktuelle Leitlinien mit Therapievorschlägen gesucht und bewertet. Dem Resultat entsprechend wurde jeder ICD-10-Diagnose eines der Merkmale „keine Leitlinie vorhanden“, „Leitlinie angemeldet“, sowie „S1-“, „S2-“ und „S3-Leitlinie vor-handen“ zugeordnet und mit der Häufigkeit der Diagno-sen gewichtet. Die Bewertung des Entwicklungsgrads der Leitlinie erfolgte gemäß der Einstufung der AWMF (Stand 30.04.09).

Ergebnisse: Im ersten Quartal 2009 wurden 6426 Patien-ten in den beiden Praxen behandelt, wovon 715 Patienten mit 880 Facharztbefunden aus Innerer Medizin, Urologie und Orthopädie (ca. 55% aller Facharztbefunde) in die Studie aufgenommen wurden. Zu diesen Patienten konn-ten 2108 Diagnosen ermittelt werden. Leitlinien existierten für 56,9% aller Diagnosen (13,5% S1-Leitlinien, 11,4% S2-Leitlinien und 32,0% S3-Leitlinien). Zu 35,8% der Diagnosen konnte keine Leitlinie gefunden werden, zu 7,3% waren Leitlinien angemeldet. Eine Subgruppenana-lyse nach Diagnosen verschiedener Fachbereiche zeigte, dass Leitlinien zu 90,5% der kardiovaskulären Diagnosen (n=537) und zu 35,2% der den Bewegungsapparat be-treffenden Diagnosen (n=425) existierten.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse dieser de-skriptiven Pilot-Studie am Beispiel einer Subgruppe der überwiesenen Patienten zeigen, dass das existierende

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Leitlinienangebot nur teilweise die tägliche Praxis infor-miert und dabei bestimmte Indikationen stärker als andere repräsentiert zu sein scheinen. Implikationen für die SLK der DEGAM und Folgeuntersuchungen können diskutiert werden.

Bitte zitieren als: Pflanz B, Peters-Klimm F, Klimm HD. Inwieweit wird die tägliche Praxis durch die vorhandenen Leitlinien informiert? Ergebnisse einer Querschnitts-Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom013. DOI: 10.3205/11fom013, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0138 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom013.shtml

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Die medikamentöse Behandlung von Patienten mit arterieller Hypertonie in der Hausarztpraxis – ein Abgleich mit bestehenden Leitlinienempfehlungen Michael Bösch1, Iris Tinsel1, Angela Buchholz1, Thorsten Dürk1, Karl-Georg Fischer2, Wilhelm Niebling1 1Lehrbereich Allgemeinmedizin Universitätsklinikum, Freiburg, Deutschland 2Abteilung IV Innere Medizin Universitätsklinikum, Freiburg, Deutschland

Hintergrund: In Deutschland leidet ca. ein Viertel der Gesamtbevölkerung an Bluthochdruck, bei über 65jährigen liegt der Anteil sogar bei über 50% [1]. Die Rolle des Bluthochdrucks als Hauptrisikofaktor für kardi-ovaskuläre Morbidität und Mortalität ist hinreichend be-legt [2]. Obwohl durch eine Senkung des Blutdrucks das kardiovaskuläre Risiko deutlich reduziert werden kann [3] und dies somit ein wichtiges Behandlungsziel darstellt, wird eine adäquate Blutdruckeinstellung bei vielen Patien-ten nicht erreicht [4]. Es existieren verschiedene nationale und internationale Leitlinien zur medikamentösen Thera-pie des Bluthochdrucks, in Deutschland gibt es momentan aber noch keine S3-Leitlinie. Zudem ist das Ausmaß der Leitlinienadhärenz unklar [5]. Ziel dieser Arbeit ist es daher zu untersuchen, (1.) welche übereinstimmenden Kernaussagen sich zur medikamentösen Therapie aus den Leitlinien ableiten lassen und (2.) in welchem Ausmaß Patienten mit arterieller Hypertonie in Übereinstimmung mit diesen Kernaussagen unter Berücksichtigung der Blutdruckeinstellung und des kardiovaskulären Risikos behandelt werden.

Material und Methoden: Aus nationalen und internationa-len Hypertonie-Leitlinien wurden übereinstimmende Kern-aussagen abgeleitet. Zum Abgleich der Kernaussagen mit der Behandlung von Patienten mit Hypertonie wurden in 36 Hausarztpraxen 1.421 medikamentös behandelte Patienten mit Hypertonie rekrutiert. Es wurden soziodemo-grafische, klinische Daten und die antihypertensive Medi-kation erfasst sowie ein ambulantes Blutdruck-Monitoring (ABDM) durchgeführt. Das kardiovaskuläre Gesamtrisiko wurde mithilfe des Herz-Kreislaufrechners arriba berech-net.

Ergebnisse: Es wurden 10 Kernaussagen aus 7 Leitlinien zusammengefasst. Von N=1.250 Patienten liegen voll-ständige Daten vor. Der Altersmedian beträgt 66 Jahre (18-92 Jahre), der Anteil an Frauen liegt bei 59%. Das mediane kardiovaskuläre 10-Jahres-Risiko liegt für Frauen

bei 6,5% (0,11->50), für Männer bei 19,4% (0,15->50). Bei 69,9% der Patienten werden die empfohlenen Blut-druckwerte (MW Gesamt 130/80 mmHg, MW Tag 135/85 mmHg, MW Nacht 120/70 mmHg) nicht er-reicht. Durchschnittlich werden 2,3 antihypertensive Sub-stanzen pro Patient verordnet (1-7), das häufigste Thera-pieregime ist mit 33,6% eine Zweierkombination. Der ersten Kernaussage zufolge soll eine Kombination aus mehreren Substanzen verordnet werden, wenn mit der Monotherapie keine ausreichende Blutdrucksenkung erzielt werden kann. 28,9% der Studienteilnehmer erhal-ten nur ein Antihypertensivum, obwohl lediglich ein Drittel davon die Blutdruck-Zielwerte erreicht. Auf dem Kongress werden Ergebnisse zu weiteren Kernaussagen sowie Zu-sammenhänge zwischen Leitlinienumsetzung, Blutdruck-einstellung und kardiovaskulärem Risiko vorgestellt.

Schlussfolgerung/Implikation: Der Abgleich von Kernaus-sagen aus Hypertonie-Leitlinien mit verordneten Medika-menten in der Hypertoniebehandlung zeigt in bestimmten Bereichen Verbesserungspotential hinsichtlich der Leitli-nienadhärenz.

Abbildung 1

Abbildung 2

Literatur 1. Janhsen K, Strube H, Starker A. Hypertonie. Gesundheitsbe-richterstattung des Bundes. Heft 43. Berlin: Robert-Koch-Institut; 2008. 2. Lawes CM, Vander Hoorn S, Rodgers A. Global burden of blood-pressure-related disease, 2001. Lancet. 2008;371(9623):1513–8. 3. Law MR, Morris JK, Wald NJ. Use of blood pressure lowering drugs in the prevention of cardiovascular disease: meta-analysis of 147 randomised trials in the context of expectations from prospective epidemiological studies. BMJ (Clinical research ed.). 2009;338: b1665. 4. Wolf-Maier K, Cooper R, Kramer H, Banegas J, Giampaoli S, Joffres M, et al. Hypertension treatment and control in five Euro-

24

pean countries, Canada, and the United States. Hypertension. 2004;43(1):10–7. 5. Frank W, Konta B; Deutsche Agentur für Health Technology Assessment (HTA) des Deutschen Instituts für Medizinische Doku-mentation und Information (DIMDI). Bluthochdruckleitlinien und ihre Auswirkungen auf das Gesundheitssystem. Band 22. 1. Aufl. Köln; 2005.

Bitte zitieren als: Bösch M, Tinsel I, Buchholz A, Dürk T, Fischer KG, Niebling W. Die medikamentöse Behandlung von Patienten mit arterieller Hypertonie in der Hausarztpraxis – ein Abgleich mit bestehenden Leitlinienempfehlungen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom014. DOI: 10.3205/11fom014, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0142 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom014.shtml

Id Hausärztliche Diagnostik

015

Hausärztliche Differentialdiagnose bei Patienten mit Beinödemen – eine qualitative Studie Judith Diederich, Simone Hartel, Erika Baum, Stefan Bösner

Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland

Hintergrund: In der Primärversorgung sind Beinödeme ein häufiger Beratungsanlass mit vielfältigen, teilweise multi-faktoriellen Ursachen. Sie sind als Symptom oft das erste klinische Zeichen für die zugrunde liegenden Krankheits-bilder. Die Differentialdiagnose von Patienten mit Bein-ödemen stellt den Hausarzt vor diagnostische Herausfor-derungen, gerade die Diagnose abwendbar gefährlicher Verläufe wie einer tiefen Beinvenenthromose. Hierbei sind Anamnese und klinische Untersuchung wichtigste diag-nostische Mittel. Es gibt unseres Wissens bisher keine Untersuchungen, die das hausärztliche Vorgehen und Strategien in der Differentialdiagnostik bei Patienten mit Beinödemen thematisiert haben. Ziel der Studie war es, das differentialdiagnostische Vorgehen von Hausärzten bei Patienten mit Beinödemen zu analysieren.

Material und Methoden: In semi-strukturierten Interviews wurden 15 Hausärzte aus städtischem sowie ländlichem Gebiet gebeten, ihre persönliche Vorgehensweise bezüg-lich der Diagnose bei dem Symptom Beinödem darzule-gen. Dies erfolgte anhand von Beispielpatienten mit Bein-ödemen, die die Ärzte prospektiv gesammelt hatten. Die Interviews wurden aufgenommen, verbatim transkribiert und qualitativ von zwei unabhängigen Untersuchern nach Erstellen eines Kodierungsbaumes inhaltsanalytisch aus-gewertet.

Ergebnisse: Die teilnehmenden Ärzte nutzten ihre persön-liche Erfahrung und Intuition, den ersten Eindruck und das Kennen der medizinischen Vorgeschichte des Patienten, um das Leitsymptom Beinödeme in verschiedene Katego-rien einzuteilen (z.B.: ein- oder beidseitige Ödeme; kardi-ale, venostatische Beinödeme; Lymphödeme; Lipödeme; BÖ bei TVT oder durch Medikamentennebenwirkungen u.a.). Dabei nutzten die Hausärzte individuell unterschied-liche diagnostische Strategien, ganz nach den ihnen zur Verfügung stehenden diagnostischen Mitteln. Grundle-gend basierte die gesamte weiterführende Differentialdi-

agnostik auf diagnostischen Hinweisen aus der Patien-tenanamnese bzw. den Befunden der durchgeführten klinischen Untersuchung. Zusätzlich entwickelten die Allgemeinmediziner im differentialdiagnostischen Prozess von Beinödemen persönliche Konzepte im Umgang mit Unsicherheiten.

Schlussfolgerung/Implikation: Abgesehen vom klassischen Lehrbuchwissen nutzen Hausärzte individuelle Patientenin-formationen aus dem Konsultationsprozess. Dabei spielte der erste Eindruck des Patienten, die Vorgeschichte, In-formationen aus Anamnese und klinischer Untersuchung die entscheidende Rolle. In der weiteren Differenzierung verwendeten die teilnehmenden Hausärzte verschiedene diagnostische Strategien, die von abwartendem Offenhal-ten und einfachen Heuristiken bis zu dem Einsatz komple-xer Entscheidungsregeln (Wells Score) reichten.

Bitte zitieren als: Diederich J, Hartel S, Baum E, Bösner S. Hausärztliche Differentialdiagnose bei Patienten mit Beinödemen – eine qualitative Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom015. DOI: 10.3205/11fom015, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0158 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom015.shtml

016

Diagnostische Treffsicherheit der Kombination eines Klinischen Scores (Wells) mit einem D-Dimer-Test zum Ausschluss einer tiefen Bein- und Beckenvenenthrombose (TVT) in deutschen Hausarztpraxen Lobna El Tabei1, Gernot Holtz2, Cornelia Schürer-Maly1, Heinz-Harald Abholz1 1Uniklinik Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland 2Unilklinik Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland

Hintergrund: Die Inzidenz von Thrombose bzw. thrombo-embolischer Ereignisse beträgt etwa 0,1% in der Gesamt-bevölkerung pro Jahr. Die TVT ist eine potentiell lebens-gefährlich Erkrankung, bei der zudem ein „Ausschluss der Erkrankung“ oft nicht zuverlässig ist. Dies führt zu vielen Überweisungen, bei denen zu 80–90% der überwiesenen Patienten dann keine TVT vorliegt. Zahlreiche Studien zur Nutzung von klinischen Beurteilungsscores oder auch zur Nutzung von D-Dimer-Tests sind bisher nur a) in Kli-nik/Spezialisten-Kollektiven bzw. b) in anderen Medizin-kulturen mit anderen Nutzungsgewohnheiten der Praxen durch die Patienten durchgeführt worden. Fragestellung der Studie: Diagnostische Treffsicherheit des Wells-Scores kombiniert mit dem D-Dimer-Test in Hausarztpraxen.

Material und Methoden: 38 Praxen (59 Ärzte) mit 395 Patienten nahmen über jeweils 18 Monate mit allen ihren Verdachtsfällen – definiert als „Es ist auch an eine Throm-bose zu denken“ – teil. Die Patienten wurden von den Ärzten mittels des oben genannten Wells-Scores einer Niedrig- bzw. Hochrisikogruppe zugeordnet. Danach war die weitere Diagnostik mittels D-Dimer-Test und Sonogra-phie nach einem festen Schema vorgegeben. Die Haus-ärzte wurden zudem gebeten, ihr „spontanes Urteil zum Vorliegen einer TVT“ vor Nutzung des Scores bzw. Durch-führung des D-Dimer-Tests anzugeben.

Ergebnisse: Von den 395 Verdachtsfällen erwiesen sich 59 als TVT, hinzu kommen 9 „wahrscheinliche TVT“.

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Demgegenüber konnte in 310 Fällen eine TVT ausge-schlossen werden. Die diagnostische Treffsicherheit bezog sich auf die Gruppe der Niedrigrisikopatienten, da die der Hochrisikogruppe ja immer weiter diagnostiziert werden. Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 dargestellt. Die negative prädiktive Wahrscheinlichkeit beträgt 99%, die positive prädiktive Wahrscheinlichkeit 25,6%. Im Vergleich dazu zeigt die abgefragte subjektive Einschätzung der Wahr-scheinlichkeit zum Vorliegen einer TVT eine 93%ige nega-tive prädiktive Wahrscheinlichkeit und eine 34,2%ige positive prädiktive Wahrscheinlichkeit.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Kombination von Wells-Score und D-Dimer-Test stellt eine zuverlässige Methode zum Ausschluss einer TVT auch im deutschen Hausarztbereich dar. Sie lässt unnötige Belastungen für Patient und Kassen vermeiden. Für den positiven Beleg einer TVT ist das Vorgehen nicht geeignet, aber auch nie gedacht gewesen.

Tabelle 1: Diagnostische Treffsicherheit von Wells-Score in Kombination mit D-Dimer-Test (für die Gruppe der Niedrig-

risikopatienten)

Bitte zitieren als: El Tabei L, Holtz G, Schürer-Maly C, Abholz HH. Diagnostische Treffsicherheit der Kombination eines Klinischen Scores (Wells) mit einem D-Dimer-Test zum Ausschluss einer tiefen Bein- und Beckenvenenthrombose (TVT) in deutschen Hausarztpraxen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom016. DOI: 10.3205/11fom016, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0168 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom016.shtml

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Brustschmerz und Koronare Herzkrankheit in der Primärversorgung: diagnostischer Nutzen des Marburger Herz-Score Jörg Haasenritter, Stefan Bösner, Erika Baum, Norbert Donner-Banzhoff

Philipps-Universität Marburg, Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive- und Rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland

Hintergrund: Klinische Scores wie der Marburger Herz-Score (MHS) sollen Ärzte in der klinischen Entscheidungs-findung unterstützen. Neben Robustheit und Generalisier-barkeit sollte sich aus der Anwendung auch ein Nutzen ergeben: entweder ist der Score bei gleicher diagnosti-scher Aussagekraft einfacher in der Anwendung als die etablierte Vorgehensweise oder die Aussagekraft ist höher. Ziel der Studie war es die diagnostische Aussagekraft des

MHS, der klinischen Einschätzung des Hausarztes und einer Kombination aus beiden zu vergleichen.

Material und Methoden: Sekundäranalyse einer diagnos-tische Querschnittsstudie. Über einen Zeitraum von drei Monaten schlossen 56 Prüfärzte jeden Patienten ein, der die Einschlusskriterien erfüllte: nicht-traumatischer Brust-schmerz als primärer oder sekundärer Beratungsanlass, Beschwerdedauer < vier Wochen, Alter ≥35 Jahre, Ein-willigung. Zum Konsultationszeitpunkt erfassten die Prüf-ärzte neben weiteren klinischen Variablen die Kriterien des MHS und schätzten die Wahrscheinlichkeit einer Korona-ren Herzkrankheit als Ursache des Brustschmerzes mittels einer dreistufigen Skala ein. Unter den 56 Prüfärzten kannten 17 den MHS und berücksichtigten dessen Ergeb-nis in ihrer klinischen Einschätzung. Zusätzlich wurden Verlaufsdaten während einer sechsmonatigen Nachbe-obachtungszeit erhoben. Ein unabhängiges Referenzkomi-tee analysierte im Anschluss alle klinischen Patientendaten und entschied über die Ursache des Brustschmerzes zum Zeitpunkt der Konsultation.

Ergebnisse: Die Daten von 832 Patienten wurden in der Analyse berücksichtigt. Im direkten Vergleich mit der klinischen Einschätzung der Hausärzte zeigte der MHS eine höhere Sensitivität (91,4 versus 82,9%) und eine vergleichbare Spezifität (60,6 versus 61,0%). Das klini-sche Urteil von Hausärzten, die ihre Einschätzung mit den Ergebnissen des MHS verknüpften, zeigte im Vergleich zu dem ihren Kollegen, die den MHS nicht kannten, eine höhere Sensitivität (90,0 versus 82,9%) und Spezifität (66,8 versus 61,0%).

Schlussfolgerung/Implikation: Die diagnostische Aussage-kraft des MHS erwies sich als mindest so gut wie klinische Einschätzung der Hausärzte. Berücksichtigt man die Ein-fachheit des MHS, rechtfertigt dies bereits eine Empfeh-lung ihn der Praxis einzusetzen. Zudem könnte eine Kom-bination aus MHS und klinischer Einschätzung zu einer Steigerung von Sensitivität und Spezifität führen. Da es sich um eine Sekundäranalyse handelt und das Studien-design nicht auf diese Fragestellung abgestimmt war, können die Ergebnisse jedoch nur als Hypothesen-generierend und nicht -testend gewertet werden.

Bitte zitieren als: Haasenritter J, Bösner S, Baum E, Donner-Banzhoff N. Brustschmerz und Koronare Herzkrankheit in der Primärversorgung: diagnostischer Nutzen des Marburger Herz-Score. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom017. DOI: 10.3205/11fom017, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0173 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom017.shtml

018

Hausärztliche Differentialdiagnose bei Patienten mit Kopfschmerz – eine qualitative Studie Simone Hartel, Judith Diederich, Erika Baum, Stefan Bösner

Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland

Hintergrund: Das Symptom Kopfschmerz ist ein häufiger Beratungsanlass in der Primärversorgung, dessen zugrun-de liegende Ursachen eine große Spannbreite umfassen. Die Differentialdiagnose von Kopfschmerz Patienten stellt den Hausarzt vor diagnostische Herausforderungen. Hierbei sind gerade bei primären Kopfschmerzen Anam-

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nese und klinische Untersuchung die wichtigsten diagnos-tischen Mittel. Ziel der Studie war es, das differentialdiag-nostische Vorgehen von Hausärzten bei Patienten mit Kopfschmerzen zu analysieren.

Material und Methoden: In semi-strukturierten Interviews wurden 15 Hausärzte aus städtischem sowie ländlichem Gebiet gebeten, ihre persönliche Vorgehensweise bezüg-lich der Diagnose bei dem Symptom Kopfschmerz darzu-legen. Dies erfolgte anhand von Beispielpatienten mit neu aufgetretenem Kopfschmerz, die die Ärzte prospektiv gesammelt hatten. Die Interviews wurden aufgenommen, verbatim transkribiert und qualitativ von zwei unabhängi-gen Untersuchern nach Erstellen eines Kodierungsbaumes inhaltsanalytisch ausgewertet.

Ergebnisse: Die teilnehmenden Allgemeinärzte besaßen diverse diagnostische Referenzbilder für das Symptom Kopfschmerz mit dem sie das jeweilige Bild eines indivi-duellen Patienten mit Kopfschmerz abglichen. Eine diag-nostische Grundrichtung wurde schon sehr früh durch bestimmte Schlüsselwörter und nonverbale Informationen des Patienten im anamnestischen Prozess festgelegt. Die Kategorisierung in verschiedene Referenzbilder stammte zum Großteil aus Lehrbüchern während sich die Zuord-nung seitens des Arztes v.a. auf die eigene teilweise lang-jährige medizinische Erfahrung und eine gewachsene Arzt-Patienten-Beziehung stützte. Abweichungen im diag-nostischen Schema entstanden, wenn die Schilderung des Patienten inklusive der nonverbalen Kommunikation mit keinem der klassischen Referenzbilder übereinstimmte. Dies veranlasste den Arzt zu weiterführender Diagnostik, meist in Form einer Überweisung zum jeweiligen Facharzt.

Schlussfolgerung/Implikation: Als ein Schlüsselkriterium zur Diagnosefindung bei dem Symptom Kopfschmerz wurde die persönliche Erfahrung des jeweiligen Allge-meinarztes geäußert. Die Ärzte besaßen verschiedene Referenzbilder bestehend aus anamnestischen Schlüssel-wörtern und nonverbaler Information, die mit dem Patien-ten abglichen wurden. Die körperliche Untersuchung spielte dabei oft nur eine untergeordnete Rolle.

Bitte zitieren als: Hartel S, Diederich J, Baum E, Bösner S. Hausärztliche Differentialdiagnose bei Patienten mit Kopfschmerz – eine qualitative Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom018. DOI: 10.3205/11fom018, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0188 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom018.shtml

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KHK Ausschluss in der Primärversorgung: Validierung des Marburger Herz-Score Stefan Bösner1, Jörg Haasenritter1, Paul Vaucher2, Lilli Herzig2, Erika Baum1, Norbert Donner-Banzhoff1 1Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland 2Universität Lausanne, Lausanne, Deutschland

Hintergrund: Klinische Scores wie der Marburger Herz-Score (MHS) sollen Ärzte in der klinischen Entscheidungs-findung unterstützen. Bevor eine klinische Entscheidungs-regel für den ärztlichen Alltag empfohlen werden kann, muss deren Aussagekraft auch für Patienten außerhalb der Ableitungsstichprobe generalisierbar sein. Ziel der Studie war es den MHS an einer neuen Stichprobe von

Brustschmerzpatienten aus der Hausarztpraxis zu validie-ren.

Material und Methoden: In einer diagnostischen Quer-schnittsstudie mit verzögertem Referenzstandard schlossen 56 Prüfärzte über einen Zeitraum von drei Monaten jeden Patienten ein, der folgende Einschlusskriterien erfüllte: nicht-traumatischer Brustschmerz als primärer oder se-kundärer Beratungsanlass, Beschwerdedauer < vier Wo-chen, Alter ≥ 35 Jahre, Einwilligung. Zum Konsultations-zeitpunkt erfassten die Prüfärzte neben weiteren klinischen Variablen die Kriterien des MHS. Zusätzlich wurden Ver-laufsdaten während einer sechsmonatigen Nachbeobach-tungszeit erhoben. Ein unabhängiges Referenz Komitee analysierte im Anschluss alle klinischen Patientendaten und entschied über die wahrscheinlichste Diagnose zum Zeitpunkt der Konsultation. Als Parameter der diagnosti-schen Aussagekraft berechneten wir Sensitivität, Spezifität, positive und negative prädiktive Werte und die AUC (Flä-che unter der ROC).

Ergebnisse: Die Daten von 844 Patienten wurden in der Analyse berücksichtigt. Die AUC betrug 0.84 (95% KI 0.80-0.88). Bei einem cut-off von 3 Punkten zeigte der MHS eine Sensitivität von 89.1% (95% KI: 81.1-94.0%), eine Spezifität von 63.5% (95% KI: 60.0-66.9%), einen positiv prädiktiven Wert von 23.3% (95% KI: 19.2-28.0%) und einen negativ prädiktiven Wert von 97.9% (95% KI: 96.2-98.9%).

Schlussfolgerung/Implikation: Auch in dieser zweiten Validierungsstichprobe zeigt der MHS eine gute diagnosti-sche Aussagekraft zum Ausschluss einer KHK bei Brust-schmerzpatienten in der Primärversorgung. Berücksichtigt man die Einfachheit des MHS, rechtfertigt dies eine Emp-fehlung zum Einsatz in der hausärztlichen Routineversor-gung.

Bitte zitieren als: Bösner S, Haasenritter J, Vaucher P, Herzig L, Baum E, Donner-Banzhoff N. KHK Ausschluss in der Primärversorgung: Validierung des Marburger Herz-Score. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom019. DOI: 10.3205/11fom019, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0195 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom019.shtml

020

Kann eine Streptokokkenangina klinisch diagnostiziert werden? Herbert Bachler1, Lisa Fischer1, Peter Loidl2, Christoph Fischer1 1TGAM, Innsbruck, Österreich 2MUI, Innsbruck, Österreich

Hintergrund: Halsschmerzen sind eine der häufigsten Konsultationsursachen in der AM-Praxis. Bei Kindern sind ca. 20% und bei Erwachsenen <5% ß-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A zu erwarten. 75% der Er-wachsenen verlassen die Ordination aber mit einer Anti-biotikaverordnung.

Zu Unterscheidung viraler Erkrankungen von der Angina stehen unterschiedlich verwertbare klinische Risikoscores zu Verfügung , der für die Praxis brauchbarste scheint der mod. CENTOR-Score nach McIsaak zu sein. Dieser be-wertet Lebensalter, Fieber, anguläre Lymphknoten, Fehlen von Husten und Beläge auf den Tonsillen.

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Bisherige Arbeiten befassten sich ausschließlich mit Er-wachsenen, oder wurden ohne Kontroll-gruppe durchge-führt. Die Angaben über die Zahl der asymptomatischen Streptokokkenträger sind in der Literatur sehr ungenau.

Material und Methoden: Bei 1.665 Patienten mit Konsul-tationsgrund Halsschmerzen wurden in der TGAM-Studie über einen Zeitraum von drei Jahren, in neun österreichi-schen Allgemeinmedizinpraxen Rachenabstriche abge-nommen, auf CNA-Selektivnährböden inkubiert und das Ergebnis des kulturellen Erregernachweises standardisiert protokolliert. Ziel der Studie war die Evaluierung klinischer Beurteilungskriterien welche, ergänzend zum bestehenden Centorscore, mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine Strep-tokokkeninfektion hinweisen und somit die klinische Beur-teilung und bedside Diagnostik zu präzisieren.

Ergebnisse: Erfahrene Allgemeinmediziner, die an dieser Studie teilnehmen, beurteilen intuitiv jeden 2. Halsschmerz als Angina oder Verdacht auf Angina, der positiv prädikti-ve Wert erreicht nur 18%, 20% der Anginen werden nicht erkannt.

Unter Zuhilfenahme des Centor-Scores erreicht die klini-sche Beurteilung bei der Diagnose Angina einen positiv prädiktiven Wert von 71%, die falsch negativen Einschät-zungen steigen aber auf 30 %. Ein zusätzlich bei hohem Centor-Score angewendeter immunologischer Schnelltest, hatte eine unzureichende Sensitivität von 70%.

Schlussfolgerung/Implikation: Auch wenn alle typischen Symptome der Angina (Centor-Score 4-5) vorliegen, handelt es sich nur in 52% um eine Angina. Als diagnosti-scher Goldstandard kann nur die Streptokokkenkultur bezeichnet werden. Die TGAM-Studie zeigt, dass Beiimp-fung, Bebrütung und Interpretation von Streptokokken-nährböden in AM-Praxen problemlos durchführbar sind, die Resultate stehen in 16-24h zur Verfügung, Kosten und Zeitaufwand sind wesentlich geringer als beim ungenauen Schnelltest. Durch Erweiterung des mod. Centor-Scores um die Fragen: Kontakt mit Angina, Z. n. TE, Größe der Lymphknoten, und Differenzierung des Rachenbefundes könnte die Genauigkeit des klinischen Scores verbessert werden.

Literatur 1. Wächtler H, Chenot J F. DGAM Leitlinie Nr. 14: Halsschmerz. 2009. Available from: http://leitlinien.degam.de 2. McIsaac W J, White D, Tannenbaum D, Low D E. A clinical score to reduce unnecessary antibiotic use in patients with sore throat. Can Med Assoc. 1998;158:75-83. 3. Informationsdienst für Ärzte und Apotheker. Antibiotische Behandlung der Streptokokkenangina. Arzneitelegramm. 2006;37:25-27. 4. Reichhardt B, Pichlhöfer O, Zehetmayer, Maier M. Die zeit-gemäße Diagnostik der akuten Pharyngitis. Wien Med Woch-enschr. 2009;159(7–8):202–6. 5. Rimoin AW, Hamza H S, Vince A. Evaluation of the WHO clinical decision rule for streptococcal pharyngitis. Arch Dis Child. 2005;90:1066–70.

Bitte zitieren als: Bachler H, Fischer L, Loidl P, Fischer C. Kann eine Streptokokkenangina klinisch diagnostiziert werden. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom020. DOI: 10.3205/11fom020, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0206 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom020.shtml

Ie Geriatrie I: Hausärztliche Konsultationen mit älteren und hochbetagten Patienten

021

Partizipative Behandlungsplanung mit älteren Patienten (PräfCheck): Was bringt es, wenn sich Ärzte und Patienten partnerschaftlich über Gesundheits- und Behandlungsprioritäten austauschen? Ulrike Junius-Walker1, Jennifer Wrede2, Isabel Voigt1, Heike Diederichs-Egidi3, Werner Hofmann4, Eva Hummers-Pradier1, Marie-Luise Dierks5 1Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule, Hanno-ver, Deutschland 2Institut für Allgemein- und Familienmedizin, Hannover, Deutsch-land 3FÄ für Allgemeinmedizin, Bremen, Deutschland 4WH-Sozialforschung, Hannover, Deutschland 5Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystem-forschung, Medizinische Hochschule, Hannover, Deutschland

Hintergrund: Ältere Patienten haben viele Gesundheits-probleme, sodass sie in der Regel nicht alle gleichzeitig behandelt werden können. Die gegenwärtige Sprechstun-denstruktur fördert Behandlungen, die auf aktuelle Einzel-anliegen reagieren, wodurch es bei Multimorbidität zu einer unverhältnismäßig großen Anzahl von Verordnungen kommen kann. Wünschenswert ist eine einvernehmliche arzt- und patientenseitige Priorisierung von Gesundheits-problemen, um eine sinnvolle Reduktion der Behandlun-gen zu erreichen.

Material und Methoden: 'PräfCheck“ steht für die Entwick-lung und Testung einer partnerschaftlichen Behandlungs-planung, die auf patientenseitigen Gesundheitsprioritäten und arztseitigen Behandlungsprioritäten beruht. In dem cluster-randomisierten kontrollierten Interventionsstu-dienteil wurden 40 Hausärzte mit je ca. 8 Patienten per Blockrandomisierung der Interventions- oder Kontroll-gruppe zugeordnet. Zunächst erhielten alle Patienten (ab 70 Jahre) das geriatrische STEP-Assessment, um Gesund-heitsprobleme systematisch festzustellen. Arzt und Patient in beiden Gruppen bewerteten unabhängig voneinander, wie wichtig sie jedes einzelne Gesundheitsproblem fan-den. Nur die Interventionsärzte wurden von den Patien-tenprioritäten in Kenntnis gesetzt und nahmen eine parti-zipative Behandlungsplanung vor, die Kontrollärzte eine übliche Besprechung und Planung. Überprüft wird derzeit, ob es signifikante und relevante Unterschiede in der Übereinstimmung der arzt- und patientenseitigen Wichtig-keitsbewertungen zwischen beiden Gruppen nach dem Arzt-Patient-Gespräch gegeben hat. Sekundäre Outcomes messen Patienteneinschätzungen zu Patientenzentrierung, Empowerment, Zufriedenheit, Art der Entscheidungsfin-dung und Behandlungsadhärenz bezogen auf das Arzt-Patient-Gespräch.

Ergebnisse: Die 317 in die Studie eingeschlossenen Pati-enten (Ø 76 Jahre, 62% w) hatten im Median 11 Ge-sundheitsprobleme, insgesamt 3615. 53% aller Probleme waren den Patienten vor dem Arzt-Patient-Gespräch (t0) wichtig, 63% den Ärzten. Nach dem Gespräch (t2) bewer-

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teten die Patienten mehr Probleme wichtig als zuvor (58%), die Ärzte verblieben bei 63%. Das Übereinstim-mungsmaß Kappa (gewichtet) zur Wichtigkeitseinschät-zung der Probleme zwischen Patient und Arzt lag zu t0 bei 0,063 und zu t2 bei 0,209. Gruppenspezifische Auswer-tungen zu dem primären und sekundären Outcomes werden derzeit vorgenommen

Schlussfolgerung/Implikation: Ärzte und Patienten stimm-ten in ihren Gesundheits- und Behandlungsprioritäten vor dem Gespräch kaum überein. Die Übereinstimmung war auch nach dem Gespräch nicht wesentlich besser. Die weiteren Auswertungen werden ergeben, ob es gruppen-spezifische Effekte in den Outcomes gibt.

Bitte zitieren als: Junius-Walker U, Wrede J, Voigt I, Diederichs-Egidi H, Hofmann W, Hummers-Pradier E, Dierks ML. Partizipative Behandlungsplanung mit älteren Patienten (PräfCheck): Was bringt es, wenn sich Ärzte und Patienten partnerschaftlich über Gesundheits- und Behandlungsprioritäten austauschen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom021. DOI: 10.3205/11fom021, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0217 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom021.shtml

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Warum sprechen die Patienten nicht mit uns? – Konsultationsverhalten und Erwartungen älterer Rückenschmerzpatienten Jens Best1, Maria Geyer1, Corinna Leonhardt2, Annette Becker1 1Abteilung Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medi-zin, Marburg, Deutschland 2Institut für Medizinische Psychologie, Marburg, Deutschland

Hintergrund: Trotz der hohen Prävalenz von Rücken-schmerzen bei älteren Patienten zeigen Studien, dass ältere Menschen dem Arzt nicht spontan von ihren Be-schwerden berichten („underreporting“). Bislang liegen jedoch keine Erfahrungen vor, ob dieses Berichtsverhalten in Zusammenhang mit der Schmerzausprägung, Selbst-wirksamkeit und den Erwartungen an den Arzt steht.

Material und Methoden: Für eine Kohortenstudie wurden häusärztliche Patienten in drei Regionen Deutschlands rekrutiert. Es wurden Patienten >65 Jahre mit Rücken-schmerzen in den letzten drei Monaten eingeschlossen. Anhand von Fragebogen, ggf. unterstützt durch Interview, wurden die Patienten zu ihren Schmerzcharakteristika, Komorbiditäten, Konsultationsverhalten, Medikamenten-einnahme, Selbstwirksamkeit und Erwartungen befragt. Ein Follow-up hinsichtlich der Ausprägung ihrer Schmer-zen und der Erfüllung von Erwartungen erfolgte nach 6 und 12 Monaten.

Ergebnisse: 115 Rückenschmerzpatienten aus 12 haus-ärztlichen Praxen (mittleres Alter: 73 Jahre (65–89), 67% Frauen) wurden eingeschlossen. 37% der Patienten wur-den als Non-Reporter eingestuft (keine rückenschmerzbe-zogene Konsultation in drei Monaten). Diese Patienten hatten eine bessere schmerzbezogene Selbstwirksamkeit und empfanden die Beschwerden als weniger stark und weniger in Alltag und Freizeit einschränkend als die kon-sultierende Vergleichsgruppe. Für beide Patiententypen stehen die Verschreibung von Medikamenten, Tipps für Selbstmanagement und das Gespräch im Vordergrund ihrer Erwartungen an den Hausarzt.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse lassen ver-muten, dass ältere Menschen im Sinne eines Defizitmo-dells Schmerzen akzeptieren und ihren Hausarzt nur dann konsultieren, wenn die Beschwerden zu Beeinträchtigun-gen im täglichen Leben führen. Inwiefern sich das unter-schiedliche Berichtsverhalten auf die Prognose der Patien-ten auswirkt, wird auf dem Kongress vorgestellt werden.

Bitte zitieren als: Best J, Geyer M, Leonhardt C, Becker A. Warum sprechen die Patienten nicht mit uns? – Konsultationsverhalten und Erwartungen älterer Rückenschmerzpatienten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom022. DOI: 10.3205/11fom022, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0221 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom022.shtml

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Patientenverfügung auf neuen Wegen: Kontrollierte Studie zur Implementation des Advance Care Planning-Programms 'beizeiten begleiten' in Senioreneinrichtungen und kooperierenden Versorgungsstrukturen einer Region Jürgen in der Schmitten1, Sonja Rothärmel2, Stephan Rixen3, Christine Mellert1, Katharina Lex1, Bernard Hammes4, Linda Briggs5, Karl Wegscheider6, Georg Marckmann7 1Abteilung für Allgemeinmedizin, Düsseldorf, Deutschland 2Institut für Bio-, Gesundheits- und Medizinrecht, Augsburg, Deutschland 3Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Sozialwirtschafts- und Gesund-heitsrecht, Bayreuth, Deutschland 4Institute of Medical Humanities, Gunderson Lutheran Medical Foundation, Wisconsin, Vereinigte Staaten 5Institute of Medical Humanities, Gunderson Lutheran Medical Foundation, Wisconsin, Deutschland 6Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, Hamburg, Deutschland 7Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin, München, Deutschland

Hintergrund: Advance Care Planning (ACP) ist ein innova-tives Konzept zur systematischen Entwicklung und Beach-tung von Patientenverfügungen (PV), das einen professio-nell begleiteten Gesprächsprozess auf individueller Ebene mit einer durchgreifenden strukturellen Veränderung im gesamten Netz der regionalen Gesundheitsversorgung verbindet. Wir haben untersucht, welche Effekte die Ein-führung eines ACP-Programms in einer Region hinsichtlich Vorkommen, Aussagekraft und Validität von PV in den beteiligten Senioreneinrichtungen bewirkt.

Material und Methoden: Im Rahmen einer longitudinalen kontrollierten Studie verglichen wir 4 Altenheime der Interventionsregion (421 Plätze) mit 2x5 Altenheimen zweier Kontrollregionen (985 Plätze). Die Bewohnerrekru-tierung erfolgte vom 01.02.09 bis 30.06.09. Primärer Endpunkt ist das Vorhandensein einer Patientenverfügung im Todesfall oder zum 30.06.10. Sekundäre Endpunkte vergleichen Aussagekraft und Validität von PV sowie Pro-zessparameter und klinische Ereignisse. Die auf der Basis des US-amerikanischen ACP-Programms 'Respecting Choices®' entwickelte Intervention 'beizeiten begleiten®' umfasst 1. eine Schulung nicht-ärztlicher Einrichtungsmit-arbeiter als professionelle Begleiter, 2. Fortbildungen für kooperierende Hausärzte, 3. die Entwicklung einheitlicher

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Formulare einschließlich eines Notfallbogens und 4. Informationsveranstaltungen für das Personal der Senio-reneinrichtungen, des Rettungsdienstes und des Kranken-hauses.

Ergebnisse: 180 Bewohner der Interventions- und 465 Bewohner der Kontrollregion nahmen an der Studie teil (41%); die Non-Responder-Analyse zeigt ein Überwiegen von Bewohnern mit Pflegestufe III im Studienkollektiv (25,6 vs. 14,9%), während Alter, Geschlecht und das Vorkommen von Patientenverfügungen (13,0 vs. 15,0%) nicht signifikant verschieden verteilt waren. Die Analyse der Studiendaten wird bis zum Sommer 2011 abgeschlos-sen sein.

Schlussfolgerung/Implikation: Nach unserer Kenntnis handelt es sich um die erste inter-regional kontrollierte Studie zur Implementation eines ACP-Programms. Unser Programm 'beizeiten begleiten' hat – wie seine internatio-nalen Vorbilder – eine Realisierung von gesundheitlicher Vorsorgeplanung ermöglicht, die den Rahmen herkömm-licher Patientenverfügungen weit überschreitet, und be-wirkt bis heute tiefgreifende Veränderungen in mehreren beteiligten Institutionen der Interventionsregion. Offene Fragen sind die Auswirkung des Programms auf die tat-sächliche Behandlung der Bewohner sowie die Bedingun-gen einer nachhaltigen Aufrechterhaltung solcher regio-nalen Programme.

Literatur 1. Detering KM, et al. The impact of advance care planning on end of life care in elderly patients: randomised controlled trial. BMJ. 2010;340:c1345. 2. Hammes, BJ, Rooney BL, Gundrum JD. A comparative, retrospective, observational study of the prevalence, availability, and specificity of advance care plans in a county that implement-ed an advance care planning microsystem. J Am Geriatr Soc. 2010;58(7):1249- 55 3. in der Schmitten J, et al. A complex regional intervention to implement advance care planning in one town's nursing homes: Protocol of a controlled inter-regional study. BMC Health Serv Res. 2011;11(1):14.

Bitte zitieren als: in der Schmitten J, Rothärmel S, Rixen S, Mellert C, Lex K, Hammes B, Briggs L, Wegscheider K, Marckmann G. Patientenverfügung auf neuen Wegen: Kontrollierte Studie zur Implementation des Advance Care Planning-Programms 'beizeiten begleiten' in Senioreneinrichtungen und kooperierenden Versorgungsstrukturen einer Region. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom023. DOI: 10.3205/11fom023, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0238 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom023.shtml

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Betreuung von älteren Patienten mit Diabetes mellitus durch Hausärzte Eva Mann1, Alexander Vonbank2, Christoph Säly2, Heinz Drexel2 1Praxis für Allgemeinmedizin, Rankweil, Österreich 2Akademisches Lehrkrankenhaus, Interne Abteilung, Feldkirch, Österreich

Hintergrund: Die Prävalenz von Diabetes mellitus in der älteren Bevölkerung ist hoch wie auch die Prävalenz von makro- und mikrovaskulären Komplikationen sowie geri-atrischen Syndromen. Ziel unserer Studie war die Analyse der Betreuung von älteren Patienten mit Diabetes mellitus in hausärztlichen Grundversorgung und der Vergleich der

Resultate zwischen 70 bis 79 Jährigen und ≥80 Jahre alten Patienten.

Material und Methoden: Ziel unserer Studie war die Ana-lyse der Betreuung von älteren Patienten mit Diabetes mellitus in hausärztlichen Grundversorgung und der Ver-gleich der Resultate zwischen 70 bis 79 Jährigen und ≥80 Jahre alten Patienten. Von November 2008 bis März 2009 rekrutierten 23 Hausärzte und ein hausärztlich tätiger Facharzt für Innere Medizin konsekutiv insgesamt 203 unselektionierte Patienten im Alter von mindestens 70 Jahren. Erfasst wurden die Diabetes-relevante Anamnese, Medikation und glykämische, Lipid- und Nierenparame-ter.

Ergebnisse: Von den 203 inkludierten Patienten waren 114 (56,2%) zwischen 70–79 Jahre alt, 89 (43,8%) wa-ren 80 Jahre und älter. Die Subgruppenanalyse zeigte einen Mittelwert des zuletzt gemessenen HbA1c von 7.1±0.9 bei 70–79 Jährigen und 7.6±1.6 bei über 80-Jährige (p=0,080). Der innerhalb des letzten Jahres gemessene mittlere Wert von LDL lag in der Altersgruppe der 70–79-Jährigen bei 122±40 und 114±35 (p=0,273) bei über 80-Jährigen. Im Vergleich zu den 70 bis 79 Jährigen zeigten Patienten in der höheren Alters-gruppe signifikant niedrigere Werte für BMI (29.6±5.0 vs 27.5±5.0, p=0.010) und eine höhere Prävalenz von koronarer Herzkrankheit (37.1% vs 55.1%, p=0.011) und Demenz (6.1% vs 20%, p=0.001). Signifikant seltener als in der jüngeren wurden in der älteren Patientengruppe Kontrollen von LDL (80.7% vs 67.4%, p=0.001) und der Kreatininclearance (35.1% vs 30.3%, p=0.025) durchge-führt.

Schlussfolgerung/Implikation: Erstmals werden österreichi-sche Daten über die hausärztliche Versorgung von Patien-ten mit Diabetes, die älter als 70 Jahre alt sind, präsen-tiert. Die glykämische Kontrolle ist streng, deutliches Ver-besserungspotential besteht in der Erreichung der Lipidzie-le und im Monitoring der Nierenfunktion. Es herrscht also immer noch ein glukozentrisches Weltbild in der Diabetes-Versorgung geriatrischer Patienten.

Bitte zitieren als: Mann E, Vonbank A, Säly C, Drexel H. Betreuung von älteren Patienten mit Diabetes mellitus durch Hausärzte. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom024. DOI: 10.3205/11fom024, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0240 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom024.shtml

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Versorgung am Lebensende aus Sicht von Patienten und Angehörigen: Realität, Anspruch und Visionen Jutta Bleidorn1, Katharina Klindtworth2, Sandra Krenz2, Helene Pahlow2, Nils Schneider2 1Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule Hanno-ver, Hannover, Deutschland 2Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystem-forschung, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland

Hintergrund: Um die häusliche Versorgung Schwerstkran-ker und Sterbender zu optimieren, ist intensivierte For-schung zu den Perspektiven von Patienten und ihren An-gehörigen zentral. Ziel dieser Untersuchung ist es, die

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Sichtweisen von Betroffenen zu explorieren. Dabei wird sowohl das eigene Erleben der Versorgungssituation wie auch Vorschläge der Betroffenen zur Verbesserung der Versorgung berücksichtigt.

Material und Methoden: Zwei leitfragengestützte Fokus-gruppendiskussionen mit Patienten und ihren Angehörigen sowie Hinterbliebenen verstorbener Patienten (insgesamt: n=12 Teilnehmer). Digitale Aufzeichnung und Transkrip-tion der Gruppendiskussionen. Inhaltsanalytische Auswer-tung nach dem Ansatz qualitativer Deskription unter Ver-wendung des Softwareprogramms MAXQDA.

Ergebnisse: Vier Kernkategorien wurden herausgearbeitet:

1. Koordination: Die Organisation von Hilfsmitteln und Verordnungen sowie die Koordination der Versor-gung stellt häufig eine zusätzliche Belastung der pflegenden Angehörigen dar. An Schnittstellen, vor allem zwischen stationärem und ambulantem Be-reich, können Probleme entstehen. Ein kompetenter Ansprechpartner, der als „Lotse“ fungiert und Unter-stützung bei allen organisatorischen Fragen bietet, wäre hilfreich.

2. Gespräche mit Ärzten: Gelungene Kommunikation sowohl mit Hausärzten, aber auch mit beteiligten Gebietsärzten als kompetenten und empathischen Gesprächspartnern wird von den Fokusgruppenteil-nehmern als zentral erachtet. Vor allem sollte ausrei-chend Zeit für Aufklärung und Informationsvermitt-lung zur Verfügung stehen.

3. Entscheidungen: Ein wesentlicher Wunsch vieler Pati-enten ist, möglichst lange selbstständig und selbstbe-stimmt am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und Entscheidungen eigenständig treffen zu können. Ist das nicht mehr möglich, werden zunehmend Ange-hörige in die Entscheidungsfindung einbezogen. Pa-tientenverfügungen und Vorsorgevollmachten wer-den dabei als hilfreich empfunden.

4. Schmerztherapie: Schmerzlinderung vor allem in der Sterbephase ist aus Sicht der Hinterbliebenen ein wichtiges Ziel. Mögliche unerwünschte Wirkungen, insbesondere Somnolenz und Einschränkungen in der Kommunikationsfähigkeit, sollten jedoch Berück-sichtigung finden.

Schlussfolgerung/Implikation: Unterstützung bei der Ko-ordination, gelungene Kommunikation mit beteiligten Ärzten sowie die Beachtung individueller Bedürfnisse gerade auch im Hinblick auf Entscheidungsfindung sind wesentlich für eine patientenorientierte Versorgung am Lebensende. Die Stärkung „sprechender Medizin“ auf unterschiedlichen Ebenen (Aus-, Fort- und Weiterbildung, Vergütungssystem) erscheint notwendig.

Bitte zitieren als: Bleidorn J, Klindtworth K, Krenz S, Pahlow H, Schneider N. Versorgung am Lebensende aus Sicht von Patienten und Angehörigen: Realität, Anspruch und Visionen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom025. DOI: 10.3205/11fom025, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0255 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom025.shtml

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Die Bestimmung der Nierenfunktion und Konsequenzen für die Medikation bei hochbetagten Patienten Marlies Karsch-Völk, Elisa Schmid, Klaus Linde, Antonius Schneider

Institut für Allgemeinmedizin, TU München, München, Deutsch-land

Hintergrund: Bei vielen alten Patienten ist die Nierenfunk-tion eingeschränkt und limitiert die Medikamentenverord-nung. Für die Dosisanpassung von Medikamenten bei alten Patienten haben sich der Serum-Kreatininwert, aber auch die häufig zur Berechnung einer eGFR (estimated glomerular filtration rate) verwendete Modification of Diet in Renal Disease (MDRD)- Formel oder die Cockroft-Gault-Formel (CG) als nur eingeschränkt geeignet erwie-sen. Serum-Cystatin C wurde in vielen Untersuchungen als ein dem Serum-Kreatinin überlegener Nierenparame-ter beschrieben, der vor allem bei alten Menschen weni-ger störanfällig ist. In unserer Studie soll untersucht wer-den, ob eine Berechnung der eGFR mittels Cystatin C-basierten Formeln im Vergleich zur Berechnung mit Krea-tinin-basierten Formeln zu einer so unterschiedlichen Einschätzung der Nierenfunktion bei über 80-Jährigen führt, dass sich auch unterschiedliche Konsequenzen für die Dosisanpassung der Medikation ergeben.

Material und Methoden: Eingeschlossen wurden hausärzt-liche Patienten ab 80 Jahren, die einwilligungsfähig wa-ren, eine normale Schilddüsenfunktion und keine akute maligne Erkrankung hatten. Bei allen Patienten wurden Serum-Kreatinin und Serum-Cystatin C bestimmt und die eGFR mit den beiden Kreatinin-basierten Formeln MDRD und CG und drei Cystatin C-basierten Formeln (Grubb, Hoek, Perkins) berechnet. Zusätzlich wurde die Medikati-on aller Patienten erfasst. Zur Bewertung der Medikations-konsequenzen wurden drei Quellen herangezogen: The Renal Drug Handbook [1], www.dosing.de und das Arz-neimittel Pocket [2].

Ergebnisse: Insgesamt konnten 108 Patienten in die Aus-wertung aufgenommen werden. Das Durchschnittsalter lag bei 86 Jahren (SD 4,4 Jahre), der Frauenanteil bei 73%, die durchschnittliche Anzahl der eingenommenen Wirkstoffe bei 7,5 (SD 3,8) und die durchschnittliche Anzahl der eingenommenen Medikamente, bei denen eine Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz nötig werden kann, bei 2,5 (SD 1,4).

Die Serum-Kreatininwerte lagen durchschnittlich bei 1,12 mg/dl (SD 0,46 mg/dl, Min 0,5 mg/dl, Max 3,2 mg/dl) und die Serum-Cystatin C-Werte bei 1,26 mg/l (SD 0,45 mg/l, Min 0,63 mg/l, Max 3,35 mg/l). Die eGFR-Werte lagen im Durchschnitt je nach Formel bei [ml/min/1,73m2] CG: 46,0; MDRD: 57,1; Grubb: 68,3; Hoek: 66,1; Perkins 87,6. Infolge des Renal Drug Hand-book [1] müssen die wenigsten nierenfunktionsbedingten Medikationsänderungen durchgeführt werden und infolge des Arzneimittel Pocket [2] die meisten.

Schlussfolgerung/Implikation: Generell schätzen die krea-tininbasierten Formeln die eGFR niedriger ein als die Cystatin C-basierten Formeln und führen daher auch zu mehr Konsequenzen bezüglich der Medikation. Dabei

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werden mit der CG-Formel die niedrigsten eGFR-Werte ermittelt.

Mehr als die Methode zur Bestimmung der Nierenfunktion jedoch beeinflusst die Auswahl der Referenzquelle, ob Konsequenzen bei der Medikation hoch Betagter gezogen werden müssen.

Literatur 1. Ashley C, Currie A. The Renal Drug Handbook. 3rd ed. Oxford, New York: Radcliffe Publishing; 2009. 2. Ruß A, Endres S. Arzneimittel Pocket. 7. Aufl. Grünwald: Börm Bruckmeier Verlag; 2010.

Bitte zitieren als: Karsch-Völk M, Schmid E, Linde K, Schneider A. Die Bestimmung der Nierenfunktion und Konsequenzen für die Medikation bei hochbetagten Patienten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom026. DOI: 10.3205/11fom026, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0264 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom026.shtml

If Depressions- und Demenz-Behandlung in der Primärversorgung

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Behandlung depressiver Störungen in der Primärversorgung – ein systematischer multi-treatment Review der randomisierten Studien zu verfügbaren Behandlungen Klaus Linde1, Isabelle Schumann1, Karin Meissner1, Susanne Jamil1, Levente Kriston2, Gerta Rücker3, Gerd Antes4, Antonius Schneider1 1TU München, Institut für Allgemeinmedizin, München, Deutsch-land 2Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutsch-land 3Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, Deutschland 4Deutsches Cochrane Zentrum, Freiburg, Deutschland

Hintergrund: Der überwiegende Teil der Patienten mit depressiven Störungen wird in Allgemeinarztpraxen bzw. in der Primärversorgung diagnostiziert und behandelt, die meisten Therapiestudien werden jedoch in Facharztpraxen und spezialisierten Zentren durchgeführt. Da die Über-tragbarkeit der Ergebnisse aus solchen Settings unklar ist, wurden in näherer Vergangenheit vermehrt Meta-Analysen von Studien zu einzelnen Therapien durchgeführt, die ausschließlich hausärztliche Patienten untersuchten. Eine Gesamtschau dieser Studien liegt jedoch bisher nicht vor. Daher wird im Rahmen dieses systematischen multi-treatment Reviews die Effektivität verfügbarer pharmako-logischer, psychologischer und kombinierter Therapien zur Behandlung von Depression vergleichend untersucht. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Material und Methoden: Randomisierte Studien, in denen die Wirksamkeit pharmakologischer, psychologischer oder kombinierter Therapien bei Hausarzt-Patienten mit depressiven Störungen im Vergleich zu einer anderen Therapie, Placebo oder Nichtbehandlung untersucht

wurden, werden über Datenbanksuchen und existierende Übersichtsarbeiten identifiziert. Zwei Reviewer extrahieren relevante Informationen und bewerten die Verzerrungsrisi-ken in den eingeschlossenen Studien mit Hilfe der von der Cochrane Collaboration empfohlenen Methode. Meta-Analysen (random effects Modell, inverse variance Ge-wichtung) werden für direkte Vergleiche einzelner Thera-pien bzw. einzelner Gruppen von Therapien (z.B. SSRIs vs. Trizyklika, SSRIs vs. Johanniskrautextrakte) durchgeführt. In einer sekundären Netzwerk-Analyse sollen Effektgrößen für die einzelnen Behandlungen unter Einbezug aller direkten und indirekten Vergleiche geschätzt werden.

Ergebnisse: Das Projekt befindet sich derzeit (April 2011) in der Extraktionsphase. Bisher wurden 36 Studien einge-schlossen und extrahiert; es wird davon ausgegangen, dass in etwa noch mal eine ähnliche Zahl von Studien in den nächsten Wochen eingeschlossen wird. 22 der 36 bereits extrahierten Studien untersuchen medikamentöse Maßnahmen, 9 psychologische Interventionen und 5 Kombinationstherapien. Die Konzeption der meisten medikamentösen Studien (Vergleich mit Placebo oder anderen Medikamenten für 4-12 Wochen) unterscheidet sich deutlich von der der Mehrheit der psychologischen Studien (häufig Vergleich mit Routineversorgung und längere Beobachtungsdauer), was die Durchführung einer Netzwerk-Meta-Analyse deutlich erschweren wird. Aktuelle Ergebnisse werden vorgestellt.

Schlussfolgerung/Implikation: Dieser systematische multi-treatment Review wird einen umfassenden Überblick über die Evidenzlage zur Wirksamkeit verschiedener Therapien für hausärztliche Patienten mit depressiven Störungen erbringen. Es erscheint allerdings aufgrund der bisherigen Ergebnisse unwahrscheinlich, dass definitive Aussagen darüber getroffen werden können, ob einzelne Interven-tionen wirksamer sind als andere.

Bitte zitieren als: Linde K, Schumann I, Meissner K, Jamil S, Kriston L, Rücker G, Antes G, Schneider A. Behandlung depressiver Störungen in der Primärversorgung – ein systematischer multi-treatment Review der randomisierten Studien zu verfügbaren Behandlungen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom027. DOI: 10.3205/11fom027, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0278 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom027.shtml

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Stellenwert von Johanniskraut-Extrakt in der Depressionstherapie – eine nicht-interventionelle Studie in Hausarztpraxen Berthold Musselmann1, Stefanie Joos2, Martin Burkart3 1Akademische Lehrpraxis Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland 2Abt. Allgemeinmedizin Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland 3Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG, Karlsruhe-Durlach, Leitung Medizinische Wissenschaften, Karlsruhe, Deutschland

Hintergrund: Patienten mit Depression werden in vielen Fällen vom Hausarzt betreut, häufig mit Johanniskraut. In einer einarmigen, nicht-interventionellen Studie wurde die Anwendung von Johanniskrautextrakt WS® 5570 1x600 mg/Tag (Neuroplant®) im hausärztlichen Praxisalltag untersucht. Es wurden sowohl Sichtweisen der Patienten als auch der Ärzte erhoben.

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Material und Methoden: Eingeschlossen wurden Patienten mit leichter bis mittelschwerer Depression, die seit mindes-tens 2 und längstens 6 Wochen bestand. Zur Schwere-gradbeurteilung wurde die Hamilton-Depressionsskala (HAMD) eingesetzt. In Anlehnung an internationale Stu-dien wurde eine Verbesserung des HAMD-Gesamtscores um 50% als Therapieerfolg, ein Score <8 als Remission gewertet. Zur Abschätzung der Anwendungssicherheit wurden unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) er-fasst. Die Beobachtungsdauer betrug 8–10 Wochen, dokumentiert wurden bis zu 3 Kontrollbesuche (nach 2, 4–6 und 8–10 Wochen). Erfahrungen und Einstellungen der Ärzte zur Depressionstherapie und Komplementärme-dizin wurden anhand eines Fragenkatalogs erfasst.

Ergebnisse: 408 Allgemeinmediziner dokumentierten 1.300 Patienten (69% Frauen) mit leichter oder mittel-schwerer Depression. Von diesen erfüllten 493 Patienten nicht alle Einschlusskriterien (z.B. Episodendauer zu lang/kurz n=344, Dokumentationszeitraum <8 Wochen n=87). Bei 640 Patienten (79%) wurde ein Therapieer-folg, bei 552 (68%) eine Remission erreicht (HAMD <8). 7 Patienten berichteten 9 leichte bis mittelschwere UAWs, kein UAW war schwerwiegend. Die Ärzte bewerteten die Verträglichkeit in 98% der Fälle als sehr gut bis gut. Von 408 Ärzten lagen 202 auswertbare Arztfragebögen vor. Die Ärzte waren im Mittel seit 18 Jahren niedergelassen, 31% besaßen die Zusatzbezeichnung Naturheilverfahren. 85% schätzten das Vertrauen der Patienten in Komple-mentärmedizin hoch ein. Die Ärzte betrachteten Selbsthei-lung und Placebo-Effekte als wichtige Heilungsfaktoren, sprachen jedoch in 75% der Fälle dem Präparat mindes-tens die Hälfte der Therapiewirkung zu.

Schlussfolgerung/Implikation: Diese Studie zeigt eine hohe Ansprech- und Remissionsrate für die Therapie mit Johanniskrautextrakt WS® 5570 (1x600 mg/Tag) im hausärztlichen Setting. Kausale Schlussfolgerungen lassen sich aufgrund des Studiendesigns nicht ziehen, der Ver-gleich mit einer randomisierten kontrollierten klinischen Studie zeigt jedoch ein vergleichbares Ansprechen. Die überwiegende Zahl der behandelnden Ärzte schreiben dem Johanniskrautextrakt über die Hälfte des Behand-lungserfolges zu, darüber hinausgehende Effekte sind ebenso bedeutsam. Der hohe Stellenwert von Johannis-kraut-Extrakt in der hausärztlichen Depressionstherapie wird bestätigt. Das Projekt zeigt, dass Studien in Hausarzt-praxen in Kooperation mit Pharmaunternehmen erfolg-reich durchführbar sind und dabei hausärztlicherseits das Design mitbestimmt werden kann.

Literatur 1. Kasper S, Anghelescu I, Szegedi A, Dienel A, Kieser M. Supe-rior efficacy of St. John's wort extract WS(R) 5570 compared to placebo in patients with major depression: a randomized, dou-ble-blind, placebo-controlled, multi-center trial. BMC Medicine. 2006;4:14-27. 2. Kasper S, Volz HP, Möller HJ, Dienel A, Kieser M. Continua-tion and long-term maintenance treatment with Hypericum ex-tract WS® 5570 after recovery from an acute episode of moder-ate depression—A double-blind, randomized, placebo controlled long-term trial. Eur Neuropsychpharmacol. 2008;18:803-13. 3. Kirsch I, Sapirstein G. Listening to prozac but hearing place-bo: a meta-analysis of antidepressant medication. Prevention & Treatment. 1998;1(2). DOI: 10.1037/1522-3736.1.1.12a 4. Linde K, Berner MM, Kriston L. St John's wort for major de-pression. Cochrane Database Syst Rev. 2008;4:CD000448 5. Musselmann B, Szecsenyi J, Joos S. Komplementärmedizin in der Praxis – der diagnostisch-therapeutische Prozess aus Sicht von Hausärzten (eine qualitative Studie). Forschende Komple-mentärmedizin. 2009;16(6):392-9

Bitte zitieren als: Musselmann B, Joos S, Burkart M. Stellenwert von Johanniskraut-Extrakt in der Depressionstherapie – eine nicht-interventionelle Studie in Hausarztpraxen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom028. DOI: 10.3205/11fom028, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0283 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom028.shtml

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Selbstmanagementförderung bei Patienten mit Angst, Depression oder somatoformen Störungen in der hausärztlichen Versorgung durch Kooperation zwischen Hausärzten und Pflegekräften Egina Puschmann1, Thomas Zimmermann2, Hendrik van den Bussche2, Martin Scherer2 1Institut für Allgemeinmedizin, UKE, Hamburg, Deutschland 2IfA, UKE, Hamburg, Deutschland

Hintergrund: Somatoformen Störungen, Angststörungen und Depression gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen, die initial überwiegend primärärztlich versorgt werden. Die Hausärzte übernehmen die weitere Steuerung der Patienten. Manchmal behandeln die Haus-ärzte selbst, manchmal überbrücken sie nur die Wartezeit auf einen Psychotherapieplatz. Aufgrund des hohen Be-darfs und der begrenzten Kapazitäten (sowohl haus- als auch spezialärztlich) erhalten viele dieser Patienten aller-dings kein für den Fall optimiertes Angebot.

Studiendesign: In dem hier vorgestellten Modellvorhaben wird die Mitarbeit einer Gesundheits- und Krankenpflege-rin mit fachpsychiatrischer Weiterbildung in der hausärztli-chen Praxis erprobt. Der Einschluss der Patienten erfolgt mittels PHQ Screening. Zur Verbesserung der Versorgung dieser Patienten sollen durch die Pflegekraft a) die Selbst-management-Fähigkeiten der Patienten im Umgang mit den Beschwerden gestärkt werden und b) Case-Management-Aufgaben übernommen werden, bspw. durch die Einbeziehung weiterer Spezialisten und Dienste. Eine Ist-Analyse mittels Fokusgruppen und Einzelinterviews liefert detaillierte Feldkenntnisse der Versorgungssituation von Patienten mit Symptomen aus dem somatoformen, ängstlichen und depressivem Spektrum. Die ermittelten Erfolgsfaktoren und Hindernisse der bisherigen hausärztli-

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chen Behandlungs- und Empowerment-Strategien bilden die Basis der Interventionsplanung, die unter Einbezie-hung von Hausärzten und Pflegekräften erfolgt. Im Rah-men einer Interventionsstudie (4 Praxen Intervention – 4 Praxen Kontrollen) werden Ablauforganisation, Dokumen-tations- und Kooperationsinstrumente für die Zusammen-arbeit von Hausarzt, Medizinischer Fachangestellten und der Pflegkraft entwickelt. Eine speziell für den Einsatz zugeschnittene Schulung der Pflegekräfte wird entworfen. Materialien zur Patientenberatung werden erstellt. Durch intensives Prozessmonitoring wird die Einbindung einer Pflegekraft im Setting einer ambulanten Praxis begleitet, die Pflegekräfte werden während ihres Einsatzes von 24 Monaten supervidiert. Evaluiert werden u. a. die Akzep-tanz des neuen Versorgungsmodells und die Kosteneffek-tivität, d. h. der Nutzen für die Patienten (Veränderungen im PHQ), eine Verringerung der Inanspruchnahme des Gesundheitssystems und eine Reduktion der indirekten Kosten (z. B. AU-Tage).

Ergebnisse: Die Ergebnisse aus den Fokusgruppen werden berichtet.

Erwartungen: Es wird erwartet, dass sich die Versorgungs-situation der Patienten unmittelbar verbessert und die Ressourcen des Gesundheitswesens optimaler genutzt werden, während indirekte Kosten sinken. Bei einer positi-ven Bewertung des Projektes ist geplant, das Konzept und die erstellten Materialien in andere Regionen zu übertra-gen.

Derartige Versorgunsmodelle sind bislang nicht durchge-führt worden und stellt einen neuen Ansatz in der ambu-lanten Versorgungsstruktur dar. Die Diskussion soll ge-nutzt werden, um über das vorgestellte Studiendesign zu reflektieren.

Bitte zitieren als: Puschmann E, Zimmermann T, van den Bussche H, Scherer M. Selbstmanagementförderung bei Patienten mit Angst, Depression oder somatoformen Störungen in der hausärztlichen Versorgung durch Kooperation zwischen Hausärzten und Pflegekräften. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom029. DOI: 10.3205/11fom029, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0293 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom029.shtml

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Die Verschreibung von Antidementiva im ersten Jahr nach der Demenzdiagnose – Ein Vergleich des Verschreibungsverhaltens von Hausärzten und Nervenärzten Hendrik van den Bussche1, Hanna Kaduszkiewicz1, Daniela Koller2, Marion Eisele1 1Institut für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland 2Zentrum für Sozialpolitik, Bremen, Deutschland

Hintergrund: Internationale und nationale Leitlinien zur Behandlung von Patienten mit Demenz empfehlen bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer Demenz den Einsatz von Cholinesterasehemmern (ChEI) sowie bei mittelschwe-rer bis schwerer Form den Einsatz von Memantine. Eine Analyse der Verordnungsdaten auf der individuellen Pati-entenebene liegt allerdings bisher nicht vor. Hauptfrage-stellungen dieser Studie waren daher: 1. Wie viele Patien-ten mit inzidenter Demenz erhalten einen ChEI oder

Memantine in einer angemessenen Dosierung 2. Bei wie vielen Patienten bestehen Unterdosierungen und/oder Diskontinuität in der Verschreibung? 3. Wie unterscheiden sich Hausärzte und Nervenärzte diesbezüglich 4. Welche weiteren Faktoren sind mit der Verschreibung der beiden Medikamentengruppen in einer adäquaten Dosierung assoziiert?

Material und Methoden: Die Studie basiert auf Routineda-ten der Gmünder Ersatzkasse der Jahre 2004–2006. Analysiert wurden die Verschreibungen von Antidementiva für 1848 Patienten mit inzidenter Demenz, die 65 Jahre und älter waren. Faktoren, die die Verschreibung von ChEI und/oder Memantine beeinflussten, wurden in einer multivariaten ordinalen logistischen Regression analysiert.

Ergebnisse: Bei der großen Mehrheit der Patienten mit inzidenter Demenz wird keine sichere ätiologische Zuord-nung der Demenz vorgenommen. 72,6% aller Patienten mit inzidenter Demenz wurden im ersten Jahr nach Diag-nose keine Antidementiva verordnet. ChEI und/oder Memantine in einer angemessenen Dosierung erhielten 7,9% der Patienten, in einer inadäquaten Dosierung weitere 11,7% und 7,8% erhielten andere Antidementiva. Die Unterschiede im Verschreibungsverhalten zwischen Hausärzten und Nervenärzten waren gradueller, nicht grundsärztlicher Natur. Insbesondere im städtischen Be-reich ist die Verschreibungsfu8nktion von Antidementiva bei Nervenärzten sehr wenig ausgeprägt.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Mehrheit aller unter-suchten Patienten mit inzidenter Demenz erhielt keine demenzspezifische Medikation im ersten Jahr nach Diag-nose, auch dann nicht, wenn ein Nervenarzt als (Mit)-Behandler tätig war. Weitere Studien sollten die Gründe für Nichtdiagnostik, Nichtverschreibung und Therapieab-bruch untersuchen. In diesem Zusammenhang erfordern Fragen der Praktikabilität und Umsetzung von Leitlinien eine vermehrte Aufmerksamkeit.

Literatur 1. van den Bussche H, Kaduszkiewicz H, Koller D, Eisele M, Steinmann S, Glaeske G, Wiese B. Anti-dementia drug prescrip-tion sources and patterns after the diagnosis of dementia in Germany: Results of a claims data based one year follow-up. Int Clin Psychopharmacol. 2011;26. DOI: 10.1097/YIC.0b013e328344c600

Bitte zitieren als: van den Bussche H, Kaduszkiewicz H, Koller D, Eisele M. Die Verschreibung von Antidementiva im ersten Jahr nach der Demenzdiagnose – Ein Vergleich des Verschreibungsverhaltens von Hausärzten und Nervenärzten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom030. DOI: 10.3205/11fom030, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0304 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom030.shtml

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Kosteneffektivität eines praxisbasierten Case Managements für Patienten mit Depression Jochen Gensichen1,2, Juliana J. Petersen2, Steffen Baron2, Dirk Heider3, Ferdinand M. Gerlach2, Hans-Helmut König3 1Institut für Allgemeinmedizin Universitätsklinikum Jena, Friedrich-Schiller-Universität, Jena, Deutschland 2Institut für Allgemeinmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Deutschland 3Abteilung für Medizinische Soziologie und Gesundheitsökono-mie, Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf, Deutschland

Hintergrund: Ein praxisbasiertes Case Management durch Medizinische Fachangestellte für Patienten mit Depression in der hausärztlichen Praxis verbessert die Symptome der Depression. Ist diese Intervention kosteneffektiv?

Methode: Pragmatisch cluster-randomisierte Interventions-studie (2005–2008) in 74 deutschen Hausarztpraxen (Ein- bzw. Zweiarztpraxen). Eingeschlossen wurden Patienten zwischen 18 und 80 Jahren mit Major Depression / De-pressive Episode (nach Patient Health Questionnaire: PHQ-9>9 und hausärztlichem ICD-10 Interview). Die Intervention bestand aus einem strukturierten Telefonmo-nitoring zu Symptomen und Medikamentenadherenz sowie Beratungen über 12 Monate. Die Zielgröße war „depressionsfreie Tage“ (Depression-free Days – DFD) basierend auf PHQ-9 Werten. Der Incremental Cost-Effectiveness Ratio (ICER) wurde auf Grundlage der Diffe-renzen zwischen Interventions- und Kontrollgruppe bezüg-lich der Kosten und DFDs nach 24 Monaten berechnet.

Ergebnisse: Von 626 in die Studie eingeschlossen Patien-ten wurden nach 24 Monaten 439 (71%) in dieser Aus-wertung berücksichtigt. Über 24 Monate wiesen die Inter-ventionspatienten statistisch signifikant mehr DFDs als die der Kontrollgruppe auf (Mittelwert: 373 vs. 311 DFDs; P<0.01). Die mittleren Interventionskosten betrugen 276 € pro Interventionsjahr und Patient. In der Interventions-gruppe waren die mittleren direkten Kosten höher (4495 € vs. 3506 €; P=0.16), aber die mittleren indirekten Kosten deutlich niedriger ($5238 € vs. $7539 €; P=0.05) - ebenso die Gesamtkosten. Wenn Entscheidungsträger bereit wären 12.- € pro DFD zur Verfügung zu stellen, können positive Effekte der Intervention erwartet werden.

Schlussfolgerung: In deutschen Hausarztpraxen ist ein einjähriges Depressions-Case-Management kosteneffektiv in der Erhöhung depressionsfreierer Tage über zwei Jahre für betroffene Patienten gegenüber einer Routineversor-gung.

Bitte zitieren als: Gensichen J, Petersen JJ, Baron S, Heider D, Gerlach FM, König HH. Kosteneffektivität eines praxisbasierten Case Managements für Patienten mit Depression. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom031. DOI: 10.3205/11fom031, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0316 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom031.shtml

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Die Rolle von Depressivität in der Optimierung der Behandlung von Patienten mit Bluthochdruck Angela Buchholz1, Stephanie Spiegler1, Iris Tinsel1, Karl-Georg Fischer2, Wilhelm Niebling1 1Lehrbereich Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, Deutschland 2Medizin IV, Abt. Nephrologie, Universitätsklinik Freiburg, Frei-burg, Deutschland

Hintergrund: Es gibt Hinweise darauf, dass das Vorliegen depressiver Symptome bei Patienten mit chronischen Erkrankungen die Behandlung erschweren kann. Einfüh-rung und Verbesserung gesundheitsförderlicher Verhal-tensweisen (Lebensstiländerung) sind seltener zu beobach-ten [1] und die Arzt-Patient Beziehung kann beeinträchtigt sein, was unter Umständen zu einer verminderten Adhä-renz beitragen kann [2]. Ziel dieser Studie ist es, zu unter-suchen, wie häufig und mit welchem Schweregrad bei hausärztlich betreuten Patienten mit Hypertonie depressive Symptome auftreten und ob das Vorliegen depressiver Symptome mit einer schlechteren Blutdruckeinstellung, geringerer Adhärenz oder geringerer wahrgenommenen Partizipation der Patienten einhergeht.

Material und Methoden: Im Rahmen des Projektes „Opti-mierung der Blutdruckeinstellung bei Patienten mit Hyper-tonie durch die Implementierung von partizipativer Ent-scheidungsfindung (PEF) in Hausarztpraxen in Südbaden“ werden Patienten, die wegen einer Hypertonie in Behand-lung sind über vier Messzeitpunkte beobachtet. Die aktu-elle Auswertung bezieht sich auf den zweiten Messzeit-punkt. Neben der Erfassung des Blutdrucks (24-Stunden Blutdruckmonitoring) sowie weiteren klinischen und sozio-demographischen Daten bearbeiteten die Patienten nach dem Arztgespräch einen Fragebogen. Dieser enthielt den Brief Patient Health Questionnaire (PHQ9), den Fragebo-gen zur partizipativen Entscheidungsfindung (PEF-FB9), die Medical Adherence Rating Scale (MARS), sowie Fra-gen zu Behandlungsentscheidungen im Hinblick auf den Bluthochdruck.

Ergebnisse: Für 746 Patienten (52,9 % weiblich, mittleres Alter 65,6, SD=11,4) liegen ausreichend vollständige Angaben (<2 fehlende Werte) für den PHQ-9 vor. Im Mittel geben die Patienten einen PHQ-Wert von 3,5 an (SD=3,3). 118 Patienten (15,8%) geben leichte depressi-ve Beschwerden an (PHQ zwischen 5 und 10), bei 28 Patienten (3,8%) liegt der PHQ-Wert über 10, was als Hinweis auf eine aktuelle depressive Episode gesehen werden kann. Die Blutdruckwerte der Patienten liegen im Mittel bei 127,6/77,6 (SD=12,2/8,9). Es zeigte sich, dass die Gruppe der Patienten mit Hinweis auf eine de-pressive Episode einen niedrigeren systolischen Blutdruck haben (124,7), jedoch ergeben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Zusammenhänge zu anderen erfassten Konstrukten werden beim Kongress präsentiert.

Schlussfolgerung/Implikation: Der Großteil der Stichprobe berichtet aktuell nicht von depressiven Beschwerden, dennoch ist bei einem Fünftel der Patienten von depressi-ven Symptomen auszugehen. Es zeigt sich kein Zusam-menhang zur aktuellen Blutdruckeinstellung, somit scheint zunächst das Vorliegen depressiver Symptome in dieser

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Stichprobe keinen hindernden Effekt auf die Blutdruckein-stellung zu haben.

Literatur 1. Hibbard JH, Mahoney ER, Stock R, Tusler M. Do increases in patient activation result in improved self-management behaviors? Health services research. 2007;42(4):1443-63. 2. Gabriel H, Ambros O. Psychosomatische Aspekte bei Patien-tInnen mit arterieller Hypertonie. J Kardiol. 2010;17:30-4.

Bitte zitieren als: Buchholz A, Spiegler S, Tinsel I, Fischer KG, Niebling W. Die Rolle von Depressivität in der Optimierung der Behandlung von Patienten mit Bluthochdruck. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom032. DOI: 10.3205/11fom032, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0324 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom032.shtml

IIa Patientensicherheit

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Was wissen Patienten über ihre orale Antikoagulationstherapie? Thanh Duc Hua1, Stefan Viktor Vormfelde2, Manar Abu Abed2, Petra Sobotta1, Hannelore Schneider-Rudt1, Jean-François Chenot1 1Abteilung Allgemeinmedizin, Göttingen, Deutschland 2Klinische Pharmakologie, Göttingen, Deutschland

Hintergrund: In Deutschland nehmen über eine Million Patienten täglich Phenprocoumon ein. Die Sicherheit und die optimale Einstellung der Therapie erfordern Adhärenz und Wissen des Patienten über die Risiken der Therapie, Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, Ernäh-rungsempfehlungen und Verhaltensregeln unter oraler Antikoagulation (OAT). Ziel unserer Studie ist es, die Selbsteinschätzung und das Basiswissen über die OAT ungeschulter Patienten zu evaluieren.

Material und Methoden: Im Rahmen einer cluster-randomisierten Interventionsstudie in 22 Hausarztpraxen wurden bei 353 Patienten (48% Frauen; Durchschnittsal-ter aller Patienten lag bei 74 Jahre SD±11) mit OAT eine Eingangserhebung durchgeführt. Mit einem selbstentwi-ckelten Fragebogen wurden demographischen Daten, subjektive Sicherheitsempfinden der Patienten sowie ihr Wissen zu Risiken, Wechselwirkungen, Ernährungsemp-fehlungen und Verhaltensregeln unter OAT erfasst.

Ergebnisse: Die meisten Befragten (57%) schätzen ihr Wissen über die OAT gut bis sehr gut ein. Allerdings gaben ca. 52% Angst vor Komplikationen an. 28% der Befragten wussten nicht, wie lange sie Gerinnungshem-mer einnehmen müssen und ca. 43% der Befragten kann-ten ihren individuellen Zielwert nicht. 46% hatten keine Kenntnisse darüber, wie sie sich unter der Therapie mit Gerinnungshemmer ernähren sollen. 85% der Befragten wussten über die Einflussfaktoren auf die OAT, wie frei-verkäufliche Medikamente oder akute Erkrankungen nicht Bescheid. Die Symptome einer Über- und Unterdosierung, die ein rasches Handeln erfordern, wie Paresen beim Schlaganfall oder Teerstuhl bei Darmblutungen wurden

von ca. 62% der Befragten nicht als dringender Notfall eingestuft.

Schlussfolgerung/Implikation: Obwohl die Mehrheit der Patienten ihr Wissen über die OAT als gut einschätzt, bestehen in vielen sicherheitsrelevanten Themen zur OAT große Wissenslücken. Dies ist potentiell gefährlich, da das Risiko für Komplikationen mit den Wissenslücken über die OAT korreliert. Es besteht ein Bedarf an einer effektiven strukturierten Schulung, um die Sicherheit der Therapie mit oralen Antikoagulantien zu erhöhen. In Deutschland gibt es derzeit noch keine standardisierte Schulung für Patienten, die keine Selbstmessung durchführen, die aber den großen Anteil der Patienten mit OAT ausmachen. Die effizienteste Form einer Schulung zur Therapie mit oralen Antikoagulantien muss noch gefunden werden. Ob eine videogestützte und persönliche Schulung durch eine Me-dizinische Fachangestellte das Wissen über die OAT beim Patienten im Vergleich zu einer üblichen Patienteninforma-tion nachhaltig verbessert, wird im nächsten Schritt unse-rer Studie evaluiert.

Literatur 1. Hua TD, Vormfelde SV, Abed MA, Schneider-Rudt H, Sobotta P, Friede T, Chenot JF. Practice nursed-based, individual and video-assisted patient education in oral anticoagulation. Protocol of a cluster-randomized controlled trial. BMC Family Practice. 2011;12:17.

Bitte zitieren als: Hua TD, Vormfelde SV, Abu Abed M, Sobotta P, Schneider-Rudt H, Chenot JF. Was wissen Patienten über ihre orale Antikoagulationstherapie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom033. DOI: 10.3205/11fom033, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0337 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom033.shtml

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„Dann nehme ich noch so was Pflanzliches“ – Risiken der sogenannten sanften Medizin Silke Brockmann

Swissmedic - Schweizerisches Heilmittelinstitut, Bern, Schweiz

Hintergrund: Bei der Erhebung der Medikamentenanam-nese oder Festlegung einer medikamentösen Therapie in Praxis oder Klinik wird oft nicht bedacht, dass Patienten nebenher Präparate einnehmen, die ihnen zur Verbesse-rung ihres Wohlbefindens angepriesen werden. Dazu gehören pflanzliche oder komplementärmedizinische Arzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel oder Tees. Auf-grund ihres Rufes, natürlich und „sanft“ zu wirken, werden diese Präparate bezüglich ihrer Risiken von den Anwen-dern und den Ärzten oft unterschätzt. Hinzu kommt eine unzureichende Meldedisziplin von unerwünschten Wirkun-gen (Adverse Drug Reactions, ADR) oder Ereignissen (Adverse Events, AE) gerade bei diesen Mitteln.

Material und Methoden: Fälle von ADR und AE aus Da-tenbanken und Literatur sowie Interaktionsdaten werden aufbereitet und die Auswirkungen auf Gesundheit oder Leben der Patienten dargestellt.

Ergebnisse: Zwei zentrale Probleme können identifiziert werden: 1. Untersuchungen zur Metabolisierung von z.B. Phytoarzneimitteln zeigen häufiger als angenommen ein (theoretisches oder klinisch bestätigtes) Potential zu Inter-

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aktionen mit lebenswichtigen bzw. dauerhaft einzuneh-menden Arzneimitteln. 2. Das Problem der Fehl- oder Unterversorgung von Erkrankten aufgrund einer verzöger-ten Diagnosestellung oder Verhinderung einer adäquaten Behandlung durch die Anwendung „sanfter“ Präparate wird zur Zeit unzureichend erfasst und allenfalls anekdo-tisch darüber berichtet.

Schlussfolgerung/Implikation: Wechselwirkungen und Fehlanwendungen können für Patienten gefährlich wer-den. Ärzte sollten jeden Verdachtsfall eines AE bzw. einer ADR melden oder kasuistisch publizieren, wenn sie den Zusammenhang zu einem Präparat vermuten. Nur an-hand gemeldeter oder publizierter Ereignisse können die Pharmafirmen zur Anpassung der Fach- und Ge-brauchsinformationen verpflichtet werden. Zur Erfassung von Folgen einer Fehlanwendung oder einer Behandlung mit unzureichend wirksamen Präparaten bedarf es auch neuer Meldemethoden und -systeme.

Literatur 1. Barnes J. Quality, efficacy and safety of complementary medicines: fashions, facts and the future. Part II: Efficacy and safety. Br J Clin Pharmacolog. 2003;55:331-40. 2. De Smet P. Clinical risk management of herb-drug interac-tions. Br J Clin Pharmacol. 2006;63(3):258-67. 3. Fattinger K, Meier-Abt A. Interaktionen zwischen Phytophar-maka und Arzneimitteln. Schweiz Med Forum. 2003;29/30:693-700. 4. Lim A, Cranswick N, South M. Adverse events associated with the use of complementary and alternative medicine in children. Arch Dis Child. 2010. DOI: 10.1136/adc.2010.183152.

Bitte zitieren als: Brockmann S. „Dann nehme ich noch so was Pflanzliches“ – Risiken der sogenannten sanften Medizin. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom034. DOI: 10.3205/11fom034, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0348 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom034.shtml

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Verbessert der Einsatz der Frankfurter Patientensicherheitsmatrix die Sicherheitskultur in Hausarztpraxen? Beate Müller1, Barbara Hoffmann1, Vera Müller1, Zeycan Albay1, Katrin Weppler1, Carolin Mießner1, Jakob Schröber1, Gesine Hofinger2, Justine Rochon3, Ferdinand Gerlach1 1Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland 2Hofinger Forschung Beratung Training, Remseck, Deutschland 3Institut für Medizinische Biometrie und Informatik, Heidelberg, Deutschland

Hintergrund: Instrumente zur Messung oder Selbstein-schätzung von Sicherheitskultur werden zunehmend in Kliniken und Praxen eingesetzt. Die Frankfurter Patienten-

sicherheitsmatrix (FraTrix) ist ein Selbsteinschätzungs-instrument für Teams in Hausarztpraxen, das zur gemein-samen Reflektion über Patientensicherheit und Maßnah-men zur Verbesserung der Sicherheitskultur anregen soll. In einer randomisiert-kontrollierten Studie wurde es auf seine Effekte hinsichtlich der Sicherheitskultur untersucht.

Material und Methoden: Alle vertragsärztlichen Hausarzt-praxen in Südhessen wurden angeschrieben. Einschluss-kriterium war eine Teamgröße von drei Personen, Aus-schlusskriterium kinderärztliche Praxen. 60 Praxen sollten rekrutiert und zufällig der Intervention (drei Teamsitzungen verteilt über neun Monate, in denen unter externer Mode-ration mit FraTrix gearbeitet wird) oder Kontrolle (Teil-nahme an einer Fortbildung über Fehlermanagement) zugeteilt werden. Vor der Randomisierung und nach Ab-lauf eines Jahres wurden per Fragebogen Daten zum Sicherheitsklima und durch Praxisvisitation zu sicherheits-relevanten Routineprozessen (12 Sicherheitsindikatoren) und zum dokumentierten Fehlermanagement erhoben.

Ergebnisse: Nach erfolgter Randomisierung nahmen 28 Praxen am Interventionsarm teil, 32 am Kontrollarm. Eine Praxis aus der Interventions- und zwei Praxen aus der Kontrollgruppe schieden im Verlauf aus. Zu Beginn der Studie (initiale Datenerhebung) erreichten die Praxen bei den Indikatoren zwischen 0,43 bis 0,75 Punkten (maximal erreichbar 1, Abbildung 1), allerdings hatten 0 bis 34 Praxen alle Kriterien eines Indikators erfüllt (schlechtester Wert: Therapie mit Antikoagulantien; bester Wert: Doku-mentation von Medikamentenallergien, Abbildung 2). In zehn Praxen waren aktuell (zwischen einem und neun) kritische Ereignisse dokumentiert worden. In der schriftli-chen Befragung aller Mitglieder des Praxisteams zeigt sich insgesamt die Wahrnehmung eines positiven Patientensi-cherheitsklimas (Mittelwerte zwischen 3,98 und 4,59 auf einer fünfstufigen Likert-Skala). Die Intervention wurde in 27 Praxen wie geplant durchgeführt, in 14 der Interventi-onspraxen wurden zwischen einer und 18 Maßnahmen zur Erhöhung der Patientensicherheit und Verbesserung der Sicherheitskultur beschlossen und dokumentiert.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Studie wurde Ende 2010 abgeschlossen, derzeit werden die Daten ausgewer-tet. Die Ergebnisse sollen auf dem Kongress vorgestellt werden.

Literatur 1. Halligan M, Zekevic A. Safety culture in healthcare: a review of concepts, dimensions, measures and progress. BMJ Qual Saf. 2011;20:338-43. DOI: 10.1136/bmjqs.2010.040964 2. Hoffmann B, Müller V. Sicherheitskultur in der Arztpraxis – Interprofessionelle Reflexion als Mittel zur Veränderung der Sicherheitskultur. In: Mistele P, Bargstedt U, Hrsg. Sicheres Han-deln lernen – Kompetenzen und Kultur entwickeln. Frankfurt am Main: Verlag für Polizeiwissenschaft; 2010.

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Abbildung 1: Mittelwerte und Standardabweichungen der standardisierten Indikatoren (60 Praxen)

Abbildung 2: Erfüllungsgrad der Patientensicherheitsindikatoren (60 Praxen)

Bitte zitieren als: Müller B, Hoffmann B, Müller V, Albay Z, Weppler K, Mießner C, Schröber J, Hofinger G, Rochon J, Gerlach F. Verbessert der Einsatz der Frankfurter Patientensicherheitsmatrix die Sicherheitskultur in Hausarztpraxen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom035. DOI: 10.3205/11fom035, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0351

Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom035.shtml

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Patientensicht auf unerwünschte Ereignisse in der Primärversorgung: Eine systematische Literaturübersicht Christoph Heintze1, Sarah Lang1, Vittoria Braun1, Marcial Velasco Garrido2 1Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland 2Zentralinstitut für Arbeitsmedizin, Hamburg, Deutschland

Hintergrund: In den letzten 20 Jahren hat sich eine breite Diskussion um die Bedeutung systematischer Fehleranaly-sen in unterschiedlichen Gesundheitssystemen entwickelt. Bisherige Ansätze zur Erfassung unerwünschter Ereignisse beziehen sich überwiegend auf Ärzte und andere im Ge-sundheitswesen tätige Akteure. Erst in den letzten wird die Bedeutung der Patientenperspektive erkannt. Ziel dieser Arbeit war, anhand einer systematischen Literaturübersicht unerwünschte Ereignisse in der Primärversorgung aus Patientensicht darzustellen.

Material und Methoden: Es wurden systematisch deutsch- und englischsprachige Publikationen in den Datenbanken MEDLINE, PubMed, CINAHL und der Cochrane Library durchsucht (Oktober 2010). Unerwünschte Ereignisse umfassen ärztliche Behandlungsfehler, potentielle Fehler verursacht durch Patienten, Ereignisse mit möglicher und tatsächlicher Schädigung, unerwünschte Arzneimittelschä-den und Medikationsfehler (Suchbegriffe: medical error, harm, adverse events, adverse drug event, adverse drug reaction, safety incident, patient experiences, patients perspective u.a.). Es wurden ausschließlich Originalarbei-ten des ambulanten Sektors berücksichtigt.

Ergebnisse: Von 3.340 Artikeln wurden 18 Originalarbei-ten in die Analyse aufgenommen. Der Hauptteil der Stu-dien (17 von 18) wurde ab dem Jahr 2004 veröffentlicht. Die untersuchten Originalarbeiten weisen heterogene Fragestellungen auf, die qualitative und quantitative For-schungsarbeiten einschließen. Die unerwünschten Ereig-nisse aus Patientensicht können in fünf Kategorien einge-teilt werden, die sich auf Fehlertypen, Ursachen, Scha-densausmaß, Präventionsstrategien und Reaktionen der Betroffenen beziehen. Die meisten Studien thematisieren „Fehlertypen“ und beziehen sich insbesondere auf Pra-xisabläufe, aber auch unerwünschte Arzneimittelereignis-se, versäumte Diagnostik und Therapien. Defizite in der Arzt-Patienten- Kommunikation werden in der Kategorie „Reaktionen der Betroffenen“ als wichtiger Aspekt durch Patienten aufgegriffen.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Studien dieser systema-tischen Übersichtsarbeit weisen eine große Heterogenität hinsichtlich der Zielsetzung, Methodik und der Ergebnisse auf. Erwartungsgemäß werden unmittelbare unerwünschte medizinische Ereignisse von befragten Personen oder Patienten nur begrenzt beschrieben, während Probleme der Struktur- und Prozessqualität in der Versorgung um-fassender wahrgenommen werden. Deutlich wird, dass die Bedeutung der Qualitätssicherung aus Patientensicht weiter entwickelt werden muss und die sachgerechte Kommunikation der Ärzten im Kontext kritischer Ereignisse mehr Aufmerksamkeit erfahren sollte.

Bitte zitieren als: Heintze C, Lang S, Braun V, Velasco Garrido M. Patientensicht auf unerwünschte Ereignisse in der Primärversorgung: Eine systematische Literaturübersicht. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom036. DOI: 10.3205/11fom036, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0369 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom036.shtml

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Führen computerunterstütze (IT)-Interventionen zur Verbesserung der Medikamentensicherheit in der Allgemeinmedizin-Praxis?: eine systematische Übersichtsarbeit von randomisiert kontrollierten Studien Miriam Lainer, Eva Mann, Andreas Sönnichsen

PMU, Salzburg, Österreich

Hintergrund: Seit Jahrzehnten wird an Computer unter-stützen (IT)-Interventionen wie CPOE (Computer Order Entry System), CDS (Computerised decision support) gearbeitet, um Medikamentenfehler wie Kontraindikatio-nen, Allergien, Überdosierungen und Doppelverschrei-bungen zu reduzieren. Bislang fand die Forschung über-wiegend im Spitalsbereich statt, Medikamentenverord-nungen gehören aber vorwiegend zu den wichtigsten therapeutischen Interventionen in der Allgemeinpraxis und ihre Anwendungsfehler stellen eine der häufigsten Ursa-chen von Komplikationen in unserem Gesundheitssystem dar. Diese Arbeit bietet eine systematische Übersicht über die bisher durchgeführten randomisiert kontrollierten Studien (RCTs), die unterschiedliche IT-Interventionen untersucht haben, um deren Effektivität zur Verbesserung der Medikamentensicherheit in der Allgemeinmedizin darzustellen.

Material und Methoden: Mit einem erweiterten Suchbe-griff auf der Basis von „IT-Intervention, Primary Care, Adverse Drug Events“ wird in den Datenbanken MEDLINE, EMBASE und DARE nach relevanten Studien gesucht und es werden 3.920 Artikel gefunden. Titel und Abstracts werden von 2 unabhängigen Prüfern durchgesehen und die Ergebnisse verglichen. Nach einer zusätzlichen Hand-suche wurden zunächst 83 Studien als einschließbar iden-tifiziert. Nach der Volltextanalyse und Überprüfung der Einschlusskriterien wurden 72 Studien ausgeschlossen und 11 RCTs in die Datenextraktion inkludiert. Die Daten wurden anschließend von zwei unabhängigen Wissen-schaftern diskutiert und konsentiert.

Ergebnisse: Von den 11 RCTs untersuchten 6 ein CDS (Computerised decision support) System, 1 ein Computer generiertes Feedback, 1 ein Webprogramm, 1 eine Medi-cation Pregnancy Intervention, 1 ein Pharmacy Informati-on Management System (PIMS) und 1 ein Telemedizinsys-tem. Zwar ergibt sich in einer Studie eine signifikante Reduktion der Verschreibung von für ältere Menschen unpassenden Medikamenten [1] und in einer Weiteren führt eine computerunterstützte Intervention von Pharma-zeuten zu einer Reduktion der Fehlverschreibungen bei Patienten mit Vorerkrankungen [2]. Dennoch wurde eine Studie wegen Störungen im Computerprogramm vorzeitig abgebrochen und einige Studien zeigen keinen signifikan-ten Unterschied in der Medikamentensicherheit im Allge-meinen gegenüber der bisherigen Verschreibungspraxis.

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Schlussfolgerung/Implikation: In den analysierten 11 RCTs wurden unterschiedliche IT-Interventionen als Com-puter unterstützende Maßnahmen zur Verbesserung der Behandlung mit Medikamenten getestet. Es kommt zwar in einigen Studien zu nachweisbaren Verbesserungen, aber die Ergebnisse sind trotz der Weiterentwicklung in der Informationstechnologie noch nicht überzeugend. Offenbar führt vor allem ein multidisziplinäres Einbeziehen von Arzt, Pharmazeut und Patient in dessen Behandlung und Krankheit zu einer Schärfung des Sicherheitsbewußt-seins. Computersysteme können hier unterstützend wirken, so dass eine Weiterentwicklung und Erforschung solcher Systeme wünschenswert ist.

Literatur 1. Terrell KM, Perkins AJ, Dexter PR, Hui SL, Callahan CM, Miller DK. Computerized decision support to reduce potentially inappropriate prescribing to older emergency department pa-tients: a randomized, controlled trial. J Am Geriatr Soc. 2009;57(8):1388-94. 2. Avery AJ, Rodgers S, Cantrill JA, Armstrong S, Elliott R, How-ard R, Kendrick D, Morris CJ, Murray SA, Prescott RJ, Cresswell K, Sheikh A. Protocol for the PINCER trial: a cluster randomised trial comparing the effectiveness of a pharmacist-led IT-based intervention with simple feedback in reducing rates of clinically important errors in medicines management in general practices. Trials. 2009;10:28. Erratum in: Trials. 2010;11:23.

Bitte zitieren als: Lainer M, Mann E, Sönnichsen A. Führen computerunterstütze (IT)-Interventionen zur Verbesserung der Medikamentensicherheit in der Allgemeinmedizin-Praxis?: eine systematische Übersichtsarbeit von randomisiert kontrollierten Studien. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom037. DOI: 10.3205/11fom037, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0373 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom037.shtml

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Patientenpräferenzen bei der Darstellung von Informationen zu Wirkungen und Nebenwirkungen von Arzneimitteln: Haben patientengerechte Broschüren einen Nutzen? Dusan Simic1, Verena Mülders2, David Schwappach3, Petra Thürmann4, Stefan Wilm1 1Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland 2Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie, Universität Wit-ten/Herdecke, Witten, Deutschland 3Stiftung für Patientensicherheit, Zürich, Schweiz 4Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie, Universität Wit-ten/Herdecke; Philipp Klee-Institut für Klinische Pharmakologie, Helios Klinikum Wuppertal, Witten, Deutschland

Hintergrund: Die Darstellung des Nutzens sowie potenziel-ler Risiken von Arzneimitteln ist eine wesentliche Voraus-setzung für die informierte Entscheidungsfindung der Patienten zur Therapie. Neben der mündlichen Aufklärung durch den Arzt dient hierzu die Packungsbeilage von Medikamenten. Diese wird jedoch von vielen Patienten als zu lang und unverständlich empfunden. Bisher gibt es in Deutschland nur wenige Untersuchungen darüber, welche Informationen Patienten zu ihren Medikamenten wün-schen und welche Art der Darstellung dieser Information sie präferieren.

Material und Methoden: In 6 Fokusgruppen mit Patienten aus Hausarztpraxen, die an Diabetes mellitus, Hypertonie und/oder Hypercholesterinämie erkrankt sind, wurden zunächst deren Wünsche in Bezug auf eine schriftliche Arzneimittelinformation erfasst. Die aus den Interviews gewonnenen Attribute sowie deren Ausprägungen wurden in einem zweiten Schritt in einer quantitativen Präferenz-messung an 1.000 Personen über 50 Jahre in einer Stra-ßenbefragung überprüft. Die als wichtig bzw. patienten-freundlich erkannten Merkmale von Patienteninformatio-nen wurden als Basis zur Erstellung von 10 ergänzenden Medikamentenbeilagen verwendet (Broschüren für die Arzneistoffe Amlodipin, Bisoprolol, Candesartan, Enalap-ril, Glibenclamid, Glimepirid, Metformin, Metoprolol, Ramipril und Simvastatin). Diese werden prospektiv rand-omisiert bei Patienten aus Hausarztpraxen evaluiert. Dabei erhielten die Probanden der Interventionsgruppe Broschü-ren zu ihren Medikamenten, während der Kontrollgruppe eine Broschüre zu der Aufgabe von Forschungspraxen ausgehändigt wurde. Im Anschluss an die Rekrutierung erfolgten vier telefonische Befragungen der Patienten (1 Woche, 1, 3 und 6 Monate nach Rekrutierung). Der primäre Zielparameter Patientenwissen wird einen Monat nach Erhalt der Information überprüft; daneben werden u.a. Zufriedenheit und Adhärenz erfasst. Die Datenerhe-bung wird im Sommer 2011 abgeschlossen.

Ergebnisse: Für den RCT konnten insgesamt 462 Patien-ten aus 26 Hausarztpraxen rekrutiert werden. Über beide Gruppen hinweg konnten die meisten richtigen Antworten zum langfristigen Nutzen des Medikamentes beim Wirk-stoff Bisoprolol (23,2%) gemessen werden. Die wenigsten richtigen Antworten zur gleichen Frage wurden bei den Wirkstoffen Glibenclamid und Glimepirid gegeben (0%). Bei dieser Fragestellung ist besonders auffällig, dass viele Probanden zwar wissen, gegen welche Erkrankung dieses Medikament eingenommen wird, jedoch den langfristigen Nutzen nicht benennen können. Bei der Abfrage von wichtigen Nebenwirkungen wurden die meisten richtigen Antworten bei Metoprolol (>20%) genannt, die wenigsten zu Candesartan (0%). Zwischen der Interventions- und der Kontrollgruppe können signifikante Unterschiede festge-stellt werden.

Schlussfolgerung/Implikation: Ergänzende Medikamen-tenbeilagen können zu einer Verbesserung des Patienten-wissens zu den eingenommenen Medikamenten beitra-gen. Bei der Darstellung des langfristigen Nutzens von Medikamenten ist jedoch erheblicher Beratungsbedarf durch den Hausarzt von Nöten.

Bitte zitieren als: Simic D, Mülders V, Schwappach D, Thürmann P, Wilm S. Patientenpräferenzen bei der Darstellung von Informationen zu Wirkungen und Nebenwirkungen von Arzneimitteln: Haben patientengerechte Broschüren einen Nutzen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom038. DOI: 10.3205/11fom038, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0387 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom038.shtml

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IIb Methodik pragmatischer Studien und komplexer Interventionen

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Entwicklung und Bewertung von komplexen Interventionen Ingrid Mühlhauser

Universität Hamburg, Gesundheitswissenschaften, Hamburg, Deutschland

Ein Arzneimittel lässt sich als singuläre Komponente defi-nieren. Mit der Zulassung durch die Arzneimittelbehörde sind die Entwicklungs- und Prüfphasen I bis III abgeschlos-sen. Viele medizinische Maßnahmen sind jedoch komple-xe Interventionen. Sie bestehen aus mehreren Einzelkom-ponenten, die sich wechselseitig bedingen und ihrerseits in komplexe Kontexte implementiert werden. Beispiele sind Stroke Units, Disease Management Programme oder Projekte zur Verbesserung der Krankenhaushygiene. Ähn-liche Interventionen gibt es in assoziierten Berufs- und Handlungsfeldern. Zum Beispiel, Sturz- und Dekubitusprä-vention in der Pflege, Ernährungs- und Sportprogramme in Schulen, Prävention posttraumatischer Störungen, Früherkennung von Kindesmisshandlung und -verwahrlosung, Verringerung von Jugendkriminalität, Prävention von Unfällen im Straßenverkehr oder Web-basiertem Lernen.

Einzelmaßnahmen wie die Behandlung mit einem Medi-kament lassen sich vergleichsweise einfach in randomi-siert-kontrollierten Studien überprüfen und Ergebnisse aus mehreren Studien in Meta-Analysen zusammenführen. Der Nutzen und Schaden von komplexen Interventionen ist hingegen sehr viel schwerer zu erschließen. Der Beitrag der Einzelkomponenten zum Gesamtergebnis und die Interaktionen im Setting bleiben häufig unklar. Seit eini-gen Jahren wird zur Entwicklung, Bewertung und Synthese von komplexen Interventionen eine Differenzierung der methodischen Verfahren gefordert.

In diesem Beitrag soll am Beispiel der strukturierten Pati-enten-Behandlungs- und Schulungsprogramme für Patien-ten mit Diabetes der Unterschied zwischen Arzneimittelin-terventionen und komplexen Interventionen deutlich ge-macht werden. Das vom britischen Medical Research Council (MRC) vorgeschlagene Konzept zur Entwicklung und Evaluation von komplexen Interventionen wird zur Diskussion gestellt.

Bitte zitieren als: Mühlhauser I. Entwicklung und Bewertung von komplexen Interventionen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom039. DOI: 10.3205/11fom039, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0391 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom039.shtml

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Gerinnungsmanagement im hausärztlichen Bereich – Beispiel einer komplexen Intervention Andreas Siebenhofer-Kroitzsch

Institut für Allgemeinmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Deutschland

In der PICANT (Primary Care Management for Optimized Antithrombotic management) Studie werden Optimie-rungsstrategien des Gerinnungsmanagements im haus-ärztlichen Bereich in einem cluster-randomisierten Design untersucht. Hierbei handelt es sich um eine komplexe Intervention mit verschiedenen Einzelkomponenten, wel-che mehr oder weniger interagieren. Gerade im Gerin-nungsmanagement, wo ein Nebeneinander an Unter-, Über- und Fehlversorgung existiert und bei einer großen Zahl an Patientinnen und Patienten mit Langzeitindikation für eine Gerinnungshemmung schwere thromboemboli-sche Ereignisse verhindert aber auch unerwünschte Kom-plikationen wie Blutungen provoziert werden können, besteht ein Bedarf an Versorgungsoptimierung. Im derzei-tigen Stadium der detaillierten Studienkonzeption für PICANT ist es besonders wichtig, sich hinsichtlich der erwünschten Aussagekraft der Ergebnisse (der kombinierte primäre Endpunkt inkludiert thromboembolische Ereignis-se mit der Erfordernis eines stationären Aufenthalts und schwere Blutungskomplikationen) im Studienprotokoll auch Gedanken zu begleitender qualitativer und quantita-tiver Forschung zu machen.

Am Beispiel einer Teilkomponente des Interventionspa-ketes in der PICANT Studie, dem „Selbstmanagement für die orale Antikoagulation“ werden im ersten Teil der Präsentation die Evaluierungsschritte erläutert und die aufeinander aufbauende Evidenz mittels des Medical Research Council (MRC) Frameworks dargestellt. Im zweiten Teil wird demonstriert, in wie weit und ob in der jetzt geplanten PICANT Studie, welche wir als eine kon-trollierte Evaluationsstudie nach den Empfehlungen des MRCs einstufen, durch die Zusammenstellung neuer Interventionskomponenten weitere Evaluationsschritte erforderlich sind, um die aus unserer Sicht relevan-ten/aktiven Einzelkomponenten für die cluster-randomisierte Studie zu identifizieren und ihren Anteil am Gesamtergebnis messen zu können.

Bitte zitieren als: Siebenhofer-Kroitzsch A. Gerinnungsmanagement im hausärztlichen Bereich – Beispiel einer komplexen Intervention. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom040. DOI: 10.3205/11fom040, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0402 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom040.shtml

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Effekte der im Rahmen eines KHK-Behandlungspfades empfohlenen Basismedikation auf die Lebensqualität von Patienten Lena Kramer, Oliver Hirsch, K. Schlößler, Susanne Träger, E. Baum, Norbert Donner-Banzhoff

Philipps-Universität Marburg, Abteilung für Allgemeinmedizin, Marburg, Deutschland

Hintergrund: Vor dem Hintergrund der gemeinsamen Betreuung chronisch kranker Patienten durch Haus- und Facharzt wurde am Beispiel der koronaren Herzkrankheit (KHK) ein lokaler Behandlungspfad für den ambulanten Bereich entwickelt. Ziel der vorliegenden Studie war es, zu untersuchen, inwieweit sich die Umsetzung der Pfademp-fehlungen durch den Hausarzt bezüglich der empfohlenen Basismedikation auf die gesundheitsbezogene Lebensqua-lität der Patienten unter Berücksichtigung von soziodemo-graphischen Variablen und Gruppenzugehörigkeit aus-wirkt.

Material und Methoden: Die Studie wurde in einem drei-armigen Design (Entwicklergruppe, Anwendergruppe, Kontrollgruppe) an einer Gesamtstichprobe von 290 KHK-Patienten zu drei Messzeitpunkten durchgeführt. Die Umsetzung der Pfadempfehlungen wurde anhand der (Nicht-) Anwendung der vorgeschlagenen Basismedikati-on operationalisiert. Die gesundheitsbezogenen Lebens-qualität der Patienten wurde mit Hilfe eines standardisier-ten Fragebogeninstruments (EQ-5D) erfasst. Die statisti-sche Auswertung mit SPSS erfolgte auf quer- wie längs-schnittlicher Ebene anhand von Mehrebenen- und Clus-teranalysen.

Ergebnisse: Zu allen Messzeitpunkten wurde die gesund-heitsbezogene Lebensqualität der Patienten durch ver-schiedene soziodemographische Variablen beeinflusst. Die Längsschnittanalyse zeigte für die Entwicklergruppe die höchsten Lebensqualitätswerte zu allen Messzeitpunk-ten. Eine Drei-Cluster-Lösung ohne Berücksichtigung der Gruppenzugehörigkeit erbrachte, dass Patienten, die die komplette, in dem Behandlungspfad vorgeschlagene Basismedikation erhielten, die höchsten Werte in der Lebensqualität erzielten.

Schlussfolgerung/Implikation: Aufgrund der Ergebnisse, nach denen Patienten, die die komplette Basistherapie erhielten, signifikant höhere Werte in der Lebensqualität erzielten, sollte in weiteren Forschungsarbeiten der Frage nachgegangen werden, inwiefern und auf welche Weise die Adhärenz der Ärzte, sich behandlungspfadkonform zu verhalten und die empfohlene Basismedikation zu ver-schreiben, gesteigert werden kann.

Bitte zitieren als: Kramer L, Hirsch O, Schlößler K, Träger S, Baum E, Donner-Banzhoff N. Effekte der im Rahmen eines KHK-Behandlungspfades empfohlenen Basismedikation auf die Lebensqualität von Patienten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom041. DOI: 10.3205/11fom041, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0415 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom041.shtml

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Untersuchung von Mediatoren des Interventionseffekts in kontrollierten Studien Justine Rochon

Institut für Medizinische Biometrie und Informatik, Universität Heidelberg, Deutschland

Die Leitlinie des Medical Research Council zur Entwick-lung und Evaluation komplexer Interventionen betont zwei zentrale Aspekte der Untersuchung komplexer Interventio-nen. Demnach sollen Studien zu komplexen Interventio-nen nicht nur pragmatische Fragen („Does it work?“) beantworten und damit den Intention-to-treat Effekt be-stimmen. Mindestens genauso wichtig sind explanatori-sche Fragen („How does it work?“): Welche Bestandteile der Intervention sind wirksam und für welche Effekte ver-antwortlich? Lassen sich Faktoren identifizieren, die den Interventionseffekt moderieren bzw. vermitteln (Mediato-ren)? Diese Fragen können durch die Schätzung direkter und indirekter Effekte der Intervention beantwortet werden. Die Evaluation der zugrundeliegenden Mechanismen soll helfen, effektivere Interventionen zu entwickeln und deren Umsetzung in die Praxis zu verbessern.

In diesem Beitrag sollen zwei Ansätze zur Untersuchung von Mediator- und Moderatoreffekten vorgestellt werden: Der traditionelle Structural Equation Modelling (SEM) Ansatz, der auf Baron und Kenny (1986) [1] zurückgeht und der alternative Causal Inference (CI) Ansatz, der kürzlich von Emsley, Dunn und White (2010) [2] präsen-tiert wurde. Basierend auf dem SEM-Ansatz soll zunächst erklärt werden, wie direkte und indirekte Effekte der Inter-vention mit Hilfe von Regressionsanalysen geschätzt wer-den können und mit welchen Problemen bei der Interpre-tation der Ergebnisse zu rechnen ist, wenn unbeobachtete Störeinflüsse nicht ausgeschlossen werden können. An-schließend soll die Verwendung von Instrumentalvariablen als Teil des CI-Ansatzes in kontrollierten Studien erläutert werden. Anhand einer Beispielstudie zur Evaluation einer komplexen Intervention werden die verschiedenen Effekte geschätzt und diskutiert.

Literatur 1. Baron RM, Kenny DA. The moderator-mediator variable distinction in social psychological research: conceptual, strategic, and statistical considerations. J Pers Soc Psychol. 1986;51(6):1173-82. 2. Emsley R, Dunn G, White IR. Mediation and moderation of treatment effects in randomised controlled trials of complex interventions. Stat Methods Med Res. 2010;19(3):237-70.

Bitte zitieren als: Rochon J. Untersuchung von Mediatoren des Interventionseffekts in kontrollierten Studien. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom042. DOI: 10.3205/11fom042, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0426 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom042.shtml

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IIc Allgemeinmedizinische Lehre

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Lässt sich die kommunikative Kompetenz für die Bewältigung schwieriger Arzt-Patienten-Gespräche prüfen? Erfahrungsbericht über den Düsseldorfer CoMeD-OSCE im 4. Studienjahr Achim Mortsiefer1, Janine Immecke1, Berit Ortmanns1, Regine Schmelzer2, Jürgen in der Schmitten1, André Karger2, Thomas Rotthoff3, Michael Pentzek1 1Abteilung für Allgemeinmedizin, Heinrich-Heine-Universität und Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland 2Klinisches Institut für Psychosomatische Medizin und Psychothe-rapie, Heinrich-Heine-Universität und Universitätsklinikum Düssel-dorf, Düsseldorf, Deutschland 3Studiendekanat der Medizinischen Fakultät, Heinrich-Heine-Universität und Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland

Hintergrund: An vielen Standorten beteiligt sich die allge-meinmedizinische Lehre am Aufbau eines kommunikativen Längsschnittcurriculums. Entwicklungsbedarf besteht vor allem für das 4. bis 6. Studienjahr, wo die Medizinstudie-renden mit zunehmend anspruchsvolleren Gesprächsauf-gaben konfrontiert und hinsichtlich ihres Lernfortschritts überprüft werden sollen. Im Rahmen des Projekts CoMeD (Communication in Medical Education Düsseldorf) wurde im vierten Studienjahr ein Kommunikationstraining in den klinischen Unterricht integriert sowie ein verpflichtender OSCE (objective structured clinical examination) einge-führt. Dieser Beitrag berichtet über die Erfahrungen mit der OSCE-Prüfung auf der Basis einer Analyse von Prü-fungsleistungen, Reliabilität und Akzeptanz.

Material und Methoden: Der CoMeD-OSCE umfasste zwei allgemeinmedizinische Stationen „Überbringen einer schlechten Nachricht“ und „Partizipative Entscheidungs-findung“ sowie zwei psychosomatische Stationen „Schuld und Scham“ und „Aggressiver Patient“. Das Rating der kommunikativen Kompetenz erfolgte mit dem aus vier Items bestehenden globalen Beurteilungsinstrument BGR (Berliner Global Rating). Zusätzlich wurden die Prüfer und an den beiden allgemeinmedizinischen Stationen auch die Schauspielpatienten (SP) gebeten, die kommunikative Leistung auf einer dreistufigen Likertskala zu bewerten. Die studentische Evaluation erfolgte auf einer sechsstufigen Likertskala.

Ergebnisse: 144 Studierenden erreichten im Schnitt 57 von 80 Punkten im BGR. Der Durchschnitt der im zusätzli-chen 3-stufigen Rating als „grenzwertig“ beurteilten Stu-dierenden lag bei 50,2 Punkten im BGR (62,8% der Maximalpunktzahl). Die daraus resultierende Bestehens-quote lag bei 83,9%. Die interne Konsistenz der OSCE-Bewertung (Cronbachs α) betrug 0,74. Die Interrater-Reliabilität (Rater und SP) war für beide Stationen mittel-gradig ausgeprägt (gewichtetes Kappa = 0,64 und 0,60). Im Gesamturteil der Studierenden (N=102) wurde die Prüfung von 84,3% mit „gut“ oder „sehr gut" bewertet.

Schlussfolgerung/Implikation: Die OSCE-Prüfung der kommunikativen Kompetenz für die Bewältigung schwieri-ger Arzt-Patienten-Gespräche erwies sich als umsetzbar und erzielte eine hohe Akzeptanz bei den Studierenden. Das Ratinginstrument BGR erwies sich als praktikabel.

Sowohl die interne Konsistenz als auch die Interrater-Reliabilität lagen im akzeptablen Bereich. Eine Verbesse-rung der Prüfungsqualität könnte zukünftig durch die Weiterentwicklung der OSCE-Stationen sowie die Intensi-vierung der Raterschulung erreicht werden. Weiterhin soll im Rahmen des Projekts CoMeD evaluiert werden, inwie-weit es sinnvoll ist, neben der kommunikativen Kompetenz zugleich auch fachspezifische allgemeinmedizinische Lerninhalte zu prüfen.

Literatur 1. Scheffer S. Validierung des „Berliner Global Rating“ (BGR), Ein Instrument zur Prüfung kommunikativer Kompetenzen Medi-zinstudierender im Rahmen klinisch-praktischer Prüfungen (OS-CE) [Dissertation]. Berlin; 2009.

Bitte zitieren als: Mortsiefer A, Immecke J, Ortmanns B, Schmelzer R, in der Schmitten J, Karger A, Rotthoff T, Pentzek M. Lässt sich die kommunikative Kompetenz für die Bewältigung schwieriger Arzt-Patienten-Gespräche prüfen? Erfahrungsbericht über den Düsseldorfer CoMeD-OSCE im 4. Studienjahr. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom043. DOI: 10.3205/11fom043, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0437 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom043.shtml

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Seminarunterricht in der Allgemeinmedizin – Strukturierung durch Leitsymptome und Fallvignetten Marie Tzschaschel1, Sophie Niedermaier2, Christine Strohmeyer1, Orsolya Genzel-Boroviczeny3, Jörg Schelling1 1Lehrbereich Allgemeinmedizin der LMU, München, Deutschland 2Medizinisches Curriculum, München, Deutschland 3Kinderklinik der LMU, Neonatologie, München, Deutschland

Hintergrund: Die Einbindung der Allgemeinmedizin in medizinische Curricula ist für die Ausbildung von Medizin-studierenden essenziell. Seit 2003 ist das Blockpraktikum Allgemeinmedizin verpflichtender Bestandteil des klini-schen Studienabschnitts. An der LMU wurde zusätzlich ein von Hausärzten betreutes Seminar zur didaktischen Ver-netzung von Universität und hausärztlichem Bereich ein-geführt. Hier sollten die Studierenden bisher Patienten aus ihrer Praxishospitation vorstellen und diskutieren. Mit der vorgestellten Studie sollte überprüft werden, ob die Ein-führung einer strukturierteren Seminarform mit vorgege-benen Leitsymptomen aus der täglichen Praxis und Fall-vignetten zu einer höheren Akzeptanz der Studierenden führt und einen deutlicheren Bezug zur Allgemeinmedizin herstellt.

Material und Methoden: Die Studierenden des 2. und 3. klinischen Semesters wurden in zwei randomisierte Grup-pen unterteilt. Eine Gruppe wurde in der bisherigen Unter-richtsform der freien Fallvorstellung unterrichtet, die zweite Gruppe in der neuen strukturierteren Unterrichtsform mit Fallvignetten unterrichtet. Im Anschluss wurden beide Gruppen mit einem Fragebogen zur Selbsteinschätzung bezüglich der Fähigkeit zur Findung von Differenzialdiag-nosen, Zufriedenheit und Bezug des Seminars zur Allge-meinmedizin befragt.

Ergebnisse: In beiden Gruppen gaben 96% der Studie-renden an durch das Seminar die Findung von Differenzi-aldiagnosen erlernt zu haben. 98% der neuen Seminar-

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form und 87% der bisherigen Seminarform erkannten einen Bezug zur Allgemeinmedizin. Den Lernerfolg der neuen Seminarform schätzten 86% der Befragten als sehr gut oder gut ein gegenüber 43% der alten Seminarform. 89% der Seminarleiter waren der Meinung, dass die Fallvignetten sich auf typische Fragestellungen aus der Praxis bezogen.

Schlussfolgerung/Implikation: Trotz der stärkeren Struktu-rierung der Seminare mit Hilfe von Leitsymptomen und Fallvignetten sehen die Studierenden den Bezug zur All-gemeinmedizin und profitieren von den niedergelassenen Seminarleitern bei subjektiv empfunden höherem Lernzu-wachs.

Bitte zitieren als: Tzschaschel M, Niedermaier S, Strohmeyer C, Genzel-Boroviczeny O, Schelling J. Seminarunterricht in der Allgemeinmedizin – Strukturierung durch Leitsymptome und Fallvignetten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom044. DOI: 10.3205/11fom044, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0445 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom044.shtml

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POL Polypharmakotherapie Maren Ehrhardt1, Silke Roschlaub1, Annette Strauss1, Julia Schreiner2, Martin Scherer1 1Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinkum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland 2Prodekanat für Lehre, Universitätsklinkum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland

Hintergrund: Durch die Zunahme des Anteils multimorbi-der Patienten und der damit häufig verbundenen Poly-pharmakotherapie, ist auch der Umgang damit ein wich-tiges, wenn auch komplexes Lernziel in der Medizineraus-bildung. Neben den offensichtlichen Problemen wie Arz-neimittelinteraktionen und Zunahme der UAW stehen auch die Definition von Therapiezielen, die Frage der Adherence und die Grundlagen einer rationalen Arznei-mitteltherapie im Mittelpunkt. Auf Grund der nahezu unendlich vielen möglichen Varianten von Multimorbidität und Polypharmakotherapie müssen neben dem reinen Faktenwissen Strategien zur Problemerkennung und Prob-lemlösung Lernziele sein.

Es wird untersucht, in wieweit eine lernerzentrierte, interak-tive Unterrichtsform wie POL (Problemorientiertes Lernen) aus Sicht der Studierenden geeignet ist, um komplexe Themen wie Polypharmakotherapie zu bearbeiten.

POL wird seit 2004 in Hamburg im klinischen Studienab-schnitt des Curriculums eingesetzt. Alle Studierenden bearbeiten innerhalb der sechs Themenblöcke von jeweils 12 Wochen Dauer 10 POL Fälle. Im Rahmen des The-menblocks „Psychosoziale Medizin“ werden u.a. vier POL Fälle mit allgemeinmedizinischer Beteiligung und ein allgemeinmedizinischer Fall zum Thema Polypharmako-therapie „Viel hilft viel“ bearbeitet.

Material und Methoden: Pro Jahr absolvieren rund 360 Studierende den Themenblock „Psychosoziale Medizin“.

Pro Trimester gibt es 12 POL-Gruppen mit 8 bis 11 Teil-nehmern. Die POL Tutoren kommen aus der Allgemein-medizin, Arbeitsmedizin, Psychiatrie, Psychosomatik und

Sozialmedizin und haben alle an einer fakultätsinternen Didaktikschulung teilgenommen.

Nach Abschluss eines Trimesters wird durch das Dekanat der Unterricht kontinuierlich elektronisch evaluiert. Hierbei werden folgende Items zum POL Unterricht auf einer sechsteiligen Lickertskala erhoben: Eignung der POL Fälle, Erfüllung der Aufgabe durch den POL Tutor, Lern-prozess, Lernzuwachs, Gesamtzufriedenheit. Zusätzlich wird seit Anfang des Studienjahres 2010/11 der POL Fall „Viel hilft viel“ schriftlich evaluiert. Neben den soziode-mographischen Daten und der Anzahl und Art der bereits absolvierten Themenblöcke werden die Studierenden um eine Einschätzung der Eignung des POL Falles, des Schwierigkeitsgrades, Möglichkeiten Lernziele zu erstellen, Diskussionsanreiz, Lernzuwachs, Gesamtzufriedenheit gebeten. Freitextkommentare sind bei beiden Evaluatio-nen möglich. Die Rücklaufquote liegt aktuell bei rund 98%.

Ergebnisse: Erste Auswertungen zeigen, dass die Beurtei-lung des POL Falles „Viel hilft viel“ sich nicht deutlich von der Gesamtbeurteilung unterscheiden. Die endgültigen Ergebnisse werden zum Kongress vorliegen. Folgende Fragen sollen u.a. beantwortet werden: Ist nach Einschät-zung der Studierenden POL geeignet um komplexe The-men wie „Polypharmakotherapie“ zu erarbeiten? Unter-scheidet sich die Evaluationsergebnisse zum POL Fall Polypharmakotherapie von den Evaluationsergebnissen zu POL allgemein? Ist die Beurteilung des POL Falls vom Vorwissen der Studierenden abhängig?

Bitte zitieren als: Ehrhardt M, Roschlaub S, Strauss A, Schreiner J, Scherer M. POL Polypharmakotherapie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom045. DOI: 10.3205/11fom045, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0457 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom045.shtml

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Wie effektiv ist der Einsatz von virtuellen Patienten in der Lehre im Fach Allgemeinmedizin? Klaus Weckbecker1, Johannes Zeller1, Uta-Maria Waldmann2 1Lehrbereich Allgemeinmedizin der Universität Bonn, Bonn, Deutschland 2Institut für Allgemeinmedizin der Universität Ulm, Ulm, Deutsch-land

Hintergrund: Ein Ziel der Lehre der Allgemeinmedizin ist die Vermittlung des klinischen Denkens in allgemeinmedi-zinischen Behandlungssituationen. Neben der reinen Wissensvermittlung sollen die Studierenden auch in die Lage versetzt werden, klinische Entscheidungen zu treffen. Die Fähigkeit der Studierenden dieses sogenannte „clini-cal reasoning“ anzuwenden, kann durch entsprechende Prüfungsfragen objektiv eingeschätzt werden.

Material und Methoden: In der vorgestellte Studie wurden allgemeinmedizinische Beratungsanlässe auf Grundlage allgemeinmedizinischer Leitlinien in sieben Kleingruppe im Seminar besprochen. In den Tagen nach dem Seminar erhielten die Studierenden der Interventionsgruppe die Möglichkeit, von zu Hause aus auf einer Internetplatform insgesamt zwölf virtuelle Patienten mit dem gelehrten

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Beratungsanlass zu behandeln. Durch das Arbeiten mit den virtuellen Patienten sollte das Wissen vertieft werden. Der Kontrollgruppe wurden nur die Seminarunterlagen mit der entsprechenden Leitlinie und den verwendeten Präsen-tationen zur Verfügung gestellt. In einer nicht notenrele-vanten Zwischenklausur wurde die Fähigkeit der klinischen Entscheidungsfindung geprüft, bevor allen Studierenden der Zugang zu den zwölf Fällen freigeschaltet wurde. In der notenrelevanten Abschlussklausur wurden erneut Fragen zur klinischen Entscheidungsfindung gestellt. Die Fragen zur klinischen Entscheidungsfindung wurden von einem Key-Feature Komitee erstellt. Zusätzlich zu dieser objektiven Überprüfung des Lernerfolgs wurden Fragebö-gen zur subjektiven Einschätzung der Methode der virtuel-len Patienten eingesetzt.

Ergebnisse: Erstmals konnte im Fach Allgemeinmedizin der Effekt des Einsatzes von virtuellen Patienten zur Ver-mittlung der klinischen Entscheidungsfindung untersucht werden. Sowohl in der Selbsteinschätzung als auch in der objektiven Überprüfung waren die Studierenden der Inter-ventionsgruppe signifikant besser als die Studierenden der Kontrollgruppe.

Schlussfolgerung/Implikation: Der Einsatz von virtuellen Patienten ist eine sinnvolle Ergänzung im Seminar Allge-meinmedizin. Der signifikante, positive Effekt läßt sich in dieser Interventionsstudie sowohl durch objektive Prü-fungsfargen als auch durch die Selbsteinschätzung der Studierenden belegen.

Bitte zitieren als: Weckbecker K, Zeller J, Waldmann UM. Wie effektiv ist der Einsatz von virtuellen Patienten in der Lehre im Fach Allgemeinmedizin. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom046. DOI: 10.3205/11fom046, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0465 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom046.shtml

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Praktisches Jahr Allgemeinmedizin – Warum kommen Studierende in die Allgemeinmedizin und worin besteht ihr größter Lernbedarf? Bert Huenges, Norbert Weismann, Christiane Dunker-Schmidt, Dorothea Osenberg, Herbert Rusche

Abteilung für Allgemeinmedizin, Bochum, Deutschland

Hintergrund: Im PJ Allgemeinmedizin bietet sich ein brei-tes Spektrum unterschiedlicher Inhalte. Didaktisch ergeben sich Möglichkeiten durch eine intensive 1:1 Betreuung, ein strukturiertes Portfolio, Begleitseminare und einem Mentorensystem. Formale Gründe für die Allgemeinmedi-zin liegen in der Bereitschaft der KVWL zu einem monatli-chen Stipendium über 600 € und der Anrechnung der PJ-Zeit auf die Weiterbildung. Im vergangenen Turnus haben elf Studierende ihr PJ in der Allgemeinmedizin an der Ruhr-Universität Bochum absolviert. Warum haben sich die PJler für die Allgemeinmedizin entschieden? Überwie-gen inhaltliche, didaktische und formalen Argumente? In welchen Inhaltsbereichen haben sie zu Beginn des PJ besonderen Lernbedarf und werden wir diesem gerecht? Material und Methoden: Zur Klärung dieser Frage haben wir unsere Studierenden nach den Motiven für die Wahl des PJ-Faches Allgemeinmedizin gefragt. Des Weiteren wurden die Studierenden um eine Einschätzung ihrer

Kompetenz in 47 ausgewählten Kerngebieten aus unter-schiedlichen Bereichen gebeten. Ergebnisse: Häufig genannte Gründe für das PJ Allge-meinmedizin waren Interesse an der Breite des Faches (N=9), 1:1 Betreuung (8); die Überlegung, später in die Allgemeinmedizin zu gehen (8), Interesse am Menschen (7), Positive Erfahrungen im Blockpraktikum (7) und Pra-xisnähe (5). Die Anerkennung für die Weiterbbildung wurde bei 4; das Stipendium bei 3 von 11 Studierenden benannt. Aus der Kompetenzeinstufung ergibt sich beson-ders großer Bedarf vor dem PJ in den Techniken „rektale Untersuchung“, „Untersuchung Bewegungsapparat“ „Lungenfunktion“, „psychometrische Tests“, „selbstständi-ge Organisation einer Patientenversorgung“, „Therapie-plan erstellen“ und „Lösungen zu Patientenproblemen nach den Prinzipien der EBM finden“, den Beratungsan-lässen „Sucht“, „häufige Frakturen & Verletzungen“, „COPD“, „Schwindel“ und „Kopfschmerzen“ und den allgemeinmedizinischen Themen „Aufgaben & Rolle der Ärztekammer“ und „Aufgaben & Rolle der KV“. Schlussfolgerung/Implikation: Bei der Wahl des PJ Faches Allgemeinmedizin dominieren inhaltliche vor didaktischen und vor formalen Kriterien. Aus der Bedarfsanalyse lassen sich Rückschlüsse über die Gestaltung des PJ ziehen. Im Vorher-Nachher Vergleich kann der Effekt des PJ auf die Selbsteinstufung der Kompetenz ermittelt werden. Dadurch kann evaluiert werden, in wie weit es uns gelun-gen ist im PJ auf zentrale Lernbedürfnisse der Studieren-den einzugehen. Die Selbsteinstufung der Kompetenz korreliert bekanntermaßen zwar nur schwach mit Prü-fungsergebnissen, sagt aber viel darüber aus, wo Studie-rende derzeit ihren größten Lernbedarf sehen, dem wir in der Gestaltung des Unterrichts begegnen müssen. Bitte zitieren als: Huenges B, Weismann N, Dunker-Schmidt C, Osenberg D, Rusche H. Praktisches Jahr Allgemeinmedizin – Warum kommen Studierende in die Allgemeinmedizin und worin besteht ihr größter Lernbedarf. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom047. DOI: 10.3205/11fom047, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0478 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom047.shtml

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Die Kunst des Lehrens: Hochschuldidaktische Fortbildung für Lehrärzte – ein vier Stunden Basismodul Ute Schnell

Sektion Allgemeinmedizin, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale), Deutschland

Hintergrund: Im Rahmen des vorlesungsbegleitenden „Praktikum für Allgemeinmedizin“ vermitteln in Halle 20 Lehrärzte in insgesamt 80 doppelstündigen Seminaren (4 Doppelstunden pro Seminargruppe) den Studierenden anhand von Praxisfällen Grundkenntnisse zu den vier hausärztlichen Funktionen nach DEGAM-Fachdefinition. Die studentische Evaluation dieses Lehrangebots ergab im Vorjahr erhebliche Kritik an uneinheitlichen und unschar-fen Lehrinhalten sowie mangelnder didaktischer Vorberei-tung. Auf Grundlage der Evaluationsergebnisse wurde ein Fortbildungskonzept für Lehrärzte entwickelt. Im Februar 2011 fand in Halle eine erste hochschuldidaktische Fort-bildung als vierstündiges „Basismodul“ statt.

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Material und Methoden: Das Fortbildungskonzept beruht auf dem Kompetenzmodell „Professionelle Lehre“ (1). Das Basismodul vermittelt hochschuldidaktische Kompetenzen zur Planung und Durchführung von Seminaren: Auswahl von Lehrinhalten, Lehrzielen und Lehrmethoden. Durch modular aufgebaute Workshopanteile wird in Kleingrup-pen die Konzeption (individueller) Lehrarztseminare in einer Atmosphäre des kollegialen Austauschs ermöglicht. Die quantitativen Evaluationsergebnisse und Freitextein-gaben werden nach Abschluss des laufenden Semesters mit denen des Vorjahres verglichen.

Ergebnisse: Wir erwarten, dass die zielgerichtete metho-disch-didaktische Planung der Seminare die Lerneffekte bei Studierenden verbessert, der Theorie-/Praxistransfer besser gelingt und Erfahrungsräume gestaltet werden, in denen die Studierenden für unterschiedliche Perspektiven der hausärztlichen Fallbetrachtungen sensibilisiert werden (pädagogische Kasuistik).

Schlussfolgerung/Implikation: Um den (erwarteten) Leh-rerfolg langfristig zu sichern sind zielgruppenspezifische Vertiefungsmodule geplant. Maßgeblich für die inhaltliche Schwerpunktsetzung des zweiten Fortbildungsmoduls sind die Evaluationsergebnisse der laufenden Lehrveranstal-tungen. Perspektivisch ermöglicht ein kontinuierlicher Rhythmus zwischen summativer Semesterevaluation und darauf abgestimmter Fortbildungsmodule eine nachhalti-ge Qualitätssicherung und in der Lehre. Chancen und Risiken der Durchführung von Seminaren durch Lehrärzte sollen dargestellt und Möglichkeiten des individuellen konstruktiven „Feedback“ an Lehrärzte diskutiert werden.

Bitte zitieren als: Schnell U. Die Kunst des Lehrens: Hochschuldidaktische Fortbildung für Lehrärzte – ein vier Stunden Basismodul. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom048. DOI: 10.3205/11fom048, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0481 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom048.shtml

IId Versorgungsforschung und Epidemiologie

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Kinder und Jugendliche in der ambulanten hausärztlichen Versorgung in Sachsen – Ergebnisse der 4. Sächsischen Epidemio-logischen Studie der Allgemeinmedizin (SESAM-4) der Sächsischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin Karen Voigt1, Roger Voigt2, Henna Riemenschneider3, Antje Bergmann1 1Bereich Allgemeinmedizin/MK3, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden/Sächsische Gesellschaft für Allgemeinme-dizin, Dresden, Deutschland 2Sächsische Gesellschaft für Allgemeinmedizin, Oderwitz, Deutschland 3Bereich Allgemeinmedizin/MK3, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, Dresden, Deutschland

Hintergrund: Die medizinische Primärversorgung von Kindern und Jugendlichen (KuJ) wird in Deutschland

sowohl durch Kinder- und Jugendmediziner, als auch durch Hausärzte abgesichert. Sowohl der Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) als auch die sächsische KinSa-Studie ergaben, dass etwa 1/3 der KuJ einen Hausarzt aufsuchten [1], [2]. Vor diesem Hintergrund stellte sich für eine Detailauswertung der SESAM-4 die Frage, mit welchen Beratungsanlässen (BA) und Komorbi-ditäten sächsische KuJ einen Allgemeinmediziner aufsuch-ten.

Material und Methoden: Jeweils der 10. Arzt-Patienten-Kontakt an einem vorgegebenem Erfassungstag im Zeit-raum 01.04.2008 bis 31.03.2009 wurde mittels konsul-tationsbezogenem Fragebogen dokumentiert. 73 von 253 in der SGAM organisierten Allgemeinärzten beteiligten sich und dokumentierten insgesamt 2.529 Sprechstun-denkontakte.

Ergebnisse: In 5% (n=124) aller Arzt-Patienten-Kontakte wurde die Behandlung von KuJ (0-17 Jahre) dokumen-tiert. Männliche Patienten waren häufiger (60%) anzutref-fen. Differenziert nach Altersgruppen der KIGGS waren 50% dem frühen Kindesalter (0-6 Jahre), 19% dem Schul-kindalter (7-10 Jahre) und 31% den Jugendlichen (11-17 Jahre) zuzuordnen. Für 19% der KuJ wurde eine, für 17% mind. 2 bekannte Vordiagnosen dokumentiert. Die Art der Diagnosen variierte je nach Altersgruppe. Bei den 0-10-Jährigen wurden atopisches Ekzem und das Muskel-Skelett-System betreffende Fehlbildungen/Deformitäten häufiger dokumentiert. Bei Jugendlichen wurden häufiger allergische Rhinopathien und auch das Muskel-Skelett-System betreffende Fehlbildungen/Deformitäten angege-ben. Bei 48% der KuJ lagen ein BA, bei 34% mind. zwei BA vor. Die Art der BA variierte in Abhängigkeit vom Alter. 30% der 0-6-Jährigen suchten den Allgemeinarzt wegen präventiven Maßnahmen (Impfungen, Medikation) oder Vorsorgeuntersuchungen auf. In ca. 9 % der Fälle stellten jeweils Husten, Fieber und/oder unspezifische Atemwegs-infekte den BA. Bei den Schulkindern rangierten neben Fieber und Rachenbeschwerden (12-16%), Husten und Erbrechen aber auch Kopflausbefall und Hautrötungen unter den häufigeren BA. Bei den Jugendlichen dominier-ten Durchfall und/oder Erbrechen (je 13%) gefolgt von BA, die Erkrankung der Atemwege betreffend (jeweils 8%).

Schlussfolgerung/Implikation: KuJ machten im Rahmen der SESAM-4 einen geringen Anteil der Gesamtkontakte aus. Im Vergleich zur KiGGS [1] wie auch generell zur sächsischen Bevölkerungsverteilung [3] waren die KuJ in der SESAM-4 unterrepräsentiert, was methodisch bedingt sein könnte. Dennoch, es war ein breites Altersspektrum vom Säugling über Klein-/Schulkind bis zum Jugendlichen anzutreffen, auf das sich der behandelnde Hausarzt ein-stellen muss. Neben den in allen Altersgruppen häufig anzutreffenden BA (z.B. Symptome grippaler Infekte), mussten sich die behandelnden Ärzte auf alterstypische BA einstellen. Darüber hinaus war bei ca. 1/3 der KuJ mind. eine bereits diagnostizierte akute oder chronische Erkran-kung in der Handlungsplanung zu berücksichtigen.

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Literatur 1. Kamtsiuris P, Bergmann E, Rattay P, Schlaud M. Inanspruch-nahme medizinischer Leistungen. Ergebnisse des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS). Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz. 2007;50:836-50. 2. Schumacher B. Die Inanspruchnahme hausärztlicher Versor-gung durch Jugendliche in Sachsen. Ein Stadt-Land-Vergleich. Magisterarbeit 2010, Lehrstuhl Gesundheitswissenschaften/Public Health, TU Dresden 3. http://www.statistik.sachsen.de/download/100_Berichte-A/A_I_3j09.pdf, S. 38

Bitte zitieren als: Voigt K, Voigt R, Riemenschneider H, Bergmann A. Kinder und Jugendliche in der ambulanten hausärztlichen Versorgung in Sachsen – Ergebnisse der 4. Sächsischen Epidemiologischen Studie der Allgemeinmedizin (SESAM-4) der Sächsischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom049. DOI: 10.3205/11fom049, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0499 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom049.shtml

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Unterschiede in der Versorgung kardiovaskulärer Risikopatienten und Patienten mit koronarer Herzerkrankung (KHK) in europäischen Hausarztpraxen Sabine Ludt1, Michel Wensing2, Joachim Szecsenyi1 1Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland 2Universität Nijmegen, St. Radboud Medical Centre, Nijmegen, Niederlande

Hintergrund: Die Versorgung chronisch kranker Patienten stand in letzten 10 Jahren im Fokus von Forschung [1] und Gesundheitspolitik, wodurch entscheidende qualitäts-verbessernde Maßnahmen, wie z.B. Disease-Management-Programme, entwickelt und implementiert werden konnten. Im Gegensatz dazu waren die Anstren-gungen im Hinblick auf eine bessere Versorgung kardi-ovaskulärer Risikopatienten weniger eindringlich, obwohl in dieser Risikogruppe ein höheres präventives Potenzial besteht [2]. Evidenzbasierte Maßnahmen zur Identifikati-on, Beratung und Behandlung von Risikopatienten sind beschrieben [3], werden aber in der Praxis nur teilweise umgesetzt [4].

Material und Methoden: In der einer internationalen Beobachtungsstudie (EPA Cardio) wurden in Hausarztpra-xen Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren und solche mit bereits bestehender KHK identifiziert und davon 30 Patienten zufällig für die Studienteilnahme ausgewählt. Von teilnahmewilligen Patienten wurden Behandlungsda-ten aus der Patientenakte abstrahiert und weitere Daten mittels eines Fragebogens erhoben.

Ergebnisse: Es wurden 2.905 Patienten mit KHK und 2.788 Risikopatienten aus 214 Hausarztpraxen aus 8 europäischen Ländern in die Analyse eingeschlossen. Die Risikogruppe zeigte im Vergleich zur Gruppe der Patienten mit koronarer Herzerkrankung einen höheren Anteil un-kontrollierter Risikofaktoren, eine geringere Therapietreue, suchte seltener den Hausarzt auf und übte zu einem ge-ringeren Anteil regelmäßige körperliche Aktivität aus.

Schlussfolgerung/Implikation: Die durchgeführte Untersu-chung weist auf ein hohes Verbesserungspotenzial für die

hausärztliche Versorgung kardiovaskulärer Risikopatienten hin. Die Fokussierung auf die Behandlung chronisch kranker Patienten hat europaweit möglicherweise zur Vernachlässigung kardiovaskulärer Risikopatienten ohne manifeste Erkrankung geführt. Gesundheitspolitische Maßnahmen zur Unterstutzung der hausärztlichen Versor-gung dieser Patientengruppe wären wünschenswert.

Literatur 1. Bodenheimer T, Wagner EH, Grumbach K. Improving primary care for patients with chronic illness. JAMA. 2002;288(14):1775-9. 2. Gemmell I, Heller RF, Payne K, Edwards R, Roland M, Dur-rington P. Potential population impact of the UK government strategy for reducing the burden of coronary heart disease in England: comparing primary and secondary prevention strate-gies. Qual Saf Health Care. 2006;15(5):339-43. 3. Ferket BS, Colkesen EB, Visser JJ, Spronk S, Kraaijenhagen RA, Steyerberg EW, et al. Systematic review of guidelines on cardiovascular risk assessment: Which recommendations should clinicians follow for a cardiovascular health check? Arch Intern Med. 2010;170(1):27-40. 4. Mosca L, Linfante AH, Benjamin EJ, Berra K, Hayes SN, Walsh BW, et al. National Study of Physician Awareness and Adherence to Cardiovascular Disease Prevention Guidelines. Circulation. 2005;111(4):499-510.

Bitte zitieren als: Ludt S, Wensing M, Szecsenyi J. Unterschiede in der Versorgung kardiovaskulärer Risikopatienten und Patienten mit koronarer Herzerkrankung (KHK) in europäischen Hausarztpraxen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom050. DOI: 10.3205/11fom050, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0500 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom050.shtml

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Inwiefern unterscheiden sich Menschen mit und ohne Demenz hinsichtlich Inanspruchnahmeraten und Dauer stationärer Versorgung? Marion Eisele1, Hendrik van den Bussche1, Daniela Koller2, Birgitt Wiese3, Hanna Kaduszkiewicz4, Karl Wegscheider1, Gerd Gläske2, Martin Scherer1, Gerhard Schön1 1Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutsch-land 2Universität Bremen, Bremen, Deutschland 3Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland 4Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, Hamburg, Deutschland

Hintergrund: Die Anzahl von Menschen, die an einer Demenz erkrankt sind, wird sich in Deutschland Schätzun-gen zufolge von aktuell 1 Mio. auf 2,5 Mio. im Jahr 2050 erhöhen [1], [2]. Der Versorgungsbedarf dieser Patienten-gruppe muss in der Planung des Gesundheitssystems berücksichtigt werden. Bisher ist es jedoch unklar, inwie-fern sich eine Demenzerkrankung auf die stationäre Ver-sorgung auswirkt. Ziel dieser Studie ist die Darstellung von Hospitalisierungsraten und Dauer stationärer Aufenthalte von Menschen mit Demenz im Vergleich zu einer nicht-dementen Kontrollgruppe.

Material und Methoden: Die Krankenkassendaten von 1.848 Menschen mit Demenz und einer nicht-dementen Kontrollgruppe (1:4 Matching nach Alter, Geschlecht, Anzahl der ambulanten Arztkontakte und Anzahl der ambulant aufgesuchten Ärzte im ersten Quartal des Be-

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obachtungszeitraums) wurden im Hinblick auf Anzahl und Gründe stationärer Aufnahmen, Diagnosen, Liegezeiten und Entlassungsgründe innerhalb des Jahres vor und nach Erstdiagnose einer Demenz verglichen. Mittels multivaria-ter logistischer Regression wurde untersucht, welche Fak-toren mit einer Notfallaufnahme assoziiert sind.

Ergebnisse: Während 38,9% der Menschen, die eine Demenz entwickelten, im Jahr vor Diagnosestellung min-destens einen stationären Aufenthalt vorwiesen, belief sich der Anteil der Kontrollpatienten mit mindestens einem stationären Aufenthalt auf 25,6%. Im ersten Jahr nach Diagnosestellung vergrößerte sich dieser Unterschied weiter auf 44,2% versus 26,4%. Die durchschnittliche Anzahl von Leistungstagen pro Aufenthalt war bei der Demenzgruppe um 3,6 Tage vor und 1,8 Tage nach Inzidenz gegenüber der Kontrollgruppe erhöht, während der Anteil der Notfallaufnahmen sowohl im Jahr vor als auch im Jahr nach Erstdiagnose einer Demenz um 10% erhöht war. Im Regressionsmodell waren neben der Diag-nose, das Alter (OR=1,03 pro Lebensjahr; p <0,001) und Geschlecht (OR=1,16 für Frauen; p=0,048) sowie die urbane Umgebung (OR=1,18; p=0,048) signifikant mit der Notfallaufnahme assoziiert. Unter Kontrolle dieser Einflussgrößen wies die Demenzgruppe ein gegenüber der Kontrollgruppe um 26% erhöhtes Risiko (OR=1,26; p<0,01) auf, als Notfall aufgenommen zu werden.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Anzahl stationärer Aufenthalte und deren Dauer sind bei Menschen mit Demenz gegenüber einer nicht-dementen Kontrollgruppe deutlich erhöht. Die häufigeren und längeren Aufenthalte von Menschen mit Demenz wurden auch in anderen europäischen Ländern gefunden. Ihre häufigeren Auf-nahmen als Notfall können nur teilweise durch unter-schiedliche Diagnosen in den beiden Gruppen erklärt werden. Diskussionswürdig erscheint die erhöhte Notfall-rate in urbanen gegenüber ländlichen Regionen.

Literatur 1. Saß A, Wurm S, Ziese T. Alter = Krankheit? Gesundheitszu-stand und Gesundheitsentwicklung. In: Böhm K, Tesch-Römer C, Ziese T, eds. Gesundheit und Krankheit im Alter. Berlin: Robert-Koch-Inst.; 2009. 2. Weyerer S. Altersdemenz. Gesundheitsberichtserstattung des Bundes. Heft 28. Berlin: Robert-Koch-Institut; 2005.

Bitte zitieren als: Eisele M, van den Bussche H, Koller D, Wiese B, Kaduszkiewicz H, Wegscheider K, Gläske G, Scherer M, Schön G. Inwiefern unterscheiden sich Menschen mit und ohne Demenz hinsichtlich Inanspruchnahmeraten und Dauer stationärer Versorgung. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom051. DOI: 10.3205/11fom051, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0514 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom051.shtml

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Epidemiologie von chronischen Krankheiten und Therapien in der Altersklasse über 70 Jahren Giuliano Piccoliori1, Elena Gerolimon1, Adolf Engl1, Heinz Harald Abholz2 1Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin, Bozen, Italien 2Abteilung für Allgemeinmedizin Universitätsklinikum, Düsseldorf, Deutschland

Hintergrund: Alte Menschen leiden bekanntlich meist an mehreren Krankheiten zugleich und nehmen oft viele Medikamenten ein; dies mit der Gefahr von teilweise gefährlichen Interaktionen. Sowohl zu der Multimorbidität der sehr Alten als auch zu deren Medikamenteneinnahme ist jedoch nicht viel bekannt. In Südtirol muss jeder Bürger bei einem Hausarzt eingetragen sein so dass das Patien-tengut der Hausärzte weitgehend der allgemeinen Bevöl-kerung entspricht. Fragestellung: Welches Maß an Multi-morbidität und Multi-Pharmakotherapie findet sich in einer Altersgruppe von Patienten beim Hausarzt, die über 70 Jahre alt sind.

Material und Methoden: Jeder teilnehmende Hausarzt sollte 30 randomisiert ausgewählten Patienten, die über 70 Jahre sein mussten, mittels eines international genutz-ten Fragebogens für das multidimensionale Assessment des älteren Menschen – das so genannte STEP – befra-gen. Zudem waren zu jedem Patienten die chronischen Pathologien und die Dauermedikation zu dokumentieren.

Ergebnisse: An der Studie nahmen 45 Hausärzte teil, die insgesamt 894 Patienten (Altersdurchschnitt 77, 61% Frauen) dokumentierten. Die Patienten hatten im Durch-schnitt 3 Dauer-Pathologien (SD 1,7), 55% mehr als 2 (Abbildung 1). Die häufigsten Pathologie waren: arterielle Hypertonie (50%), Arthrose (27%), KHK (16%), Herz-rhythmusstörungen (12%), Depression (12%) und Diabetes (12%). Man fand signifikante Verteilungsunterschiede zwischen Frauen und Männern. Z.B. kam Depression 4 mal häufiger bei Frauen vor (Tabelle 1). Die mittlere Medikamentenanzahl betrug fast 3 (SD 2,05, Min 1 – Max 14), 33% nahmen mindestens 4 verschiedene Medi-kamente ein (Abbildung 2). Ace-Hemmer (29%), Antiag-gregantien (27%), Diuretika (18%) und Calciumantago-nisten (18%), Statine (14,5%), Betablocker (13%), Tran-quillizer (13%), Antidepressiva (12,5%), Sartane (12%), NSAR (10,4%) waren die häufigsten Medikamentenklas-sen (Tabelle 2). Die häufigste Medikamentengruppe war die der Antihypertensiva mit 35% aller chronischen Medi-kationen.

Schlussfolgerung/Implikation: Menschen über 69 Jahre zeigten eine hohe Komobidität und eine sehr hohe Poly-therapie. Beide Zustände erhöhen die Gefahr uner-wünschter Arzneimittelwirkungen und -wechselwirkungen. In weiteren Studien sollte die Möglichkeit der Reduktion der Polypharmazie durch gezielte edukative Interventionen untersucht werden.

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Literatur 1. Piccoliori G, Gerolimon E, Abholz HH. Geriatric Assessment in der Hausarztpraxis – eine Studie der Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin. Zeitschr Allg Med. 2005;81:491-8. 2. Junius U, Fischer G. Geriatrisches Assessment für die haus-ärztliche Praxis. Zeitschr Gerontol Geriat. 2002;35:210-23. 3. Geriatric assessment in general practice using a screening instrument: is it worth the effort? Results of a South Tyrol Study. Age Ageing. 2008;37(6):647-52.

Abbildung 1: Anzahl chronischer Krankheiten pro Patient

Abbildung 2: Medikamentenanzahl pro Patient

Tabelle 1: Häufigkeit chronischer Erkrankungen in Bezug auf Geschlecht

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Tabelle 2: Häufigkeit der Medikamentenklassen

Bitte zitieren als: Piccoliori G, Gerolimon E, Engl A, Abholz HH. Epidemiologie von chronischen Krankheiten und Therapien in der Altersklasse über 70 Jahren. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom052. DOI: 10.3205/11fom052, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0529 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom052.shtml

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Kasugraphie als Instrument zur Klassifizierung und Risikoabschätzung Waltraud Fink1, Gustav Kamenski2, Martin Konitzer3 1Allgemeinpraxis, Karl Landsteiner-Institut, Straning, Österreich 2Allgemeinpraxis, Karl Landsteiner-Institut, Angern/March, Öster-reich 3Lehrpraxis der Medizinischen Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland

Hintergrund: Primär als selbstlimitierend-harmlos in Er-scheinung tretende Beschwerdebilder können Anzeichen einer schweren Erkrankung im Sinne eines abwendbar gefährlichen Verlaufs (AGV) sein. Obwohl in der hausärzt-lichen Praxis die Inzidenz solcher Fälle niedrig ist, muss der Arzt/die Ärztin immer trachten, Schaden vom Patien-ten abzuwenden, und zwar auf systematischer Grundlage. Brauns Kasugraphie ist eine Systematik, die – angesichts der 300, in der Allgemeinpraxis am häufigsten gesehenen Krankheitsbilder – Entscheidungshilfen für die Differenzie-rung allfällig selbstlimitierender Erkrankungen von einem abwendbar gefährlichen Verlauf bereithält. Unsere retro-spektive Studie versucht die Eignung der Systematik Brauns für Krankheitsklassifikation und Risikoeinschätzung zu evaluieren.

Material und Methoden: 100 Fallschilderungen aus Qua-litätszirkeln, Zeitschriften, Schadensgutachten, und per-sönlichen Mitteilungen wurden im Laufe der letzten 10 Jahre gesammelt und dienten als Datengrundlage unserer Evaluierung.

Als Einschlusskriterien galten:

a) eine verzögerte oder versäumte Diagnosestellung; b) der Allgemeinarzt spielte eine wichtige Rolle bei der Erstberatung, und c) es mussten genügend Detailinformationen angegeben sein

Ergebnisse: Kasugraphische Begriffe konnten zu allen geschilderten Beschwerden in Beziehung gesetzt werden. In knapp der Hälfte der Fälle fand sich die schließlich diagnostizierte Krankheit bereits in der Liste der Abwend-bar gefährlichen Verläufe. Bei einem Viertel der Fälle kann angenommen werden, dass eine in der Kasugraphie vorgeschlagene Checkliste, d.h. eine programmierte Diagnostik, einen Hinweis auf die Diagnose gegeben hätte. Beziehungsweise es hätte die Betrachtungsweise der Patientenbeschwerden anhand der Kasugraphie die Füh-rung der Patienten optimiert im Sinne der Erwägung einer früheren Wiederbestellung, von weiteren Untersuchungen oder einer früheren Zuweisung zu Spezialisten oder ins Krankenhaus. Bei einem Viertel der Fälle schließlich war der Verlauf als schicksalhaft einzustufen, wo jedes diag-nostische Bemühen scheitern musste. Im Hinblick auf eine Optimierung der Kasugraphie lassen zehn Fallschilderun-gen es angezeigt erscheinen, bei einzelnen Begriffen in der Kasugraphie eine bestimmte Krankheit in der Liste der Abwendbar gefährlichen Verläufe zusätzlich anzuführen.

Schlussfolgerung/Implikation: Die retrospektive Analyse der Fallschilderungen zeigt, dass es lohnt diese Art der strukturierten Klassifizierung von Gesundheitsstörungen an der „ersten ärztlichen Linie“ einzusetzen um das Risiko eines unerkannten Abwendbar gefährlichen Verlaufs zu mindern.

Literatur 1. Braun RN. Kasugraphie: (K)ein Fall wie der andere ... Benen-nung und Klassifikation der regelmäßig häufigen Gesundheitsstö-rungen in der primärärztlichen Versorgung. 3. Aufl. Horn/Österreich: Verlag Berger; 2010. 2. Braun RN, Mader FH. Programmierte Diagnostik in der All-gemeinmedizin. 82 Checklisten für Anamnese und Untersuchung. 5. Aufl. Berlin Heidelberg New York: Springer; 2005.

Bitte zitieren als: Fink W, Kamenski G, Konitzer M. Kasugraphie als Instrument zur Klassifizierung und Risikoabschätzung. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom053. DOI: 10.3205/11fom053, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0536 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom053.shtml

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DFG-Nachwuchsakademie Versorgungsforschung – Konzept – Ablauf – Teilnehmerrückmeldungen Martin Scherer1, Dagmar Lühmann2, Hanna Kaduszkiewicz3, Bettina Villmann2, Meike Thiele1, Heiner Raspe4 1Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland 2Institut für Sozialmedizin, Universität Lübeck, Lübeck, Deutsch-land 3Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hambrug, Deutschland 4Seniorprofessur für Bevölkerungsmedizin, Universität Lübeck, Lübeck, Deutschland

Hintergrund: Trotz einer nennenswerten Förderung kön-nen relevante Fragestellungen der Versorgungsforschung nicht bearbeitet werden, weil es an qualifizierten jüngeren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern fehlt.

Material und Methoden: Anfang Dezember 2010 fand die erste Phase der von der Deutschen Forschungsgemein-schaft (DFG) neu eingerichteten Nachwuchsakademie Versorgungsforschung in den Instituten für Sozialmedizin und Krebsepidemiologie der Universität zu Lübeck statt. Durch sie sollen interessierte Nachwuchswissenschaftlerin-nen und Nachwuchswissenschaftler, die sich mit Fragen der Versorgungsforschung beschäftigen, in einem frühen Stadium ihrer Karriere gefördert werden, indem sie früh-zeitig eigene Forschungsfragen formulieren und an die erste eigene Drittmitteleinwerbung herangeführt werden. Auf dem Kongress möchten wir über Hintergrund, Kon-zept, Umsetzung und Zukunft des Projekts berichten.

Ergebnisse: Interessenten mussten sich mit einer Projekt-skizze bewerben und entweder promoviert bzw. kurz vor Abgabe ihrer Dissertation sein. Nach breiter Ausschrei-bung gingen 120 Bewerbungen ein, von denen 20 Teil-nehmerinnen und Teilnehmer in einem aufwändigen Begutachtungsprozess ausgewählt wurden. Die vorge-schlagenen Projektthemen wiesen ein breites Spektrum auf und umfassten u. a. Fragestellungen zum Versorgungszu-gang und Schnittstellen bei psychischen und psychosoma-tischen Erkrankungen, zur Qualitätsförderung in Praxen (z.B. Evaluation von Disease-Management-Programmen) oder zu Zielvereinbarungen in der Rehabilitation. Ein besonderes versorgungswissenschaftliches Interesse galt Personen mit Migrationshintergrund. Die fünftägige Nachwuchsakademie hatte zwei Arbeitsschwerpunkte: Zum Einen hatten die Teilnehmer Gelegenheit, ihre Pro-jektskizzen vorzustellen, mit Experten zu diskutieren und in interaktiver Kleingruppenarbeit weiter zu entwickeln. Zum Anderen gaben renommierte Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland in Vorträgen und Diskussionen Einblick in aktuelle konzeptionelle und methodische Ent-wicklungen der Versorgungsforschung. Das unmittelbar nach der Veranstaltung eingeholte Feedback der Teil-nehmer signalisierte, dass insbesondere die supervidierte Arbeit an der eigenen Projektskizze als hilfreich empfun-den wurde.

Schlussfolgerung/Implikation: Im Nachgang zur Veran-staltung haben die Teilnehmer nun Gelegenheit, ihren Forschungsantrag zu finalisieren und als Sachbeihilfean-trag bei der DFG einzureichen. In einem Jahr werden die Kandidatinnen und Kandidaten zu einem Alumni-Treffen

eingeladen. Anfang 2012 soll eine zweite DFG-Nachwuchsakademie stattfinden.

Bitte zitieren als: Scherer M, Lühmann D, Kaduszkiewicz H, Villmann B, Thiele M, Raspe H. DFG-Nachwuchsakademie Versorgungsforschung – Konzept – Ablauf – Teilnehmerrückmeldungen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom054. DOI: 10.3205/11fom054, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0543 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom054.shtml

IIe Disease Management Programme

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Hat sich die Versorgung von Patienten mit Asthma bronchiale in den bayerischen Hausarztpraxen seit der Einführung des Disease Management Programms Asthma verbessert? Antonius Schneider1, Robert Mutschler1, Ewan-Reid Donnachie2, Michael Mehring1, Frank Hofmann2 1Institut für Allgemeinmedizin/TU München, München, Deutsch-land 2KV Bayerns, München, Deutschland

Hintergrund: Das Disease Management Programm (DMP) Asthma bronchiale wurde 2006 in Bayern eingeführt. Mittlerweile sind über 100.000 Patienten in das Pro-gramm eingeschrieben. Ziel der vorliegenden Untersu-chung war die Ermittlung, ob durch das DMP Asthma eine Verbesserung der Versorgung zu ermitteln ist.

Material und Methoden: Analyse der elektronischen Do-kumentation des DMP Asthma mit Darstellung des Ver-laufs von medikamentöser Therapie, wahrgenommenen Patientenschulungen, Anwendung von individuellen Selbstmanagement-Plänen, Notfallbehandlungen und Krankenhausaufnahmen.

Ergebnisse: Die orientierende Auswertung zeigt eine Zu-nahme der Leitlinienadhärenz, Zunahme von Schulungen und Abnahme von Hospitalisierung. Eine genaue Auswer-tung liegt bis zur Präsentation vor.

Schlussfolgerung/Implikation: Wie bei vielen deutsch-landweit breitflächigen Implementierungsmaßnahmen liegt keine Kontrollgruppe vor, so dass Behandlungseffek-te nur schwierig auf die DMP-Implementierung alleine zurückgeführt werden können. Einige Effekte, wie z.B. Zunahme von durchgeführten Schulungen, sind jedoch in sich konsistent, so dass eine Verbesserung der Versorgung durch das DMP Asthma plausibel erscheint.

Bitte zitieren als: Schneider A, Mutschler R, Donnachie ER, Mehring M, Hofmann F. Hat sich die Versorgung von Patienten mit Asthma bronchiale in den bayerischen Hausarztpraxen seit der Einführung des Disease Management Programms Asthma verbessert. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom055. DOI: 10.3205/11fom055, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0554 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom055.shtml

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Nationale VersorgungsLeitlinie und Disease-Management-Programm Asthma – Kommen die Inhalte bei den Patienten an? Eine Fragebogenstudie bei gesetzlich Versicherten in Deutschland Bettina Bücker1, Susanne Löscher1, Cornelia Schürer2, Katharina Schaper3, Frank Krummenauer3, Michael Pentzek2, Antje Krieger1, Nik Koneczny1, H.-Harald Abholz2, Stefan Wilm1 1Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland 2Abteilung für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland 3Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie (IMBE), Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland

Hintergrund: Die Nationale VersorgungsLeitlinie Asthma, die u.a. als evidenzbasierte Entscheidungshilfe für die Ausgestaltung des Disease-Management-Programms (DMP) Asthma gedacht ist, wurde 2005 erstmalig veröf-fentlicht. Zwischen 2006 und 2008 führten alle Kassen-ärztlichen Vereinigungen das DMP Asthma ein. Zum Effekt dieses DMP in Deutschland existieren derzeit nur wenige Untersuchungen.

Die Befragung sollte Auskunft über das selbstberichtete Handeln gesetzlich versicherter Patienten im Hinblick auf den (leitliniengerechten) Umgang mit ihrer Asthmaerkran-kung geben und darüber, inwieweit sich DMP-Asthma-Teilnehmer in ihren Aussagen von Nichtteilnehmern unter-scheiden. Primäre Hypothese war, dass zwischen diesen Gruppen ein Unterschied besteht in Bezug auf den Grad der Asthmakontrolle (unkontrolliert vs (teilweise) kontrol-liert) und die Notwendigkeit zur Anwendung des Notfall-sprays (nie/höchstens 2x pro Woche vs mehr als 2x pro Woche/täglich). Sekundäre Hypothesen bezogen sich u.a. auf Schulungsteilnahme, Einsatz des Peak-Flow-Meters (PFM), Besitz eines Notfallplans und Einnahme eines inhalativen Kortikoids.

Material und Methoden: Postalische Befragung von 8.000 zufällig ausgewählten, asthmakranken Versicherten (je 4.000 DMP-Teilnehmer und Nichtteilnehmer) einer ge-setzlichen Krankenversicherung. Die deskriptive Auswer-tung der kategorialen Items erfolgte mittels Kreuztabellen und entsprechenden Prozentzahlen. Mittels des exakten Fisher-Tests zum multiplen Niveau 5% wurden Asthma-kontrolle und Notfallsprayanwendung zwischen den bei-den Gruppen verglichen. Die sekundären Hypothesen wurden mittels Fisher- bzw. Chiquadrat-Test geprüft.

Ergebnisse: Rücklaufquote 32,3% (2586 FB). Zur pri-mären Hypothese (Grad der Asthmakontrolle bzw. Not-fallsprayanwendung) zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen DMP-Teilnehmern und Nichteil-nehmern (p(F)=0.251 bzw. p(F)=0.080). Alters- und Geschlechtsadjustierungen veränderten die Ergebnisse nicht. Die DMP-Teilnehmer haben häufiger an einer Asthma-Schulung teilgenommen (50,6% vs 32,3%, p(F)=0.000), verwendeten häufiger ein PFM (49,3% vs 25,3%, p(F)=0.000), waren häufiger im Besitz eines Notfallplans (21,7% vs 11,0%, p(F)=0.000) und nahmen häufiger täglich ein kortisonhaltiges Spray (61,9% vs 45,5%, p(Chi²)=0.000).

Schlussfolgerung/Implikation: Ergebnisparameter unter-schieden sich zwischen den Gruppen nicht. Relevante Prozessparameter waren bei den DMP-Teilnehmern häufi-ger leitlinienkonform als bei den Nichtteilnehmern. Unklar bleibt, ob diese Unterschiede Folge des DMP sind. Mög-licherweise spielen auch Selektionseffekte eine Rolle in dem Sinne, dass gesündere und motiviertere Patienten eher ins DMP eingeschlossen wurden als Patienten mit einem höheren Risiko für Komplikationen. Auch gilt zu bedenken, dass die DMP-Laufzeit bei Studienbeginn ma-ximal 4 Jahre betrug. Es ist denkbar, dass Prozessverbes-serungen im Sinne eines Langzeitnutzens zu zukünftigen Outcome-Verbesserungen führen. Diese Aspekte sollten in weiteren Studien untersucht werden.

Bitte zitieren als: Bücker B, Löscher S, Schürer C, Schaper K, Krummenauer F, Pentzek M, Krieger A, Koneczny N, Abholz HH, Wilm S. Nationale VersorgungsLeitlinie und Disease-Management-Programm Asthma – Kommen die Inhalte bei den Patienten an? Eine Fragebogenstudie bei gesetzlich Versicherten in Deutschland. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom056. DOI: 10.3205/11fom056, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0560 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom056.shtml

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Pharmakotherapie von DMP-Teilnehmern im Vergleich zu Nicht-Teilnehmern – Ergebnisse der ELSID-Studie Antje Miksch, Stefanie Joos, Dominik Ose, Joachim Szecsenyi

Universitätsklinikum, Abteilung Allgemeinmedizin und Versor-gungsforschung, Heidelberg, Deutschland

Hintergrund: Die Effektivität und die weitere Ausgestaltung der Disease Management Programme (DMP) für Diabetes mellitus Typ 2 werden in Deutschland und international kontrovers diskutiert. Angesichts der flächendeckenden bundesweiten Implementierung der Programme im Jahr 2003 war in Deutschland eine dem Goldstandard ent-sprechende randomisiert-kontrollierte Studie nicht durch-führbar. Das hat dazu geführt, dass bis zum heutigen Zeitpunkt mehrere Studien mit teilweise unterschiedlichen methodischen Herangehensweisen durchgeführt wurden [1], [2], [3], [4], [5].

Im Rahmen der ELSID-Studie wurden in einem mehrdi-mensionalen Ansatz der Versorgungsforschung unter-schiedliche Elemente des DMP untersucht. Dabei wurden u.a. anhand einer Auswertung von Routine-Daten ein Vergleich zwischen DMP-Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern hinsichtlich Pharmakotherapie und Hospi-talisationsraten durchgeführt. Die Ergebnisse dieses Ver-gleiches sind Gegenstand der vorliegenden Analyse.

Material und Methoden: Zum Vergleich von DMP-Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern wurden Routinedaten der AOK aus Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz heran-gezogen. Dafür wurden zwei Halbjahre verglichen (2. Halbjahr 2005 und 2. Halbjahr 2007). Zur Bildung einer Vergleichsgruppe wurde ein propensity score matching durchgeführt.

Ergebnisse: Die untersuchte Stichprobe beinhaltete die Daten von 11.079 Patienten, davon waren 2.300 DMP-Teilnehmer. Durch das Propensity Score Matching konnte für jeden DMP Teilnehmer ein Matching-Partner gefunden

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werden, so dass in der folgenden Analyse 4.600 Patienten berücksichtigt wurden (2.300 DMP-Teilnehmer und 2.300 Nicht-Teilnehmer). Die Verordnungsraten für Antihyper-tensiva waren 87.0% (DMP) und 83.3% (Nicht-DMP) im Baseline-Halbjahr 2005 (p<0.001) und 88.8% / 83.8% zum Zeitpunkt des Follow-up (p<0.001). Verordnungsra-ten für Lipidsenker waren 31.5 % / 22.4% (Baseline, p<0.001) and 35.3 % / 28.1 % (Follow-up, p<0.001). 14.3% (DMP) bzw. 14.8% (Nicht-DMP) wurden im 2. Halbjahr 2005 mindestens einmal hospitalisiert (p=0.654), im Vergleichszeitraum 2007 waren dies 18.5% (DMP) und 16.1% (Nicht-DMP) (p<0.05).

Schlussfolgerung/Implikation: Diese Analyse zeigt Unter-schiede bezüglich der Pharmakotherapie zwischen DMP-Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern, die allerdings vor dem Hintergrund des großen Studiensamples und unter Berücksichtigung möglicher Selektionseffekte vorsichtig interpretiert werden müssen.

Die DMP haben zur Verankerung einer strukturierten Versorgung im Praxisalltag beigetragen, inwiefern die Programme zu einer langfristigen und nachhaltigen Ver-besserung patientenrelevanter Endpunkte geführt haben, muss auf Basis der Ergebnisse der vorliegenden, metho-disch heterogenen DMP-Studien kritisch diskutiert werden.

Literatur 1. Stock S, Drabik A, Büscher G, Graf C, Ullrich W, Gerber A, Lauterbach KW, Lüngen M. German Diabetes Management Programs improve quality of care and curb costs. Health Affairs. 2010;12:2197-205. 2. Sönnichsen AC, Winkler H, Flamm M, Panisch S, Kowatsch P, Klima G, Fürthauer B, Weitgasser R. The effectiveness of the Austrian disease management programme for type 2 diabetes: a cluster-randomised trial. BMC Fam Pract. 2010;11:86. 3. Linder R, Ahrens S, Köppel D, Heilmann T, Verheyen F. The benefit and efficiency of the disease management program for type 2 diabetes. Dtsch Arztebl Int. 2011;108:155–62. 4. Schaefer I, Küver C, Gedrose B, von Leitner EC, Treszl A, Wegscheider K, van den Bussche H, Kaduszkievicz H. Selection effects may account for better outcomes of the German Disease management Program for type 2 diabetes. BMC Health Services Research. 2010;10:351. 5. Miksch A, Laux G, Ose D, Joos S, Campbell S, Riens B, Szecsenyi J. Is there a survival benefit within a german primary care-based disease management program? Am J Manag Care. 2010;16:49-54.

Bitte zitieren als: Miksch A, Joos S, Ose D, Szecsenyi J. Pharmakotherapie von DMP-Teilnehmern im Vergleich zu Nicht-Teilnehmern – Ergebnisse der ELSID-Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom057. DOI: 10.3205/11fom057, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0572 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom057.shtml

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Developing and validating disease management evaluation methids for European healthcare systems (DISMEVAL): Auswirkungen der Anwendung verschiedener Matching-Methoden auf die Einschätzung von Effekten des DMP Diabetes Typ II Antje Erler1, Birgit Fullerton1, Boris Poehlmann2, Robert Krohn2, Petra Kaufmann-Kolle2, Martin Beyer1, Ferdinand M. Gerlach1 1Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt/Main, Deutschland 2AQUA-Institut, Goettingen, Deutschland

Hintergrund: Disease Management-Programme (DMP) sollen die Qualität der Versorgung chronisch Kranker verbessern und dadurch Folgeerkrankungen und Krank-heitskosten reduzieren. Ziele und Inhalte von DMP sind in verschiedenen Ländern unterschiedlich und ihr Erfolg wird international kontrovers diskutiert. Das EU-Projekt DISME-VAL untersucht Versorgungsmodelle für chronisch Kranke wie DMP und ihre Evaluation in verschiedenen europäi-schen Ländern. Anhand von DMP-Daten aus sechs euro-päischen Ländern werden unterschiedliche Evaluationsme-thoden getestet und validiert. Auf der Basis der Ergebnisse sollen Empfehlungen für eine wissenschaftlich fundierte und praktikable Evaluation von DMP entwickelt werden. In Deutschland ist die Teilnahme an DMP freiwillig, Baseline-Daten für Patienten stehen nicht zur Verfügung, und der Vergleich mit einer Kontrollgruppe von Nicht-Teilnehmern ist nicht möglich. Daraus ergeben sich besondere Schwie-rigkeiten, valide Evaluationsergebnisse zu erhalten und die Programmeffekte korrekt zu interpretieren.

Material und Methoden: Auf der Basis von Routinedaten und DMP-Dokumentationen von Patienten der Techniker Krankenkasse aus den Jahren 2004–2008 werden die Auswirkungen der Anwendung verschiedener Matching-Methoden (z.B. Propensity Score- und Propensity Weight-Matching) auf den Vergleich von Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern bezüglich der Effekte des DMP Diabetes Typ II analysiert. Als Maß für die Güte des Matchings wird die mittlere standardisierte Differenz (mean standardized difference) verwendet.

Ergebnisse: Vor dem Matching zeigten Teilnehmer und Nicht-Teilnehmer deutliche Unterschiede in soziodemo-graphischen, klinischen und Inanspruchnahme-parametern. Mittels verschiedener Matchingverfahren konnten diese Unterschiede mehr oder weniger ausgegli-chen werden. Dabei fand sich keine eindeutige Überle-genheit einer Methode.

Schlussfolgerung/Implikation: Selektionsbias ist ein wichti-ger Faktor, der bei der Interpretation von Evaluationser-gebnissen des DMP Diabetes Typ II zu berücksichtigen ist. Bei der Verwendung von Routinedaten können verschie-dene Matchingmethoden genutzt werden, um Unterschie-de in DMP-Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern einzube-ziehen und für einen Selektionsbias zu kontrollieren.

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Bitte zitieren als: Erler A, Fullerton B, Poehlmann B, Krohn R, Kaufmann-Kolle P, Beyer M, Gerlach FM. Developing and validating disease management evaluation methids for European healthcare systems (DISMEVAL): Auswirkungen der Anwendung verschiedener Matching-Methoden auf die Einschätzung von Effekten des DMP Diabetes Typ II. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom058. DOI: 10.3205/11fom058, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0585 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom058.shtml

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„Aktivtreff Diabetes“ – Peer Support als neues Konzept im Diabetes Management Henrike Winkler1, Tim Johansson1, Sigrid Panisch1, Raimund Weitgasser2, Andreas Sönnichsen1 1Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Institut für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin, Salzburg, Österreich 2Diakonissen-Krankenhaus Salzburg, Salzburg, Österreich

Hintergrund: Disease Management Programme (DMPs) wie das österreichische „Therapie aktiv“ führen zu einer deutlichen Optimierung der Prozessqualität, hinsichtlich Verbesserung der Stoffwechselkontrolle bleiben die Effekte aber gering. Selbstmanagement und Peer Support gelten als vielversprechende, neue Konzepte in der Versorgung chronisch Kranker, um den ureigensten Patientenwunsch nach Gesundheit in den Vordergrund zu stellen. Bisher gibt es nur wenig Studienliteratur zur Effektivität dieser Vorgehensweise. Unsere Arbeitsgruppe hat als Zusatzmo-dul des DMP „Therapie aktiv“ das Peer Support Pro-gramm (PSP) „Aktivtreff Diabetes“ entwickelt, dessen Effektivität nun im Rahmen einer randomisiert-kontrollierten Studie überprüft wird.

Material und Methoden: 90 Allgemeinmedizinischen bzw. Internistischen Praxen im Bundesland Salzburg wurde das Programm angeboten, 1.500 ins „Therapie aktiv“ einge-schriebene Patienten sind teilnahmeberechtigt. Angemel-dete Diabetiker werden Aktivtreffgruppen zugeordnet, die nach Randomisierung entweder das PSP durchführen (Intervention) oder Usual Care erhalten (Kontrolle). Je Interventionsgruppe werden zwei „Peer Supporter“ vom Arzt vorgeschlagen und nach standardisiertem Programm geschult. Die Gruppen treffen sich einmal in der Woche zur sportlichen Betätigung wie Nordic Walking o.ä. und werden regelmäßig durch Sportinstruktoren betreut. Zu-sätzlich werden einmal pro Monat Gesprächsrunden angeboten, um diabetesbezogene Probleme zu diskutie-ren. Die Gruppen werden regelmäßig durch Diabetesbe-rater, Diätologen, Psychologen, Sportinstruktoren und Ärzte professionell unterstützt.

Als Basisdaten werden Laborwerte, anthropometrische Daten, der DMP-Dokumentationsbogen, Fragebögen zu Lebensqualität und Bewegungsverhalten herangezogen. Nach zwei Jahren erfolgen die Abschlussuntersuchungen. Primäres Zielkriterium ist eine HbA1c- Senkung. Weitere Zielkriterien: Verbessertes Diabetes-Selbstmanagement, höhere Lebensqualität, Reduktion kardiovaskulärer Risiko-faktoren, Gewichtsreduktion, Raucherentwöhnung, Kos-tensenkung in der Interventionsgruppe.

Ergebnisse: 415 Diabetiker meldeten sich für das PSP an, 20 Gruppen haben im Frühjahr 2011 gestartet. Die Ba-sisdaten der Interventions (I)- und Kontrollgruppe (K) sind gut vergleichbar: Mittleres Alter 65,5 (I) vs. 65,2 (K),

mittlerer BMI 30,3 (I) vs. 30,4 (K) kg/m², mittlerer HbA1c 7,0 (I) vs. 7,1 (K) %.

Schlussfolgerung/Implikation: Trotz steigender Kosten und Versorgungsdefiziten in der Diabetesbehandlung wurde bisher wenig in Selbsthilfeprojekte und Bewegungspro-gramme für Diabetiker investiert. Das vorgeschlagene PSP verspricht effizient zur Verbesserung der Versorgung von Diabetikern und damit auch zur Kostenreduktion beizutra-gen. Ziel ist es, Gruppen zu initiieren, die nach Ablauf der Studie weiter bestehen bleiben. Die Studienergebnisse sollen dazu beitragen, PSPs als Standardkomponenten der Diabetikerbetreuung in Österreich zu etablieren.

Bitte zitieren als: Winkler H, Johansson T, Panisch S, Weitgasser R, Sönnichsen A. „Aktivtreff Diabetes“ – Peer Support als neues Konzept im Diabetes Management. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom059. DOI: 10.3205/11fom059, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0597 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom059.shtml

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Effektivität des österreichischen DMP “Therapie Aktiv” für Diabetes Typ 2 hinsichtlich Verbesserung der metabolischen Kontrolle, des Risikoprofils und der Leitlinienadhärenz – zwei Jahre Follow up Maria Flamm, Sigrid Panisch, Henrike Winkler, Tim Johansson, Andreas Sönnichsen

Paracelsus Medizinische Privatuniversität; Institut für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin, Salzburg, Österreich

Hintergrund: Diabetes mellitus Typ 2 stellt weltweit eine wachsende Herausforderung für Gesundheitssysteme dar. In Österreich leiden rund 4,2-4,6% der erwachsenen Bevölkerung an Diabetes [1] und die Prävalenz der diabe-tischen Komplikationen ist hoch [2]. Zur Verbesserung der Versorgung von Diabetikern in Österreich wurde das Disease Management Programm (DMP) „Therapie Aktiv“ von der gesetzlichen Sozialversicherung entwickelt und implementiert. Im Bundesland Salzburg erfolgte die Ein-führung 2007 im Rahmen einer randomisiert kontrollier-ten Studie (RCT) mit 1.489 eingeschlossenen Patienten über einen Beobachtungszeitraum von einem Jahr. Die Ergebnisse wurden kürzlich publiziert [3]. Nach Abschluss des RCT wurde das Programm zur Ermittlung der Lang-zeiteffektivität als offene Beobachtungsstudie weiterge-führt.

Material und Methoden: Die Studie wurde allen Allge-meinmedizinern und Internisten mit Kassenvertrag in Salzburg angeboten. Es sollten alle Patienten mit Diabetes Typ 2 nach den WHO/ADA Kriterien eingeschlossen werden. Nach Abschluss des RCT und Öffnung der Studie wurde den Patienten der Kontrollgruppe der Eintritt in das DMP angeboten. In dieser Auswertung beobachteten wir alle Patienten, die über den gesamten Zeitraum von 2 Jahren (mindestens 600 Tage) in der Studie waren. Die Studienteilnehmer wurden in 3 Gruppen unterteilt: Grup-pe 1: ehemalige Interventionspatienten, die im DMP blieben; Gruppe 2: ehemalige Kontrollen, die in das DMP eintraten; Gruppe 3: ehemalige Kontrollen, die als Kon-trollen in der Studie blieben. Zu Studienbeginn, nach einem und nach zwei Jahren wurden anthropometrische

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Daten, diverse Laborparameter (primärer Endpunkt HbA1c) und Parameter der Prozessqualität (regelmäßige Kontrolluntersuchungen und Schulung) erfasst und aus-gewertet.

Ergebnisse: Insgesamt wurden von 55 Ärzten 801 Patien-ten eingeschlossen, deren Daten über einen Zeitraum von 2 Jahren ausgewertet werden konnten. Gruppe 1: n=355 (53,0% männlich); Gruppe 2: n=335 (51,3% männlich); Gruppe 3: n=111 (56,8% männlich).

Hinsichtlich des primären Endpunktes HbA1c fand sich zwischen den Gruppen über die Zeit kein signifikanter Unterschied (Mittelwert HbA1c ± STD zu Studienbeginn, nach 1Jahr, nach 2 Jahren: Gruppe 1: 7,40±1,48; 6,95±1,14; 7,03±1,19; Gruppe 2: 7,32±1,37; 6,95±1,05; 6.95±1.05; Gruppe 3: 7,14±1,11; 7,02±1,00; 7.12±1.10; p=0,789).

Hinsichtlich der Prozessqualität fanden sich signifikant mehr geschulte Patienten unter den DMP Patienten (p<0,001). Nach Übertritt in das DMP im zweiten Jahr zeigte sich eine deutliche Zunahme an regelmäßigen Augen- und Fußuntersuchungen.

Schlussfolgerung/Implikation: Es finden sich nach 2 Jah-ren keine Unterschiede hinsichtlich metabolischer Kontrol-le zwischen den Gruppen, jedoch führt das DMP „Thera-pie Aktiv“ zu einer deutlichen Verbesserung der Prozess-qualität.

Literatur 1. Dorner T, Rathmanner T, Lechleitner M, Schlogel R, Roden M, Lawrence K, et al. Public health aspects of diabetes mellitus--epidemiology, prevention strategies, policy implications: the first Austrian diabetes report. Wien Klin Wochenschr. 2006 ;118(17-18):513-9. 2. Rakovac I, Plank J, Jeitler K, Beck P, Seereiner S, Mrak P, et al. Health status of type 2 diabetics in Austria - perspective of a quality improvement initiative. Wien Med Wochenschr. 2009;159(5-6):126-33. 3. Sonnichsen AC, Winkler H, Flamm M, Panisch S, Kowatsch P, Klima G, et al. The Effectiveness of the Austrian Disease Man-agement Programme for Type 2 Diabetes: a Cluster-Randomised Controlled Trial. BMC Fam Pract. 2010;11(1):86.

Bitte zitieren als: Flamm M, Panisch S, Winkler H, Johansson T, Sönnichsen A. Effektivität des österreichischen DMP “Therapie Aktiv” für Diabetes Typ 2 hinsichtlich Verbesserung der metabolischen Kontrolle, des Risikoprofils und der Leitlinienadhärenz – zwei Jahre Follow up. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom060. DOI: 10.3205/11fom060, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0608 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom060.shtml

IIf Qualitative Forschung

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Die Weiterverordnung von nicht-indizierten Protonenpumpenhemmern nach Krankenhausaufenthalt – qualitative Interviews mit Hausärzten Matthias Wermeling, Dirk Ahrens, Wolfgang Himmel

Universität Göttingen, Abteilung Allgemeinmedizin, Göttingen, Deutschland

Hintergrund: Verordnungen von Protonenpumpeninhibito-ren (PPI) haben in den letzten 10 Jahren um mehr als das Sechsfache zugenommen. Über den nicht-indikationsgerechten Einsatz von PPI im Krankenhaus und der Primärversorgung wurde vielfach berichtet. Für über die Hälfte der PPI-Empfehlungen in den Entlassungsbrie-fen aus dem Krankenhaus gibt es keine adäquate Indika-tion, wie wir zeigen konnten ([1]). Nach Entlassung aus dem Krankenhaus wurde von den Hausärzten wiederum mehr als die Hälfte der nicht-indizierten Empfehlungen fortgeführt – mit großer Variationsbreite unter den Ärzten. Eine qualitative Studie sollte klären, aus welchen Gründen Hausärzte nicht-indizierte Empfehlungen von PPI nach Krankenhausentlassung weiterführen oder absetzen.

Material und Methoden: Nach den Regeln des gezielten Samplings wählten wir 5 Hausärzte, die nicht-indizierte Verordnungen von PPI überwiegend weiterführten, und 5 Hausärzte, die solche Verordnungen überwiegend absetz-ten, aus. Mit diesen 10 Hausärzten führten wir leitfaden-gestützte Interviews zu ihren Einstellungen bezüglich PPI und ihrem Verordnungsverhalten mit besonderer Berück-sichtigung der Schnittstelle zwischen Krankenhaus und Hausarzt. Die Auswertung erfolgte mit der qualitativen ‚framework’-Methode.

Ergebnisse: Neben dem Wissen über Indikationen und der allgemeinen Einstellung zu Medikamenten, speziell PPI, beeinflusste das Verhältnis zum Krankenhaus die Ent-scheidung, ein nicht-leitlinienkonform verordnetes Medi-kament weiterzuführen oder abzusetzen. Hausärzte, die nicht-leitliniengerechte Verordnungen von PPI häufig weiterführten, bescheinigten ihren Kollegen im Kranken-haus eine große Kompetenz bei der Verordnung des Präparates. Dagegen äußerte sich die Vergleichsgruppe häufig kritisch zu den „Pauschalverordnungen“ und der im Krankenhaus oft praktizierten prophylaktischen Gabe von PPI als Begleitmedikation zur Medikation mit NSAR. Hausärzte, für die Kostenüberlegungen eine große Rolle spielten, waren eher dazu bereit, Krankenhausverordnun-gen abzusetzen.

Schlussfolgerung/Implikation: Die häufig nicht-leitliniengerechte Entlassungsmedikation erfordert die kritische Überprüfung und ggf. Veränderung. Wissensdefi-zite sind ein Hindernis in diesem Prozess. Aber auch eine positive Grundeinstellung gegenüber dem Krankenhaus und die Akzeptanz der oft automatischen Koppelung von PPI und NSAR erschweren den kritischen Blick auf die vom Krankenhaus empfohlene Medikation.

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Literatur 1. Ahrens D et al. Appropriateness of treatment recommenda-tions for PPI in hospital discharge letters. Eur J Clin Pharmacol. 2010;66(12):1265-71.

Bitte zitieren als: Wermeling M, Ahrens D, Himmel W. Die Weiterverordnung von nicht-indizierten Protonenpumpenhemmern nach Krankenhausaufenthalt – qualitative Interviews mit Hausärzten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom061. DOI: 10.3205/11fom061, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0613 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom061.shtml

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Einsatz von reinen und unreinen Placebos in der allgemeinmedizinischen Praxis – Ergebnisse einer qualitativen Befragung Karin Meissner1, Lisa Höfner1, Isabelle Schumann2, Klaus Linde2 1Institut für Medizinische Psychologie, München, Deutschland 2Institut für Allgemeinmedizin, München, Deutschland

Hintergrund: Eine von unserer Arbeitsgruppe kürzlich durchgeführte Fragebogenuntersuchung ergab, dass viele Hausärzte ab und zu reine Placebos (z.B. Zuckertabletten, Kochsalzinjektionen) und häufiger unreine Placebos (The-rapien, bei denen eine intrinsische Wirkung auf die be-handelte Erkrankung unwahrscheinlich ist) einsetzen. Um die komplexen Gründe für die Verwendung von Placebos in der allgemeinmedizinischen Praxis besser zu verstehen, führten wir nun auch eine qualitative Befragung durch.

Material und Methoden: Zehn niedergelassene Hausärzte in Bayern (4 Männer, 6 Frauen) wurden mit strukturierten Leitfadeninterviews zum Einsatz von Placebos in der Praxis befragt. Alle Interviews wurden aufgezeichnet und transkribiert. Die Auswertung erfolgte mit Methoden der Inhaltsanalyse. Jede Aussage wurde von mindestens 2 Autoren kodiert.

Ergebnisse: Unter den Befragten waren 5 Anwender reiner Placebos und 6 Anwender unreiner Placebos. Als Formen unreiner Placebos wurden vor allem Phytotherapeutika, Homöopathika und Akupunktur, aber auch Klangschalen und Handauflegen genannt. Der häufigste Grund für die Gabe von Placebos war der ausdrückliche Wunsch des Patienten nach Therapie, auch wenn im konkreten Fall keine spezifische Therapie zur Verfügung stand. Bei unrei-nen Placebos spielte häufig auch die Hoffnung auf eine ungezielte, wissenschaftlich aber nicht belegte Wirkung der Therapie eine Rolle. Andere Ärzte lehnten unreine Placebos ab, weil sie nur Therapien einsetzen wollten, von denen sie überzeugt seien. Der häufigste Grund gegen den Einsatz reiner Placebos war die Täuschung des Pati-enten. Anwender von reinen Placebos führten vor allem das Argument des Nicht-Schadens an, zusammen mit dem potentiellen Nutzen und den niedrigen Kosten für das Gesundheitssystem. Eine Wirksamkeit von Placebos wurde in erster Linie für psychosomatische Beschwerden postuliert, und fast jeder Befragte konnte ein konkretes Beispiel für einen Placeboeffekt anführen. Für einige Ärzte waren Gespräch und Zuwendung ebenso wichtig wie das Placebo, welches dann als zusätzliche Form der Zuwen-dung beschrieben wurde, auf die der Patient im Alltag problemlos zurückgreifen könne.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Meinungen der befrag-ten Hausärzte bezüglich reiner und unreiner Placebos gingen stark auseinander. Für den Umgang mit reinen Placebos spielte vor allem die persönliche Einstellung des Arztes zur Täuschung des Patienten eine Rolle, während der Einsatz von unreinen Placebos eher an die Einstellung geknüpft war, ob ein Arzt auch Therapien ausprobieren wollte, deren Nutzen nicht wissenschaftlich erwiesen ist. Der individuelle Umgang mit Placebos hing also eng mit dem beruflichen Selbstverständnis der befragten Ärzte zusammen. An der Wirksamkeit von Placebos zweifelte hingegen kaum ein Arzt.

Bitte zitieren als: Meissner K, Höfner L, Schumann I, Linde K. Einsatz von reinen und unreinen Placebos in der allgemeinmedizinischen Praxis – Ergebnisse einer qualitativen Befragung. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom062. DOI: 10.3205/11fom062, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0622 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom062.shtml

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Ressourcenorientierte Ansätze in der Hausarztpraxis – eine qualitative Studie Franziska Prüfer, Stefanie Joos, Antje Miksch

Universitätsklinikum, Abteilung Allgemeinmedizin und Versor-gungsforschung, Heidelberg, Deutschland

Hintergrund: Der Arbeitsauftrag der Allgemeinmedizin beinhaltet eine Gesundheitsbildungsfunktion, insbesonde-re die Gesundheitsberatung und Gesundheitsförderung für den einzelnen Patienten [1]. Bei der Gesundheitsförde-rung steht die Stärkung patienteneigener Ressourcen im Mittelpunkt (salutogenetischer Ansatz). Darüber inwieweit ressourcenorientierte Ansätze in der hausärztlichen Ver-sorgung nutzbar sind bzw. bereits zur Anwendung kom-men, ist bislang nur wenig bekannt. In der vorliegenden Studie wird darum untersucht, welche Erfahrungen Haus-ärzte mit dem Einsatz/der Nutzbarkeit salutogener Res-sourcen ihrer Patienten gemacht haben.

Material und Methoden: Mit 15-20 Hausärzten, die mit ressourcenorientierten Ansätzen bereits vertraut sind, werden semi-strukturierte telefonische Interviews anhand eines vorab entwickelten Interviewleitfadens geführt. Diese werden digital aufgezeichnet, im Volltext transkribiert und anhand der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring und mit dem Softwareprogramm Atlas.ti ausgewertet. Die Aspekte Erfahrungen, Schlüsselerlebnisse, Chancen und Barrieren im Zusammenhang mit ressourcenorientierten Ansätzen stehen dabei im Mittelpunkt.

Ergebnisse: Auf dem Kongress werden die Ergebnisse der qualitativen Inhaltsanalyse präsentiert.

Schlussfolgerung/Implikation: Die aus Sicht der Hausärzte betrachtete Nutzbarkeit von ressourcenorientierten Ansät-zen für die hausärztliche Versorgung soll vor dem Hinter-grund der Anforderungen an die Versorgung einer zu-nehmend älter werdenden Bevölkerung diskutiert werden. Dabei sollen auch mögliche Konsequenzen für eine bes-sere Verankerung der Salutogenese im Studium bzw. in der ärztlichen Weiterbildung erörtert werden.

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Literatur 1. Sturm E, Bahrs O, Dieckhoff D, Göpel E, Sturm M. Hausärzt-liche Patientenversorgung: Konzepte - Methoden - Fertigkeiten. Vol.1. Stuttgart: Georg Thieme; 2006.

Bitte zitieren als: Prüfer F, Joos S, Miksch A. Ressourcenorientierte Ansätze in der Hausarztpraxis – eine qualitative Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom063. DOI: 10.3205/11fom063, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0636 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom063.shtml

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Interkulturelle Medizin: Erwartungen und Erfahrungen chronisch kranker Patienten beim Hausarzt. Ergebnisse einer qualitativen Befragung von Patienten mit und ohne Migrationshintergrund Viktoria Bachmann, Michael Völkner, Stefan Bösner, Erika Baum, Norbert Donner-Banzhoff

Philipps-Universität Marburg, Abteilung für Allgemeinmedizin, Marburg, Deutschland

Hintergrund: Im Rahmen der Studie „Chronisch kranke Patienten mit russisch-sprachigem Migrationshintergrund beim Hausarzt“ wurden Migranten aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion über ihre Erfahrungen und Er-wartungen beim Hausarzt interviewt. Die Interviewpartner berichteten über vielfältige von ihnen in der Interaktion mit dem Hausarzt erlebten Schwierigkeiten sowie ihren Um-gang mit diesen. Viele formulierten ihre Erwartungen an bzw. Vorstellungen über einen „idealen“ Hausarzt. Wir gingen der Frage nach, inwiefern sich die gemachten Erfahrungen und Erwartungen von Patienten mit Migrati-onshintergrund von denen von einheimischen Patienten unterscheiden.

Material und Methoden: Als Ergänzung zu den Interviews mit Patienten mit russisch-sprachigem Migrationshinter-grund sowie zu den Ärzte-Interviews, wurden chronisch kranke Patienten ohne Migrationshintergrund über ihre Erwartungen und Erfahrungen bei Hausarzt interviewt. Um den Vergleich zu ermöglichen, wurde der gleiche Inter-viewleitfaden verwendet wie bei den Migranten, allerdings gekürzt um die Migrationsgeschichte sowie Erfahrungen im Herkunftsland. Es wurde ein Vergleich mit den Inter-views von Patienten mit russisch-sprachigem Migrations-hintergrund, die von einheimischen Ärzten behandelt werden, unternommen. Interviews von Patienten, deren Ärzte selbst russisch-sprachigen Migrationshintergrund haben, wurden von der Auswertung ausgenommen. Die Interviews wurden transkribiert, mit MAXQDA® codiert und analysiert.

Ergebnisse: Es fanden 24 Patienten-Interviews statt. Diese sowie 28 Migranten-Interviews wurden nach dem gleichen Code-Baum mit Hilfe von MAXQDA® codiert und inhalt-lich analysiert. Nach den ersten Analysen unterscheiden sich die beiden Patienten-Gruppen bezüglich der Anzahl der erlebten Schwierigkeiten im Kontakt mit dem Haus-arzt, ihrer Zufriedenheit mit der Behandlung und Interakti-on sowie der Hausarzttreue. Die Daten befinden sich aktuell in der Auswertung. Abschließende Ergebnisse sollen auf dem Kongress präsentiert werden.

Bitte zitieren als: Bachmann V, Völkner M, Bösner S, Baum E, Donner-Banzhoff N. Interkulturelle Medizin: Erwartungen und Erfahrungen chronisch kranker Patienten beim Hausarzt. Ergebnisse einer qualitativen Befragung von Patienten mit und ohne Migrationshintergrund. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom064. DOI: 10.3205/11fom064, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0640 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom064.shtml

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Probleme und Lösungsansätze für einen rechtzeitigen bedarfsgerechten Zugang zu medizinischer Rehabilitation aus der ambulanten ärztlichen Versorgung – Eine qualitative Studie. Susanne Grundke1, Katrin Parthier2, Michael Schubert2, Katharina Fiala3, Wilfried Mau3, Andreas Klement1 1Sektion Allgemeinmedizin, Martin-Luther-Universität, Halle-Wittenberg, Deutschland 2Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Martin-Luther-Universität, Halle-Wittenberg, Deutschland 3Institut für Rehabilitationsmedizin, Martin-Luther-Universität, Halle-Wittenberg, Deutschland

Hintergrund: Bei einer zunehmend älter werdenden Ar-beitnehmerschaft gilt der Erhalt der Erwerbsfähigkeit als wesentliches Ziel von Leistungen zur medizinischen Reha-bilitation [1], [2]. Am Beispiel der rheumatischen Erkran-kungen wurde deutlich, dass das Risiko der Erwerbsmin-derungsverrentung in den neuen gegenüber den alten Bundesländern erheblich erhöht ist [3]. Zur Vermeidung von Fehlversorgung und zur Weiterentwicklung eines bedarfsgerechten Zugangs zu rehabilitativen Versor-gungsangeboten ist daher die Zusammenführung und Kontrastierung der unterschiedlichen Perspektiven von niedergelassenen Allgemeinärzten, Rheumatologen und sozialmedizinischen Gutachtern der Deutschen Rentenver-sicherung von großem Interesse.

Material und Methoden: Empirische Grundlage der quali-tativen Studie sind fallvignettengestützte Experteninterviews [4] mit Allgemeinärzten (n=30) und Rheumatologen (n=15) aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie mit sozialmedizinischen Gutachtern (n=5). Die Auswertung erfolgt inhaltsanalytisch.

Ergebnisse: Von den niedergelassenen Rheumatologen und Allgemeinärzten werden vor allem der bürokratische Aufwand der Beantragung sowie ein intransparentes Bewilligungsverfahren als entmutigend geschildert. Vor-wiegend Allgemeinärzte erleben das Bewilligungsverfah-ren als nicht patientenorientiert: Ein zentrales Problem aus hausärztlicher Sicht ist, dass der psychosozialen Situation des Patienten zu wenig Gewicht beigemessen wird. Im Interesse einer bedarfsgerechten und rechtzeitigen Zuwei-sung fordern Allgemeinärzte mehr Einflussmöglichkeiten in der Zugangssteuerung. Befragungsergebnisse sozialmedi-zinischer Gutachter werden nach der laufenden Erhebung hierzu in Beziehung gesetzt.

Schlussfolgerung/Implikation: Um die Prozesse eines bedarfsgerechten Reha-Zugangs zu optimieren, sind Handlungsansätze auf folgenden Ebenen sinnvoll: a) Verbesserung der interdisziplinären Kommunikation, b) Prüfung bürokratischer Anforderungen des Antragsverfah-

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rens, c) Transparenz des Bewilligungsverfahrens sowie d) Wissenstransfer. Vorschläge zur Verbesserung der Reha-Zugangssteuerung für den fachärztlichen und hausärztli-chen Kontext werden zum Kongress vorgestellt.

Literatur 1. Deck R, Träder JM, Raspe H. Identifikation von potentiellem Reha-Bedarf in der Hausarztpraxis: Idee und Wirklichkeit. Rehabi-litation. 2009;48:73-83. 2. Dunkelberg S, van den Bussche H. Bedarf an und Nutzen medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen aus hausärztlicher Sicht. Rehabilitation. 2004;43:33-41. 3. Mau W, Listing J, Huscher D, Zeidler H, Zink A. Employment across chronic inflammatory rheumatic diseases and comparison with the general population. J Rheumatol. 2005;32(4):721-8. 4. Meuser M, Nagel U. Das Experteninterview – konzeptionelle Grundlagen und empirische Anlage. In: Pickel S, Pickel G, Lauth HJ, Jahn D, Hrsg. Methoden der vergleichenden Politik- und Sozialwissenschaft. Wiesbaden: VS Verlag; 2009. S. 465-479.

Bitte zitieren als: Grundke S, Parthier K, Schubert M, Fiala K, Mau W, Klement A. Probleme und Lösungsansätze für einen rechtzeitigen bedarfsgerechten Zugang zu medizinischer Rehabilitation aus der ambulanten ärztlichen Versorgung – Eine qualitative Studie.. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom065. DOI: 10.3205/11fom065, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0650 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom065.shtml

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Motivation und Sichtweisen von Ärzten Manueller Medizin anzuwenden – eine qualitative Studie Jost Steinhäuser, Anne Knüpfer, Stefanie Joos

Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland

Hintergrund: Manuelle Medizin (MM) ist die Zusatzbe-zeichnung in Deutschland, die am häufigsten geführt wird und sich großer Beliebtheit in der täglichen, allgemein-medizinischen Praxis erfreut [1], [2]. Trotz dieser weiten Verbreitung ist MM in Studien anderen, etablierten Thera-pien nicht überlegen [3]. Ziel dieser Studie war es, ein Verständnis über die Motivation und Sichtweise von Ärzten MM in der täglichen Praxis anzuwenden, zu erlangen.

Material und Methoden: Die Rekrutierung erfolgte über-wiegend durch ein Anschreiben an alle auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Manuelle Medizin mit E-Mailadresse verzeichnete Ärzte. Es wurden 21 semi-strukturierte, telefonische Einzelinterviews mit Ärzten, welche die Zusatzqualifikation MM führen durchgeführt, aufgezeichnet und transkribiert. Die Auswertung der Inter-views erfolgte mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring und dem Softwareprogramm Atlas.ti.

Ergebnisse: Positiv werden im Zusammenhang mit einer MM Therapie der verbesserte Zugang zum Patienten und damit eine bessere Arzt-Patienten-Beziehung gesehen. Als weitere positive Punkte werden schnelle Behandlungser-folge, geringe Nebenwirkungen, die relative Einfachheit der Methode, die Unabhängigkeit von räumlichen oder apparativen Gegebenheiten und damit verbundene nied-rige Kosten dargestellt.

Negativ werden der Zeitaufwand sowie die Banalität von selbstlimitierenden Krankheiten, die der MM Therapie

zugänglich sind, sowie die Gefahr schwerwiegender Ne-benwirkungen empfunden.

Einige der interviewten Ärzte bemerken eine iatrogene Fixierung des Patienten durch MM und erleben dies als negativ. Andere empfinden gerade das „Ich als das ohne Distanz des Rezeptblocks unmittelbar schmerzlindernde Agens“ als Bereicherung des Praxisalltags.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse dieser Stu-die zeigt eine große Bandbreite von zumeist positiven Sichtweisen und Erfahrungen von Ärzten beim Anwenden von MM. Eine Sehnsucht nach dem unmittelbar heilenden Handeln scheint eine willkommene Abwechslung zur als distanziert wahrgenommenen Berufsausübung zu sein. Zukünftige Studien sollten ergänzend die Sichtweisen und Erfahrungen von Patienten mit MM erheben.

Literatur 1. Steinhäuser J, Oser A, Götz K, Joos S. Manuelle Medizin in Deutschland. Eine deskriptive Analyse. Orthopäde. 2011;40:339–43. 2. Joos S, Musselmann B, Szecsenyi J. Integration of comple-mentary and alternative medicine into family practices in Germa-ny: results of a national survey. Evid Based Complement Alternat Med. 2009 [Epub ahead of print]. 3. Walker BF, French SD, Grant W, Green S. Combined chiro-practic interventions for low-back pain. Cochrane Database Syst Rev. 2010;(4):CD005427

Bitte zitieren als: Steinhäuser J, Knüpfer A, Joos S. Motivation und Sichtweisen von Ärzten Manueller Medizin anzuwenden – eine qualitative Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom066. DOI: 10.3205/11fom066, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0666 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom066.shtml

IIIb Aktuelle Polypharmakotherapie-Studien

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Die RIME Studie – eine clusterrandomisierte kontrollierte Studie zur Reduktion von potentiell inadäquater Medikation in der Hausarztpraxis – Studienprotokoll Christiane A. Müller1, Stefan Wilm2, Petra A. Thürmann3, Stefanie Holt3, Ulrich Thiem4, Eva Hummers-Pradier5, Gudrun Theile6 1Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule, Hanno-ver, Deutschland 2Institut für Allgemein- udn Familienmedizin, Witten-Herdecke, Deutschland 3Klinische Pharmakologie, Witten-Herdecke, Deutschland 4Abteilung für Medizinische Informatik,, Bochum, Deutschland 5Institut für Allgemeinmedizin. Medizinische Hochschule, Hanno-ver, Deutschland 6Institut für Allgemeinmedizin, Hannover, Deutschland

Hintergrund: Unangemessene Arzneimittelverordnungen, Arzneimittelnebenwirkungen und Medikamen-twechselwirkungen sind bei älteren, multimorbiden Patien-ten relativ häufig vorzufinden. Die RIME Studie testet, ob die Implementierung einer verkürzten PRISCUS-Liste (Liste inadäquater Medikamente für Senioren in Deutschland)

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den Anteil unangemessener Medikation bei älteren Pati-enten reduzieren kann – verglichen mit einer Kontrollinter-vention, die nur allgemeine Empfehlungen enthält.

Material und Methoden: Die allgemeinmedizinischen Abteilungen in Hannover und Witten/Herdecke erarbeiten zunächst eine praktikable Kurzform (MAGIC) des umfas-senden geriatrischen STEP-Assessments. Grundlage dazu bilden die Ergebnisse und Erfahrungen mit der Anwen-dung von STEP in Hausarztpraxen in der Priscus I Studie. Das kurze MAGIC-Assessment wird relevante Gesund-heitsprobleme und Parameter erfassen, deren Kenntnis Basis für eine rationale Pharmakotherapie im Alter dar-stellt. Die bestehende PRISCUS-Liste [1] wird unter Feder-führung des pharmakologischen Kooperationspartners zu einer PRISCUS-Shortlist für den alltäglichen Praxisge-brauch kondensiert. Die allgemeinmedizinischen Partner entwickeln mit qualitativen Methoden (Fokusgruppen, Expertenworkshops) ein Schulungsprogramm, das die erfolgreiche Implementierung der PRISCUS-Shortlist in den Praxen der Interventionsgruppe sicher stellen soll. Für die Feldphase werden 140 Hausarztpraxen mit insgesamt 1.680 multimorbiden Patienten eingeschlossen. Die Stu-die ist dreiarmig: in Arm 1 werden nur die Hausärzte geschult, in Arm 2 Hausärzte und Praxispersonal; demge-genüber werden in Arm 3 lediglich allgemeine Empfeh-lungen ausgesprochen (Scheinintervention). Nach einem follow up von 12 Monaten werden die Anzahl verordneter unangemessener Arzneimittel sowie u.a. eingetretenen Nebenwirkungen, Sterblichkeit, Anzahl von Krankenhaus-aufnahmen, Lebensqualität, Behandlungszufriedenheit und Kosten ausgewertet.

Ergebnisse: Liegen nicht vor, da die Studie erst im Früh-jahr 2011 begonnen hat.

Schlussfolgerung/Implikation: Wir erwarten eine Redukti-on von potentiell inadäquater Medikation in den Interven-tionsgruppen. Ziel der Studie ist es, die Medikationsquali-tät bei älteren Patienten in der hausärztlichen Versorgung zu verbessern.

Literatur 1. Holt S, Schmiedl S, Thürmann PA. Potenziell inadäquate Medikation für ältere Menschen: Die PRISCUS-Liste. Dtsch Arztebl Int. 2010;107(31-32):543-51.

Bitte zitieren als: Müller CA, Wilm S, Thürmann PA, Holt S, Thiem U, Hummers-Pradier E, Theile G. Die RIME Studie – eine clusterrandomisierte kontrollierte Studie zur Reduktion von potentiell inadäquater Medikation in der Hausarztpraxis – Studienprotokoll. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom067. DOI: 10.3205/11fom067, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0677 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom067.shtml

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Hausärztliche und Patientenperspektive zur Priorisierung und Optimierung der Schmerztherapie bei älteren, multimorbiden Patienten mit Multimedikation. Daten aus der PRIMUM-Pilotstudie (ISRCTN99691973) Christiane Muth1, Anne Namyst1, Anja Paesel1, Birgit Fullerton1, Sebastian Harder2, Walter Emil Haefeli3, Justine Rochon4, Corina Güthlin1, Antje Erler1, Ferdinand M Gerlach1, Marjan van den Akker5, Martin Beyer1 1Institut für Allgemeinmedizin/Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main, Deutschland 2Institut für Klinische Pharmakologie/ZAFES Klinikum der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Deutschland 3Medizische Klinik, Abt. Innnere Medizin VI, Klinische Pharmako-logie und Pharmakoepidemiologie, Universitätsklinikum Heidel-berg, Heidelberg, Deutschland 4Institut für Medizinische Biometrie und Informatik (IMBI), Universi-tät Heidelberg, Heidelberg, Deutschland 5Caphri: School for Public Health and Primary Care, Department of General Practice, Maastricht University, Maastricht, Niederlan-de

Hintergrund: Multimorbidität ist bei älteren Patienten in der Hausarztpraxis eher die Regel, als die Ausnahme [1], ist häufig mit Multimedikation assoziiert, aber auch mit Untertherapie [2], [3]. Potentiell unterversorgt sind chroni-sche o. persistierende Schmerzen: sie sind bei älteren Patienten häufig (methodenabhängig variierende Prä-valenzen von 25–90%), werden oft unterbewertet und unzureichend therapiert [4]. Daher sollen qualitative und quantitative schmerzbezogene Daten der BMBF-geförderten PRIMUM-Pilotstudie (BMBF-Fkz: 01GK0702), in der eine komplexe Intervention (siehe Abbildung 1) zur „PRIorisierung und Optimierung von MUltimedikation bei Multimorbidität“ getestet wurde, untersucht werden, um die hausärztliche und Patientenperspektive zur Priorisie-rung und Optimierung der Schmerztherapie darzustellen. Ziel ist es, eine Prozessevaluation der derzeit erfolgenden Hauptstudie vorzubereiten.

Material und Methoden: Population/Setting: N=100 Patienten (≥65 Jahre, MMSE≥26, ≥3 Dauerdiagnosen, ≥5 Dauermedikamente) aus 20 Hausarztpraxen; Design: 2-armig, pragmatisch, cluster-randomisiert; Intervention: Experimentelle (komplexe Intervention bei empf. Standard [5]) vs. Kontrollintervention (Regelversorgung bei empf. Standard [5]); sek. Outcome: Änderung der Schmerzin-tensität nach 6 (T1-T0) und 12 (T2-T0) Wo. in Visueller AnalogSkala (Patienten-Fragebogen); Medikationsdaten aus hausärztlicher Dokumentation (CRF) und Telefoninter-views mit Patienten, hausärztliche Bewertung des Schmerzproblems und der Wichtigkeit verordneter Medi-kamente im CRF an T0-T2. Interventionsdaten aus Medi-MoL und AiD (n=50): Schmerzlokalisation, -intensität, Therapiepräferenzen, prioritäres Therapieziel, Medikati-onsdaten zum Interventionszeitpunkt (3 „Mediboxes“ in AiD). Qualitative Daten aus leitfadengestützten Interviews mit Hausärzten (Interventionsgruppe, n=10) sowie aus AiD-unterstützter Bearbeitung einer Fallvignette (idealtyp. 83-j. Patientin mit Multimorbidität, Multimedikation, Schmerzproblem; AiD-Warnmeldungen u.a. bei Interakti-onen, notw. Dosisadaptation bei Nierenfunktionsein-schränkung). Die Auswertung aller Daten erfolgt deskrip-tiv.

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Ergebnisse: Nach vorläufiger Auswertung der Daten äu-ßerten multimorbide, ältere Patienten mit Multimedikation häufig den Wunsch nach verbesserter Schmerztherapie, in relevantem Anteil sogar als wichtigstes Therapieziel. Von Hausärzten wurde dieses Anliegen unterschiedlich wahr-genommen und umgesetzt und führte nur selten zu einer Änderung der analgetischen Therapie. Nur in Einzelfällen nutzten Hausärzte die Möglichkeit, Analgetikaverordnun-gen in AiD zu simulieren. Die Studie wurde erfolgreich abgeschlossen, alle Auswertungen liegen bis Kongressbe-ginn vollständig vor.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Zusammenführung qualitativer und quantitativer Daten unter Berücksichti-gung von hausärztlicher und Patientenperspektive erlaubt eine Prozessanalyse zur Priorisierung und Optimierung der Schmerztherapie bei multimorbiden, älteren Patienten mit Multimedikation im Rahmen einer komplexen Intervention.

Abbildung 1

Literatur 1. van den Akker M, Buntinx F, Metsemakers JF, Roos S, Knott-nerus JA. Multimorbidity in general practice: prevalence, inci-dence, and determinants of co-occurring chronic and recurrent diseases. J Clin Epidemiol. 1998;51(5):367-75. 2. Fialova D, Topinkova E, Gambassi G, Finne-Soveri H, Jons-son PV, Carpenter I, et al. Potentially inappropriate medication use among elderly home care patients in Europe. JAMA. 2005;293(11):1348-58. 3. Kuijpers MA, van Marum RJ, Egberts AC, Jansen PA. Rela-tionship between polypharmacy and underprescribing. Br J Clin Pharmacol. 2008;65(1):130-3. 4. Hadjistavropoulos T, Herr K, Turk DC, Fine PG, Dworkin RH, Helme R, et al. An interdisciplinary expert consensus statement on assessment of pain in older persons. Clin J Pain. 2007;23(1 Suppl):S1-43. 5. Bergert FW, Braun M, Clarius H, Ehrenthal K, Feßler J, Gross J, et al. Hausärztliche Leitlinie Geriatrie – Teil 1, Allgemeine Geriatrie, Teil 2, Spezielle Geriatrie. Leitliniengruppe Hessen. 2008 [cited: 2009]. Available from: http://www.pmvforschungsgruppe.de/pdf/03_publikationen/geriatri-e2_ll.pdforschungsgruppe.de/pdf/03_publikationen/geriatrie1_ll.pdf;http://www.pmvforschungsgruppe.de/pdf/03_publikationen/geriatrie2_ll.pdf

Bitte zitieren als: Muth C, Namyst A, Paesel A, Fullerton B, Harder S, Haefeli WE, Rochon J, Güthlin C, Erler A, Gerlach FM, van den Akker M, Beyer M. Hausärztliche und Patientenperspektive zur Priorisierung und Optimierung der Schmerztherapie bei älteren, multimorbiden Patienten mit Multimedikation. Daten aus der PRIMUM-Pilotstudie (ISRCTN99691973). In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom068. DOI: 10.3205/11fom068, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0680 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom068.shtml

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Hausärztliche Versorgung von Patienten mit Multimorbidität – Entwicklung und Pilotierung einer Intervention Hanna Kaduszkiewicz1, Christin Löffler2, Carl-Otto Stolzenbach1, Waldemar Streich3, Angela Fuchs4, Birgitt Wiese5, Susanne Steinmann5, Ingmar Schäfer1, Martin Scherer1, Heinz-Harald Abholz4, Hendrik van den Bussche1, Attila Altiner2 1Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland 2Institut für Allgemeinmedizin, Universität Rostock, Rostock, Deutschland 3Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, Deutschland 4Abteilung für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland 5Institut für Biometrie, Medizinische Hochschule Hannover, Han-nover, Deutschland

Hintergrund: Das Chronic Care Model (CCM) von Wag-ner et al. [1] definiert vier Elemente einer optimalen Be-handlung von chronisch kranken Patienten auf der direk-ten Arzt-Patient-Ebene: Dies sind 1. gemeinsame Definiti-on von Problemen durch Patient und Hausarzt, 2. Ver-handlung, Planung und Zielsetzung, 3. Kontinuum von Selbstmanagementtraining und externer Unterstützung und 4. aktives und kontinuierliches Follow-up. Wie diese Elemente in die hausärztliche Versorgungspraxis einzu-bringen sind, ist bisher allerdings nicht entschieden. Auch ist unklar, wie diese Elemente bei Patienten mit Multimor-bidität (MM) umgesetzt werden sollen. Im Rahmen dieser Studie wurde basierend auf dem CCM sowie dem Kon-zept der narrativen Medizin eine Intervention entwickelt und pilotiert.

Material und Methoden: Die Intervention besteht aus einer regelmäßigen MM-Sprechstunde von mindestens 30 Minuten Dauer pro Patient. Diese Sprechstunde erfolgt im Verlauf eines Jahres 1 x pro Quartal. Inhalte sind:

1. Das Perspektivengespräch: es dient der Überprüfung des hausärztlichen Behandlungsauftrags. Die ge-meinsame Reflexion wird vom Patienten gesteuert.

2. Ein Medikamentencheck, zu dem der Patient alle Medikamente von Zuhause mitbringt und sie zu-sammen mit dem Hausarzt durchgeht.

3. Eine inhaltlich offene Sprechstunde. 4. Das Perspektivengespräch 2: dieses dient der Re-

Evaluation des zurückgelegten Weges, des Erreich-ten und der gemeinsamen Aktualisierung der Zielset-zung.

Alle Sprechstunden basieren auf dem Konzept der narrati-ven Medizin d.h. der Patient erzählt, der Arzt hört vorran-gig zu. Zur Entlastung wurde den Hausärzten für in die Studie eingeschlossene Patienten die Unterstützung durch einen ambulanten Sozialdienst angeboten.

Ergebnisse: 20 Hausärzte in Hamburg und Düsseldorf wurden in die Studie eingeschlossen. Rund ¾ der Haus-ärzte und Patienten erlebten die Perspektivengespräche positiv. Wichtigste Ergebnisse des 1. Perspektivengesprä-ches waren aus Hausarztsicht die Vergewisserung, dass der Patient zufrieden sei (23%) und der Erhalt wichtiger Informationen über die Persönlichkeit des Patienten (20%), über Symptome/Erkrankungen (17%) sowie die Familie bzw. soziale Situation (15%). Im Medikamenten-

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check präsentierten die 128 Patienten insgesamt 1305 Medikamente (9,2±5,2/Patient). 27% der präsentierten Medikamente waren auffällig: bei 13% wusste der Haus-arzt nichts von der Einnahme, in 6% der Fälle nahm der Patient das verschriebene Medikament nicht, 8% sonstige Auffälligkeiten (z.B. Nebenwirkungen). Bei 17% aller betrachteten Medikamente wurde eine Änderung mit dem Patienten vereinbart.

Die 3. Sprechstunde erwies sich als verzichtbar. Der am-bulante Sozialdienst wurde von den Hausärzten nicht in Anspruch genommen.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Intervention ist durch-führbar und wurde von Patienten und Hausärzten bis auf den Sozialdienst gut angenommen. 2011 startet eine cluster-randomisierte, kontrollierte Studie, um Effekte der Intervention auf Patienten zu untersuchen.

Literatur 1. Wagner E, Austin B, von Korff M. Organizing care for patients with chronic illness. Milb Quart. 1996;74:511–44.

Bitte zitieren als: Kaduszkiewicz H, Löffler C, Stolzenbach CO, Streich W, Fuchs A, Wiese B, Steinmann S, Schäfer I, Scherer M, Abholz HH, van den Bussche H, Altiner A. Hausärztliche Versorgung von Patienten mit Multimorbidität – Entwicklung und Pilotierung einer Intervention. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom069. DOI: 10.3205/11fom069, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0695 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom069.shtml

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PIL: Polyfarmacy Intervention Limburg. A randomized controlled trial evaluating a complex intervention to optimize medication prescription, using the stepped wedge design Marjan van den Akker1, Jelle Stoffers2, Donna Lenders2, Rico van Scheijen2, Hugo van der Kuy3, André Knottnerus2 1Maastricht University/Katholieke Universiteit Leuven, Maastricht, Netherlands 2Maastricht University, Maastricht, Netherlands 3Orbis Medical Centre, Sittard, Netherlands

Background: Polypharmacy (the use of 5 or more drugs) is a relevant health problem among elder people. The proportion of people with polypharmacy is rising due to the prevalence of chronic diseases and aging of the population. Polypharmacy increases the risk of side-effects and problems with patient compliance. At the same time it may induce suboptimal treatment because the probability of underprescription increases with the number of drugs used, thus increasing the chance of inappropriate pre-scription. A significant part of chronic medication is pre-scribed within a specific medical specialism, often lacking an integrated view of indications, treatment goals and medication. The GP should play a pivotal role in the improvement of this process, with the availability of com-prehensive data from his own practice, from the patient, the pharmacist and from other medical specialist. Fur-thermore, the GP is in a good position to discuss possibili-ties to change medication with the patient. The ultimate goal is to increase quality of life through optimization of the medication use of people with polypharmacy and to

assure appropriate prescription, not to decrease the num-ber of medications per se.

Material/Methods: This study uses the stepped wedge design, a special type of randomized controlled trial. Using this design all participating practices are offered the intervention at different moments in time. Participating practices are randomized into three groups: to start the intervention at T0, to start at T=3 months and to start at T=6 months. All patients must be included at T0, resulting in the collection of sufficient control time from the practic-es that have the intervention at T3 and T6. The interven-tion consists of an integral medication control and moni-toring system. Data from the pharmacist are added to medical data from general practices (health problems, lab results and prescriptions) and information gathered through home visits by the nurse practitioner (actual use of medication). The general practitioner and pharmacist together make a medication advice, ask approval from involved hospital specialists and implement it in consulta-tion with the patient.

Results: 21 general practices are participating in PIL, varying from single-handed practices to health care cen-tres. Those practices have included around 800 patients. Part of those were included after T0.

Conclusions: For studies concerning highly actual topics, such as polypharmacy, it can be difficult to keep practices in the study when they are randomized in the control arm. The major advantage of a stepped wedge design is that all participating practices are guaranteed to have the intervention before the end of the project. It proved to be a problem to include all patients at T0, maybe due to the unfamiliarity of the participating practices with the design. Also for patients it appears to be difficult to contribute to data collection, before receiving the intervention.

References 1. Denneboom W, Dautzenberg M, et al. Comparison of two methods for performing treatment reviews by pharmacists and general practitioners for home-dwelling elderly people. J Evalua-tion Clin Practice. 2008;14:446-52. 2. Hussey M, Hughes J. Design and analysis of stepped wedge cluster randomized trials. Contemp Clin Trials. 2007;28(2):182-91. 3. Smith S, Soubhi H, et al. Interventions to improve outcomes in patients with multimorbidity in primary care and community settings (protocol). Cochrane Library. 2008;3:1-8.

Please cite as: van den Akker M, Stoffers J, Lenders D, van Scheijen R, van der Kuy H, Knottnerus A. PIL: Polyfarmacy Intervention Limburg. A randomized controlled trial evaluating a complex intervention to optimize medication prescription, using the stepped wedge design. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom070. DOI: 10.3205/11fom070, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0706 Freely available from: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom070.shtml

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Polypharmacy: Reduction of Inappropriate Medication and Adverse Drug Events in older patients: a Randomized Controlled Trial – Study Protocol of the PRIMA-Study Andreas Sönnichsen, E. Mann, M. Flamm, D. Koper, C. Hofer-Dückelmann, J. Schuler

Institut für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Salzburg, Österreich

Hintergrund: Polypharmakotherapie stellt ein wachsendes Problem in der Versorgung chronisch Kranker dar und gefährdet die Patientensicherheit. Sie führt zur Zunahme von potentiell gefährlichen Medikamenteninteraktionen, unerwünschten Arzneimittelwirkungen, Hospitalisierung und Kosten im Gesundheitswesen. Zahlreiche Medika-mente von Patienten mit Polypharmakotherapie werden ohne Evidenzbasis verordnet. In einer Pilotstudie fanden wir mindestens ein Medikament ohne Evidenzbasis in >70% und mindestens eine gefährliche Medikamentenin-teraktion in >80% der von uns untersuchten Patienten mit Polypharmakotherapie. Erste Daten aus nicht randomisier-ten Studien weisen darauf hin, dass die Reduktion von Polypharmakotherapie zu einer Abnahme von Hospitali-sierung und einer Zunahme von Lebensqualität führt. Mit der vorliegenden Studie möchten wir zeigen, dass eine komplexe Intervention aus einer konsensus-basierten Empfehlung zum Absetzen nicht evidenzbasierter und unangemessener Arzneimittel zusammen mit individuellem Feedback und Fortbildung der behandelnden Ärzte zu einer Abnahme der Über- und Einweisungsrate in Notauf-nahmen und Krankenhäuser und zu einer Reduktion un-erwünschter Arzneiwirkungen führt während Lebensquali-tät und kognitive Funktionen gebessert werden.

Material und Methoden:

Studien-Design: Cluster-randomisierte kontrollierte Studie, Dauer drei Jahre, Ordinationen von Allgemeinärzten als Randomisierungs-Cluster.

Setting: 60 allgemeinmedizinische Ordinationen mit Kassenvertrag im Land Salzburg.

Patienten: 10 konsekutive Patienten im Alter von über 74 Jahren mit Polypharmakotherapie (>5 Substanzen) pro Ordination = 600 Patienten.

Intervention: Empfehlung zum Absetzen von Medikamen-ten durch Konsensus eines Experten-Komitees, dem auch der behandelnde Arzt angehört. Medikamente ohne Evi-denzbasis oder mit ungünstigem Nutzen/Risiko-Verhältnis nach dem Garfinkel-Algorithmus und den EbM-Guidelines für Klinik und Praxis, sowie unangemessene Medikamente nach der PRISCUS-Liste und den STOPP-Kriterien werden abgesetzt. Die Umsetzung der Empfeh-lung wird durch Erinnerungen und Fortbildung der Ärzte gefördert.

Kontrolle: Übliche Behandlung.

Endpunkte: Primärer Endpunkt ist die Überweisungs- bzw. Einweisungsrate in eine Notaufnahme oder ein Kranken-haus. Sekundäre Endpunkte sind Hospitalisierung, uner-wünschte Arzneiwirkungen, Mortalität und Gesundheits-ausgaben sowie eine Verbesserung in Mini Mental Status Test und Lebensqualität (EQ5D).

Ergebnisse:

Relevanz: Eine Abnahme der Über- und Einweisungsrate sowie Steigerung von Lebensqualität durch gezieltes Ab-setzen von Medikamenten sind Zeichen einer Verbesse-rung der medizinischen Versorgung und einer Senkung der Kosten im Gesundheitswesen.

Ethische Aspekte: Die Studie wird der Ethikkommission des Landes Salzburg zur Begutachtung vorgelegt.

Studienregistrierung: Die Studie wird bei Current Control-led Trials Ltd. registriert.

Bitte zitieren als: Sönnichsen A, Mann E, Flamm M, Koper D, Hofer-Dückelmann C, Schuler J. Polypharmacy: Reduction of Inappropriate Medication and Adverse Drug Events in older patients: a Randomized Controlled Trial – Study Protocol of the PRIMA-Study. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom071. DOI: 10.3205/11fom071, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0712 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom071.shtml

IIIc Allgemeinmedizinische Lehre und Weiterbildung

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Analyse der Schulungstage des Programms Verbundweiterbildung plus Kristina Jäkel, Stefanie Joos, Thomas Ledig, Joachim Szecsenyi, Jost Steinhäuser

Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland

Hintergrund: Zu dem Programm Verbundweiterbildung plus in Baden-Württemberg gehören für die Ärzte und Ärztinnen in Weiterbildung zum Allgemeinarzt (ÄiW) sechs ganztägige, pharmaunabhängige und kostenlose Schu-lungsveranstaltungen pro Jahr [1]. Themen für diese Veranstaltungen wurden aus Bedarfsabfragen während der Schulungstage und Prävalenzanalysen von Beratungs-anlässen vor dem Rahmen der CanMED Rollen identifi-ziert [2]. In die Schulungstage der Verbundweiterbildung plus wurden bisher 140 ÄiW, aufgeteilt in vier Kohorten, aufgenommen. In der vorliegenden Analyse werden die Themenwünsche der ÄiW sowie die daraufhin durchge-führten Schulungsveranstaltungen, die von Beginn der Verbundweiterbildung plus an bis April 2011 durchgeführt wurden, ausgewertet.

Material und Methoden: Alle ÄiW bekommen am Ende eines jeden Schulungstages einen Evaluationsbogen ausgeteilt. Die Teilnahme an der Evaluation ist freiwillig. Erhoben wird jeweils mittels einer 6er Likert-Skala von „sehr zufrieden“ bis „sehr unzufrieden“ der Informations-gehalt, der Praxisbezug, die Didaktik des Lehrenden, die Arbeitsatmosphäre und die Beteiligungsmöglichkeit von jedem Modul innerhalb eines Schulungstages. Themen-wünsche werden mittels Freitext erfragt.

Ergebnisse: In die Analyse sind 803 Evaluationen von 48 Modulen aus 19 Schulungstagen eingeflossen. Die Ge-samtnote der Schulungstage liegt bei 1,5, der Mittelwert über die Kriterien aller Module bei 1,6. Von den Teilneh-

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mern wurden insgesamt 474 Themenwünsche angege-ben. Themen zu Beratungsanlässen der Haut, zum Pra-xismanagement sowie dem Bewegungsapparat wurden am häufigsten nachgefragt. Detaillierte Ergebnisse werden auf dem Kongress präsentiert.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Analyse der Themen-wünsche sowie die Evaluation der durchgeführten Schu-lungstage liefern relevante Hinweise für die weitere Ent-wicklung des Programms Verbundweiterbildung plus und können darüber hinaus einen Beitrag leisten für die Erar-beitung eines die Weiterbildung begleitenden Curricu-lums.

Literatur 1. Steinhäuser J, Roos M, Haberer K, Ledig Th, Peters-Klimm F, Szecsenyi J, Joos S. Das Programm Verbundweiterbildung plus des Kompetenzzentrums Allgemeinmedizin Baden Württemberg – Entwicklung, Umsetzung und Perspektiven. Z Evid Fortbild Qual Gesundhwesen. 2011;105(2):105-9. 2. Roos M, Steinhäuser J, Laux G, Joos S, Szecsenyi J. Weiter-bildung mit Inhalt – Bedarfsanalyse zur Konzeption eines überre-gionalen Schulungsprogramm in der Verbundweiterbildung plus. Z Evid Fortbild Qual Gesundhwesen. 2011;105(2):110-5.

Bitte zitieren als: Jäkel K, Joos S, Ledig T, Szecsenyi J, Steinhäuser J. Analyse der Schulungstage des Programms Verbundweiterbildung plus. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom072. DOI: 10.3205/11fom072, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0724 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom072.shtml

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Komplementärmedizin im Fokus der Medien – Wie Medizinstudierende die kontroverse mediale Berichterstattung wahrnehmen Ute Daig1, Bianca Lehmann1, Enno Swart2, Markus Herrmann1 1Institut für Allgemeinmedizin Medizinische Fakultät Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, Magdeburg, Deutschland 2Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie Medizinische Fakultät Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, Magdeburg, Deutschland

Hintergrund: Letztes Jahr rückte die Komplementärmedizin zunehmend in den Fokus der Medien. Es entfachte sich eine hitzige Diskussion über Nutzennachweis, Wissen-schaftlichkeit und Kostenerstattung im Rahmen der GKV. Die Berichterstattung reichte von Reflexion eines ge-wünschten Pluralismus in der Medizin bis hin zu Aussagen über eine sich stärker etablierende Paramedizin, die zu-nehmend auch Einzug in die Lehrcurricula an deutschen Universitäten hält. Material und Methoden: Es sollte untersucht werden, wie Medizinstudierende die kontroverse Diskussion über Kom-plementärmedizin wahrgenommen haben und ob vorbe-stehende Behandlungserfahrung mit Komplementärmedi-zin die Einstellung gegenüber bestimmten Kernaussagen der medialen Berichterstattung beeinflusst. Es wurde eine Fragebogenevaluation unter den Medizinstudierenden des 5. Studienjahres der Otto-von-Guericke-Universität Mag-deburg durchgeführt. Neben Fragen zur Wahrnehmungs-form der Berichterstattung wurden neun Kernaussagen vier unterschiedlicher deutschsprachiger Printmedien zur persönlichen Bewertung über eine Likert-Skala vorgege-ben. Die statistische Analyse wurde durch einfaktorielle

Varianzanalyse und Häufigkeitsverteilung gemessen. Die Reliabilitätsanalyse ergab Cronbachs alpha von 0,67.

Ergebnisse: 145 Fragebögen (Rücklaufquote 78,8%) wurden ausgewertet. 46,2% der Studierenden haben die kontroverse Diskussion in den Medien wahrgenommen, 71,7% hatten Erfahrungen mit Komplementärmedizin. 74% bewerteten die Behandlungsergebnisse als gut bis sehr gut. 42,1% sind der Meinung, es gibt „keinen Nut-zennachweis für die Homöopathie“, 31% lehnen diese Aussage ab. 41,4% sind nicht der Auffassung, dass an deutschen Hochschulen „Paramedizin“ gelehrt wird, 19,3% waren unentschieden. 51% sagen, dass „die Uni-versitätsmedizin TCM nicht ignorieren sollte, wenn jeder zweite Patient nach chinesischer Medizin fragt“. Es zeigte sich zwar ein signifikanter Zusammenhang zwischen den positiven Behandlungsergebnissen mit CAM und der Bewertungstendenz der Berichterstattung in den Medien (p=0,001), eine deutliche Zustimmung bei den positiven Aussagen gegenüber CAM konnte nicht gezeigt werden. Hier fand sich lediglich der Trend zur „Unentschlossen-heit“. Die Studierenden bewerteten das Medieninteresse überwiegend als diskussionsanregend und die Entschei-dungsfreiheit fördernd.

Schlussfolgerung/Implikation: Überraschend war, dass sich die Studierenden mit guter komplementärmedizini-scher Behandlungserfahrung nicht eindeutig den positiven Medienberichten anschließen. Die Gründe für diese feh-lende Positionierung sind unklar. Es könnte möglich sein, dass ein wissenschaftlicher Wirksamkeitsnachweis den Studierenden dennoch wichtiger ist als die positive Ei-generfahrung. Warum die eigene Biographie für die Beurteilung eher zweitrangig zu sein scheint, bleibt in dieser quantitativen Erhebung unklar. Für eine weitere vertiefende Untersuchung würden sich hier eher qualitati-ve Messinstrumente eignen.

Bitte zitieren als: Daig U, Lehmann B, Swart E, Herrmann M. Komplementärmedizin im Fokus der Medien – Wie Medizinstudierende die kontroverse mediale Berichterstattung wahrnehmen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom073. DOI: 10.3205/11fom073, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0735 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom073.shtml

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STUDDY-Patenprogramm: Medizinstudierende unterstützen ältere Menschen in ihrer häuslichen Umgebung – Ein Unterrichtskonzept für die Allgemeinmedizin Nicolette Holtz1, Kirsten Prehm2, Silke Roschlaub1, Cadja Bachmann1, Martin Scherer1, Maren Ehrhardt1 1Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland 2Diakonie-Hilfswerk Hamburg, Hamburg, Deutschland

Hintergrund: Ärzte künftiger Generationen werden in zunehmendem Maße mit der medizinischen Versorgung älterer Menschen beauftragt sein. Um diesem Auftrag gerecht zu werden, müssen spezifische Anforderungen für die Versorgung älterer Menschen in der medizinischen Ausbildung berücksichtigt werden. Wichtige Aspekte der ambulanten und Langzeit-Betreuung, wie Unterstützung in der häuslichen Umgebung, Prävention von Hospitalisie-

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rung und Pflegebedürftigkeit, Umgang mit Angehörigen oder interdisziplinäre Zusammenarbeit, sind im Curricu-lum bisher unterrepräsentiert. Im STUDDY-Patenprogramm (STUDent + BudDY) – ein neues Unter-richtsangebot des Instituts für Allgemeinmedizin mit Seni-orPartner Diakonie Hamburg – begleiten Medizinstudie-rende Senioren in der häuslichen Umgebung. Ziel ist es, dass die Studierenden während des Freiwilligen-Engagements mit Begleitseminar die Lebenswelt älterer Menschen, ihre Probleme und Herausforderungen ken-nenlernen und praxisnah erfahren, welche Ressourcen und Strategien zu deren Bewältigung notwendig sind und wie diese eingesetzt werden. Im aktuellen Sommersemes-ter 2011 wird das Programm in der Vorklinik erprobt. Material und Methoden: Ein Semester lang besuchen die Studierenden „ihren“ Senioren für zwei Stunden pro Wo-che und unterstützen ihn durch Gespräche, Vorlesen, Spaziergänge etc. Begleitend findet ein Teamteaching-Seminar (Allgemeinmedizinerin, leitende Pflegefachkraft der Diakonie) statt. Im Mittelpunkt stehen Fallbesprechun-gen, zusätzlich werden Themen wie häufige Gesundheits-störungen im Alter oder Kommunikation systematisch aufbereitet. Die Studierenden dokumentieren ihre Besuche und berücksichtigen dabei Fragen zur Reflexion des Erleb-ten. Benotet wird eine Fallpräsentation.

Ergebnisse: Neun Studierende (2. FS) nehmen am Pilot-projekt teil. Studierende wie Senioren haben das neue Angebot mit Interesse angenommen. Bei der Vermittlung der Senioren konnten Wünsche der Studierenden (z.B. Wohnortnähe, Krankheitsbilder) berücksichtigt und ein breites Spektrum verschiedener Lebenssituationen älterer Menschen abgedeckt werden. In den Fallbesprechungen zeigt sich, dass die Studierenden intensive Erfahrungen sammeln und von den Erfahrungsberichten der Kommili-tonen profitieren. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit der Diakonie ist sehr bereichernd und verläuft rei-bungslos.

Schlussfolgerung/Implikation: Im Anschluss an das Pilot-projekt erfolgt eine Auswertung mit qualitativer Befragung der Studierenden, Senioren, Angehörigen und Pflegefach-kräfte. Die bisherigen Erkenntnisse weisen darauf hin, dass das Unterrichtskonzept sehr gut geeignet ist, Inhalte der ambulanten medizinischen Betreuung älterer Men-schen zu vermitteln. Damit stünde ein attraktives und praktikables Konzept zur Verfügung, um relevante allge-meinmedizinische Versorgungsaspekte in die derzeit auf Krankenhausmedizin fokussierende Ausbildung zu imple-mentieren.

Bitte zitieren als: Holtz N, Prehm K, Roschlaub S, Bachmann C, Scherer M, Ehrhardt M. STUDDY-Patenprogramm: Medizinstudierende unterstützen ältere Menschen in ihrer häuslichen Umgebung – Ein Unterrichtskonzept für die Allgemeinmedizin. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom074. DOI: 10.3205/11fom074, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0748 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom074.shtml

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Entwicklung eines standardisierten Instruments zur Evaluation der Facharztweiterbildung Allgemeinmedizin während des stationären Weiterbildungsabschnitts Annika Viniol, Martina Lommler-Thamer, Erika Baum, Norbert Donner-Banzhoff

Abteilung für Allgemeinmedizin, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland

Hintergrund: Zur Qualitätskontrolle und -sicherung der Weiterbildung Allgemeinmedizin ist eine systematische Evaluationsmöglichkeit über die Lehrqualität der Weiter-bilder durch Ärzte in Weiterbildung nötig. So können Schwächen der Weiterbildung aufgedeckt und gezielt verbessert werden. Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines Fragebogens der den stationären Weiterbildungsab-schnitt Allgemeinmedizin evaluiert.

Material und Methoden: Eine Zusammenstellung von 116 Bewertungskriterien, generiert aus Literatur und Experten-befragungen, wurden Ärztinnen und Ärzten in Weiterbil-dung Allgemeinmedizin zur Beurteilung vorgelegt. Jedes Bewertungskriterium sollte inhaltlich bewertet sowie be-züglich seiner Wichtigkeit eingeschätzt werden. Die Erhe-bung erfolgte mittels Online-Fragebogen. Neben einer deskriptiven Analyse der Ergebnisse soll eine Verkürzung des Fragenbogens auf ca. 40 Items mit Hilfe der „Im-portance Quality Score Methode“ [1] erfolgen. Es erfolgt die Messung der Intraobserver-Reliabilität und die Validie-rung des Fragebogens. Einschlusskriterium: Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung zur Allgemeinmedizin, die sich im stationären Abschnitt befinden oder befunden haben; Fachärzte/ Fachärztinnen, deren Facharztprüfung nicht länger als 5 Jahre zurückliegt. Die Rekrutierung erfolgte über E-Mailverteiler entsprechender Berufsorganisationen.

Ergebnisse: Von den 154 Teilnehmern waren 65% weib-lich. Die Mehrheit (63%) befanden sich in der Altergruppe 31–35 Jahre. Als besonders relevant wurden Fragen der Kategorien Arbeitsbedingungen und Lerninhalte bewertet. Der Fragebogen wird im Detail vorgestellt.

Schlussfolgerung/Implikation: Der entwickelte Fragebo-gen soll ein Mittel zur persönlichen Rückmeldung der Ärzte in Weiterbildung an den Weiterbilder sein. Weiter-bildern ist es dadurch möglich Arbeits- und Lernbedin-gungen im Sinne zukünftiger Allgemeinärzte zu verbes-sern.

Literatur 1. Guyatt GH, Bombardier C, Tugwell PX. Measuring disease-specific quality of life in clinical trails. Current review. CMAJ. 1986;134:889-95.

Bitte zitieren als: Viniol A, Lommler-Thamer M, Baum E, Donner-Banzhoff N. Entwicklung eines standardisierten Instruments zur Evaluation der Facharztweiterbildung Allgemeinmedizin während des stationären Weiterbildungsabschnitts. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom075. DOI: 10.3205/11fom075, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0756 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom075.shtml

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IIId Minderheitenprobleme in der hausärztlichen Praxis

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Hausärztliche Versorgung von Migranten: Kommunikationspräferenzen russisch-sprachiger Migranten vor dem Hintergrund in den Herkunftsländern erfahrener Sozialisation Viktoria Bachmann, Katharina Teigeler, Oliver Hirsch, Stefan Bösner, Erika Baum, Norbert Donner-Banzhoff

Philipps-Universität Marburg, Abteilung für Allgemeinmedizin, Marburg, Deutschland

Hintergrund: Etwa 19% der Bewohner Deutschlands ha-ben einen Migrationshintergrund. Die medizinische Ver-sorgung von Migranten wird überwiegend im Bezug auf die möglichen Versorgungsfehler diskutiert. Diese können unter anderem durch die sprachlichen Probleme und damit verbundenen Diagnose- und Behandlungsfehlent-scheidungen oder abweichenden Krankheitskonzepte bedingt sein. Ziel unserer Studie ist, den Einfluss der Sozi-alisation in den Herkunftsländern auf die Arzt-Patient-Beziehung und hiermit auf die Zufriedenheit der Migran-ten mit der hausärztlichen Versorgung zu untersuchen. Zielgruppe der Untersuchung sind Migranten mit russisch-sprachigem Hintergrund, die aus den Regionen der ehe-maligen Sowjetunion immigriert sind. Ziel der Studie ist, die Besonderheiten dieser Patientengruppe zu erfassen, die eine Auswirkung auf den Behandlungsverlauf und langfristige Compliance im Rahmen der hausärztlichen Versorgung haben könnten.

Material und Methoden: Es wurde eine mixed-methods Studie konzipiert, die die Erwartungen und Erfahrungen der Patienten mit dem russisch-sprachigen Hintergrund aber auch der Ärzte, die mit dieser Patientengruppe arbei-ten, qualitativ exploriert. Die Interviews wurden ins Deut-sche übersetzt, transkribiert, mit MAXQDA® codiert und analysiert. Gestützt auf die ersten Ergebnisse der Inter-views startete im April 2010 eine Online- und Briefumfra-ge, die unter anderem den bevorzugten Kommunikations-stil während der Konsultationen unter autochtonen Deut-schen, russisch-sprachigen Migranten sowie autochthonen Russen erfasste, der mit Einsatz des Fragebogens zu den Kommunikationspräferenzen von PatientInnen (KOPRA, Farin et al., 2009) erhoben wurde. Der Fragebogen wurde mit SPSS 17 ausgewertet.

Ergebnisse: Es fanden 45 Patienten- und 20 Ärzte-Interviews statt. Die quantitative Online- und Briefumfrage wurde im November 2010 abgeschlossen, 348 Fragebö-gen wurden in die Auswertungen eingeschlossen. Die qualitativen und quantitaven Daten werden ausgewertet und im Sinne der Triangulierung gegenüber gestellt. Nach den ersten Analysen unterscheiden sich die untersuchten Gruppen im Bezug auf die bevorzugten Kommunikation mit dem Hausarzt in Abhängigkeit von ihrer Sozialisation Die Daten befinden sich aktuell in der Auswertung. Ab-schließende Ergebnisse sollen auf dem Kongress präsen-tiert werden.

Bitte zitieren als: Bachmann V, Teigeler K, Hirsch O, Bösner S, Baum E, Donner-Banzhoff N. Hausärztliche Versorgung von Migranten: Kommunikationspräferenzen russisch-sprachiger Migranten vor dem Hintergrund in den Herkunftsländern erfahrener Sozialisation. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom076. DOI: 10.3205/11fom076, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0761 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom076.shtml

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Entwicklung und Evaluation einer Schulung zur Förderung der Selbstmanagementkompetenz von illiteraten türkischstämmigen Patienten – SITD Claudia Mews, Marion Eisele, Martin Scherer

Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, Hamburg, Deutschland

Hintergrund: In Deutschland liegt die Prävalenz des Dia-betes mellitus Typ 2 (DM2) bei ca. 7%. Es existieren weni-ge Untersuchungen zur DM2-Prävalenz bei türkischstäm-migen Patienten, die aber eine mindestens doppelt so hohe Prävalenz zeigen. Da wichtige DM2-Risikofaktoren wie Fehlernährung und Bewegungsarmut mit sozioöko-nomischen Faktoren korrelieren, sind viele türkischstäm-mige Menschen einem überdurchschnittlich hohen DM2-Risiko ausgesetzt. Die vorliegenden Schulungsprogramme sind für sie wenig effektiv, da oft die Voraussetzungen zum Verständnis (z.B. Lese- und Schreibvermögen) fehlen. Ziel des hier vorgestellten Studiendesigns ist die Entwicklung, Erprobung und Evaluierung eines kultursensiblen, DMP-kompatiblen Schulungsprogramms, das die Aspekte im Umgang mit DM2 anschaulich vermitteln und eine höhere Motivation zu einem adäquaten Lebensstil bewirken kann.

Material und Methoden: Nach einer Literaturrecherche findet ein Workshop mit Experten statt. Die Module der Schulung werden festgelegt und in Folgetreffen inhaltlich und didaktisch ausgestaltet. Nach Testung der Module werden die finalen Schulungs- und Evaluationsmaterialien erstellt. Die kooperierenden Diabetesberaterinnen werden geschult, in die Evaluationsmaterialien eingearbeitet und führen die Schulungen durch. Es wird eine Stichproben-größe von N=70 bildungsfernen türkischstämmigen Diabetikern beiderlei Geschlechts angestrebt. Mit den Teilnehmern wird eine Untersuchung in Hinblick auf Dia-beteswissen, und Verhaltensbeobachtung durchgeführt, sie werden zu Akzeptanz und Verständlichkeit befragt. Nach Auswertung der Evaluationsmaterialien werden die Erfahrungen in Fokusgruppen besprochen und analysiert, das Schulungskonzept wird überarbeitet.

Ergebnisse: Es wird ein evaluiertes, einsatzbereites Schu-lungsprogramm vorliegen, das Praxen zur Verfügung gestellt werden kann. Es wird an die noch zu eruierenden Bedürfnisse der Zielgruppe angepasst sein und einen Fokus auf die Verwendung nicht schriftlicher Materialien legen. Die Techniken der Blutzuckermessung und ggf. der Insulininjektion werden vermittelt, das Verständnis der Patienten für den Einfluss von Ernährung und Bewegung auf ihre Stoffwechselsituation wird kulturadaptiert geför-dert. So wird die Fähigkeit verbessert, die Ergebnisse der Messungen kompetent zu interpretieren und sinnvoll zu reagieren. Die Selbstmanagementkompetenz im Umgang

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mit der Erkrankung wird gesteigert, eine Senkung der Blutzuckerwerte und eine Verbesserung der gesundheitli-chen Gesamtsituation werden möglich. Die diabetesbezo-genen Kosten werden sinken.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Identifikation der Be-dürfnisse von illiteraten türkischstämmigen Patienten wird verbesserte Schulungen möglich machen und die weitere Verbesserung und Konkretisierung der medizinischen Angebote für die Zielgruppe, und darüber hinaus für illiterate Patienten jeglicher Herkunft, auch in anderen Bereichen ermöglichen. Die Ergebnisse werden Basisda-ten für weitere Forschungen liefern. Langfristig wird eine Anerkennung der Schulung für die Nutzung im DMP angestrebt.

Literatur 1. Laube H, Bayraktar H, Gökce Y, Akinci A, Erkal Z, Bödeker RH, Bilgin Y. Zur Diabeteshäufigkeit unter türkischen Migranten in Deutschland. Diabetes und Stoffwechsel. 2001;10:51 ff. 2. Kalvelage B, Kofahl C. Therapie von Migranten mit Diabetes mellitus – Kreativität und Geduld sind die Schlüssel zum Erfolg. Info Diabetologie. 2010;4:40-3.

Bitte zitieren als: Mews C, Eisele M, Scherer M. Entwicklung und Evaluation einer Schulung zur Förderung der Selbstmanagementkompetenz von illiteraten türkischstämmigen Patienten – SITD. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom077. DOI: 10.3205/11fom077, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0772 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom077.shtml

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Die Gesundheitsversorgung lesbischer Frauen – ein Survey zu Inanspruchnahmeverhalten, Bedarf und Erwartungen. Karina Löltgen, Annika Viniol, Annette Becker

Abteilung Allgemeinmedizin, präventive und rehabilitative Medi-zin, Marburg, Deutschland

Hintergrund: Lesbische Frauen leiden häufiger unter psy-chiatrischen Krankheiten sowie Herz-Kreislauf- und ver-schiedenen Krebserkrankungen als heterosexuelle Frauen. Gleichzeitig nehmen sie weniger Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch. In einer bevölkerungsbezogenen Quer-schnittsuntersuchung soll der Stellenwert des Hausarztes für die gesundheitliche Versorgung, Determinanten der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen und Wün-sche der Frauen hinsichtlich ihrer Gesundheitsversorgung erfasst werden.

Material und Methoden: Eingeschlossen werden Frauen >18 Jahre mit gelegentlich bis ausschließlich homosexu-ellen Kontakten, die sich selbst als „lesbische Frauen“ definieren. Die Rekrutierung erfolgt über Selbsthilfegrup-pen, Beratungsstellen, Stammtische, Mailerlisten, Internet und Schneeballsystem. Es werden schriftlich Fragen ge-stellt zur Soziodemographie, sexuellen Orientierung, Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen und Bedeu-tung des Hausarztes, bisherigen Erfahrungen im Gesund-heitssystem sowie dem psychosomatischen und psychiatri-schen Gesundheitsstatus (PHQ-D).

Ergebnisse: Bislang liegen die Ergebnisse von 18 Teil-nehmerinnen der Pilotstudie (80% ausschließlich homose-xuell) vor. Für 75% der Frauen ist der Hausarzt der erste

medizinische Ansprechpartner, bei 40% der Frauen weiß er nichts von ihrer sexuellen Orientierung, obwohl es 60% der Frauen als wichtig ansehen. Im Screening zeigen 45% der Frauen Hinweise auf depressive Verstimmungen, 30% auf Angststörungen. Jede fünfte Frau berichtet von negati-ven Erfahrungen mit Leistungserbringern im Gesundheits-system in Form unangebrachter Kommentare, 40% fühlen sich benachteiligt. Jede zweite Frau wünscht sich Informa-tionen zur Reproduktionsmedizin.

Schlussfolgerung/Implikation: Der Hausarzt hat eine Schlüsselfunktion für den Zugang lesbischer Frauen zur Gesundheitsversorgung. Trotzdem scheinen viele Ärzte über die sexuelle Orientierung ihrer Patientinnen nicht informiert und seitens der Patientinnen besteht ein uner-fülltes Informationsbedürfnis. Basierend auf den Ergebnis-se der Hauptstudie werden auf dem Kongress Determi-nanten eines optimalen Gesundheitszugangs diskutiert.

Bitte zitieren als: Löltgen K, Viniol A, Becker A. Die Gesundheitsversorgung lesbischer Frauen – ein Survey zu Inanspruchnahmeverhalten, Bedarf und Erwartungen.. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom078. DOI: 10.3205/11fom078, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0784 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom078.shtml

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Das Image des Hausarztes aus interkultureller Perspektive – eine qualitative Studie zur Sichtweise türkischer und deutscher Patienten Sema Uslu, Jessica Bungartz, Stefanie Joos

Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universi-tätsklinikum, Heidelberg, Deutschland

Hintergrund: Um die medizinische Versorgung von Men-schen mit Migrationshintergrund zu verbessern, gilt es kulturelle Besonderheiten im Medizinverständnis zu be-rücksichtigen. In Deutschland leben ca. 16 Mio. Men-schen mit Migrationshintergrund, davon 2,5 Mio. mit türkischem Migrationshintergrund (ca. 16%). Die vorlie-gende Studie untersuchte das Image des Hausarztes aus Sicht türkischer im Vergleich zu deutschen Patienten.

Material und Methoden: In einem qualitativen For-schungsansatz wurden fünf Fokusgruppendiskussionen mit insgesamt 28 Teilnehmern in deutscher Sprache durchge-führt. Dabei wurde neben einem Leitfragenkatalog die Collage-Technik (Imagery) angewendet, um das Image des Hausarztes an Hand von Bildern zu explorieren. Nach der Transkription der Fokusgruppendiskussionen erfolgte eine inhaltsanalytische Auswertung nach Mayring, soft-waregestützt mittels ATLAS.ti.

Ergebnisse: Als Hauptkategorien fanden sich „Wichtige Eigenschaften des Hausarztes“, „Image des Hausarztes früher und heute“, – bezüglich der türkischen Teilnehmer– „Glaubensrichtung des Hausarztes“ und „Image des Hausarztes in der Türkei“. Aus Sicht der deutschen Patien-ten waren Menschlichkeit und (fachliche) Kompetenz vorrangige positive Eigenschaften des Hausarztes. Türki-sche Patienten stellten besonders die Freundlichkeit und eine gute medizinische Untersuchung heraus. Die Glau-bensrichtung des Hausarztes war für die türkischen Teil-nehmer von nachrangiger Bedeutung. Bezüglich eines Imagewandels der Hausärzte im Laufe der Zeit wurde der

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Arzt früher als unerreichbar und unnahbar angesehen – als „Gott in weiß“. Aus heutiger Sicht habe dies auf ein Normalmaß abgenommen. Das Image von Hausärzten in der Türkei wurde im Vergleich zu Deutschland als eher negativ eingestuft.

Auch in den Collagen zeigte sich das Bild der Hausärzte insgesamt als positiv (Abbildung 1, Abbildung 2). Es traten jedoch auch einige negative Aspekte zutage: Bei den deutschen Teilnehmern war die zunehmende Orien-tierung des Arztes an IGeL-Leistungen sowie das Klagen „auf hohem Niveau“ ein Thema. Bei den türkischen Teil-nehmern wurde die Bevorzugung von Privatpatienten sowie eine mögliche Käuflichkeit durch Pharmafirmen dargestellt.

Abbildung 1: Collage deutsch

Abbildung 2: Collage türkisch

Schlussfolgerung/Implikation: Das Image des Hausarztes zeigte sich aus Sicht der Fokusgruppenteilnehmer insge-samt als positiv. Mittels der Collagetechnik kamen einige negative Aspekte zum Vorschein, die das Image des Hausarztes negativ beeinflussen könnten. Alles in allem waren nur partiell Unterschiede in der Sichtweise türki-scher und deutscher Patienten zu erkennen. Inwieweit diese Deckungsgleichheit auf die Auswahl sprachkompe-tenter Teilnehmer zurückzuführen ist, sollte in weiterfüh-renden Studien untersucht werden.

Literatur 1. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und Bundesministe-rium des Inneren, Hrsg. Migrationsbericht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge im Auftrag der Bundesregierung. Berlin; 2009.

Bitte zitieren als: Uslu S, Bungartz J, Joos S. Das Image des Hausarztes aus interkultureller Perspektive – eine qualitative Studie zur Sichtweise türkischer und deutscher Patienten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom079. DOI: 10.3205/11fom079, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0793 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom079.shtml

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IIIe Professionsentwicklung und Zukunftsperspektiven in der Allgemeinmedizin

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„Klinische Studien in der Hausarztpraxis“ – Ergebnisse einer Befragung von Hausärzten zu Erfahrungen und Einstellungen Frank Peters-Klimm1, Ildikó Gágyor2, Jörg Haasenritter3, Jutta Bleidorn4, Netzwerk klinische Studien in der Allgemeinmedizin 1Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universi-tätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland 2Abteilung Allgemeinmedizin Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland 3Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medizin, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland 4Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule Hanno-ver, Hannover, Deutschland

Hintergrund: Klinische Studien gelten aufgrund hoher Anforderungen an Qualität und Patientensicherheit als aufwändig und stellen in der Allgemeinmedizin in Deutschland bislang die Ausnahme dar. Notwendige Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung ist eine ausreichende Anzahl von qualifizierten Prüfärzten, welche u.a. eine Schulung gemäß den „Leitlinien der guten klini-schen Praxis“ (ICH/GCP) impliziert. Ziel dieser Untersu-chung war die Erfassung der Vorerfahrungen und Einstel-lungen von Hausärzten hinsichtlich klinischer Studien in der Primärversorgung. Dabei waren Motivationsfaktoren für eine Studienteilnahme und Aspekte der ICH-/GCP-konformen Prüfarztschulungen von besonderem Interesse.

Material und Methoden: Es wurden Teilnehmer regionaler hausärztlicher Fortbildungsveranstaltungen (vorwiegend „Tag der Allgemeinmedizin“) mittels eines selbstentwickel-ten, standardisierten Fragebogens befragt. Zusätzlich zu durchgeführter deskriptiver folgen vertiefte explorative Analysen.

Ergebnisse: Von 14 kontaktierten Veranstaltern aus ganz Deutschland nahmen 11 teil. Von insgesamt 804 einge-ladenen Hausärzten beteiligten sich 408 von 804 (50,7%) Hausärzte an der Befragung (51±9 Jahre, 35% weiblich, 62% Lehrpraxis; 76% Allgemeinmediziner, 12% Internis-ten). Während ihrer Zeit als niedergelassener Hausarzt hatten 38% der Befragten an einer Arzneimittel-Wirksamkeitsstudie, 23% an einer nicht-pharmakologischen Wirksamkeitsstudie und 53% an einer Anwendungsbeobachtung mindestens einmal teilgenom-men. „Eine Teilnahme an Klinischen Studien mit allge-meinmedizinischen Fragestellungen“ konnten sich 69% der Teilnehmer zukünftig vorstellen (15% „weiß nicht“, 12% „nein“). Als motivierend für eine Studienteilnahme nannten die Befragten „praxisrelevante Fragestellungen“, „persönliche Lerneffekte“, „neue Herausforderun-gen/Abwechslung vom Alltag“ und ein „Honorar entspre-chend tatsächlichem Aufwand“ (88%, 87%, 61% und 61%). Nur 6% der Teilnehmer hatten bislang an einer GCP-konformen Prüfarztschulung teilgenommen. 58% gaben „grundsätzliche Teilnahmebereitschaft“ an einer derartigen Schulung an, bei 32% bestand keine Bereit-schaft (10% fehlende Angabe). Die Teilnehmer präferier-ten eine kurze Nachmittagsveranstaltung, gegebenenfalls

mit web-basierten Lösungen ohne Präsenzpflicht. Nur 7% waren bereit, die Hälfte der bzw. die tatsächlichen Kosten von 500-750,- für eine Prüfarzt-Schulung zu übernehmen.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse geben Hinweise für die erfolgreiche Planung und Durchführung von Klinischen Studien in der Allgemeinmedizin. Elemen-tar für die Motivation von Praxen zur Studienteilnahme scheinen die Relevanz der Fragestellung und persönliche Aspekte (wie beispielsweise Lerneffekte) zu sein. Zu gerin-ge Aufwandsentschädigungen, zu aufwändige und nicht finanzierte Prüfarztschulungen stellen möglicherweise Barrieren dar, die es abzubauen gilt.

Bitte zitieren als: Peters-Klimm F, Gágyor I, Haasenritter J, Bleidorn J, Netzwerk klinische Studien in der Allgemeinmedizin. „Klinische Studien in der Hausarztpraxis“ – Ergebnisse einer Befragung von Hausärzten zu Erfahrungen und Einstellungen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom080. DOI: 10.3205/11fom080, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0804 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom080.shtml

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Vergleich allgemeinmedizinischer Professionsentwicklung in Brasilien und Deutschland Markus Herrmann1, Ligia Giovanella2 1Institut für Allgemeinmedizin, Magdeburg, Deutschland 2Escola Nacional de Saúde Pública/Fundação Oswaldo Cruz, Rio de Janeiro RJ, Brasilien

Hintergrund: Seit 1994 hat die brasilianische Regierung eine Primärversorgung zur Förderung der Familien-gesundheit aufgebaut, die besonders die sozial benachtei-ligte Bevölkerung erreichen soll. Das Modell der sozialver-sicherungspflichtigen Gesundheitsversorgung der Renten-institute wurde zugunsten einer einheitlichen, dezentral organisierten Primärversorgung abgelöst, so dass gewähr-leistet werden kann, dass alle Menschen Zugang erhalten. Es wurden Familiengesundheitsteams gebildet, die für 900 Familien in einem Stadtteil verantwortlich sein sollen. Diese Teams setzen sich zusammen aus einem Allge-meinmediziner, einer Krankenschwester, einem Zahnarzt, zwei Krankenpflegehelfern und fünf Gesundheitsarbeitern aus der Gemeinde. Mittlerweile sind 94% der städtischen und 48% der ländlichen Bevölkerung erreicht. Seit 2001 hat auch im Medizinstudium die Bedeutung der Familien-gesundheit Eingang gefunden und eine entsprechende Weiterbildung in Familiengesundheit wurde etabliert.

Material und Methoden: Im Rahmen eines Forschungs-aufenthaltes in Brasilien – unterstützt durch die beiden Institutionen DAAD und Capes – wird die akademische Professionsentwicklung der Allgemeinmedizin in Brasilien während des letzten Jahrzehnts mit der in Deutschland verglichen. Es wird eine Literaturanalyse vorgenommen sowie ein Forschungsaufenthalt von Juni bis Juli 2011 durchgeführt. Neben einer Kongressteilnahme, teilneh-mender Beobachtung in Gesundheitszentren sind vertie-fende Interviews mit Ärzten Lehrenden und Studierenden in 4 verschiedenen Regionen geplant.

Ergebnisse: Durch die Literaturanalyse zeichnet sich ab, dass sich in Brasilien im Unterschied zur deutschen Ent-wicklung die Professionsentwicklung zum einen stärker

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interprofessionell entwickelt unter stärkerer Prämisse von Gesundheitsförderung und Prävention, aufsuchender Dienste und einer stärkeren Gemeindeorientiertheit.

Schlussfolgerung/Implikation: Vor dem Hintergrund des wachsenden Hausärztemangels in ländlichen Regionen und den demographischen Wandel soll diskutiert werden, inwieweit Anregungen aus der brasilianischen Professi-onsentwicklung der Allgemeinmedizin für Deutschland zu ziehen sind.

Literatur 1. Capistrano Filho D. O Programa de Saúde da Família em São Paulo: Estudos Avançados. 1999;13(35):89-100. 2. Demarzo MM, Gusso GD, Anderson MI, de Almeida RC, Belaciano MI. Academic family medicine: new perspectives in Brazil. Fam Med. 2010;42(7):464-5. 3. Giovanella L, de Mendonça MH, de Almeida PF, Escorel S, Senna Mde C, Fausto MC, Delgado MM, de Andrade CL, da Cunha MS, Martins MI, Teixeira CP. Family health: limits and possibilities for an integral primary care approach to health care in Brazil. Cien Saude Colet. 2009;14(3):783-94. 4. Herrmann M, et al. Stärkung der hausärztlichen Versorgung durch ein Primärarztsystem. In: Gerlinger T, Lenhardt U, Simon M, Hrsg. Jahrbuch für Kritische Medizin und Gesundheitswissen-schaften. Bd. 32. Hamburg: Argument Verlag; 2000. S. 38-57. 5. Herrmann M, Lichte T, von Unger H, Gulich M, Wächtler H, Donner-Banzhoff N, Wilm S. Faculty development in general practice in Germany – experiences, evaluations, perspectives. Med Teach. 2007;29(2-3):219-24.

Bitte zitieren als: Herrmann M, Giovanella L. Vergleich allgemeinmedizinischer Professionsentwicklung in Brasilien und Deutschland. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom081. DOI: 10.3205/11fom081, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0811 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom081.shtml

082

Die Rolle der kommunalen Ebene bei Strategien gegen den Hausärztemangel Lea Scheidt, Stefanie Joos, Joachim Szecsenyi, Jost Steinhäuser

Abteilung Allgemeinmedizin & Versorgungsforschung Heidelberg, Heidelberg, Deutschland

Hintergrund: Eine wohnortnahe, hausärztliche Versorgung der Bevölkerung ist zukünftig nicht mehr in allen Regionen Deutschlands sicher gestellt. Insbesondere in ländlichen Regionen ist der Nachwuchsmangel an Hausärzten groß. Durch Studien mit Ärzten in Weiterbildung zum Allge-meinarzt ist bekannt, dass eine Entscheidung für oder gegen eine Tätigkeit an einem bestimmten Ort vor allem aufgrund nichtmedizinischer, oft die Gemeinde betreffen-der Faktoren gefällt wird [1].

Ziel dieser Studie ist es, gängige Konzepte gegen den Hausärztemangel durch Bürgermeister in Baden-Württemberg bewerten zu lassen, sowie neue Ansätze, die auf kommunaler Ebene ansetzen, zu explorieren.

Material und Methoden: Allen 1.101 Bürgermeistern in Baden-Württemberg wird ein auf einer umfassenden Literaturrecherche basierender, pilotierter Fragebogen zugesandt. Neben soziodemographischen Daten sind Fragen zur aktuellen hausärztlichen Versorgung der Ge-meinde, Einschätzung zu deren zukünftiger Entwicklung, der Gemeindestrukturen und der Gemeindepolitik in

Gesundheitsfragen enthalten. Bis Ende Mai 2011 zurück-gesendete Fragebögen werden in die Auswertung einge-schlossen.

Ergebnisse: Die Ergebnisse werden auf dem Kongress präsentiert werden.

Schlussfolgerung/Implikation: Es wird erwartet, dass die Ergebnisse Hinweise darauf liefern, welche Konzepte aus Sicht von Bürgermeistern auf kommunaler Ebene für umsetzbar und zielführend gehalten werden, um Hausärz-te für die Niederlassung in einer Gemeinde gewinnen zu können.

Darüber hinaus sollen die hier gewonnenen Ergebnisse mit den Erwartungen und Vorstellungen von Ärzten in Weiterbildung für Allgemeinmedizin verglichen werden, um nachhaltige Konzepte gegen den Ärztemangel zu entwickeln.

Literatur 1. Steinhäuser J, Annan N, Roos M, Szecsenyi J, Joos S. Lö-sungsansätze gegen den Allgemeinarztmangel auf dem Land - Ergebnisse einer online Befragung unter Ärzten in Weiterbildung. Deutsche Medizinische Wochenschrift, accepted.

Bitte zitieren als: Scheidt L, Joos S, Szecsenyi J, Steinhäuser J. Die Rolle der kommunalen Ebene bei Strategien gegen den Hausärztemangel. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom082. DOI: 10.3205/11fom082, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0827 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom082.shtml

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Neuniederlassung im ländlichen Raum – eine qualitative Analyse der individuellen Entscheidungshintergründe neuniedergelassener Hausärzte in Mecklenburg-Vorpommern Christin Löffler, Barbara Kreiser, Anja Wollny, Attila Altiner

Institut für Allgemeinmedizin, Universität Rostock, Rostock, Deutschland

Hintergrund: Studien zeigen, dass ländliche, struktur-schwache Regionen v.a. im Osten Deutschlands bereits heute, aber v.a. in Zukunft Probleme haben werden, eine adäquate medizinische Primärversorgung zu gewährleis-ten. Obwohl sich viele internationale Studien mit der hausärztlichen Niederlassung im ländlichen Raum befas-sen, existiert in Deutschland relativ wenig Forschung zu dieser Thematik. Fraglich ist auch, ob sich internationale Studienergebnisse aus Ländern mit anderen Gesundheits-systemen und deutlich anderen geographischen Verhält-nissen auf strukturschwache Regionen in Deutschland übertragen lassen. Vor diesem Hintergrund interessieren wir uns für die individuellen Beweggründe und Motivatio-nen von Hausärzten für die Niederlassung in ländlichen, strukturschwachen Regionen. Dabei betrachten wir v.a. subjektive und objektive motivationale Faktoren auf Mak-ro- und Mikroebene, familiäre und biographische Fakto-ren. Im Mittelpunkt unserer Studie steht die Rekonstruktion des individuellen Entscheidungsprozesses zugunsten einer Neuniederlassung in ländlichen Gebieten. Faktoren, die die Neuniederlassung im ländlichen, strukturschwachen

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Raum begünstigen, werden dabei genauso betrachtet, wie Faktoren, die sie erschweren.

Material und Methoden: Derzeit führen wir mit Hausärzten in ländlichen, strukturschwachen Regionen Mecklenburg-Vorpommerns narrative Interviews durch. Wir konzentrie-ren uns dabei auf Hausärzte, die ihre Praxis in den letzten fünf Jahren eröffnet haben. Alle 118 Hausärzte in MV, die im Dezember 2010 diesen Kriterien entsprachen, wurden eingeladen, an der Studie teilzunehmen. Von allen 52 initial zur Studienteilnahme bereiten Ärzten sendeten 43 einen detaillierten Fragebogen zum bisherigen beruflichen Werdegang und biographisch-familiären Hintergründen zurück. Die Auswahl der Interviewpartner erfolgt auf Basis des theoretical sampling. Die Interviews werden ton-aufgezeichnet, vollständig transkribiert und auf Grundlage der Grounded Theory kodiert und analysiert.

Ergebnisse: Ziel der Studie ist es, hausärztliche Beweg-gründe für die Niederlassung im ländlichen, struktur-schwachen Raum Mecklenburg-Vorpommerns induktiv zu ermitteln. Insbesondere soll analysiert werden, ob be-stimmte Muster existieren oder ob letztendlich unvorher-sehbare und unbeeinflussbare Faktoren zur Neuniederlas-sung im ländlichen Raum führen. In einem zweiten Schritt werden diese Ergebnisse zur Entwicklung eines entspre-chenden Fragebogens dienen.

Schlussfolgerung/Implikation: Die so gewonnenen Ein-sichten und Ergebnisse sollen genutzt werden, um den Stellenwert und die Wirkungsweise verschiedener, von (gesundheits-) politischen und institutionellen Entschei-dungsträgern schon eingesetzter oder z.Z. diskutierter Maßnahmen zur Vermeidung eines Hausärztemangels zu bewerten. Zudem sollen neue Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, die dem bereits existierenden und prognostizierten Hausärztemangel der Region entgegen wirken können.

Bitte zitieren als: Löffler C, Kreiser B, Wollny A, Altiner A. Neuniederlassung im ländlichen Raum – eine qualitative Analyse der individuellen Entscheidungshintergründe neuniedergelassener Hausärzte in Mecklenburg-Vorpommern. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom083. DOI: 10.3205/11fom083, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0835 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom083.shtml

IIIf Interprofessionalität und Praxisteam

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Medizinische Fachangestellte mit Migrationshintergrund in der Hausarztpraxis Karola Mergenthal, Gerlach Ferdinand M., Güthlin Corina

Institut für Allgemeinmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Deutschland

Hintergrund: In Deutschland leben 15,7 Mio. Menschen mit Migrationshintergrund (MH). Demgegenüber steht eine kleine Zahl von ausländischen Ärzten/innen: von 125.264 aller 2009 in Deutschland niedergelassenen Ärzten/innen waren 2,8 % (3.556) Ausländer/innen. Im

Vergleich dazu ist die Zahl der ausländischen Medizini-schen Fachangestellten (MFA)/ Arzthelferinnen (AH) hoch. Am Beispiel Hessen kann gezeigt werden, dass zwischen 2005 und 2007 der jährliche Anteil der Ausländer/innen bei durchschnittlich 15,6 % lag.

Dabei wurde die Frage, wie und ob Fachkräfte mit MH spezifische Potentiale in den Berufsalltag einbringen, in Deutschland bisher kaum untersucht. Eine qualitative Studie mit 10 AH zeigt, dass diese ihre Erstsprache im Praxisalltag einsetzen und in Anwesenheit des Arztes zeit-weise die Verantwortung für das Gelingen des Gesprächs übernehmen. Außerdem setzten sie ihr kulturspezifisches Wissen ein. In der vorgestellten Studie wurden daher folgende Fragestellungen untersucht: Wie erleben MFA mit MH ihren Praxisalltag in deutschen Hausarztpraxen? Setzen MFA mit MH ihre kulturellen Kompetenzen ein? Sind sie sich ihrer Rolle bewusst? Empfinden sie dies als Bereicherung oder Belastung?

Material und Methoden: In dieser qualitativen Pilotstudie wurde ein convenience sample von 6 MFA aus 6 Haus-arztpraxen in Hessen untersucht, die bereits in Forschung und Lehre mit dem Institut für Allgemeinmedizin (IfA) zusammen arbeiten. Das Interview erfolgte mit Hilfe eines halbstandardisierten Leitfadens und wurde von einer Mitarbeiterin des IfA mit MFA-Hintergrund durchgeführt. Die Auswertung der vollständig transkribierten Interviews erfolgte mit der inhaltsanalytischen Methode nach May-ring in einem Team aus einer Psychologin, einer Doktor-andin der Medizin und der Interviewerin.

Ergebnisse: Die Interviewlänge betrug ca. 25 Minuten. Befragt wurden je 2 MFA mit türkischem MH, 2 mit ma-rokkanischem MH, 1 mit italienischem und 1 mit serbi-schem MH. Erste Ergebnisse zeigen, dass bei Aufnahme einer neuen Tätigkeit in den Praxen zunächst Befürchtun-gen von Seiten des Teams (ohne MH) als auch von Seiten der Patienten bestanden. Nach einer gewissen Anlaufzeit ergab sich jedoch eine gute Akzeptanz und Etablierung der Rolle der MFA/ AH mit MH, sodass die MFA ihre volle Integration in das Praxisteam betonten. Zusätzlich über-nahmen sie Aufgaben wie Übersetzungen oder Erklärun-gen von kulturellen Besonderheiten. Zum Zeitpunkt der Konferenz wird eine vollständige Auswertung der Daten vorliegen.

Schlussfolgerung/Implikation: Bei den interviewten MFA mit MH handelte es sich um Personen, die gut in der hausärztlichen Praxis integriert waren, sodass auf den ersten Blick kein „Unterschied“ zu den MFA ohne MH thematisiert wurde. Im Gegenteil wurde eher die Problem-losigkeit der Integration betont. Es zeigte sich, dass die MFA v.a. „auf Zuruf“ Übersetzungsaufgaben sprachlicher und kultureller Art übernahmen.

Bitte zitieren als: Mergenthal K, Ferdinand M. G, Corina G. Medizinische Fachangestellte mit Migrationshintergrund in der Hausarztpraxis. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom084. DOI: 10.3205/11fom084, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0846 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom084.shtml

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Erfahrungen von Hausärzten und Medizinischen Fachangestellten beim Zusammenschluss zum Schaafheimer Arzt- und Apothekenzentrum (SCHAAZ) – Eine qualitative Evaluation Lisa Ulrich, Martin Beyer, Ferdinand M. Gerlach, Antje Erler

Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt/Main, Deutschland

Hintergrund: Die drohende hausärztliche Unterversorgung bei gleichzeitig erhöhten Versorgungsbedürfnissen einer alternden Bevölkerung erfordert neue primärärztliche Versorgungskonzepte. Mit dem Zusammenschluss von sechs Hausärzten zum Schaafheimer Arzt- und Apothe-kenzentrum (SCHAAZ) wird seit Juli 2009 ein hausärztli-ches Versorgungsmodell im ländlichen Raum erprobt, das bereits einige Elemente einer Primärversorgungspraxis (PVP) enthält, wie sie vom Sachverständigenrat für die Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen im Gutachten 2009 vorgeschlagen wurde. Im Rahmen einer qualitativen Studie wurden Probleme, Erfolgsfaktoren, positive und negative Folgen des Zusammenschlusses aus Sicht der beteiligten Hausärzte und Medizinischen Fach-angestellten (MFA) analysiert.

Material und Methoden: Hausärzte (n=6/6) und MFA (n=11/15) wurden mittels leitfadengestützter Interviews befragt. Die aufgezeichneten Interviews wurden transkri-biert und nach der Methode des „framework approach“ auf der Basis eines theoretischen Modells zur Organisati-onsentwicklung in Hausarztpraxen ausgewertet.

Ergebnisse: Erweiterte Ressourcen bezüglich Räumlichkei-ten und Personal ermöglichen eine strukturiertere und effizientere Organisation der Arbeitsprozesse, was durch eine „Verdichtung“ der Arbeit Freiräume für Fortbildungen und mehr Freizeit schafft. Aus Sicht der MFA wird dadurch jedoch der persönliche Austausch erschwert und die frühere familiärere Arbeitsatmosphäre verändert. Hausärz-te entlastet die Möglichkeit, Verantwortung für Entschei-dungen mit Kollegen teilen und durch Personalentwick-lung vermehrt Aufgaben an qualifizierte MFA delegieren zu können. Eine weitere wichtige Maßnahme war die Durchführung häufigerer Teamsitzungen, in denen Vor-schläge aller Teammitglieder gleichberechtigt erörtert und Konflikte offen angesprochen wurden.

Schlussfolgerung/Implikation: Der Zusammenschluss zu einem größeren Team erfordert eine stärkere Strukturie-rung und Formalisierung von Arbeitsprozessen. Durch eine effizientere Arbeitsorganisation wird eine Verdichtung [s.o] der Arbeit erreicht, die einerseits eine Entlastung der Beteiligten ermöglicht, andererseits weniger Raum für persönlichen Austausch lässt.

Bitte zitieren als: Ulrich L, Beyer M, Gerlach FM, Erler A. Erfahrungen von Hausärzten und Medizinischen Fachangestellten beim Zusammenschluss zum Schaafheimer Arzt- und Apothekenzentrum (SCHAAZ) – Eine qualitative Evaluation. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom085. DOI: 10.3205/11fom085, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0853 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom085.shtml

086

Polypharmakotherapie: ein Einsatzgebiet für „EVA“? – Ergebnisse eines Pilotprojektes Iris Schluckebier, Marcus Redaèlli, Paul Jansen, Stefan Wilm

Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland

Hintergrund: Die Polypharmakotherapie stellt im hausärzt-lichen Alltag eine große Herausforderung dar. Häufig bleibt jedoch den Hausärzten wenig Zeit das optimale Management bzw. bedeutende Wechselwirkungen oder Nebenwirkungen der Medikamente den Patienten zu erklären. Hinzu kommt, dass Patienten von der Einnahme von frei verkäuflichen Medikamenten, Nahrungsergän-zungen oder Vitaminpräparaten, die die Medikamente in ihrer Wirkung beeinflussen, oft nicht spontan berichten. Untersucht werden soll, in welchem Ausmaß und unter welchen Bedingungen eine Entlastende Versorgungs-Assistentin (EVA) eine unterstützende Rolle bei polyphar-makotherapeutisch versorgten Patienten einnehmen kann. Material und Methoden: Im Rahmen eines Pilotprojektes führt eine Medizinische Fachangestellte (MFA) mit der Qualifikation als EVA eine Analyse des Patientenkollektivs in ihrer Hausarztpraxis im Hinblick auf eine polypharma-kotherapeutische Versorgung (>5 Wirkstoffe) durch. Dies geschieht mittels einer handelsüblichen Praxissoftware. Die identifizierten Patienten werden dann anhand einer Checkliste, die aus der PRISCUS-Liste abgeleitet ist, auf ihr Gefährdungspotenzial hin katalogisiert. Diejenigen Patienten, die im Rahmen von Hausbesuchen betreut werden, werden in Routinebesuchen von der EVA mitver-sorgt und mittels einer Checkliste (Symptome von mögli-chen Unerwünschten Arzneimittelwirkungen = UAW) regelmäßig befragt. Ergebnisse: Im Rahmen des Pilotprojektes hat es sich gezeigt, dass die EVA mit Hilfe der Checkliste einen wich-tigen Beitrag in der polypharmakotherapeutischen Betreu-ung von Patienten liefern kann. Allerdings ist festzustellen, dass zeitlich begrenzte Ressourcen die Kapazität auf max. 20 Patienten/ Monat beschränken. Alternative Vorschläge zu Präparaten bei Feststellung von UAW kann eine EVA dem Hausarzt vorlegen. Auffällig ist die Lernkurve, die im Hinblick auf Zeit und Wissen zu Alternativwirkstoffen sowie auf UAWs exponentiell verläuft.

Schlussfolgerung/Implikation: International finden Haus-ärzte in der pharmakotherapeutischen Versorgung unter-schiedliche personelle Unterstützungen vor. Diese reichen von direkter Anbindung an Apotheker bis hin zu speziali-sierten Fachpflegekräften für Pharmazie. Bei entsprechen-der Aus- und Weiterbildung und ggf. weiterer Qualifizie-rung, könnten die MFA in Deutschland entsprechende Entlastungen für die Hausärzte erreichen. Dazu sind ent-sprechende Anpassungen in den Curricula der Ausbildung und der Qualifizierung zur nicht-ärztlichen Praxisassisten-tin erforderlich. Seinen patientenseitigen Nutzen muss dieser Einsatz noch in RCTs erweisen.

Bitte zitieren als: Schluckebier I, Redaèlli M, Jansen P, Wilm S. Polypharmakotherapie: ein Einsatzgebiet für „EVA“? – Ergebnisse eines Pilotprojektes. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom086. DOI: 10.3205/11fom086, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0866

Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom086.shtml

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087

Salutogene Ressourcen im Berliner Gesundheitssystem: Eine Erhebung des Sense of coherence bei Fachärzten für Allgemeinmedizin, Fachärzten für Chirurgie und Medizinischen Fachangestellten Vittoria Braun, Ingolf Hintner, Lorena Dini

Charité, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland

Hintergrund: Bei Ärzten besteht in der Regel höherer Stress als bei der Normalpopulation. Lange Arbeitstage, hohe Verantwortung, überbordende Bürokratie, Medien-schelte, Reglementierung durch Politik, Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen und materielle Verluste durch Budgetierungen und Regresse führen bei einem Teil der Kollegen zu Desillusionierung, Demotivation und Burn-Out-Syndromen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie Ärzte gesund bleiben können, welche Möglichkeiten sie besitzen, trotz vielfältiger Stressoren nicht krank zu werden, sondern vielmehr zufrieden zu sein. Hierzu werden die salutogenen Ressourcen von Ärztinnen und Ärzten und Medizinischen Fachangestellten (MFA) erfragt. Als Messgröße dient der von Aaron Antonovsky entwickelte Score zur Erfassung des Kohärenzempfindens, dem Sense of coherence (SOC) [1]. Ziel der Studie war es, erstmalig den SOC dreier Gruppen im Berliner Ge-sundheitssystem zu erheben und diesen mit einer reprä-sentativen Bevölkerungsstichprobe Deutschlands sowie untereinander zu vergleichen. In der vorgelegten Form ist es die erste Untersuchung in Deutschland, die in großem Umfang den SOC der Berufsgruppe der Fachärzte für Allgemeinmedizin erhebt und einen Vergleich mit stationär tätigen Chirurgen und MFA aus allgemeinmedizinischen Praxen herstellt. Material und Methoden: Die quantitative, anonyme Erhe-bung des SOC fand mittels postalisch versandten stan-dardisierten Fragebogens der Leipziger Kurzskala mittels 9 Items mit einer Range von 1-7 statt. Neben der deskripti-ven Analyse erfolgte der Gruppenvergleich mittels t-Test und Varianzanalyse (ANOVA). Ergebnisse: Unter den Respondern (n=872) befinden sich 32% Männer und 68% Frauen, Fachärzte für Allgemein-medizin/Praktische Ärzte (n=430), stationär-chirurgisch tätige Ärzte (n=175) und Medizinische Fachangestellte (n=267). Die Antwortrate beträgt insgesamt 23%. Der SOC der Befragten ist im Vergleich zum Bevölkerungs-durchschnitt signifikant höher, wobei dies besonders bei der Gruppe der Frauen auffällt. Alle Befragten weisen ab dem 40. Lebensjahr einen höheren SOC als der Bevölke-rungsdurchschnitt auf. Innerhalb der Berliner Untersu-chungsgruppe zeigen Allgemeinmediziner/-innen und MFA mit einer Partnerschaft einen signifikant höheren SOC, bei den Chirurginnen und Chirurgen konnte dies nicht beobachtet werden. Keine signifikanten Unterschie-de des SOC ergeben sich hinsichtlich Profession, Ge-schlecht, Herkunft (Ost-, Westdeutschland, Ausland) oder Ort der beruflichen Tätigkeit (Stadtbezirk) der befragten Subpopulation des Berliner Gesundheitssystems. Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse weisen auf die besondere Bedeutung der Entwicklung salutogener Ressourcen zu einem frühen Zeitpunkt im Berufsleben hin.

Literatur 1. Antonovsky A, Franke A. Salutogenese: zur Entmystifizierung der Gesundheit. Tübingen: Dgvt-Verl; 1997. 2. Schumacher J, GunzelmannT, Brähler E. Deutsche Normie-rung der Sense of Coherence Scale von Antonovsky. Diagnostica. 2000;46(4). Bitte zitieren als: Braun V, Hintner I, Dini L. Salutogene Ressourcen im Berliner Gesundheitssystem: Eine Erhebung des Sense of coherence bei Fachärzten für Allgemeinmedizin, Fachärzten für Chirurgie und Medizinischen Fachangestellten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom087. DOI: 10.3205/11fom087, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0877 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom087.shtml

IIIg Freie Themen

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Implementierungsforschung und Wissenszirkulation – wichtig für die Allgemeinmedizin? Horst Christian Vollmar1, Christine Riesner1, Tina Quasdorf1, Stefan Wilm2, Silke Kuske1, Ines Buscher1 1DZNE – Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankun-gen, Witten, Deutschland 2Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin der Fakultät für Gesundheit der Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland

Hintergrund: Wissen und daraus resultierende Handlun-gen zählen zu den wichtigsten Ressourcen für die Ge-sundheitsversorgung. Allerdings gelangt evidenzbasiertes Wissen in etlichen Fällen nicht oder nur schleppend in die Versorgung. Zur Beschreibung und Überwindung dieses Zustandes existiert eine Vielzahl von Konzepten. Ziel war, die wichtigsten zu identifizieren und für den deutschen Versorgungskontext zu adaptieren.

Material und Methoden: Es erfolgte eine selektive Auswer-tung von Übersichtsartikeln aus MEDLINE, Cochrane, Scopus, Gerolit, CINAHL, DigiBIB, ERIC und Google Scholar sowie Berichte von Forschungs- und politischen Institutionen. Die Suche wurde ohne zeitliche Beschrän-kung durchgeführt und auf die Sprachen Deutsch, Eng-lisch und Niederländisch eingegrenzt.

Ergebnisse: Für Maßnahmen und Forschungsbemühun-gen, die sich eine Verkleinerung der Wissens-Praxis-Lücke zum Ziel gesetzt haben, existieren rund 70 verschiedene Begriffe. Implementierungsforschung und Wissenszirkula-tion/-translation scheinen die geläufigsten zu sein zu sein, wobei sich die Begriffe weniger inhaltlich sondern eher geografisch abgrenzen. Der in Europa bekanntere Begriff der Implementierungsforschung beschreibt die wissen-schaftliche Untersuchung von Methoden, die systematisch die Übertragung aktueller Forschungsergebnisse und evidenzbasierter Praktiken in die Versorgung unterstützen und das Ziel verfolgen, die Qualität und Effektivität des Gesundheitssystems zu verbessern. Aus dieser Definition wird bereits die Nähe zur Versorgungsforschung deutlich, die durch Beispiele verdeutlicht werden soll.

Schlussfolgerung/Implikation: Implementierungsforschung und Wissenszirkulation sind ähnliche Forschungskonzepte,

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die versuchen auf Mikro-, Meso- und Makroebene Strate-gien zu entwickeln, um Wissen in die Praxis zu bringen und auf diesem Wege die Qualität der Versorgung zu verbessern. Hieraus ergeben sich vielfältige und meist komplexe Forschungsfragen auch für die Allgemeinmedi-zin.

Bitte zitieren als: Vollmar HC, Riesner C, Quasdorf T, Wilm S, Kuske S, Buscher I. Implementierungsforschung und Wissenszirkulation – wichtig für die Allgemeinmedizin. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom088. DOI: 10.3205/11fom088, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0888 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom088.shtml

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Wiederfindung von 80 Krankheiten des Morbi-RSA in hausärztlichen Routinedaten – ICD-Kode oder Beratungsergebnis? Johannes Hauswaldt, Markus Kersting, Eva Hummers-Pradier

Institut für Allgemeinmedizin der MHH, Hannover, Deutschland

Hintergrund: 80 ausgewählte Krankheiten als Grundlage des „morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs“ (Morbi-RSA) wurden mit 3.799 anzeigenden ICD-Kodes erstmals für das Ausgleichsjahr 2009 angewandt.

In der Ambulanten Versorgung wird beobachtete Morbidi-tät der Versicherten fortlaufend pflichtig von allen Ver-tragsärzten, darunter Hausärzten, ICD-kodiert.

Die Untersuchung identifiziert in hausärztlichen Routineda-ten ICD-Kodes, die Morbi-RSA-Krankheiten anzeigen, und differenziert anschließend ihre quartalsweise Häufigkeit und Verteilung nach Patienten- und Praxiseigenschaften. Die Abgrenzung „Chronische Krankheit“ des Morbi-RSA wird problematisiert, ebenso die Kodierung hausärztlicher Beratungsergebnisse.

Material und Methoden: 3,9 Mio. ICD-Kodes in Betreu-ungs- und Leistungsdaten von 362.356 GKV-Patienten zwischen 1996 und 2006, aus Arztpraxisinformationssys-temen (AIS) von 145 Hausarztpraxen über die BDT-Schnittstelle gewonnen, [1] werden quartalsweise als anzeigend für 80 Morbi-RSA-Krankheiten sowie für das „M2Q“-Kriterium (mindestens zwei Quartale im Jahr) gekennzeichnet und mit Eigenschaften der Patienten (Al-ter, Geschlecht, Häufignutzerstatus, Multimorbidität) und Praxen (Einzel-/Gemeinschaftspraxis, Lage, Größe) ver-knüpft (Multivariate logistische Regression, 99% Konfiden-zintervall).

Jährliche Häufigkeiten angezeigter Morbi-RSA-Krankheiten, ihre relative Häufigkeit (Ränge) untereinan-der und deren Veränderung zwischen 1996 bis 2006 werden dargestellt.

„Chronische Krankheit“ (M2Q-Kriterium) wird dem Begriff des „Chronisch Kranken“ (Gemeinsamer Bundesaus-schuss) anhand dieser Routinedaten gegenübergestellt.

Ergebnisse: 17,9 % der quartalsweisen ICD-Kode-Nennungen (709.158 von 3.970.782) in hausärztlichen Routinedaten zeigen eine der 80 Morbi-RSA-Krankheiten an.

Alle der 80 Morbi-RSA-Krankheiten werden von Hausärz-ten solcherart angezeigt, ihre Häufigkeiten und Ränge unterscheiden sich jedoch beträchtlich von den Grundla-gendaten 2005/2006 des Bundesversicherungsamtes. Unter den führenden finden sich gleichbleibend (Hyperto-nie, Ischaemische Herzkrankheit, Diabetes mellitus), ab-nehmend (Herz-, Niereninsuffizienz) und zunehmend (Depression, Asthma bronchiale, Gastro-ösophageale Refluxkrankheit) häufige Krankheiten.

Eine Morbi-RSA-Krankheit wird von „chronisch“ nach dem M2Q-Kriterium mit steigendem Patientenalter stark zu-nehmend prädiziert, nicht jedoch von anderen Patienten- oder Praxiseigenschaften.

Abbildung 1: Morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich (mRSA)

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Abbildung 2: Rangsummen und Rangdifferenzen aus 1996 bis 2006

Tabelle 1

Schlussfolgerung/Implikation: Hausärzte, etwa die Hälfte der ambulanten Versorger, sehen und kodieren einen spezifischen Ausschnitt der Versichertenmorbidität.

Die Abbildung hausärztlicher Beratungsergebnisse in ICD-Kodes ist problematisch, damit auch deren alleinige Zu-grundelegung für einen morbiditätsorientierten Risi-kostrukturausgleich.

Um „chronisch Kranke“ zu identifizieren, ist das M2Q-Kriterium möglicherweise weniger geeignet als die Ab-grenzung nach der Chroniker-Richtlinie des Gemeinsa-men Bundesausschusses, weil es das Patientenalter als „hidden confounder“ enthält.

Literatur 1. Kersting M, Gierschmann A, Hauswaldt J, Hummers-Pradier E. Routinedaten aus hausärztlichen Arztinformationssystemen - Export, Analyse und Aufbereitung für die Versorgungsforschung. Gesundheitswesen. 2010;72:323-31.

Bitte zitieren als: Hauswaldt J, Kersting M, Hummers-Pradier E. Wiederfindung von 80 Krankheiten des Morbi-RSA in hausärztlichen Routinedaten – ICD-Kode oder Beratungsergebnis. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom089. DOI: 10.3205/11fom089, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0891 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom089.shtml

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Veränderungen der bakteriellen Resistenzmuster von Escherichia coli im Primärversorgungsbereich in Österreich Gustav Kamenski, Gernot Wagner, Kathryn Hoffmann

Medizinische Universität Wien Abteilung f. Allgemeinmedizin, Wien, Österreich

Hintergrund: Unkomplizierte Harnwegsinfektionen sind bei niedergelassenen AllgemeinmedizinerInnen ein häufiger Grund für Konsultationen. Zur Vermeidung von Therapie-versagen und Resistenzinduktion sollte eine antibiotische Therapie auf aktuellen lokalen Resistenzdaten basieren. Österreichweit gibt es einen Mangel an vergleichbaren Resistenzdaten aus dem niedergelassenen Bereich. Aus diesem Grund ist es das Ziel dieser Studie, welche im Rahmen der internationalen, multizentrischen ECO SENS II Studie durchgeführt wurde, einen Beitrag zur Behebung dieses Mangels zu leisten. Darüber hinaus sollen auch Entwicklungen der Resistenzmuster für E. coli im Vergleich zur ECO SENS Studie aus den Jahren 1999/2000 darge-stellt werden.

Material und Methoden: An dieser Studie beteiligten sich im Zeitraum von Juli 2007 bis November 2008 23 All-gemeinmedizinerInnen aus ganz Österreich. Unter Be-rücksichtigung der definierten Einschluss- und Ausschluss-kriterien wurden Patientinnen mit Symptomen eines un-komplizierten Harnwegsinfektes im Alter von 18-65 Jah-ren eingeschlossen. Neben der Anamnese und Bewertung mittels Symptomen-Score wurde ein Mittelstahlharn ge-wonnen. Im Zentrallabor wurden die bei einer signifikan-ten Bakteriurie im Mittelstrahlharn nachgewiesenen E. coli-Isolate auf ihre Empfindlichkeit hinsichtlich 14 anti-biotischer Substanzen getestet. Für die Beschreibung der Prävalenzen wurden deskriptive statistische Methoden angewendet. Zur Vergleichsanalyse wurden der Chi-Square Test sowie der t-Test herangezogen.

Ergebnisse: Bei 313 eingeschlossenen Patientinnen wur-den insgesamt 147 E. coli Isolate (47%) nachgewiesen und getestet. Dabei zeigten sich folgende Resistenzraten: Mecillinam (0,0%), Nitrofurantoin (0,68%), Fosfomycin Trometamol (0,68%) und Gentamycin (1,37%), Cefotaxim (2,74%), Ceftazidime (2,74%), Cefadroxil (4,11%) und Ciprofloxacin (4,11%). Höhere Resistenzraten wurden beschrieben für: Amoxicillin/ Clavulansäure (8,90%), Nalidixinsäure (9,59%), Trimethoprim/Sulfamethoxazol (14,38%), Trimethoprim (15,75%), Sulfamethoxazol (21,23%) und Ampicillin (28,77%). Darüber hinaus wurde ESBL in zwei E. coli Isolaten nachgewiesen. Im Vergleich zu den Ergebnissen aus der ECO-SENS Studie konnte ein signifikanter Resistenz-Anstieg bei Ampicillin, Amoxicil-lin/Clavulansäure, Nalidixinsäure und Ciprofloxacin nachgewiesen werden.

Schlussfolgerung/Implikation: Es konnte gezeigt werden, dass sich die Resistenzen zwischen den Erhebungsperio-den 1999/2000 und 2007/2008 erhöht haben, obwohl berücksichtigt werden muss, dass es sich hierbei um zwei Querschnitterhebungen handelt. Allerdings ist es der einzige Vergleich für Österreich von Daten aus Studien mit gleicher Methodik. Gerade der signifikante Anstieg bei Ampicillin, Amoxicillin/ Clavulansäure, Ciprofloxacin sollte bei der Antibiotika-Verschreibung im niedergelasse-nen Bereich berücksichtigt werden.

Literatur 1. Fink W, Haidinger G. Prevalence of health problems in a family practice observed over 10 years. Z Allg Med. 2007;83:102-8. 2. Butler CC, Hillier S, Roberts Z, Dunstan F, Howard A, Palmer S. Antibiotic-resistant infections in primary care are symptomatic for longer and increase workload: outcomes for patients with E. coli UTIs. Br J Gen Pract. 2006;56(530):686-92. 3. Sundqvist M, Kahlmeter G. “Pre-emptive culturing” will im-prove the chance of “getting it right” when empirical therapy of urinary tract infections fails. J Antimicrob Chemother. 2009;64(2):227-8.

Bitte zitieren als: Kamenski G, Wagner G, Hoffmann K. Veränderungen der bakteriellen Resistenzmuster von Escherichia coli im Primärversorgungsbereich in Österreich. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom090. DOI: 10.3205/11fom090, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0904 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom090.shtml

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"Evidence-based Medicine Guidelines": Dissemination and usage of an online compendium in four European countries Susanne Rabady1, Ilkka Kunnamo2, Andreas Sönnichsen1 1Institut für Allgemeinmedizin, Paracelsus Medizinische Privatuni-versität, Salzburg, Österreich 2Duodecim Medical Publications, Helsinki, Finnland

Ziele: Die “Evidence-based Medicine Guidelines” wurden als Point of Care – Tool in Finnland entwickelt, um vor allem Allgemeinärzten eine rasch und im Praxisalltag verfügbare Entscheidungshilfe an die Hand zu geben. Die erste Adaptierung der Empfehlungen an ein anderes Gesundheitssystem wurde in Österreich fertiggestellt und auch in Deutschland und der Schweiz verbreitet. Wir untersuchten Unterschiede in Disseminierung und Anwen-dung zwischen Finnland und den deutschsprachigen Ländern, um Erkenntnisse über mögliche Implementie-rungshürden zu gewinnen.

Methoden: Realtime Statistiken der Online Versionen wurden hinsichtlich Zahl der Anwender und Häufigkeit der Suchen im Jahr 2010 wurden verglichen und brachten die Daten mit den jeweiligen Implementierungsmaßnahmen in Verbindung.

Ergebnisse: Im Jahr 2010 verwendeten 98% der finni-schen Allgemeinärzte die “Guidelines” regelmäßig. In den deutschsprachigen Ländern hatten im gleichen Zeitraum nur eine Minderheit der Allgemeinärzte einen Zugang zum Online Kompendium (Österreich 30%, Schweiz 23%, Deutschland 2.1%). In Finnland öffnete jeder Allgemein-arzt 167 Artikel pro Jahr, österreichische und Schweizer Hausärzte 8, und deutsche Allgemeinärzte weniger als 1. Der Unterschied zwischen Finnland und den deutschspra-chigen Ländern wird jedoch deutlich geringer, wenn die Zahl der geöffneten Artikel mit der Zahl der Anwender korreliert wird. In allen vier Ländern findet sich ein klarer Login-Gipfel während der Kernarbeitszeiten.

Diskussion und Schlussfolgerungen: In Finnland besteht freier Zugang zu den EbM-Guidelines für jeden im öffent-lichen Gesundheitssystem tätigen Arzt. Die Akzeptanz von Leitlinien ist insgesamt gut, es gibt wenig Ängste hinsicht-

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lich Datensicherheit, und finnische Ärzte sind seit Jahren gewöhnt, online zu arbeiten.In den deutschsprachigen Ländern stehen möglicherweise die individualisierte Ar-beitsweise in den Praxen mit vergleichsweise niedriger Akzeptanz von Standards, geringe Dichte von Internetzu-gänge im Praxiscomputer und auch die Kosten für einen Onlinezugang einer besseren Verbreitung im Wege.

Bitte zitieren als: Rabady S, Kunnamo I, Sönnichsen A. "Evidence-based Medicine Guidelines": Dissemination and usage of an online compendium in four European countries. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom091. DOI: 10.3205/11fom091, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0917 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom091.shtml

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Wie eine allgemeinmedizinische Station im Albertinen-Krankenhaus in Hamburg die Patientenversorgung verbessert und der hausärztlichen Nachwuchsförderung dient Michael Groening

Albertinen-Krankenhaus, Hamburg, Deutschland

Hintergrund: Die stationäre Akutversorgung steht vor einer Herausforderung: die Menschen werden älter, die Zahl der Notfallzuführungen steigt [1], Betten werden reduziert und die Fachabteilungen immer spezialisierter. Generalis-ten gibt es nicht mehr [2]. Damit stellt sich immer häufiger die Frage, wohin mit der wachsenden Anzahl überwie-gend älterer Patienten, die keiner Fachabteilung eindeutig zuzuordnen sind und keiner hochtechnischen, aber den-noch einer stationären Behandlung von 2–3 Tagen be-dürfen? In den Fachabteilungen sind diese Patienten ohne Diagnostik Fehlbelegungen (DRG) und mit Diagnostik überdiagnostiziert [3]. So werden sie oft gar nicht aufge-nommen, zum Ärger der Patienten, Angehörigen und der Einweiser. Vor diesem Dilemma stand auch die allge-meinmedizinisch geleitete interdisziplinäre Notaufnahme des Albertinen-Krankenhaus in Hamburg. Deshalb wurde dort 2010 die allgemeinmedizinisch konzipierte und gelei-tete „interdisziplinäre Notfall und Kurzlieger Aufnahmesta-tion INKA“ gegründet.

Ergebnisse: In der INKA ist die Berücksichtigung des Le-benskontext des Patienten und die frühzeitig im Konsens getroffene Behandlungsplanung die wesentliche Säule des Konzept. Das Abwägen des individuellen Behandlungs-pfades mit allen Beteiligten (Patient, Angehörige, Haus-arzt, ggf. Pflegedienste) ist sehr aufwändig, zeitintensiv und setzt eine Kenntnis der Verhältnisse in der ambulanten hausärztlichen Versorgung voraus. Das kann ein Allge-meinmediziner, der selbst in der Praxis war, am besten. Nach anfänglicher Skepsis der anderen Fachabteilungen hat die INKA inzwischen deren volle Akzeptanz. Die INKA nimmt niemandem Patienten weg, sondern entlastet die Fachabteilungen und steigert die Gesamtfallzahl des Hauses. Das Konzept dient der besseren Patientenversor-gung und ist wirtschaftlich, da die INKA keine Funktions-abteilung hat und mit niedrigem CMI kalkuliert. Unerwar-tet zeigte sich ein positiver Effekt in der Nachwuchsförde-rung: Der Leitende Arzt der INKA/ZNA ist Allgemeinmedi-ziner und verfügt über eine Weiterbildungsermächtigung von 12 Monaten für den speziellen Teil der Weiterbil-

dung. Die Präsens eines Allgemeinarztes in leitender Krankenhausfunktion führte dazu, dass zahlreiche Assis-tenzärzte aus verschiedenen Bereichen der Klinik erstmals eine Weiterbildung zum Allgemeinmediziner erwägen und tatsächlich auch einschlagen. Die ersten haben bereits die Facharztprüfung abgelegt. Es braucht in den Kliniken Allgemeinärzte als Vorbilder, um junge Kollegen zur Wei-terbildung zum Allgemeinarzt zu ermutigen. Die INKA (und die ZNA) ermöglicht den Kollegen, als Allgemeinärz-te in der Klinik tätig zu sein. Viele scheuen nach der Facharztprüfung die frühzeitige Niederlassung und ent-scheiden sich daher gegen den Allgemeinarzt.

Schlussfolgerung/Implikation: Eine Allgemeinmedizinische stationäre Versorgungseinheit verbessert die Patientenver-sorgung, spart Resourcen, erhöht die Fallzahl der Kliniken und dient der allgemeinmedizinischen Nachwuchsförde-rung. Sie erfüllt damit mehrere erklärte Ziele der Gesund-heitspolitik [4], [5].

Literatur 1. Schöpke T. DGINA Mitgliederbefragung 2010: Strukturpara-meter, Prozesse und Kennzahlen Zentraler Notaufnahmen an 43 Krankenhäusern Deutschlands im Jahr 2009. Deutsche Gesell-schaft Interdisziplinäre Notfallaufnahme, Hrsg. Hamburg; 2010. Available from: http://www.dgina.de/pages/die-dgina/intern.php 2. Siegmund-Schultze N. Interview mit Prof. Dr. med. Hendrik Lehnert, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM). Dtsch Arztebl. 2011;108(18):A-1004, B-828, C-828 3. Korzilius H. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin: Hausarzt dringend gesucht. Dtsch Arztebl. 2010;107(40):A-1889, B-1661, C-1633 4. Stumpf S, Raspe H. Lübecker Bürgerkonferenz: Über Priorisie-rung sprechen – insbesondere mit den Betroffenen. Dtsch Arztebl. 2011;108(7):A-316, B-260, C-260 5. Hibbeler B. Ärztliche Versorgung alter Menschen: Reale Probleme und viel Polemik. Dtsch Arztebl. 2011;PP 10(Heft 2):68.

Bitte zitieren als: Groening M. Wie eine allgemeinmedizinische Station im Albertinen-Krankenhaus in Hamburg die Patientenversorgung verbessert und der hausärztlichen Nachwuchsförderung dient. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom092. DOI: 10.3205/11fom092, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0928 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom092.shtml

IVa Multimorbidität und Chronic Care

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Selbstwirksamkeitserwartung, Schmerzintensität und schmerzbedingte Beeinträchtigung bei multimorbiden Patienten mit Arthrose in der Primärversorgung Sven Schulz, Michael Freitag, Anne Kratz, Katja Brenk-Franz, Jochen Gensichen

Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland

Für die MultiCare Study Group. Gefördert von BMBF, Förderkennzeichen: 01 ET 0725.

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Hintergrund: Chronischer Schmerz führt bei älteren Men-schen mit Arthrose zu schmerzbedingter Beeinträchtigung. Die Selbstwirksamkeitserwartung ist eine Persönlichkeits-dimension, die die subjektive Überzeugung zum Ausdruck bringt, schwierige Anforderungen bewältigen zu können. In dieser Untersuchung soll der Mediatoreffekt der Selbst-wirksamkeitserwartung (SWE) auf den Zusammenhang zwischen Schmerzintensität und schmerzbedingter Beein-trächtigung untersucht werden. Unsere Hypothese lautet, dass Patienten mit einer höheren SWE eine niedrigere schmerzbedingte Beeinträchtigung aufweisen als Patienten mit einer niedrigeren SWE.

Material und Methoden: In der multizentrischen prospekti-ven Kohortenstudie MultiCare wurden von Juli 2008 bis Oktober 2009 insgesamt 3.189 Patienten mit mindestens drei chronischen Erkrankungen rekrutiert. Diese werden in regelmäßigen Abständen mit standardisierten Fragebögen interviewt. Für unsere Analyse wurden alle Patienten der Baselinebefragung ausgewählt, die an einer symptomati-schen also schmerzhaften Arthrose (ICD-10 M15-M19) litten. Als Erhebungsinstrumente wurden die Graded Chronic Pain Scale (Schmerzintensität und schmerzbe-dingte Beeinträchtigung) und die Skala zur Allgemeinen Selbstwirksamkeitserwartung eingesetzt. Es erfolgt eine deskriptive Analyse sowie die Bestimmung der Korrelati-onskoeffizienten nach Spearman für die Variablen SWE, Schmerzintensität und schmerzbedingte Beeinträchtigung und weitere mögliche Einflussfaktoren. Zur Prüfung der Hypothesen wird eine Mediatoranalyse mit Hilfe einer multiplen Regression durchgeführt. Alter, Geschlecht, Familienstand und höchster allgemeinbildender Bildungs-abschluss werden als mögliche Störgrößen untersucht.

Ergebnisse: Zum Kongress können die Auswertungen dieser Analyse präsentiert werden. Es ist zu erwarten, dass Patienten mit einer höheren SWE eine niedrigere schmerzbedingte Beeinträchtigung aufweisen als Patienten mit einer niedrigeren SWE. Des Weiteren könnte die SWE als Mediator zwischen der Schmerzintensität und der schmerzbedingten Beeinträchtigung imponieren. Patienten mit einer hohen Schmerzintensität könnten zudem eine niedrigere SWE und eine höhere schmerzbedingte Beein-trächtigung aufweisen.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse dieser Ana-lyse werden zum Verständnis der Implikationen von chro-nischem Schmerz und der Bedeutung der Selbstwirksam-keitserwartung bei multimorbiden Patienten mit Arthrose beitragen.

Bitte zitieren als: Schulz S, Freitag M, Kratz A, Brenk-Franz K, Gensichen J. Selbstwirksamkeitserwartung, Schmerzintensität und schmerzbedingte Beeinträchtigung bei multimorbiden Patienten mit Arthrose in der Primärversorgung. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom093. DOI: 10.3205/11fom093, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0938 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom093.shtml

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Hausarztpraxis-basiertes Case Management für chronisch kranke Patienten (PraCMan) – Entwicklung, Prätest und Design einer cluster-randomisierten kontrollierten Studie Tobias Freund1, Frank Peters-Klimm1, Justine Rochon2, Cornelia Mahler1, Jochen Gensichen3, Antje Erler4, Martin Beyer5, Annika Baldauf1, Ferdinand Gerlach4, Joachim Szecsenyi1 1Universitätsklinikum Heidelberg – Abt. Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland 2Universität Heidelberg – Institut für Medizinische Biometrie und Informatik, Heidelberg, Deutschland 3Friedrich Schiller Universität Jena – Institut für Allgemeinmedizin, Jena, Deutschland 4Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt – Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt a.M., Deutschland 5Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt – Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt a. M., Deutschland

Hintergrund: Angesichts der demografischen Entwicklung stehen wir vor der Herausforderung der Versorgung einer zunehmenden Zahl chronisch kranker Patienten. Insbe-sondere mehrfach chronisch erkrankte Patienten weisen eine erhöhte Zahl potentiell vermeidbarer Krankenhaus-aufenthalte auf. Diese werden von Patienten oft als belas-tend erlebt. Zudem haben vermeidbare Krankenhausauf-enthalte eine erhebliche gesundheitsökonomische Rele-vanz. Case Management – verstanden als intensivierte Einzelfallbetreuung unter Einbeziehung nicht-ärztlicher Mitarbeiter – hat das Potential, vermeidbare Kranken-hausaufenthalte bei chronisch kranken Patienten zu redu-zieren. Basierend auf Erfahrungen aus Vorgängerstudien wurde daher durch die beteiligten allgemeinmedizinischen Abteilungen ein indikationsübergreifendes Hausarztpraxis-basiertes Case Management entwickelt, welches nun im Rahmen einer groß angelegten klinischen Studie evaluiert wird.

Material und Methoden: Im Rahmen einer Pilotstudie wurde gemeinsam mit hausärztlichen Praxisteams aus 10 Praxen in der Region Nordbaden ein komplexes medizini-sches Case Management für Patienten mit Diabetes melli-tus Typ 2, chronisch obstruktiver Bronchitis oder Herzin-suffizienz und hohem Risiko für eine zukünftige Kranken-hauseinweisung entwickelt. Anschließend wurden die entwickelten Case Management-Instrumente (Assessment-bogen, Telefonmonitoringlisten) in einem Prätest in 2 Praxen auf ihre Anwendbarkeit im Praxisalltag hin über-prüft. In 115 Hausarztpraxen in Baden-Württemberg wurden insgesamt mehr als 2.000 Patienten für die Teil-nahme an einer cluster-randomisierten Evaluationsstudie gewonnen. Das primäre Studienziel ist eine Reduktion der Rate an Krankenhauseinweisungen in 12 Monaten. Ver-glichen werden Hausarztpraxis-basiertes Case Manage-ment und Regelversorgung im Rahmen der Hausarzt-zentrierten Versorgung der AOK Baden-Württemberg.

Ergebnisse: Insgesamt bewiesen die geplanten Dokumen-tations- und Interventionselemente im Rahmen des Prä-tests ihre technische Umsetzbarkeit. Als kritisch erwiesen sich einzelne Fragebögen der Studiendokumentation (z.B. Fragebogen zur Selbstwirksamkeit) sowie der zu erwarten-de Zeitaufwand für die Intervention (Assessment ca. 45–60min, Telefonmonitoring ca. 15min). Intervention und Studiendokumentation wurden daraufhin angepasst. Die Studiendokumentation zum Start der Evaluationsstudie ist

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abgeschlossen. Bis zum Kongress werden erste Auswer-tungen zu Morbidität und Versorgungssituation vor Beginn der Intervention vorliegen.

Schlussfolgerung/Implikation: Hausarztpraxis-basiertes Case Management bietet das Potential, im Rahmen von alternativen Versorgungs- und Vergütungskonzepten eine intensivierte und individualisierte Betreuung chronisch kranker Patienten anzubieten. Für den Fall, dass sich die entwickelte Intervention im Rahmen der umfangreichen, kontrollierten Evaluationsstudie als effektiv und machbar erweist, könnte sie künftig eine wichtige Ergänzung beste-hender Chronikerprogramme darstellen.

Bitte zitieren als: Freund T, Peters-Klimm F, Rochon J, Mahler C, Gensichen J, Erler A, Beyer M, Baldauf A, Gerlach F, Szecsenyi J. Hausarztpraxis-basiertes Case Management für chronisch kranke Patienten (PraCMan) – Entwicklung, Prätest und Design einer cluster-randomisierten kontrollierten Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom094. DOI: 10.3205/11fom094, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0946 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom094.shtml

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Diagnosenselektion für einen neuen medikationsbasierten Chronic Disease Score (BMBF-FZ: 01ET1004B) Michael Freitag1, Renate Quinzler2, Martin Beyer3, Anne Dahlhaus3, Angela Döring4, Tobias Freund5, Margit Heier6, Stefanie Holt7, Hildtraud Knopf8, Melanie Luppa9, Jana Prokrein10, Steffi Riedel-Heller9, Ingmar Schäfer11, Christa Scheidt-Nave8, Joachim Szecsenyi5, Petra Thürmann7, Hendrik van den Bussche11, Birgitt Wiese10, Jochen Gensichen1, Walter Haefeli2 1Universitätsklinikum Jena, Institut für Allgemeinmedizin, Jena, Deutschland 2Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Klinische Pharmako-logie und Pharmakoepidemiologie, Heidelberg, Deutschland 3Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinme-dizin, Frankfurt, Deutschland 4Institute of Epidemiology I, Helmholtz Zentrum München, Neu-herberg, Deutschland 5Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin u. Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland 6Institute of Epidemiology II, Helmholtz Zentrum München, Neu-herberg, Deutschland 7Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie, Department für Human-medizin, Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke, Witten/Herdecke, Deutschland 8Robert Koch-Institut, Abteilung Epidemiologie und Gesundheits-berichterstattung, Berlin, Deutschland 9Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health der Universität Leipzig, Leipzig, Deutschland 10Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Biometrie, Hannover, Deutschland 11Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Allgemein-medizin, Hamburg, Deutschland

Hintergrund: Die existierenden Scores zur Erfassung von Multimorbidität weisen eine erhebliche Heterogenität und Intransparenz bezüglich der Einbindung und Gewichtung von Diagnosen auf [1]. Bislang gibt es keine etablierten Kriterien für die Auswahl von chronischen Krankheiten für Multimorbiditätsscores. Mit dem medikationsbasierten Chronic Disease Score (med-CDS) soll ein Instrument zur Erfassung der Multimorbidität von älteren Patienten erstellt werden, um Patientengruppen vergleichen und anhand von Medikationen gesundheitsrelevante Endpunkte (Mor-

talität, Hospitalisationsrate) vorhersagen zu können. Im Rahmen der Entwicklung des med-CDS soll eine rationale und transparente Auswahl von Diagnosen erfolgen, denen dann in einem zweiten Schritt entsprechende Medikatio-nen zugeordnet werden können.

Material und Methoden: In dem verbundübergreifenden Projekt des BMBF-Forschungsverbundes „Gesundheit im Alter“ werden für die Entwicklung des med-CDS zunächst in einem Konsensusverfahren Kriterien für die Auswahl von Diagnosen und Diagnosegruppen erarbeitet und deren Umsetzbarkeit in den zur Verfügung stehenden Kohorten und Sekundärdaten geprüft. Die Diagnosen werden daraufhin mit krankheitsspezifischer Medikation in Beziehung gesetzt (Leitlinien, Arzneimittelinformation). Anhand dieser Zusammenhänge sollen die eingebunde-nen Kohorten bzgl. der vorliegenden Multimorbidität miteinander verglichen werden. Diese Zusammenhänge bilden die Grundlage für die Entwicklung des med-CDS, der hinsichtlich seiner Prädiktivität für relevante Endpunkte validiert wird. Im Gegensatz zu den bislang vorliegenden Scores wird der med-CDS in mehreren Patientenpopulati-onen getestet und validiert.

Ergebnisse: Es wird die Vorgehensweise zur Zusammen-stellung der Diagnosen vorgestellt. Zentrale Einschlusskri-terien für die Auswahl der Diagnosen sind die Chronizität der Erkrankungen, die Prävalenz von >1% im Sekundär-datensatz der Gmünder Ersatzkasse sowie in einer bevöl-kerungsrepräsentativen Querschnittsuntersuchung des RKI (Bundesgesundheitssurvey 1998) und eine Medikation, die der Erkrankung zugeordnet werden kann. Die Liste der Diagnosen sowie Diagnosegruppen werden präsentiert und Unterschiede zu den existierenden Scores aufgezeigt. Insbesondere die Heterogenität der zugrunde liegenden Populationen sowie die Erfassung der Daten stellen dabei eine Herausforderung für die Validierung dar.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Verwendung von pros-pektiv definierten Kriterien für die Diagnosenselektion, die interdisziplinäre Zusammensetzung der Arbeitsgruppe und die unterschiedlichen herangezogenen Kohorten lassen erwarten, dass eine höhere Validität des entstehenden Multimorbidätsscores erreicht werden kann. Dies ermög-licht seine Anwendung für die Risikoprädiktion und den Vergleich von Patientenpopulationen.

Literatur 1. Diederichs C, Berger K, Bartels DB. The Measurement of Multiple Chronic Diseases – A Systematic Review on Existing Multimorbidity Indices. Journal of Gerontology. 2011;66A:301-11.

Bitte zitieren als: Freitag M, Quinzler R, Beyer M, Dahlhaus A, Döring A, Freund T, Heier M, Holt S, Knopf H, Luppa M, Prokrein J, Riedel-Heller S, Schäfer I, Scheidt-Nave C, Szecsenyi J, Thürmann P, van den Bussche H, Wiese B, Gensichen J, Haefeli W. Diagnosenselektion für einen neuen medikationsbasierten Chronic Disease Score (BMBF-FZ: 01ET1004B). In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom095. DOI: 10.3205/11fom095, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0959 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom095.shtml

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Kosten-Nutzenbewertung der ACE-Hemmer-Therapie bei neu diagnostizierten Typ-2-Diabetikern in Deutschland – ein Markov-Modell Charles Christian Adarkwah1, Afschin Gandjour2 1Department of Health Organisation, Policy and Economics, Maastricht University, Maastricht, Niederlande 2Pennington Biomedical Research Center, Louisiana State Univer-sity, Baton Rouge, Vereinigte Staaten

Hintergrund: Der Typ-2-Diabetes mellitus ist eine Volks-krankheit, deren Prävalenz seit Jahren kontinuierlich an-steigt [1]. Daher stellt diese Erkrankung eine große Belas-tung und Herausforderung für das deutsche Gesundheits-system dar. Die diabetische Nephropathie als Folgeer-krankung ist ebenfalls von großer Relevanz, da es sich hierbei um die Hauptursache für das Auftreten einer ter-minalen Niereninsuffizienz in Europa und den USA han-delt [2], [3]. Die Inzidenz der Niereninsuffizienz bei Typ 2 Diabetikern ist in den letzten Jahren ebenfalls kontinuier-lich angestiegen [2], [4]. ACE-Hemmer wirken nephropro-tektiv, da sie die Progression der Nephropathie unabhän-gig von ihrer blutdrucksenkenden Wirkung verlangsamen.

Vor dem Hintergrund, dass die Behandlung eines nieren-ersatztherapiepflichtigen Patienten in Deutschland jährlich circa €40.000 [2], [5] kostet, kommt der Prävention auch aus ökonomischer Sicht eine enorme Bedeutung zu. Unser

Ziel war es ein Kosten-Nutzen-Modell zu erstellen, wel-ches den besten Zeitpunkt für die Einleitung einer ACE-Hemmer-Therapie bei neu diagnostizierten Typ-2-Diabetikern in Deutschland zeigt.

Material und Methoden: Es wurden drei Strategien mitei-nander verglichen:

1. Behandlung aller Patienten ab dem Zeitpunkt der Erstdiagnose eines Typ-2-Diabetes

2. Behandlung erst nach positivem Mikroalbuminurie-Nachweis

3. Behandlung erst nach positivem Makroalbuminurie-Nachweis

Ein Markov-Modell über die Lebenszeit wurde erstellt, in das eine Kohorte 50-jähriger, erstdiagnostizierter Typ-2-Diabetiker eingegangen ist (Abbildung 1). Unter der Zu-hilfenahme verfügbarer Daten zu Kosten und Nutzen (Health Outcomes) wurde die Progression durch die ver-schiedenen Stadien der Niereninsuffizienz simuliert. Hier-bei wurde die Perspektive der Gesetzlichen Krankenversi-cherung (GKV) eingenommen, die annähernd 90% der deutschen Bevölkerung erfasst

Ergebnisse: In der Base-Case-Analyse ist die Strategie alle Patienten direkt zu behandeln mit den niedrigsten Kosten und dem größten Nutzen verbunden und dominiert daher die beiden Alternativen. Die multivariate Sensitivitätsanaly-se zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit der Einsparungen bei ca. 89% liegt.

Schlussfolgerung/Implikation: Bei Patienten mit einem neu diagnostizierten Typ-2-Diabetes mellitus sollte daher unmittelbar nach Diagnosestellung eine ACE-Hemmer-Therapie eingeleitet werden, wenn sie keine Kontraindika-tionen aufweisen. Patienten, die darunter einen trockenen Husten entwickeln, sollten einen Angiotensin-Rezeptor-Antagonisten erhalten. Das Potential für Einsparungen wäre sogar noch größer, wenn die durch die Medikation bedingte Verhinderung kardiovaskulärer Ereignisse Be-rücksichtigung finden würde.

Literatur 1. Mokdad AH, Ford ES, Bowman BA, Dietz WH, Vinicor F, Bales VS, Marks JS. Prevalence of obesity, diabetes, and obesity-related health risk factors, 2001. JAMA. 2003;289:76-9. 2. Frei U, Schober-Halstenberg HJ. Nierenersatztherapie in Deutschland. Bericht über Dialysebehandlung und Nierentrans-plantation in Deutschland 2005/2006. Berlin: Quasi-Niere; 2006. 3. U.S. Rena Data System. USRDS 2001 annual data report: atlas of ESRD in the United States. Bethesda, MD: National Institutes of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases; 2001. 4. Ritz E, Rychlik I, Locatelli F, Halimi S. End-stage renal failure in type 2 diabetes: A medical catastrophe of worldwide dimen-sions. 5. Nebel M. Costs of renal replacement therapies in Germany in 1999. Nieren- und Hochdruckkrankheiten. 2002;3:85-92.

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Bitte zitieren als: Adarkwah CC, Gandjour A. Kosten-Nutzenbewertung der ACE-Hemmer-Therapie bei neu diagnostizierten Typ-2-Diabetikern in Deutschland – ein Markov-Modell. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom096. DOI: 10.3205/11fom096, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0966 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom096.shtml

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Validierung des deutschen Patient Assessment of Chronic Illness Care – Kurzform Katja Götz1, Tobias Freund1, Joachim Szecsenyi1, Jochen Gensichen2, Jost Steinhäuser1 1Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universi-tätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland 2Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland

Hintergrund: Das 20 Items umfassende „Patient Assess-ment of Chronic Illness Care“ (PACIC) Instrument wird weltweit in Studien eingesetzt, um die Zufriedenheit von chronisch kranken Patienten mit ihrer Versorgung zu erheben [1]. Eine validierte, deutschsprachige Version des PACIC liegt seit 2007 vor [2]. 2009 wurde eine Kurzform mit sehr guten psychometrischen Eigenschaften, die aus 11 Items besteht, für den englischsprachigen Raum entwi-ckelt [3]. Ziel der hier vorliegenden Studie war die Über-setzung, kulturelle Adaptation und externe Validierung der PACIC – Kurzform für den deutschsprachigen Raum.

Material und Methoden: Die englischsprachige PACIC Kurzform wurde von zwei unabhängigen Übersetzern auf Deutsch übersetzt. In einem Konsensusmeeting wurde aus diesen beiden Versionen eine, für den deutschsprachigen Raum kulturell adaptierte Version erstellt. Das Instrument besteht aus 11 Items. Die Einstufung der Antworten reicht von 0=0% bis 10=100%. Es wurden insgesamt 11 Pra-xen aus dem Raum Heidelberg und Jena rekrutiert. Pro Praxis wurden 50 Patientenfragebögen mit der Langversi-on sowie der zu validierenden Kurzversion an chronisch kranke Patienten konsekutiv innerhalb von vier Wochen ausgegeben. Neben der internen Konsistenz, gemessen mit Cronbachs’ alpha, wurde mittels der Berechnung der Pearsonschen Korrelation der beiden Summenscores evaluiert, inwiefern sich die Ergebnisse der Langform in der Kurzform abbilden.

Ergebnisse: Bisher sind 171 Fragebögen eingetroffen. Das mittlere Alter der 78 (45,6%) weiblichen und 89 (52%) männlichen Teilnehmer liegt bei 67 Jahren. Die interne Konsistenz der PACIC Kurzform beträgt 0,873. Der Korrelationskoeffizient nach Pearsons liegt für die Summenscores bei 0,784 (p<0,001). Die endgültigen Ergebnisse werden auf dem Kongress präsentiert.

Schlussfolgerung/Implikation: Die deutsche Version der PACIC Kurzform kann als reliables Instrument für die Bewertung von chronisch kranken Patienten mit ihrer Behandlung empfohlen werden. Des Weiteren spiegelt die Korrelation der beiden Summenscores, der PACIC Lang-form und Kurzform, die gute Abbildung der durch die Langform erfassten Aspekte in der Kurzform wider.

Literatur 1. Glasgow RE, Wagner EH, Schaefer J, Mahoney LD, Reid RJ, Greene SM. Development and validation of the Patient Assess-ment of Chronic Illness Care (PACIC). Med Care. 2005;43:436-44. 2. Rosemann T, Laux G, Droesemeyer S, Gensichen J, Szecsenyi J. Evaluation of a culturally adapted German version of the Patient Assessment of Chronic Illness Care (PACIC 5A) question-naire in a sample of osteoarthritis patients. J Eva Clin Pract. 2007;13:806-13. 3. Gugiu PC, Coryn C, Clark R, Kuehn A. Development and evaluation of the short version of the Patient Assessment of Chronic Illness Care instrument. Chronic Illn. 2009;5:268-76.

Bitte zitieren als: Götz K, Freund T, Szecsenyi J, Gensichen J, Steinhäuser J. Validierung des deutschen Patient Assessment of Chronic Illness Care – Kurzform. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom097. DOI: 10.3205/11fom097, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0979 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom097.shtml

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Smooth – Strukturierte Langzeitnachsorge für Patienten nach Sepsis Konrad Schmidt1, Friederike Müller1, Paul Thiel1, Frank Brunkhorst2, Dimitry S. Davydow3, Christoph Engel4, Christoph Heintze5, Jochen Gensichen1 1Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland 2Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie Universitätsklini-kum Jena, Jena, Deutschland 3Department of Psychiatry and Behavioral Sciences University of Washington at Harborview Medical Center, Seattle, Vereinigte Staaten 4Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie, Universität Leipzig, Leipzig, Deutschland 5Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland

Hintergrund: Durch älter werdende Bevölkerung und steigende Invasivität der modernen Hochleistungsmedizin nimmt die Anzahl überlebender Sepsispatienten in Deutschland kontinuierlich zu. Etwa 60.000 Menschen überstehen hierzulande jährlich die schwere Infektion [1] und leiden über Jahre unter Komplikationen wie Neuro-pathien, posttraumatischer

Belastungsstörung, Depressionen oder chronischem Schmerz. Diese Langzeitverläufe sind bislang wenig er-forscht, dazu existieren kaum Einrichtungen, Programme oder Leitlinien für eine effektive Nachbetreuung. Der Großteil dieser oft multimorbiden Patienten wird in Haus-arztpraxen versorgt.

Ziel der Smooth-Studie ist es, die Effekte eines poststatio-nären Nachsorgeprogramms für Sepsispatienten mit dem Schwerpunkt im hausärztlichen Bereich zu untersuchen.

Material und Methoden: Nach einer überlebten Sepsis sollen die Patienten in Zusammenarbeit mit den behan-delnden Hausärzten aktiv und strukturiert über insgesamt ein Jahr begleitet werden. Der Struktur eines Disease Management Programms (DMP) entsprechend gliedert sich die Intervention in drei Bereiche (Abbildung1):

Entlassungsmanagement mit strukturiertem Informati-onsfluß angelehnt an das transitional-care-Konzept nach Coleman [2]

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Schulung von Hausärzten und Patienten zu sepsisbe-zogenen Krankheitsbildern mit leitliniengerechten Therapieoptionen und

regelmäßiges Monitoring der Patienten durch speziell entwickelte Telefoninterviews zu den Hauptkomplika-tionen der Sepsis.

Abbildung 1: Ablaufplan SMOOTH

Zentraler Akteur der Intervention ist als Patientenbegleiter der so genannte Case Manager. Als Ansprechpartner für den Hausarzt steht darüber hinaus als innovatives Element eines Versorgungssystems ein Liaisonarzt zur Verfügung. Dieser führt die Arztschulungen durch und bewertet die Ergebnisse des Monitorings (Abbildung 2).

Abbildung 2: Akteure/Intervention

Ergebnisse:

Zielgrößen: Als primäre Zielvariable wird nach 6 Monaten die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Patienten mit dem Fragenbogen SF 36 erhoben. Sekundäre Zielvariab-len sind unter anderem die Erfassung von physischer Aktivität, Schmerzniveau, Depressionssymptomen, kogniti-ven Defiziten, neuropathischen Symptomen, Ernährungs-zustand, Zeichen einer posttraumatischen Belastungsstö-rung und stationären Aufenthalten. Die Erhebung erfolgt mit etablierten Messinstrumenten jeweils 6, 12 und 24 Monate nach Entlassung von der Intensivstation.

Studienpopulation: Überlebende Patienten nach einer schweren Sepsis oder einem septischen Schock (ICD-10: A41)

Studiendesign: zwei-armige Interventionsstudie, prospek-tiv, offen, multizentrisch, randomisiert.

Studienbeginn: Februar 2011

Projektlaufzeit: bis Juli 2015

Die SMOOTH Studie ist Teil des integrierten Forschungs- und Behandlungszentrums für Sepsis und Sepsisfolgen (IFB/CSCC: Center for Sepsis Control and Care) am Universitätsklinikum Jena und wird vom Bundesministeri-um für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert (Förder-kennzeichen 01 E0 1002).

Die Ergebnisse einer ersten Zwischenauswertung können auf dem Kongress im September 2011 in die Präsentation einfließen.

Literatur 1. Engel C, Brunkhorst FM, Bone HG, Brunkhorst R, Gerlach H, Grond S, et al. Epidemiology of sepsis in Germany: results from a national prospective multicenter study. Intensive Care Med. 2007;33(4):606-18. 2. Coleman EA, Berenson RA. Lost in transition: challenges and opportunities for improving the quality of transitional care. Ann Intern Med. 2004;141(7):533-6.

Bitte zitieren als: Schmidt K, Müller F, Thiel P, Brunkhorst F, Davydow DS, Engel C, Heintze C, Gensichen J. Smooth – Strukturierte Langzeitnachsorge für Patienten nach Sepsis. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom098. DOI: 10.3205/11fom098, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0982 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom098.shtml

IVb Systematische Übersichtsarbeiten symptomevaluierender Studien

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Methodik systematischer Übersichtsarbeiten symptomevaluierender Studien in der Primärversorgung Jörg Haasenritter, Norbert Donner-Banzhoff, Katharina Dornieden, Rebekka Stadje, Tobias Biroga, Christian Keunecke, Stefan Bösner, Annette Becker, Annika Viniol

Abteilung für Allgemeinmedizin, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland

Hintergrund: Symptomevaluierende Studien beantworten folgende Fragestellungen: Wie häufig tritt ein Symptom als Beratungsanlass auf? Wie ist die Prognose der be-troffenen Patienten? Was sind die relevanten Differential-diagnosen? Diese Kenngrößen sind unter anderem für die diagnostische Entscheidungsfindung von großer Bedeu-tung. Zudem spiegelt diese symptomorientierte Sichtweise die hausärztliche Denkweise wider. Wie auch bei anderen Studientypen und Forschungsfragen haben systematische Übersichtsarbeiten den höchsten Evidenzgrad. Während sich die grundlegende methodische Vorgehensweise systematischer Literaturübersichten symptomevaluierender Studien nicht von der zu anderen Studientypen unter-scheidet, gibt es Besonderheiten im Detail.

Material und Methoden: Am Beispiel von systematischen Übersichtsarbeiten zu vier Symptomen (Brustschmerz,

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Bauchschmerz, Kopfschmerz und Müdigkeit) wurden methodische Besonderheiten herausgearbeitet und darge-stellt.

Ergebnisse: Besonderheiten ergaben sich vor allem bei der Wahl einer geeigneten Suchstrategie (Syntax in Em-base und Medline) und hinsichtlich der Kriterien zur Beur-teilung der methodischen Qualität der Primärstudien. Diese werden im Detail vorgestellt.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Erfahrungen aus die-sem Projekt können genutzt werden um einen Publikati-onsstandard für symptomevaluierende Studien und eine Leitlinie zur methodischen Vorgehensweise von systemati-schen Übersichtsarbeiten symptomevaluierender Studien zu erarbeiten.

Bitte zitieren als: Haasenritter J, Donner-Banzhoff N, Dornieden K, Stadje R, Biroga T, Keunecke C, Bösner S, Becker A, Viniol A. Methodik systematischer Übersichtsarbeiten symptomevaluierender Studien in der Primärversorgung. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom099. DOI: 10.3205/11fom099, URN: urn:nbn:de:0183-11fom0995 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom099.shtml

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Prävalenz und Ätiologie des Symptoms „Thoraxschmerz“ in der hausärztlichen Praxis – eine systematische Literaturübersicht symptomevaluierender Studien Tobias Biroga, Christian Keunecke, Katharina Dornieden, Rebekka Stadje, Norbert Donner-Banzhoff, Annette Becker, Annika Viniol, Jörg Haasenritter, Stefan Bösner

Abteilung für Allgemeinmedizin, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland

Hintergrund: In der Allgemeinmedizin steht die symptom-orientierte Arbeitsweise im Vordergrund. Hierzu ist es wichtig, Prävalenz und Ätiologien einzelner Symptome zu kennen. Wir präsentieren eine systematische Übersicht zu Häufigkeit und Ätiologie des Symptoms „Brustschmerz“ als Beratungsanlass in der Hausarztpraxis.

Material und Methoden: Systematische Literaturübersicht. Suchstrategie: Suche in zwei elektronische Datenbanken (Pubmed, Embase), Handsuche in den Kongressregistern des European General Practice Research Network und der North American Primary Care Research Group und im Literaturverzeichnis. Berücksichtigt werden Studien, die Angaben zur Häufigkeit des Thoraxschmerzes als Bera-tungsanlass und zu den zugrundeliegenden Ursachen bei nicht-selektierten Patienten in der Primärversorgung ma-chen. Zwei Beurteiler bewerten unabhängig voneinander Einschlägigkeit unnd Studienqualität. Extrahiert werden Daten zu Merkmalen der Studienpopulation, zur Studien-qualität, Studienmethodik und zur Prävalenz und Ätiologie des Bauchschmerzes.

Ergebnisse: Die Suche in Pubmed erbrachte einschlägige 26 Publikationen, die die Ergebnisse von 11 Studien berichten. Die Häufigkeit des Symptoms „Thoraxschmerz“ lag zwischen 0,7 und 2,7%. Als Ursache dominieren prognostisch günstige Erkrankungen wie das Brustwand-syndrom. Der Anteil des kardial bedingten Brustschmerzes lag je nach Studie zwischen 8,5% und 16.

Schlussfolgerung/Implikation: Die vorläufigen Ergebnisse zeigen bereits eine hohe Heterogenität zwischen den einzelnen Studien, die eine quantitative Zusammenfas-sung erschweren. Weitere Ergebnisse werden auf dem Kongress berichtet.

Anmerkung: Dieser Beitrag steht in Zusammenhang mit den Beiträgen zu Kopfschmerz, Bauchschmerz, Brust-schmerz, Müdigkeit und Methodik. Er ist geeignet für eine Session zum Thema „Methodik und Beispiele symptom-evaluierende Übersichtsarbeiten für die Allgemeinmedi-zin“.

Bitte zitieren als: Biroga T, Keunecke C, Dornieden K, Stadje R, Donner-Banzhoff N, Becker A, Viniol A, Haasenritter J, Bösner S. Prävalenz und Ätiologie des Symptoms „Thoraxschmerz“ in der hausärztlichen Praxis – eine systematische Literaturübersicht symptomevaluierender Studien. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom100. DOI: 10.3205/11fom100, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1007 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom100.shtml

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Bauchschmerz als Symptom in der Primärversorgung: eine systematische Übersichtsarbeit Christian Keunecke, Tobias Biroga, Rebekka Stadje, Katharina Dornieden, Annette Becker, Norbert Donner-Banzhoff, Stefan Bösner, Jörg Haasenritter, Annika Viniol

Abteilung für Allgemeinmedizin, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland

Hintergrund: Symptomevaluierende Studien untersuchen die Prävalenz, Ätiologien und die Prognose von Sympto-men in definierten Versorgungs-Settings. Wir präsentieren eine systematische Übersicht solcher Studien zum Bera-tungsanlass „Bauchschmerz“ in der Primärversorgung.

Material und Methoden: Systematische Literaturübersicht. Nach Entwicklung einer speziellen Suchsyntax wurden die elektronischen Datenbanken PubMed und Embase syste-matisch nach geeigneter Literatur durchsucht. Weiterhin erfolgte eine Handsuche in Kongressbänden (European General Practice Research Network, North American Primary Care Research Group) sowie eine Suche in den Literaturverzeichnissen einschlägiger Studien. Ziel war die Identifizierung von Studien bei denen konsekutiv alle Patienten mit Bauchschmerzen als Beratungsanlass in Hausarztpraxen unselektiert eingeschlossen wurden. Die Auswahl der Artikel erfolgte anhand definierter Filterkrite-rien durch zwei unabhängige Beurteiler. Extrahiert werden Daten zu Merkmalen der Studienpopulation, zur Studien-methodik, zur Prävalenz und Ätiologie des Bauchschmer-zes.

Ergebnisse: Die PubMed-Suche ergab 716 Publikationen. Davon wurden 57 Abstracts als potentiell relevant einge-stuft. Nach Beurteilung dieser 57 Studien im Volltext wur-den 17 Publikationen als einschlägig relevant bewertet. Die Embase-Suche ergab 1815 Publikationen. Die end-gültigen Ergebnis-Kenngrößen werden noch ausgewertet.

Schlussfolgerung/Implikation: Symptomevaluierende Studien stellen einen Kernbereich allgemeinärztlichen Handelns dar; systematische Übersichten dazu sind bisher

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nicht publiziert worden. Die Ergebnisse der Arbeit werden auf dem Kongress präsentiert werden.

Bitte zitieren als: Keunecke C, Biroga T, Stadje R, Dornieden K, Becker A, Donner-Banzhoff N, Bösner S, Haasenritter J, Viniol A. Bauchschmerz als Symptom in der Primärversorgung: eine systematische Übersichtsarbeit. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom101. DOI: 10.3205/11fom101, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1018 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom101.shtml

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Müdigkeit als Symptom in der Primärversorgung: eine systematische Übersichtsarbeit Rebekka Stadje, Katharina Dornieden, Tobias Biroga, Christian Keunecke, Annika Viniol, Stefan Bösner, Jörg Haasenritter, Annette Becker, Norbert Donner-Banzhoff

Abteilung für Allgemeinmedizin, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland

Hintergrund: Symptomevaluierende Studien untersuchen die Prävalenz, Ätiologien und die Prognose von Sympto-men in definierten Versorgungs-Settings. Wir präsentieren eine systematische Übersicht solcher Studien zum Bera-tungsanlass „Müdigkeit“ in der Primärversorgung.

Material und Methoden: Nach Festlegung einer detaillier-ten Suchsyntax werden in den Datenbanken Medline und Embase die einschlägigen Publikationen anhand von präzisen Einschlusskriterien herausgefiltert. Zwei unab-hängige Beurteiler prüfen die Arbeiten auf Einschlägigkeit, extrahieren methodische und Ergebnisdaten und stellen diese in einer Datenbank zusammen.

Ergebnisse: Aus der Medline-Recherche werden ca. 100 Studien in die Übersicht aufgenommen. Aus ihnen ergibt sich, dass Müdigkeit eine weit verbreitete Gesundheitsbe-schwerde darstellt. Besonders hohe Prävalenzen zeigen sich bei systematischer Befragung und bei Mitberücksich-tigung des Symptoms als sekundärem Beratungsanlass. Studien, die nur Patienten mit Müdigkeit als Hauptkonsul-tationsgrund berücksichtigen, gelangen zu niedrigeren Häufigkeitsangaben. Müdigkeit ist oft mit psychischen Erkrankungen, besonders Depression und Angststörun-gen, assoziiert; gravierende somatische Ursachen treten selten auf. Der methodische Standard der eingeschlosse-nen Studien ist niedrig. Zu allen genannten Ergebnissen werden genaue quantitative Angaben im Vortrag vorge-stellt.

Schlussfolgerung/Implikation: Diese Übersichtsarbeit steht im Zusammenhang mit der Überarbeitung der DEGAM-Leitlinie „Müdigkeit“; die Arbeit unterstützt die Empfehlun-gen der Leitlinie in wesentlichen Punkten. Symptomevalu-ierende Studien stellen einen Kernbereich allgemeinärztli-chen Handelns dar; systematische Übersichten dazu sind bisher nicht publiziert worden.

Bitte zitieren als: Stadje R, Dornieden K, Biroga T, Keunecke C, Viniol A, Bösner S, Haasenritter J, Becker A, Donner-Banzhoff N. Müdigkeit als Symptom in der Primärversorgung: eine systematische Übersichtsarbeit. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom102. DOI: 10.3205/11fom102, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1028 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom102.shtml

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Kopfschmerzen in der Primärversorgung – häufig harmlos, aber wann gefährlich? Eine systematische Übersichtsarbeit Katharina Dornieden, Rebekka Stadje, Christian Keunecke, Tobias Biroga, Stefan Bösner, Jörg Haasenritter, Annika Viniol, Norbert Donner-Banzhoff, Annette Becker

Abteilung für Allgemeinmedizin, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland

Hintergrund: Patienten mit Kopfschmerzen gehören zum täglich Brot der hausärztlichen Versorgung. Trotzdem gibt es bislang keine Zusammenfassung zur Prävalenz, Ätiolo-gie und der Prognose von Patienten im hausärztlichen Setting. Ziel der vorliegenden Arbeit ist eine systematische Übersicht symptomevaluierender Studien zum Thema Kopfschmerz als Beratungsanlass in der Hausarztpraxis.

Material und Methoden: Nach festgelegter Suchsyntax werden in den Datenbanken Medline und Embase alle relevanten Publikationen anhand von vorher definierten Ein- und Ausschlusskriterien herausgefiltert. Zwei unab-hängige Beurteiler prüfen die Arbeiten auf Einschlägigkeit, führen eine qualitative Bewertung der Studien durch und sichten die Ergebnisse hinsichtlich der oben genannten Fragestellungen.

Ergebnisse: Es konnten 1.368 Abstracts in Medline und 3.689 Abstracts in Embase zum Thema identifiziert wer-den.67 Studien der Medlinesuche wurden bislang als einschlägig beurteilt, da sie Kopfschmerzen als Haupt- oder Nebenberatungsanlass zum Thema hatten, die Da-ten in der Primärversorgung erhoben wurden und keine offenkundige Vorab-Selektion der Patienten stattfand. Mit Ausnahme von qualitativen Arbeiten wurden alle Studien-typen einbezogen und hinsichtlich der Prävalenzdaten, der Ätiologie des Kopfschmerzes und der Prognose bezgoen auf patientenrelevante Zielkriterien untersucht.

Schlussfolgerung/Implikation: Symptomevaluierende Studien stellen einen Kernbereich allgemeinärztlichen Handelns dar; systematische Übersichten dazu sind bisher nicht publiziert worden. Die Ergebnisse der Arbeit werden auf dem Kongress präsentiert werden.

Bitte zitieren als: Dornieden K, Stadje R, Keunecke C, Biroga T, Bösner S, Haasenritter J, Viniol A, Donner-Banzhoff N, Becker A. Kopfschmerzen in der Primärversorgung – häufig harmlos, aber wann gefährlich? Eine systematische Übersichtsarbeit. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom103. DOI: 10.3205/11fom103, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1038 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom103.shtml

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IVc Geriatrie und Versorgung Pflegebedürftiger

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Möglichkeiten körperlicher Aktivität von Pflegeheimbewohnern aus der Bewohnerperspektive Wolfram J Herrmann1,2, Sonja Kalinowski1, Dagmar Dräger1, Uwe Flick3 1Charité-Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland 2Friedrich-Schiller-Universität Jena, Jena, Deutschland 3Alice Salomon Hochschule Berlin, Berlin, Deutschland

Hintergrund: Körperliche Aktivität nimmt eine Schlüssel-stellung in der Gesundheitsförderung und Prävention älterer Menschen ein. Bei Pflegeheimbewohnern ist die körperliche Aktivität aufgrund von Multimorbidität und funktionellen Beeinträchtigungen besonders einge-schränkt. Daher sollten Hausärzte Pflegeheimbewohner zu körperlicher Aktivität motivieren. Für eine erfolgreiche Motivation zu körperlicher Aktivität ist jedoch die Sichtwei-se der Betroffenen entscheidend. Ziel dieser Studie ist es daher die Möglichkeiten körperlicher Aktivität aus Sicht der Pflegeheimbewohner zu erforschen.

Material und Methoden: Wir führten eine Sekundäranaly-se einer qualitativen und einer quantitativen Studie mit Pflegeheimbewohnern durch und triangulierten die Ergeb-nisse. In der qualitativen Studie wurden 30 Pflegeheimbe-wohner mit episodischen Interviews zu Schlaf und Schlaf-störungen befragt. Ein wichtiges Thema in den Interviews war körperliche Aktivität. Alle Aussagen zur körperlichen Aktivität haben wir sekundäranalytisch ausgewertet. In der quantitativen Studie wurden 217 Pflegeheimbewohner zur körperlichern Aktivität befragt und ihre körperliche Funkti-onalität u.a. anhand des Timed „Up & Go“-Testes erfasst. Die Selbstwirksamkeitserwartung wurde anhand einer Kurzform der Self-Efficacy Scale von Schwarzer gemessen. Für die Auswertung wurden die Ergebnisse der beiden Studien einander gegenübergestellt und Schritt für Schritt aufeinander bezogen analysiert.

Ergebnisse: Von den 217 in der quantitativen Studie befragten Pflegeheimbewohnern waren 135 gehfähig und 75 sitzfähig. Die Pflegeheimbewohner zeigten ein großes Interesse daran körperlich aktiv zu sein. Signifikant mehr gehfähige als sitzfähige Bewohner taten selbständig etwas zum Erhalt ihrer Bewegungsfähigkeit (p=0,027) und äußerten auch mehr Wünsche im Hinblick auf ihre per-sönliche Bewegungsförderung (p=0,014) als die sitzfähi-gen Bewohner. In der qualitativen Studie zeigte sich, dass Pflegeheimbewohner meist über keine Strategien verfügen wie sie selbst körperlich aktiv sein können. Insbesondere in ihrer Gehfähigkeit eingeschränkte Bewohner sahen für sich selbst kaum andere Möglichkeiten körperlich aktiv zu sein. Dies führte zu der Frage, ob Pflegeheimbewohner insgesamt eine eingeschränkte Selbstwirksamkeit haben. Im Vergleich der Selbstwirksamkeitserwartung mit einer Normpopulation zeigten die Pflegeheimbewohner jedoch keine verringerte Selbstwirksamkeit (3,03 vs. 2,96).

Schlussfolgerung/Implikation: Der Mangel an Strategien der Pflegeheimbewohner bei gleichzeitig normaler Selbst-wirksamkeitserwartung weist auf einen Mangel an Wissen

über Möglichkeiten körperlicher Aktivität von Pflegeheim-bewohnern hin, insbesondere bei Bewohnern, die nicht mehr laufen können. Daher sollten Hausärzte die von ihnen betreuten Pflegeheimbewohner motivieren körper-lich aktiv zu sein und ihnen dazu konkrete Möglichkeiten körperlicher Aktivität aufzeigen.

Bitte zitieren als: Herrmann WJ, Kalinowski S, Dräger D, Flick U. Möglichkeiten körperlicher Aktivität von Pflegeheimbewohnern aus der Bewohnerperspektive. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom104. DOI: 10.3205/11fom104, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1042 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom104.shtml

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Bewältigungsstrategien bei Multimorbidität – eine qualitative Analyse über den Umgang älterer Patienten mit multiplen chronischen Erkrankungen Christin Löffler1, Hanna Kaduszkiewicz2, Friederike Stolper1, Carl-Otto Stolzenbach2, Waldemar Streich3, Angela Fuchs3, Hendrik van den Bussche2, Attila Altiner1 1Institut für Allgemeinmedizin, Universität Rostock, Rostock, Deutschland 2Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland 3Abteilung für Allgemeinmedizin, Heinrich Heine Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland

Hintergrund: Die demografische Entwicklung unserer Gesellschaft führt bereits heute dazu, dass neben dem Anteil alter und sehr alter Menschen, auch die Zahl derer, die unter chronischen Erkrankungen und Multimorbidität leiden, stetig steigt. Die bisherige Forschung setzt sich jedoch vorrangig mit solitären chronischen Erkrankungen auseinander. Nur wenige Studien beschäftigen sich mit Multimorbidität. Dabei stellt Multimorbidität nicht nur für Hausärzte, sondern auch für Patienten eine besondere Herausforderung dar. Vor diesem Hintergrund stellen wir die Frage, welchen Einfluss Multimorbidität auf das Leben von älteren Patienten hat, wie sie mit den Konsequenzen von Multimorbidität umgehen und welche Bewältigungs-strategien sie verfolgen. Material und Methoden: 2008/9 wurden mit neun Haus-ärzten in Hamburg und Düsseldorf sowie jeweils zwei ihrer multimorbiden Patienten narrative Interviews geführt. Dabei hatten die Interviewpartner Gelegenheit, alle be-deutsamen Aspekte ihrer Gesundheit und Erkrankungen zu thematisieren. Von den 19 Patienten waren 13 weiblich und 6 männlich. Das durchschnittliche Alter betrug 75 Jahre. Typische Erkrankungen der Patienten waren Herzin-suffizienz, Diabetes mellitus Typ 2, COPD, Arthrose und Depression. Die interviewten Patienten waren zu diesem Zeitpunkt zwischen 5 und 20 Jahre bei ihrem Hausarzt in Behandlung. Die Interviews wurden ton-aufgezeichnet, vollständig transkribiert und auf Grundlage der Grounded Theory kodiert und analysiert. Ergebnisse: Die Ergebnisse der qualitativen Analyse zei-gen, dass sich der Umgang mit Multimorbidität bei den befragten Patienten auf drei Ebenen abspielt. Auf der sozialen Ebene versuchen die Betroffenen ein sinnstiften-des Leben zu führen und aufrecht zu erhalten. Dies äußert sich v.a. in einem „can-do approach to life“: Patienten

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versuchen ihre Autonomie und damit verbunden ihre soziale Rolle zu bewahren. Dabei nehmen sie sich selbst nicht zwangsläufig als multimorbid wahr. Auf der emotio-nalen Ebene erleben die Befragten ein Wechselspiel aus Angst, Verzweiflung und Trauer, aber auch aus Kraft und Euphorie. Die Lebensqualität der Betroffenen wird dabei stark von der emotionalen Verarbeitung der Erkrankungen beeinflusst. Auf einer praktischen Ebene des Umgangs mit ihren Erkrankungen zeigt sich, dass sich viele Patienten sehr aktiv mit ihrer Behandlung und ihrer Medikation auseinandersetzen, dabei aber teilweise auch vergeblich versuchen, ihre Erkrankungen „unter Kontrolle zu halten“. Insgesamt zeigen die interviewten Patienten eine sehr viel weniger paternalistische Erwartungshaltung an ihre Haus-ärzte, als man es von dieser Altersgruppe erwarten würde. Schlussfolgerung/Implikation: Der Wunsch multimorbider Patienten nach Autonomie kann durch den Hausarzt möglicherweise stärker als bisher positiv unterstützt wer-den. Allerdings brauchen diese Patienten dazu Raum, ihre vielfältigen Emotionen zu äußern und der Hausarzt ein Konzept, die sehr unterschiedlichen Ressourcen der Pati-enten zu identifizieren. Bitte zitieren als: Löffler C, Kaduszkiewicz H, Stolper F, Stolzenbach CO, Streich W, Fuchs A, van den Bussche H, Altiner A. Bewältigungsstrategien bei Multimorbidität – eine qualitative Analyse über den Umgang älterer Patienten mit multiplen chronischen Erkrankungen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom105. DOI: 10.3205/11fom105, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1058 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom105.shtml

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Psychopharmaka-Polymedikation bei Patienten mit Demenz in Pflegeheimen – Sekundärdatenanalyse in Deutschland, Österreich und den Niederlanden Stefan Wilm, Gertrud Bureick, Christiane B. Pierl, Horst C. Vollmar, Susanne Löscher

Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland

Hintergrund: Die Zahl der Menschen, die an Demenz erkrankt sind, wird vor dem Hintergrund der demografi-schen Entwicklung von derzeit 900.000 Betroffenen in Deutschland weiter steigen. Bisher gibt es keine effektiven medikamentösen oder nicht-medikamentösen Behand-lungskonzepte im Sinne einer Heilung oder Besserung. Aus diesem Grund kommt Konzepten der Versorgung mit dem Ziel einer Verbesserung des Wohlbefindens, der Lebensqualität und Gewährleistung der Würde der De-menzkranken ein besonders hoher Stellenwert zu. Heraus-fordernde Verhaltensweisen von Pflegeheimbewohnern (z.B. Herumwandern, Schreien, Aggressivität) werden von den betreuenden Ärzten häufig mit Psychopharmaka, insbesondere Neuroleptika behandelt. Sie sind wirksam, allerdings sind die Effekte begrenzt, und die Einnahme von Neuroleptika ist mit einer erhöhten Sterblichkeit de-menter Bewohner assoziiert. Darüber hinaus kommen sedierende Antidepressiva sowie Tranquilizer zum Einsatz. Über die Verordnungsmuster von Psychopharmaka bei Demenzkranken in der stationären Altenpflege liegen bislang kaum Untersuchungen vor.

Material und Methoden: Sekundärdatenanalyse von Querschnittserhebungen in der stationären Altenpflege in Deutschland, Österreich und den Niederlanden bei rund 2.800 Bewohnern mit Demenz. Durchschnittsalter der erfassten Bewohner um 85 Jahre, 3/4–4/5 davon weib-lich.

Ergebnisse: 55–77% der Pflegeheimbewohner mit De-menz bekommen Psychopharmaka; 37–60% der Bewoh-ner werden Neuroleptika verabreicht. 6–18% der De-menzkranken erhalten drei oder mehr verschiedene Psychopharmaka, z.T. mehrere Neuroleptika nebeneinan-der. Die höchsten Verordnungszahlen finden sich sowohl in einzelnen deutschen als auch österreichischen Heimen. Bei den Antidepressiva ist Citalopram das am meisten eingesetzte, bei den Tranquilizern Lorazepam. In deut-schen Pflegeheimen werden bei den Neuroleptika (in absteigender Häufigkeit) Melperon, Risperidon und Pi-pamperon bevorzugt, während es in Österreich Prothi-pendyl, Risperidon und Haloperidol sind.

Schlussfolgerung/Implikation: Trotz zunehmenden Wis-sens um begrenzten Nutzen und ausgeprägte Neben- und Wechselwirkungen von Psychopharmaka bei alten Men-schen werden Bewohner mit Demenz in Pflegeheimen in den untersuchten Ländern in großem Umfang mit Neuro-leptika, aber auch mit Antidepressiva und Tranquilizern behandelt. Dies dürfte Ausdruck fehlender anderer Strate-gien zum Umgang mit herausforderndem Verhalten oder mangelnder Bereitschaft zum Einsatz solcher Strategien sein. Effektive Ansätze zur Reduktion der Psychopharma-ka-Polymedikation bei Patienten mit Demenz sind in deren Interesse dringend geboten.

Bitte zitieren als: Wilm S, Bureick G, Pierl CB, Vollmar HC, Löscher S. Psychopharmaka-Polymedikation bei Patienten mit Demenz in Pflegeheimen – Sekundärdatenanalyse in Deutschland, Österreich und den Niederlanden. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom106. DOI: 10.3205/11fom106, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1068 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom106.shtml

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Hausärztliche Versorgung am Lebensende (HAVEL) – die Rolle der Hausärzte in der palliativen Basisversorgung Andrea Lüthke, Jean-François Chenot, Ildiko Gagyor

Abteilung Allgemeinmedizin Universitätsmedizin Göttingen, Göt-tingen, Deutschland

Hintergrund: Die Betreuung von Patienten am Lebensende gehört zu den hausärztlichen Kernaufgaben. Die zuneh-mende Verfügbarkeit spezialisierter Versorgungsstrukturen erfordert eine bessere Kenntnis der hausärztlichen Betreu-ung von Patienten am Lebensende, um eine effektive Zusammenarbeit beider Versorgungsebenen zu erreichen. Ziel der Studie ist es, die Versorgungssituation von Patien-ten in der letzten Lebensphase aus Sicht der Hausärzte zu untersuchen.

Material und Methoden: In einer retrospektiven Studie wurden aus 30 Hausarztpraxen Daten von Patienten, die in den letzten 12 Monaten verstorben sind, mit einem selbstentwickelten Fragebogen erhoben. Neben Soziode-mographie (z.B. Alter, Geschlecht), wurden Daten zur

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Versorgungssituation (z.B. ärztliche und pflegerische Be-treuung), zur Morbidität (z.B. Erkrankungen, Karnofsky-Index) und zur Sterbesituation des Patienten (Sterbeort, Leitsymptome, therapeutische Maßnahmen) erhoben.

Ergebnisse: Das mittlere Sterbealter der 453 Verstorbenen (55% Frauen) lag bei 81 Jahren (IQR 71-88). Eine Patien-tenverfügung lag bei 27%, eine andere Form der Willens-äußerung bei 48% vor. Von den im Mittel seit 8 Jahren (IQR 3-14) hausärztlich betreuten Patienten wurden 49% von Angehörigen, 29% von ambulanten Pflegedienst und 32% im Pflegeheim gepflegt; 13% hatten keine Pflege. Der Karnofsky-Index der Patienten nahm in den letzten 3 Lebensmonaten von durchschnittlich 40% auf 20% bis 10% ab. Parallel dazu nahm die durchschnittliche Konsul-tationsrate von 1x/Monat (43%) auf mindestens 1x/Woche (55%) zu. Das Spektrum der Erkrankungen bildeten überwiegend chronische Erkrankungen wie Herz-insuffizienz (41%), Demenz (30%), Hirngefäß- (29%), Lungen- (25%) und Nierenerkrankungen (23%). Tumorer-krankungen lagen bei 36% der Verstorbenen vor. Zu den häufigsten Symptomen in den letzten 48h vor dem Tod gehörten Luftnot (24%) und Schmerzen (18%). Zur Symp-tomkontrolle wurden vor allem Opiate (51%) und Anxioly-tika (35%) eingesetzt. Der Opiateinsatz erhöhte sich in den letzten Monaten um 18%. 40% der Patienten verstar-ben zu in der Klinik, sodass keine Angabe zu den Symp-tomen in den letzten 48h möglich war. 50% verstarben zu Hause oder in einer Pflegeeinrichtung und 5% im Hospiz. Bei 10% der Patienten erfolgte eine spezialisierte ärztliche palliativmedizinische Mitbetreuung.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Studie zeigt in den Leistungen der Basisversorgung deutliche Unterschiede im Vergleich zur spezialisierten Palliativversorgung. Im haus-ärztlichen Setting sind sowohl Krankheitsspektrum (chroni-sche, nicht-onkologische Erkrankungen) als auch Versor-gungsformen unterschiedlich. Die Zunahme der Betreu-ungsintensität in den letzten Lebenswochen zeigt, dass Hausärzte in der Betreuung von Sterbenden aktiv involviert sind, auch wenn 40% der Patienten in der Klinik verster-ben. Inhalte und Formen dieser Versorgungsebene sollten daher weiter erforscht werden, um potentiellen Förderbe-darf zu erkennen und Weiter- und Fortbildung dem Ver-sorgungsbedarf anzupassen.

Bitte zitieren als: Lüthke A, Chenot JF, Gagyor I. Hausärztliche Versorgung am Lebensende (HAVEL) – die Rolle der Hausärzte in der palliativen Basisversorgung. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom107. DOI: 10.3205/11fom107, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1073 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom107.shtml

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Evidenz basierte Empfehlungen für das Ernährungsmanagement in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen Maria Magdalena Schreier

Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg, Österreich

Qualität in der Gesundheitsversorgung und Qualitätsent-wicklung in der Pflege darf nicht nur auf Patientensicher-heit ausgerichtet sein, sondern muss weit darüber hinaus-gehen und alle Themen in der Gesundheitsversorgung

einschließen – also auch die Ernährungssituation kranker und pflegebedürftiger Menschen.

Mangelernährung bei kranken und pflegebedürftigen Menschen ist ein ernstzunehmendes Problem. Mit den demographischen Veränderungen und einer älter wer-denden Bevölkerung steigt auch der Anteil der für Man-gelernährung gefährdeten bzw. der bereits mangelernähr-ten Menschen in Einrichtungen der Gesundheitsversor-gung und Pflege. Die Notwendigkeit für Evidenz basierte Empfehlungen zur Sicherstellung der Ernährungsversor-gung kranker und pflegebedürftiger Menschen ist gege-ben.

In diesem Beitrag werden Entwicklung und Inhalte von zwei sich ergänzenden Instrumenten zur Sicherstellung der Qualität in Pflege und Gesundheitsversorgung vorgestellt. Es handelt sich um den monodisziplinären „Expertenstan-dard Ernährungsmanagement zur Sicherstellung und Förderung der oralen Ernährung in der Pflege“ und um das multiprofessionelle „Qualitätsniveau II: Orale Nah-rungs- und Flüssigkeitsversorgung von Menschen in Ein-richtungen der Pflege und Betreuung“. Beide Instrumente sind dem Wesen von Guidelines bzw. Leitlinien zuzuord-nen.

Bitte zitieren als: Schreier MM. Evidenz basierte Empfehlungen für das Ernährungsmanagement in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom108. DOI: 10.3205/11fom108, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1088 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom108.shtml

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Prospektive Studie zum Einfluss von Polypharmazie auf die Krankenhausaufnahme – Berliner Studie zur Operationalisierung von Multimorbidität und Autonomie im Höheren Alter (OMAHA) Hildtraud Knopf1, Beate Gaertner2, Judith Fuchs1, Martin Holzhausen2, Markus Busch1, Peter Martus2, Christa Scheidt-Nave1 1Robert Koch-Institut, Abt. Epidemiologie und Gesundheitsbericht-erstattung, Berlin, Deutschland 2Charite - Universitätsmedizin Berlin, Institut für Biometrie und Klinische Epidemiologie, Berlin, Deutschland

Hintergrund: Polypharmazie erhöht das Risiko für uner-wünschte Arzneimittelwirkungen und vermeidbare Kran-kenhausaufnahmen. Bevölkerungsbezogene prospektive Daten zur Stärke dieses Zusammenhangs sind bislang kaum vorhanden. Auf der Grundlage einer Einwohner-meldeamtsstichprobe der Bevölkerung ab 65 Jahren in Berlin-Mitte quantifizierten wir den relativen Einfluss von Polypharmazie auf die stationäre Aufnahme innerhalb von 18 Monaten nach Eingangsuntersuchung.

Material und Methoden: Die OMAHA Studie wurde von 2008-2010 durchgeführt. An eine ausführliche Eingangs-untersuchung schlossen sich halbjährliche telefonische Follow-up-Befragungen und eine 12-Monats-Follow-up-Untersuchung an. Von insgesamt 1.481 angeschrieben Personen beteiligten sich N=299 (Response 22,9%). Insgesamt 231 Personen konnten über 18 Monate weiter beobachtet werden. Die Erstuntersuchung umfasste ein

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standardisiertes computer-gestütztes ärztliches Interview u. a. zu Erkrankungen und aktueller Medikation (letzte 7 Tage). Soziodemographische Parameter wie Alter, Ge-schlecht und Bildung wurden über einen Selbstausfüllfra-gebogen erhoben. Als Polypharmazie war die Anwendung von 4 und mehr ärztlich verordneten Arzneimitteln defi-niert. Angaben zu Krankenhausaufnahmen wurden über 18 Monate erfasst. Zur Beschreibung von Polypharmazie wurden Häufigkeiten und deren 95% Konfidenzintervalle (95% KI) sowie p-Werte herangezogen. Der Einfluss auf Hospitalisierung wurde in multipler logistischer Regressi-onsanalyse unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, Bildung und subjektivem Gesundheitszustand mittels Odds Ratios (OR) und 95% KI quantifiziert.

Ergebnisse: Die Prävalenz von Polypharmazie betrug 58,9% (95% KI 52,0-64,6). Zwischen Frauen und Män-nern (61,5% vs. 55,7%, p=0,425) und in Abhängigkeit vom Bildungsstand (niedrig: 62,6%, mittel: 57,0%, hoch: 58,7%, p=0,705) unterschieden sich die Raten nicht signifikant. Über 70Jährige (65,9%) wiesen signifikant (p=0,001) höhere Häufigkeiten auf als unter 70Jährige (36,2%). Ebenso fanden sich statistisch signifikante (p<0,001) Gruppenunterschiede in Abhängigkeit vom subjektiv beurteilten Gesundheitszustand (sehr gut/gut: 45,8%, zufriedenstellend: 67,4%, schlecht/ sehrschlecht: 94,4%). Insgesamt hatten 83 Personen mindestens einen Krankenhausaufenthalt. Bei Personen mit Polypharmazie betrug die Hospitalisierungsrate 45,2% (95% KI 37,1-53,6), in der Vergleichsgruppe 22,9% (95% KI 15,6-32,4). Im multivariaten Modell erwiesen sich Alter (OR: 1,05, 95%KI 1,00-1,10), schlechte subjektive Gesundheit (OR: 3, 95% KI 1,15-10,58) und Polypharmazie (OR: 2,11, 95% KI 1,13-3,94) als unabhängige Einflussgrößen für nachfolgende Hospitalisierung.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse belegen den Zusammenhang zwischen ärztlich verordneter Poly-pharmazie und nachfolgendem Krankenhausaufenthalt. Vertiefende Analysen zum Grund der Hospitalisierung sollen klären, in welchem Ausmaß Polypharmazie als ursächlich dafür anzusehen ist.

Literatur 1. Holzhausen, et al. Operationalizing multimorbidity and au-tonomy for health services research in aging populations - the OMAHA study. BMC Health Services Research. 2011;11:47. DOI: 10.1186/1472-6963-11-47 2. Scheidt-Nave C, Richter S, Fuchs J, Kuhlmey A. Herausforde-rungen an die Gesundheitsforschung für eine alternde Gesell-schaft am Beispiel „Multimorbidität“. Bundesgesundheitsbl Ge-sundheitsforsch Gesundheitsschutz. 2010;53:441-50. Bitte zitieren als: Knopf H, Gaertner B, Fuchs J, Holzhausen M, Busch M, Martus P, Scheidt-Nave C. Prospektive Studie zum Einfluss von Polypharmazie auf die Krankenhausaufnahme – Berliner Studie zur Operationalisierung von Multimorbidität und Autonomie im Höheren Alter (OMAHA). In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom109. DOI: 10.3205/11fom109, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1094 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom109.shtml

Workshops

Preconference Workshops

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Wie können sich unsere Patienten gesund entwickeln? Salutogene Kommunikation mit chronisch Kranken Theodor Dierk Petzold

Dachverband Salutogenese, Bad Gandersheim, Deutschland

Hintergrund: Die Grundfrage ärztlichen Handelns ist die salutogenetische Frage. Wenn wir bei Patienten mit chro-nischen Erkrankungen nur auf die Behandlung der Krank-heit fokussiert sind, auf die Einstellung des Blutdrucks, der Blutfette, des Gewichts, des Blutzuckers, der Schmerzen usw., kommen wir zwangsläufig zur Verschreibung von immer mehr Medikamenten. Dies kann häufig zu mehr Schaden als Nutzen führen. Eine salutogenetische Orien-tierung kann unsere Arzt-Patient-Kommunikation verän-dern und neue Ansätze zur Behandlung chronisch kranker Menschen ermöglichen. Hilfreich als Grundlage ist dabei ein Modell kommunikativer Selbstregulation [1], [2]. Eine Grundlage dieser Erkenntnisse sind u.a. die umfangrei-chen Forschungen von Grossarth-Maticek [3], [4] zur Prävention durch Gespräche („Autonomietraining“). Auf der Grundlage dieses Autonomietrainings wurde die Salutogene Kommunikation entwickelt, die in der ärztli-chen Sprechstunde sowie vielen anderen therapeutischen und beraterischen Settings zur Anwendung kommt. Der Salutogenen Kommunikation liegt ein systemisches evolu-tionäres Menschenbild zugrunde [1], [2].

Material und Methoden: In der Salutogenen Kommunika-tion SalKom® richten wir unseren Fokus auf die gesunde Entwicklung des Patienten, auf seine attraktiven Gesund-heitsziele und Ressourcen. Wir stellen dann mehr Fragen nach seinen Wünschen, Idealen und Bedürfnissen sowie nach seinen auch positiven Erfahrungen und den Fähig-keiten zur Gestaltung seines Lebens, wozu auch der Um-gang mit seinen Symptomen gehört [5], [2]. Zur Saluto-genen Kommunikation gehört auch eine bewusste Gestal-tung der Arzt-Patient-Beziehung, insbesondere eine Ver-änderung der Opfer-Retter-Beziehung und damit ein Aussteigen aus dem sog. „Drama-Dreieck“ von Täter-Opfer-Retter [1].

Ergebnisse: Schon durch die neuen Fragen an unsere Patienten ändert sich unsere Beziehung zu ihnen in Rich-tung Akzeptanz und geteilter und gemeinsamer Entschei-dungsfindung und Verantwortung. Der Patient wird ggf. auch angeregt, aus der Opferrolle auszusteigen und mehr Autonomie zu entfalten. Durch diese neue Kommunikati-on wird der Patient in seiner psychophysischen Selbstregu-lation, seiner eigenverantwortlichen Aktivität angeregt und zu mehr Gestaltungskompetenz seines Lebens ermächtigt. Dadurch erhöht sich die Chance auf ein längeres Ge-sundsein um bis zu 30% [3], [4].

Schlussfolgerung/Implikation: Der Fokus unseres allge-meinärztlichen Denkens und Handelns soll auf gesunde Entwicklung ausgerichtet werden. Dieser Fokus impliziert

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und ermöglicht in seiner Konsequenz eine neue Kommu-nikation mit Patienten. Auch ein spezielles Gesprächsset-ting mit chronisch Erkrankten erscheint sinnvoll. Dadurch erhöht sich die Chance auf einen nachhaltigen präven-tiven wie kurativen Beratungserfolg um ca. 30%.

Literatur 1. Petzold TD. Praxisbuch Salutogenese – Warum Gesundheit ansteckend ist. München: Südwest-Verlag; 2010. 2. Petzold TD, Lehmann N, Hrsg. Kommunikation mit Zukunft. Salutogenese und Resonanz. Bad Gandersheim: Verlag Gesunde Entwicklung; 2011. 3. Grossarth-Maticek R. Systemische Epidemiologie und präven-tive Verhaltensmedizin chronischer Erkrankungen. Berlin, New York: de Gruyter; 1999. 4. Grossarth-Maticek R. Synergetische Präventivmedizin. For-schungsstrategien für Gesundheit. Heidelberg: Springer; 2008. 5. Petzold TD, Lehmann N. Salutogene Kommunikation zur Annäherung an attraktive Gesundheitsziele. Bad Gandersheim: Verlag Gesunde Entwicklung [Brosch.]; 2009.

Bitte zitieren als: Petzold TD. Wie können sich unsere Patienten gesund entwickeln? Salutogene Kommunikation mit chronisch Kranken. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom110. DOI: 10.3205/11fom110, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1105 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom110.shtml

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Lehre und Prüfungen in der Komplementärmedizin – Konzepte und Erfahrungen aus Heidelberg Stefanie Joos1, Berthold Musselmann1,2, Jost Steinhäuser1, Christiane Weinschenk3, Christiane Eicher1,4 1Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universi-tätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland 2Praxis für Allgemeinmedizin, Akademische Lehrpraxis der Univer-sität Heidelberg, Wiesloch, Deutschland 3Praxis für Frauenheilkunde und Naturheilverfahren, Karlsruhe, Deutschland 4Praxis für Allgemeinmedizin, Akademische Lehrpraxis der Univer-sität Heidelberg, Eppelheim, Deutschland

Hintergrund: Mit der 9. Revision der Ärztlichen Approba-tionsordnung (ÄAppO) wurde 2003 der Querschnittsbe-reich „Rehabilitation, Physikalische Medizin, Naturheilver-fahren“ (QB 12) als verbindlicher Bestandteil der Lehre in das Medizinstudium eingeführt. Sowohl den Inhalt als auch den zeitlichen Umfang sind die für den QB 12 ent-wickelten Curricula, Lernziele und Lehrveranstaltungen an den einzelnen medizinischen Fakultäten bis zum jetzigen Zeitpunkt sehr heterogen. Häufig sind Dozenten aus der Allgemeinmedizin in die Lehre des QB 12 eingebunden.

Methodik: An der medizinischen Fakultät Heidelberg wurde für den Teil Naturheilverfahren des QB12 von Dozenten aus verschiedenen Fachgebieten (überwiegend Allgemeinmedizin) und mit Expertise in unterschiedlichen komplementärmedizinischen Bereichen ein Curriculum entwickelt, welches die klassischen Naturheilverfahren, Akupunktur, Neuraltherapie und Manuelle Medizin um-fasst. Über drei Tage werden Vorlesungen und Praktika zu diesen Methoden angeboten. Zum Abschluss des Quer-schnitts erfolgt eine Multiple-Choice-Klausur. Die Evalua-tion der Lehrveranstaltungen wird mit dem Heidelberger Inventar zur Lehrveranstaltungsevaluation (HILVE-I) durch-

geführt, mit dem auch die anderen Lehrveranstaltungen des Reformstudiengangs evaluiert werden. Zusätzlich besteht die Möglichkeit von Freitextkommentaren in der Evaluation.

Ergebnisse: Auf dem Kongress werden die Gesamtstruktur des QB 12/Teil Naturheilverfahren der medizinischen Fakultät Heidelberg sowie exemplarisch einzelne Lehrver-anstaltungen und deren Evaluationsergebnisse vorgestellt werden. In diesem Kontext wird auch auf die Thematik geeigneter Prüfungsformen im Bereich Naturheilverfahren eingegangen werden. Hauptaugenmerk soll jedoch auf die Freitextkommentare der Studierenden gelegt werden, die häufig sehr polarisierend sind und von sehr starkem Interesse bis deutlicher Ablehnung gegenüber dem Be-reich Komplementärmedizin zeugen. Anhand dieser Frei-textkommentare sollen die Chancen, aber auch Barrieren, die mit der studentischen Lehre im Bereich Komplement-ärmedizin verbunden sind, diskutiert werden.

Bitte zitieren als: Joos S, Musselmann B, Steinhäuser J, Weinschenk C, Eicher C. Lehre und Prüfungen in der Komplementärmedizin – Konzepte und Erfahrungen aus Heidelberg. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom111. DOI: 10.3205/11fom111, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1117 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom111.shtml

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Komplementärmedizinische Lehre an der Medizinischen Fakultät der Universität Magdeburg Ute Daig, Gernot Heusinger von Waldegg, Bianca Lehmann, Markus Herrmann

Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Deutschland

Seit 2005 wird im Rahmen des Querschnittsbereichs 12 der Teilbereich Naturheilverfahren durch das Institut für Allgemeinmedizin gelehrt. Die semesterbegleitende Ver-anstaltung besteht neben einer Einführung in das Fach aus einer jeweils zweistündigen Vorlesung in anthroposo-phischer Medizin, klassischer Homöopathie, Klassischer Naturheilverfahren und Traditioneller Chinesischer Medi-zin. Ergänzt wird diese Vorlesung durch eine für das 5. Studienjahr verpflichtende Seminarveranstaltung von zwei Stunden, bestehend aus Falldiskussionen anhand von Papercases und naturheilkundlichen, evidenzbasierten Therapiemöglichkeiten. Seit dem WS 2008/2009 werden ergänzend dazu am Institut für Allgemeinmedizin die komplementärmedizinischen Bereiche Homöopathie und Akupunktur/Traditionelle Chinesische Medizin als klini-sche Wahlpflichtfächer mit je vier Semesterwochenstunden einmal jährlich angeboten. Die Verknüpfung von Wissen-schaft und praktischer Fallbesprechung wurde durch die Studierenden positiv bewertet. Die Wahlfächer Homöopa-thie und Akupunktur/TCM konnten sich nach Einführung gut etablieren und erfahren regen studentischen Zu-spruch. In den Seminaren wird die aktuelle Studienlage im wissenschaftlichen Diskurs mit den Studierenden erörtert und neben theoriebasierter Einführung Wert auf prakti-sche Selbsterfahrungen wie Arzneimittelprüfung und ge-genseitige Akupunktur gelegt. Insgesamt bieten komple-mentärmedizinische Wahlfächer eingebettet in den Fach-

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bereich Allgemeinmedizin eine weitere Möglichkeit zur Förderung eines pluralistischen Ansatzes in der Medizin. Bitte zitieren als: Daig U, Heusinger von Waldegg G, Lehmann B, Herrmann M. Komplementärmedizinische Lehre an der Medizinischen Fakultät der Universität Magdeburg. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom112. DOI: 10.3205/11fom112, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1121 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom112.shtml

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Arzneimitteltherapie in der Hausarztpraxis – eine Herausforderung für die allgemeinmedizinische Lehre Hans-Michael Schäfer1, Martin Schaper1, Sebastian Harder2, Ferdinand Gerlach1 1Institut für Allgemeinmedizin der Universität Frankfurt, Frankfurt, Deutschland 2Institut für klinische Pharmakologie, Frankfurt, Deutschland

Studierenden im Blockpraktikum Allgemeinmedizin er-scheint die Multimedikation von Patienten in den Lehrpra-xen häufig problematisch und wenig transparent. Sie sehen sich überfordert, die zahlreichen, nach Leitlinien verschiedener Fachgesellschaften indizierten Medikamente zu priorisieren und deren mögliche Interaktionen zu be-rücksichtigen. Eine besondere Herausforderung besteht darin, eine bei Krankenhausentlassung empfohlene Medi-kation in eine laufende Dauermedikation zu überführen.

Im Workshop wird ein Seminarkonzept vorgestellt und anhand konkreter Lehrmaterialien praktisch erprobt, das in Zusammenarbeit mit einem klinischen Pharmakologen konzipiert wurde. Es wird in Frankfurt regelmäßig und erfolgreich als Begleitseminar im Rahmen des Blockprak-tikums Allgemeinmedizin eingesetzt.

Bitte zitieren als: Schäfer HM, Schaper M, Harder S, Gerlach F. Arzneimitteltherapie in der Hausarztpraxis – eine Herausforderung für die allgemeinmedizinische Lehre. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom113. DOI: 10.3205/11fom113, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1138 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom113.shtml

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Der Hausarzt der Zukunft Julia Baumgartner1, Marcus Schmidt2 1JAMÖ, Graz, Österreich 2JADe, Bad Homburg, Deutschland

Hintergrund: Immer weniger Jungärzte können sich unter den derzeitigen Bedingungen vorstellen, später als Haus-arzt mit Kassenvertrag zu arbeiten. Gründe hierfür sind unter anderem die große wirtschaftliche Verantwortung, die nicht adäquate Entlohnung der Leistungen sowie Wochenend- und Nachtdienste.

Material und Methoden: In Kleingruppen sollen durch Diskussionen zwischen jungen und erfahrenen Allge-meinmedizinern aus Deutschland, Österreich und Südtirol die Kernprobleme aufgezeigt und bearbeitet werden.

Ergebnisse: Durch den länderübergreifenden Vergleich und den Erfahrungsaustausch verschiedener Generatio-nen von Allgemeinmedizinern, sollen die Freuden und Pflichten des Hausarztberufes näher beleuchtet werden, sowie die Vor und Nachteile der verschiedenen Weiterbil-dungs- und Arbeitsbedingungen erarbeitet werden.

Schlussfolgerung/Implikation: Als Ziel dieses Workshops sollen ein oder mehrere Zukunftsmodelle für den Haus-arztberuf erarbeitet werden, welche sowohl die gute Ver-sorgung der Patienten als auch die Zufriedenheit der Ärzte gewährleisten.

Bitte zitieren als: Baumgartner J, Schmidt M. Der Hausarzt der Zukunft. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom114. DOI: 10.3205/11fom114, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1140 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom114.shtml

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Manuelle Medizin bei akutem Rückenschmerz Markus Hell

ÄMM, Axams, Österreich

Hintergrund: Die zeiteffektive manuelle Untersuchung und Behandlung bei akuten Rückenschmerzen in der Allge-meinmedizinischen Praxis. Erkennen von Hinweisen für eine Schmerzchronifizierung und Verhinderung von Rezidi-ven. Von der orientierenden Untersuchung zum Befund. Erweiterung des differentialdiagnostischen Spektrums durch Erkennen von Muskel- und Gelenksfunktionsstörun-gen.

Material und Methoden: Workshop

Zeit 2-3 UE a 45min. Untersuchungsliegen Für effizienten Unterricht wären Liegen notwendig. 3

Teilnehmer pro Liege, somit sollte maximale Teil-nehmerzahl ein Vielfaches von 3 sein. Maximal 18-24 Teilnehmer zum Unterrichten sinnvoll.

Kosten 25€ pro Teilnehmer.

Literatur 1. Schildt-Rudloff K, Sachse J. Wirbelsäule. Manuelle Untersu-chung und Mobilisationsbehandlung für Ärzte und Physiothera-peuten. 5. Auflage. München:2008. 2. Sachse J. Extremitätengelenke. Manuelle Untersuchung und Mobilisationsbehandlung für Ärzte und Physiotherapeuten. 7. Auflage. München: 2005.

Bitte zitieren als: Hell M. Manuelle Medizin bei akutem Rückenschmerz. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom115. DOI: 10.3205/11fom115, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1155 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom115.shtml

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Workshops, Freitag, 23.09. (Ig, Ih, IIg, IIh)

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Ein neues Konzept für strukturierte, individualisierte Gesundheitsgespräche Guido Schmiemann1, Jürgen Biesewig-Siebenmorgen2, Günther Egidi2 1Medizinische Hochschule, Hannover, Deutschland 2Gemeinschaftspraxis, Bremen, Deutschland

Hintergrund: Die Vorsorgeuntersuchung gehört zu den häufig genutzten Angeboten der hausärztlichen Praxis. Die Ausgestaltung des Angebotes variiert zwischen einzelnen Praxen erheblich – der gesetzlich vorgeschriebene Rah-men wird häufig um unterschiedliche Angebote erweitert. Die Evidenz für das Konzept regelmäßiger Vorsorgeunter-suchungen ist widersprüchlich, Versicherte und Kranken-kassen wünschen eine Ausweitung präventiver Angebote.

Im Workshop wollen wir uns mit der Frage auseinander-setzen, in welcher Form veränderte, strukturierte Vorsor-geuntersuchungen im Spannungsfeld zwischen Public Health und Orientiertung am einzelnen Patienten in der hausärztlichen Praxis sinnvoll einsetzbar sind. Beispielhaft soll das „Bremer Modell“ einer altersadaptierten, priori-tätsgesteuerten und risikoadaptierten Vorsorgeuntersu-chung diskutiert werden

Material und Methoden:

Eingangsstatement (Pro und Contra Screening in der Hausarztpraxis)

Gruppenarbeit zu den Zielen und Intentionen der Gesundheitsuntersuchung in der hausärztlichen Pra-xis

Zusammenfassung (moderierte Diskussion) Vorstellung der Instrumente (Fragebo-

gen/Werkzeugkasten) der Bremer Vorsorgeuntersu-chung.

Ergebnisse: Erarbeitung von Möglichkeiten der strukturier-ten Individualisierung der Vorsorgeuntersuchung im Rah-men der hausärztlichen Versorgung. Möglichkeiten der Evaluation neuer Vorsorgekonzepte.

Schlussfolgerung/Implikation: Ein aus der alltäglichen Praxis geborener voluntaristischer Versuch, die Gesund-heitsuntersuchung zu strukturieren und an die tatsächli-chen Erfordernisse und Bedürfnisse der Patienten anzu-passen, bedarf selbst einer Evaluation. Entsprechende Ansätze sollen im Workshop exemplarisch reflektiert wer-den.

Bitte zitieren als: Schmiemann G, Biesewig-Siebenmorgen J, Egidi G. Ein neues Konzept für strukturierte, individualisierte Gesundheitsgespräche. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom116. DOI: 10.3205/11fom116, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1164 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom116.shtml

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Evidenzbasierte Bürokratie: Workshop zu Zielen und Fragestellungen Uwe Popert1, Günther Egidi2, Christoph Claus3 1Abteilung für Allgemeinmedizin Univ. Göttingen, Kassel, Deutschland 2Abteilung Allgemeinmedizin Univ. Göttingen, Bremen, Deutsch-land 3Abt. Allgemeinmedizin Univ. Marburg, Kassel, Deutschland

Hintergrund: Bei zu erwartender steigender Morbidität und voraussichtlich gleichbleibenden finanziellen perso-nellen und finanziellen Ressourcen steht das Gesund-heitswesen vor neuen Herausforderungen. Rationalisie-rung und Priorisierung werden als Auswege benannt, bisher werden aber bisher kaum konkrete Ansatzpunkte diskutiert oder gar untersucht.

Material und Methoden: Von der kassenärztlichen Bun-desvereinigung Deutschland wird eine Erprobung und Kosten/Nutzen-Evaluation vor Einführung neuer bürokrati-scher Prozeduren mit anschließender Einpreisung vorge-schlagen. Welche der schon bestehenden bürokratischen Prozeduren sind aus der Sicht der Praxis überflüssig, über-trieben oder optimierbar? Bisherige Vorschläge umfassen z.B.:

Abrechnung: Fixgehalt bzw. Einschreibepauschale, Arbeitsunfähigkeit: Verlängerung der AU-Frist auf 7

Tage, Heilmittel: Abschaffung der bisherigen Regelungen

und gesonderten Formulare, „Praxisgebühr“: Praxisgebühren nur für Sekundärver-

sorgung ohne Überweisungsschein, Medikamentenverordnung: einheitliche Positivliste

statt zahlloser Rabattverträge, Kodierung: ICPC-2 statt ICD-10; Episodenstruktur

mit Zeitangabe statt Umkodierung, Abschaffung von Kuren als Kassenleistung, Vorsorgevollmacht/Patiententestament für jeden Al-

tenheimbewohner, Prävention: altersadaptierte Gesundheitsuntersu-

chung.

Ergebnisse: Die Grundlagen für ein Positionspapier der DEGAM-Sektion-Versorgung sollen gemeinsam erarbeitet werden.

Bitte zitieren als: Popert U, Egidi G, Claus C. Evidenzbasierte Bürokratie: Workshop zu Zielen und Fragestellungen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom117. DOI: 10.3205/11fom117, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1178 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom117.shtml

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Vorbereitung für die Facharztprüfung Allgemeinmedizin Manfred Lohnstein

Praxis, Augsubrg, Deutschland

Hintergrund: Die Weiterbildung zum Facharzt für Allge-meinmedizin ist in Deutschland von vielen Zufällen ab-

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hängig. Fortbildungsverbünde bestehen nur vereinzelt. Der Bedarf für Hilfestellungen in der Vorbereitung zur Facharztprüfung ist vorhanden. Der Workshop richtet sich an Allgemeinärzre in der Weiterbildung.

Material und Methoden: Basierend auf der Auswertung von 89 Allgemeinarztprüfungen der Landesärztekammer Bayern, sowie der Auswertung von Prüfungsprotokollen der Landesärztekammer Niedersachsen, werden die the-matischen Schwerpunkte der Facharztprüfung benannt. An ausgewählten Fallbeispielen wird die Situation des Prü-fungsgespräches in Kleingruppen geübt mit nachfolgender Vorstellung in der Gesamtgruppe. Für das umfangreiche Fachgebiet der Allgemeinmedizin werden Literaturvor-schläge besprochen und wichtige Internetadressen, wie z.B. sonographiebilder.de vorgestellt.

Der Workshop wird interaktiv gestaltet, deshalb ist die Teilnehmerzahl auf 20 Personen beschränkt.

Schlussfolgerung/Implikation: Eine der Schwerpunktset-zungen der DEGAM ist die Förderung des Nachwuchses in der Allgemeinmedizin. Der Workshop zur Prüfungsvor-bereitung unterstützt dieses Ziel.

Der Kurs findet statt in Absprache mit der Sektion "Weiter-bildung" der DEGAM.

Bitte zitieren als: Lohnstein M. Vorbereitung für die Facharztprüfung Allgemeinmedizin. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom118. DOI: 10.3205/11fom118, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1183 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom118.shtml

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Das hausärztliche Team in der Versorgungsforschung – ein Workshop für Hausärzte, Medizinische Fachangestellte und wissenschaftliche Mitarbeiter der universitären Allgemeinmedizin Anne Barzel1, Karola Mergenthal2, Martin Scherer1 1Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland 2Institut für Allgemeinmedizin, Universität Frankfurt, Frankfurt, Deutschland

Im Mittelpunkt der Versorgungsforschung im primärärztli-chen Bereich steht die Hausarztpraxis. Auch wenn Frage-stellungen und Studienkonzepte vorwiegend in den aka-demischen allgemeinmedizinischen Einrichtungen gene-riert werden, ist der Studienort in der Regel die Praxis. Hier trifft man auf ein im Praxisalltag gut eingespieltes Team aus Hausärzten und Medizinischen Fachangestellten (MFAs), das in der primärärztlichen Versorgungsforschung eine wichtige Rolle übernimmt. Das Spektrum der For-schungs-Beteiligung reicht von der Rekrutierung der Pati-enten bis hin zu Interventionen, wie z.B. das hausarztpra-xis-basierte Case Management unter Einbindung der Medizinischen Fachangestellten. Unklar ist aber die Auf-gabenverteilung im Rahmen der Forschungsarbeit. So fehlt bislang ein Diskurs von Hausärzten, MFAs und wis-senschaftlichen Mitarbeitern der universitären Allgemein-medizin über die Zusammenarbeit, Rollenverteilung und Kompetenzen im Bereich der Forschung in Hausarztpra-

xen. Dass die Diskussion an anderer Stelle bereits läuft, zeigen eine Studie zur Arbeitsteilung in der Allgemeinarzt-praxis (Universität Jena), die Gründung der Arbeitsge-meinschaft „Wissenschaft und Forschung für Medizinische Fachangestellte“ („WiForMFA“) im Rahmen der DEGAM und eine Expertinnentagung der MFAs („Die MFA in der hausärztlichen Versorgung der Zukunft“).

Ziel dieses interprofessionellen Workshops ist es, anhand konkreter Beispiele Anforderungen, Rahmenbedingungen und Möglichkeiten der Umsetzung von Forschungsarbeit in der hausärztlichen Praxis zu erarbeiten.

Bei der geplanten Veranstaltung handelt es sich um einen moderierten, interprofessionellen Workshop auf der Basis von Leitfragen am Beispiel konkreter Studien aus der Versorgungsforschung. Dabei werden sowohl das Spekt-rum der Versorgungsforschung (interventionelle Studien, qualitative Studien, Fallkonferenzen) als auch organisato-rische Themen (Zeiteinteilung, Fragebogen, Delegation, Incentives, Belastung) erörtert. Weiterhin sollen Umset-zungsstrategien für eigene Forschungsideen entwickelt werden.

Der Workshop bietet die Chance, die Forschungsarbeit in der hausärztlichen Praxis weiter zu entwickeln und leistet damit einen Beitrag zur Verbesserung der primärärztlichen Versorgungsforschung. Die Ergebnisse der Workshops werden dokumentiert, zusammengefasst und unter Beteili-gung der Teilnehmer ggf. veröffentlicht.

Bitte zitieren als: Barzel A, Mergenthal K, Scherer M. Das hausärztliche Team in der Versorgungsforschung – ein Workshop für Hausärzte, Medizinische Fachangestellte und wissenschaftliche Mitarbeiter der universitären Allgemeinmedizin. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom119. DOI: 10.3205/11fom119, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1192 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom119.shtml

Workshops, Samstag, 24.09. (IIIh, IVd, IVe, IVf)

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Diagnosen-Kodierung in deutschen Praxen: Workshop Uwe Popert1, Christoph Claus2 1Abt. Allgemeinmedizin Univ. Göttingen, Kassel, Deutschland 2Abt. Allgemeinmedizin Univ. Marburg, Kassel, Deutschland

Hintergrund: Seit dem 1.1.2011 gilt in Deutschland die Allgemeine Kodierrichtlinie (AKR), die eine Diagnosen-Kodierung nach ICD-10 präzisiert und welche die Grund-lagen für eine morbiditätsgewichtete Steuerung des Ge-sundheitswesens verbessern soll. Bei Implementierungs-versuchen zeigten sich erhebliche Umsetzungsprobleme; insbesondere bezüglich Zeitaufwand und Datenschutz. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung Deutschland hat darauf hin eine Vereinfachung der Kodierung insbesonde-re für die hausärztliche Ebene projektiert; dabei soll u.a. die ICPC-2 Systematik innerhalb der ICD-10 verwendbar gemacht werden.

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Material und Methoden: In einem Workshop sollen Wege und Möglichkeiten zu einer zukünftigen hausärztlichen Kodierweise zusammengetragen und erarbeitet werden. Dazu werden erste Studienergebnisse zur Umsetzbarkeit der bisherigen deutschen AKR und die Systematik der ICPC-2 bzw. deren geplante Umsetzung in die ICD-10 GM vorgestellt.

Ergebnisse: Die Ergebnisse sollen Eingang finden in ein Positionspapier der DEGAM-Sektion-Versorgung zur hausärztlichen Diagnosen-Kodierung.

Bitte zitieren als: Popert U, Claus C. Diagnosen-Kodierung in deutschen Praxen: Workshop. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom120. DOI: 10.3205/11fom120, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1203 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom120.shtml

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Familienkreise zeichnen Bernhard Panhofer

ÖGAM, Ungenach, Österreich

Hintergrund: Das Zeichnen von Familienkreisen gehört zu den Familiendiagnose-Techniken, hat jedoch auch eine therapeutische Auswirkung. Systemische Familiendiagnose wird in der Psychotherapie und Psychiatrie häufig benutzt, ist jedoch in der Allgemeinmedizin wenig bekannt. Meist benötigt man viel Zeit und die Anwesenheit der ganzen Familie, was jedoch bei der Familienkreismethode (fortan FKM genannt) nicht der Fall ist.

Material und Methoden:

1. Indikation: Wann immer die Ärztin auf die Idee kommt, dass die Krankheit des Patienten mit seiner Familie oder Umwelt zu tun hat oder wenn die Bera-tungsursache unklar ist, lädt sie den Patienten ein, einen Familienkreis zu zeichnen. Nützliche Wörter: „überraschend“, „neu“, „einfach“, „klar“....

2. Der Arzt zeichnet einen Kreis auf ein Blatt Papier und zeigt wie es geht.

3. Der Patient wird gebeten, sich selbst und seine Fami-lienmitglieder als Kreise innerhalb (oder auch au-ßerhalb) des großen Kreises einzuzeichnen. Auch Freunde, Feinde, die Arbeit, Gott, Hobbys, Haustie-re, etc. können platziert werden (was immer die Pati-entin für wichtig erachtet). Das Zeichnen sollte nur wenige Minuten dauern. Manche Patienten wollen kurz allein gelassen werden.

4. Die Kreise werden bezeichnet, um sie später zu iden-tifizieren.

5. Die Patienten werden ermutigt, ihre Interpretation der Zeichnung zu beschreiben und über Gefühle und Bedeutungen zu besprechen.

6. Nützliche reflektive Fragen: Mögen Sie das Bild? Ist da etwas für Sie Überraschendes? Wollen Sie etwas ändern? Was brauchen Sie für die Veränderung ? Akzeptieren Sie alle Erklärungen des Patienten, auch wenn sie skurill erscheinen. Vermeiden Sie gutge-meinte Ratschläge. Die Patientin ist die Expertin für ihre Umwelt.

7. Der Patient und die Ärztin sprechen über die Res-sourcen und Ideen des Patienten, z.B. darüber, ob es für ihn einen anderen, besseren Platz im Kreis geben

könnte, Das kann dann in einer andern Farbe einge-zeichnet werden. Ein Prozess beginnt.

Ergebnisse:

FKM ist schnell, weil die Methode leicht zu erklären ist.

FKM ist semiotisch begründet, weil der Patient Zeichen benützt und die Familie auf einer nonverbalen Ebene zuerst beschreibt.

FKM ist narrativ, weil der Patient seine Geschichte erzählt, und seiner Zeichnung Bedeutung gibt.

FKM basiert auf Empathie, weil der Arzt in der Welt der Patientin spazieren geht.

FKM ist systemisch, weil sie Beziehungen beschreibt.

FKM ist konstruktivistisch, weil der Patient seine Wahrheit erzählt wie er sie sieht.

FKM ist prozessorientiert, weil sie eine Aussicht für Veränderung bietet.

FKM könnte „evidence-based“ sein, wenn sie als Werkzeug in unserem Hausarzt-Alltag evalu-iert würde.

Schlussfolgerung/Implikation: Familienkreise zeichnen ist wie ein „systemischer“ Schnappschuss. Es ist als ob der Arzt und die Patientin gemeinsam wie Adler mit scharfen Augen über der Familiensituation der Patientin kreisen. Nichts ist falsch oder schlecht. Der Patient ist Experte für sich selbst.

Literatur 1. Hegemann Asen T. Familienmedizin für die Praxis. Stuttgart - New York: Schattauer-Verlag; 2000. 2. Cierpka M, et al. Handbuch der Familiendiagnostik. Berlin Heidelberg New York: Springer-Verlag; 2003. 3. Iseli C, et al. Identität-Begegnung-Kooperation. Köln: GwG-Verlag; 2002.

Bitte zitieren als: Panhofer B. Familienkreise zeichnen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom121. DOI: 10.3205/11fom121, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1216 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom121.shtml

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Evidenzbasierte Medizin versus Erfahrungsmedizin? Julia Baumgartner1, Marcus Schmidt2 1JAMÖ, Graz, Österreich 2JADe, Bad Homburg, Deutschland

Hintergrund: Viele Hausärzte haben im Laufe der Jahre einige Behandlungsstrategien entwickelt, die außerhalb der Evidenzbasierten Medizin (EBM) liegen. Spritzen bei Schmerzzuständen, homöopathische Tropfen bei Erkäl-tung, Osteopathie – die Liste der eingesetzten Therapien ist lang und ihre Akzeptanz durch die Wissenschaft oft antiproportional zur Nachfrage durch die Patienten.

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Material und Methoden: Im Workshop sollen in Klein-gruppen Beispiele nicht evidenzbasierter Behandlungsver-fahren aus Österreich, Deutschland und Südtirol gesam-melt werden. Jeweils eine Kleingruppe soll sich mit den Beratungsanlässen Lumbago, grippaler Infekt und Allergie auseinandersetzen. Einige Therapiebeispiele sollen an-schließend gemeinsam vor dem Hintergrund der EBM beleuchtet und Alternativen aufgezeigt werden. Auch auf Behandlungskosten und juristische Aspekte des Abwei-chens von Leitlinien soll eingegangen werden.

Ergebnisse: Ziel des Workshops ist es zunächst, eine Bestandsaufnahme verwendeter Therapieformen vorzu-nehmen. Die Diskussion soll zu gegenseitigem Verständnis der Anwender und zur Versachlichung des oft emotional geführten Diskurses führen.

Schlussfolgerung/Implikation: Es soll bei diesem Work-shop erarbeitet werden, in wie weit Ärzte auch mit dem Placebo Effekt arbeiten dürfen und Anhaltspunkte gefun-den werden, wann eine Therapie außerhalb der Leitlinien den Patienten mehr Schaden als Nutzen bringt.

Bitte zitieren als: Baumgartner J, Schmidt M. Evidenzbasierte Medizin versus Erfahrungsmedizin. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom122. DOI: 10.3205/11fom122, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1223 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom122.shtml

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Rezertifizierung – eine Alternative zum CME-Fortbildungs-System? Günther Egidi1, Jean-François Chenot2, Burkhardt Sonntag3, David Klemperer4 1DEGAM-Sektion Fortbildung, Bremen, Deutschland 2Allgemeinmedizin Uni Göttingen, Göttingen, Deutschland 3NN, NN, Deutschland 4Universität Regensburg, Regensburg, Deutschland

Hintergrund: Die Medizin entwickelt sich immer schneller weiter. Eine einmalige Facharztprüfung kann den lebens-langen Nachweis ärztlicher Kompetenz nicht gewährleis-ten. Im Jahr 2004 wurde in Deutschland die bis dahin ohne Kontrollen bestehende Fortbildungs-Pflicht bei den Ärztekammern nachweispflichtig. Wiederholt kritisierte die DEGAM die rein quantitative Ausrichtung des CME-Fortbildungswesens, die mögliche Beschränkung auf die hausärztliche Wirklichkeit nur ungenügend abbildende Themenspektren, die immanente Einengung auf kogniti-ven Wissenserwerb sowie mögliche die Lernmotivation negativ beeinflussenden Anreizsysteme. In Großbritannien wurde das CME-System durch ein auf Mentoring basie-rendes Fortbildungs-Konzept abgelöst, als es in Deutsch-land eingeführt wurde. In einigen kanadischen Provinzen ist schon länger ein weitgehend auf Sanktionen verzich-tendes System der Rezertifizierung unter Einbezug kolle-gialer und interprofessioneller Peer Reviews etabliert.

Material und Methoden: In einem Podiums-Gespräch werden Erfahrungen aus Großbritannien, Kanada und den USA mit validation bzw. Rezertifizierung vorgestellt. Gemeinsam mit den Teilnehmenden sollen Unterschiede hinsichtlich von Wissen und Fertigkeiten von Hausärzten in den verschiedenen Gesundheitssystemen herausgear-beitet werden. Insbesondere auf die Frage möglicher

Sanktionen bei Nichterreichung der Vorgaben soll fokus-siert werden.

Ergebnisse: Im Workshop sollen Barrieren gegenüber einer Implementierung auch in Deutschland identifiziert und mögliche Strategien zu ihrer Überwindung erarbeitet werden.

Schlussfolgerung/Implikation: Das CME-Fortbildungs-System in Deutschland steht zunehmend in der Kritik. Der Workshop könnte den Grundstein legen zu einer länger-fristigen Initiative zu einer Ablösung des CME-Systems durch vermehrt auf Peer Assessments basierte und sich nicht auf kognitiv abprüfbare Wissenstests beschränkende Rezertifizierungs-Programme.

Literatur 1. Klemperer D. Er fahrungen mit Methoden der systematischen Kompetenzdarlegung und Rezertifizierung in der Medizin in Kanada - Chancen für Deutschland. Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch -Gesundheitsschutz. 2006;49:418–25.

Bitte zitieren als: Egidi G, Chenot JF, Sonntag B, Klemperer D. Rezertifizierung – eine Alternative zum CME-Fortbildungs-System. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom123. DOI: 10.3205/11fom123, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1237 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom123.shtml

Poster-Präsentationen

1 Freie Themen

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Berufs- und Lebenszufriedenheit von Allgemeinmedizinern in Mecklenburg-Vorpommern – eine qualitative Studie Christin Löffler, Juliane Riedel, Silke Völker, Attila Altiner, Eva Drewelow, Anja Wollny

Institut für Allgemeinmedizin, Universität Rostock, Rostock, Deutschland

Hintergrund: Schon seit einiger Zeit wird v.a. im anglo-amerikanischen Raum die Frage diskutiert, wie zufrieden Ärzte mit ihrem Beruf und ihrer Berufsausübung sind. Besonders der Zusammenhang zwischen Berufszufrieden-heit und Arbeitsleistung steht dabei im Mittelpunkt des Interesses. Internationale Studien belegen, dass unzufrie-dene Mediziner weniger produktiv und effizient arbeiten; häufiger krankheitsbedingt ausfallen; eher andere Berufe ergreifen oder eine Frühverrentung in Betracht ziehen; unnötige Medikamente und Untersuchungen verordnen; weniger Zeit für ihre Patienten aufwenden; betroffene Patienten unzufrieden sind und dadurch eine geringere Adhärenz aufweisen. Insgesamt führt eine niedrige Berufs-zufriedenheit von Ärzten also zu einer verringerten Quali-tät medizinischer Versorgung. Auf der anderen Seite kann eine hohe Berufszufriedenheit dazu beitragen, die Effizienz des Gesundheitssystems in relevantem Maß zu steigern. In unserer Studie konzentrieren wir uns auf die Berufszufrie-

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denheit von Allgemeinmedizinern in Mecklenburg-Vorpommern. Schon heute leidet diese Region, v.a. in ländlichen und strukturschwachen Gebieten, unter einem Mangel an Hausärzten. Um dieser Entwicklung entgegen-zuwirken, wurden in der Vergangenheit eine Reihe von strukturellen Anreizen diskutiert und teilweise umgesetzt. Nicht diskutiert wurde bisher der Einfluss der Berufszufrie-denheit auf die Niederlassung als Hausarzt. Das hier vorgestellte Projekt zielt darauf ab, Antworten auf diese wichtige Frage zu geben.

Material und Methoden: Derzeit führen wir mit Hausärzten in Mecklenburg-Vorpommern narrative Interviews durch. Die Auswahl der Interviewpartner erfolgt auf Basis des theoretical sampling d.h. wann immer sich in den Inter-views herausstellt, dass ein bestimmtes Merkmal Einfluss auf die Berufszufriedenheit hat (z.B. das Arbeiten in einer Gemeinschaftspraxis, die Lage der Praxis, der Familien-stand etc.) wird das Sample so erweitert, dass eine weiter-gehende Analyse in Bezug auf dieses Merkmals erfolgen kann. Für die Interviews steht ein Pool von ca. 40 Ärzten zur Verfügung, die sich zu einem Interview bereit erklärt haben. Die Interviews werden ton-aufgezeichnet, vollstän-dig transkribiert und auf Grundlage der Grounded Theory kodiert und analysiert.

Ergebnisse: Unsere Studie zielt darauf ab, zu ergründen, wovon die wahrscheinlich durch komplexe Faktoren be-dingte Berufs- und Lebenszufriedenheit von Allgemeinme-dizinern in Mecklenburg-Vorpommern letztendlich be-stimmt wird. Vorrangiges Ziel der Studie ist es, diesbezüg-liche Defizite und Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzei-gen und damit zu einer qualitativ besseren Versorgung von Patienten in Mecklenburg-Vorpommern beizutragen.

Schlussfolgerung/Implikation: Die gewonnenen Erkennt-nisse sollen dazu dienen, entsprechende Handlungsemp-fehlungen abzuleiten, die dem prognostizieren Ärzteman-gel v. a. in strukturschwachen Regionen Mecklenburg-Vorpommerns entgegenwirken.

Bitte zitieren als: Löffler C, Riedel J, Völker S, Altiner A, Drewelow E, Wollny A. Berufs- und Lebenszufriedenheit von Allgemeinmedizinern in Mecklenburg-Vorpommern – eine qualitative Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom124. DOI: 10.3205/11fom124, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1247 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom124.shtml

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Evidenz für die Effektivität präoperativer Untersuchungen hinsichtlich der Vorhersage und Verhinderung peri- und postoperativer Komplikationen – Ein Systematic Review Tim Johansson1, Maria Flamm1, Bernhard Hansbauer1, Nora Bachofner1, Eva Mann1, Matthias Bock2, Gerhard Fritsch1, Andreas Sönnichsen1 1Institut für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Salzburg, Österreich 2Dienst für Anästhesie und Intensivmedizin, Zentralkrankenhaus Bozen, Bozen, Italien

Hintergrund: In Österreich werden im Jahr etwa 1,2 Milli-onen stationäre operative Eingriffe durchgeführt. Vor jeder

Operation wird der Patient eingehend untersucht, um das operative Risiko abzuschätzen und zu minimieren. Neben der Anamneseerhebung und körperlichen Untersuchung haben sich eine Reihe diagnostischer Maßnahmen etab-liert, die häufig routinemäßig durchgeführt werden. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, eine aktuelle systemati-sche Übersicht über die vorhandene Studienevidenz zur Effektivität präoperativer Diagnostik bei erwachsenen Patienten vor selektiven, nicht-herzchirurgischen Eingriffen zu erarbeiten. Folgende präoperativen Untersuchungen wurden in dieser Arbeit evaluiert: Spirometrie, Thorax-Röntgenaufnahme, Blutgase, Hämoglobin, Hämatokrit, Leukozytenzahl, C-reaktives Protein, Gerinnungstests (aktivierte partielle Thromboplastinzeit [aPTT], Prothrombi-nzeit [PT], Thrombozytenzahl), Nierenfunktionsparameter (Kreatinin, Harnstoff, glumeruläre Filtrationsrate [GFR]), Urinanalyse, Leberfunktionstests (AST [GOT], ALT [GPT], AP, Gesamtbilirubin), Elektrolyte (Na+, K+), Blutzucker, HbA1c, und Schwangerschaftstest.

Material und Methoden: Folgende Datenbanken wurden für den Zeitraum von 01/2001 bis 02/2011 durchsucht: Medline via Ovid, Embase, Cochrane Central Register of Controlled Trials und NHS-CRD-HTA (INAHTA). Zusätz-lich wurde eine Handsuche der Literaturverzeichnisse aufgefundener Arbeiten durchgeführt.

Ergebnisse: Durch die Datenbanksuche wurden 25.154 Arbeiten identifiziert. Nach der Vorselektion wurden 447 Arbeiten der Volltextanalyse zugeführt. Nach Überprüfung auf Ein- und Ausschlusskriterien wurden 141 Studien inkludiert (Tabelle 1). Zu den einzelnen Untersuchungen wurden keine kontrollierten Studien identifiziert, sodass lediglich Kohorten-Studien, Fall-Kontroll-Studien und Fallserien inkludiert werden konnten. Vier randomisierte kontrollierte Studien untersuchten die Durchführung einer vorgegebenen oder nach Indikation ausgewählten Kom-bination von Untersuchungen (Test-grid) mit der Nicht-Durchführung dieser Diagnostik im Hinblick auf das peri- und postoperative Outcome. Es zeigte sich kein Unter-schied zwischen Untersuchten und Nicht-Untersuchten. Aussagen zu den einzelnen Untersuchungen lassen sich aus diesen Studien nicht ableiten. Aus den nicht-interventionellen Studien ließ sich im groben Überblich das Ergebnis ableiten, dass ein Screening mittels der untersuchten Parameter ohne aus Anamnese oder körper-licher Untersuchung ableitbarer Indikation nicht notwen-dig ist.

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Tabelle 1: Identifizierte und inkludierte Studien nach Test

Schlussfolgerung/Implikation: Bei Patienten ohne entspre-chende anamnestische Hinweise, Risikofaktoren oder Erkrankungen kann sich die präoperative Diagnostik nach der derzeitigen Studienlage auf die sorgfältige Anam-neseerhebung und körperliche Untersuchung beschrän-ken.

Bitte zitieren als: Johansson T, Flamm M, Hansbauer B, Bachofner N, Mann E, Bock M, Fritsch G, Sönnichsen A. Evidenz für die Effektivität präoperativer Untersuchungen hinsichtlich der Vorhersage und Verhinderung peri- und postoperativer Komplikationen – Ein Systematic Review. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom125. DOI: 10.3205/11fom125, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1251 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom125.shtml

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Identifikation protektiver Faktoren für die psychosoziale Entwicklung von Medizinstudierenen – Luebeck Medical Students Trial [LUST]. Vorstellung des Studienprotokolls Thomas Kötter1, Yannick Tautphäus1, Edgar Voltmer2, Martin Scherer3 1Institut für Sozialmedizin/UK S-H, Lübeck, Deutschland 2Theologische Hochschule Friedensau, Friedensau, Deutschland 3Institut für Allgemeinmedizin/UKE, Hamburg, Deutschland

Hintergrund: Das Medizinstudium sollte die Gesundheit der Studierenden nicht gefährden. Es ist jedoch durch psychosoziale Stressbelastung infolge hohen Lernaufwan-des, Prüfungs- und Leistungsdruckes gekennzeichnet. Daher sind Medizinstudierende eine Risikogruppe für die Entwicklung von Depressionen, Ängsten, Burn-out und anderen stressbedingten Erkrankungen, wie Beobach-tungsstudien belegen (beispielhaft: [1], [2]). Bestimmte protektive Faktoren begünstigen die Erhaltung und Förde-rung der Gesundheit während des Medizinstudiums [3]. Noch ist jedoch unklar, welche Faktoren sich im Einzelnen protektiv auf die Entwicklung der psychosozialen Gesund-

heit im Medizinstudium auswirken können. Ziel dieser Studie ist die Identifikation solcher Faktoren als Grundla-ge für die Entwicklung von Interventionen, die die Ge-sundheit von Medizinstudierenden verbessern. Dies dient langfristig auch der Bekämpfung des Nachwuchsmangels im (haus-)ärztlichen Bereich, der u.a. durch Abbruch des Medizinstudiums und das Abwandern aus der direkten Patientenversorgung bedingt ist.

Material und Methoden: Initiiert wird zu Beginn des WS 2011/12 eine longitudinale Beobachtungsstudie, im Rahmen derer zwei vollständige Jahrgänge von Medizin-studierenden vom ersten Semester bis nach Abschluss ihres Studiums jährlich befragt werden. Die psychoziale Gesundheit wird mit etablierten Instrumenten wie dem HADS-D- und dem AVEM-Fragebogen, protektive Fakto-ren mit dem FSozU-Fragebogen und der "Ways of Coping Checklist" sowie selbstentwickelten Items identifiziert. Wir werden eine deutsche Übersetzung des "Perceived Medi-cal School Stress"-Instrumentes verwenden und einige weitere soziodemographische Items abfragen. Um die Gefahr eines Selektionsbias zu minimieren, werden wir Non-Responder-Analysen durchführen. Die Analyse der Daten erfolgt mittels SPSS. Es werden Clusteranalysen auf der Ebene der berichteten Levels der Lebenszufriedenheit durchgeführt. Wir werden t-Tests zum Vergleich der Mit-telwerte für Lebenszufriedenheit zwischen den und inner-halb der so identifizierten Subgruppen verwenden. Zum Vergleich der Subgruppen im Hinblick auf protektive Faktoren verwenden wir logistisch bzw. multiple lineare Regressionsanalysen.

Ergebnisse: Als Ergebnis der Studie erwarten wir die Iden-tifikation bestimmter protektiver Faktoren auf unterschied-lichen Ebenen (beispielsweise Kommunikationsfähigkeit und soziale Kompetenz, soziale Unterstützung in Form von Familie und Freundeskreis, Faktoren der Freizeitgestaltung [sportliche/musische Betätigung, ehrenamtliches Engage-ment], Wohn- und Lernumgebung). Diese könnten An-satzpunkte für eine Modifikation des Curriculums auf dem Weg zu einem gesundheitsfördernden Medizinstudium darstellen.

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Schlussfolgerung/Implikation: Im Rahmen des FORUM MEDIZIN 21 in Salzburg möchten wir das Studienproto-koll inklusive des entwickelten Fragebogens vorstellen und - vor allem im Hinblick auf die Relevanz des Themas für die hausärztliche Versorgung – mit den Kongressteilneh-mern diskutieren.

Literatur 1. Guthrie E, Black D, Bagalkote H, Shaw C, Campbell M, Creed F. Psychological stress and burnout in medical students: a five-year prospective longitudinal study. J R Soc Med. 1998;91:237-43. 2. Voltmer E, Kieschke U, Spahn C. Psychosocial behaviour and subjective experience specific to the course of study of medical students in their first and fifth years of study. Gesundheitswesen. 2008;70:98-104. 3. Kjeldstadli K, Tyssen R, Finset A, Hem E, Gude T, Gronvold NT et al. Life satisfaction and resilience in medical school – a six-year longitudinal, nationwide and comparative study. BMC Med Educ. 2006;6:48.

Bitte zitieren als: Kötter T, Tautphäus Y, Voltmer E, Scherer M. Identifikation protektiver Faktoren für die psychosoziale Entwicklung von Medizinstudierenen – Luebeck Medical Students Trial [LUST]. Vorstellung des Studienprotokolls. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom126. DOI: 10.3205/11fom126, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1269 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom126.shtml

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Inanspruchnahme des Hausarztes von türkischen und deutschen Patienten – eine qualitative Studie Jessica Bungartz, Sema Uslu, Iris Natanzon, Stefanie Joos

Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidel-berg, Deutschland

Hintergrund: Menschen mit Migrationshintergrund ma-chen einen wachsenden Teil der Bevölkerung in Deutsch-land aus. Derzeit leben ca. 16 Mio. Menschen mit Migra-tionshintergrund in der Bundesrepublik, den größten Anteil unter ihnen stellen mit 2,5 Mio. Menschen türki-scher Herkunft (ca. 16%) [1]. Bislang gibt es nur spärliche und teils widersprüchliche Angaben zum Inanspruchnah-meverhalten des Hausarztes aus der Sicht türkischer Pati-enten [2], [3].

Material und Methoden: In einem qualitativen For-schungsansatz wurden insgesamt fünf leitfadenstützte Fokusgruppendiskussionen getrennt nach deutschen (n=11) und türkischen (n=17) Teilnehmern unter Ver-wendung des gleichen Fragenkatalogs in deutscher Spra-che durchgeführt. Dies geschah, um sprachlich und kultu-rell bedingte Unschärfen bei der Übersetzung vom Türki-schen ins Deutsche zu vermeiden. Es erfolgte eine inhalts-analytische Auswertung nach Mayring, softwaregestützt mittels ATLAS.ti.

Ergebnisse: Die gefundenen Hauptkategorien waren „Nutzung des Hausarztes“, „Faktoren für die Hausarzt-wahl“ und – bezüglich der türkischen Teilenehmer – „In-teraktion zwischen Arzt und Patient“. Es zeigten sich grundsätzlich mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede im Nutzungsverhalten des Hausarztes von deutschen und türkischen Teilnehmern. Nur 2 der 17 türkischen Teilneh-

mer suchten einen Hausarzt türkischer Herkunft auf. Leich-te Unterschiede in der Inanspruchnahme zeigten sich lediglich bezüglich des Geschlechts des Hausarztes. Kein deutscher, aber zwei türkische Teilnehmer empfanden die Konsultation andersgeschlechtlicher Hausärzte als unan-genehm. Vorurteilsbehaftetes und ausgrenzendes Verhal-ten von Seiten eines deutschen Hausarztes wurde nur von einer türkischen Teilnehmerin berichtet. Insgesamt zeich-neten die türkischen Teilnehmer ein positives Bild ihrer Erfahrungen mit deutschen Hausärzten.

Schlussfolgerung/Implikation: Patienten türkischer Her-kunft, die über gute deutsche Sprachkompetenzen verfü-gen, zeigten im Vergleich zu deutschen Teilnehmern ein sehr ähnliches Inanspruchnahmeverhalten des Hausarztes. Die Durchführung der Fokusgruppen in deutscher Sprache lässt jedoch eine Selektion der Teilnehmer dahingehend vermuten, dass sprachlich kompetente Teilnehmer türki-scher Herkunft auch über gute Systemkenntnisse des deutschen Gesundheitswesens verfügen. In zukünftigen Forschungsarbeiten sollte deshalb untersucht werden, inwieweit mangelnde Sprachkenntnisse einen Einfluss auf das Inanspruchnahmeverhalten von Hausärzten haben.

Literatur 1. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und Bundesministe-rium des Inneren. Migrationsbericht des Bundesamtes für Migra-tion und Flüchtlinge im Auftrag der Bundesregierung. Berlin; 2009. 2. Razum O, Zeeb H, Meesmann U et al. Migration und Ge-sundheit. Schwerpunktbericht der Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Berlin: Robert Koch-Institut; 2008. 3. Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Gesundheitliche Versorgung von Personen mit Migrationshintergrund. Dokumen-tation des Expertenworkshops im Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Berlin; 2009.

Bitte zitieren als: Bungartz J, Uslu S, Natanzon I, Joos S. Inanspruchnahme des Hausarztes von türkischen und deutschen Patienten – eine qualitative Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom127. DOI: 10.3205/11fom127, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1273 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom127.shtml

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Lebensstilanalyse bei Studierenden G. Lirk, C. Schnabl, U. Fötschl, R. Springmann, R. Falk, B Bamberger, P. Wilhelmi, C. Boissl

Fakultät für Informatik, Kommunikation und Medien, FH Oberös-terreich, Hagenberg, Österreich

Hintergrund: Die zunehmende Prävalenz von Zivilisations-krankheiten führt zur Suche nach verschiedenen begünsti-genden / auslösenden Faktoren, bzw. nach geeigneter Präventionen und gesundheitsfördernden Interventionen. So ist z.B. Adipositas ein ernstes und zunehmendes Prob-lem der öffentlichen Gesundheit v.a. in den entwickelten Ländern. Es gibt nur geringe Evidenz, dass die Ursachen der gegenwärtigen Adipositas-Epidemie genetischen Ursprungs sind. So können einerseits Umweltfaktoren einen Einfluss auf die Entstehung dieser Krankheiten ha-ben, andererseits kann die entscheidende Rolle des er-lernten Verhaltens in dieser Thematik nicht ignoriert wer-den. Es sind unsere Ernährung, mangelnde körperliche Aktivität und sitzenden Verhaltensweisen, welche stark die Entwicklung der Symptome beeinflussen. Ein besseres

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Verständnis für spezifische Verhaltensweisen, welche die Ätiologie beeinflussen, kann hilfreich sein, die Prävention zu verbessern [1], [2]. Diese Studie beschreibt verschiede-ne gesundheitsrelevante Faktoren in einer österreichischen tertiären Bildungseinrichtung mit dem Ziel die allgemeine Gesundheitseinstellung der Studierenden zu erheben. Dabei wird speziell der Unterschied zwischen verschiede-nen Studienrichtungen sowie die Einstellungsänderung im Verlauf des Studiums untersucht.

Material/Methoden: Zwei Typen von Daten wurden erho-ben. Ein Fragebogen in Papierform erhob die allgemeine gesundheitsbezogene Lebensweise der ProbandInnen. Andererseits wurden damit Blutwerte aus dem Labor in Relation gesetzt. Diese Daten mussten technisch validiert und der Befund freigegeben werden. Die Datenerfassung erfolgt in MS Excel, die statistische Auswertung mit SPSS.

Ergebnisse: In Summe wurden im ersten Jahr 230 Studie-rende untersucht, davon studierten 43% im Bereich Ge-sundheitswissenschaften. Etwa 58% der ProbandInnen waren weiblich, wobei es eine starke Differenz der Ge-schlechterverteilung zwischen gesundheitswissenschaftli-chen und anderen (v.a. technischen) Studienrichtungen gibt: mehr Frauen studieren Gesundheitswissenschaften. In der ersten Gruppe wird z.B. weniger geraucht (14 statt 28%), weniger Alkohol getrunken (8 statt 30%), statt dessen mehr Obst, Gemüse und Süßigkeiten gegessen. Bei der Einstellung zur Gesundheit gibt es keine Unter-schiede, die Cholesterinwerte sind bei den Studierenden der Gesundheitswissenschaften erhöht.

Schlussfolgerung/Implikation: Die erste Datenerhebung in diesem Projekt zeigt auf den ersten Blick klare Unterschie-de im Lebensstil zwischen den Studienrichtungen. Eine Normalisierung der Werte nach dem Geschlecht eliminiert jedoch diese Unterschiede zum großen Teil. Ob sich im Laufe des Studiums die Lebensweise oder Einstellung zur Gesundheit je nach Studienrichtung ändert, soll in weite-ren Phasen des Projekts erhoben werden.

Literatur 1. Crawford D, Ball K. Behavioural determinants of the obesity epidemic. Asia Pacific J Clin Nutr. 2002; 11(Suppl): S718-21. 2. Pérusse-Lachance E, Tremblay A,Drape V. Lifestyle factors and other health measures in a Canadian university community. Applied Physiology, Nutrition, and Metabolism. 2010; 35:498-506.

Bitte zitieren als: Lirk G, Schnabl C, Fötschl U, Springmann R, Falk R, Bamberger B, Wilhelmi P, Boissl C. Lebensstilanalyse bei Studierenden. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom128. DOI: 10.3205/11fom128, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1287 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom128.shtml

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Körperliche Misshandlungen bei älteren Menschen? Know-How für den Hausarzt Albrecht Stein1, Jörg Schelling1, Andreas Klement2, Alexandra Ried3, Albert Standl1 1LMU München, München, Deutschland 2Uni Halle, Halle, Deutschland 3FH Hamburg, München, Deutschland

Problematik der Aufdeckung bei ca. 350Tsd Taten jhr.:

Tabuisierungstendenzen Kommunikationseinschränkung, Gewalt i. d. R. nicht die Folge einer kriminellen Idee Umkehr der Familiendominanz Angst der Geschädigten vor Alternativen (Alleinsein,

Heim)

=> Wahrscheinlichkeit der Aufdeckung der Misshand-lungen gering

Rechtlicher Aspekt

Vorsätzliche Körperverletzung (§ 223 ff. StGB), Definition: jede unangemessene Behandlung, die entweder das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unver-sehrtheit nicht nur unerheblich beeinträchtigt.

Bei einer körperlichen Misshandlung Tatbestände einfache (§ 223 StGB), gefährliche (§ 224 StGB), schwere (§ 226 StGB) Körperverletzung bis hin zur Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB). Zusätzlich § 225 StGB (Miss-handlung von Schutzbefohlenen).

Formen der Gewalt

körperliche Misshandlung (tätliche Angriffe mit kör-perlicher Gewalt aber auch Medikamentenmiss-brauch)

sexuelle Gewalt (Nötigung, Missbrauch, Vergewalti-gung, Missachtung der Schamgrenzen bzw. sexuellen Bedürfnisse)

Vernachlässigung (Ignorierung von Lebensbedürfnis-sen, Flüssigkeitsmangel, Unterernährung sowie De-kubitalulcera)

psychische Misshandlung (Demütigungen, Quälen, Manipulation etc.),

soziale (Isolation), rechtliche (unnötige und unverhältnismässige Ein-

schränkung der Grundrechte), ökonomische (finanzielle Ausbeutung)

Kritierien Unfall – Misshandlung siehe Tabelle 1.

Entscheidung: ambulante oder stationäre Behandlung; diagnostische und therapeutische Gründe, Gewährleis-tung des Patientenschutzes (Trennung Op-fer/mutmaßlicher Täter, weitere Interventionen durch Dritte. Bei mangelnder Kooperation der Angehörigen sowie bei drohender Gefährdung: Einschaltung der Poli-zei.

Cave: Schweigepflicht (§ 203 StGB), „Rechtfertigender Notstand“ (§ 34 StGB). Güterabwägung ist ärztliche Aufgabe. Pflicht zur Anzeige nur bei Kenntnis einer bevor-stehenden schweren Straftat.

Fazit: Man kann nie genau genug hinsehen.

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Tabelle 1: Kritierien Unfall – Misshandlung

Bitte zitieren als: Stein A, Schelling J, Klement A, Ried A, Standl A. Körperliche Misshandlungen bei älteren Menschen? Know-How für den Hausarzt. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom129. DOI: 10.3205/11fom129, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1290 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom129.shtml

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Pflegeheimbewohner – sozial isoliert? Ergebnisse einer Querschnittsstudie Christine Mellert1, Katharina Lex1, Sonja Rothärmel2, Georg Marckmann3, Karl Wegscheider4, Jürgen in der Schmitten1 1Abteilung für Allgemeinmedizin, Düsseldorf, Deutschland 2Juristische Fakultät, Augsburg, Deutschland 3Institut für Geschichte der Medizin, München, Deutschland 4Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, Hamburg, Deutschland

Hintergrund: In Deutschland waren Ende 2009 2,34 Millionen Menschen pflegebedürftig. 31% davon lebten in vollstationären Pflegeeinrichtungen. Diese Personengrup-pe ist häufig multimorbide und wird regelmäßig von ihren Hausärzten besucht. Informationen über Pflegeheimbe-wohner und ihre Lebensumstände, die für eine ganzheitli-che hausärztliche Behandlung wichtig sein könnten, sind teils schwer zugänglich, teils nicht bekannt. Wir haben Soziodemographie und soziale Einbindung bzw. Isolation von Pflegeheimbewohnern untersucht. Material und Methoden: In der Interventionsstudie RES-PEKT wurden 2009 Daten von Pflegeheimbewohnern aus insgesamt 10 Pflegeheimen in drei mittelgroßen Städten Nordrhein-Westfalens erhoben. Dazu wurden in einer Querschnittserhebung zu Beginn der Studie die Bewohner und ihre Pflegekräfte befragt sowie die Akten eingesehen. Neben soziodemographischen Angaben wurden u.a. Gebrechlichkeit (Pflegestufe, Barthel-Index) und (nicht-professionelle) Sozialkontakte erfasst. Ergebnisse: Insgesamt haben 617 Bewohner an der Stu-die teilgenommen. Die Auswertung wird im Sommer 2011 abgeschlossen sein. Nach vorläufigen Analysen sind die Heimbewohner im Durchschnitt 84 Jahre alt (Median 86 Jahre) und zu 74% weiblich. Der Anteil der Frauen steigt mit zunehmendem Alter an, so sind bei den über 90-jährigen 93% weiblich. 3% der Bewohner besitzen keine Pflegestufe, 31% Pflegestufe I, 39% Pflegestufe II und 27%

Pflegestufe III. 64,7% der Bewohner haben einen gesetz-lich bestellten Betreuer. Die Betreuer sind dabei in 50% der Fälle Berufsbetreuer und in 34% die eigenen Kinder. Als wichtigste Bezugspersonen geben die Bewohner ihre eigenen Kinder (44,2%) an, gefolgt von Geschwistern (9,5%), Partnern (7,9%), Pflegekräften (6,3%) und Enkeln (5,7%). Sie berichten, im Mittel von drei (Median: zwei) Personen besucht zu werden. 56% der Bewohner geben an, mindestens einmal die Woche besucht zu werden, 23%, seltener als einmal im Monat Besuch zu erhalten. Die Bewohner, welche nach eigener Angabe selten oder nie Besuch erhalten, haben gegenüber der Gesamtstich-probe etwas häufiger keine Pflegestufe (5,6%), sind über-proportional häufig Männer (37,5%) und haben eher häufiger eine gesetzliche Betreuung (81,3%). Hiervon sind besonders die Bewohner mit Berufsbetreuer betroffen: 52,9% von ihnen gibt an, (fast) keinen Besuch zu erhalten. Schlussfolgerung/Implikation: Der durchschnittliche Heimbewohner ist hochbetagt, erheblich pflegebedürftig und in drei von vier Fällen weiblich. Knapp über die Hälf-te der Bewohner gibt regelmäßige soziale Kontakte an. Dem steht mit ca. 25% der Bewohner eine nicht unbedeu-tende Gruppe gegenüber, die nach eigener Angabe fast oder nie Besuch bekommt und somit möglicherweise von sozialer Isolation betroffen und dementsprechend spezi-fisch bedürftig ist. Diese häufig männlichen, tendenziell weniger pflegebedürftigen und beruflich betreuten Be-wohner sollten u.a. von Hausärzten identifiziert und ihre Bedürfnisse mit Hilfe qualitativer Forschung näher analy-siert werden. Bitte zitieren als: Mellert C, Lex K, Rothärmel S, Marckmann G, Wegscheider K, in der Schmitten J. Pflegeheimbewohner – sozial isoliert? Ergebnisse einer Querschnittsstudie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom130. DOI: 10.3205/11fom130, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1301 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom130.shtml

2 Polypharmakotherapie, Versorgungsqualität und Patientensicherheit I

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Assoziationen von Hausärztinnen und Hausärzten zu "muslimischen Patientinnen und Patienten" Andrea Kronenthaler1, Manfred Eissler1, Christoph Meisner2, Katja Weimer3, Elisabeth Simoes4 1Universitätsklinikum Tübingen, LB Allgemeinmedizin, Tübingen, Deutschland 2Universitätsklinikum Tübingen, Abt. Medizinische Biometrie, Tübingen, Deutschland 3Universitätsklinikum Tübingen, Innere Medizin VI , Psychosomati-sche Medizin und Psychotherapie, Tübingen, Deutschland 4Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Arbeits- und Sozialme-dizin, Tübingen, Deutschland

Hintergrund: In Deutschland leben ca. 4,5 Millionen Muslime. Insgesamt ist die Gruppe nicht homogen [1]. Immer häufiger haben Ärzte/-innen mit Patienten/-innen

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dieses Kultur- bzw. Religionskreises zu tun. Deshalb woll-ten wir einen Eindruck über die Vorstellungen erhalten, die deutsche Hausärzte/-innen zu muslimischen Patientin-nen und Patienten haben.

Ziel war die Gewinnung eines ersten Eindruckes zu Erfah-rungen, Haltungen und möglicher Stereotypenbildung. So soll eine Basis für weitere Evaluation, auch quantitativer Art geschaffen werden, um darauf aufbauend Zusam-menhänge transparent zu machen und gegebenenfalls Handlungsbedarfe arzt- und patientenseitig aufzuzeigen.

Material und Methoden: Am Tübinger Tag der Allge-meinmedizin wurde mit 65 Hausärzten und 25 Hausärz-tinnen (N=90), die alle auch Lehrärzte/-innen sind, ein Brainwriting durchgeführt. Die Anwesenden erhielten ein vorbereitetes Papier mit der Überschrift „Stichwort- und Gedankensammlung: Muslimischer Patient/muslimische Patientin – was fällt Ihnen dazu ein?“ und wurden aufge-fordert, ihre Gedanken und Erfahrungen zu dieser Pati-ent/-innen-Gruppe zu notieren. Die notierten Stichworte wurden transkribiert und mit MaxQda ausgewertet.

Ergebnisse: Die Antworten (n=90) reichten von einem Stichwort (3) bis hin zu ausführlichen Beschreibungen. Die Hälfte (48) gab an „häufigen“ Kontakt mit muslimischen Patienten/-innen zu haben (selten=42, nie=0). Ärzte äußerten sich doppelt so häufig wie Ärztinnen zu den Begleitpersonen und 3mal häufiger zum Kopftuch, zur Untersuchungssituation und zur „mangelnden Autonomie“ der Patientinnen. Nur Ärztinnen äußerten sich über eigene Unsicherheiten und ein Empfinden von Missachtung ge-genüber ihrer eigenen Person beim Umgang mit männli-chen Patienten. Mangelnde Deutschkenntnisse, vor allem bei Patientinnen, wurden von allen genannt. Ca. 20mal wurde unabhängig vom Geschlecht des Arztes bei männ-lichen Patienten eine „starke Dominanz“ attestiert. Ärzte erwähnten meist zusätzlich noch eine Suchtproblematik. Ein andersartiges Krankheitserleben/-verständnis wurde meist im Zusammenhang mit psychosomatischen Erkran-kungen erwähnt. Die Compliance beschrieben 15 Ärzte/-innen beispielsweise mit folgenden Begriffen: „fast unter-würfig“, „teils zwanghaft“, „schwankend“, „schlecht“, „wenig“, „nicht vorhanden“.

Schlussfolgerung/Implikation: Eigene kulturell geprägte Wertvorstellungen aufseiten der Ärzt/-innen beeinflussen die Einschätzung des Gegenübers sowie das eigene Emp-finden in der Arzt-Patienten-Situation. Unterschiedlichkei-ten prägen sowohl die Untersuchungssituation, -kommunikation als auch Erwartungshaltungen an Be-handlungsinhalte und Medikation (psychosomatische Erkrankungen, eng verbunden mit einer patientseitigen „Pharmagläubigkeit“). Dies kann bei der Compliance, vor dem Hintergrund eines anderen Gesundheits- und Krank-heitsverständnisses, zu Reibungspunkten führen.

Weitere Klärung sollen Interviews zur Situation von Haus-ärzte/-innen mit muslimischen Patienten bringen.

Literatur 1. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Muslimisches Leben in Deutschland. Juni 2009.

Bitte zitieren als: Kronenthaler A, Eissler M, Meisner C, Weimer K, Simoes E. Assoziationen von Hausärztinnen und Hausärzten zu "muslimischen Patientinnen und Patienten". In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom131. DOI: 10.3205/11fom131, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1315 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom131.shtml

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Die Sicherheit von Metamizol mit Schwerpunkt Agranulozytose – eine systematische Literaturübersicht, gefördert durch das BMBF. Vorstellung von ersten Ergebnissen Thomas Kötter1, Eva Blozik2, Margrit Fässler3, Klaus Linde3, Eveline Nüesch4, Stephan Reichenbach4, Peter Jüni4, Martin Scherer1 1Institut für Allgemeinmedizin / UKE, Hamburg, Deutschland 2Institut für Sozialmedizin / UK S-H, Lübeck, Deutschland 3Institut für Allgemeinmedizin / TUM, München, Deutschland 4Institut für Sozial- und Präventivmedizin / UB, Bern, Schweiz

Hintergrund: Metamizol wurde bereits 1922 als Analgeti-kum und Antipyretikum eingeführt. Es ist in vielen Ländern erhältlich, zum Teil sogar frei verkäuflich. In Deutschland ist die Anwendung weit verbreitet. In einigen Ländern (u.a. USA, Großbritannien, Schweden, Japan) ist es wegen des Risikos schwerer Nebenwirkungen (insbes. Agranulozyto-se) nicht zugelassen. Bislang existieren nur wenige Studien zur Inzidenz von Agranulozytose infolge Metamizol-Einnahme. Diese kommen zu stark heterogenen Einschät-zungen des Agranulozytoserisikos [1], [2]. Mehrere Cochrane-Reviews zu verschiedenen Indikationen von Metamizol berichten keine schweren Nebenwirkungen [3], [4].

Eine genauere Einschätzung der Sicherheit von Meta-mizol, vor allem im Hinblick auf Agranulozytose, ist äu-ßerst relevant.

Material und Methoden: Mittels einer hochsensitiven Suchstrategie (eine Suchwortsäule mit allen Synonymen und Handelsnamen für Metamizol) haben wir in Medline, Embase, Cinahl und Central relevante Literatur (RCTs, Kohortenstudien, Fall-Kontroll-Studien und andere Inter-ventions- und Beobachtungsstudien, welche sich Sicher-heitsaspekten von Metamizol befassen) gesucht und in einem mehrstufigen Screeningverfahren ausgewählt. Zudem haben wir systematisch nach Fallberichten gesucht und Pharmakovigilanzregister kontaktiert. Wir werden eine ausführliche Grauliteratursuche durchführen und ausge-wiesene Experten persönlich kontaktieren. Aus relevanten Publikationen werden wir mittels eines auf der Basis inter-national anerkannter Standards entwickelten Formulars einen umfangreichen Datensatz, u.a. Daten zum Neben-wirkungsrisiko, zur Applikationsform, Dosierung und zur Qualität der Studien, extrahieren. Wenn möglich, werden wir diese Daten einer Metaanalyse unterziehen.

Ergebnisse: Aus 7.999 Primärtreffern wurden bislang ungefähr 200 relevante Publikationen ausgewählt. Davon waren ca. 100 Studien RCTs, ca. 15 Kohortenstudien, ca. 20 Fall-Kontroll-Studien und ca. 65 Studien ohne eindeu-tige Zuordenbarkeit des Studientypes. Mittels einer Kurz-charaktisierung im Rahmen des Volltextscreenings werden die Studien u.a. auf das Auftreten von Agranulozytosen

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geprüft. Keiner der bislang untersuchten RCTs berichtete eine Agranulozytose. Die Kurzcharakterisierung der Fall-Kontroll- und Kohortenstudien, die ein Risikomaß für Agranulozytose infolge Metamizoleinnahme angeben, ergab ein ähnlich heterogenes Bild der Einschätzung des Risikos wie die Vorabrecherche im Rahmen der Konzepti-on dieser Übersichtsarbeit. Die Qualität der Studien ist sowohl methodisch als auch im Hinblick auf die Berichter-stattung äußerst heterogen.

Schlussfolgerung/Implikation: Es existieren zahlreiche Primärstudien, in denen Sicherheitsaspekte von Metamizol berichtet werden. Die Heterogenität des Primärstudienma-terials und das Fehlen von Agranuloytose-Ereignissen in den kontrollierten Studien machen eine besondere me-thodische Herangehensweise erforderlich. Wir möchten im Rahmen des FORUM MEDIZIN 21 in Salzburg erste Ergebnisse aus der Arbeit vorstellen und mit den Teilneh-mern diskutieren.

Literatur 1. Hedenmalm K, Spigset O. Agranulocytosis and other blood dyscrasias associated with dipyrone (metamizole). European Journal of Clinical Pharmacology. 2002;58:265-74. 2. Kramer MS, Lane DA, Hutchinson TA. The International Agranulocytosis and Aplastic Anemia Study (IAAAS). Journal of Clinical Epidemiology. 1988;41:613-6. 3. Edwards JE, Meseguer F, Faura C, Moore RA, McQuay HJ. Single dose dipyrone for acute renal colic pain. Cochrane data-base of systematic reviews (Online). 2002:CD003867. 4. Edwards JE, Meseguer F, Faura CC, Moore RA, McQuay HJ. Single-dose dipyrone for acute postoperative pain. Cochrane database of systematic reviews (Online). 2001:CD003227.

Bitte zitieren als: Kötter T, Blozik E, Fässler M, Linde K, Nüesch E, Reichenbach S, Jüni P, Scherer M. Die Sicherheit von Metamizol mit Schwerpunkt Agranulozytose – eine systematische Literaturübersicht, gefördert durch das BMBF. Vorstellung von ersten Ergebnissen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom132. DOI: 10.3205/11fom132, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1326 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom132.shtml

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Einfluss von Patienten-Protokollen auf Diagnose und Therapie anlässlich 475 automatischen Blutdruckmessungen Philine Olbrich1, Thomas Mengden2, Thomas Ostermann3, Detmar Jobst4 1PJ-Krankenhaus, Heidelberg, Deutschland 2Klinikleitung, Bad Nauheim, Deutschland 3Univ. Witten-Herdecke, Witten-Herdecke, Deutschland 4Lehrbereich Allgemeinmedizin, Bonn, Deutschland

Hintergrund: Die ambulante Blutdruckmessung (ABDM) mit elektronischen Messgeräten ist ein reliables nichtinva-sives Verfahren zur Diagnosestellung und zur Therapie-kontrolle der arteriellen Hypertonie. Begleitend sollen Patienten häufig schriftliche Protokolle über ihre Tätigkei-ten und ihre Medikamenteneinnahme führen. Wie sinnvoll sind solche Patientenprotokolle? Welchen Einfluss haben sie auf Diagnosestellung und Therapie?

Material und Methoden: Dreizehn Lehrärzte der Bonner Universität konnten im Rahmen einer Dissertationsarbeit rekrutiert und deren 475 kompletten ABDM-Ergebnisse

aus dem Jahr 2009 retrospektiv ausgewertet werden, die ein Patientenprotokoll (PP) hatten und mindestens eine Hypertonie Grad 1 belegten. Ärztliche Hypertoniediagno-sen und antihypertensive Medikation vor und nach ABDM wurden erfasst, Peaks und Dips im Blutdruckverlauf wur-den mit den PP verglichen. Den Studienärzte wurden zur ABDM zehn strukturierte Fragen gestellt.

Ergebnisse: Patienten dokumentierten ihre Tätigkeiten in 60% vollständig (v), in 28% nicht ausführlich (na) und in 12% unvollständig (un); in 53% wurden keine Medika-mente aufgeführt. Die Vollständigkeit der PP-Aufzeichnungen hatte keine signifikanten Auswirkungen (Chi-Q-Test): Ärztlicherseits wurden Änderungen nach ABDM in der Diagnosestellung in 20,4 (v), 23,3 (na) und 24,1(un) Prozent und in der Therapie in 45,3 (v), 48,9 (na) 48,3 (un) Prozent der Fälle vorgenommen. Die von Patienten angegebenen Tätigkeiten korrelierten teils un-plausibel mit Peaks und Dips. Anstrengende körperliche Tätigkeiten wurden vermieden, Stressoren sehr selten vermerkt. Elf Studienärzte(85%) fühlten ohne PP keine oder eine nur gering verminderte diagnostische Sicherheit. Sechs Studienärzte (46%) befanden die PP gleichwohl als sehr wertvoll.

Schlussfolgerung/Implikation: Es konnte kein Einfluss durch PP auf Diagnose und Therapie der Hypertonie und kein entscheidender weiterer Nutzen dargestellt werden. Hingegen gab es Hinweise auf größeren Nutzen durch bessere ärztliche Dokumentation und gründlichere Patien-tenanleitung zum ABDM-Messvorgang.

Bitte zitieren als: Olbrich P, Mengden T, Ostermann T, Jobst D. Einfluss von Patienten-Protokollen auf Diagnose und Therapie anlässlich 475 automatischen Blutdruckmessungen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom133. DOI: 10.3205/11fom133, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1337 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom133.shtml

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Einstellungen von Pflegeheimbewohnerinnen und Pflegeheimbewohner zu Schlafmedikamenten Wolfram J. Herrmann1, Uwe Flick2 1Charité-Universitätsmedizin Berlin/Friedrich-Schiller-Universität Jena, Berlin/Jena, Deutschland 2Alice Salomon Hochschule Berlin, Berlin, Deutschland

Hintergrund: Pflegeheimbewohner leiden häufig unter Schlafstörungen. Schlafmedikamente sind jedoch auf-grund der Polypharmazie von Pflegeheimbewohnern, unerwünschter Arzneimittelwirkungen und mangelhafter Wirksamkeit eher nicht indiziert. Trotzdem erhalten viele Pflegeheimbewohner Schlafmedikamente. Möglicherweise sind die Forderungen und Wünsche von Pflegeheimbe-wohnern nach Schlafmedikation der Grund für die häufi-ge Behandlung von Schlafstörungen mit Schlafmedika-menten bei Pflegeheimbewohnern. Ziel dieser Teilstudie war es daher die Einstellungen von Pflegeheimbewohnern zu Schlafmedikamenten zu explorieren

Material und Methoden: Zur Exploration der subjektiven Konzepte von Pflegeheimbewohnern zu Schlaf und Schlaf-störungen führten wir mit 30 Pflegeheimbewohnern (min.

100

64 Jahre alt, orientiert zu Ort und Person) episodische Interviews. Episodische Interviews enthalten Erzählungen stimulierende Fragen und abstrakte und konkrete Fragen. Das Interviewmaterial analysierten wir mittels themati-schem Kodieren. Dabei werden Textsegmenten aus dem Material entwickelte Codes zugewiesen und in themati-sche Kategorien organisiert. Aus den Codes und dazuge-hörigen Textsegmenten zur Thematik Schlafmedikamente konstruierten wir eine Typologie der Pflegeheimbewohner hinsichtlich ihrer Einstellung zu Schlafmedikamenten.

Ergebnisse: Wir konnten vier Typen von Pflegeheimbe-wohnern konstruieren. Pflegeheimbewohner von Typ A lehnen Schlafmedikamente strikt ab. Pflegeheimbewohner von Typ B sehen „natürliche“ Schlafmedikamente, wie z.B. Baldrian, als harmlos und wirksam zur Beruhigung an. Pflegeheimbewohner von Typ C finden Schlafmedikamen-te in akuten Belastungssituationen vorübergehend für angebracht. Für Pflegeheimbewohner von Typ D sind Schlafmedikamente ein "Muss" um schlafen zu können; sie sind von Schlafmedikamenten abhängig. Meist wurden Pflegeheimbewohnern des Typs D noch im ambulanten Setting Schlafmedikamente in einer akuten Belastungssi-tuation verordnet und die Einnahme dann nicht mehr beendet.

Schlussfolgerung/Implikation: Die kurzfristig gedachte Verordnung von Schlafmedikamenten in akuten Belas-tungssituationen bietet die Gefahr einer langfristigen Einnahme mit Abhängigkeit von Schlafmedikamenten. Die Langzeitverläufe solcher Verordnungen sollten erforscht und die kurzfristige Verordnung von Schlafmedikamenten kritisch hinterfragt werden. Pflegeheimbewohner, die noch keine Schlafmedikamente nehmen, erwarten in dieser Studie auch nicht Schlafmedikamente verordnet zu be-kommen. Insbesondere Pflegeheimbewohner von Typ B erwarten Hilfe dabei sich geistig beruhigen zu können, beispielsweise mit Hilfe pflanzlicher Mittel. Möglicherweise wäre auch die Verordnung von Entspannungstechniken für diese Pflegeheimbewohner eine Alternative.

Bitte zitieren als: Herrmann WJ, Flick U. Einstellungen von Pflegeheimbewohnerinnen und Pflegeheimbewohner zu Schlafmedikamenten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom134. DOI: 10.3205/11fom134, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1345 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom134.shtml

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Hausärztliche Fehler und Beinahe-Fehler beim Impfmanagement: Eine repräsentative Online-Umfrage Birgitta Weltermann1, Marta Sikora1, Ute Schnell2, Martin Hermann1, Stefan Gesenhues1 1Institut für Allgemeinmedizin, Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland 2Sektion Allgemeinmedizin, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Wittenberg, Deutschland

Hintergrund: Auf der Webseite http://www.jeder-fehler-zaehlt.de/ berichten Hausärzte auch von Fehlern und Beinahefehlern beim Impfen. In dieser repräsentativen Querschnittstudie von Hausärzten der KV Nordrhein und KV Westfalen-Lippe sowie allen Lehrärzten von zwei Insti-

tuten für Allgemeinmedizin wurden Hausärzte zu ihrem Impfmanagement sowie Fehlern und Beinahe-Fehlern befragt.

Material und Methoden: Aus den Hausarztregistern der beiden Kassenärztlichen Vereinigungen wurde jeweils eine Zufallsstichprobe von 10% gezogen. Zusätzlich wurden alle Lehrärzte von zwei universitären Instituten für Allge-meinmedizin befragt. Beide Zielgruppen wurden per E-Mail bzw. per Brief um Teilnahme an der Online-Befragung gebeten. Mit Hilfe der Lime®-Software wurde ein Befragungsmodul zu hausärztlichem Impfmanagement entwickelt, das auch Fragen zu Fehlern und Beinahe-Fehlern umfasste. Ergänzend wurden Charakteristika der Teilnehmer und der Praxen erhoben.

Ergebnisse: Die repräsentative Stichprobe der Vertragsärz-te umfasste 954 Hausärzte, von denen 120 (13%) teil-nahmen. An den teilnehmenden Instituten beteiligten sich 127 von 211 (60%) bzw. 31 von 91 Lehrärzten (34%). Die meisten Teilnehmer waren Männer (70%); das Durch-schnittsalter betrug 51 Jahre. Von mindestens einem Fehler berichteten 58% der Ärzte, mindestens einen Bei-nahefehler berichteten 42 %. Die drei häufigsten Fehler waren: doppelte Impfung aufgrund fehlender Dokumenta-tion (42%), intramuskuläre Impfung eines Marcumarpati-enten (40%) und Impfung trotz fehlender Indikation (36%). Die häufigsten Beinahefehler waren: Impfung trotz akuter Krankheit des Patienten (13%), Impfung eines abgelaufe-nen Impfstoffes (13%) und intramuskuläre Impfung eines Marcumarpatienten (12%). Im Jahr vor der Befragung nahm etwas mehr als die Hälfte der Ärzte (51%) an einer Impffortbildung teil und 65% hatten selbst eine Impfung erhalten.

Schlussfolgerung/Implikation: Unsere repräsentative Um-frage unter Haus- und Lehrärzten zeigt, dass Hausärzte ein Problembewusstsein für Fehler und Beinahefehler auch aufgrund eigener Erfahrungen haben. Zur Fehlervermei-dung ist ein aktives Impfmanagement sinnvoll.

Literatur 1. Robert-Koch-Institut. Empfehlungen der Ständigen Impfkom-mission. Available from: http://www.rki.de/cln_151/ nn_195852/DE/Content/Infekt/Impfen/Impfempfehlungen/ Impfempfehlungen__node.html?__nnn=true 2. Jacobson VJ, Szilagyi P. Patient reminder and patient recall systems to improve immunization rates (Review). The Cochrane Collaboration 2008

Bitte zitieren als: Weltermann B, Sikora M, Schnell U, Hermann M, Gesenhues S. Hausärztliche Fehler und Beinahe-Fehler beim Impfmanagement: Eine repräsentative Online-Umfrage. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom135. DOI: 10.3205/11fom135, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1357 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom135.shtml

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Möglichkeiten eines Netzwerkes niedergelassener anthroposophischer Ärzte für Versorgungsforschung und Pharmakovigilanz Manuela Tabali1, Kirsten Heckenbach1, Elke Jeschke1, Thomas Ostermann2, Harald Matthes1 1Forschungsinstitut Havelhöhe, Berlin, Deutschland 2Lehrstuhl für Medizintheorie, Integrative und Anthroposophische Medizin, Herdecke, Deutschland

Hintergrund: Obgleich die anthroposophische Medizin (AM) seit über 80 Jahren angewendet wird und das Inte-resse an Komplementärmedizin weltweit steigt, gibt es noch keine umfassende Beschreibung zu Verordnungs-häufigkeiten, den behandelten Indikationen und Pharma-kovigilanz der AM in der täglichen hausärztlichen Praxis. Ziel war die Gewinnung von Erkenntnissen zum Arzneimit-telgebrauch sowie die Beurteilung von Unbedenklichkeit und Wirksamkeit anthroposophischer Arzneimittel.

Material und Methoden: Seit 2004 findet eine prospektive mulizentrische Beobachtungsstudie bei 40 niedergelasse-nen anthroposophisch orientierten Ärzten mit verschiede-nen Praxisschwerpunkten in ganz Deutschland statt.

Es werden alle Verordnungen, relevanten Indikationen und auftretende unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) erfasst. Eine Subgruppe von 7 Ärzten dokumentier-te zusätzlich zu den schwerwiegenden, alle leichten UAWs.

Die Datenerhebung erfolgt auf elektronische Fragebögen (Studiensoftware QuaDoSta (Qualitätssicherung, Doku-mentation & Statistik). Routinedaten aus den Praxissoft-waresystemen werden durch speziell entwickelte Schnitt-stellen ausgelesen. In standardisierten Web-Interfaces nehmen Ärzte ergänzend eine Verknüpfung von Medika-menten und Diagnosen, vor um Indikationen zu ermitteln.

Auswertungen erfolgen deskriptiv unter verschiedensten Aspekten:

a) Behandlungsspektrum allgemein und in verschiedene Altersklassen

b) Verordnungsverhalten im Bezug zu Erkrankungen

c) Sicherheit von Medikamenten.

Ergebnisse: a) Das Behandlungsspektrum bei Kindern (<11 Jahre) zeigte keinen Unterschied zu konventionellen Netzwerken und anderen Ländern, in dem Erkrankungen des Respirationstraktes am häufigsten behandelt wurden. Nur 4% der Verschreibungen wurden für Antibiotika do-kumentiert. AM wurden am häufigsten für akute Infekte der oberen Atemwege (URTI) verschrieben [1].

Die häufigsten Behandlungsdiagnosen bei den <60 jährigen waren Hypertonie, Brustkrebs und Herzinsuffizi-enz, wie auch in konventionellen Netzwerken. Am häufigs-ten wurden bei Krebs und Demenz AM verordnet [2].

b) Das Verordnungsverhalten für 32 839 Patienten wurde analysiert. Diese erhielten 95.116 Verordnungen (41,8% für AM). Die Wahrscheinlichkeit, ein AM zu erhalten, war besonders hoch bei Krebs (Odds Ratio [OR]: 4,5; 95% CI: 4,2–4,8) [3].

c) Die Sicherheit von Medikamenten wurde durch die Evaluation von UAW ermittelt. Eine Analyse bei 18.830 Patienten, welche 42.378 Korbblütler erhielten zeigte, dass die Behandlung mit Korbblütlern nicht mit einem erhöhten Risiko eine UAW zu entwickeln assoziiert ist [4].

Insgesamt wurden im Netzwerk in 5,5 Jahren 412 UAW gemeldet. Die häufigsten UAWs traten in Verbindung mit Cefadroxil auf (2,15%).

Schlussfolgerung/Implikation: Durch die Aufbereitung und Ergänzung ärztlicher Routinedaten konnte der Verschrei-bungsalltag anthroposophischer Hausärzte abgebildet und ein Beitrag zur Versorgungsrealität und Pharmakovi-gilanz geleitet werden.

Eine Ausweitung des Netzwerkes in Richtung Phytotherapie ist mit dem Projekt Ephraim geplant.

Literatur 1. Jeschke E, Ostermann T, Tabali M, Kröz M, Bockelbrink A, Witt C, Willich SN, Matthes H. Anthroposophic medicine in paediatric primary care – A prospectibe, multicentre observation-al study on prescribing patterns. in press 2011. 2. Jeschke E, Ostermann T, Tabali M, Vollmar HC, Kröz M, Bockelbrink A, Witt CM, Willich SN, Matthes H. Pharmacothera-py of elderly patients in everyday anthroposophic medical prac-tice: a prospective, multicenter observational study. BMC Geri-atr. 2010;10:48. 3. Jeschke E, Ostermann T, Tabali M, Bockelbrink A, Witt CM, Willich SN, Matthes H. Diagnostic profiles and prescribing pat-terns in everyday anthroposophic medical practice--a prospective multi-centre study. Forsch Komplementmed. 2009;16(5):325-33. 4. Jeschke E, Ostermann T, Luke C, Tabali M, Kroz M, Bockel-brink A, Witt CM, Willich SN, Matthes H. Remedies containing Asteraceae extracts: a prospective observational study of pre-scribing patterns and adverse drug reactions in German primary care. Drug Saf. 2009;32(8):691-706.

Bitte zitieren als: Tabali M, Heckenbach K, Jeschke E, Ostermann T, Matthes H. Möglichkeiten eines Netzwerkes niedergelassener anthroposophischer Ärzte für Versorgungsforschung und Pharmakovigilanz. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom136. DOI: 10.3205/11fom136, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1365 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom136.shtml

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Off-Label-Use – Kräfteviereck Arzt-Patient-Hersteller-GKV Albrecht Stein1, Jörg Schelling1, Andreas Klement2, Alexandra Ried3 1LMU München, München, Deutschland 2Uni Halle, Halle, Deutschland 3FH Hamburg, Hamburg, Deutschland

1. Pflichten für den Arzt aus rechtlicher Sicht

Off-Label-Use im Rahmen der Therapiefreiheit grundsätz-lich möglich.

Ärztliche Prüfkriterien:

wissenschaftlich legitimiert, Aufklärung über Risiken, Nebenwirkungen, Erfolg-

saussichten, Kostenübernahme.

102

Bei Unterlassung:

Vorwurf der KV, unterlassene Hilfeleistung, Körper-verletzung (evtl. sogar vorsätzlich),

Vertragsverletzung Behandlungsvertrag - Patienten

2. Patientenanspruch

Kinder, Schwangere, Krebskranke, alte Menschen oft auf „Off-Label“-Verordnungen angewiesen.

Info Selbsthilfegruppen, Medienberichte, Erfahrungsaus-tausch, Arztkontakt.

Anstieg des Risikos von Nebenwirkungen bzw. von Un-wirksamkeit.

Fazit: Verzicht auf Therapie oder Inkaufnahme möglicher Risiken und Kosten für den Patienten.

3. Absichten des Arzneimittelhersteller

Hersteller stellt Antrag auf die Zulassung des Arzneimittels.

Kriterien: Marktbreite, Patentlaufzeit, Generikaregelungen und Re-Import-Praktiken => bei marktengen Produkten, Arzneimittelhersteller fördern Umsatz durch steigenden Off-Label-Use, (keine Investitionen, keine Haftungsprob-leme für Produzenten).

4. Leistungspflicht Gesetzliche Krankenkassen

Leistung gemäß SGB V definiert am allgemein anerkann-ten Stand der medizinischen Erkenntnisse, dem medizini-schen Fortschritt, der Wirksamkeit und der Wirtschaftlich-keit, oft Streitigkeiten.

Zukunftsvisionen:

Negative Anreize (fraglich, da Gefahr der weiteren „Über-reglementierung“):

1. maximale Transparenz über Off-Label-Use-Fälle, z. B. durch Vergleich von Zahlen von Arzneimittelum-satz von Hersteller und Zahlen von On-Label-Verordnungen.

2. Verpflichtung der Pharmaunternehmen zum Antrag auf Neuzulassung bzw. zur Indikationserweiterung, wenn die Anzahl der Off-Label-Verordnungen den der On-Label erreicht.

3. Obligatorische Berichterstattung zu klinischen Stu-dien zu Off-Label-Use z. B. durch die Pflicht zur Vor-abregistrierung.

Positive Anreize (bevorzugt):

1. Ermöglichung eines vereinfachten Verfahren zur Zu-lassungserweiterung bzw. zur Neuzulassung bei ei-nem bestimmten anteiligen Off-Label-Use-Niveau eines Arzneimittels.

2. Förderung von klinischen Arzneimittelstudien (Zulas-sungserweiterung bzw. Neuzulassung durch Ände-rung der Rahmenbedingungen mit begünstigenden Regelungen von Patentlaufzeiten, Schutzfristen, Ver-marktungsrechten etc.)

3. Gründung eines gemeinsames Fonds der Pharmaun-ternehmen zur Arnzeimittelforschung

4. Erleichterung der beschleunigten (Fast-Treck) Zulas-sung bei Arzneimitteln für bestimmte Bereiche und Erkrankungen (z. B. Onkologie, Multiple Sklerose)

5. Förderung der Forschung/klinische Tests in Nischen-bereichen (orphan drugs, bestimmte Patientengrup-pen).

Aktuelles:

Bis 01.01.2011 wurde für zehn Arzneimittel die Anwen-dung in einer Off-Label-Use-Indikation bewertet und deren Verordnungs- bzw. Nichtverordnungsfähigkeit in der Arzneimittelrichtlinie verankert.

Für Arzneimittel, für die es noch keine Entscheidungen gibt, gelten die BSG-Ausnahmeregelung (schwerwiegende Erkrankung, keine andere verfügbare Therapie, Aussicht auf Behandlungserfolg).

Bitte zitieren als: Stein A, Schelling J, Klement A, Ried A. Off-Label-Use – Kräfteviereck Arzt-Patient-Hersteller-GKV. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom137. DOI: 10.3205/11fom137, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1378 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom137.shtml

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Off-Label-Use – Rechtliche Voraussetzungen – Bedingungen für die Leistungspflicht der Krankenkassen Albrecht Stein1, Jörg Schelling1, Andreas Klement2, Alexandra Ried3 1LMU München, München, Deutschland 2Uni Halle, Halle, Deutschland 3FH Hamburg, Hamburg, Deutschland

Off-Label-Use ist nicht Arzneimittelfehlgebrauch oder Arzneimittelmissbrauch.

Definition: ein Gebrauch/Einsatz außerhalb des ge-brauchs- und fachinformativen Textes; d.h. Einsatz eines zugelassenen Fertigarzneimittel außerhalb dem von natio-nalen Behörden (BfArM oder PEI) oder von europäischen Zulassungsbehörde (EMEA) genehmigten Gebrauch zur Krankenbehandlung; d.h. ohne Zustimmung der Zulas-sungsbehörde § 29 Abs. 2a f.

Die Voraussetzungen eines Off-Label-Use:

1. Fertigarzneimittel 2. bestehende Zulassung 3. fehlende Genehmigung für den verordneten Ge-

brauch 4. Anwendung zur Krankenbehandlung

Beispiele allgemein:

a) Anwendungsgebiet/Indikation (z. B. Zytostatikum bei e.a. als dem zugelassenen Tumorstadium) b) Darreichungsform (z. B. inhalative statt i.v.) c) Dosierung (Unter- und Überschreitung) d) Art der Anwendung (z. B. lokale statt systemische) e) Dauer der Anwendung (z. B. orale Kontrazeptiva im Langzyklus) f) Eigenschaften des Patientenkreises (z. B. Alter, Ge-schlecht) g) Einschränkung der Kontraindikationen und Wechselwir-kungen.

Konkrete Beispiele für Off-Label-Use:

Gabapentin bei chronischen Schmerzpatienten Loperamid bei Kinder unter 2 Jahren, Antitussivum

Dihydrocodein unter 4 Jahren trotz Kontraindikation

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Die häufigsten Anwendungsgebiete: Pädiatrie, Onkologie, Gynäkologie, Neurologie und Geriatrie.

Abgrenzungen nach dem Kriterium „Zeitpunkt der Zulas-sung“:

d. h. Arzneimittelanwendung vor jeglicher Zulassung (sog. Compassionate-Use). Es handelt sich dabei um Patientengruppen mit chronischen, schweren oder gar lebensbedrohenden Erkrankungen, mit fehlender bzw. „passender“ Therapie mit zugelassenen Arznei-mitteln. Antrag auf Phase I bis III.

die Arzneimittel ohne Zulassung (Unlicensed-use) die Anwendung von Arzneimitteln, die in Deutschland

keine Zulassung haben und für die diese auch nicht beantragt ist (z. B. Prüfpräparate außerhalb klinischer Studien oder aus USA importierte und nur dort zuge-lassene Arzneimittel)

Gründe für den Off-label-Use:

die medizinische Erkenntnisse über Erkrankungen und ihren Therapiemöglichkeiten entwickeln sich rasant weiter

es entstehen laufend neue Erkrankungen (z. B. durch das HIV hervorgerufen)

Therapiepotentiale und Anwendungsgebiete von Me-dikamenten werden durch die gesetzliche Zulassung oft nicht oder nicht vollständig abgedeckt

die Zulassungsverfahren der Arzneimittel sind zu zeit-intensiv, z. B. bei onkologischen Behandlungen, die Schwerstkranken brauchen oft eine kurzfristige The-rapie

zu hohe Kosten bei zu wenig Ertrag

Aufnahme in den LK der Krankenkassen:

Die Aufnahme in den Leistungskatalog der Krankenkassen (Leistungspflicht) erfolgt bei:

positiver Empfehlung der Expertengruppe (6 Gruppen vorhanden)

Anerkennung dieses Off-Label-Use als bestimmungs-gemäßen Gebrauch durch den Hersteller

Aufnahme des Arzneimittel und der Off-Label-Indikation in Teil A der Anlage zur Arzneimittel-Richtlinie durch den G-BA.

Bitte zitieren als: Stein A, Schelling J, Klement A, Ried A. Off-Label-Use – Rechtliche Voraussetzungen – Bedingungen für die Leistungspflicht der Krankenkassen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom138. DOI: 10.3205/11fom138, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1381 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom138.shtml

3 Polypharmakotherapie, Versorgungsqualität und Patientensicherheit II

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Optimiertes Gerinnungsmanagement in der Hausarztpraxis: Primary Care Management for Optimized Antithrombotic Treatment (PICANT) – Studienprotokoll Andrea Siebenhofer1, Martin Beyer1, Corina Güthlin1, Juliana J. Peterson1, Andrea Berghold2, Sebastian Harder3, Anne Dahlhaus1, Ferdinand M. Gerlach1 1Institut für Allgemeinmedizin, Goethe-Universität, Frankfurt, Deutschland 2Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Dokumentation, Medizinische Universität Graz, Graz, Österreich 3Institut für klinische Pharmakologie/ZAFES, Goethe-Universität, Frankfurt, Deutschland

Hintergrund: Die orale Antikoagulation reduziert throm-boembolische Ereignisse [1], [2]. Bei schlechter Gerin-nungseinstellung drohen jedoch schwere, zum Teil le-bensbedrohliche Nebenwirkungen in Form von Blutungen oder Thrombembolien. Die therapeutische Optimierung der oralen Antikoagulation ist somit unerlässlich, um den therapeutisch gewünschten Effekt zu erzielen. Die Qualität der Gerinnungseinstellung ist bisher bei jenen PatientIn-nen, welche in spezialisierten Kliniken betreut werden bzw. bei jenen, welche ein Selbstmanagement der oralen An-tikoagulation durchführen höher als bei hausärztlich ver-sorgten PatientInnen [3].

Material und Methoden: Im Rahmen der cluster-randomisierten, BMBF-geförderten Studie PICANT soll mittels eines Best Practice-Modells mit HausärztInnen, Medizinischen FachangestelltInnen und PatientInnen mit einer Langzeitindikation für die Gerinnungshemmung die hausärztliche Versorgung verbessert und gerinnungsasso-ziierte Komplikationen reduziert werden. Eingeschlossen werden erwachsene PatientInnen mit erforderlicher Lang-zeittherapie mit Kumarinen, Thrombo-zytenaggregationshemmern sowie den neuen gerinnungs-hemmenden Substanzen Rivaroxaban und Dabigatran, sofern diese bis zum Beginn der Studie zugelassen sind. Aufgrund der Fallzahlberechnung ist der Einschluss von 50 Praxen mit jeweils 15 Patienten vorgesehen. Die Be-obachtungsdauer beträgt 24 Monate. HausärztInnen und das Praxisteam in der Interventionsgruppe erhalten Case Management-Schulungen, PatientInnen in der Interventi-onsgruppe werden im Sinne einer informierten Entschei-dung aufgeklärt und zum Selbstmanagement motiviert. PatientInnen in der Kontrollgruppe bekommen die übliche hausärztliche Versorgung. Der kombinierte primäre End-punkt inkludiert thromboembolische Ereignisse mit der Erfordernis eines stationären Aufenthalts und schwere Blutungskomplikationen. Sekundäre Endpunkte sind Mor-talität, Häufigkeit/Dauer von Hospitalisierung, uner-wünschte Ereignisse, Qualität der Gerinnungseinstellung, gesundheitsökonomische Aspekte und Lebensqualität. In semi-strukturierten Interviews werden die Erfahrungen der StudienteilnehmerInnen (Hausarztteam, PatientInnen) erfasst. Neben dem generellen Gerinnungsmanagement wird die Auswirkung der Neueinführung der (teureren)

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Substanzen Rivaroxaban und Dabigatran auf das haus-ärztliche Verschreibungsverhalten und die therapeutische Effektivität evaluiert.

Schlussfolgerung/Implikation: Aufgrund der guten Evi-denzlage für die jeweiligen Einzelkomponenten (erwiese-ner Nutzen von Gerinnungshemmung [1], [2], Case Ma-nagement im niedergelassenen Bereich [4] und Selbstma-nagement für PatientInnen [5] wird für diese komplexe Intervention im Sinne eines Best Practice-Modells eine deutliche Reduktion der schweren gerinnungsassoziierten Komplikationen (Thrombembolien/ Blutungen) erwartet.

Literatur 1. Aguilar MI, Hart R. Oral anticoagulants for preventing stroke in patients with non-valvular atrial fibrillation and no previous history of stroke or transient ischemic attacks. Cochrane Data-base Syst Rev. 2005;3:CD001927. 2. Saxena R, Koudstaal PJ. Anticoagulants for preventing stroke in patients with nonrheumatic atrial fibrillation and a history of stroke or transient ischaemic attack. Cochrane Database Syst Rev. 2004;2:CD000185. 3. Gadisseur AP, et al. Comparison of the quality of oral antico-agulant therapy through patient self-management and manage-ment by specialized anticoagulation clinics in the Netherlands: a randomized clinical trial. Arch Intern Med. 2003;163(21):2639-46. 4. Gensichen J, von Korff M, Peitz M, Muth C, Beyer M, Guthlin C, Torge M, Petersen JJ, Rosemann T, Konig J, Gerlach FM. Case management for depression by health care assistants in small primary care practices: a cluster randomized trial. Ann Intern Med. 2009;151(6):369-78. 5. Siebenhofer A, Rakovac I, Kleespies C, Piso B, Didjurgeit U. Self-management of oral anticoagulation reduces major out-comes in the elderly. A randomized controlled trial. Thromb Haemost. 2008;100(6):1089-98.

Bitte zitieren als: Siebenhofer A, Beyer M, Güthlin C, Peterson JJ, Berghold A, Harder S, Dahlhaus A, Gerlach FM. Optimiertes Gerinnungsmanagement in der Hausarztpraxis: Primary Care Management for Optimized Antithrombotic Treatment (PICANT) – Studienprotokoll. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom139. DOI: 10.3205/11fom139, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1398 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom139.shtml

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Polypharmazie aus hausärztlich-praktischer Sicht – Ergebnisse aus Gruppendiskussionen mit Allgemeinärzten Katrin Püsche1, Gabriella Marx2, Wolfgang Himmel2 1Allgemeinmeidzin, Göttingen, Deutschland 2Allgemeinmedizin, Göttingen, Deutschland

Hintergrund: Aufgrund des zunehmenden Alters und der damit zunehmenden Multimorbidität nimmt die Poly-pharmazie zu. Ursachen, Probleme und Folgen sind gut beschrieben. Im ersten Teil dieses Projektes wurden bereits die Arzt-Patienten-Kommunikation, sorgfältiges Medika-mentenmanagement und die Publikation krankheitsüber-greifender Leitlinien als relevante Kategorien deutlich. Doch in welchen Spannungsfeldern befinden sich Allge-meinärzte im Rahmen ihrer klinisch-praktischen Tätigkeit?

Material und Methoden: Nach Auswertung der Gruppen-diskussionen des XIII. Forschungskurses der DEGAM

hoben sich die überwiegend klinisch-praktisch tätigen Hausärzte hervor. Daher erfolgte zur Differenzierung in einem zweiten Schritt die Durchführung von zwei weiteren Gruppen mit unterschiedlich langer Berufserfahrung. Die Diskussionen wurden nondirektiv durch zwei Moderatorin-nen geleitet und inhaltsorientiert als MindMaps sowie interpretativ mittels der Dokumentarischen Methode nach Bohnsack ausgewertet.

Ergebnisse: Erfahrenere Hausärzte zeigen eine deutliche Tendenz, die Medikation situativ anzupassen und nehmen aufgrund ihrer Selbstsicherheit die Polypharmazie nicht als problematisch wahr. Die jüngeren Ärzte hingegen sehen die Polypharmazie und ihre Entscheidungen darüber im Spannungsfeld zwischen gesellschaftlichen Wünschen, politischen Forderungen und eigener Ideologie. Eine Lösung wird von ihnen nicht gesehen.

Schlussfolgerung/Implikation: Die im Zusammenhang mit der Polypharmazie formulierten Kommunikationsstrategien scheinen von eher wissenschaftlichem denn praktischem Interesse zu sein. Bei den älteren rein hausärztlich Tätigen Hausärzten ist die Erfahrung für den Umgang mit der Medikation entscheidend, wobei von den Jüngeren Unter-stützung durch Wissenschaft, Politik und die Gesellschaft gewünscht wird.

Bitte zitieren als: Püsche K, Marx G, Himmel W. Polypharmazie aus hausärztlich-praktischer Sicht – Ergebnisse aus Gruppendiskussionen mit Allgemeinärzten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom140. DOI: 10.3205/11fom140, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1409 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom140.shtml

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Polypharmazie, Arzneimittel-bezogene Probleme und potenziell inadäquate Medikation in einer Kohorte älterer Patienten aus der PRISCUS-Studie Stefanie Holt1, Renate Klaaßen-Mielke2, Gudrun Theile3, Christiane A. Müller3, Ulrich Thiem2, Petra A. Thürmann1 1Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie, Department für Medizin, Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke, Philipp Klee-Institut für Klinische Pharmakologie, Helios Klinikum Wupper-tal, Wuppertal, Deutschland 2Abteilung für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemio-logie, Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland 3Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule Hanno-ver, Hannover, Deutschland

Hintergrund: Bestimmte Arzneimittel gelten aufgrund pharmakologischer Effekte und eines erhöhten Risikos für unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) als potenziell inadäquat für ältere Patienten. Die an den deutschen Arzneimittelmarkt und Verordnungsgewohnheiten ange-passte PRISCUS-Liste beinhaltet 83 potenziell inadäquate Medikamente (PIM) für ältere Menschen [1]. Medikations-empfehlungen wie Monitoring-Parameter und Dosie-rungsanpassungen, falls der PIM-Gebrauch nicht ver-meidbar ist sowie Therapiealternativen sind zusätzlich aufgeführt. Mit Hilfe der PRISCUS-Liste sollte die PIM-Nutzung bei älteren Patienten, die Studienteilnehmer des hannoverschen Teilprojektes des PRISCUS-Verbundes (STEP-Studie) waren [2], analysiert werden.

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Material und Methoden: Demographische Daten, Erkran-kungen, aktuelle Medikation und selbst-berichtete UAW wurden von 737 Patienten der Interventions- und Kon-trollgruppe der STEP-Studie (78±4 Jahre, 60% Frauen) in zwei Interviews im Abstand von drei Monaten erfasst. Der Medikamentengebrauch wurde im Hinblick auf Poly-pharmazie (≥5 Arzneimittel), Häufigkeit potenziell inadä-quater Medikamente nach PRISCUS-Liste und ihr Zusam-menhang mit selbstberichteten Beschwerden und UAW untersucht. Die univariate und multivariate logistische Regressionsanalyse u.a. mit den Einflussfaktoren Ge-schlecht, Altersgruppen und Polypharmazie erfolgte mittels SAS (Version 9.1).

Ergebnisse: Die Patienten der STEP-Studie nahmen zu beiden Interviewzeitpunkten im Mittel 6±3 Arzneimittel. 61% der Patienten erhielten ≥5 Medikamente. Bei 18% der Patienten konnte der Gebrauch von PIM gemäß PRISCUS-Liste ermittelt werden. Die häufigsten PIM waren Acetyldigoxin, Amitriptylin, Sotalol und Bromazepam. Die häufigsten potenziell inadäquaten Arzneistoffklassen wa-ren Psychoanaleptika (N06), Psycholeptika (N05) und Herztherapeutika (C01). Der PIM-Gebrauch steht statis-tisch signifikant mit Polypharmazie und häufigen Arztbesu-chen in Zusammenhang. Ein statistisch signifikant höherer PIM-Gebrauch bei Frauen konnten nur in der univariaten Analyse ermittelt werden (OR 1.7, KI 1.1-2.5). Patienten mit PIM-Nutzung gaben häufiger Beschwerden wie Schlaf-störungen (OR 1.7, KI 1.2-2.6), Übelkeit (OR 3.2, KI 1.8-5.7) und Obstipation (OR 2, KI 1.2-3.1) an als Patienten ohne PIM. Die Längsschnittuntersuchung zeigte keine großen Veränderungen des PIM-Gebrauchs. 84.8% der PIM-Patienten nutzen zu beiden Interviewzeitpunkten potenziell inadäquate Medikamente nach PRISCUS-Liste.

Schlussfolgerung/Implikation: 61% der untersuchten Kohorte sind von Polypharmazie betroffen, 18% wenden ein PIM an. Die ermittelte PIM-Prävalenz ist vergleichbar zu Daten anderer nationaler und internationaler Erhebun-gen [3], [4]. Im Unterschied zu internationalen Studien [5] wurde kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwi-schen der PIM-Nutzung und höherem Alter festgestellt. Eine randomisierte kontrollierte Studie zum PIM-Gebrauch und dessen Vermeidung startet im Frühjahr 2011 (RIME Studie).

Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und For-schung, Förder-Nr. 01ET0721, 01ET0722.

Literatur 1. Holt S, Schmiedl S, Thürmann PA. Potentially inappropriate medication in the elderly - PRISCUS list. Dtsch Arztebl Int. 2010;107:543-51 2. Müller CA, Klaaßen-Mielke R, Penner E, Junius-Walker U, Hummers-Pradier E, Theile G. Disclosure of new health problems and intervention planning using a geriatric assessment in a primary care setting. Croat Med J. 2010;51:493-500. 3. Fialová D, Topinková E, Gambassi G, Finne-Soveri H, Jónsson PV, Carpenter I, Schroll M, Onder G, Wergeland Sørbye L, Wagner C, Reissigová J, Bernabei R for the AdHOC Project Research Group. Potentially inappropriate medication use among elderly home care patients in Europe. JAMA. 2005;293:1348-58. 4. Holt S, Thiem U, Diederichs C, Berger K, Szymanski J, Thür-mann PA. Potentially inappropriate medication in two German elderly cohorts. 17. Jahrestagung der Gesellschaft für Arzneimit-telanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie. Osna-brück, 25.-26.11.2010. Düsseldorf: GMS German Medical Science Publishing House; 2010. Doc10gaa22 DOI: 10.3205/10gaa22 5. Bongue B, Naudin F, Laroche ML, Galteau MM, Guy C, Guéguen R, Convers JP, Colvez A, Maarouf N. Trends of the potentially inappropriate medication consumption over 10 years in older adults in the East of France. Pharmacoepidemiol Drug Saf. 2009;18:1125-33

Bitte zitieren als: Holt S, Klaaßen-Mielke R, Theile G, Müller CA, Thiem U, Thürmann PA. Polypharmazie, Arzneimittel-bezogene Probleme und potenziell inadäquate Medikation in einer Kohorte älterer Patienten aus der PRISCUS-Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom141. DOI: 10.3205/11fom141, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1414 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom141.shtml

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Priorisierung in der Arzneimitteltherapie älterer multimorbider Patienten – eine Frage des Geschlechts? Bianca Lehmann, Miriam Kip, Gernot Heusinger von Waldegg, Sophie Krößner, Markus Herrmann

Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Fakultät, Universität Magdeburg, Magdeburg, Deutschland

Hintergrund: Die im Zuge des demographischen Wandels veränderte Alters- und Morbiditätsstruktur stellt Hausärz-tInnen vor große Herausforderungen hinsichtlich der Arzneimitteltherapie älterer multimorbider PatientInnen. Ziel der Analyse war, geschlechtsspezifische Gemeinsam-keiten und Unterschiede bei HausärztInnen hinsichtlich der Kriterien bei der Arzneimitteltherapie älterer multimor-bider PatientInnen herauszuarbeiten.

Material und Methoden: Grundlage bildeten die multime-thodisch gewonnenen Daten des Projektes „Priorisierung von Arzneimitteln in der hausärztlichen Versorgung von Patienten über 60 Jahre mit Multimorbidität im Übergang von stationärer zu ambulanter Versorgung“ (Setting: HausärztInnen in Sachsen-Anhalt). Die Transkripte von 4 Fokusgruppen wurde mittels Qualitativer Inhaltsanalyse [1] analysiert; die Daten der schriftlichen Befragung von 43 HausärztInnen (14 Männer, 29 Frauen) wurden de-skriptiv ausgewertet (Tabelle 1).

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Tabelle 1: Soziodemografische Daten der befragten Hausärzte und Hausärztinnen

Ergebnisse: Die in der qualitativen Befragung herausge-arbeiteten Kriterien bildeten die Grundlage für die Frage-bogenerhebung. Patientenbezogene Faktoren sind für beide Geschlechter als Kriterium für die Arzneimittelthera-pie am bedeutsamsten (Männer: Lebensqualität; Frauen: Patientensicherheit), ökonomische Faktoren haben die geringste Relevanz. Signifikante Unterschiede gibt es bzgl. der Bedeutung der Compliance: Mehr als die Hälfte der Hausärztinnen (55,2%), aber nur gut ein Fünftel der Män-ner (21,4%) zählt diese zu den 5 wichtigsten Kriterien. Eine deutliche Mehrheit der HausärztInnen gibt an, eine bestimmte Anzahl an Medikamenten in der Behandlung multimorbider Älterer nicht überschreiten zu wollen (Frau-en: 6; Männer: 7). Die höhere Bedeutung der Compli-ance (und damit verbunden des Patientenwillens) für die Hausärztinnen zeigt sich auch in der qualitativen Analyse. Entgegen der Ergebnisse der quantitativen Befragung thematisieren Hausärzte in den Diskussionen stärker die Lebensdauer als die Lebensqualität, während ihre Kolle-ginnen der Lebensqualität – v.a. auch in Abgrenzung zur Lebensdauer – eine hohe Relevanz aussprechen. Hausärz-tinnen verbinden in den Diskussionen häufig das eigene ärztliche Handeln mit den für sie relevanten Kriterien (z.B. Sicherstellung der medizinischen Versorgung im häusli-chen Umfeld, Berücksichtigung des Patientenwillens).

Schlussfolgerung/Implikation: Hausärztinnen und Haus-ärzte nutzen bei der Priorisierung in der Arzneimittelthera-pie älterer multimorbider Patienten – bis auf wenige Aus-nahmen – die gleichen Kriterien mit ähnlicher Gewich-tung. Unterhalb dieser vergleichbaren Relevanz der Krite-rien zeigen sich geschlechtsspezifische Unterschiede in der konkreten inhaltlichen Ausgestaltung dieser und der Ver-knüpfung zwischen einzelnen Kriterien.

Literatur 1. Mayring P. Qualitative Inhaltsanalyse, Grundlagen und Techniken. 5. Aufl. Weinheim und Basel: Beltz Verlag; 1994.

Bitte zitieren als: Lehmann B, Kip M, Heusinger von Waldegg G, Krößner S, Herrmann M. Priorisierung in der Arzneimitteltherapie älterer multimorbider Patienten – eine Frage des Geschlechts. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom142. DOI: 10.3205/11fom142, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1429 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom142.shtml

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Sichtweise von Hausärzten und Apothekern über die Auswirkungen der Medikamenten-Rabattverträge Dagmar Gröber-Grätz, Markus Gulich

Institut für Allgemeinmedizin, Ulm, Deutschland

Hintergrund: Mit dem seit 1. April 2007 eingeführten GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz ist der Apotheker dazu verpflichtet, dasjenige Medikament abzugeben, mit des-

sen Hersteller die Krankenkasse des Versicherten einen Rabattvertrag hat, sollte auf dem Rezept bei „aut-idem“ kein Kreuz gesetzt sein. Ziel dieser Studie war es zu unter-suchen, welche Auswirkungen dies für Ärzte und Apothe-ken hat.

Material und Methoden: Befragung von Hausärzten und Apothekern zu Auswirkungen der Rabattverträge auf die Patientenversorgung mittels standardisierter Fragebögen und Gegenüberstellung der Ergebnisse.

Ergebnisse: An der Studie nahmen 95 Ärzte und 804 Apotheker/Innen und Apothekenangestellte teil. 54,8 % der Ärzte kreuzen auf dem Rezept nicht oder eher nicht „aut-idem“ an. 69% der Apotheker geben an, dass sie Rezepte erhalten, die eine Substitution zulassen. 53,7% der Ärzte berichten, dass Patienten Ihnen gegenüber auf ihr Medikament bestehen und 96,9% der Apotheker ste-hen verärgerten Kunden gegenüber. 94,7% der Ärzte und 97% der Apotheker führen an, dass die Patienten in der Medikamenteneinnahme irritiert sind. Durch Änderungen in der Medikation geben 73,4% der Ärzte Medikationsfeh-ler und 90,5% einen erhöhten Beratungsbedarf seitens der Patienten an. 60,1% der Apotheker sind Medikamen-tenverwechslungen von Kunden bekannt und 99,1% berichten über einen erhöhten Beratungsaufwand.

Schlussfolgerung/Implikation: Alle Studienteilnehmer haben eine insgesamt ablehnende Haltung gegenüber Rabattverträgen. Die Erfahrungen von Ärzten und Apothe-kern zeigen gleichermaßen auf, dass Patienten/Kunden verärgert und in der Medikamenteneinnahme verunsichert sind. Das Arzneimittel wird fremdbestimmt durch die Krankenkassen vorgeschrieben, welche in diesem Moment direkt aktiv in die Therapie eingreifen. Die Untersuchung bietet Hinweise darauf, dass der Medikamentenaustausch auf dem Umweg über Verunsicherung und Ablehnung die Sicherheit der medikamentösen Therapie/Versorgung beeinträchtigen könnte.

Bitte zitieren als: Gröber-Grätz D, Gulich M. Sichtweise von Hausärzten und Apothekern über die Auswirkungen der Medikamenten-Rabattverträge. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom143. DOI: 10.3205/11fom143, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1436 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom143.shtml

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Spezifische, nicht- spezifische medikamentöse Therapie und Komorbidität von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz in der Hausarztpraxis Giuliano Piccoliori1, Adolf Engl1, Emiliano Sessa2, Harald Abholz2 1SAkAM, Bozen, Italien 2SaKAM, Bozen, Italien

Hintergrund: Die chronische Herzinsuffizienz stellt ein in den Industriestaaten ständig steigendes Problem der öffentlichen Gesundheit dar. Deren Behandlung ist durch Studien gut abgesichert und in Leitlinien dargelegt. Nur wenige Studien haben aber die Behandlungsrealität im Hausarztbereich untersucht. Fragestellung: Wie werden Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz in der Hausarzt-praxis behandelt und welche Rolle spielen dabei chroni-sche Begleiterkrankungen und deren Therapie.

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Material und Methoden: 39 Hausärzte aus ganz Südtirol, die insgesamt eine Population von 67 256 Bürgern be-treuten, dokumentierten über 12 Wochen alle Patienten mit bekannter chronischer Herzinsuffizienz in Bezug auf spezifische Therapie, Komorbidität und nicht spezifische pharmakologische Behandlung. Die Ergebnisse wurden zu Leitlinienvorgaben verglichen.

Ergebnisse: Es wurden 693 Patienten mit überwiegend (83%) NYHA II und III unter der Behandlung ein. Das Durchschnittliche Alter der Patienten betrug 75,1 Jahre. Die Patienten waren mehrheitlich multimorbide mit im Durchschnitt fast 3 weiteren chronischen Krankheiten. Die 3 häufigsten Komorbiditäten waren Hypertonie (66%), Vorhofflimmern (46%) und KHK (35%). Jeder Patient nahm im Durchschnitt 2,6 für die Herzinsuffizienz spezifi-sche Medikamente (SD: 1) im engeren Sinne ein. ACE-Hemmer oder ATI-Antagonisten wurden von 81 % einge-nommen, Diuretika von 77%, Betablocker von 51%, Sartane von 29%, Digitalis von 25,5, Antialdosteronika von 14%. Man fand dabei geschlechts-, alters- und komorbiditätsspezifische Unterschiede: Acehemmer wur-den häufiger von Männern als von Frauen eingenommen, Betablocker häufiger von jüngeren Patienten und seltener bei COPD, Digitalis häufiger bei Vorhofflimmern. Die am häufigsten eingesetzten Moleküle bei den Ace-Hemmer waren Ramipril und Lisinopril, unter den Betablockern

Bisoprolol und Carvedilol. Die Targetdosierung der Ace-hemmer wurde bei 46% und der Betablocker bei nur 17% der Patienten erreicht. Die Medianen der Tagesdosis betrugen bei Ramipril 5 mg und bei Lisinopril 20 mg, bei Bisoprolol 2,5 mg und bei Carvedilol 25 mg, bei Furo-semid 25 mg und bei Spironolactone 37,5 mg. Unter den nicht spezifischen Medikamenten fand man die Vit.K-Antagonisten mit 38,5%, ASS mit 34,4% und Calcium-Antagonisten mit 25%. Statine wurden von 24%, Antide-pressiva sowie orale Antidiabetika und Nitrate von mehr als 14% des Kollektivs eingenommen.

Schlussfolgerung/Implikation: Der hohe Anteil an Patien-ten, die Ace-Hemmer oder AT1-Blocker (81%), Diuretika (79%) und vor allem Betablocker (51%) einnahmen, liefert uns das Bild einer zufriedenstellenden Adhärenz der lau-fenden Therapien an den Empfehlungen der Leitlinien. Nur eine Minderheit der Patienten erreichte aber die täglichen Targetdosierungen für Ace-Hemmer und Beta-blocker. Das höhere Alter und die hohe Komorbidität schränkten Auswahl der Medikamente und Dosierungen stark ein. Es stellt sich die Frage, ob bei solchen hochbe-tagten und polymorbiden Patienten die strikte Anwendung der Targetdosierungen wirklich vom Nutzen sein kann.

Tabelle 1: Häufigkeit für die Herzinsuffizienz spezifischer Medikamente

Tabelle 2: Komorbidität bei herzinsuffizienter Patienten

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Tabelle 3: Dosierungen der häufigsten Moleküle

Literatur 1. Dini L, Heintze C, Welke J et al. Leitliniengerechte Pharmako-therapie bei herzinsuffizienten Patienten – Gibt es Unterschiede der Behandlung durch Hausärzte in Einzelpraxen und in Medizini-schen Versorgungszentren? Z. Evid Fortbild Qual Gesundhwesen (ZEFQ). 2010; 104:113–119. 2. Cleland JG, Cohen-Solal A, Aguilar JC. Management of heart failure in primary care (the IMPROVEMENT of Heart Failure Programme): An international survey. Lancet 2002; 112:155-159; 360:1631-1639 3. Ulf Dahlström. Frequent non-cardiac comorbidities in patients with chronic heart failure. The European Journal of Heart Failure. 2005;7:309-316.

Bitte zitieren als: Piccoliori G, Engl A, Sessa E, Abholz H. Spezifische, nicht- spezifische medikamentöse Therapie und Komorbidität von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz in der Hausarztpraxis. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom144. DOI: 10.3205/11fom144, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1443 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom144.shtml

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Welche Angaben können Patienten über ihre verordneten Medikamente machen? Ariane Chaudhuri1, Elisabeth Hey1, Martin Scherer2, Jean-François Chenot1 1Abteilung Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland 2Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland

Hintergrund: Viele Menschen müssen auf Grund von Erkrankungen regelmäßig Medikamente einnehmen. Verschiedene Studien konnten zeigen, dass ein besseres Verständnis und Wissen über die einzunehmenden Medi-kamente die Zufriedenheit der Patienten und die Adhärenz der verordneten Medikation erhöhen. Ziel der Studie ist es, zu untersuchen, welche Angaben Patienten über ihre ärztlich verordneten Medikamente machen können.

Material und Methoden: In einer Querschnittstudie in zehn Hausarztpraxen wurden erwachsene Patienten, die mindestens ein Medikament einnahmen, über ihre aktuel-le Medikation befragt. Die Datenerhebung wurde auf drei

verschiedene Arten durchgeführt: postalisch, telefonisch und mündlich/Interview. Die gewonnenen Patientendaten wurden mit den hausärztlich dokumentierten Medikamen-tenverordnungen (EDV-Patienten-Dokumentation) vergli-chen.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 1108 Patienten angespro-chen und 637 Patienten (57% weiblich, Durchschnittsalter 67±13) befragt. 64% hatten einen Einnahmeplan, davon waren 73% vom Hausarzt ausgestellt worden, 30% erhiel-ten zusätzlich Medikamentenverordnungen von anderen Ärzten. Die Patienten machten Angaben über 2862 Ver-ordnungen (Durchschnitt 4,5±2,5 Medikamente/Person). In jeweils ca. 10% war die Medikation nur in der Doku-mentation des Hausarztes oder nur vom Patienten ange-geben. In 85% konnten die Patienten die Indikation kor-rekt angeben. Nur 15% Patienten konnten keine Medika-mentendosis korrekt angeben. Mit zunehmender Medika-mentenzahl sank der Anteil der korrekt angegebenen Dosierung stark ab.

Schlussfolgerung/Implikation: Die befragten Patienten konnten über die von Ihnen eingenommenen verordneten Medikamente in Bezug auf Dosis, Einnahmeschema und Indikation gut Auskunft geben. Dies kann als Ausdruck einer guten Versorgungsqualität im Sinne der Patienten-aufklärung und -anleitung bei der Pharmakotherapie interpretiert werden. Dabei ist neben einem anzunehmen-den Selektionsbias zu berücksichtigen, dass ein hoher Anteil einen Einnahmeplan vom Hausarzt zur Verfügung hatte, den die Patienten pragmatisch bei der Befragung nutzen durften. Bei Patienten, die mehr als 5 Medikamen-te einnehmen, sollte eine regelmäßige Kontrolle des Ein-nahmeplans und Besprechung der Medikation erfolgen.

Bitte zitieren als: Chaudhuri A, Hey E, Scherer M, Chenot JF. Welche Angaben können Patienten über ihre verordneten Medikamente machen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom145. DOI: 10.3205/11fom145, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1454 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom145.shtml

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Qualitätszirkel zur Modifikation von Verschreibungsgewohnheiten in der primärmedizinischen Versorgung – eine qualitative Analyse Wolfgang Spiegel1,2, Marie-Theres Mlczoch-Czerny3, Rolf Jens4, Christopher Dowrick5 1Klinische Abteilung für Sozialpsychiatrie (RESTORE-Projekt-Team), Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, AKH Wien, Österreich 2Abteilung für Allgemeinmedizin, Zentrum für Public Health, Medizinische Universität Wien, Österreich 3Wilhelminen-Spital, Wien, Österreich 4Zentrum für Allgemeinmedizin, Ärztekammer für Wien, Öster-reich 5School of Population, Community & Behavioural Sciences, Uni-versity of Liverpool, England

Einleitung: In Ergänzung der bekannten Methoden zur Erhöhung des Generika-Anteils bei den Medikamenten-verordnungen [1] wurden im Jahr 2004 in Wien – in Modifikation der in Deutschland 1996 entwickelten "spe-ziellen Qualitätszirkel" [2] – die "Therapiezirkel" (TZs) eingeführt. Peer-Review-Gruppen [3] und Qualitätszirkel haben sich in mehreren Europäischen Ländern als wichti-ges Instrument zur Qualitätssicherung in der Grundver-sorgung etabliert [4]. Diese qualitative Studie exploriert die Wahrnehmung der TZ-Teilnehmer in Hinblick auf

diese Methode und identifiziert die in den TZ prävalenten Hauptthemen.

Methode: Die in den ersten beiden Jahren nach Einfüh-rung der TZs (2004 u. 2005) von den TZ-Leitern angefer-tigten Protokolle wurden von den Autoren dieser Studie systematisch analysiert. Die Diskussionsbeiträge der Teil-nehmer und die Mitteilungen an die sogenannte "Steue-rungsgruppe" der TZ wurden nach den identifizierten, vorherrschenden Themen geordnet und hinsichtlich Rele-vanz für unsere Studienfragestellungen ausgewertet.

Ergebnisse: Von den 821 in Wien mit Kassenverträgen niedergelassenen ÄrztInnen für Allgemeinmedizin (ÄFAs) haben 445 in den Jahren 2004 und 2005 mindestens einmal teilgenommen. Die mittlere Teilnahmeanzahl pro Teilnehmer lag bei 1,55/Jahr. Sieben Hauptthemen wur-den identifiziert: (1.) Qualitätszirkel-Arbeit und deren Bedeutung für ÄFAs; (2.) Meinungen u. Erfahrungen von ÄFAs betreffs Generika und zu deren Verschreibung; (3.) Wahrnehmung von Problemen bezüglich des Verkaufes von Generika; (4.) Arzt-Patient-Kommunikation und Pati-entenschulung; (5.) Compliance und Therapie-Adhärenz; (6.) Koordination der Betreuung; (7.) Kompetenz und medizinische Weiter- und Fortbildung. Im Jahr 2003 betrug der Anteil der Generikaverschreibungen (im 4. Quartal) bezogen auf alle von in Wien niedergelassenen ÄFAs 33,91%, 2004 43,97%, 2005 46,31% und 2006 49,88%. Abbildung 1.

Abbildung 1: Änderungen des Generika-Anteils aller Vertragsärzte (inkl. ÄFAs) für die neun Österreichischen Bundesländer von 2003 bis 2006

Schlussfolgerungen/Hypothesen: Die Qualitätszirkel zur Pharmakotherapie unterstützen neben der angestrebten Qualitätssicherung den Austausch von Erfahrungen und erleichtern die Umsetzung von Maßnahmen. Die in den TZ prävalenten Themen geben Einblicke in wichtige As-pekte des primärmedizinischen Patientenmanagements bei der Pharmakotherapie.

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Literatur 1. Andersson K, Bergström G, Petzold MG, Carlsten A. Impact of a generic substitution reform on patients' and society's expendi-ture for pharmaceuticals. Health Policy. 2007;81(2-3):376-84. 2. Wensing M, Broge B, Kaufmann-Kolle P, Andres E, Szecsenyi J. Quality circles to improve prescribing patterns in primary medical care: what is their actual impact? J Eval Clin Pract. 2004 Aug;10(3):457-66. 3. Grol R. Quality improvement by peer review in primary care: a practical guide. Qual Health Care. 1994;3(3):147-52. 4. Beyer M, Gerlach FM, Flies U, Grol R, Król Z, Munck A, Olesen F, O'Riordan M, Seuntjens L, Szecsenyi J. The develop-ment of quality circles/peer review groups as a method of quality improvement in Europe. Results of a survey in 26 European countries. Fam Pract. 2003;20(4):443-51.

Bitte zitieren als: Spiegel W, Mlczoch-Czerny MT, Jens R, Dowrick C. Qualitätszirkel zur Modifikation von Verschreibungsgewohnheiten in der primärmedizinischen Versorgung – eine qualitative Analyse. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom146. DOI: 10.3205/11fom146, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1460 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom146.shtml

4 Patienteninformation, Patientenleitlinien, Patientenkompetenz und Shared Decision Making

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Die Berücksichtigung der Patientenperspektive in der Entwicklung von Qualitätsindikatoren – eine systematische Literaturübersicht Thomas Kötter1, Friederike Schaefer2, Eva Blozik2, Martin Scherer1 1Institut für Allgemeinmedizin/UKE, Hamburg, Deutschland 2Institut für Sozialmedizin/UK S-H, Lübeck, Deutschland

Hintergrund: Qualitätsindikatoren (QI) werden in vielen Bereichen der Gesundheitsversorgung verwendet, um Qualität zu messen, vergleichen und zu verbessern. Für die effiziente Entwicklung von qualitativ hochwertigen QI sind anerkannte und evidenzbasierte Entwicklungsmetho-den die Vorraussetzung [1]. Die Vorstellung von Qualität variiert jedoch zwischen Leistungserbringern, Patienten und anderen Interessengruppen [2]. Die Berücksichtigung der Patientenperspektive bei der Entwicklung von QI wird daher gefordert, bisher werden Patienten jedoch selten und auf uneinheitliche Art und Weise beteiligt [3]. Diese systematische Übersichsarbeit zielt darauf ab, bisher be-schriebene Methoden zur Einbeziehung der Patientenper-spektive in die Entwicklung und von QI zu sammeln und gegenüberzustellen.

Material und Methoden: Wir haben Medline, Embase und Cinahl mit einer aus kontrolliertem Vokabular und Frei-textbegriffen zusammengestellten Suchstrategie nach Studien, in denen Methoden zum Einbezug der Patienten-perspektive in die Entwicklung von QI beschrieben wer-den, durchsucht. Zusätzlich haben wir nach Grauliteratur gesucht und Experten auf dem Gebiet der QI-Entwicklung

kontaktiert. In einem dreistufigen Screeningverfahren identifizierten wir relevante Literatur. Im Anschluss führten wir eine Referenzlistensuche zur Vervollständigung der Literaturrecherche durch. Wir extrahierten aus relevanten Publikationen anhand eines vorab entwickelten Extrakti-onsformulares diverse methodische Variablen, technische Informationen sowie Daten zur Qualitätsbeurteilung. Die Methoden wurden gegenübergestellt, Stärken und Schwä-chen verschiedener Ansätze analysiert und diskutiert.

Ergebnisse: Aus ingesamt 1.214 Primärtreffern identifizier-ten wir zehn relevante Publikation. Die Studien zeigten sich heterogen hinsichtlich Qualität und methodischem Ansatz. Drei grundsätzlich unterschiedliche Ansätze wur-den identifiziert: Fragebögen, Fokusgruppeninterviews und individuelle Interviews. Zusätzlich lassen sich die Ansätze nach Art und Anzahl der Personen, die einbezo-gen werden (bspw. Patienten, Patientenvertreter oder Angehörige), sowie nach dem Zeitpunkt ihres Einbezugs (z.B. Auswahl potentieller QI, Bewertung dieser i. R. e. Panelverfahrens oder Bewertung bestehender QI), weiter differenzieren. Die meisten der relevanten Publikationen beschreiben die Entwicklung von QI für die Versorgung von Krebspatienten, einem Gebiet, in dem die Berücksich-tigung der Patientenperspektive als besonders weit ver-breitet erscheint.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse unserer systematischen Übersichtsarbeit zeigen, dass zwar – insbe-sondere im Bereich der Versorgung von Krebspatienten – Aktivitäten hinsichtlich der Berücksichtigung der Patien-tenperspektive in der Entwicklung von QI vorhanden sind. Diese müssen jedoch in Zukunft noch deutlich ausgebaut und von einer systematischen Evaluation begleitet werden. Denn noch ist unklar, auf welche Art die Patientenper-spektive in der Entwicklung von QI am besten berücksich-tigt werden kann.

Literatur 1. Wollersheim H, Hermens R, Hulscher M, Braspenning J, Ouwens M, Schouten J, Marres H, Dijkstra R, Grol R. Clinical indicators: development and application. Netherlands Journal of Medicine. 2007;65:15-22. 2. Gagliardi A, Lemieux-Charles L, Brown A, Sullivan T, Goel V. Stakeholder preferences for cancer care performance indicators. International Journal of Health Care Quality Assurance. 2008;21:175-89. 3. Ouwens MM, Marres HA, Hermens RR, Hulscher MM, van den Hoogen FJ, Grol RP, Wollersheim HC. Quality of integrated care for patients with head and neck cancer: Development and measurement of clinical indicators. Head & Neck. 2007;29:378-86.

Bitte zitieren als: Kötter T, Schaefer F, Blozik E, Scherer M. Die Berücksichtigung der Patientenperspektive in der Entwicklung von Qualitätsindikatoren – eine systematische Literaturübersicht. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom147. DOI: 10.3205/11fom147, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1472 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom147.shtml

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Gesundheitsprobleme älterer Patienten in der Hausarztpraxis: zur Wichtigkeit und zum Besprechungsbedarf vorliegender Gesund-heitsprobleme aus Sicht gesünderer und kränkerer Patienten (Ergebnisse aus der PräfCheck-Studie: DRKS00000792) Ulrike Junius-Walker1, Jennifer Wrede1, Isabel Voigt1, Werner Hofmann2, Marie-Luise Dierks3 1Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule, Hanno-ver, Deutschland 2WH-Sozialforschung, Hannover, Deutschland 3Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystem-forschung, Medizinische Hochschule, Hannover, Deutschland

Hintergrund: Um eine patientenzentrierte und ganzheitli-che Behandlungsplanung mit älteren multimorbiden Pati-enten vornehmen zu können, benötigt der Hausarzt nähe-re Erkenntnisse zur patientenseitigen Wichtigkeit vorlie-gender Probleme und zum problembezogenen Informati-onsbedarf. Ziel dieser Untersuchung ist es darzustellen, welche Gesundheitsprobleme ältere Patienten wirklich wichtig finden und welchen Besprechungsbedarf sie zu ihren Problemen haben. Dabei werden gesündere mit kränkeren Patienten verglichen, um zu explorieren, ob es unterschiedliche Bedürfnisse dieser beiden Gruppen gibt.

Material und Methoden: 317 Patienten (Ø 76 Jahre, 62% w) erhielten in 40 Hausarztpraxen ein geriatrisches Asses-sment (STEP). Es resultierte in einer individuellen Gesund-heitsproblemliste. Die Patienten gaben auf dieser Liste zu jedem Problem Wichtigkeit und Besprechungsbedarf an. Zur Auswertung wurden die im STEP vorgegebenen 46 Gesundheitsprobleme zehn übergeordneten Gesundheits-bereichen zugeordnet, wobei nach Vorerfahrungen der Autoren fünf Bereiche eher für Probleme stehen, die eine hohe Alltagsrelevanz haben und fünf Bereiche eher medi-zinische Relevanz aufweisen. Die Patientenprobleme mit ihren Wichtigkeitsbeurteilungen und Besprechungsbedar-fen wurden den zehn Gesundheitsbereichen zugeordnet bzw. nach Problemart (medizinische versus Alltagsrele-vanz) stratifiziert. Ebenso wurden die zwei Patientengrup-pen mit weniger (bis 10 Problemen) bzw. mehr Gesund-heitsproblemen (ab 11 Problemen) dieser Stratifizierung unterzogen. Auf Problemebene wurden die Prävalenzen zur Wichtigkeit und zum Besprechungsbedarf der Proble-me je nach Fragestellung errechnet.

Ergebnisse: Die 317 Patienten wiesen insgesamt 3.615 Gesundheitsprobleme auf, im Median 11 pro Patient. 53% aller Probleme schätzten die älteren Patienten als wichtig ein. Alltagsbezogene Gesundheitsprobleme waren ihnen wichtiger als Probleme mit eher medizinischer Rele-vanz (57% versus 52%). Dazu zählten insbesondere Ein-schränkungen in der sozialen Partizipation, der Alltags-funktionen und der Stimmung. Die „gesündere“ Unter-gruppe der Patienten (bis 10 Probleme), fand Probleme mit Alltags- und medizinischer Relevanz nicht unterschied-lich wichtig (43% bzw. 44%). Dafür aber ergab sich ein signifikanter Unterschied in der „kränkeren“ Gruppe (11 und mehr Probleme): wichtig waren ihnen 62% der Prob-leme mit Alltags- und 55% mit medizinischer Relevanz. Ein Besprechungsbedarf lag insgesamt für 27% aller Proble-me vor, vermehrt bei solchen mit medizinischer Relevanz.

Schlussfolgerung/Implikation: Gesundheitsprobleme mit Alltagsrelevanz sind besonders kränkeren alten Patienten wichtig. Der aktuelle Besprechungsbedarf ist insgesamt recht gering, jedoch größer bei Problemen mit medizini-scher Relevanz.

Bitte zitieren als: Junius-Walker U, Wrede J, Voigt I, Hofmann W, Dierks ML. Gesundheitsprobleme älterer Patienten in der Hausarztpraxis: zur Wichtigkeit und zum Besprechungsbedarf vorliegender Gesundheitsprobleme aus Sicht gesünderer und kränkerer Patienten (Ergebnisse aus der PräfCheck-Studie: DRKS00000792). In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom148. DOI: 10.3205/11fom148, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1485 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom148.shtml

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Partizipative Entscheidungsfindung bei ärztlichen Beratungsgesprächen zur Patientenverfügung: eine qualitative Untersuchung Thorsten Dürk, Johanna Komp, Anna Kathrina Promberger, Angela Buchholz, Iris Tinsel, Klaus Böhme, Wilhelm Niebling

Universitätsklinik Freiburg, LB Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland

Hintergrund: Menschen wünschen sich Mitbestimmung bei medizinischen Entscheidungen, dies gilt auch für das Lebensende. Entscheidungen für und am Lebensende sind schwierig. Die Patientenverfügung gilt als Instrument zur Sicherung der Autonomie am Lebensende [1]. Jedoch bleibt nach Einführung des Patientenverfügungsgesetzes bei vielen Patienten die Unsicherheit im Umgang mit Patientenverfügungen bestehen. Auch wenn gesetzlich nicht vorgeschrieben, wird die ärztliche Beratung bei der Erstellung einer Patientenverfügung empfohlen [2], [3]. Hier könnte das Kommunikationsmodell der Partizipativen Entscheidungsfindung (PEF, [4]) ein geeignetes und von Patienten auch gewünschtes Instrument zur erfolgreichen Einbeziehung in die Entscheidungsprozesse bei der Erstel-lung einer Patientenverfügung sein [5]. Die genauen Abläufe und Inhalte von ärztlichen Beratungsgesprächen, insbesondere die kommunikativen Inhalte für die erfolg-reiche Einbeziehung der Patienten in die Entscheidungs-prozesse bei der Erstellung einer Patientenverfügung sind nicht erforscht. Gegenstand der vorliegenden Untersu-chung ist der Einsatz der PEF in ärztlichen Beratungsge-sprächen zur Patientenverfügung. Dabei wurde untersucht, welche PEF-spezifischen Elemente im Beratungsgespräch zur Patientenverfügung angewendet werden, um die Betei-ligung der Patienten bei der Entscheidungsfindung zu ermöglichen und zu fördern.

Material und Methoden: Diese Untersuchung wurde im Rahmen des vom BMBF-geförderten Projektes „Umset-zung des Modells der Partizipativen Entscheidungsfindung in der hausärztlichen Praxis am Beispiel der Patientenver-fügung“ durchgeführt. Im Zeitraum von Dezember 2008 bis September 2009 wurden 32 Beratungsgespräche mit Patienten zur Patientenverfügung von zwei Ärztinnen und zwei Ärzten des Lehrbereichs Allgemeinmedizin, die in Partizipativer Entscheidungsfindung geschult worden waren, durchgeführt. Nach wörtlicher Transkription erfolg-te die Auswertung der Gespräche durch die qualitative

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Inhaltsanalyse nach Mayring unter Verwendung der Soft-ware ATLAS.ti.

Ergebnisse: In den untersuchten Beratungsgesprächen wendeten die Ärztinnen und Ärzte größtenteils die in der Literatur beschriebenen PEF-spezifischen Elemente zur Einbeziehung der Patienten in die Entscheidungsprozesse an. Die Analyse der Arztaussagen ergab Inhalte und Abläufe, aus denen ein Prozessmodell entwickelt werden konnte.

Schlussfolgerung/Implikation: Die gefundenen Ergebnisse bestätigen die Anwendbarkeit der PEF in ärztlichen Bera-tungsgesprächen zur Erstellung von Patientenverfügungen. Die hier abgeleiteten Aussagen der beratenden Ärzte geben Aufschluss über Ablauf und Inhalt dieser Bera-tungsgespräche und wurden erfolgreich als Bestandteil einer Ärzteschulung um Rahmen einer cluster-randomisierten klinischen Studie verwendet. Die Erkennt-nisse können zukünftig Ärztinnen und Ärzten als Leitfaden für die Vorbereitung auf Beratungsgespräche zur Erstel-lung von Patientenverfügungen dienen.

Literatur 1. Simon A, Meran JG, Fangerau H. Patientenverfügungen als Instrument der Patientenselbstbestimmung. Hautarzt. 2004;55(8). 2. Borasio GD, Heßler HJ, Wiesing U. Patientenverfügungsge-setz: Umsetzung in der klinischen Praxis. Deutsches Ärzteblatt. 2009;106(40):A 1952-7. 3. Bundesärztekammer, Hrsg. Empfehlungen der Bundesärzte-kammer und der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärzte-kammer zum Umgang mit Vorsorgevollmacht und Patientenver-fügung in der ärztlichen Praxis. Deutsches Ärzteblatt. 2010;107(18):A-877. 4. Härter M. Partizipative Entscheidungsfindung (Shared Decisi-on Making) – ein von Patienten, Ärzten und der Gesundheitspoli-tik geforderter Ansatz setzt sich durch. Z Arztl Fortbild Qualitats-sich. 2004;98(2):89-92. 5. van Oorschot B. Zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Patienten und Arzten in der letzten Lebensphase – Erste Ergebnis-se und Perspektiven eines Modellvorhabens. Z Arztl Fortbild Qualitatssich. 2004;98(2):121-5.

Bitte zitieren als: Dürk T, Komp J, Promberger AK, Buchholz A, Tinsel I, Böhme K, Niebling W. Partizipative Entscheidungsfindung bei ärztlichen Beratungsgesprächen zur Patientenverfügung: eine qualitative Untersuchung. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom149. DOI: 10.3205/11fom149, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1496 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom149.shtml

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Partizipative Entscheidungsfindung bei der hausärztlichen Beratung zur Patientenverfügung – Gewünschte und realisierte Beteiligung im Vergleich aus Patienten- und Arztperspektive Thorsten Dürk, Heidi Frey, Juliane Kracht, Angela Buchholz, Iris Tinsel, Klaus Böhme, Wilhelm Niebling

Universitätsklinik Freiburg, LB Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland

Hintergrund: Auch nach Inkrafttreten des Patientenverfü-gungsgesetzes im September 2009 in Deutschland be-steht Unterstützungsbedarf hinsichtlich der schwierigen Entscheidungen bei der Erstellung einer Patientenverfü-gung (PV). Dabei könnte das Kommunikationsmodell der

partizipativen Entscheidungsfindung (PEF, [1]) einen ge-eigneten und von Patienten auch gewünschten Ansatz darstellen [2]. Ziel dieser Studie ist es, eine neu entwickel-te Ärzteschulung zum Einsatz von PEF in der Beratung zur PV in der hausärztlichen Praxis zu überprüfen. Hierbei sollen die Beteiligungspräferenzen von Patienten sowie Zusammenhänge zwischen wahrgenommener Beteiligung in Beratungsgesprächen zur PV aus Patienten- und Arzt-perspektive erfasst werden.

Material und Methoden: In dieser Pilotstudie des vom BMBF-geförderten Projektes „Umsetzung des Modells der Partizipativen Entscheidungsfindung in der hausärztlichen Praxis am Beispiel der Patientenverfügung“ wurden im Zeitraum von Juni 2009 bis Februar 2010 in 2 Hausarzt-praxen in Baden-Württemberg insgesamt 100 Beratungen zur PV durchgeführt. Die Ärzte wurden zuvor zu PEF und anderen relevanten Inhalten bei der Beratung zur PV geschult. Im Anschluss an die Beratung bearbeiteten Ärzte und Patienten einen Fragebogen. Inhalt des Patientenfra-gebogens war neben soziodemographischen Angaben die Control Preferences Scale [3] und die Man-Son-Hing Skala [4]. Die Ärzte bearbeiteten eine Ärzteversion der MSH Skala. Die Auswertung erfolgte deskriptiv.

Ergebnisse: Von den 100 eingeschlossenen Patienten liegen für 90 vollständige Daten vor. Die teilnehmenden Patienten waren im Durchschnitt 70,5 Jahre alt (SD=10,8), 62 der Patienten waren weiblich (68,9%). In Bezug auf die Beteiligungspräferenz gaben 28 der Patien-ten (31%) an, dass sie medizinische Entscheidungen eher dem Arzt überlassen möchten, die restlichen Patienten wünschten sich eher eine gemeinschaftliche oder auto-nome Rolle. Im Beratungsgespräch selbst gab lediglich 1 Patient an, dass die Entscheidung eher vom Arzt getroffen wurde, der überwiegende Teil (n=89; 99%) nahm die Entscheidungsfindung als eine autonome oder gemein-schaftliche wahr. Die Ärzte nahmen ebenfalls in der Mehr-zahl der Gespräche eine autonome oder gemeinschaftli-che Rolle der Patienten im Entscheidungsprozess wahr (n=84; 93%). Eine Übereinstimmung der allgemeinen Beteiligungspräferenz und der wahrgenommenen Beteili-gung im Gespräch ergab sich bei 37 Patienten (41,1%).

Schlussfolgerung/Implikation: Die wahrgenommene Betei-ligung bei Entscheidungsprozessen im Rahmen der Erstel-lung einer PV ist sehr hoch, die Übereinstimmung zwi-schen Arzt und Patient auch. Hinsichtlich der allgemeinen Beteiligungspräferenz bei medizinischen Entscheidungen und der wahrgenommenen Beteiligung bei Erstellung der PV zeigt sich, dass auch diejenigen Patienten, die bei allgemeinen medizinischen Entscheidungen einen eher paternalistischen Stil bevorzugen, bei der Erstellung einer PV eine gemeinschaftliche bis autonome Entscheidungs-findung wahrnehmen.

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Literatur 1. Härter M. Partizipative Entscheidungsfindung (Shared Decisi-on Making) – ein von Patienten, Ärzten und der Gesundheitspoli-tik geforderter Ansatz setzt sich durch. Z Arztl Fortbild Qualitats-sich. 2004;98(2):89-92. 2. van Oorschot B. Zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Patienten und Arzten in der letzten Lebensphase – Erste Ergebnis-se und Perspektiven eines Modellvorhabens. Z Arztl Fortbild Qualitatssich. 2004;98(2):121-5. 3. Degner LF, Sloan JA, Venkatesh P. The Control Preferences Scale. Can J Nurs Res. 1997;29(3):21-43. 4. Man-Son-Hing M, Laupacis A, O'Connor AM, Biggs J, Drake E, Yetisir E, Hart RG. A patient decision aid regarding antithrom-botic therapy for stroke prevention in atrial fibrillation: a random-ized controlled trial. JAMA. 1999;282(8):737-43.

Bitte zitieren als: Dürk T, Frey H, Kracht J, Buchholz A, Tinsel I, Böhme K, Niebling W. Partizipative Entscheidungsfindung bei der hausärztlichen Beratung zur Patientenverfügung – Gewünschte und realisierte Beteiligung im Vergleich aus Patienten- und Arztperspektive. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom150. DOI: 10.3205/11fom150, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1507 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom150.shtml

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Patientenverfügungen in der hausärztlichen Praxis: Eine qualitative Analyse von Patientenaussagen in ärztlichen Konsultationen zur Patientenverfügung Thorsten Dürk, Anna Kathrina Promberger, Johanna Komp, Angela Buchholz, Iris Tinsel, Klaus Böhme, Wilhelm Niebling

Universitätsklinik Freiburg, LB Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland

Hintergrund: Patientenverfügungen werden in der gesell-schaftlichen und politischen Diskussion als Instrument bewertet, Selbstbestimmung am Lebensende auch im Zuge einer zunehmend technisierten Medizin zu gewähr-leisten [1]. Immer mehr Menschen in Deutschland interes-sieren sich für diese Vorsorgemöglichkeit. Soll eine Patien-tenverfügung in einer Situation der Einwilligungsunfähig-keit wirksam sein, muss sie sich auf konkrete Krankheitssi-tuationen sowie konkrete medizinische Maßnahmen be-ziehen. Die hierfür erforderlichen Entscheidungen sind anspruchsvoll und können weitreichende Folgen haben. Daher wird für die Erstellung einer Patientenverfügung eine ärztliche Beratung empfohlen [2], [3]. Hierbei kommt Hausärzten eine besondere Stellung zu [4]. Es gibt aller-dings nur wenige Studien, die gezielt ärztliche Beratungs-gespräche zur Patientenverfügung untersuchen [5]. Daher sind auch Faktoren, die Patienten in der tatsächlichen Beratungssituation bei den Entscheidungen im Rahmen der Erstellung einer Patientenverfügung beeinflussen, weitgehend unbekannt. Ziel dieser Untersuchung ist es, diese Einflussfaktoren zu identifizieren. Der Schwerpunkt wird hierbei auf motivationale Faktoren, Barrieren und Förderfaktoren gelegt.

Material und Methoden: Diese Untersuchung wurde im Rahmen des vom BMBF-geförderten Projektes „Beratung zur Patientenverfügung in der hausärztlichen Praxis“ durchgeführt. Im Zeitraum von Dezember 2008 bis Sep-tember 2009 wurden 32 Beratungsgespräche mit 17 Patientinnen und 15 Patienten von 2 Ärztinnen und 2 Ärzten des Lehrbereichs Allgemeinmedizin durchgeführt.

Wörtliche Transkripte dieser Gespräche wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring unter Verwen-dung von Atlas.ti ausgewertet.

Ergebnisse: Es ließ sich eine Vielzahl von Faktoren identifi-zieren, die die Entscheidungen von Patienten innerhalb eines Beratungsgesprächs zur Erstellung einer Patienten-verfügung beeinflussen. Als motivationale Faktoren erwie-sen sich eigene Vulnerabilität, Lebensqualität, Selbstbe-stimmung, Entlastung Nahestehender, Patientenverfügung als Kommunikationshilfe und die erwartete Wirksamkeit der Patientenverfügung. In Bezug auf Förderfaktoren und Barrieren ergaben sich Themenbereiche, die je nach Ausprägung fördernd oder hindernd wirken können wie Wissen, Beratung, eigenes Umfeld, Form der Patienten-verfügung, erwartete Umsetzung und Folgen der Patien-tenverfügung. Diese Einflussfaktoren wurden in einem konzeptionellen Modell zusammengefasst.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Faktoren, die die Ent-scheidungen von Patienten im Rahmen der Erstellung einer Patientenverfügung beeinflussen, sind komplex und unterstreichen die elementare Bedeutung fachkundiger Beratung. Das entwickelte Modell wurde erfolgreich als Bestandteil einer Ärzteschulung im Rahmen einer cluster-randomisierten klinischen Studie verwendet und soll zu-künftig beratenden Ärztinnen und Ärzten eine Hilfe sein, auf die Bedürfnisse von Patienten in Beratungsgesprächen zur Patientenverfügung einzugehen.

Literatur 1. Simon A, Meran JG, Fangerau H. Patientenverfügungen als Instrument der Patientenselbstbestimmung. Hautarzt. 2004;55(8). 2. Borasio GD, Heßler HJ, Wiesing U. Patientenverfügungsge-setz: Umsetzung in der klinischen Praxis. Deutsches Ärzteblatt. 2009;106(40):A1952-7. 3. Bundesärztekammer, Hrsg. Empfehlungen der Bundesärzte-kammer und der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärzte-kammer zum Umgang mit Vorsorgevollmacht und Patientenver-fügung in der ärztlichen Praxis. 2010. 4. Crane MK, Wittink M, Doukas DJ. Respecting end-of-life treatment preferences. Am Fam Physician. 2005;72(7):1263-8. 5. Tulsky JA, Fischer GS, Rose MR, Arnold RM. Opening the black box: how do physicians communicate about advance directives? Ann Intern Med. 1998;129(6):441-9.

Bitte zitieren als: Dürk T, Promberger AK, Komp J, Buchholz A, Tinsel I, Böhme K, Niebling W. Patientenverfügungen in der hausärztlichen Praxis: Eine qualitative Analyse von Patientenaussagen in ärztlichen Konsultationen zur Patientenverfügung. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom151. DOI: 10.3205/11fom151, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1513 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom151.shtml

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Shared-Decision-Making in der Allgemeinmedizin Anika Döll1, Angela Buchholz2, Andreas Loh2, Thorsten Dürk2, Wilhelm Niebling2 1Lehrbereich Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland 2Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland

Hintergrund: Das Modell des Shared Decision Making (SDM, deutsch: Partizipative Entscheidungsfindung) be-schreibt die Patientenbeteiligung bei medizinischen Ent-scheidungen in der Arzt – Patienten – Interaktion. Die

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Bedeutung des SDM nimmt sowohl in der gesundheitspo-litischen Bewertung als auch in der hausärztlichen Versor-gung zu. In der Literatur sind zwar im Bereich der Allge-meinmedizin und zum Thema SDM zahlreiche wissen-schaftliche Studien verfügbar, doch ein zusammenfassen-der Überblick über den internationalen Forschungsstand steht bislang aus.

Material und Methoden: Methodische Grundlage war eine Medline-Recherche für den Zeitraum 1950–Februar 2009 (Begriffe “Shared Decision Making” und “Primary Care” oder “Family Practice” oder “Family Medicine”). Eingeschlossen wurden empirische quantitative abge-schlossene Primärdatenerhebungen in englisch oder deutsch, die keine Duplikate waren und sich auf SDM und dessen Umsetzung in der medizinischen Grundversorgung beziehen

Ergebnisse: Die Medline-Recherche ergab unter Berück-sichtigung der Einschlusskriterien 31 Treffer. In 18 Studien wurde die Effektivität von SDM gemessen. In sechs Stu-dien wurden die Entscheidungspräferenzen und in drei Studien die Umsetzung von SDM untersucht. In vier Stu-dien wurde sowohl die Umsetzung als auch die Entschei-dungspräferenzen gemessen. Es zeigte sich eine höhere Präferenz für SDM bei Patienten mit höherem Bildungs-grad, jüngerem Alter, geringerer Zufriedenheit mit der Behandlung, internaler Kontrollüberzeugung und geringe-rem Schweregrad der Erkrankung. Außerdem zeigte sich, dass eine Behandlung durch einen SDM geschulten Arzt mit einer Entscheidungspräferenz beim Patienten für das SDM Modell korrelierte. Die Umsetzung von SDM wurde durch jüngere Ärzte und Patienten und durch eine Präfe-renz der Ärzte für SDM gefördert. In zehn Studien wurden Ärzte geschult. In zwei Studien wurden Patienten geschult. In sechs Studien wurden Decision Aids als Interventionen angewandt, welche sich an die Patienten richteten. Es zeigten sich mehrheitlich positive Effekte durch SDM Inter-ventionen auf die Zufriedenheit der Patienten, die Adhä-renz und die Selbstwirksamkeit bzw. das Selbstmanage-ment. Kein Effekt konnte für die Patientenbeteiligung/das SDM Ausmaß, den Schweregrad der Erkrankung und das Wissen der Patienten nachgewiesen werden.

Schlussfolgerung/Implikation: Es existieren zwar viele Veröffentlichungen zum Thema SDM, jedoch nur ein kleiner Anteil der Studien entstammt dem Bereich der Allgemeinmedizin. SDM wurde in der Allgemeinmedizin vor allem im Zusammenhang mit chronischen Erkrankun-gen untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass neben Rollenpräferenzen von Arzt und Patienten und der Umset-zung von SDM vor allem die erzielten Effekte Untersu-chungsgegenstand der derzeitigen Forschung sind. Wie genau SDM wirkt und welche Elemente im Einzelnen wirken, sollte in weiteren Studien untersucht werden.

Bitte zitieren als: Döll A, Buchholz A, Loh A, Dürk T, Niebling W. Shared-Decision-Making in der Allgemeinmedizin. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom152. DOI: 10.3205/11fom152, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1521 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom152.shtml

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Zusammenhänge zur wahrgenommenen Patientenpartizipation bei medizinischen Entscheidungen in der hausärztlichen Behandlung von Patienten mit Bluthochdruck in Südbaden Iris Tinsel1, Wilhelm Niebling1, Karl-Georg Fischer2, Thorsten Dürk1, Angela Buchholz1 1Lehrbereich Allgemeinmedizin Universitätsklinik Freiburg, Frei-burg, Deutschland 2Medizin IV, Abt. Nephrologie, Universitätsklinik Freiburg, Frei-burg, Deutschland

Hintergrund: Die hohe Prävalenz von Bluthochdruck in Deutschland und dessen Folgen für Morbidität und Mor-talität [1], [2] sowie die ethische Notwendigkeit, Patienten verstärkt in ihre Behandlung einzubeziehen [3], [4], ma-chen ein Umdenken v. a. in der Behandlung chronisch kranker Patienten notwendig. Partizipative Entscheidungs-findung ist ein Ansatz, der hinsichtlich Patientenwissen, Adhärenz, Kosten-Effektivität der Behandlung und Partizi-pation positive Ergebnisse erzielt hat [3]. Gesicherte Er-gebnisse in Bezug auf den Zusammenhang der wahrge-nommenen Partizipation mit klinischen Faktoren wie Schweregrad der arteriellen Hypertonie und dem kardi-ovaskulären Risiko existieren bisher nicht. Ziel dieser Untersuchung ist es, Zusammenhänge zur wahrgenom-menen Patientenpartizipation in der hausärztlichen Hyper-toniebehandlung zu ermitteln.

Material und Methoden: In 36 Hausarztpraxen wurden 1.364 Patienten mit medikamentös behandelter Hyperto-nie rekrutiert. 1.122 Patienten, die die Zielblutdruckwerte im 24h-Blutdruckmonitoring (ABDM) überschreiten und/oder eine Zusatzdiagnose mit zusätzlich kardiovasku-lärem Risiko haben, verblieben in der Studie. Durch die Arztpraxen wurden die klinischen Daten, wie ABDM, Cho-lesterin, HbA1c und Nebendiagnosen übermittelt. Das kardiovaskuläre Risiko wurde mittels Algorithmus des arriba-Herz-Kreislauf-Rechners bestimmt. In Patientenfra-gebögen wurden neben soziodemografischen Daten das Gesundheitsverhalten, Vertrauen in den Arzt, Autonomie-präferenz und Wissen über die Erkrankung sowie das Ausmaß der wahrgenommenen Partizipation erhoben. Die Auswertungen erfolgen mittels Korrelations- und Regressi-onsanalysen. Soziodemographische Eigenschaften der behandelnden Ärzte werden berücksichtigt.

Ergebnisse: Daten von 869 Patienten fließen in die Be-rechnungen ein. Daten von 253 Patienten waren unvoll-ständig und wurden ausgeschlossen. 47% (n=409) der Patienten in der Analysestichprobe sind männlich, der Altersmedian beträgt 65 Jahre (18–91). Der Median hinsichtlich des 10-Jahres Risikos für das Eintreten eines kardiovaskulären Ereignisses liegt bei 14% (range 0,15–50,1). Auf Skalen von 0 bis 100 liegt das Patientenwissen über Bluthochdruck im mittleren Bereich (Median=50; range 0–100), das Vertrauen in den Arzt ist hoch (Medi-an=77; range 32–100). Die von den Patienten wahrge-nommene Partizipation liegt bei 72 (0–100). Erste Ergeb-nisse zeigen geringe, aber signifikante Korrelationen der wahrgenommenen Partizipation mit der Stärke des Ver-trauens in den Arzt sowie der Höhe des Blutdrucks. Detail-lierte Ergebnisse über die Zusammenhänge aller o. g.

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Faktoren mit der wahrgenommenen Partizipation werden auf dem Kongress vorgestellt.

Schlussfolgerung/Implikation: Um Patienten an der medi-zinischen Behandlung zu beteiligen, ist es für den behan-delnden Arzt hilfreich zu wissen, welche Patienteneigen-schaften zur erfolgreichen Umsetzung beitragen können. Das Vertrauen der Patienten in ihren Arzt, stellt eine för-derliche Ausgangssituation für Patientenpartizipation dar.

Literatur 1. Robert Koch-Institut, Hrsg. Beiträge zur Gesundheitsberichter-stattung des Bundes. Daten und Fakten: Ergebnisse der Studie "Gesundheit in Deutschland aktuell 2009". 2009. 2. The Seventh Report of the Joint National Committee on Prevention, Detection, Evaluation, and Treatment of High Blood Pressure. Full Version. 2004. Available from: http://www.nhlbi.nih.gov/guidelines/hypertension/jnc7full.pdf 3. Elwyn G, Laitner S, Coulter A, Walker E, Watson P, Thomson R. Implementing shared decision making in the NHS. Bmj. 2010;341:c5146. 4. Bundesministerium für Gesundheit, Bundesministerium der Justiz, Hrsg. Patientenrechte in Deutschland, Leitfaden für Patien-tinnen/Patienten und Ärztinnen/Ärzte [Broschüre]. 2007.

Bitte zitieren als: Tinsel I, Niebling W, Fischer KG, Dürk T, Buchholz A. Zusammenhänge zur wahrgenommenen Patientenpartizipation bei medizinischen Entscheidungen in der hausärztlichen Behandlung von Patienten mit Bluthochdruck in Südbaden. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom153. DOI: 10.3205/11fom153, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1536 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom153.shtml

5 Versorgungs- und Gesundheitssystemforschung, neue Versorgungskonzepte I

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„Aber Herr Doktor, ich kann mich nicht regelmäßig bewegen – meine Gelenke schmerzen!“ Morbiditätsmuster chronisch kranker Patienten in der Hausarztpraxis als Ansatzpunkt für individualisierte Versorgungskonzepte Tobias Freund1, Cornelia Kunz2, Dominik Ose1, Joachim Szecsenyi1, Frank Peters-Klimm1 1Universitätsklinikum Heidelberg – Abt. Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland 2Universität Heidelberg – Institut für Medizinische Biometrie und Informatik, Heidelberg, Deutschland

Hintergrund: Individualisierte Versorgungskonzepte (z.B. Case Management) versuchen den Herausforderungen der Betreuung multimorbider Patienten gerecht zu werden. Diese Konzepte eignen sich dabei insbesondere für solche Patienten, die ein hohes Risiko für die zukünftige Inan-spruchnahme von medizinischen Versorgungsleistungen haben. Es ist jedoch unklar, welche Morbiditätsmuster bei Hochrisikopatienten auftreten und welche Herausforde-rungen sich daraus für die Konzeption intensivierter Ver-sorgungskonzepte ergeben.

Material und Methoden: Im Rahmen einer retrospektiven Kohortenstudie wurden die Krankenkassendaten von 6.026 Versicherten aus 10 Hausarztpraxen analysiert. Alle Praxen nahmen am Vertrag zur Hausarztzentrierten Ver-sorgung der AOK Baden-Württemberg teil. Für alle Versi-cherten wurde zunächst das Risiko für eine zukünftige Krankenhauseinweisung mit Hilfe einer statistischen Prä-diktionssoftware (CSSG 0.6) berechnet. Anschließend wurden für multimorbide Patienten in der obersten Risiko-quartile die Muster zeitgleich auftretender chronischer Erkrankungen anhand von Routinedaten (ambulante und stationäre ICD10 Diagnosen) analysiert. Die Auswahl der 33 untersuchten chronischen Erkrankungen orientierte sich an der MultiCare Studie [1].

Ergebnisse: Insgesamt traten bei den 1.407 multimorbi-den Hochrisikopatienten im Durchschnitt 7,8 (SD 3,1) Diagnosen auf. Es wurden 471 exklusive Morbiditätsmus-ter erfasst. Die Prävalenz der einzelnen Muster war niedrig (n=1-17). Ein großer Teil der Muster ließ sich durch kausale Beziehungen der Erkrankungen untereinander erklären. Es fanden sich in 80% (n=12) der 15 häufigsten Muster Depression oder chronische Schmerzen aufgrund degenerativer Erkrankungen als Begleiterkrankung.

Schlussfolgerung/Implikation: Es zeigte sich, dass multi-morbide Hochrisikopatienten für eine künftige Kranken-hausaufnahme eine Vielzahl individueller Morbiditätsmus-ter aufweisen. Depressionen und chronische Schmerzen, die im Alltag einem erfolgreichen Selbstmanagement chronischer Erkrankungen (z.B. erhöhte körperliche Aktivi-tät) entgegen stehen können, erwiesen sich als relevanter Bestandteil dieser Muster. Zukünftig zu entwickelnde individualisierte Versorgungsangebote sollten Strategien zum Umgang mit diesen Begleiterkrankungen enthalten.

Literatur 1. Schäfer I, Hansen H, Schön G, Maier W, Höfels S, Altiner A, Fuchs A, Gerlach FM, Petersen JJ, Gensichen J, Schulz S, Riedel-Heller S, Luppa M, Weyerer S, Werle J, Bickel H, Barth K, König HH, Rudolph A, Wiese B, Prokein J, Bullinger M, von dem Knesebeck O, Eisele M, Kaduszkiewicz H, Wegscheider K, van den Bussche H. The German MultiCare-study: Patterns of multi-morbidity in primary health care – protocol of a prospective cohort study. BMC Health Serv Res. 2009;9:145.

Bitte zitieren als: Freund T, Kunz C, Ose D, Szecsenyi J, Peters-Klimm F. „Aber Herr Doktor, ich kann mich nicht regelmäßig bewegen – meine Gelenke schmerzen!“ Morbiditätsmuster chronisch kranker Patienten in der Hausarztpraxis als Ansatzpunkt für individualisierte Versorgungskonzepte. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom154. DOI: 10.3205/11fom154, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1540 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom154.shtml

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Barrieren bei der Rekrutierung von Patienten für eine Präventionsstudie in Hausarztpraxen (BMBF-Studie: ‚AeGE – Ältere gezielt erreichen: Effektivität und Kosteneffektivität von Zugangswegen am Beispiel des präventiven Hausbesuchs’) Susanne Heim1, Guido Schmiemann2, Tanja Schleef1, Bernhilde Deitermann3, Christiane Patzelt3, Eva Hummers-Pradier1, Ulla Walter3, Gudrun Theile1 1Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule, Hanno-ver, Deutschland 2Institut für Allgemein- und Familienmedizin, Hannover, Deutsch-land 3Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystem-forschung, Medizinische Hochschule, Hannover, Deutschland

Hintergrund: Die Rekrutierung von Patienten ist Vorausset-zung für Studien in Hausarztpraxen, das Erreichen der notwendigen Fallzahlen oft schwierig. Im Rahmen einer BMBF-geförderten Studie (2008-11) wurden 2 Zugangs-wege (Krankenkasse, Hausarzt) für eine Präventionsmaß-nahme im Alter (65+) erprobt und evaluiert. In 2 Inter-ventionsregionen wurden AOK-versicherte Patienten in Hausarztpraxen angesprochen und gebeten, einen Kurz-fragebogen zur Zielgruppenbestimmung zu beantworten. Ergab die Auswertung eine Zugehörigkeit des Patienten zur Zielgruppe, sollte der Arzt auf den "Präventiven Haus-besuch" hinweisen und Informationsmaterial aushändigen. Alle weiteren Schritte (Telefonkontakt, Hausbesuch) wur-den von Mitarbeiterinnen der Krankenkasse durchgeführt. Die Anzahl der von den teilnehmenden Praxen (n=21) rekrutierten Patienten variierte stark (0-58 Patienten).

Material und Methoden: Bei der Praxenrekrutierung wur-den die Gründe für die Absage einer generellen Teilnah-me festgehalten. Nach Abschluss der Interventionsphase wurden MFAs (n=7) und Hausärzte (n=5) der teilneh-menden Praxen in leitfadengestützten Interviews zu ihren Erfahrungen mit der Studie befragt. Diese wurden verba-tim transkribiert und inhaltsanalytisch ausgewertet [1].

Ergebnisse: DMP und Hausarztverträge haben für Praxen und Patienten zu mehr Bürokratie geführt. Dies, im Winter 2010 verstärkt durch die sog. ‚Schweinegrippe’, wirkte sich nachteilig auf die generelle Bereitschaft zur Teilnah-me an der Studie aus und beeinflusste bei den Teilnah-mepraxen auch den Erfolg der Rekrutierung. V.a. Praxen, die über einen hohen Organisationsgrad (geschulte, eigenverantwortlich arbeitende MFAs) verfügten, lösten die Frage der Identifizierung der Patienten gut: Sie erstell-ten vorab Listen ihrer AOK-Patienten über 65 J. und spra-chen diese systematisch an. Andere sprachen die Patien-ten im laufenden Betrieb an, was weniger erfolgreich und teilweise selektiv war. Die dann erforderlichen Schritte (Fragebogen ausgeben, auswerten, bei Zielgruppenzuge-hörigkeit über das Programm informieren) waren leicht umzusetzen. Nachteilig wirkte sich neben organisatori-schen Barrieren (kein Raum frei, keine Lesebrille) aus Sicht der Praxen die Skepsis vieler Patienten gegenüber einem Programm der Krankenkasse aus. Sie waren oft nicht bereit, eine Einwilligung zu unterschreiben. War hingegen der Hausarzt von der Maßnahme überzeugt, konnte seine konkrete Empfehlung die Patienten oft zur Teilnahme motivieren.

Schlussfolgerung/Implikation: Versorgungsforschung steht in einem Spannungsfeld zwischen Forschungsinteresse und Praxisrealität. Strukturelle Schwierigkeiten (paralleler Start der Hausarztverträge, Grippewelle) waren nicht vorauszusehen und wirkten sich auf Teilnahmebereitschaft und -motivation sowohl bei Praxen als auch bei Patienten aus. Die seitens der Studie vorgesehenen Abläufe wurden als leicht umsetzbar bewertet. Bei der Identifizierung der Patienten durch die Praxen wären mehr Vorgaben erfor-derlich gewesen, um ein einheitlicheres Vorgehen zu erreichen und einen Selektionsbias zu vermindern.

Literatur 1. Mayring P. Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. 7.Aufl. Weinheim: Dt. Studienverlag; 2000.

Bitte zitieren als: Heim S, Schmiemann G, Schleef T, Deitermann B, Patzelt C, Hummers-Pradier E, Walter U, Theile G. Barrieren bei der Rekrutierung von Patienten für eine Präventionsstudie in Hausarztpraxen (BMBF-Studie: ‚AeGE – Ältere gezielt erreichen: Effektivität und Kosteneffektivität von Zugangswegen am Beispiel des präventiven Hausbesuchs’). In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom155. DOI: 10.3205/11fom155, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1550 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom155.shtml

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Bürokratischer Aufwand zur Kodierung von Diagnosen in deutschen Praxen Christoph Claus1, Stefan Bösner2, Norbert Donner-Banzhoff2, Uwe Popert3 1Univ. Marburg, Kassel, Deutschland 2Univ. Marburg, Marburg, Deutschland 3Univ. Göttingen, Kassel, Deutschland

Hintergrund: Die Kodierung von Diagnosen ist in den meisten Industrieländern üblich; allerdings gibt es zum dafür erforderlichen Aufwand kaum Untersuchungen – insbesondere nicht aus dem ambulanten Bereich. Auch eine im Herbst 2010 von der Kassenärztlichen Bundesver-einigung (KBV) in Bayern durchgeführte Pilotstudie zur Umsetzbarkeit der ambulanten Kodierrichtlinie war nicht auf die Erfassung des zeitlichen bzw. finanziellen Bürokra-tie-Aufwandes ausgerichtet. Demgegenüber steht die Forderung nach einer evidenzbasierten Bürokratie, ent-sprechend der vor Einführung einer neuen Maßnahme eine Evaluation des Ist-Zustandes und eine Testung des für eine Veränderungen erforderlichen Aufwandes durch-geführt werden sollte.

Material und Methoden: Zur Klärung des bürokratischen Aufwandes wurden mit Unterstützung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) zwei schriftliche Befragungen bei niedergelassenen Praxen durchgeführt. Die Rücksen-dung der Fragebögen erfolgte per Fax an die KVH, die Daten wurden von einer unabhängigen Institution (FMV-Forschungsgruppe) erfasst und mit SPSS ausgewertet. In einer ersten Befragung wurde nach Zeitbedarf und orga-nisatorischen Besonderheiten der bisherigen Kodierung und nach ggf. vorliegenden Erfahrungen mit der AKR gefragt. Diejenigen Praxen, die angaben, die AKR in der Praxis-EDV – dauerhaft oder vorübergehend – aktiviert zu haben, wurden in einem weiteren Fax-Fragebogen um detaillierte Angaben zu ihren Erfahrungen gebeten.

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Ergebnisse: Die Kodierung erfolgte im Wesentlichen durch die Ärztinnen und Ärzte selbst; zur Auswahl der Kodes wurde in der Regel die Praxis-EDV (meist über Kürzel bzw. Thesaurus) verwendet. Nur 227 von 1.808 (12,5%) Pra-xen gaben an, die AKR bis Ende des 1. Quartals 2011 erprobt zu haben. Der Zeitbedarf für die Kodierung lag vorher im Durchschnitt bei wenigen Sekunden je Diagno-se; bei Anwendung der AKR vervielfachte sich die Dauer. Die meisten Praxen brachen die AKR-Erprobung nach kurzer Zeit ab, insbesondere wegen Problemen bei der Abrechnung, bei Diagnosen-Neukodierung und wegen der Deaktivierung der anamnestischen Dauerdiagnosen.

Schlussfolgerung/Implikation: Der Zeitaufwand und das Störpotential der seit dem 1.1.2011 vorliegenden Fas-sung der ambulanten Kodierrichtlinie ist erheblich. Ver-besserungen insbesondere für den hausärztlichen Bereich und weitere Forschung sind dringend erforderlich.

Bitte zitieren als: Claus C, Bösner S, Donner-Banzhoff N, Popert U. Bürokratischer Aufwand zur Kodierung von Diagnosen in deutschen Praxen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom156. DOI: 10.3205/11fom156, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1565 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom156.shtml

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Disease Management vs. Routine Versorgung: Wie sieht's mit den Kosten aus? Dominik Ose, Antje Miksch, Joachim Szecsenyi

Universitätsklinikum Heidelberg – Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland

Hintergrund: Im Rahmen der ELSID-Studie (Evaluation of a Large Scale Implementation of Disease Management Programs for patients with type 2 diabetes) wurde in ei-nem mehrdimensionalen Ansatz das DMP Diabetes melli-tus untersucht. Die ELSID-Studie wurde als investigator-initiated trial durchgeführt und vom AOK Bundesverband finanziert. Bestandteil der Auswertung war es auch auf Grundlage von Routine-Daten die Kosten von DMP-Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern gegenüberzustellen.

Material/Methoden: Für die ökonomische Betrachtung wurden in Anlehnung an die Kriterien des Bundesversiche-rungsamtes für die gesetzliche Evaluation die der Kran-kenkasse entstehenden direkten Kosten berücksichtigt. Die Darstellung erfolgt für die Leistungsbereiche Kranken-hausbehandlung, Arzneimittel, Heilmittel, Hilfsmittel, häusliche Krankenpflege und stationäre Rehabilitation.

Ergebnisse: Die Betrachtung der Gesamtkosten zeigt zunächst einen Kostenvorteil für die Patienten im DMP. Mit Ausnahme der Kosten für Arzneimittel sind die durch-schnittlichen Kosten pro Patient in allen betrachteten Kostenkategorien im Vergleich zur Routineversorgung etwas geringer.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse müssen sehr vorsichtig interpretiert werden. Methodische Einschrän-kungen und eine differenzierte Betrachtung möglicher Ursachen der Kostenunterschiede sind ein wichtiger Be-standteil des Vortrages.

Bitte zitieren als: Ose D, Miksch A, Szecsenyi J. Disease Management vs. Routine Versorgung: Wie sieht's mit den Kosten aus. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom157. DOI: 10.3205/11fom157, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1577 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom157.shtml

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Einfluss des Disease Management Programmes „Therapie Aktiv“ für Diabetes mellitus Typ 2 auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität – eine cluster-randomisierte kontrollierte Studie Sigrid Panisch1, Maria Flamm1, Henrike Winkler1, Raimund Weitgasser2, Andreas Sönnichsen1 1PMU - Institut für Allgemein- Familien- und Präventivmedizin, Salzburg, Österreich 2Abteilung für Innere Medizin, Diakonissen-Krankenhaus Salz-burg; Österreichische Diabetesgesellschaft, Salzburg, Österreich

Hintergrund: Diabetes mellitus Typ 2 ist eine Krankheit mit zunehmender Prävalenz [1], so auch in Österreich, wo derzeit etwa – so die Schätzungen der Österreichischen Diabetes Gesellschaft (ÖDG) [2] – 500.000 betroffen sind. Daher bedarf es geeigneter Interventionen, um vor allem die Spätfolgen von Diabetes zu bekämpfen. Ein Ansatz ist die Implementierung von Disease Management Programmen (DMPs). Welchen Nutzen DMPs für den Patienten tatsächlich haben, ist bisher nicht eindeutig geklärt. Aus diesem Grund wurde im Bundesland Salz-burg im Jahr 2007 das DMP „Therapie Aktiv“ als rando-misiert kontrollierte Studie (RCT) eingeführt. Wie bereits publiziert [3], gab es innerhalb des ersten Studienjahres lediglich im Bereich der Prozessqualität, sowie bezüglich der Gewichts- und Gesamtcholesterinreduktion signifikan-te Veränderungen zugunsten der Interventionsgruppe. Auf diabetesbezogene Laborparameter hatte das DMP in diesem Zeitraum keinen relevanten Einfluss. Um den Impact des DMPs auf die Lebensqualität zu ermitteln, verwendeten wir den EQ-5D VAS [4].

Material und Methoden: Der EQ-5D VAS ist ein standar-disiertes Instrument zur Messung der gesundheitsbezoge-nen Lebensqualität. Es besteht aus zwei Teilen: zum einen werden fünf Dimensionen (Mobilität, Selbständigkeit, Aktivität, Schmerz/Beschwerden und Angst/Depression) in einer dreistufigen Ordinalskala (keine, geringe/mäßige oder starke Probleme) abgefragt, zum anderen ist auf einer visuellen Analogskala (von 0-100) das derzeitige Befinden aufzutragen. Beide Teile sind geeignet, von Patienten ohne ärztliches Beisein oder weitere Erklärung ausgefüllt zu werden. Von 1464 Patienten des RCT (639 Intervention, 825 Kontrolle) lagen zu Beginn evaluierbare EQ-5D VAS-Daten vor.

Ergebnisse: Bei der Baseline-Untersuchung gab es bei allen sechs Aspekten keine signifikanten Unterschiede zwischen Intervention- und Kontrollgruppe (Tabelle 1). In der Interventionsgruppe kommt es zu einer signifikanten Verbesserung (mittlere Differenz: -2.19, p=0.005), in der Kontrollgruppe nicht (mittlere Differenz: -1.18, p=0.094). Vergleicht man die Veränderung der beiden Gruppen, so ist diese nicht signifikant. Auch bei den fünf kategorial erfassten Gesundheitsdimensionen zeigten sich keine

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signifikanten Unterschiede zwischen Intervention und Kontrolle (Tabelle 2).

Schlussfolgerung/Implikation: Es konnte in der kurzen Beobachtungszeit von circa einem Jahr keine signifikante Verbesserung in der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe beobachtet werden.

Literatur 1. Wild S, Roglic G, Green A, et al. Global prevalence of diabe-tes: estimates for the year 2000 and projections for 2030. Dia-betes Care. 2001;27:1047-53. 2. Österreichische Diabetes Gesellschaft. Available from: http://www.oedg.org/diabetes.html 3. Sönnichsen AC, Winkler H, Flamm M, et al. The effectiveness of the Austrian disease management programme for type 2 diabetes: a cluster-randomised controlled trial. BMC Fam Pract. 2010;11:86. 4. The EuroQol Group. EuroQol – a new facility for the meas-urement of health-related quality of life. Health Policy. 1990;16(3):199-208.

Bitte zitieren als: Panisch S, Flamm M, Winkler H, Weitgasser R, Sönnichsen A. Einfluss des Disease Management Programmes „Therapie Aktiv“ für Diabetes mellitus Typ 2 auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität – eine cluster-randomisierte kontrollierte Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom158. DOI: 10.3205/11fom158, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1589 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom158.shtml

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Entlastung pflegender Angehöriger von Palliativpatienten in häuslicher Versorgung: Eine qualitative Studie aus dem PalliPA-Projekt René Ballhausen, Frank Peters-Klimm, Regine Bölter, Peter Engeser, Joachim Szecsenyi, Katja Hermann

Universitätsklinikum Heidelberg, Abt. Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland

Hintergrund: Der Wunsch von Palliativpatienten, zu Hause zu sterben, stellt die Gesundheitsteams vor mehrere Her-ausforderungen. Die effektive Kommunikation und Zu-sammenarbeit mit pflegenden Angehörigen nimmt hierbei

eine Schlüsselrolle ein, da diese in 96% der Fälle die Rolle als zentrale Versorger der Palliativpatienten übernehmen. Die frühzeitige und systematische Identifikation von belas-teten Angehörigen ist daher nicht nur für deren Wohlbe-finden, sondern auch maßgeblich für die Qualität der gesamten Palliativversorgung verantwortlich. In einer qualitativen Vorstudie des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten PalliPA-Projekts sollen hausärztlich tätige Praxisteams aus Baden-Württemberg zum aktuellen Stand der ambulanten Ver-sorgung in Palliativsituationen befragt werden.

Material und Methoden: Bis Juli 2011 werden drei Work-shops mit insgesamt 15 Praxisteams durchgeführt: Einer thematischen Einführung schließen sich leitfadengestützte Fokusgruppen an. Die Leitfragen der Fokusgruppen zielen auf eine Erfassung der gegenwärtigen Versorgung von Palliativpatienten ab, wobei Schwerpunkte auf die Identifi-kation belasteter pflegender Angehöriger und Möglichkei-ten zu ihrer Entlastung gelegt werden. Die Gruppenge-spräche werden protokolliert, auf Tonband aufgezeichnet, transkribiert sowie hinsichtlich relevanter Erkennungs-merkmale von belasteten Angehörigen codiert und unter Zuhilfenahme von ATLAS.ti analysiert. Die Ergebnisse werden zu bereits vorhandener Literatur in Bezug gesetzt und dargestellt.

Ergebnisse: Erste Ergebnisse aus den Fokusgruppen wer-den im September vorliegen und auf dem Kongress vor-gestellt.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse dienen der Beschreibung der aktuellen Situation in der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung in Baden-Württemberg. Sie stellen den Auftakt zu einer Pilotstudie dar, bei der motivierte Praxisteams (best practice) neue Ansätze zur Entlastung von belasteten pflegenden Angehörigen in die Praxisroutine implementieren werden.

Bitte zitieren als: Ballhausen R, Peters-Klimm F, Bölter R, Engeser P, Szecsenyi J, Hermann K. Entlastung pflegender Angehöriger von Palliativpatienten in häuslicher Versorgung: Eine qualitative Studie aus dem PalliPA-Projekt. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom159. DOI: 10.3205/11fom159, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1594 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom159.shtml

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Entlastung von (Haus-)Ärzten – Status quo und Zukunftsperspektiven Elisabeth Urban, Stefanie Joos, Dominik Ose, Joachim Szecsenyi, Antje Miksch

Abteilung Allgemeinmedizin/Versorgungsforschung, Universitäts-klinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland

Hintergrund: Um die flächendeckende primärärztliche Versorgung in Deutschland langfristig sicher zu stellen, müssen Konzepte entwickelt werden, die dem drohenden Ärztemangel entgegen wirken und die Arbeitszufriedenheit von Primärärzten verbessern [1]. Ein möglicher Ansatz stellt die Entlastung von Ärzten in ihrer täglichen Arbeit dar, z.B. durch den Einsatz elektronischer Praxisverwal-tungs-/ Informationssysteme zur Reduktion von verwal-tungstechnischem und organisatorischem Aufwand oder

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durch die Delegation ärztlicher Leistungen an nicht-ärztliche Mitarbeiter.

Inwieweit diese Maßnahmen in Deutschland bereits An-wendung finden und inwiefern Ärzte gegebenenfalls dafür gezielte (monetäre) Anreize erhalten, ist Gegenstand der vorliegenden Analyse.

Material und Methoden: Im Auftrag des Commonwealth Fund (CWF) wurde 2009 eine internationale Befragung von Primärärzten durchgeführt, deren deutscher Part von der Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsfor-schung des Universitätsklinikums Heidelberg in Koopera-tion mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit (IQWIG) umgesetzt wurde. Im April 2011 wurden Teiler-gebnisse dieser Umfrage im Hinblick auf die Zufriedenheit und die Arbeitsbelastung der Primärärzte im internationa-len Vergleich im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht [2]. Darüber hinaus wurden in weiteren Fragenkomplexen Daten erhoben, die in diesem Beitrag für Deutschland analysiert werden.

Ergebnisse: Der Fragebogen wurde von 715 Ärzten inner-halb der Frist zurück gesendet (Rücklaufquote =48%). Die statistische Auswertung bisher nicht veröffentlichter Daten zu Verwendung elektronischer Informationssysteme und Delegation ärztlicher Leistungen wird auf dem DEGAM-Kongress 2011 präsentiert werden.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse erlauben eine Analyse des Ist-Zustandes der Bereiche Verwendung elektronischer Informationssysteme und Delegation ärztli-cher Leistungen im hausärztlichen Setting. Hieraus können mögliche Defizite und Optimierungspotential zur Entlas-tung von Hausärzten in ihrer täglichen Arbeit abgeleitet werden.

Literatur 1. Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. Koordination und Integration − Gesund-heitsversorgung in einer Gesellschaft des längeren Lebens. Son-dergutachten 2009. Available from: http://www.svr-gesundheit.de/Gutachten/Uebersicht/GA2009-LF.pdf (letzter Zugriff 27.04.2011) 2. Koch K, Miksch A, Schürmann C, Joos S, Sawicki PT. Das deutsche Gesundheitswesen im internationalen Vergleich: Die Perspektive der Hausärzte. Dtsch Arztebl Int. 2011;10(15):255-61.

Bitte zitieren als: Urban E, Joos S, Ose D, Szecsenyi J, Miksch A. Entlastung von (Haus-)Ärzten – Status quo und Zukunftsperspektiven. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom160. DOI: 10.3205/11fom160, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1605 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom160.shtml

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INTERPROF – Interprofessionelle Zusammenarbeit und Kommunikation in Pflegeheimen: eine qualitative Untersuchung zur medizinischen Versorgungsqualität von Pflegeheimbewohnern und Entwicklung von Verbesserungsstrategien – Studienprotokoll Christiane A. Müller1, Christina Geister2, Siegfried Weyerer3, Martina Schäufele3, Susanne Heim1, Hendrik van den Bussche4, Martin Scherer4, Eva Hummers-Pradier1, Gudrun Theile1 1Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule, Hanno-ver, Deutschland 2Ev. FH Hannover, Hannover, Deutschland 3Zentralinstitut für seelische Gesundheit, Mannheim, Deutschland 4Institut für Allgemeinmedizin, UKE, Hamburg, Deutschland

Hintergrund: Die Anzahl von Pflegeheimbewohnern wird sich in den nächsten 40 Jahren voraussichtlich nahezu verdoppeln. Zur Gewährleistung einer angemessenen Pflege ist es essentiell, dass die an der Versorgung der Bewohner beteiligten Berufsgruppen sich gegenseitig „verstehen“ [1]. Diese qualitative Multicenterstudie unter-sucht den augenblicklichen „Status quo“ der Zusammen-arbeit und der Kommunikationsstrukturen zwischen Pfle-gepersonal und Hausärzten im Pflegeheim. Zusätzlich sollen auch die Bedürfnisse und Erwartungen der Bewoh-ner und ihrer Familien erfasst werden, um ein Modell zur Verbesserung der Versorgungsqualität in Pflegeheimen zu entwickeln, welches in einer Pilotstudie getestet werden wird.

Material und Methoden: Zunächst werden die Pfegebe-dürfnisse und Probleme in der interprofessionellen Zu-sammenarbeit in face to face Interviews mit Hausärzten, Pflegenden, Bewohnern und Angehörigen in Pflegeheimen in drei Regionen Deutschlands exploriert. Parallel werden Hausarztbesuche in stationären Pflegeinrichtungen durch teilnehmende Beobachtungen untersucht. Wesentliche Ergebnisse der Interviews und Beobachtungen sowie mögliche Verbesserungen der interprofessionellen Zu-sammenarbeit werden anschließend in mono- und inter-professionellen Focusgruppen diskutiert. Ziel ist hierbei, ein tieferes Verständnis der Versorgungsabläufe und Be-ziehungen zwischen den beteiligten Gruppen zu erhalten und somit Lösungsstrategien zur Behebung möglicher Defizite zu entwickeln. Interviews und Fokusgruppen wer-den inhaltsanalytisch und mit dem 'Knowledge Mapping-Verfahren' [2] ausgewertet.

Auf Basis der Ergebnisse wird in einem multiprofessionel-len Expertenworkshop ein Kommunikationsmodell entwi-ckelt werden, das die Bedürfnisse aller beteiligter Grup-pen (Patienten, Angehörige, Pflege, Ärzte) berücksichtigen soll. Dieses interprofessionelle Interventionsmodell mit dem Ziel einer Verbesserung der Versorgungsqualität in Pflegeheimen, wird abschließend in vier Pflegeheimen in Hannover hinsichtlich Akzeptanz und Feasibility getestet.

Ergebnisse: Liegen nicht vor, da die Studie zum Spätsom-mer 2011 beginnt.

Schlussfolgerung/Implikation: Durch die Studie sollen Defizite und Möglichkeiten in der interprofessionellen Kooperation und Kommunikation im Setting Pflegeheim aufgedeckt werden und somit ein Beitrag zur Verbesse-

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rung der medizinischen Versorgungsqualität in der statio-nären Pflege geleistet werden.

Literatur 1. Winn P, Cook JB, Bonnel W. Improving Communication among Attending Physicians, Long-Term Care Facilities, Resi-dents, and Residents' Families. J Am Med Dir Assoc. 2004; 5:114-22. 2. Pelz C, Schmitt A, Meis M. Knowledge Mapping als Methode zur Auswertung und Ergebnispräsentation von Fokusgruppen in der Markt- und Evaluationsforschung. FQS. 2004;5(2):35.

Bitte zitieren als: Müller CA, Geister C, Weyerer S, Schäufele M, Heim S, van den Bussche H, Scherer M, Hummers-Pradier E, Theile G. INTERPROF – Interprofessionelle Zusammenarbeit und Kommunikation in Pflegeheimen: eine qualitative Untersuchung zur medizinischen Versorgungsqualität von Pflegeheimbewohnern und Entwicklung von Verbesserungsstrategien – Studienprotokoll. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom161. DOI: 10.3205/11fom161, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1612 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom161.shtml

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Ist eine Influenza-Surveillance aus hausärztlichen Routinedaten möglich? Johannes Hauswaldt1, Steffen Geis2, Eva Hummers-Pradier1, Helmut Uphoff3 1Institut für Allgemeinmedizin der MHH, Hannover, Deutschland 2Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland 3Hessisches Landesprüfungs-und Untersuchungsamt im Gesund-heitswesen, Dillenburg, Deutschland

Hintergrund: Europaweit sind Influenza-Surveilance-Systeme etabliert und effizient, die auf der Registrierung klinischer Erkrankungsfälle und stichprobenartiger Virus-nachweise basieren.

Hausärzte dokumentieren tagesaktuell in ihrem Arztpra-xisinformationssystem (AIS) Beratungsanlässe, (Verdachts-)diagnosen und ICD-10-Kodes.

Können AIS-Daten, die als Diagnosen auch Akute Respi-ratorische Erkrankungen (ARE) und Influenzaverdacht (influenza like illness, ILI) prinzipiell anzeigen, über die BDT-Schnittstelle tagesgenau extrahiert und für eine Sur-veillance zeitnah übertragen werden?

Material und Methoden: Routinedaten, gewonnen über die BDT-Schnittstelle [1], aus 131 Hausarztpraxen mit Aufzeichnungen aus mindestens 25 Kalenderwochen je 2001 und 2002 und mit mindestens 25 Patienten je Kalenderwoche, werden retrospektiv auf Häufigkeiten von Arzt-Patienten-Kontakten (APK), abgebildet aus Leistungs-ziffern (Gebührenordnungsnummern, BDT-Feld 5001) mit obligatem Arzt-Patienten-Kontakt, sowie auf niedergelegte Diagnosen für ARE und ILI aus ICD-10-Kodes (BDT-Felder 6001 und 3673) nach Leistungsquartal, Kalenderwoche und -tag untersucht.

Die BDT-Daten werden stichprobenartig visuell mit ihrer Quelle in den Primärdaten (AIS) verglichen.

Ergebnisse: Arzt-Patienten-Kontakte (APK) finden sich in der Stichprobe je Werktag, 2001 bis 2002, mit den er-warteten Schwankungen nach Jahreszeiten und innerhalb der Kalenderwoche (Abbildung 1).

ICD-10-Kodes in ihrer werktäglichen Anzahl werden, neben der Schwankung innerhalb der Woche, in einer unerwarteten und eigentümlichen Verteilung gefunden, die streng quartalsgebunden ist, als sogenanntes „Säge-zahnphänomen“ (Abbildung 2).

Die stichprobenartige visuelle Gegenüberstellung der AIS-Primärdaten und ihrer Abbildung in den sekundären BDT-Daten sowie deren genaue Analyse lassen das „Säge-zahnphänomen“ als Artefakt erkennen: nach dem implizi-ten Regelwerk der BDT-Schnittstelle werden Diagnosen und Bezeichnungen im Freitext (BDT-Feld 6205) zwar leistungstagsgenau, ICD-Kodes jedoch nur einmal im Quartal übertragen.

Schlussfolgerung/Implikation: Praxis- und Arzt-Patienten-Kontakte können über die BDT-Schnittstelle tagesgenau, Beratungsanlässe nach praktischen Gesichtspunkten nicht, sowie Diagnosen als ICD-10-Kodes lediglich quartalswei-se extrahiert werden.

Die bereits 1994 definierte BDT-Schnittstelle sollte sowohl für die Kommunikation zwischen AIS als auch zur Sekun-därdatengewinnung für Forschungszwecke ersetzt werden, z.B. durch ein konsentiertes Scientific Use File (SUF), um die Voraussetzungen für eine tagesgenaue Auswertung zu erfüllen.

Literatur 1. Kersting M, Gierschmann A, Hauswaldt J, Hummers-Pradier E. Routinedaten aus hausärztlichen Arztinformations-systemen – Export, Analyse und Aufbereitung für die Versorgungsforschung. Gesundheitswesen. 2010;72:323-31.

Abbildung 1: Anzahl werktäglicher Arzt-Patienten-Kontakte

Abbildung 2: Anzahl werktäglicher ICD-10-Kodes

Bitte zitieren als: Hauswaldt J, Geis S, Hummers-Pradier E, Uphoff H. Ist eine Influenza-Surveillance aus hausärztlichen Routinedaten möglich. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom162. DOI: 10.3205/11fom162, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1624

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Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom162.shtml

6 Versorgungs- und Gesundheitssystemforschung, neue Versorgungskonzepte II

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Onkologie in der Hausarztpraxis: Ist-Analyse und Bedarfserhebung aus der Sicht praktizierender Hausärzte Anne Dahlhaus, Corina Güthlin, Johanna Behrend, Claudia Herrler, Ferdinand M. Gerlach, Andrea Siebenhofer

Institut für Allgemeinmedizin, Goethe-Universität, Frankfurt am Main, Deutschland

Hintergrund: Hausärzte sind für die meisten Patienten mit einer Krebserkrankung beständiger Ansprechpartner und Koordinator während des gesamten Krankheitsverlaufs und verfügen damit häufig als Einzige über alle relevanten Informationen. Bisher fehlt eine systematische Erhebung der onkologischen Versorgung in hausärztlichen Praxen. Ziel dieser Studie ist daher die umfassende Darstellung der derzeitigen onkologischen Versorgung von der Früh-erkennung und Diagnosestellung über die Therapie bis hin zur Nachsorge und Palliativversorgung aus der Sicht praktizierender Hausärzte. Neben Versorgungsaspekten werden auch Daten zur allgemeinmedizinischen Weiter- und Fortbildung sowie Aspekte der Qualitätsförderung erhoben.

Material und Methoden: Aufgrund der unzureichenden Datenlage in Deutschland wird zur Maximierung der Aussagekraft ein „mixed-methods“-Design gewählt [1]: Mittels qualitativer Experteninterviews mit hessischen Hausärzten werden zunächst relevante Themenfelder abgesteckt, die der Neuentwicklung eines bundesweiten schriftlichen Surveys dienen. Über die Online-Arztsuche der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen werden nieder-gelassene Fachärzte für Allgemeinmedizin, hausärztlich tätige Internisten und Praktische Ärzte eingeschlossen. Im Sinne eines „purposeful samplings“ [2] sollen die inter-viewten Hausärzte eine möglichst große Variabilität hin-sichtlich relevanter Variablen (Stadt/Land, Einzel-/Gemeinschaftspraxis, Zusatzbezeichnung Palliativmedi-zin, Zusatzbezeichnung Naturheilverfahren, Geschlecht, Berufserfahrung 10–20 Jahre/30–40 Jahre) aufweisen. In halbstündigen, semistrukturierten Interviews werden 15–20 hessische Hausärzte zu allen Phasen der Versorgung von onkologischen Patienten befragt. Die Interviews erfol-gen im Mai und Juni 2011. Im Anschluss an die Inter-views werden diese transkribiert und inhaltsanalytisch ausgewertet. Die Ergebnisse werden beim diesjährigen Kongress präsentiert.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Ergebnisse der Exper-teninterviews eröffnen themenrelevante Felder und bilden damit die Basis für die Entwicklung eines quantitativen Surveys, in dem deutsche Hausärzte die Versorgung onko-logischer Patienten beurteilen sollen. Im „Nationalen Krebsplan“ wird explizit eine Stärkung der hausärztlichen Rolle empfohlen [3]. Diese kann jedoch nur dann sinnvoll

umgesetzt werden, wenn aktuelle Stärken und Schwächen der onkologischen Versorgung umfassend abgebildet und so gezielte Maßnahmen zur Optimierung der Versorgung identifiziert werden können.

Literatur 1. Creswell JW. Research Design: Qualitative, Quantitative, and Mixed Methods Approaches. London: Sage Publications; 2003. 2. Gläser J, Laudel G. Experteninterviews und qualitative In-haltsanalyse. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften; 2009. 3. Nationaler Krebsplan [zitiert: 13.05.2011]. Abrufbar unter http://www.bmg.bund.de/glossarbegriffe/k/nationaler-krebsplan.html

Bitte zitieren als: Dahlhaus A, Güthlin C, Behrend J, Herrler C, Gerlach FM, Siebenhofer A. Onkologie in der Hausarztpraxis: Ist-Analyse und Bedarfserhebung aus der Sicht praktizierender Hausärzte. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom163. DOI: 10.3205/11fom163, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1635 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom163.shtml

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Präventive Beratung: Selbsteinschätzungen Brandenburger Hausärzte Sebastian Regus1, Angelina Bockelbrink2, Vittoria Braun1, Christoph Heintze1 1Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland 2Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsöko-nomie, Berlin, Deutschland

Hintergrund: Viele gesundheitliche Risiken werden durch den individuellen Lebensstil beeinflusst. So ist zum Beispiel die Bedeutung von Zigarettenkonsum oder mangelnder körperlicher Bewegung als Risikofaktor kardiovaskulärer Erkrankungen seit langem belegt. Umstritten ist, welche Rolle Hausärzte bei der Reduktion solcher Risiken ein-nehmen wollen und können. Die vorliegende Befragung beschäftigt sich mit dem Selbstverständnis der Hausärzte in der präventiven Beratung und ihrer Einschätzung der eigenen Kompetenz auf diesem Gebiet.

Material und Methoden: In einer Querschnitts_befragung wurden nach Zufallsauswahl 50% der Brandenburger Hausärzte (n=748) postalisch befragt. Anhand von Lie-kert-Skalen war anzugeben, inwieweit ein Engagement zur Reduktion Lebensstil-abhängiger Risikofaktoren als haus-ärztliche Aufgabe verstanden wird und wie die eigene Kompetenz und die zeitlichen Ressourcen einzuschätzen sind. Zudem sollte angegeben werden, inwieweit die Delegation einer solchen Beratung an Medizinische Fach-angestellte sinnvoll wäre. Neben der deskriptiven Statistik wurden Gruppenvergleiche mittels Chi-Quadrat-Test zwischen weiblichen und männlichen, jüngeren und älte-ren sowie Stadt- und Landärzten durchgeführt.

Ergebnisse: Der Rücklauf betrug 37% (n=274). Empfeh-lungen für eine gesundheitsgerechtere Lebensweise und die Motivation der Patienten zur Umsetzung dieser Emp-fehlungen werden von der Mehrheit eindeutig als haus-ärztliche Aufgaben angesehen. Mit Einschränkung wird auch ein längerfristiges Engagement zur Beeinflussung des Lebensstils befürwortet, ebenso die Einbeziehung Angehöriger sowie die Integration weiterer (präventiv tätiger) Institutionen. Eine Beratung bei gesundheitlich belastenden sozialen Problemen fordern vor allem Land-

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ärzte, die Klärung und Verbesserung körperlicher Ge-sundheitsressourcen vor allem weibliche Ärzte. Die eigene Beratungskompetenz wird für alle abgefragten Items (kör-perliche Bewegung, Rauchen, Alkoholkonsum, Ernäh-rungsverhalten, Stress, Sexualität) überwiegend positiv eingeschätzt. Eine (knappe) Mehrheit ist jedoch der An-sicht, den Patienten in der Beratung nicht zeitlich gerecht werden zu können. Die Bereitschaft zur Delegation an Medizinische Fachangestellte differiert je nach Beratungs-thema deutlich. Die größte Bereitschaft besteht bei der Ernährungsberatung, die geringste bei der Beratung zu sexuellem Risikoverhalten. Eine Delegation wird bislang selten praktiziert, dies geschieht noch am häufigsten in der Ernährungsberatung.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Ärzte äußern hohe Ansprüche an das eigene Engagement in der Lebensstil-beratung und schätzen ihre Kompetenz überwiegend positiv ein. Diese positive Selbsteinschätzung ist kritisch zu diskutieren. Die Ärzte verorten Lebensstilberatung stark im eigenen Verantwortungsbereich, es wird aber auch eine begrenzte Bereitschaft erkennbar, mit anderen Gesund-heitsberufen zu kooperieren. Zu klären ist, wie die Bedin-gungen für hausärztliche Lebensstilberatung und Koope-rationsmöglichkeiten verbessert werden können.

Bitte zitieren als: Regus S, Bockelbrink A, Braun V, Heintze C. Präventive Beratung: Selbsteinschätzungen Brandenburger Hausärzte. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom164. DOI: 10.3205/11fom164, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1648 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom164.shtml

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To screen or not to screen for albuminuria? Cost-effectiveness of angiotensin-converting enzyme inhibitors and angiotensin II receptor blockers for the prevention of diabetic nephropathy in the Netherlands – A Markov Model Charles Christian Adarkwah1, Silvia Evers2, Maren Akkerman3 1CAPHRI School for Public Health and Primary Care, Maastricht University, Maastricht, Netherlands 2Department of Health Organization,Policy and Economics, Maastricht University, Maastricht, Netherlands 3Faculty of Medicine, RWTH University Aachen, Aachen, Germa-ny

Background: Type 2 diabetes is the main cause of end-stage renal disease (ESRD) in the Netherlands as well as in other European countries and the US [1]. In 2010, about 15 000 patients underwent renal-replacement therapy [2]. In the Netherlands, the costs of ESRD treat-

ment amount to €42 000 per patient year [3], [4]. Hence, prevention of ESRD is not only important from a medical, but also from an economic viewpoint. Angiotensin-converting enzyme (ACE) inhibitors have a potential to slow down the progression of renal disease and therefore provide a renal-protective effect.

Material/Methods: Three strategies were compared: treating all patients at the time of diagnosing type 2 dia-betes, screening for microalbuminuria, and screening for macroalbuminuria. A lifetime Markov decision model with simulated 50-year-old patients with newly diagnosed diabetes mellitus was developed using published data on costs and health outcomes and simulating the progression of renal disease. A health insurance perspective was adopted.

Figure 1 shows our model which contains the following 5 health states that represent the occurrence of events after model entry.

Results: In the base-case analysis, the treat-all strategy is associated with the lowest costs and highest benefit and therefore dominates screening both for macroalbuminuria and microalbuminuria.

In the univariate sensitivity analysis, variables with the largest impact on incremental costs and effectiveness are the absolute risk for progression from micro- to macroal-buminuria without ACE inhibition as well as the relative risk for progression from normo- to microalbuminuria with ACE inhibitor therapy and the discount rate (see supple-mentary table 3 for details). When assuming a low pro-gression rate from micro- to macroalbuminuria without ACE inhibition, screening for microalbuminuria dominates the treat-all strategy. A threshold sensitivity analysis shows that at an annual drug cost of €362.80 (base case: €62.70) the breakeven point is reached. Figure 2 shows the cost-effectiveness acceptability curve, which considers uncertainty in cost-effectiveness. The probability of savings of the “treat all” strategy compared to screening for mi-croalbuminuria is 70%, as could be seen in the multivari-ate sensitivity analysis. The scatterplot (Figure 3) shows 1000 replications from a distribution of cost and quality-adjusted life year (QALY) differences (angiotensin-converting enzyme inhibitor vs microalbuminuria screen-ing).

Conclusions: Patients with type 2 diabetes should receive an ACE inhibitor immediately after diagnosis if they do not have contraindications. An ARB should be considered for those patients developing a dry cough under ACE inhibi-tor therapy. The potential for cost savings would be even larger if the prevention of cardiovascular events were considered.

123

Figure 2

Figure 3

124

References 1. van Os N, Niessen LW, Bilo HJ, et al. Diabetes nephropathy in the Netherlands: a cost effectiveness analysis of national clinical guidelines. Health Policy. 2000;51(3):135-47. 2. Dutch End-StageRenal Disease Registry (REgistratie NIerfunk-tieverfanging NEderland). 2011. Available from: https://www.renine.nl/page?id=home&lang=en 3. de Wit GA, Ramsteijn PG, de Charro FT. Economic evalua-tion of end stage renal disease treatment. Health Policy. 1998;44(3):215-32. 4. Vegter S, Perna A, Hiddema W, et al. Cost effectiveness of ACE inhibitor therapy to prevent dialysis in nondiabetic nephrop-athy: influence of the ACE insertion/deletion polymorphism. Pharmacogenet Genomics. 2009;19(9):695-703.

Please cite as: Adarkwah CC, Evers S, Akkerman M. To screen or not to screen for albuminuria? Cost-effectiveness of angiotensin-converting enzyme inhibitors and angiotensin II receptor blockers for the prevention of diabetic nephropathy in the Netherlands – A Markov Model. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom165. DOI: 10.3205/11fom165, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1656 Freely available from: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom165.shtml

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Überweisungstypen in der Primärversorgung Stefan Bösner, Susanne Träger, Oliver Hirsch, Annette Becker, Erika Baum, Muazzez Ilhan, Norbert Donner-Banzhoff

Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland

Hintergrund: Die Überweisung (ÜW) von der Hausarztpra-xis in den ambulanten fachärztlichen Sektor vor dem Hintergrund der Einführung hausarztzentrierter Verträge ist ein wichtiges Handlungsfeld. In bisherigen Studien zum Überweisungsverhalten von Hausärzten kamen keine multivariaten Methoden zum Einsatz, um zugrunde lie-gende Überweisungstypen zu identifizieren. Wir postulier-ten 5 Überweisungstypen (Fragestellungs-ÜW, Gemein-same Dauerbehandlung, Administrative ÜW, ÜW auf Patientenwunsch, Verschreibungsgemeinschaft).

Material und Methoden: Im Rahmen einer Querschnitts-studie wurden innerhalb eines Quartals in 29 Hausarzt-praxen jeweils eine Woche lang sämtliche Überweisungen gesammelt und ausgewertet. Für jede Überweisung wur-den Fachgebiet, begleitender Informationsfluss, organisa-torische und medizinische Kriterien erhoben. Darüber hinaus wurde jede Überweisung einzeln in einem Audit mit dem Hausarzt besprochen. Die gesammelten Daten wurden mittels k-means Cluster Analyse auf eine mögliche zugrunde liegende Struktur getestet.

Ergebnisse: Wir konnten 3 der 5 postulierten Typen identi-fizieren. Die Fragestellungs-ÜW ist charakterisiert durch Hausarztinitiative, eine diagnostische Fragestellung und umfasst alle Altersgruppen. Der Typus der Gemeinsamen Dauerbehandlung ist charakterisiert durch gemeinsame Entscheidungsfindung bei der ÜW Initiative, einer eher therapeutischen Fragestellung, einem Alter der Patienten über 46 Jahren und einem städtischen Klientel. Die ÜW auf Patientenwunsch ist charakterisiert durch eine diag-nostische oder spezifisch therapeutische Fragestellung und umfasst alle Altersgruppen.

Schlussfolgerung/Implikation: So weit wir wissen ist dies die erste Studie, die ÜW Daten mit einem explorativen und multivariaten Ansatz (Cluster Analyse) untersucht hat.

Während die statistischen Qualitätskriterien die von uns gefundene 3 Cluster Lösung stützen, bleibt doch ein gro-ßer Anteil der Variation ärztlichen Überweisungsverhaltens unerklärt.

Bitte zitieren als: Bösner S, Träger S, Hirsch O, Becker A, Baum E, Ilhan M, Donner-Banzhoff N. Überweisungstypen in der Primärversorgung. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom166. DOI: 10.3205/11fom166, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1661 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom166.shtml

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Unterschiede zwischen Nichtteilnehmern an Diabetesschulungen: Die Ergebnisse einer Clusteranalyse Ingmar Schäfer1, Claudia Küver1, Birgitt Wiese2, Marc Pawels1, Hendrik van den Bussche1, Martin Scherer1, Hanna Kaduszkiewicz1 1Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland 2Institut für Biometrie, Medizinische Hochschule Hannover, Han-nover, Deutschland

Hintergrund: Diabetesschulungen gelten als effektive Interventionen, die zu einer besseren Blutzuckereinstellung und zur Vermeidung von Folgeerkrankungen beitragen können. Aus diesem Grund sind Schulungen ein verpflich-tender Teil des DMP Diabetes Typ 2. Trotzdem nehmen ca. 30% der Typ-2-Diabetiker im DMP langfristig nicht an Schulungen teil. Ziele der Studie waren: 1. soziodemo-graphische Unterschiede zwischen Teilnehmern und Nichtteilnehmern an Schulungen zu analysieren, 2. zu beschreiben, aus welchen subjektiven Gründen Diabetiker nicht an Schulungen teilnehmen und 3. Untergruppen von Patienten anhand ihrer individuellen Gründe für die Nicht-teilnahme zu identifizieren.

Material und Methoden: Zu diesem Zweck wurde eine Querschnittsstudie an 165 Teilnehmern und 132 Nicht-teilnehmern an Diabetesschulungen durchgeführt. Die Patienten wurden aus 30 Hausarztpraxen zufällig ausge-wählt und mit einem vollstandardisierten Fragebogen postalisch befragt. Einschlusskriterien waren u. a. eine Behandlung des Diabetes seit mindestens 4 Jahren und die Teilnahme am DMP. Ausschlusskriterien waren u. a. ein Alter über 80 Jahren und schlechte Deutschkenntnisse. Unterschiede zwischen Teilnehmern und Nichtteilnehmern wurden mittels t-Tests und χ2-Tests ermittelt. Nichtteil-nehmer wurden hinsichtlich Ihrer Gründe für die Nichtteil-nahme mittels einer Clusteranalyse gruppiert.

Ergebnisse: Es fanden sich keine signifikanten soziodemo-graphischen Unterschiede zwischen Teilnehmern und Nichtteilnehmern an Diabetesschulungen. 95% der Teil-nehmer und 36% der Nichtteilnehmer gaben an, dass ihnen ihr Arzt die Teilnahme an einer Schulung empfohlen hatte. Es wurden vier Untergruppen von Nichtteilnehmern an Schulungen identifiziert: 1) Patienten, die sich für Ihren Diabetes verantwortlich und auch gut informiert fühlten, 2) Patienten, die sich für die Erkrankung verantwortlich, aber nicht gut informiert fühlten, 3) Patienten, die die Verantwortung für den Diabetes ablehnten und auch keine weiteren Informationen zu ihrer Krankheit wünsch-ten, und 4) Patienten, bei denen psychosoziale Probleme

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und funktionale Einschränkungen im Vordergrund stan-den.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Empfehlung des Haus-arztes könnte die Entscheidung von Patienten beeinflus-sen, an einer Schulung teilzunehmen. Aus diesem Grund sollten Hausärzte in möglichst vielen Fällen versuchen, ihre Patienten für eine Schulungsteilnahme zu motivieren. Nichtteilnehmer an Diabetesschulungen lassen sich gut unterscheiden hinsichtlich Ihres Wunsches nach weiteren Informationen zu ihrem Diabetes und der gefühlten Ver-antwortung für ihre Erkrankung. Es könnte hilfreich sein, wenn Hausärzte die subjektiv vorhandenen Barrieren für eine Schulungsteilnahme in einem individuellen Gespräch mit dem Patienten näher erörtern würden. Als Anfang für ein solches Gespräch bietet sich an, den Patienten da-nach zu fragen, wie er sein Wissen über seine Erkrankung und seine persönliche Verantwortung für die Diabetesbe-handlung wahrnimmt.

Bitte zitieren als: Schäfer I, Küver C, Wiese B, Pawels M, van den Bussche H, Scherer M, Kaduszkiewicz H. Unterschiede zwischen Nichtteilnehmern an Diabetesschulungen: Die Ergebnisse einer Clusteranalyse. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom167. DOI: 10.3205/11fom167, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1672 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom167.shtml

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Was kann getan werden, um die Versorgung von Menschen am Lebensende zu verbessern? Ergebnisse einer Delphi-Studie Nils Schneider1, Jutta Bleidorn1, Saskia Jünger2, Lukas Radbruch3, Mareike Behmann1 1Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland 2Universitätsklinikum Bonn, Bonn, Deutschland 3Universitätsklinikum Bonn und Malteser Krankenhaus Bonn/Rhein-Sieg, Bonn, Deutschland

Hintergrund: In der ersten Phase eines gesundheitswissen-schaftlichen Forschungsprojekts wurden sechs Kernziele für die Verbesserung der Palliativversorgung entwickelt [1]. Der vorliegende Beitrag stellt erste Ergebnisse aus der laufenden zweiten Projektphase vor, in der Maßnahmen definiert und priorisiert werden, um diese Ziele zu realisie-ren.

Material und Methoden: Durchgeführt wird eine dreistufi-ge Delphi-Befragung von Akteuren auf der Meso- und Makroebene des Gesundheitswesens. Eingeladen waren 331 Repräsentanten unterschiedlicher Institutionen (z.B. Fachgesellschaften, Selbstverwaltung, Patientenorganisa-tionen, Krankenkassen). Einschlusskriterien: Verantwort-lichkeiten auf Bundes- oder Länderebene, fachliche Be-rührungspunkte mit der Versorgung Schwerstkranker und Sterbender. In der ersten Delphirunde haben die Teilneh-mer Vorschläge unterbreitet (Fragebogen, Freitexte), die aus ihrer Sicht geeignet sind, um die Ziele [1] zu realisie-ren. Auswertung mittels qualitativer Inhaltsanalyse. Die generierten Maßnahmen wurden den Teilnehmern in der zweiten Delphirunde vorgestellt, wobei jede Maßnahme auf einer fünfstufigen Skala von „überhaupt nicht zielfüh-rend“ bis „sehr zielführend“ bewertet wurde.

Ergebnisse: 107 Personen nahmen an der ersten Delphi-runde teil (51% Ärzte, ansonsten Wirtschafts-, Rechts-,

Pflege-, Sozialwissenschaften u.a.). Aus den Freitextant-worten wurden 37 Maßnahmen generiert. In der zweiten Runde wurden 14 der 37 Maßnahmen als besonders zielführend eingeschätzt: Entwicklung von Qualitätsmaßstäben an Bedürfnissen

der Patienten und Angehörigen Etablierung eines flächendeckenden Case-

Managements bei komplexem Versorgungsbedarf Ausbau des Angebots berufsgruppenübergreifender

Fortbildungen Unterstützung der allgemeinen Palliativversorgung

durch bedarfsorientierte Mitversorgung durch Pallia-tiv-Spezialisten

Konsequente Umsetzung der spezialisierten ambulan-ten Palliativversorgung

Stärkung der allgemeinen Palliativversorgung durch Fort- und Weiterbildung

Förderung des Praxiskontakts von Medizinstudenten mit schwerstkranken und sterbenden Patienten

Intensive Vermittlung von palliativen Inhalten in der Ausbildung der Pflegeberufe

Enge Zusammenarbeit von Palliativ-Spezialisten mit Hausärzten und Pflegediensten (z. B. Fallbesprechun-gen)

Regelhafte Einbindung von Angehörigen in Entschei-dungsfindungen

Versorgungsforschung Dokumentierter Behandlungsplan für jeden Palliativ-

patienten Einheitliche Behandlungsdokumentation über unter-

schiedliche Einrichtungen und Dienste hinweg Flächendeckende Etablierung von Angeboten der

Kurzzeit-Palliativpflege zur Entlastung von Angehöri-gen.

Schlussfolgerung/Implikation: Inhaltliche Schwerpunkte sind Patientenorientierung, Zusammenarbeit und Qualifi-zierung von Gesundheitsberufen. Deutlich wird der Ent-wicklungsbedarf der hausärztlich und pflegerisch getrage-nen allgemeinen Palliativversorgung. Es folgt eine dritte Delphirunde zur Priorisierung innerhalb der 14 Maßnah-men, um Entscheidungshilfen für abgestufte nächste Schritte zu geben.

Literatur 1. Schneider N, Lueckmann SL, Kuehne F, Klindtworth K, Beh-mann M. Developing targets for public health initiatives to im-prove palliative care. BMC Public Health. 2010;10:222. Bitte zitieren als: Schneider N, Bleidorn J, Jünger S, Radbruch L, Behmann M. Was kann getan werden, um die Versorgung von Menschen am Lebensende zu verbessern? Ergebnisse einer Delphi-Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom168. DOI: 10.3205/11fom168, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1684 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom168.shtml

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Wie aus Interviews ein inhaltsvalider Fragebogen werden kann – ein Beitrag zur sequentiellen mixed methods-Methodik Michael Pentzek1, Anja Wollny2, Oliver R. Herber3, Rolf Porst4, Andrea Icks5, Heinz-Harald Abholz1, Stefan Wilm3 1Abteilung für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum und Hein-rich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland 2Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Fakultät, Universität Rostock, Rostock, Deutschland 3Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke, Witten/Herdecke, Deutschland 4Abteilung Survey Design and Methodology, GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften, Mannheim, Deutschland 5Funktionsbereich Public Health, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf; Institut für Biometrie und Epidemiologie, Deutsches Diabetes-Zentrum, Leibniz-Institut an der Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland

Hintergrund: Die Anwendung von Studiendesigns mit einer Integration qualitativer und quantitativer Methoden (mixed methods) hat in den letzten Jahren auch in der medizinischen Forschung an Bedeutung gewonnen und wird als „third paradigm“ diskutiert [1]. In der häufig eingesetzten sequentiellen Form stellt der Prozess des Abgleichs der qualitativen Ergebnisse mit den nachfol-gend einzusetzenden quantitativen Verfahren besondere methodische Herausforderungen, weil es keine standardi-sierte Methode gibt.

Material und Methoden: Ein qualitativ-quantitativ ange-legtes Versorgungsforschungsprojekt [2] dient als Beispiel zur Darstellung unseres Vorgehens. Ziel des Projekts war die psychosoziale Charakterisierung von sehr gut vs. sehr schlecht eingestellten Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2. Zunächst wurden mögliche Charakteristika in Interviews mit Patienten und deren Hausärzten identifiziert; dann wurden diese Faktoren als Items formuliert, um sie an einer größeren Stichprobe mit einem Fragebogen zu erheben. Die im qualitativen Studienteil erarbeiteten In-haltsanalysen der Interviews bilden den Ausgangspunkt für den hier beschriebenen mehrstufigen Prozess der Auswahl und Entwicklung von Fragebogenitems.

Ergebnisse: Sieben Schritte waren nötig, um zu einem inhaltlich validen Fragebogen zu gelangen:

1. Ermittlung der als wichtig identifizierten Faktoren aus dem Interviewmaterial und der bestehenden Litera-tur.

2. Suche nach bestehenden Fragebögen zur gleichen Thematik und Erstellung eines Itempools.

3. Einbezug von Experten für das Forschungsthema (→ weitere Hinweise auf Studien und Fragebögen).

4. Inhaltlicher Abgleich bestehender Fragebögen mit den in Schritt 1 gewonnenen Faktoren.

5. Konstruktion neuer Items für Faktoren, für die keine passenden Items in bestehenden Bögen gefunden werden konnten. Die Formulierung eigener und die Adaptation entlehnter Fragen erfolgten in enger An-lehnung an unsere Interviewanalysen.

6. Bewertung und Überarbeitung aller Items hinsichtlich methodischer Qualität [3] unter Mitarbeit eines Ex-perten für Fragebogenentwicklung.

7. Kognitive Pretests [4] mit der ersten Fragebogenver-sion: Instruktionen, Fragen und Antwortskalen wur-

den Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 vorgelegt, auf Verständlichkeit, Ausfüllbarkeit und inhaltliche Validität geprüft und anschließend überarbeitet.

Schlussfolgerung/Implikation: Das dargestellte Vorgehen ist ein Beispiel, wie man Interviewergebnisse in einem Fragebogen verarbeiten kann. Will man neue statt altbe-kannter Faktoren erfassen, dann sollten die eigenen Inter-views die primäre Grundlage der Itemformulierung bilden. Bereits existierende Items sollten ergänzend nur nach Bewertung ihrer inhaltlichen und methodischen Eignung genutzt werden. Das genannte Vorgehen mündete in einen Fragebogen, der in der Lage ist, die Interviewer-gebnisse in inhaltlich valider Weise abzubilden. In Projek-ten mit einem sequentiellen mixed methods-Design sollte der Zeit- und Kostenaufwand für die Entwicklung des quantitativen Instruments angemessen berücksichtigt werden.

Literatur 1. Dures E, Rumsey N, Morris M, Gleeson K. Mixed methods in health psychology: Theoretical and practical considerations of the third paradigm. J Health Psychol. 2010. DOI: 10.1177/1359105310377537 2. Herber OR, Wollny A, Pentzek M, Abholz HH, Icks A, Wilm S. Was erzählen Hausärzte über ihre Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2? Mögliche Gründe für unbefriedigende Blutzuckerwerte. Z Allg Med. 2010;86:203-208. 3. Porst R. Fragebogen: Ein Arbeitsbuch. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften; 2008. 4. Prüfer P, Rexroth M. Kognitive Interviews. ZUMA How-to-Reihe; Nr. 15. 2005. http://www.gesis.org/fileadmin/upload/forschung/publikationen/gesis_reihen/howto/How_to15PP_MR.pdf (letzter Zugriff: 03.05.2011)

Bitte zitieren als: Pentzek M, Wollny A, Herber OR, Porst R, Icks A, Abholz HH, Wilm S. Wie aus Interviews ein inhaltsvalider Fragebogen werden kann – ein Beitrag zur sequentiellen mixed methods-Methodik. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom169. DOI: 10.3205/11fom169, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1692 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom169.shtml

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Zeitbedarf von Diagnosen-Kodierung: ICD-10 GM mit/ohne AKR sowie CodA im Vergleich Christoph Claus1, Uwe Popert2, Stephan Bösner3, Norbert Donner-Banzhoff4 1Abt. Allgemeinmedizin Univ. Marburg, Kassel, Deutschland 2Abt. Allgemeinmedizin Univ. Göttingen, Kassel, Deutschland 3Abteilung Allgemeinmedizin Univ. Marburg, Marburg, Deutsch-land 4Abt. Allgemeinmedizin Univ. Marburg, Marburg, Deutschland

Hintergrund: Die Kodierung von Diagnosen ist in den meisten Industrieländern üblich; allerdings gibt es zum dafür erforderlichen Aufwand kaum Untersuchungen – insbesondere nicht aus dem ambulanten Bereich. Im allgemeinmedizinischen Bereich ist gerade bei Multimor-biden und chronisch Kranken eine gute Diagnosen-Klassifikation, aber auch eine möglichst effektive Kodier-barkeit erforderlich. Zur Kodierung im hausärztlichen Bereich besteht in Deutschland neben der durch die am-bulante Kodierrichtlinie (AKR) präzisierten ICD-10 GM in Zukunft voraussichtlich auch eine ICPC-2 analoge Kodie-

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rungsmöglichkeit. Die Umsetzbarkeit und der Zeitbedarf der unterschiedlichen Kodierweisen wurden bisher noch nicht vergleichend untersucht.

Material und Methoden: Zur Klärung des bürokratischen Aufwandes beim Kodieren von Diagnosen wurden 32 hausärztliche Praxen über ein Internet-Forum (Allgmed-Listserver) zur Beantwortung von Fragebögen gewonnen. Die Praxen wurden gebeten, die Diagnosen einer Fallvig-nette (eine typische multimorbide ältere Patientin entspre-chend der Publikation von Boyd et al.) mehrfach zu bear-beiten:

A. zunächst wie derzeit in der Praxis üblich nach der je-weils bevorzugten Methode,

B. möglichst vollständig und genau (wie von AKR gefor-dert) und abschließend

C. mit einer beigelegten bzw. im Internet zu beziehenden Papierversion einer CodA-Kodierhilfe (Transfer-Liste ICPC-2 in ICD-10).

Die Praxen wurden gebeten, den jeweils ermittelten ICD-Code und die je Kodierung benötigte Zeit in Sekunden anzugeben. Die Rücksendung der Fragebögen erfolgte per Fax, Mail oder Post. Die Auswertung erfolgte mit T-Tests für gepaarte Stichproben.

Ergebnisse: Erste Auswertungen ergeben: Für die Kodie-rung aller 9 Diagnosen zusammen (Herzinsuffizienz, Hy-pertonus, Hypercholesterinämie, stabile KHK, Diabe-tes,COPD, Osteoporose, Polyarthrose, Vorhofflimmern) zeigt sich ein signifikant unterschiedlicher Zeitbedarf. Für die bisherige Kodierweise werden im Mittel 150, für die mit CodA im Mittel 200, und für die möglichst präzise Kodierung entsprechend der AKR insgesamt etwa 550 Sekunden benötigt.

Schlussfolgerung/Implikation: Gegenüber der bisherigen Kodierweise bringen die ambulanten Kodierrichtlinien einen erheblichen Mehraufwand. Eine ICPC-2 orientierte Liste bedeutet selbst bei mangelnder Einarbeitung und nur als Papierversion kaum zusätzlichen Zeitaufwand. Bei einer EDV-gestützten Version ist sogar eine Zeitersparnis denkbar. Weitere Untersuchungen dazu sind notwendig.

Bitte zitieren als: Claus C, Popert U, Bösner S, Donner-Banzhoff N. Zeitbedarf von Diagnosen-Kodierung: ICD-10 GM mit/ohne AKR sowie CodA im Vergleich. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom170. DOI: 10.3205/11fom170, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1703 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom170.shtml

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Zusammenhang zwischen mangelnder Compliance und fehlender glykämischer Kontrolle bei Patienten mit Typ-2 Diabetes: erste Ergebnisse der DIANA Studie Heike Ursula Krämer1, Gernot Rüter2, Dietrich Rothenbacher3, Thomas Rosemann4, Joachim Szecsenyi5, Elke Raum1, Hermann Brenner1 1Deutsches Krebsforschungszentrum, Abt. Klinische Epidemiologie und Alternsforschung, Heidelberg, Deutschland 2Allgemeinarztpraxis, Benningen/ Neckar, Deutschland 3Universität Ulm, Institut für Epidemiologie und Medizinische Biometrie, Ulm, Deutschland 4Universität Zürich, Institut für Hausarztmedizin, Zürich, Deutsch-land 5Universitätsklinikum Heidelberg, Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland

Hintergrund: Es ist bereits bekannt, dass mangelnde Compliance gegenüber verordneten Medikamenten den langfristigen Verlauf eines Typ-2 Diabetes beeinflusst und die Mortalität erhöht [1], [2]. Zwar existieren Untersu-chungen zum Zusammenhang zwischen Compliance und glykämischer Kontrolle bei Patienten mit Typ-2 Diabetes [3], [4], aber Analysen zu geschlechtsspezifischen Unter-schieden fehlen. Die Prävalenz von mangelnder Compli-ance gegenüber verordneten Medikamenten und schlech-ter glykämischer Kontrolle bei Patienten mit Typ-2 Diabe-tes sowohl für die Gesamtpopulation als auch getrennt nach Geschlecht abzuschätzen sowie den Grad der Asso-ziation zu bestimmen, war ein Ziel dieser Untersuchung.

Material und Methoden: Die Analyse basiert auf Basisda-ten der DIANA Studie, einer prospektiven Kohortenstudie von Patienten mit Typ 2 Diabetes im Süd-Westen Deutsch-lands (Landkreise Ludwigsburg, Heilbronn, Rems-Murr und Böblingen). Auf Basis eines selbstauszufüllenden Fragebogens wurde die selbsteingeschätzte Compliance gegenüber verordneten Medikamenten wurde mittels Morisky-Score ermittelt. Ebenfalls wurden auf Basis des Fragebogens Informationen zu Faktoren gewonnen, die im Zusammenhang mit einer schlechten glykämischen Kontrolle stehen (z.B. Alter, Schulbildung, Familienstand).

Die glykämische Kontrolle wurde anhand des HbA1c bestimmt. Ein HbA1c ≥7.5% wurde als schlechte glykämi-sche Kontrolle definiert. Um Zusammenhänge zwischen einer mangelnden Compliance gegenüber verordneten Medikamenten und schlechter glykämischer Kontrolle sowohl für die Gesamtpopulation als auch getrennt nach Geschlecht abzuschätzen, wurden bivariate und multivari-ate Analysen anhand von Log-binomialen Regressions-modellen durchgeführt.

Ergebnisse: In die Analyse konnten insgesamt 1.142 Teilnehmer (624 Männer, 518 Frauen) eingeschlossen werden. Für die Gesamtpopulation zeigt sich ein signifi-kanter Zusammenhang zwischen mangelnder Compliance und schlechter glykämischer Kontrolle. Jedoch zeigten sich nach Stratifizierung Unterschiede zwischen den Ge-schlchtern: Von den männlichen Teilnehmern mit schlech-ter glykämischer Kontrolle berichteten 37% (N=55) eine fehlende und 19% (N=85) eine gute Compliance gegen-über verordneten Medikamenten (adjustiertes Prevalence Ratio (PR)=1,90; 95%-Konfidenzintervall (KI): 1,46-2,49). Dagegen berichteten von den Frauen mit schlechter gly-

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kämischer Kontrolle nur 19% (N=22) eine fehlende und 18% (N=69) eine gute Compliance gegenüber verordne-ten Medikamenten (adjustiertes PR=0,97; 95%-KI: 0,65-1,46).

Schlussfolgerung/Implikation: Unsere Ergebnisse zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen Compliance und glykämischen Kontrolle gibt, jedoch weisen sie auch auf Unterschiede in der Assoziation bei Männern und Frauen hin. Dies unterstreicht die Notwendigkeit weiterer Bemü-hungen über bisherige Disease-Management Programme (DMP) hinaus.

Literatur 1. Odegard PS, Capoccia K. Medication taking and diabetes: a systematic review of the literature. Diabetes Educ. 2007;33(6):1014-29. 2. Ho PM, Rumsfeld JS, Masoudi FA, et al. Effect of medication nonadherence on hospitalization and mortality among patients with diabetes mellitus. Arch Intern Med. 2006;166(17):1836-41. 3. Alvarez Guisasola F, Tofe Povedano S, Krishnarajah G, et al. Hypoglycaemic symptoms, treatment satisfaction, adherence and their associations with glycaemic goal in patients with type 2 diabetes mellitus: findings from the Real-Life Effectiveness and Care Patterns of Diabetes Management (RECAP-DM) Study. Diabetes Obes Metab. 2008;10 (Suppl 1):25-32. 4. Donnelly LA, Morris AD, Evans JM. Adherence to insulin and its association with glycaemic control in patients with type 2 diabetes. QJM. 2007;100(6):345-50.

Bitte zitieren als: Krämer HU, Rüter G, Rothenbacher D, Rosemann T, Szecsenyi J, Raum E, Brenner H. Zusammenhang zwischen mangelnder Compliance und fehlender glykämischer Kontrolle bei Patienten mit Typ-2 Diabetes: erste Ergebnisse der DIANA Studie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom171. DOI: 10.3205/11fom171, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1711 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom171.shtml

7 Weiter- und Fortbildungskonzepte sowie Forschung zur allgemeinmedizinischen Lehre I

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Allgemeinmedizin an der virtuellen Hochschule Bayern – ein Gemeinschaftsprojekt von TU und LMU München Manuel Carranza1, Anna-Maria Moog1, Linn Heiss2, Antonius Schneider2, Jörg Schelling1 1Lehrbereich Allgemeinmedizin der LMU, München, Deutschland 2Institut für Allgemeinmedizin der TU, München, Deutschland

Hintergrund: E-Learning hat sich in den letzten Jahren zunehmend als sinnvolle Ergänzung zu traditionellen Lehrformen bestätigt und bietet auch in der Allgemeinme-dizin viele Vorteile [1], [2], [3]. Elektronische Lernfälle sind zwar keine Alternative für die Lehre am Krankenbett zur Vermittlung praktischer klinischer Fähigkeiten [2], [4], die Vorteile des Blended Learning (integriertes Lernen) sind allerding ebenfalls unbestritten [5], [2].

Material und Methoden: Gefördert durch die virtuelle Hochschule Bayern (VHB) konnte die Ludwig-Maximilians-

Universität in Kooperation mit der Technischen Universität München ein fallbasiertes, interaktives Online-Seminar Allgemeinmedizin entwickeln. Eingebettet in das Lernsys-tem „Casus“ besteht das Seminar aus 16 Lernfällen, welche die häufigsten Beratungsanlässe aus der Haus-arztpraxis aufgreifen und grundlegende Aufgaben und Funktionen des Hausarztes aufzeigen. Die Fälle sind in 7 bis 10 Kapitel (Anamnese, körperliche Untersuchung, Labor, apparative Untersuchungen, Therapie, Verlauf und abschließende Fallbesprechung) unterteilt. Der Lernende soll in sich anschließenden Aufgaben- und Frageeinheiten sein Wissen überprüfen und mithilfe der Erklärungstexte erweitern können. Er erhält Feedback auf alle Eingaben. Bei den meisten Fällen handelt es sich um authentische Patientenkasuistiken. Das Online-Seminar wird von den Studierenden begleitend zu den Präsenzveranstaltungen im 2. klinischen Studienjahr absolviert. Bei erfolgreicher Teilnahme erhalten die Studierenden ein Zertifikat.

Ergebnisse: 181 Studenten haben im letzten Semester am gemeinsamen Kursangebot der Universitäten teilgenom-men. 49 (27%) Studierende haben den Kurs erfolgreich absolviert (mindestens 8 Fälle mit 60% der Fragen richtig beantwortet) und ein Zertifikat erhalten. Die Teilnehmer waren mit dem Inhalt und der Bedienung des Kurses (Online-Evaluation) sehr zufrieden. Im Durchschnitt haben die Studierenden den Kurs mit der Schulnote 1,8 bewer-tet.

Schlussfolgerung/Implikation: Das fallbasiertes E-Learning ist besonders bedeutsam, weil dadurch anhand authenti-scher Fälle und einer simulierten realitätsnahen Umge-bung praktisches Handlungs- und Prozesswissen vermit-teln werden. Der Erfolg dieses Kurses ist noch ein Beweis, dass das E-Learning auch in der Allgemeinmedizin leicht durchführbar ist und dass es von den Studierenden gut angenommen wird. Besonders die Kooperation der bei-den Münchner Universitäten ist als modellhaft und kon-struktiv hervorzuheben. Wir laden weitere Hochschul-standorte in Bayern ein, an entsprechenden Projekten teilzunehmen.

Literatur 1. Friedberg EC. Peer review of scientific papers — A never-ending conumdrum. DNA Repair. 2010;9(5): 476-7. 2. Gensichen J, Bischoff M, Gerlach FM. E-Learning in der allgemeinmedizinischen Ausbildung: zentrale Begleitung im dezentralen Praktikum: eine Evaluation. GMS Z Med Ausbild. 2005;22(2):Doc25. 3. Kassop M. Ten Ways Online Education Matches, or Surpass-es, Face-to-Face Learning. The Technology Source. 2003. 4. Rubinstein J, Dohble A, Ferenchick G. Puzzle based teaching versus traditional instruction in electrocardiogram interpretation for medical students – a pilot study. BMC Medical Education. 2009;9(4). 5. Druhmann C, Hohenberg G. Erfolgreiches Lernen in einem Blended Learning-Szenario im Vergleich mit der Präsenzausbil-dung – am Beispiel einer MTA-Ausbildung der Fachrichtung Radiologie. GMS Z Med Ausbild. 2009;26(4):Doc43. DOI: 10.3205/zma000636

Bitte zitieren als: Carranza M, Moog AM, Heiss L, Schneider A, Schelling J. Allgemeinmedizin an der virtuellen Hochschule Bayern – ein Gemeinschaftsprojekt von TU und LMU München. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom172. DOI: 10.3205/11fom172, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1727 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom172.shtml

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Allgemeinmedizin – Wahlpflichtseminar vorklinischer Abschnitt – Ziel: Motivation für dieses Fach fördern Albrecht Stein1, Jörg Schelling1, Andreas Klement2, Günther Oberprieler1 1LMU München, München, Deutschland 2Uni Halle, Halle, Deutschland

A Darstellung des ambulanten hausärztlichen Spektrums:

1. Betreuung von Patienten in der Praxis, zuhause und in Einrichtungen

2. Einbeziehung von Familienangehörigen 3. Schweigepflicht 4. Interdisziplinäre Kooperation mit anderen Ärzten/

Kliniken 5. Zusammenarbeit mit sozialen Diensten

B Häufige Krankheitsbilder:

1. Eigenanamnese 2. Fremdanamnese 3. Diagnostik 4. soziales Umfeld 5. Therapie und Prognose

C Psychologische Patienten- und Familienbetreuung mit praktischen Übungen

zwischenmenschliche Beziehung unter schwierigen Umständen aufbauen

Anamnese in menschlicher Form (zugewandt, empa-thisch, würdevoll)

Fachwissen verständlich übermitteln Therapiemodell unter Berücksichtigung des Willens

und Wollens des Patientens ausarbeiten

D Schnuppertag in der Praxis mit Hausbesuch

1. Teilnahme an einem Praxistag 2. an einem Routinehausbesuch 3. Diskussion zwischen Arzt und Studierenden

E Betreuung von kranken Menschen in Einrichtungen

1. hochbetagte und (schwerst-)kranke Menschen in Pflegeeinrichtungen → Recht auf einen würdevollen Umgang

2. Probleme der palliativen Behandlung, die Auseinan-dersetzung mit dem Pflegepersonal und mit Angehö-rigen.

3. Aufbau einer Bindung zu einem geriatrischen Patien-ten mit mehrfachen Kontakten (Langzeitbetreuung).

4. Spezielle Themen: Schmerztherapie, Patientenverfü-gung, Sterben und Sterbebegleitung

F Mitwirken am Kassenärztlichen Bereitschaftsdienst

1. Erkennen des großen Spektrums; 2. spezielle Problemgruppen, wie z.B. Drogen- und Al-

koholabhängige, Kennenlernen von schweren psy-chiatrischen Erkrankungen

3. Probleme im Bereitschaftsdienst zwischen Zwangsthe-rapie und Berücksichtigung des Rechts des Men-schen auf seine Erkrankung

4. Erleben von Tod in der Wohnung, Gespräch mit den Angehörigen

1:1 Betreuung des Studierenden durch einen erfahrenen Hausarzt.

G Weitere Themen und Abschluss des Wahlpflichtsemi-nars

1. Betreuung von Gefangenen bei Gerichtsverhandlungen von Leistungssportlern auf Großveranstaltungen als Theaterarzt

2. Gutachter z.B. Erwerbsunfähigkeit, Schwerbehinder-tenrecht, Mietfähigkeit, Unterbringung

H Leistungskontrolle

ein bekanntes Krankheitsbild mit Hilfe von Literatur recherchieren

wissenschaftliche, theoretische Aspekte und therapeu-tische Möglichkeiten differenziert herausarbeiten.

Cave aus Sicht des Korrektors: die Studierenden befinden sich im vorklinischen Abschnitt.

I Evaluation

Das Seminar wurde nach Schulnoten bewertet (von der Uni vorgegebener anonymer Evaluationsbogen); knapp 80% gaben die Note 1, der Rest die Note 2; insgesamt 20 Studierende in den Jahren 2010 und 2011.

Davon fanden mehr als 90% der Studierenden das Thema sehr interessant und circa 95% fanden die Vermittlung der Inhalte sehr gut verständlich. Weniger eindeutig sehr gut war die Motivation zum weiteren Selbststudium; hier wähl-ten knapp die Hälfte die Studierenden nur ein gut.

Fazit: Ziel erreicht

Bitte zitieren als: Stein A, Schelling J, Klement A, Oberprieler G. Allgemeinmedizin – Wahlpflichtseminar vorklinischer Abschnitt – Ziel: Motivation für dieses Fach fördern. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom173. DOI: 10.3205/11fom173, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1735 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom173.shtml

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Arzt-Patienten-Kommunikation: Welche Erwartungen haben (Simulations-)Patienten an zukünftige Ärzte? Cadja Bachmann, Silke Roschlaub, Kerstin Schrom, Sebastian Dunkelberg, Martin Scherer

Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland

Hintergrund: Die Vermittlung kommunikativer Kompeten-zen nimmt in der allgemeinmedizinischen Ausbildung in Hamburg einen zentralen Stellenwert ein. Simulationspati-enten, Laienschauspieler in Patientenrollen, werden zur Vermittlung dieser Kompetenzen in der Lehre eingesetzt. Focusgruppengespräche mit Hamburger Simulationspati-enten ergaben, dass Studierende Defizite in den kommu-nikativen Fertigkeiten aufweisen. Es wurde der Frage nachgegangen, welche Erwartungen Simulationspatienten als Patienten an die Kommunikationskompetenz zukünfti-ger Ärzte haben.

Material und Methoden: Im Rahmen des Surveys wurde im April 2011 auf Basis der Focusgruppenergebnisse ein Fragebogen entwickelt und an 57 Hamburger SP ver-sandt. Das Instrument bestand aus offenen Fragen zu

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Patientenerwartungen und aus 87 definierten Ausbil-dungszielen des Basler Consensus Statements (BCS), deren Relevanz auf einer 6-Punkt-Likert-Skala (6=sehr wichtig, 1=unwichtig) bewertet wurden. Das BCS ist ein von mehr als 100 Experten konsentierter Lernzielkatalog für kommunikative und soziale Kompetenzen in der medi-zinischen Ausbildung.

Ergebnisse: Bis Anfang Mai 2011 füllten 31 SP den Fra-gebogen vollständig aus. Der Altersdurchschnitt lag bei 62,4 Jahren, im Mittel waren die SP seit 3,5 Jahren in der Medizinerausbildung eingesetzt. Die Relevanz der einzel-nen Kompetenzen rangierte von 3,90- 5,74 (Mittelwerte), die Standardabweichung lag zwischen 0,43 und 1,84.

Wichtige Kompetenzen sind für (Simulations-)Patienten die inhaltliche Gesprächsgestaltung, der konstruktive Umgang mit schwierigen Situationen (z.B. Weinen, Schweigen, Aggression), das gemeinsame Erarbeiten des Patientenan-liegens, das Gewähren von Zeit für Patienten, der res-pektvolle Umgang und die Erläuterung der Konsequenzen durch den Verzicht diagnostischer oder therapeutischer Maßnahmen.

Schlussfolgerung/Implikation: Erste Ergebnisse weisen daraufhin, dass neben allgemeinen kommunikativen und sozialen Kompetenzen auch der Verzicht diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen aus (Simulations-) Pati-entensicht ein wichtiges Lernziel in der medizinischen Ausbildung darstellt. Lehrveranstaltungen zu diesem The-ma sollten im künftigen allgemeinmedizinischen Curricu-lum angeboten werden. Weitere Ergebnisse werden zum Kongress vorliegen.

Bitte zitieren als: Bachmann C, Roschlaub S, Schrom K, Dunkelberg S, Scherer M. Arzt-Patienten-Kommunikation: Welche Erwartungen haben (Simulations-)Patienten an zukünftige Ärzte. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom174. DOI: 10.3205/11fom174, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1745 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom174.shtml

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Die Umsetzung der Leitlinien für fakultätsinterne Leistungsnachweise am Lehrbereich Allgemeinmedizin der LMU München Niklas Boeder1, Mathias Holzer2, Jörg Schelling1 1Lehrbereich Allgemeinmedizin der LMU, München, Deutschland 2Schwerpunkt Medizindidaktik der LMU, München, Deutschland

Hintergrund: Mit der Überarbeitung der Ärztlichen Appro-bationsordnung (ÄAppO) von 2002 standen die medizini-schen Fakultäten vor der Aufgabe, benotete Prüfungen zu etablieren, um Leistungen der Studierenden zu bewerten. Studien haben gezeigt, dass zwar Bestrebungen zur Prü-fungsverbesserung messbar sind, insgesamt aber noch Aufholbedarf besteht. Am Beispiel der Allgemeinmedizin der LMU wollen wir den aktuellen Stand der Prüfungsent-wicklung darstellen.

Material und Methoden: Der GMA-Ausschuss Prüfungen und das Kompetenzzentrum Prüfungen Baden-Württemberg haben im Jahr 2008 den „Leitlinien für Fakultäts-interne Leistungsnachweise während des Medi-zinstudiums“ veröffentlicht. Mit Hilfe von insgesamt 48

Items verfolgt die GMA-Leitlinie das Ziel eine Hilfestellung bei der Planung von Klausuren zu sein.

Besonders unter dem Gesichtspunkt eines ressourcenspa-renden Konzeptes bei nur einer 40% Teilzeitstelle im Lehr-bereich der LMU München wurde intensiv an der Etablie-rung des ItemManagementSystem für Medizin (IMSm) gearbeitet. Im Sommersemester 2008 fand es das erste Mal Anwendung im Lehrbereich Allgemeinmedizin.

Das IMSm entstand aus einem Gemeinschaftsprojekt und ermöglicht den Prüfungsverantwortlichen ein hohes Maß an Standardisierung und Qualitätssicherung für die bei der Gestaltung von Prüfungen.

Ergebnisse: Die Umstellung der Prüfungsverwaltung von einer oder mehreren eher altmodischen Textdateien auf eine datenbankbasierende Websoftware blieb im Rahmen der Diskussion über die Überarbeitung der Prüfungsorga-nisation nicht die einzige Änderung. Das IMSm vereint neben der reinen Datenverwaltung und Ausgabe in Form einer Klausur auch die Fähigkeit Datensätze für ein scan-nerbasiertes Auswertungssystem zu exportieren .

Für zukünftige Prüfungen können Kennwerte wie Trenn-schärfe, Schwierigkeit und teststatistische Analysen für die Verbesserung von Prüfungsfragen im Rahmen der künfti-gen Prüfungen zu verwendet werden. Damit erfüllt der Lehrbereich Allgemeinmedizin der LMU weite Teile der GMA-Anforderungen an Review-Prozesse.

Weitreichende Verbesserungen sehen wir durch den Aus-bau des Review-Prozesses im Vorfeld der Prüfungen. Eingesendete Prüfungsfragen und Antwortmöglichkeiten werden vom Prüfungsbeauftragten nach formalen und inhaltlichen Kriterien überprüft und gegebenenfalls mit in der Kerngruppe der Lehrbeauftragten als Reviewteam diskutiert.

Schlussfolgerung/Implikation: Diese Bemühungen der Prüfungsverbesserung schlagen sich in einem deutlichen Anstieg desm von den GMA-Leitlinien abgeleiteten Punkt-Score nieder. Es ergeben sich bei aktueller Berechnung 30 von 48 möglichen Punkten im Vergleich zu 14 Punkten vor der Verwendung des IMSm.

Die aktuellen Verbesserungsmaßnahmen sind im Sinne einer Qualitätssicherung der Prüfungen als sehr positiv zu bewerten. Für die Zukunft ist die Einbindung fachfremder Vertreter in die Prüfungskonzeptionierung geplant. Es erscheint im Weiteren erstrebenswert den Kontakt zu anderen Prüfungsverantwortlichen zu suchen, um durch Vernetzung der gegenseitigen Fragepools zu profitieren.

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Literatur 1. Bundesministerium für Gesundheit. Approbationsordnung für Ärzte vom 27 Juni 2002. Bundesgesetzbl. 2002;1:2405-35. 2. Möltner A, Duelli R, Resch F, Schultz J-H, Jünger J. Fakultäts-interne Prüfungen an den deutschen medizinischen Fakultäten. GMS Z Med Ausbild. 2010;27:Doc44. DOI: 10.3205/zma000681 3. Resch F. Universitäre Prüfungen im Licht der neuen ÄAppO. Tagungsband des MFT. Berlin: Medizinischer Fakultätentag 2008. 4. Eugster B, Lutz L; Didaktikzentrum Eidgenössische Technische Hochschule Zürich. Leitfaden für das Planen, Durchführen und Auswerten von Prüfungen an der ETHZ. Zürich: 2004. 5. Fischer MR. Leitlinie für Fakultäts-interne Leistungsnachweise während des Medizinstudiums: Ein Positionspapier des GMA-Ausschusses Prüfungen und des Kompetenzzentrums Prüfungen Baden-Württemberg. GMS Z Med Ausbild. 2008;25:Doc74. Available from: http://www.egms.de/de/journals/zma/2008-25/zma000558.shtml

Bitte zitieren als: Boeder N, Holzer M, Schelling J. Die Umsetzung der Leitlinien für fakultätsinterne Leistungsnachweise am Lehrbereich Allgemeinmedizin der LMU München. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom175. DOI: 10.3205/11fom175, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1753 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom175.shtml

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Evaluation des Blockpraktikums Allgemeinmedizin an der Universität Tübingen über 5 Semester Jürgen Berghold1, Manfred Eissler2, Michael Datz3 1Allgemeinmedizin, Kirchheim, Deutschland 2Universität Tübingen, Fachbereich Allgemeinmedizin, Tübingen, Deutschland 3Universtät Tübingen, Fachbereich Allgemeinmedizin, Tübingen, Deutschland

Hintergrund: Das Blockpraktikum im Fach Allgemeinme-dizin wird in Tübingen seit Jahren regelmäßig mit einem standartisierten Fragebogen evaluiert.

U.a. werden die Studierenden gefragt, ob

1. ausreichend Gelegenheit zur Untersuchung von Pati-enten gegeben ist.

2. ausreichend Fallbesprechungen mit dem Lehrarzt stattfinden.

3. ausreichend Anleitung durch den Lehrarzt in Bezug auf die körperliche Untersuchung erfolgt. Ferner wurde gefragt, ob sich

4. das Interesse des Studierenden für die Allgemeinme-dizin durch das Praktikum verstärkt hat.

Material und Methoden: Es wurden die Evaluationen vom SS 2008 bis SS 2010 , also über 5 Semester, ausgewer-tet. Bei den oben angeführten Zielvariablen (1.) bis (3.) konnten die Studierenden auf einer Skala von 1 bis 6 (analog Schulnoten) ihre Wertung abgeben. Bei der Frage nach dem Interesse für das Fach Allgemeinmedizin wurde eine Ja-Nein-Frage gestellt.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 826 Studierende im be-trachteten Zeitraum befragt; 735 (89%) Evaluationsbögen konnten ausgewertet werden.

1. ausreichend Gelegenheit zur Untersuchung von Pati-enten: durchschnittliche Bewertung 1,6 (Abbildung 1)

2. ausreichend Fallbesprechungen mit dem Lehrarzt: durchschnittliche Bewertung 1,7 (Abbildung 2)

3. ausreichend Anleitung durch den Lehrarzt bei kör-perlichen Untersuchungen: durchschnittliche Bewer-tung 1,7 (Abbildung 3)

4. 75% der Studierenden gaben an, dass sich ihr Inte-resse für die Allgemeinmedizin durch das Blockprak-tikum zugenommen hat (Abbildung 4)

Schlussfolgerung/Implikation: Die Auswertung zeigt, dass die Studierenden mit den Möglichkeiten zu körperlichen Untersuchungen, den Fallbesprechungen mit den Lehrärz-ten und der Anleitung bei Untersuchungen im Blockprakti-kum Allgemeinmedizin sehr zufrieden sind. Neben dem Anwenden und Vertiefen der Untersuchungstechniken ist das Kennenlernen der spezifischen Arbeitsweise der All-gemeinmedizin ein wesentlicher Aspekt. Dass 75% der Studierenden angeben, dass sich ihr Interesse für die Allgemeinmedizin durch das Praktikum verstärkt hat, zeigt die Wichtigkeit dieses Aspektes.

Literatur 1. Wiesemann, A. What students and teaching doctors in Hei-delberg think about early patient contact and tasks in general practice. Gesundheitswesen. 2003;65(10):572-8. 2. Heidenreich R. Teaching in practice: a survey of a general practice teaching network. Medical teacher. 2006;28(3):288-91. 3. Schelling J. Evaluation des „Blockpraktikums Allgemeinmedi-zin“. 2010;12/10:461-5.

Abbildung 1

Abbildung 2

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Abbildung 3

Abbildung 4

Bitte zitieren als: Berghold J, Eissler M, Datz M. Evaluation des Blockpraktikums Allgemeinmedizin an der Universität Tübingen über 5 Semester. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom176. DOI: 10.3205/11fom176, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1766 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom176.shtml

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Führung und Zusammenarbeit am Lehrbereich Allgemeinmedizin der LMU München: trotz erschwerter Bedingungen gute Noten Jörg Schelling1, Susanne Braun2, Albrecht Stein1, Albert Standl1, Ulf Schelling1 1Lehrbereich Allgemeinmedizin der LMU, München, Deutschland 2LMU Center for Leadership and People Management, München, Deutschland

Hintergrund: „Zusammenarbeitskultur“ – Das Projekt

Anders als viele kommerzielle Organisationen haben deutsche Universitäten die Förderung professioneller Mitarbeiterführung und Zusammenarbeit bisher eher vernachlässigt Das Projekt „Zusammenarbeitskultur“ dient dazu, die Stärken und Entwicklungspotenziale hinsichtlich Führung und Zusammenarbeit in universitären Arbeits-gruppen zu analysieren und den Entwicklungsprozess zu begleiten. Die Kooperation mit dem Lehrbereich Allge-meinmedizin basiert, wie nachfolgend dargestellt, auf dieser wissenschaftlich fundierten Analyse.

Material und Methoden: Die Analysen basieren auf einer zweiteiligen schriftlichen Befragung der zwei Lehrbereichs-leiter, 13 Lehrbeauftragen und der Assistenz des Lehrbe-reichs Allgemeinmedizin an der LMU München (davon 14 männlich, 2 weiblich). Die Beteiligung war zu beiden Zeitpunkten gut mit Rücklaufquoten von 87,5% (Teil 1) und 75,0% (Teil 2). Die Befragung am Lehrbereich Allge-meinmedizin verlief in fünf Schritten

1. Information und Konzeption 2. Befragung 3. Datenanalyse und Aufbereitung 4. Ergebnispräsentation und Diskussion 5. Förderung

Die auch in anderen Führungsstrukturen bereits verwen-deten und validierten Fragebögen wurden vom LMU Center for Leadership and Peoplemanagement erstellt und ausgewertet. Diese Auswertung geschah ausserhalb der Lehrbereichsstrukturen

Ergebnisse: Die Ergebnisse der durchgeführten Analysen vermitteln insgesamt ein ausgesprochen positives Bild der Führung und Zusammenarbeit innerhalb des Lehrbereichs Allgemeinmedizin. Besonders die Einschätzungen hinsicht-lich der Lehrbereichsleiter sowie die Angaben der indivi-duellen Motivation zur Arbeit am Lehrbereich prägen das positive Bild. Es werden zwei Ansatzpunkte für eine weiter-gehende Förderung am Lehrbereich offensichtlich: [1] die Stärkung konstruktiver Kritik untereinander und [2] der Austausch zur individuellen Zufriedenheit mit Arbeitsbe-dingungen und beruflicher Förderung. Die Ergebnisse beziehen sich auf die Arbeit innerhalb des Lehrbereichs und auf die Zusammenarbeit mit den anderen universitä-ren Fächern und Strukturen.

Schlussfolgerung/Implikation: Trotz der positiven Ergeb-nisse innerhalb der Kerngruppe der Lehrbeauftragten am Lehrbereich Allgemeinmedizin der LMU München bleibt die Zusammenarbeit mit den bestehenden Hochschulinsti-tutionen an den kleineren Lehrbereichen eine Herausfor-derung.

Neben strukturellen Maßnahmen gehört auch eine Ausei-nandersetzung mit den einmaligen Eigenschaften der hausärztlichen Lehrstrukturen und Organisationsformen zu den notwendigen Professionalisierungsschritten. Der Lehr-bereich Allgemeinmedizin hat durch dieser Projekt Schwä-chen und Fehler in den Arbeits- und Kommunikationsab-läufen innerhalb des Lehrbereichs und inneruniversitär erkannt hat begonnen Verbesserungen vorzunehmen. Andere Lehrbereich ohne Leitung durch einen Lehrstuhl sollen durch das Projekt angeregt werden Ihre Führungs-struktur und interne und externe Kommunikationsabläufe zu professionalisieren.

Literatur 1. Baum E, Ehrhardt M. Sektionsbericht Studium und Hochschu-le 2010. Z Allg Med. 2010;86:343–4. 2. Peus C, Braun S, Weisweiler S, Frey D. Kompetent führen, führend forschen? OrganisationsEntwicklung. 2010;29:38-45.

Bitte zitieren als: Schelling J, Braun S, Stein A, Standl A, Schelling U. Führung und Zusammenarbeit am Lehrbereich Allgemeinmedizin der LMU München: trotz erschwerter Bedingungen gute Noten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom177. DOI: 10.3205/11fom177, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1777

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Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom177.shtml

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Hat die Vorlesung ausgedient? Evaluation der Vorlesungsreihe Allgemeinmedizin – Indizien zur kritischen Beurteilung des Mediums “Vorlesung” Martin Schaper, Hans Michael Schäfer, Monika Sennekamp, Ferdinand Gerlach

Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland

Hintergrund: Die Vorlesungsreihe Allgemeinmedizin in Frankfurt am Main ist für ca. 400 Studierende des 2. und 3. klinischen Semesters vorgesehen. Mit dem Ziel einer Qualitätsverbesserung der Vorlesungen wurde ein Frage-bogen zur Evaluation durch Studierende entwickelt. Ziel sollte sein, die Akzeptanz und Schwachstellen der Vorle-sungsreihe herauszuarbeiten.

Material und Methoden: Es wurde ein Fragebogen mit insgesamt 22 Fragen zu den Themen-schwerpunkten Inhalte, Didaktik, Dozenten, Medien und einer Gesamt-beurteilung entwickelt. Insgesamt wurden zu 8 Vorlesun-gen 733 Fragebögen ausgefüllt. Die Bewertung erfolgte durch die Teilnehmer anhand einer 6-stufigen Likert-Skala von 1 = trifft voll zu bis 6 = trifft gar nicht zu. Die Aus-wertung erfolgte themenbezogen unter Einbeziehung aller Vorlesungen. Die Ergebnisse wurden als Mediane darge-stellt.

Ergebnisse: Studierende bewerteten die Themen Inhalte, Didaktik, Medien und die Dozenten/innen mit jeweils einem Median von 2 (positive Bewertung). Die Frage jedoch, wie lohnenswert die Vorlesung war, wurde mit einem Median von 3 (weder positiv noch negativ) bewer-tet. Ebenso wurde die Frage nach der Effektivität im Ver-gleich zum Selbststudium und dem subjektiven Lernerfolg mit einem Median von 3 bewertet. Die Anzahl der Besu-cher war, von anfänglich 43% bis schließlich 11%, stetig rückläufig.

Schlussfolgerung/Implikation: Die gute Bewertung der Ausführung der Vorlesung steht im Widerspruch zur mäßi-gen Beurteilung von Lernerfolg und der unklar bleibenden Effektivität gegenüber dem Selbststudium. Dieses und die geringe Teilnahmequote sind ein Indiz dafür, dass das Medium Vorlesung in der Allgemeinmedizin wenig Effekti-vität im Lernerfolg verspricht. Im nächsten Schritt sollten die Vorlesungsreihen anderer medizinischer Fächer mit denselben Fragen evaluiert werden. Bei ähnlichen Ergeb-nissen sollte die Diskussion über eine Reform im Sinne der Änderung der Lehrmethoden intensiviert werden.

Bitte zitieren als: Schaper M, Schäfer HM, Sennekamp M, Gerlach F. Hat die Vorlesung ausgedient? Evaluation der Vorlesungsreihe Allgemeinmedizin – Indizien zur kritischen Beurteilung des Mediums “Vorlesung”. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom178. DOI: 10.3205/11fom178, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1788 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom178.shtml

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Inwiefern profitieren Studierende im Hausarztpraktikum von einer Online-Betreuung ihrer Logbücher? Die Selbsteinschätzung der Studierenden Elisabeth Gummersbach1, Schürer-Maly Cornelia1, Stock Kristina1, Altiner Attila2, Pentzek Michael1 1Abteilung für Allgemeinmedizin, Düsseldorf, Deutschland 2Abteilung für Allgemeinmedizin, Rostock, Deutschland

Hintergrund: Die Online-Betreuung der Logbücher im Hausarztpraktikum (HAP) durch unsere Abteilung bedeutet einen hohen personellen Aufwand. In unserer Studie wollten wir herausfinden, ob unsere Betreuung dazu führt, dass die Studierenden sich nach dem HAP im Umgang mit allgemeinmedizinischen Problemen sicherer fühlen, wie sie im Logbuch thematisiert und bearbeitet werden. Eine entscheidende Voraussetzung dafür ist, dass die Studierenden in den Praxen selbständig arbeiten dürfen

Material und Methoden: Im SS 2010 wurde das Logbuch in 2 Gruppen durchgeführt: Gruppe 1 (N=65) sollte täglich ihre Bearbeitungen der Aufgaben an uns schicken. Sie wurden von uns kommentiert und bewertet. Gruppe 2 (N=55) sollte ihre Antworten mit dem Lehrarzt bespre-chen. Am Ende des HAP mussten alle Studierenden in einem Fragebogen rückblickend die Zunahme ihrer Kom-petenz vor und nach dem HAP in folgenden Punkten einschätzen: Führen eines patientenzentrierten Gesprächs, Betreuung chronisch Kranker, Umgang mit einem Fall aus dem psychosozialen Formenkreis und Fähigkeit zur Priori-sierung von Problemen. Zudem sollten sie beantworten, ob sie das Logbuch im HAP auch in Zukunft für sinnvoll halten.

Ergebnisse: Der Rücklauf der Fragebögen war in Gruppe 1 100% (N=65), in Gruppe 2 90% (N=49). Beide Gruppen empfanden einen Zuwachs ihrer Kompetenz, in Gruppe 1 war er mit durchschnittlich 15,9% deutlich, aber nicht signifikant höher als in Gruppe 2 mit 12,3%. Mehr Studierende in Gruppe 1 (72%)1 beurteilten das Logbuch im HAP als sinnvoll als in Gruppe 2 (53%), der Unterschied ist aber nicht signifikant. Die Studierenden, von denen wir aus den Logbüchern wussten, dass sie im HAP kaum Patienten selbständig betreuen durften, ver-zeichneten einen signifikant geringeren Kompetenzzu-wachs (N=6 von 55, p 0,46). Eine explorative Durchsicht der Freitexte zeigte, dass die Studierenden, die in den Praxen wenig selbständig arbeiten durften, unsere Betreu-ung tendenziell positiv bewerteten, während die, die viele Patienten betreuen durften, häufiger betonten, dass „die Erfahrungen in der Praxis wichtiger“ seien .

Schlussfolgerung/Implikation: Die Studierenden empfan-den rückblickend einen signifikanten Zuwachs ihrer kom-munikativen Kompetenz im HAP, der jedoch nicht nur von unserer Betreuung der Logbücher abhängig ist. Dass das Logbuch in der von uns betreuten Gruppe als sinnvoller bewertet wurde, zeigt jedoch den Stellenwert einer enga-gierten Betreuung. Wenn Studierenden im HAP nicht die Möglichkeit gegeben wird, selbständig zu arbeiten, dann verzeichnen sie auch keinen Kompetenzgewinn im Um-gang mit allgemeinmedizinischen Problemen. Durch unsere Einsicht in die Praxen können wir darauf hinwirken, dass dies den Studierenden ermöglicht wird. Vor diesem

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Hintergrund erscheint eine Fortführung der Betreuung der Logbücher durch uns sinnvoll.

Bitte zitieren als: Gummersbach E, Cornelia SM, Kristina S, Attila A, Michael P. Inwiefern profitieren Studierende im Hausarztpraktikum von einer Online-Betreuung ihrer Logbücher? Die Selbsteinschätzung der Studierenden. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom179. DOI: 10.3205/11fom179, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1790 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom179.shtml

8 Weiter- und Fortbildungskonzepte sowie Forschung zur allgemeinmedizinischen Lehre II

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Medikamentenberatung: Ergebnisse eines Hamburger Unterrichtskonzepts mit Simulationspatienten Cadja Bachmann, Silke Roschlaub, Kerstin Schrom, Sebastian Dunkelberg, Martin Scherer

Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland

Hintergrund: Ärzte sollen Ihre Patienten hinsichtlich der Medikamenteneinnahme und potentieller Nebenwirkun-gen aufklären und beraten. Um diese Kompetenzen be-reits im Medizinstudium zu erwerben, wurde im Hambur-ger Curriculum eine Unterrichtseinheit mit Simulationspa-tienten -Laienschauspielern in Patientenrollen- für Studie-rende der Humanmedizin angeboten.

Wie beurteilen die Studierenden den Einsatz von Simulati-onspatienten im pharmakologischen Unterricht, welche Nutzen, Defizite oder Bedarfe sehen sie?

Material und Methoden: In einer 2-stündigen pharmako-logischen Unterrichtsveranstaltung für 3x20-22 Studieren-de wurden Simulationspatienten mit der Rolle „Medika-mentenberatung bei einem Helicobacter-induzierten Ulcus ventriculi“ eingesetzt. Die Studierenden hatten sich vor dem Beratungsgespräch mit der gängigen medikamentö-sen Therapie auseinandergesetzt. Die Simulationspatien-ten waren neben einer authentischen Beschwerdedarstel-lung auch darin geschult worden, Wirkung und Dauer der Medikamenteneinnahme, mögliche Nebenwirkungen und Effizienz der Therapie zu erfragen. Zwei Studierende aus der Gruppe hatten die Möglichkeit ein Beratungsgespräch zu führen. Die pharmakologischen Fachdozenten wurden von ihrem Fachvertreter über den Einsatz der Simulations-patienten im Unterricht informiert. Das Unterrichtskonzept wurde evaluiert.

Ergebnisse: 64 Studierende nahmen am Unterricht teil und evaluierten das Konzept. 61% waren weiblich. Sie hatten im Durchschnitt 2,3 klinische Trimester absolviert.

Insgesamt wurde der Einsatz von Simulationspatienten im Unterricht in den Freitextkommentaren positiv bewertet („spannend, hilfreich, sehr sinnvoll, sehr gut, praxisnah, Umsetzung des Gelernten“). Einige Studierende fanden den Einsatz wenig hilfreich oder sinnlos, sie wollten lieber

theoretischen Unterricht. Knapp 3/4 der Studierenden wünschte eine Erweiterung der Unterrichte mit Simulati-onspatienten. Dennoch gehörte diese Unterrichtsveran-staltung mit einem Schulnotendurchschnitt von 2,5 zu den am Schlechtesten evaluierten Unterrichten mit Simulati-onspatienten im gesamten Curriculum. Hierfür kommen unterschiedliche studentische Erwartungen und eine unzu-reichende Zielkommunikation ursächlich in Betracht. Weitere Gründe werden auf dem Kongress vorgestellt.

Schlussfolgerung/Implikation: In der medizinischen Aus-bildung wird das Unterrichtskonzept „Medikamentenbera-tung“ mit Simulationspatienten von Hamburger Studie-renden sehr heterogen in einer Spanne von „sehr gut“ bis „sinnlos“ bewertet. Ziel künftiger Unterrichtsveranstaltun-gen ist, die Zielkommunikation zu verbessern und studen-tische Erwartungen stärker in das Konzept zu integrieren.

Literatur 1. Kerse N, Buetow S, Mainous AG 3rd, Young G, Coster G, Arrol B. Physician-patient relationship and medication compli-ance: a primary care investigation. Ann Fam Med. 2004; 2(5):455-61.

Bitte zitieren als: Bachmann C, Roschlaub S, Schrom K, Dunkelberg S, Scherer M. Medikamentenberatung: Ergebnisse eines Hamburger Unterrichtskonzepts mit Simulationspatienten. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom180. DOI: 10.3205/11fom180, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1801 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom180.shtml

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Neukonzeption eines Kleingruppenseminars Allgemeinmedizin in Frankfurter Lehrpraxen Hans-Michael Schäfer, Katja Gilbert, Monika Sennekamp, Ferdinand Gerlach

Institut für Allgemeinmedizin der Universität Frankfurt, Frankfurt, Deutschland

Hintergrund: An der Universität Frankfurt organisiert das Institut für Allgemeinmedizin seit über 30 Jahren ein „Kleingruppenseminar Allgemeinmedizin“, das von Lehr-beauftragten in deren Praxen abgehalten wird. Dies war vor Einführung des Blockpraktikums Allgemeinmedizin die einzige Pflichtlehrveranstaltung, in der Studierende in einer Hausarztpraxis unterrichtet wurden. Für die Lehrbe-auftragten gab es bis zum Sommer 2010 keine Vorgaben hinsichtlich Lernzielen und Lehrmethoden für den Unter-richt. Insbesondere das Fehlen von Kriterien zur Benotung führte zu Unzufriedenheit bei Lehrbeauftragten und Studie-renden.

Material und Methoden: In einer aus 8 Lehrbeauftragten bestehenden Arbeitsgruppe wurden Lernziele und Lehrme-thoden für das „Kleingruppenseminar Allgemeinmedizin“ entwickelt. Die Lernziele reichen vom Üben ärztlicher Gesprächsführung und Untersuchungstechniken über die Dokumentation nach dem „SOAP-Schema“ bis hin zum Umgang mit akuten und chronischen Krankheitsbildern in der Hausarztpraxis. Aufbauend auf diesen Lernzielen wurde ein dem „MiniCex“ (Mini-clinical evaluation exer-cise = „Prüfungs-Checkliste“) vergleichbares Bewertungs-instrument mit 10 Items geschaffen, mit dem die Kompe-tenz der Studierenden am Ende des Seminars beurteilt

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werden soll. Vor und nach der Neukonzeption wurden 2010 alle teilnehmenden Studierenden des Seminars und deren Lehrbeauftragte schriftlich und anonym nach der Zufriedenheit mit der Lehrveranstaltung befragt. Die Lehr-beauftragten sollten darüber hinaus die Transparenz der neu entwickelten Lernziele und den Nutzen des Bewer-tungsinstrumentes beurteilen.

Ergebnisse: Nach einer ersten Auswertung haben die befragten Studierenden das Kleingruppenseminar vor der Neukonzeption (N=158) mit einer durchschnittlichen Schulnote von „gut“ (1,76) und nach Umsetzung des neuen Konzeptes (N=164) mit „sehr gut“ (1,40) bewertet. Von den 25 Lehrbeauftragten haben 19 geantwortet. Von diesen haben 15 eine Transparenz hinsichtlich der Lern-ziele und 17 eine nunmehr objektivere Benotung anhand des Bewertungsinstrumentes angegeben.

Schlussfolgerung/Implikation: Nach Umsetzen des neuen Konzeptes der Lehrveranstaltung zeigten sich Studierende wie Lehrende zufriedener mit dem Kleingruppenseminar. Das zuvor mit heterogenen Lernzielen und Lehrmethoden durchgeführte Seminar dürfte am ehesten von der Defini-tion konkreter Lernziele, der Benennung von Lehrmetho-den und der Bereitstellung eines aus den Lernzielen entwi-ckelten Bewertungsinstrumentes profitiert haben. Die zuvor willkürlich erfolgte Benotung kann nun durch Nutzung eines auf definierten Lernzielen basierenden Prüfungsin-strumentes objektiver und nachvollziehbarer gestaltet werden. Die Ergebnisse unterstützen die Empfehlung, Lehrveranstaltungen in der Reihenfolge 1. Definition von Lernzielen, 2. Festlegen einer Lehrmethode und 3. Entwi-ckeln bzw. Benutzen eines validen Prüfungsinstrumentes zu konzipieren.

Bitte zitieren als: Schäfer HM, Gilbert K, Sennekamp M, Gerlach F. Neukonzeption eines Kleingruppenseminars Allgemeinmedizin in Frankfurter Lehrpraxen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom181. DOI: 10.3205/11fom181, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1810 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom181.shtml

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PJ-Plattform des Netzwerks „E-Learning Allgemeinmedizin“ (ELA): Universitätsübergreifende Online-Seminare für Studierende im Praktischen Jahr Allgemeinmedizin Uta-Maria Waldmann1, Markus Gulich1, Klaus Weckbecker2, Klaus Böhme3 1Institut für Allgemeinmedizin, Universität Ulm, Ulm, Deutschland 2Lehrbereich Allgemeinmedizin, Universität Bonn, Bonn, Deutsch-land 3Lehrbereich Allgemeinmedizin, Universität Freiburg, Freiburg, Deutschland

Hintergrund: Die Begleitung des Lernprozesses der weni-gen PJ-Studierenden (teilweise nur 1/Tertial und Universi-tät) im Fach Allgemeinmedizin, fern der Uni und ihren Peers im ungewohnten ambulanten Setting, erfordert einen höheren personellen und organisatorischen Auf-wand. Die PJ-Plattform des Netzwerks ELA bietet Studie-renden die Möglichkeit, sich mit Peers auszutauschen und

in Online-Seminaren gemeinsam zu lernen – als Ergän-zung zur Präsenzlehre.

Fragestellung: Sind fallbasierte online-Seminare universi-tätsübergreifend umsetzbar? Wie ist der Aufwand für Dozenten? Wie ist die Akzeptanz unter den Studierenden und wie wird der Nutzen gesehen?

Material und Methoden: Geschütztes Forum im Bereich „Praktisches Jahr“ auf der Moodle-Lernplattform www.elearning-allgemeinmedizin.de; fallbasierte online-Seminare zu staatsexamens- und praxisrelevanten Themen mit Patientenvorstellung und konkreten Fragestellungen, welche im Forum und teilw. einem gemeinsamen zu erar-beitenden Dokument (Wiki) von den Studierenden bear-beitet und diskutiert werden unter Moderation jeweils eines Dozenten der beteiligten Universitäten. Feedback durch informelle und strukturierte Befragung der Studie-renden und Lehrenden.

Ergebnisse: Zum Zeitpunkt der Einreichung wurden die ersten beiden Online-Seminare durchgeführt. Bisher werden der Aufwand und die Umsetzung von Dozenten sehr positiv bewertet. Viele Studierende befanden sich bisher lieber in einer passiven Beobachterrolle, aktiv Beteiligte bewerteten das Konzept jedoch als sehr gut, die Handhabung einfach und auch für „Foren-Ungeübte“ übersichtlich. Ergebnisse des strukturierten Feedbacks liegen noch nicht vor.

Schlussfolgerung/Implikation: Mit Hannover werden nach Ulm, Freiburg und Bonn nun PJ-Studierende und Dozen-ten von 4 Universitäten zusammenarbeiten, gemeinsam lernen und Synergien nutzen. Das Konzept scheint sich zu bewähren – und eine Beteiligung weiterer Standorte ist jederzeit möglich.

Bitte zitieren als: Waldmann UM, Gulich M, Weckbecker K, Böhme K. PJ-Plattform des Netzwerks „E-Learning Allgemeinmedizin“ (ELA): Universitätsübergreifende Online-Seminare für Studierende im Praktischen Jahr Allgemeinmedizin. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom182. DOI: 10.3205/11fom182, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1829 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom182.shtml

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Qualitative Veranstaltungsevaluation: Wahlfach Homöopathie Anja Frenzen, Susanne Grundke

Sektion Allgemeinmedizin, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale), Deutschland

Hintergrund: Dem Anspruch einer qualitätsgesicherten und zielgruppenorientierten Lehre folgend, werden die Studierenden mittels partizipativer Evaluationsstrategie in den Lehr-/Lernprozess eingebunden: Basierend auf einem 3-stufigen Feedbackverfahren [1] als Instrument formativer Evaluation werden Lerngewinn und Präzisierungshinweise erfasst (Teilnehmer- und Ressourcenorientierung) sowie Einstellungsänderungen nachvollziehbar. Die Feedback-Evaluation erfolgt additiv zur allgemeinen summativen (quantitativen) Veranstaltungsevaluation.

Material und Methoden: Die Seminarteilnehmer (n=13) werden semesterbegleitend befragt: Erwartungsabfrage zu Semesterbeginn (Vorwissen, Lerninteresse), Zwischenbilanz

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(Lerngewinn) und Abschluss-Feedback (Lerngewinn, Ein-stellungsänderungen). Die Redebeiträ-ge/Gruppendiskussionen [2] werden per Audiomitschnitt aufgezeichnet. Die Analyse erfolgt entsprechend der Er-kenntnislogik der Grounded Theory [3].

Ergebnisse: Die Ergebnisse der „Erwartungsabfrage“ sowie der „Zwischenbilanz“ liegen vor, das "Abschluss-Feedback" ist zum Semesterende geplant.

Auf der Ebene der „Lehrkultur“ zeichnet sich ab, dass die Seminare zielgerichteter und veränderungsoffener gestal-tet und bereits während des Verlaufs optimiert werden können. Auf der Ebene der „Lernkultur“ weisen erste Ergebnisse darauf hin, dass Lehr- und Lernkommunikation positiv beeinflusst werden; die Identifikation mit Lehrinhal-ten wird gefördert und (anfänglich überwiegend kritische) Einstellungen gegenüber der Homöopathie positiv beein-flusst.

Schlussfolgerung/Implikation: Es ist vorgesehen, die Eva-luationsergebnisse im Hinblick auf allgemeine Prinzipien der Curriculumentwicklung mittels Pilotprojekten („wie geht das?“) ebenso zu diskutieren, wie unter dem inhaltli-chen Fokus Homöopathie, als Beispiel für das Bedürfnis Medizinstudierender nach Kenntnissen zu komplementä-ren Therapieverfahren („wieso Homöopathie?“).

Literatur 1. Auferkorte-Michaelis N, Selent P. Feedback-Evaluation in Lehrveranstaltungen als dreistufiges Verfahren. Stuttgardt: Raa-be; 2008. 2. Bohnsack R, Przyborski A, Schäffer B. Das Gruppendiskussi-onsverfahren in der Forschungspraxis. Opladen & Farmington Hills: Budrich; 2010. 3. Glaser B, Strauß A. Grounded Theory: Strategien Qualitati-ver Sozialforschung. Bern: Huber; 2008.

Bitte zitieren als: Frenzen A, Grundke S. Qualitative Veranstaltungsevaluation: Wahlfach Homöopathie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom183. DOI: 10.3205/11fom183, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1834 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom183.shtml

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Status Quo der Evaluation der Blockpraktika Allgemeinmedizin an allgemeinmedizinischen Lehrbereichen in Deutschland – ein Projekt des 6. Professionalisierungskurses der DEGAM – erste Ergebnisse Karen Voigt1, Jeannine Schübel1, Christiane Bartetzko-Fick2, Ariane Chaudhuri3, Christiane Dunker-Schmidt4, Bettina Heberger5, Stephan Heberger5, Ralf Jendyk6, Kathrin Kohlen7, Georg Schlagberger8, Katharina Stein6, Carola Thumm-Söhle9, Jürgen Berghold10, Eva Rempis9, Konrad Schmidt11 16. Professionalisierungskurs der DEGAM, Dresden 26. Professionalisierungskurs der DEGAM, Stuttgart 36. Professionalisierungskurs der DEGAM, Göttingen 46. Professionalisierungskurs der DEGAM, Bochum 56. Professionalisierungskurs der DEGAM, Weyarn 66. Professionalisierungskurs der DEGAM, Münster 76. Professionalisierungskurs der DEGAM, Wismar 86. Professionalisierungskurs der DEGAM, Peterskirchen 96. Professionalisierungskurs der DEGAM, Berlin 106. Professionalisierungskurs der DEGAM, Tübingen 116. Professionalisierungskurs der DEGAM, Jena

Hintergrund: Der 6. Professionalisierungskurs der DEGAM führt eine Studie zur Beschreibung der Evaluationssituation der seit 2002 als Pflichtlehrveranstaltung (vgl. ÄApprO 2002) eingeführten Blockpraktika (BP) in Deutschland durch. Die Ziele bestehen darin, zu überprüfen,

1. ob von allen allgemeinmedizinischen Lehrbereichen, 2. wer (Studierende/Lehrärzte), 3. wie (Methodik) und 4. was (Inhalte) evaluiert wird.

Material und Methoden: Es werden die Evaluationsbögen aller 36 allgemeinmedizinischen Lehrbereiche mit dem Anspruch einer Vollerhebung gesammelt. Diese werden mittels Kategorienbildung in Anlehnung an die kategoriale qualitative Inhaltsanalyse von Mayring ausgewertet. Zu-sätzlich wurde ein schriftlicher Fragebogen zu organisato-rischen Rahmenbedingungen der BP und der Evaluation derselben versandt, um eventuelle Einflüsse auf Evalua-tionsinhalte und -methodik zu kontrollieren.

Ergebnisse: Der noch nicht abgeschlossene Rücklauf der Evaluationsbögen liegt bei 72% (n=26). 5 Lehrbereiche führen keine Evaluation ihrer BP durch. 3 Lehrbereiche befragen Studierende und Lehrärzte und 18 befragen nur Studierende, um das BP evaluieren zu lassen. Die Evalua-tionen erfolgen in allen Fällen schriftlich über teilstandar-disierte Fragebögen. Häufig (>60%) abgefragt werden die Umsetzung praxisorientierten fachlichen Lernens, die Beurteilung des Interesses des Lehrarztes an der Lernsitua-tion des Studierenden, die Gesamtbeurteilung bzw. Wei-terempfehlung der Lehrpraxis und Verbesserungsvorschlä-ge für die Organisation des BP.

Schlussfolgerung/Implikation: Die erste Zwischenauswer-tung spiegelt eine heterogene Evaluationssituation wider. Die Mehrheit der Lehrbereiche, aber nicht alle, evaluieren Organisation und Inhalte des Blockpraktikums Allge-meinmedizin. In verschiedenen Fragebögen werden je-weils unterschiedliche Inhalte thematisiert. Fragenschwer-punkte zur Problematik des praxisorientierten Lernens, zur Einschätzung der Lehrpraxis/des Lehrarztes sowie Ge-samtbeurteilung des BP werden in der Mehrzahl der Eva-luationsbögen gesetzt. Die Ergebnisse der intendierten

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Vollerhebung werden zum Kongresszeitpunkt vorliegen und präsentiert werden.

Bitte zitieren als: Voigt K, Schübel J, Bartetzko-Fick C, Chaudhuri A, Dunker-Schmidt C, Heberger B, Heberger S, Jendyk R, Kohlen K, Schlagberger G, Stein K, Thumm-Söhle C, Berghold J, Rempis E, Schmidt K. Status Quo der Evaluation der Blockpraktika Allgemeinmedizin an allgemeinmedizinischen Lehrbereichen in Deutschland – ein Projekt des 6. Professionalisierungskurses der DEGAM – erste Ergebnisse. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom184. DOI: 10.3205/11fom184, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1843 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom184.shtml

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Welche Faktoren hängen mit der Fachgebietswahl bei Studierenden der Medizin zusammen? Angela Buchholz1, Katja Götz2, Antje Miksch2, Iris Tinsel1, Kathrin Kiolbassa2, Stefanie Joos2, Katja Hermann2 1Lehrbereich Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, Deutschland 2Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universi-tätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland

Hintergrund: Derzeit wird in einer breiten Öffentlichkeit über die Zukunft der hausärztlichen Versorgung in Deutschland diskutiert: In den nächsten zehn Jahren wer-den ungefähr die Hälfte aller hausärztlich tätigen Ärzte altersbedingt aus dem Berufsleben ausscheiden. Diesem Rückgang stehen deutschlandweit nur jährlich circa 1.200 Facharztprüfungen für Allgemeinmedizin gegenüber [1]. Vor diesem Hintergrund erscheint es relevant, Beweg-gründe von Studierenden der Medizin für die Wahl des Faches Allgemeinmedizin besser verstehen zu können. In einer internationalen Überblicksarbeit wurden weibliches Geschlecht, die Akzeptanz eines geringeren Einkommens, ländliche Herkunft und der Planung einer Niederlassung im ländlichen Raum als Einflussfaktoren identifiziert [2]. Über die Gründe der Berufswahl von Medizinstudierenden in Deutschland, sich für oder gegen ein bestimmtes Ge-biet zu entscheiden, ist bisher wenig bekannt. Im Rahmen der „Arbeitsgruppe Berufsfeld“ des KompetenzZentrums Allgemeinmedizin wurde ein Fragebogen zur Erfassung von für die Wahl des Faches Allgemeinmedizin relevante Faktoren entwickelt. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist nun, den Einfluss der identifizierten Faktoren auf die Wahl des Fachgebiets Allgemeinmedizin zu überprüfen.

Material und Methoden: Der Fragebogen zu Einflussfakto-ren auf die Berufswahl wurde im Januar und Februar 2010 im Rahmen einer Onlinebefragung für Medizinstu-dierende aller Semester aus den fünf Medizinischen Fakul-täten in Baden-Württemberg (Freiburg, Heidelberg, Mannheim, Tübingen und Ulm) über ein Online-Portal zugänglich gemacht. Bestandteil der Onlinebefragung war neben allgemeinen soziodemographischen Angaben eine Frage nach der Fachgebietswahl. Zur Analyse wur-den Zusammenhänge zunächst auf bivariater Ebene be-trachtet und anschließend in einem Strukturgleichungs-modell integriert.

Ergebnisse: Insgesamt nahmen 1.299 Studierende an der Befragung teil. Vollständige Daten aller relevanten Vari-ablen liegen für 958 Teilnehmer vor. Von diesen waren 634 (66,7%) weiblich; die Studierenden waren durch-

schnittlich 24 Jahre alt (SD 3,1). Im vorklinischen Ab-schnitt befanden sich 235 (24,9%), im klinischen Abschnitt 579 (53,5%) und in einem späteren Abschnitt (z.B. PJ) 144 (13,4%) Studierende. Es gaben 71 (6,7%) als ge-wünschtes Fachgebiet die Allgemeinmedizin an. Korrelati-ve Zusammenhänge zur Wahl des Faches Allgemeinmedi-zin ergaben sich für die Faktoren „beruflicher Anspruch“ (,13) und „Patientenorientierung“ (,27) sowie der bisheri-gen Erfahrung der Studierenden mit dem Fach Allge-meinmedizin als Angehöriger (,14) und als Famulant (,20).

Schlussfolgerung/Implikation: Die Fachgebietswahl bei Studierenden der Medizin wird von vielen Faktoren beein-flusst. So ist nicht verwunderlich, dass die in dieser Studie gefunden Einflussfaktoren geringe Effektgrößen aufweisen. Dennoch liefern sie wichtige Anhaltspunkte zur Verbesse-rung der Wahrnehmung der Allgemeinmedizin bei den Studierenden. Weitere Ergebnisse werden auf dem Kon-gress präsentiert und diskutiert.

Literatur 1. Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, Hrsg. „Sondergutachten 2009: Koordination und Integration – Gesundheitsversorgung in einer Gesellschaft des längeren Lebens“. Bundesdrucksache 16/13770. S. 322-328. 2. Bennett KL, Phillips JP. Finding, recruiting, and sustaining the future primary care physician workforce: a new theoretical model of specialty choice process. Acad Med. 2010;85:S81-8.

Bitte zitieren als: Buchholz A, Götz K, Miksch A, Tinsel I, Kiolbassa K, Joos S, Hermann K. Welche Faktoren hängen mit der Fachgebietswahl bei Studierenden der Medizin zusammen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom185. DOI: 10.3205/11fom185, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1859 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom185.shtml

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Welche Studierenden können sich eine Zukunft in der Allgemeinmedizin vorstellen? Ergebnisse einer Querschnittsbefragung unter Medizinstudierenden aus Regel- und Modellstudiengang Medizin der Ruhr-Universität Bochum Bert Huenges, Linda Freese, Herbert Rusche

Abteilung für Allgemeinmedizin, Ruhr-Universität, Bochum, Deutschland

Hintergrund: Hinsichtlich der Berufsentscheidung zum Allgemeinmediziner ist bekannt, dass sich dieser im Ver-gleich zu anderen Fächern oft sich erst relativ spät in der Aus- bzw. Weiterbildung entwickelt. Unterschiedliche Faktoren, die für den Berufswunsch „Allgemeinmedizin“ prädisponieren werden in der Literatur benannt; unklar ist, ob Selektionskriterien oder curriculare Effekte einen grö-ßeren Einfluss auf die spätere Berufsentscheidung haben.

Material und Methoden: Im Rahmen einer medizinischen Doktorarbeit zur Motivation im Medizinstudium wurden Studierende aus dem Bochumer Modell- (MSM) und Regelstudiengang (RSM) in einer Onlinebefragung nach Zukunftsplänen und Studienausgangsbedingungen be-fragt.

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Ergebnisse: Zur Auswertung kamen 345 Teilnehmer, die den Fragebogen komplett beantwortet haben. Insgesamt können sich derzeit 65 Studierende (18,8%) eine Zukunft in der Allgemeinmedizin vorstellen. Zwischen MSM und RSM ergibt sich zunächst kein signifikanter Unterschied (15/79 vs. 50/266 TN). Im ersten Studienabschnitt (Se-mester 1–4) liegt der Anteil insgesamt bei 20%, vom 5.–8. Semester bei 22,6%, vom 9.–12. Semester bei 15,9%. Der scheinbare Trend zur abnehmendem Interesse zeigt sich in der Subgruppenanalyse nur im RSM (21% im ers-ten und zweiten vs. 12% im letzten Studienabschnitt), im MSM ist die Bereitschaft im zweiten und letzten Studienab-schnitt (je 25%) höher als im ersten Abschnitt (7%). Außer im bevorzugten Arbeitssetting (Praxis vs. Krankenhaus und angestellt vs. selbstständig) und dem Anteil derjenigen, die sich vorstellen können in Teilzeit zu arbeiten, fand sich in der untersuchten Stichprobe kein signifikanter Grup-penunterschied zwischen Studierenden, die sich eine Weiterbildung in der Allgemeinmedizin vorstellen können und denen, die dies nicht tun. Untersucht wurden hierzu die Parameter Geschlecht; Altergruppen; Familienstand; Sicherheit, dass Medizin das richtige Studienfach ist; Abiturnote; Dauer des Wunsches Medizin zu studieren; abgeschlossene Berufsausbildung oder berufliche Tätig-keit vor dem Medizinstudium; Bildungsstand der Eltern; Abstammung aus Arztfamilien; Hobbies; soziales Enga-gement und in der finanziellen Situation der Teilnehmer.

Schlussfolgerung/Implikation: Bemerkenswert erscheint die scheinbare Zunahme des Berufsinteresses an der Allgemeinmedizin im MSM im Vergleich zu einer schein-baren Abnahme während des RSM. Ob sich allgemein-medizinische Lehrveranstaltungen, wie beispielsweise die im MSM stattfindenden regelmäßigen Praxishospitationen auf die Berufswahl auswirken oder andere curriculare Einflüsse überwiegen ließe sich ggf. durch gezielte Längs-schnittsstudien untersuchen; Selektionseffekte und Studi-enausgangsbedingungen scheinen bei der angestrebten Berufswahl nach den vorliegenden Daten jedoch eine eher untergeordnete Rolle zu spielen. Die Auswertung der Beziehungen zwischen Studienmotivation und Zukunfts-plänen steht noch aus.

Bitte zitieren als: Huenges B, Freese L, Rusche H. Welche Studierenden können sich eine Zukunft in der Allgemeinmedizin vorstellen? Ergebnisse einer Querschnittsbefragung unter Medizinstudierenden aus Regel- und Modellstudiengang Medizin der Ruhr-Universität Bochum. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom186. DOI: 10.3205/11fom186, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1862 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom186.shtml

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Wovon sind die Einstellungen von Studierenden zur Allgemeinmedizin abhängig? Ergebnisse einer Befragung vor und nach dem hausärztlichen Blockpraktikum Carsten Kruschinski, Birgitt Wiese, Jörg Eberhard, Eva Hummers-Pradier

Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland

Hintergrund: Kenntnisse über die Einstellungen von Medi-zinstudierenden zur Allgemeinmedizin und zum Berufsziel „Hausarzt“ sind angesichts sich abzeichnender Nach-

wuchsprobleme von großer Bedeutung. Ziel der Untersu-chung war es, solche Einstellungen von Studierenden des Modellstudiengangs HannibaL in Hannover mit denen des Regelstudiengangs zu vergleichen, und zwar vor und nach dem hausärztlichen Blockpraktikum. Gleichzeitig sollte eine Reihe anderer möglicher Einflussfaktoren erhoben werden.

Material und Methoden: Insgesamt wurden 287 Studie-rende (Responderrate: 67,8%) im 5. Studienjahr längs-schnittlich befragt. Neben den Einstellungen (abhängige Variable, Likert-Skalenwerte) wurden soziodemographi-sche Merkmale (Alter, Geschlecht, Herkunft), Abiturnote, Berufsabschlüsse, Erfahrungen in der Allgemeinmedizin und Karrierepläne erfragt. Für die Erhebung der Einstel-lungen wurden validierte bzw. für den deutschen Sprach-raum adaptierte Teilinstrumente verwendet. Die Auswer-tung der Einstellungsitems erfolgte getrennt nach den genannten Merkmalen sowie nach Art des Studiengangs (Modell, Regel) und im prä-/post-Vergleich mittels bi- und multivariater statistischer Testverfahren.

Ergebnisse: Die meisten und bemerkenswertesten Einstel-lungsunterschiede fanden sich bei der Auswertung ge-trennt nach Geschlecht. Frauen haben das Fach insge-samt stärker wertgeschätzt. Sie zeigten ein signifikant größeres Interesse an chronischen Krankheitsverläufen, Gesprächsführung oder psychosozialen Zusammenhän-gen. Das Blockpraktikum (n=165/287 [57,5%] zugeord-nete Befragte zum Zeitpunkt „post“) hat zu einer positiven Entwicklung der Einstellung bei Studierenden beider Ge-schlechter beigetragen, wohingegen sich Studierende des Modell- bzw. Regelstudiengangs in ihren Einstellungen nicht unterschieden.

Schlussfolgerung/Implikation: Das Ausbildungsziel einer wertschätzenden Haltung gegenüber dem Fach Allge-meinmedizin ist in Hannover bislang weniger vom Ge-samtcurriculum (Modell, Regel) als von Eigenschaften der Studierenden (Geschlecht) und Effekten des Blockprakti-kums abhängig. Einstellungen und andere sog. affektive Lernziele sollten bei der Weiterentwicklung des Modellstu-diengangs und auch als mögliche Outcomes für die Ausbildungsforschung stärker berücksichtigt werden.

Bitte zitieren als: Kruschinski C, Wiese B, Eberhard J, Hummers-Pradier E. Wovon sind die Einstellungen von Studierenden zur Allgemeinmedizin abhängig? Ergebnisse einer Befragung vor und nach dem hausärztlichen Blockpraktikum. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom187. DOI: 10.3205/11fom187, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1871 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom187.shtml

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9 Epidemiologische und praxisepidemiologische Forschung I

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Beratungsanlass "Halsschmerz" in der allgemeinmedizinischen Sprechstunde – Ergebnisse der 4. Sächsischen Epidemiologischen Studie der Allgemeinmedizin (SESAM-4) der Sächsischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SGAM) Grit Reinisch1, Anke Pasold1, Henna Riemenschneider1, Roger Voigt2, Karen Voigt3, Antje Bergmann3 1Lehrbereich Allgemeinmedizin, Medizinische Klinik und Poliklinik III des Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden an der Technischen Universität Dresden, Dresden, Deutschland 2Sächsische Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SGAM), Dresden, Deutschland 3Lehrbereich Allgemeinmedizin, Medizinische Klinik und Poliklinik III des Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden an der Technischen Universität Dresden / Sächsische Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SGAM), Dresden, Deutschland

Hintergrund: Das Symptom Halsschmerz kann sowohl bei Kindern, als auch bei Erwachsenen mehrmals pro Jahr auftreten. In den meisten Fällen ist es durch eine akute, virale Infektion der oberen Atemwege bedingt [1]. Für Halsschmerz als Beratungsanlass (BA) wurde in aktuelle-ren deutschen Studien eine Häufigkeit von 2,2 [2] bis 2,7 % [3] festgestellt. Ziel dieser SESAM-4-Teilanalyse bestand in der Analyse des Beratungsanlasses Halsschmerz und sich anschließender diagnostischer und therapeutischer ärztlicher Handlungen.

Material und Methoden: Im Rahmen der SESAM-4 wur-den 2529 Arzt-Patienten-Kontakte in der allgemeinmedi-zinischen Sprechstunde von 73 Allgemeinmedizinern im Bundesland Sachsen mit Hilfe eines teilstandardisierten Fragebogens dokumentiert. Der Erhebungszeitraum um-fasste ein Jahr (01.04.2008–31.03.2009).

Ergebnisse: 1,3% aller BA (n=57) der SESAM-4 betrafen den Halsschmerz. Die Geschlechterverteilung (53% weib-lich) ähnelte der in der Gesamtstichprobe. Der Alters-durchschnitt dieser Teilstichprobe lag bei 29,2 (±15,6 s.d.) Jahren, was weit unter dem der Gesamtstudie (54,7±21,2 s.d. Jahre) war. Begleitsymptome wiesen 84,2% der Halsschmerzpatienten auf, wobei Fieber (24,6%), Husten (19,3%) und Kopfschmerz (15,8%) am Häufigsten auftraten. 50,9% Patienten dieser Teilstichpro-be hatten bereits eine oder mehrere vom Arzt kodierte Dauerdiagnose(n), vor allem Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes (29,8%), Krankhei-ten des Kreislaufsystems (19,3%) sowie endokrine, Ernäh-rungs- und Stoffwechselkrankheiten (10,5%). Bei 3 von 4 Halsschmerzpatienten (75,4%) wurde eine Medikamen-tenverordnung dokumentiert. In knapp der Hälfte (49,1%) der Konsultationen mit BA Halsschmerz wurde auf Anti-biotika zurückgegriffen. Bei 54,4% erfolgte die Bescheini-gung einer Arbeitsunfähigkeit (AU).

Diskussion: Die Häufigkeit für den BA Halsschmerz in der SESAM-4 war etwas geringer als in anderen Studien [2], [3]. Der BA Halsschmerz kam in der Regel mit Begleit-symptomen bei jüngeren Patienten vor. Der rund 50%ige

Anteil an AU-Bescheinigungen und Antibiotika-verschreibungen erklärt sich möglicherweise durch die Mehrheit von Patienten im berufstätigen Alter, welche den Arzt erst bei schwerer Symptomatik aufsucht [1]. Die vor-handenen Dauerdiagnosen können auch eine Erklärung sein.

Schlussfolgerung: Bei der Therapie bei Halsschmerzpati-enten sollten Antibiotika nur nach genauem Abwägen [1] und unter Berücksichtigung vorhandener Dauerdiagnosen verordnet werden. Auf dies sollte konsequent in hausärzt-lichen Fortbildungen verwiesen werden.

Literatur 1. Wächtler H, Chenot J-F; Deutsche Gesellschaft für Allge-meinmedizin und Familienmedizin Düsseldorf. DEGAM-Leitlinie Nr. 14: Halsschmerzen. Stand Oktober 2009. 2. Voigt R. Der Beratungsanlass in der allgemeinmedizinischen Konsultationssprechstunde (SESAM-2), Dissertation. Universität Leipzig 2003. 3. Kühlein T, et al. Kontinuierliche Morbiditätsregistrierung in der Hausarztpraxis (CONTENT). München: Urban & Vogel; 2008.

Bitte zitieren als: Reinisch G, Pasold A, Riemenschneider H, Voigt R, Voigt K, Bergmann A. Beratungsanlass "Halsschmerz" in der allgemeinmedizinischen Sprechstunde – Ergebnisse der 4. Sächsischen Epidemiologischen Studie der Allgemeinmedizin (SESAM-4) der Sächsischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SGAM). In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom188. DOI: 10.3205/11fom188, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1882 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom188.shtml

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Beratungsanlässe bei Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen in der hausärztlichen Versorgung in Sachsen – Ergebnisse der SESAM-4-Studie (4. Sächsische Epidemiologische Studie der Allgemeinmedizin) der Sächsischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SGAM) Roger Voigt1, Grit Reinisch2, Elisabeth Hennig2, Henna Riemenschneider2, Karen Voigt3, Antje Bergmann3 1Sächsische Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SGAM), Dresden, Deutschland 2Lehrbereich Allgemeinmedizin, Medizinische Klinik und Poliklinik III des Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden an der Technischen Universität Dresden, Dresden, Deutschland 3Lehrbereich Allgemeinmedizin, Medizinische Klinik und Poliklinik III des Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden an der Technischen Universität Dresden, Sächsische Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SGAM), Dresden, Deutschland

Hintergrund: Die Prävalenz von chronischen Lungener-krankungen in Deutschland steigt [1]. Bei Asthma liegt sie bei 5% für Erwachsene [2] und für COPD (chronic ob-structive pulmonary disease) wird sie bei >40 Jährigen mit >10 % geschätzt [3]. Ziel der vorliegenden Studie war die Erfassung von Beratungsanlässe von Patienten mit Asthma bronchiale und COPD in der allgemeinmedizini-schen Praxis.

Material und Methoden: 73 Allgemeinmediziner doku-mentierten im Rahmen der SESAM-4 insgesamt 2.529 Arzt-Patienten-Kontakte mittels eines teilstandardisierten Fragebogens. Der Zeitraum umfasste ein Jahr von

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01.04.2008 bis 31.03.2009, wobei jeder zehnte Konsul-tationsanlass an einem vorher bestimmten Tag pro Woche erfasst wurde.

Ergebnisse: Für 7,9% (n=199) aller erfassten Arzt-Patienten-Kontakte wurde eine chronische Lungenerkran-kung als Dauerdiagnose dokumentiert: davon 4,1% COPD und 3,8% Asthma bronchiale. Bei 0,47% der Patienten wurde eine chronische Lungenerkrankung neu festgestellt.

Das Durchschnittsalter der Patienten mit COPD lag bei 71,9±10,7 s.d. Jahren, wobei 50,5% der Patienten 75 Jahre oder älter waren. Asthmatiker waren im Mittel deut-lich jünger (49,8±21,1 s.d. Jahre). Ein Großteil der Pati-enten (49% COPD, 57% Asthma) kam mit einem BA zum Hausarzt, dabei waren am Häufigsten Betreuung chroni-scher kardiovaskulärer Erkrankungen (18,3% COPD, 12,6% Asthma), Betreuung mehrerer chronischer Erkran-kungen (21,2% COPD, nicht bekannt bei Asthma), Medi-kamentenverordnung (5,8% COPD, 11,6% Asthma) und Husten (7,7% COPD, 9,5% Asthma). Die COPD-Patienten wiesen im Durchschnitt weitere 6, aber mindes-tens eine Dauerdiagnose auf. Für die Patienten mit Asth-ma wurden im Mittel 4 zusätzliche Dauerdiagnosen do-kumentiert. Es dominierten dabei essentielle Hypertonie (65,7% bei COPD; 42,1% bei Asthma), sowie Diabetes mellitus Typ 2 (38,4% bei COPD, 13,7% bei Asthma) und die allergische Rhinopathie (nicht dokumentiert für COPD; 15,8% bei Asthma) auf. In der Langzeitbetreuung durch den Hausarzt befanden sich ca. 85% der COPD- und 58% der Asthmapatienten.

Diskussion: Patienten mit chronischen Lungenerkrankun-gen wiesen eine hohe Anzahl an Komorbiditäten auf. Bei den COPD-Patienten dominierte die Betreuung von BA in Zusammenhang mit nicht näher spezifizierter Multimorbi-dität, wobei das höhere Alter eine Rolle spielen könnte. Bei den Asthmatikern stand die BA Betreuung kardiovas-kulärer Erkrankungen im Vordergrund.

Schlussfolgerungen: Patienten mit chronischen Lungener-krankungen befinden sich in hohem Maße in regelmäßi-ger hausärztlicher Langzeitbetreuung. Zu den wichtigsten Aufgaben des Hausarztes gehört die leitliniengerechte Betreuung der Patienten vor dem Hintergrund der häufig gleichzeitig bestehenden Multimorbidität.

Literatur 1. Robert-Koch-Institut. Gesundheit in Deutschland aktuell 2009 (GEDA). 2011. 2. BÄK, KBV, AWMF. Nationale VersorgungsLeitlinie Asthma – Langfassung. 2. Auflage. Version 1.2. Nov 2010. 3. BÄK, KBV, AWMF. Nationale VersorgungsLeitlinie COPD – Langfassung. Version 1.8. Apr 2011.

Bitte zitieren als: Voigt R, Reinisch G, Hennig E, Riemenschneider H, Voigt K, Bergmann A. Beratungsanlässe bei Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen in der hausärztlichen Versorgung in Sachsen – Ergebnisse der SESAM-4-Studie (4. Sächsische Epidemiologische Studie der Allgemeinmedizin) der Sächsischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SGAM). In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom189. DOI: 10.3205/11fom189, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1898 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom189.shtml

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Bevölkerungsbezogene Studie zu Komorbidität und Krankheitslast bei Diabetes mellitus – Ergebnisse der Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell (GEDA) 2009“ Yong Du, Daniela Gornyk, Christa Scheidt-Nave

Robert Koch-Institut, Berlin, Deutschland

Hintergrund: Komorbiditäten bei Diabetes mellitus beein-flussen Prognose, Verlauf und therapeutische Entschei-dungen. Systematische bevölkerungsrepräsentative Daten hierzu sind bislang kaum vorhanden.

Material und Methoden: Im Rahmen des bundesweiten Gesundheitsmonitorings führt das Robert Koch-Institut (RKI) jährliche bevölkerungsrepräsentative telefonische Gesundheitssurveys (Gesundheit in Deutschland aktuell, GEDA) durch. In „GEDA 2009“ wurde eine repräsentative Stichprobe der deutschen Wohnbevölkerung ab 18 Jah-ren (N=21.262) zu insgesamt 19 chronischen Erkrankun-gen befragt. In standardisierten computergestützten Inter-views (CATI) wurde erfasst, ob die Erkrankung jemals ärztlich festgestellt wurde, und ob sie in den letzten 12 Monaten noch vorlag. Für die Definition eines Diabetes und der meisten anderen Erkrankungen mussten beide Fragen bejaht werden. Bei Krankheitsereignissen (Herzin-farkt, Schlaganfall, Angina pectoris) und Krebserkrankun-gen zählte die Angabe einer jemals ärztlich gestellten Diagnose. Weiterhin im CATI erhobene Informationen umfassten u. a.: aktuelle Seh-/Hörbeeinträchtigung, Kör-pergröße-/gewicht, Soziodemografie und verschiedene Indikatoren von Krankheitslast (Krankenhausaufenthalt und Anzahl der Arztbesuche in den vorangegangenen 12 Monaten, Anzahl der Tage mit funktionalen Einschrän-kungen bei Alltagsaktivitäten im letzten Monat). Komorbi-ditäten wurden hinsichtlich ihres möglichen ätiologischen Zusammenhangs mit Diabetes in Diabetes-spezifische und andere klassifiziert. Wir charakterisierten Komorbidi-tätsmuster nach Anzahl, Art und statistisch überzufällig auftretenden Kombinationen. In multivariaten Regressi-onsanalysen wurden von Alter und anderen Kovariablen unabhängige Korrelationen zwischen Komorbidität und Krankheitslast analysiert. Die vorliegende Auswertung beschränkt sich auf die Studienpopulation ab 50 Jahren (3.855 Männer; 5.278 Frauen).

Ergebnisse: Insgesamt wurden 1.035 Studienteilnehmer (488 Männer, 547 Frauen) als Diabetiker identifiziert. Die gewichtete 12-Monats-Prävalenz betrug 13,7% (Männer: 13,9%; Frauen: 13,4%). Mehr als 95% der Diabetiker hatten mindestens eine Komorbidität. Die Gesamtzahl von Komorbiditäten lag im Mittel bei Frauen und Männern mit Diabetes signifikant höher als bei Nicht-Diabetikern (3,5 vs. 2,1; p<0.001). Überzufällig häufig mit Diabetes korrelierte Erkrankungen sind im Anhang dargestellt (Ta-belle 1). Diabetiker hatten signifikant häufiger mindestens einen Krankenhausaufenthalt, mehr Arztbesuche und mehr funktionsbeeinträchtigte Tage als Nicht-Diabetiker (Daten nicht gezeigt). Unter Diabetikern waren sowohl Diabetes-spezifische als auch andere Komorbiditäten mit allen Zielgrößen signifikant korreliert (Tabelle 2).

Schlussfolgerung/Implikation: Systematische Auswertun-gen der Komorbidität von Diabetes mellitus auf Bevölke-rungsebene liefern wichtige Informationen zu Krankheits-

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last und Versorgungsbedarf im Zusammenhang mit Dia-betes mellitus.

Literatur 1. Robert Koch-Institut, Hrsg. Daten und Fakten: Ergebnisse der Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell 2009“. Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung. Berlin: RKI; 2011. Available from: http://www.rki.de/cln_109/nn_201174/DE/Content/GBE/Gesundheitsberichterstat-tung/GBEDownloadsB/GEDA09,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/GEDA09.pdf 2. Kroll L, Lampert T. Unemployment, social support and health problems: results of the GEDA study in Germany 2009. Dtsch Arztebl Int. 2011;108:47-52. 3. Conwell LJ, Boult C. The effects of complications and comor-bidities on the quality of preventive diabetes care: a literature review. Popul Health Manag. 2008;11:217-28. 4. Kerr EA, Heisler M, Krein SL, Kabeto M, Langa KM, Weir D, Piette JD. Beyond comorbidity counts: how do comorbidity type and severity influence diabetes patients' treatment priorities and self-management? J Gen Intern Med. 2007;22:1635-40. 5. Piette JD, Kerr EA. The impact of comorbid chronic conditions on diabetes care. Diabetes Care. 2006;29:725-31.

142

Tabelle 1: Komorbidität von Diabetes mellitus bei deutschen Männern und Frauen ab 50 Jahren. Gesundheit in Deutschland aktuell (GEDA) 2009

Tabelle 2: Einfluss von Komobiditäten auf die Zielgrößen bei Patienten mit Diabetes mellitus

143

Bitte zitieren als: Du Y, Gornyk D, Scheidt-Nave C. Bevölkerungsbezogene Studie zu Komorbidität und Krankheitslast bei Diabetes mellitus – Ergebnisse der Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell (GEDA) 2009“. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom190. DOI: 10.3205/11fom190, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1901 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom190.shtml

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Das Forschungspraxennetz als Basis hausärztlicher Forschung – eine Fokusgruppenanalyse Jutta Bleidorn, Johannes Hauswaldt, Susanne Heim, Heidrun Lingner, Eva Hummers-Pradier

Institut für Allgemeinemedizin der MHH, Hannover, Deutschland

Hintergrund: Für primärmedizinische Forschung aus dem Alltags-Betrieb heraus sind praxisbasierte Forschungs-netzwerke international erfolgreich erprobt [1], [2], [3], [4]. Um Forschung in deutschen hausärztlichen Praxen zu optimieren und permanent zu etablieren, beabsichtigt das Institut für Allgemeinmedizin der MHH (amhh) den Aufbau eines Forschungspraxennetzes mit den Schwerpunkten Projektpraxen, Prüfpraxen und primärdatensammelnde Beobachtungspraxen. In Fokusgruppen wurden von Hausärzten Stellungnahmen zur zukünftigen Mitarbeit und Akzeptanz erarbeitet.

Material und Methoden: Hausärzte unterschiedlichen Hintergrunds wurden in zwei Fokusgruppen leitfadenge-stützt befragt und zur Diskussion miteinander angeregt.

Input: Vorstellungen seitens amhh zu einem Forschungs-praxennetz. Simultanes Video- und Audio-Recording, nachfolgend sequentielle Auswertung unter Nutzung von Mapping-Verfahren [5]. Orientierende Intention, deshalb zunächst zwei Fokusgruppen.

Ergebnisse: Zwei Fokusgruppen mit fünf bzw. acht Haus-ärzten, davon insgesamt fünf weiblich, aus Hannover-Land fanden im März und April 2010 statt. Dauer der Niederlassung drei bis 22 Jahre; zwei Hausärzte im Ange-stelltenstatus, eine Assistentin in der Weiterbildung.

Die teilnehmenden Hausärzte zeigten großes Interesse an engerer Zusammenarbeit bei hausärztlicher Forschung. Das aus früherer Zusammenarbeit gewachsene Vertrauen wurde als wichtige Basis benannt.

Zur Teilnahme an versorgungsnahen Forschungsprojekten motiviere neben dem Wunsch nach Standortbestimmung die Erwartung, zum Gewinnen von Evidenz mit praktischer Relevanz beitragen zu können, Neues kennenzulernen, aber auch Rückmeldung über die eigene Arbeit zu erhal-ten. Voraussetzung sei neben guter bidirektionaler Kom-munikation (z.B. mittels persönlicher Treffen oder internet-basierter Foren) die klare und abschließende Beschrei-bung der erwarteten Belastung sowie minimale Störung des Praxisbetriebes, später die zeitnahe Rückmeldung von Ergebnissen. Frühzeitiges Einbeziehen der Praxen in Pla-nung und Umsetzung von Projektideen wurde als sinnvoll für die Machbarkeit eines Forschungsprojektes erachtet. Eine dem tatsächlichen Aufwand entsprechende Auf-wandsentschädigung sei für die Teilnahmebereitschaft an Forschungsprojekten insbesondere für Einzelpraxen wich-tig. Grundsätzliche Bedenken oder Ablehnung gegenüber

einem strukturierten Forschungspraxennetz wurden nicht formuliert.

Schlussfolgerung/Implikation: Grundsätzliche Bedenken oder Ablehnung eines Forschungspraxennetzes drückten die Teilnehmer der Fokusgruppen nicht aus. Das aus früherer Zusammenarbeit mit dem Institut für Allgemein-medizin gewachsene Vertrauen wurde als wichtige Basis herausgestellt.

Geeignete frühzeitige Einbindung, bidirektionale Kommu-nikation, klare und abschließende Beschreibung der er-warteten Belastung sowie minimale Störung des Praxisbe-triebes benannten die teilnehmenden Hausärzte als essen-tiell in einem Forschungspraxennetz.

Es ist angezeigt, eine Pilotphase des Forschungspraxen-netzes unter Berücksichtigung dieser Fokusgruppenergeb-nisse zu starten.

Literatur 1. Sloane PD, Dolor RJ, Halladay J. Increasing the Role of Practice Networks in Medical Research. J Amer Board Fam Med. 2009;22(4):348-51. 2. Pace WD, Cifuentes M, Valuck RJ, Staton EW, Brandt EC, West DR. An Electronic Practice-Based Network for Observation-al Comparative Effectiveness Research. Ann Intern Med. 2009;151(5):1-4. 3. Mallen C. Crisis? What Crisis? The need to develop academ-ic capacity in general practice. Eur J Gen Pract. 2010;16:201-2. 4. Pelz C, Schmitt A, Meis M. Knowledge Mapping als Methode zur Auswertung und Ergebnispräsentation von Fokusgruppen in der Markt- und Evaluationsforschung. FQS. 2004;5(2):Art.35. Available from: http://www.qualitative-research.net/index.php/fqs/article/view/601/1304 5. Burgess-Allen J, Owen-Smith V. Using mind mapping tech-niques for rapid qualitative data analysis in public participation processes. Health Expectations. 2010;13(4):406-15.

Bitte zitieren als: Bleidorn J, Hauswaldt J, Heim S, Lingner H, Hummers-Pradier E. Das Forschungspraxennetz als Basis hausärztlicher Forschung – eine Fokusgruppenanalyse. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom191. DOI: 10.3205/11fom191, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1915 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom191.shtml

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Die Assoziation anthropometrischer Parameter mit der Mortalität – ein systematischer Review Solveig Carmienke1, Michael Freitag1, Tobias Pischon2, Peter Schlattmann3, Thomas Fankhaenel1, Heike Göbel4, Jochen Gensichen1 1Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland 2Max-Delbrück-Zentrum für Molekulare Medizin (MDC), Arbeits-gruppe Molekulare Epidemiologie, Berlin-Buch, Deutschland 3Institut für Medizinische Statistik, Informatik und Dokumentation, Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland 4Chemisch-geowissenschaftliche Fakultät, Informationsvermitt-lungsstelle, Friedrich-Schiller-Universität, Jena, Deutschland

Hintergrund: Es wird kontrovers diskutiert, ob abdominale anthropometrische Parameter oder der Body-Mass-Index (BMI) stärkere Prädiktoren der Mortalität sind oder welche Kombination aus den genannten Messgrößen für die Risikoevaluation und Information von Patienten in der klinischen Routine gewählt werden sollte. Ziel dieses

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systematischen Reviews ist es, die Assoziationen des BMI, der Waist-to-Hip-Ratio (WHR), der Waist Circumference (WC) und der Waist-to-height-Ratio (WHtR) mit der Ge-samtmortalität an Hand von prospektiven Kohortenstudien zu analysieren und zu vergleichen.

Material und Methoden: Wir führten eine strukturierte Literaturrecherche in den elektronischen Datenbanken Medline, Embase, Cochrane Database of Systematic Reviews und Esbiobase durch. Eingeschlossen wurden alle Populations-basierten prospektiven Kohortenstudien mit mindestens 4.000 erwachsenen kaukasischen Teilneh-mern, die den BMI und mindestens einen abdominalen anthropometrischen Parameter hinsichtlich ihrer Assoziati-on mit der Gesamtsterblichkeit während einer Nachbe-obachtungszeit von mindestens 3 Jahren untersuchten. Von 2.575 identifizierten Studien erfüllten 18 die Ein-schlusskriterien. Zwei Reviewer analysierten unabhängig von einander die Qualität der gefundenen Artikel und erstellten eine Datensynopse. Zusätzlich führten wir eine Meta-Regressionsanalyse durch, um den Einfluss der anthropometrischen Parameter auf die Mortalität zu eva-luieren.

Ergebnisse: Insgesamt wurden über 689.465 Probanden und 48.421 Todesfälle während einer 5–24-jährigen Nachbeobachtungszeit berichtet. Ohne Adjustierung auf einen weiteren anthropometrischen Parameter waren sowohl die Messgrößen der abdominalen Adipositas als auch der BMI signifikant positiv mit der Mortalität assozi-iert. In Studien, die ihre Population in Quantile anthro-pometrischer Parameter gruppierten, zeigten sich ähnliche Risikoverteilungen für BMI, WHR; WC und WHtR. Nach Adjustierung auf abdominale anthropometrische Parame-ter wurde entweder über eine inverse oder nicht-signifikante Assoziation des BMI mit der Mortalität berich-tet. Im Gegensatz dazu zeigten abdominale anthropomet-rische Parameter eine signifikant positive Assoziation mit der Mortalität nach Adjustierung auf den BMI. Bei der Betrachtung von kombinierten Quintilen aus BMI und abdominellen Parametern war die positive Assoziation von WC und WHR mit der Gesamtsterblichkeit bei niedrigeren BMI-Werten stärker ausgeprägt als bei höheren.

Schlussfolgerung/Implikation: Alle anthropometrischen Parameter sind mit der Mortalität assoziiert. Abdominale Parameter der Adipositas (WC oder WHR) geben über den BMI hinaus Informationen zu dem mit Adipositas assoziierten Mortalitäsrisiko und sollten zusätzlich zum BMI in der Forschung und klinischen Praxis erhoben wer-den.

Bitte zitieren als: Carmienke S, Freitag M, Pischon T, Schlattmann P, Fankhaenel T, Göbel H, Gensichen J. Die Assoziation anthropometrischer Parameter mit der Mortalität – ein systematischer Review. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom192. DOI: 10.3205/11fom192, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1920 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom192.shtml

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Die potentiell unangemessene Verschreibung beim älteren Patienten mit Polypharmakotherapie in der Hausarztpraxis: Eine Pilotstudie aus dem Trentino (I) im Rahmen der Diplomabschlussarbeit der Ausbildung in Allgemeinmedizin. Juni 2010 Vera Breitenberger

Mitglied der SüGAM: Südtiroler Gesellschaft für Allgemeinmedi-zin, Meran, Italien

Hintergrund: Unerwünschte Nebenwirkungen treten häufig bei älteren Patienten auf, vor allem bei solchen, die fünf oder mehr Arzneimittel einnehmen. Diese können vorher-sehbar, häufig sogar vermeidbar sein und stellen ein enormes medizinisches und ökonomisches Problem dar. Eine der Hauptursachen von Nebenwirkungen ist die unangemessene Verschreibung.

Eine periodische Kontrolle aller Medikamente eines Pati-enten kann einerseits unnötige Verschreibungen vermei-den und dadurch das Risiko von möglichen Nebenwir-kungen vermindern. Andererseits können nicht verschrie-bene, aber indizierte Medikamente ausfindig gemacht werden. Die Prävalenz der inadäquaten Verschreibung bei älteren Patienten ist weltweit relativ hoch: in Europa vari-iert sie im ambulanten Bereich zwischen 5,8% und 51,1 %.

Material und Methoden: Das wesentliche Ziel der Studie war die Identifizierung der unangemessenen Verschrei-bungen einerseits sowie der zwar indizierten, aber unter-lassenen Verschreibungen andererseits durch validierte Kriterien beim älteren Patienten mit Multimedikation in der Hausarztpraxis.

In die Studie wurden Patienten von 8 Hausärzten der Region Trentino (I) aufgenommen, welche ≥65 Jahre alt waren und >6 Medikamente in chronischer Therapie einnahmen. Die Patientendaten wurden mit den Kriterien Beer’s und STOPP auf potentiell unangemessene Ver-schreibungen hin überprüft. Die indizierten, aber nicht verschriebenen Medikamente wurden mit den START-Kriterien ermittelt.

Ergebnisse: Diese Pilotstudie analysierte insgesamt 68 Patienten (Altersdurchschnitt 79,6 Jahre, Prozentsatz an Frauen: 58,8%). Die mittlere Anzahl der chronischen Krankheiten liegt bei 5, die mittlere Medikamentenanzahl bei 9,5 pro Tag.

Die Prävalenz der inadäquaten Verschreibung liegt bei 77,9%, d.h. 53 Patienten wurde ein unangemessenes Medikament der Beer’s- (42,6%) (Tabelle 1) bzw. der STOPP- (66,2%) Liste (Tabelle 2) verschrieben. Die Prä-valenz der indizierten, jedoch nicht verschriebenen Medi-kamente, welche der START- Liste entsprechen, liegt bei 57,3% (Tabelle 3).

Es sind 5 Schwerpunkte aufgefallen, die einer weiteren wissenschaftlichen Vertiefung bedürfen:

1. Die massive Verschreibung von Protonenpumpen-blockern in voller Dosierung ohne zeitliche Begren-zung.

2. Der generalisierte (Ab-) Usus von Benzodiazepinen.

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3. Die häufige Verschreibung von Ticlopidin, v.a. in der Sekundärprävention der zerebralen Ischämie.

4. Der zweifelhafte Nutzen von Aspirin in der Pri-märprävention.

5. Die häufige Unterlassung der Verschreibung von Sta-tinen.

Schlussfolgerung/Implikation: Diese Studie zeigt, dass die Prävalenz der potentiell unangemessenen Verschreibung sowie der Unterlassung einer indizierten Therapie beim älteren Patienten hoch ist. Validierte Instrumente wie die Beer’s-, STOPP- und START- Kriterien können in der tägli-chen Routine der Allgemeinmedizin sehr nützlich sein, um die Verschreibung für die ältere Bevölkerung zu verbes-sern. Weitere Studien mit großen Patientenzahlen sind aber nötig, um die Einflussnahme dieser Anwendungskri-terien auf Morbidität, Mortalität, Kosten und Hospitalisie-rung zu untersuchen.

Literatur 1. Fick DM, Beers MH. Updating the Beers Criteria for Potential-ly Inappropriate Medication Use in Older Adults. Results of a US Conensus Panel of Experts. Arch Intern Med. 2003;163:2716-24. 2. Barry PJ, Gallagher P. START (screening tool to alert doctors to the right treatment)- an evidence-based screening tool to detect prescribing omissions in elderly patients. Age and Ageing. 2007;36:632-8.

3. Gallagher P, Ryan C. STOPP (Screening Tool of Older Per-son’s Prescriptions) and START (Screening Tool to Alert doctors to Right Treatment). Consenus validation. Int J Clin Pharm Therap. 2008;46:72-83. 4. Gambassi G, Pedone C. I limiti della farmacologia tradizionale [Short comings of traditional pharmacology]. G Gerontol. 2006;54:170-85.

Bitte zitieren als: Breitenberger V. Die potentiell unangemessene Verschreibung beim älteren Patienten mit Polypharmakotherapie in der Hausarztpraxis: Eine Pilotstudie aus dem Trentino (I) im Rahmen der Diplomabschlussarbeit der Ausbildung in Allgemeinmedizin. Juni 2010. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom193. DOI: 10.3205/11fom193, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1937 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom193.shtml

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10 Epidemiologische und praxis-epidemiologische Forschung II

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Erhebung der Inanspruchnahme von Komplementärmedizin – ein validierter und standardisierter Fragebogen Corina Güthlin1, Meike Lo Re1, Ferdinand M. Gerlach1, Stefan Schmidt2 1Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt, Deutschland 2Institut für Umweltmedizin, Freiburg, Deutschland

Hintergrund: Komplementär-/Alternativmedizin erfreut sich zunehmender Beliebtheit, wobei Allgemeinmedizi-ner/innen bevorzugt um Information gebeten und mit Behandlungswünschen konfrontiert werden. Entsprechend sollte ein validiertes Instrument vorliegen, mit dem sich die Inanspruchnahme in allgemeinmedizinischen Versor-gungsforschungsstudien standardisiert erheben lässt.

Bisher fällt auf, dass Inanspruchnahmeraten von Studie zu Studie stark schwanken. Dies ist nicht nur mit länderspezi-fischen Unterschieden zu erklären, sondern auch mit der Wahl unterschiedlicher Erhebungsinstrumente sowie hete-rogener Bezugszeiträume. Meist werden in Studien selbst konzipierte Fragebögen eingesetzt, die nicht von psycho-metrisch geschulten Experten entworfen worden sind und weder Zeiträume noch Modalitäten der Komplementär-medizin einheitlich erfassen. Der englischsprachige NAF-KAM I-CAM-Q ist ein diesbezüglich standardisierter Fra-gebogen eines internationalen Konsortiums [1], der von uns ins Deutsche übertragen und validiert wurde. Er wird derzeit in vier weitere Sprachen übersetzt und es kann somit eine standardisierte Erfassung über Sprachgrenzen hinweg gewährleistet werden.

Material und Methoden: Zunächst wurde eine Überset-zung durch Englisch- und Deutschsprachige mit Vorwärts-, Rückwärtsübersetzung und Adaptation vorgenommen. Dann wurde eine vorläufige Version mit kognitiven Prä-tests in der Allgemeinmedizin pilotiert und die daraus entstandene Version in einer Stichprobe an Erkrankten (Brustkrebspatientinnen) sowie der Normalpopulation validiert.

Ergebnisse: Der Fragebogen:

Der ins Deutsche übersetzte Fragebogen umfasst vier Seiten, auf denen jeweils eine Liste komplementärmedizi-nischer Methoden abgefragt wird. Die erste Seite erfragt, von welchen Anbietern die Befragten im letzten Jahr be-handelt wurden (z.B. Arzt/Ärztin für Naturheilverfahren, Hausarzt/ärztin), während auf der zweiten Seite explizit nach Behandlungsverfahren gefragt wird, die Befragte von Ärzten erhielten (z.B. Akupunktur, Homöopathie). Auf den folgenden Seiten lassen sich komplementärmedizinische Produkte eintragen sowie aus einer Liste Selbsthilfemaß-nahmen auswählen (z.B. Yoga).

Schlussfolgerung/Implikation: Mit dem deutschen Frage-bogen für Komplementärmedizin liegt zur Konferenz ein validierter Fragebogen vor (Publikation in Vorbereitung), mit dem sich Komplementärmedizin in allen Facetten (Behandler, Methoden, Produkte, Selbsthilfetechniken) standardisiert erfassen lässt. Er eignet sich besonders für

Studien der Versorgungsforschung und kann in der All-gemeinmedizin ohne weitere Adaptation eingesetzt wer-den.

Literatur 1. Quandt SA, Verhoef MJ, Arcury TA, Lewith GT, Steinsbekk A, Kristoffersen AE et al. Development of an international question-naire to measure use of complementary and alternative medicine (I-CAM-Q). J Altern Complem Med. 2009;15(4):331–9.

Bitte zitieren als: Güthlin C, Lo Re M, Gerlach FM, Schmidt S. Erhebung der Inanspruchnahme von Komplementärmedizin – ein validierter und standardisierter Fragebogen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom194. DOI: 10.3205/11fom194, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1944 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom194.shtml

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Erhebung zur Schmerztherapie in Südtirols Altenheimen Alfred Psaier

Arzt für Allgemeinmedizin, Tisens, Italien

Hintergrund: In der Literatur gibt es sehr unterschiedliche Angaben bezüglich Anzahl der an Schmerzen leidenden Menschen in den Alten- und Pflegeheimen. Es interessiert uns zu erfahren, wie die Situation diesbezüglich in den verschiedenen Heimen unseres Landes ist. Schmerz führt im Alter zu Mobilitätseinschränkung, Hilflosigkeit, Isolati-on, Angst, Schlafstörung und Depression. Die Schmerzer-fassung und die angemessene Behandlung sind für die Lebensqualität unserer Heimbewohner/Innen eminent wichtig. Fragestellung: erhalten unsere Heimbewohner eine angemessene Schmerzbehandlung?

Material und Methoden: 20 Ärzte/Innen für Allgemein-medizin überprüfen in 15 Altenheimen anhand eines Fragebogens die Therapiepläne bezüglich der verordne-ten Schmerzmittel. Dadurch erhalten wir eine Aussage über das Schmerzmanagement für insgesamt 579 Heim-bewohner unseres Landes. Zeitraum der Erhebung: 2. Jahreshälfte 2010.

Ergebnisse: Bedarfsschmerztherapie: 63% der Altenheim-bewohner erhalten eine Bedarfsschmerztherapie. Es be-steht aber ein erheblicher Unterschied zwischen den ein-zelnen Heimen was die Anzahl der behandelten Men-schen betrifft (21 bis 91%). Medikamente der WHO Stufe I bekommen 83%, der WHO Stufe II 15% und der WHO Stufe III 2% der Heimbewohner. Die einzelnen Wirkstoffe wurden erfasst. Dauerschmerztherapie: 32% der Alten-heimbewohner erhalten eine Dauerschmerztherapie. Auch hier ist der Unterschied bezüglich Anzahl der behandelten Bewohner sehr deutliche und liegt zwischen 9 und 50%. Medikamente der WHO Stufe I bekommen 40%, der WHO Stufe II 22%, der WHO Stufe III 36% sowie Ko-analgetika erhalten 22% der Heimbewohner. Die einzel-nen Wirkstoffe wurden erfasst.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Umfrage lässt erken-nen, dass in den verschiedenen Heimen die Schmerzthe-rapie sehr unterschiedlich gehandhabt wird und dass die Anzahl der wegen Schmerzen behandelten Menschen sehr unterschiedlich ist. Offensichtlich besteht ein erheblicher

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Unterschied in der Fähigkeit, Schmerzen zu erfassen und zu dokumentieren. Es sollten daher allgemein verbindliche Instrumente für das Schmerzassessment in den Heimen angewendet werden.

Literatur 1. Schwermann M. Schmerzassessment für demenziell erkrankte, kommunikationseingeschränkte Menschen – Einführung von Instrumenten und Implementierungsmöglichkeiten. Workshop auf dem Dementia Fair Congress; 22.-23.02.2008; Leipzig. 2. Wetterstein A, Conzelmann M, Heiß HW. Chelckliste Geriat-rie. Stuttgart: Thieme Verlag; 2001. 3. Basler HD. Beurteilung von Schmerzen bei Demenz. Marburg; 2011. Available from: http://www.altenpflege.vincentz.net/fileserver/vincentzverlag/files/21800/21864/BESD-Skala.pdf

Bitte zitieren als: Psaier A. Erhebung zur Schmerztherapie in Südtirols Altenheimen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom195. DOI: 10.3205/11fom195, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1955 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom195.shtml

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Opioidtherapie bei chronischen, nicht tumorbedingten Schmerzen – Eine Analyse des Verschreibungsverhaltens von Allgemeinmedizinern in Südtirol Anna Vögele

Ausbildung für Allgemeinmedizin SAKAM, Bruneck, Italien

Hintergrund: Der chronische Schmerz ist ein häufiges Problem, mit dem sich immer mehr Patienten an ihren Hausarzt wenden. Gemäß dem WHO Stufenschema der Schmerztherapie empfiehlt sich der Einsatz von Opioiden ab der 2.Stufe . Es sind dies jene Analgetika mit der stärksten Wirkung, welche jedoch erhebliche potentiell gefährliche Nebenwirkungen bergen, die es bei Ver-schreibung und Therapie zu berücksichtigen gilt. Diese Arbeit geht nun der Frage nach, wie es die Allgemeinärzte speziell in Südtirol mit der Verschreibung von opioidhalti-gen Medikamenten bei nicht tumorbedingten Schmerzen halten.

Material und Methoden: Die Erhebung wurde mittels Email-Umfrage durchgeführt. 74 südtiroler Allgemeinme-diziner wurden angeschrieben. Die gewonnenen Daten wurden deskriptiv statistisch ausgewertet.

Ergebnisse: Die Rückantwortquote betrug 64,3%. Der Großteil der Befragten sind langjährig erfahrene Allge-meinmediziner (60% sind seit mehr als 20 Jahren in einer allgemeinmedizinischen Praxis tätig), die in der Peripherie tätig sind und viele Patienten (mehr als 1.500) betreuen (77,7%). Niedrigpotente Opioide wurden bei chroni-schen, nicht tumorbedingten Schmerzen häufiger von Hausärzten auf dem Land als von jenen im Stadtgebiet verschrieben, während hochpotente Opioide im Vergleich etwas häufiger von Hausärzten in Stadtgebieten verschrie-ben wurden. Der Großteil der Befragten verschrieb nied-rigpotente Opioide bei chronischem, nicht malignem Schmerz aus eigener Initiative, bei hochpotenten Opioi-den jedoch wurde von etwas mehr als der Hälfte der Befragten angegeben, dass ein Facharzt die Therapie vorgeschlagen hatte. Bezüglich Therapieverordnung und -

management fühlten sich Allgemeinmediziner, die viele Patienten (>1.500) zu betreuen hatten, deutlich sicherer als Kollegen mit weniger Patienten.

Bitte zitieren als: Vögele A. Opioidtherapie bei chronischen, nicht tumorbedingten Schmerzen – Eine Analyse des Verschreibungsverhaltens von Allgemeinmedizinern in Südtirol. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom196. DOI: 10.3205/11fom196, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1961 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom196.shtml

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Patienten mit bösartigen Tumorerkrankungen in der allgemeinmedizinischen Sprechstunde. Ergebnisse der SESAM-4 (Sächsische Epidemiologische Studie in der Allgemeinmedizin) der Sächsischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SGAM) Henna Riemenschneider1, Johannes Dell1, Caterina Döhler1, Karen Voigt1,2, Roger Voigt2, Antje Bergmann3 1Lehrbereich Allgemeinmedizin, Medizinische Klinik und Poliklinik III des Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden an der Technischen Universität Dresden, Dresden, Deutschland 2Sächsische Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SGAM), Dresden, Deutschland 3Lehrbereich Allgemeinmedizin, Medizinische Klinik und Poliklinik III des Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden an der Technischen Universität Dresden; Sächsische Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SGAM), Dresden, Deutschland

Hintergrund: Bedingt durch den demographischen Wan-del aber auch durch die verbesserten Krebstherapien steigt die Zahl von Patienten mit Krebs. Im Jahre 2010 lag die 10-Jahres-Prävalenz bei etwa 2,7% der deutschen Bevölkerung [1]. Die vorliegende Studie fokussiert sich auf die Beratungsanlässe (BA) bei Patienten mit bösartigen Tumoren bei der hausärztlichen Sprechstunde.

Material und Methoden: An der SESAM-4 Studie beteilig-ten sich 73 von 253 eingeladenen Allgemeinärzten (SGAM-Mitglieder) und dokumentierten mittels eines standardisierten Fragebogens an einem vorgegebenen Erfassungstag jeweils den 10. Arzt-Patienten-Kontakt. Die Erhebung wurde im Zeitraum 1.4.2008 bis 31.3.2009 durchgeführt.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 2.529 Sprechstundenkon-takte dokumentiert und ausgewertet. Anhand der bekann-ten Dauerdiagnosen wurden 184 Tumorpatienten identifi-ziert (7,3% der Gesamtpopulation). Bei 5,6% (n=142) wurden nach ICD-10 bösartige Neubildungen (C00-C97) codiert. Patienten mit bösartigen Tumoren waren durch-schnittlich 68,9±4,2 s.d. Jahre alt; 56,4% waren weib-lich, 40,8% männlich (2,8% k.A.). Die am häufigsten vorhandenen Krebsdiagnosen waren bösartige Neubil-dung der Brustdrüse (1,2%) und bösartige Neubildung des Kolons (0,5%). 96,5% der Krebspatienten hatten weitere (durchschnittlich 5,1 ± 3,35) Dauerdiagnosen; am häufigsten kamen essentielle Hypertonie (14,6%) und Typ 2-Diabetes (7,9%) vor. Ähnlich wie bei Patienten ohne Krebsdiagnose, wurden bei einem Krebspatient im Mittel 1,8±0,79 BA, zunehmend mit dem Alter, dokumentiert. Die häufigsten BA waren Betreuung chronischer kardi-ovaskulärer Erkrankungen (10,2%), Medikamentenver-

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ordnung/Injektion (5,5%), Betreuung chronischer Erkran-kungen allgemein (5,1%) und Blutuntersuchung bei chro-nischen Stoffwechselkrankheiten (5,1%). 23,1% der Be-gleit-BA hatten chronischen Charakter, 89,7% der Patien-ten suchte regelmäßig einen Hausarzt auf. 57% der Krebspatienten wurden wiederbestellt, 30% erhielten eine Beratung, 3,5% bekamen eine AU-Bescheinigung, 6,3% eine Einweisung und 22,5% eine Überweisung. 24,6% der Patienten erhielten eine neue Medikamentenverschreibung und 27,5% wurde ein Medikament wieder verschrieben.

Diskussion: Bösartige Neubildungen kamen in SESAM-4 meist bei älteren Patienten, die mehrere chronische Be-gleiterkrankungen vorwiesen, vor. Die Krebspatienten besuchten die allgemeinmedizinische Sprechstunde re-gelmäßig, Überweisungen erfolgten häufig. Bei ca. einem Viertel wurden bekannte oder neue Medikamente verord-net.

Schlussfolgerungen: Der Allgemeinarzt muss in der Be-handlung von Krebspatienten auf die multiplen chroni-schen Begleiterkrankungen achten.

Literatur 1. Verbreitung von Krebserkrankungen in Deutschland. Entwick-lung der Prävalenzen zwischen 1990 und 2010. In: Robert Koch-Institut, Hrsg. Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Berlin: RKI; 2010.

Bitte zitieren als: Riemenschneider H, Dell J, Döhler C, Voigt K, Voigt R, Bergmann A. Patienten mit bösartigen Tumorerkrankungen in der allgemeinmedizinischen Sprechstunde. Ergebnisse der SESAM-4 (Sächsische Epidemiologische Studie in der Allgemeinmedizin) der Sächsischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SGAM). In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom197. DOI: 10.3205/11fom197, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1973 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom197.shtml

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Taxonomie für Medikamentensicherheit in der allgemeinmedizinischen Praxis – Studie zur Reliabilitätstestung eines für die Allgemeinpraxis und Apotheke adaptierten Klassifikationssystems Miriam Lainer, Stephanie Tache, Andreas Sönnichsen

PMU, Salzburg, Österreich

Hintergrund: Klassifikationssystem für Medikamentenfehler im Spitalsbereich werden schon in mehreren Ländern wie USA, Dänemark u.a. angewandt, um Medikamentenfehler zu analysieren und zu reduzieren. Die Taxonomie des National Coordination Council on Medication Errors Reporting and Prevention (NCC MERP)/USA und die International Classification of Patient Safety (ICPS)/WHO wurden zu diesem Zweck entwickelt.

Noch wurde kein derartiges Klassifikationssystem in der Allgemeinmedizin entwickelt. Wir haben für die Primärver-sorgung relevante Bereiche der zwei genannten Taxono-mien entnommen und hieraus ein neues, primary-care-orientiertes Klassifikationssystem zusammengestellt. In der vorliegenden Studie soll die Brauchbarkeit, Anwendbarkeit und Reliabilität in der Allgemeinpraxis und Apotheke getestet werden.

Material und Methoden: 10 klinische Fallbeispiele werden aus den österreichischen und deutschen Fehlermeldesys-temen online extrahiert. Diese werden anschließend adap-tiert um ein breites Spektrum von Test-Szenarien für die Beurteilung des Klassifikationssystems zu erreichen. Drei Tabellen, die „severity scale“ aus der Taxonomie des National Coordination Council on Medication Errors Reporting and Prevention (NCC MERP)/USA und das „incident type use process“ und „incident problem type“ aus der International Classification of Patient Safety (ICPS)/WHO stehen zur Klassifizierung zur Verfügung. Nach einer Pilotphase in Papierform starten wir eine On-lineumfrage auf http://www.onlineumfragen.com/ mit Pharmazeuten und Ärzten.

Ergebnisse: In einer Pilotstudie mit 2 Pharmazeuten und 8 Ärzten zeigt sich ein hoher Grad an Übereinstimmung, allerdings auch unterschiedliche Bewertungen, wobei die Sprachbarriere (Taxonomie ist auf Englisch) eine entschei-dende Rolle spielen könnte.

Schlussfolgerung/Implikation: Weitere Adaptierungen und Klarstellungen sind erforderlich, um zufriedenstellende Ergebnisse und ein brauchbares Klassifikationssystem in der Allgemeinmedizin zu entwickeln.

Bitte zitieren als: Lainer M, Tache S, Sönnichsen A. Taxonomie für Medikamentensicherheit in der allgemeinmedizinischen Praxis – Studie zur Reliabilitätstestung eines für die Allgemeinpraxis und Apotheke adaptierten Klassifikationssystems. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom198. DOI: 10.3205/11fom198, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1986 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom198.shtml

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The clinician's secret. Multivariate modeling to identify patterns in clinical data. The example of chest pain Oliver Hirsch1, Stefan Bösner1, Eyke Hüllermeier2, Robin Senge2, Krzysztof Dembczynski2, Norbert Donner-Banzhoff1 1Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medizin, Marburg, Germany 2Department of Mathematics and Computer Science, Marburg, Germany

Background: In chest pain, physicians are confronted with numerous interrelationships between symptoms and with evidence for or against classifying a patient into different diagnostic categories.

Material/Methods: We intended to use multivariate statis-tical methods to identify diagnostic subgroups in patients with chest pain on the basis of a large, comprehensive data set with information on history, risk factors, and physical examination. We conducted a cross-sectional diagnostic study in 74 primary care practices with 1199 patients to establish the validity of symptoms and findings for the diagnosis of coronary heart disease. General practitioners took a standardized history and performed a physical examination. They also recorded their preliminary diagnoses, investigations and management related to the patient’s chest pain. We used multiple correspondence analysis (MCA) to examine associations on variable level, and multidimensional scaling (MDS), k-means and fuzzy cluster analyses to search for subgroups on patient level.

149

We further used heatmaps to graphically illustrate the results.

Results: A multiple correspondence analysis supported our data collection strategy on variable level. Six factors emerged from this analysis: „chest wall syndrome“, „vital threat“, „stomach and bowel pain“, „angina pectoris“, „chest infection syndrome“, and „harmless chest pain“. MDS, k-means and fuzzy cluster analysis on patient level were not able to find distinct groups. The resulting cluster solutions were not interpretable and had insufficient statis-tical quality criteria.

Conclusions: Chest pain is a heterogeneous clinical cate-gory with no coherent associations between signs and symptoms on patient level so that no natural groupings are possible. This has to be differentiated from the classi-fication of patients into diagnostic categories with the help of clinical prediction rules which was shown to be effective in chest pain.

References 1. Eslick GD. Usefulness of chest pain character and location as diagnostic indicators of an acute coronary syndrome. Am J Cardiol. 2005;95(10):1228-31. 2. Sourial N, Wolfson C, Zhu B, Quail J, Fletcher J, Karunanan-than S, et al. Correspondence analysis is a useful tool to uncover the relationships among categorical variables. J Clin Epidemiol. 2010;63(6):638-46. 3. Bösner S, Haasenritter J, Becker A, Karatolios K, Vaucher P, Gencer B, et al. Ruling out coronary artery disease in primary care: development and validation of a simple prediction rule. CMAJ. 2010;182(12):1295-300.

Please cite as: Hirsch O, Bösner S, Hüllermeier E, Senge R, Dembczynski K, Donner-Banzhoff N. The clinician's secret. Multivariate modeling to identify patterns in clinical data. The example of chest pain. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom199. DOI: 10.3205/11fom199, URN: urn:nbn:de:0183-11fom1992 Freely available from: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom199.shtml

11 Freie Themen, Klinische Forschung, Leitlinien

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Publikation von Originalarbeiten der Institute und Lehrbereiche für Allgemeinmedizin in Deutschland von 2001–2010 – eine systematische Übersicht Nadine Großmann, Klaus Linde, Antonius Schneider

Institut für Allgemeinmedizin, TU München, München, Deutsch-land

Hintergrund: Im vergangenen Jahrzehnt hat die akademi-sche Institutionalisierung der Allgemeinmedizin in Deutschland große Fortschritte gemacht. Dementspre-chend haben die Forschungsaktivitäten erheblich zuge-nommen. Der Publikations-Output an Originalarbeiten ist ein wesentlicher Indikator der Forschungsproduktivität. Bisher wurden bibliometrische Analysen zur allgemeinen Publikationstätigkeit von deutschen Allgemeinmedizininsti-tuten und -Lehrbereichen (z.B. [1]) oder zur Frage, ob

DEGAM-Abstracts später zu Vollveröffentlichungen führen [2], vorgelegt. In der vorliegenden systematischen Über-sicht werden Zahl und Art der Publikationen von Original-arbeiten und systematischen Übersichtsarbeiten aus Insti-tuten und Lehrbereichen für Allgemeinmedizin in Deutsch-land von 2001-2010 analysiert.

Material und Methoden: Potenziell relevante Publikatio-nen wurden über Suchen in Scopus und über die Publika-tionslisten von Instituten und Lehrbereichen identifiziert und in einer Endnote-Datenbank registriert. Um in die Analyse aufgenommen zu werden, muss ein Artikel fol-gende Kriterien erfüllen: a) Bericht einer Originalarbeit (incl. systematischer Reviews und Studienprotokolle von Originalarbeiten); b) mindestens einer der Autoren ist mit einer allgemeinmedizinischen Abteilung oder einem all-gemeinmedizinischen Lehrbereich einer deutschen Univer-sität assoziiert. Strukturelle Merkmale, Designmerkmale und thematische Merkmale der eingeschlossenen Arbeiten werden standardisiert erfasst. Die Klassifikation von De-signs und Inhalten orientiert sich an verfügbaren Vorarbei-ten [2], [3].

Ergebnisse: Selektion, Extraktion und Auswertung aller identifizierten Studien werden bis zum Kongress abge-schlossen sein und die entsprechenden Ergebnisse vorge-stellt werden. Bis April 2001 wurden über die Literatursu-che für den Auswahlzeitraum insgesamt 1.518 potenziell relevante Publikationen identifiziert. Davon wurden bisher 1.225 auf die Erfüllung der Einschlusskriterien geprüft, 500 Publikationen wurden ein-, 725 ausgeschlossen. Von den 500 Veröffentlichungen beschrieben 427 (85%) Originalarbeiten, 50 (10%) systematische Übersichtsarbei-ten und 23 (5%) Publikationen von Studienprotokollen. Bei mehr als der Hälfte aller Originalarbeiten handelt es sich um Querschnittsstudien. Die Zahl der Publikationen nimmt jährlich deutlich zu.

Schlussfolgerung/Implikation: Das Projekt wird eine Über-sicht über die Produktivität bzgl. Forschungspublikationen der deutschen akademischen Allgemeinmedizin und deren Entwicklung in den letzten 10 Jahren erbringen.

Literatur 1. Borgers D. Die Veröffentlichungen der deutschen wissen-schaftlichen Allgemeinmedizin 2009. Z Allg Med. 2010;86:187-90. 2. Stöcker J, Fischer T, Hummers-Pradier E. Besser als gedacht – DEGAM Kongress-Abstracts und veröffentlichte Artikel. Z Allg Med. 2009;85:123-9. 3. Kruschinski C, Lange M, Lionis C, van Weel C, Hummers-Pradier E; EGPRN. Themes and methods of research presented at European General Practice Research Network conferences. Fam Pract. 2010;27:459-67.

Bitte zitieren als: Großmann N, Linde K, Schneider A. Publikation von Originalarbeiten der Institute und Lehrbereiche für Allgemeinmedizin in Deutschland von 2001–2010 – eine systematische Übersicht. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom201. DOI: 10.3205/11fom201, URN: urn:nbn:de:0183-11fom2016 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom201.shtml

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Steigerung der körperlichen Aktivität als langfristige Maßnahme zur Behandlung der essenziellen Hypertonie: ein systematischer Review Thomas Semlitsch1, Klaus Jeitler2, Klaus Jeitler1, Eva Matyas1, Karl Horvath1, Lars G. Hemkens3, Christoph Schürmann3, Kirsten H. Herrmann3, Ursula Püringer1, Andrea Siebenhofer4, Andrea Siebenhofer1 1EBM Review Center, Universitätsklinik für Innere Medizin, Medi-zinische Universität Graz, Graz, Österreich 2Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Dokumentation, Medizinische Universität Graz, Graz, Österreich 3Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Köln, Deutschland 4Institut für Allgemeinmedizin, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurt/Main, Deutschland

Hintergrund: Für die Behandlung der Hypertonie stehen im Wesentlichen Antihypertensiva sowie verschiedene nichtmedikamentöse Therapien zur Verfügung. Eine ge-steigerte körperliche Aktivität wird im Rahmen dieser nichtmedikamentösen Maßnahmen von internationalen Fachgesellschaften empfohlen [1], [2], [3].

Material und Methoden: Im Rahmen eines IQWiG-Rapid Reports [4] wurde der Nutzen von gesteigerter körperli-cher Aktivität im Vergleich zu keiner Intervention über einen Zeitraum ≥24 Wochen bewertet. Es war vorgese-hen den Bericht auf Basis von Ergebnissen systematischer Reviews (SR), die auf Daten aus randomisierten kontrol-lierten Studien (RCTs) beruhen und die Qualitätskriterien von Oxman & Guyatt [5] erfüllen, zu erstellen. Dazu er-folgten eine systematische Literaturrecherche nach Sekun-därliteratur sowie eine Ergänzungsrecherche nach Primär-literatur. Die Datenbanken MEDLINE und EMBASE sowie die Cochrane-Datenbanken wurden zuletzt im September 2009 durchsucht. Prädefinierte Endpunkte waren: Ge-samtmortalität, kardiovaskuläre Mortalität und Morbidität, terminale Niereninsuffizienz, Lebensqualität, Reduktion antihypertensiver Medikation, unerwünschte Ereignisse, Ausmaß der Blutdruckänderung.

Ergebnisse: Es wurden 3 relevante hochwertige SR identifi-ziert die insgesamt 83 RCTs zu gesteigerter körperlicher Aktivität einschlossen. Darunter fanden sich jedoch nur 4 relevante RCTs mit hypertensiven Personen und einer Studiendauer ≥24 Wochen, weswegen die Bewertung letztlich direkt auf Basis der Primärstudien erfolgte. Über die Ergänzungsrecherche und eine Handsuche in weiterer Sekundärliteratur wurden 4 zusätzliche RCTs identifiziert.

4 der 8 eingeschlossenen RCTs untersuchten den Effekt eines vorgegebenen Ausdauertrainings und die übrigen 4 den Effekt einer Beratung zu gesteigerter körperlicher Aktivität auf den Blutdruck bei hypertensiven Personen. Es handelte sich in der Mehrzahl um kleine Studien mit ma-ximal 20 Personen pro Gruppe und einem hohen Verzer-rungspotenzial. Nur 2 RCTs wiesen leichte oder keine Mängel in der Studienqualität auf.

Mit Ausnahme der Änderung des Blutdrucks lieferten die RCTs zu den prädefinierten Endpunkten keine oder nur unzureichende Daten. Bezogen auf die Interventionsgrup-pe lag der beobachtete mittlere Gruppenunterschied einer systolischen Blutdruckänderung zwischen –15 und +1 mmHg. Die Punktschätzer für eine mittlere diastolische

Blutdruckänderung variierten zwischen –10 und 0 mmHg. Gemeinsame Effektschätzer wurden nicht berechnet, da sowohl inhaltlich als auch statistisch eine hohe Heteroge-nität vorlag.

Schlussfolgerung/Implikation: Aus den vorliegenden Daten ergibt sich ein Anhaltspunkt für einen systolisch blutdrucksenkenden Effekt über einen Zeitraum von min-destens 24 Wochen durch gesteigerte körperliche Aktivi-tät. Im Hinblick auf patientenrelevante Endpunkte ist bei der bestehenden Datenlage jedoch weder ein Nutzen noch ein Schaden dieser Intervention bei Personen mit Hypertonie belegt. Angesichts der breiten Empfehlung dieser Maßnahme erscheint daher die Durchführung entsprechender Studien geboten.

Literatur

1. Chobanian AV, Bakris GL, Black HR, Cushman WC, Green LA, Izzo JL Jr et al. Seventh report of the Joint National Commit-tee on Prevention, Detection, Evaluation, and Treatment of High Blood Pressure. Hypertension. 2003;42(6):1206-52. 2. European Society of Hypertension; European Society of Car-diology. Guidelines for the management of arterial hypertension: the Task Force for the Management of Arterial Hypertension of the European Society of Hypertension (ESH) and of the European Society of Cardiology (ESC). J Hypertens. 2007;25(6):1105-87. 3. Deutsche Hochdruckliga; Deutsche Hypertonie Gesellschaft. Leitlinien zur Behandlung der arteriellen Hypertonie [online]. 01.06.2008. [Zugriff: 09.05.2011]. Available from: http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/046-001_S2_Behandlung_der_arteriellen_Hypertonie_06-2008_06-2013.pdf 4. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswe-sen. Nutzenbewertung nichtmedikamentöser Behandlungsstrate-gien bei Patienten mit essenzieller Hypertonie: Steigerung der körperlichen Aktivität; Rapid Report; Auftrag A05-21D [online]. 23.08.2010 [Zugriff: 09.05.2011]. (IQWiG-Berichte; Band 75). Available from: https://www.iqwig.de/download/A05-21D_Rapid-Re-port_Nichtmedikamentoese_Behandlungsstrategien_bei_Hypertonie_Steigerung_der_koerperlichen_Aktivitaet.pdf 5. Oxman AD, Guyatt GH. Validation of an index of the quality of review articles. J Clin Epidemiol. 1991;44(11):1271-78.

Bitte zitieren als: Semlitsch T, Jeitler K, Jeitler K, Matyas E, Horvath K, Hemkens LG, Schürmann C, Herrmann KH, Püringer U, Siebenhofer A, Siebenhofer A. Steigerung der körperlichen Aktivität als langfristige Maßnahme zur Behandlung der essenziellen Hypertonie: ein systematischer Review. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom202. DOI: 10.3205/11fom202, URN: urn:nbn:de:0183-11fom2020 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom202.shtml

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ALFIT (Altersbezogenes Fitness-Training) – Entwicklung und Testung eines Trainingsprogramms für alte Menschen mit pflegerischem Unterstützungsbedarf B. Iglseder1, J. Osterbrink2, J. Reiss1, M. M. Schreier2, Ch. Tonner1 1Universitätsklinik für Geriatrie Christian-Doppler-Klinik, Gemein-nützige Salzburger Landeskliniken Betriebsgesellschaft mbH, Salzburg, Österreich 2Institut für Pflegewissenschaft; Paracelsus Medizinische Privatuni-versität Salzburg, Salzburg, Österreich

Eine Abnahme von Muskelkraft, Balancefähigkeit und Ausdauer im Alter schränkt Funktionalität ein, pflegeri-scher Unterstützungs- und Hilfebedarf sind häufig die Folge. Im engen Zusammenhang mit eingeschränkter Funktionalität und Mobilität steht auch Mangelernährung, die unter anderem Schwäche, Sturzgefahr sowie Zunahme von Morbidität und Mortalität nach sich zieht. Mobilitäts- bzw. Funktionalitätseinschränkungen im Alter müssen allerdings nicht hingenommen werden, denn einer Ab-nahme der Muskelkraft und Ausdauer kann selbst im hohen Alter noch entgegengewirkt werden.

In der ALFIT-Studie ging man der Frage nach, ob motori-sche und sensorische Funktionsbeeinträchtigungen alter Menschen durch gezieltes Training von Kraft, Koordinati-on und Ausdauerleistung günstig beeinflusst und damit auch der Ernährungszustand verbessert sowie der pflegeri-sche Unterstützungsbedarf reduziert werden können.

Bei der ALFIT-Studie, eine Pilotstudie mit Interventions- und Vergleichsgruppe, wurde die Wirksamkeit eines 8-wöchigen, physiotherapeutisch betreuten Trainingspro-gramms an Trainingsgeräten untersucht. Zur Untersu-chung von sensomotorischen und muskulären Verände-rungen, Ernährungszustand, Alltagskompetenzen, Wohl-befinden und trainingsbezogenen motivationalen Aspek-ten wurden neben quantitative auch qualitative For-schungsmethoden angewendet (Mixed Methods Rese-arch).

Die positiven Auswirkungen von physiotherapeutisch betreutem Muskeltraining bei alten Menschen konnten nachgewiesen werden. Die Ergebnisse der ALFIT-Studie sprechen deutlich dafür, mit altersgerechtem Fitnesstrai-ning präventiv gegen eine Abnahme von Muskelkraft, Balancefähigkeit und Ausdauer im Alter vorzugehen und damit der Gefahr von Mangelernährung und Pflegebe-dürftigkeit entgegen zu wirken.

Die Studie wurde gemeinsam von der Universitätsklinik für Geriatrie und dem Institut für Pflegewissenschaft an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität unter sportme-dizinischer Beratung des Universitätsinstituts für präventive und rehabilitative Sportmedizin an der Paracelsus Medizi-nischen Privatuniversität durchgeführt.

Bitte zitieren als: Iglseder B, Osterbrink J, Reiss J, Schreier MM, Tonner C. ALFIT (Altersbezogenes Fitness-Training) – Entwicklung und Testung eines Trainingsprogramms für alte Menschen mit pflegerischem Unterstützungsbedarf. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom203. DOI: 10.3205/11fom203, URN: urn:nbn:de:0183-11fom2037 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom203.shtml

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Ambroxol bei Halsschmerzen: Eine Metaanalyse Jean-François Chenot1, Peter Weber2, Thanh Duc Hua1, Tim Friede3 1Abteilung Allgemeinmedizin, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland 2Bundeswehrkrankenhaus, Koblenz, Deutschland 3Abteilung Medizinische Statistik, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland

Hintergrund: Schmerzlinderung ist das wichtigste Motiv von Patienten, die sich mit Halsschmerzen in der Haus-arztpraxis vorstellen. Es konnte gezeigt werden, dass auch Patienten, die eine Antibiotikaverordnung wünschen, eigentlich nur Schmerzlinderung möchten. Eine effektive Schmerztherapie ist aber wichtig, weil damit unnötige Antibiotikaverordnung vermieden werden können. Ambroxol, ein Natriumkanalblocker mit lokalanästheti-schen Eigenschaften, wird weltweit zur Schmerzlinderung bei Halsschmerzen als Lutschtablette vermarktet. Ziel dieser systematischen Übersichtsarbeit und Metanalyse ist es, die Effektivität von Ambroxol Lutschtabletten zur Schmerzlinderung bei Halsschmerzen zu evaluieren.

Material und Methoden: Es wurde eine systematische Literatursuche in Medline, Embase und der Cochrane Library ohne Restriktion bezüglich der Sprache durchge-führt. Die Abstracts wurden gescreent und kontrollierte klinische Studien zu Ambroxol bei Halsschmerzen einge-schlossen. Von 8 potentiell relevanten Artikeln wurden 5 ausgeschlossen, die die Einschlusskriterien nicht erfüllten. Die Metaanalyse wurde mit dem Review-Manager der Cochrane Collaboration durchgeführt.

Ergebnisse: Es wurden 5 randomisierte kontrollierte Stu-dien eingeschlossen. Die Studien wurden zum Teil doppelt publiziert. Ambroxol wurde in verschieden Dosen (5-30 mg) mit Placebos und einmal mit Benzocain verglichen. Studienendpunkt war ein Quotient der Schmerzlinderung mehrfach gemessen über 3h im Vergleich zum Ausgangs-wert auf einer 6-stufigen visuellen Analogskala. An den kontrollierten Studien nahmen insgesamt 1.772 erwach-sene Patienten teil. Die Schmerzintensität nahm in allen Studienarmen ab. Eine Metaanalyse der 5 kontrollierten Studien ergab eine relative Differenz der Schmerzredukti-on im Vergleich zu Placebo von –0.11 (95% Konfidenzin-tervall [–0.15, -0.07]; p<0.0001) zugunsten von Ambroxol 20 mg. Die Studien wurden nicht entsprechend des CONSORT-Statements berichtet, auch wenn formal die meisten Qualitätskriterien erfüllt waren.

Schlussfolgerung/Implikation: Ambroxol 20 mg führt zu einer statistisch signifikanten besseren Schmerzlinderung im Vergleich zu Placebo über 3h von ca. 10%. In den Placebogruppen wurde ebenfalls eine gute Abnahme der Schmerzintensität beobachtet und die beobachtete Effekt-differenz erscheint in Relation zur beobachteten Varianz gering. Das Lutschen von Tabletten allein, scheint schon einen schmerzlindernden Effekt zu haben. Unter Ambroxol wurden mehr Nebenwirkungen beobachtet, die aber nicht schwerwiegend waren. Bei ausgeprägtem Therapiewunsch können Ambroxol Lutschtabletten empfohlen werden, jedoch ist der zusätzliche Effekt im Vergleich zu Lutschtab-letten ohne Wirkstoff zu gering, um die generelle Anwen-dung zu empfehlen.

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Bitte zitieren als: Chenot JF, Weber P, Hua TD, Friede T. Ambroxol bei Halsschmerzen: Eine Metaanalyse. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom204. DOI: 10.3205/11fom204, URN: urn:nbn:de:0183-11fom2040 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom204.shtml

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Sofortige versus bedarfsangepasste Antibiotikatherapie beim unkomplizierten Harnwegsinfekt – der Prüfplan einer vergleichenden Effektivitätsstudie in hausärztlichen Praxen Ildiko Gagyor1, Eva Hummers-Pradier2, Michael Kochen1, Karl Wegscheider3, Jutta Bleidorn4 1Abteilung Allgemeinmedizin Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland 2Institut für BiomeInstitut für Allgemeinmedizin Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland 3Institut für Biometrie und medizinische Statistik, UKE Hamburg, Hamburg, Deutschland 4Institut für Allgemeinmedizin Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland

Hintergrund: Der akute Harnwegsinfekt (HWI) wird in der Regel durch Verordnung von Antibiotika effektiv behan-delt. Aufgrund der Zunahme der resistenten uropathoge-nen Keime und der günstigen Prognose des akut-unkomplizierten HWIs haben die Autoren 2007/2008 eine Arzneimittelstudie als Pilotstudie zur Prüfung der Nichtunterlegenheit von Ibuprofen vs. Ciprofloxacin durchgeführt, deren Ergebnisse auf eine Nichtunterlegen-heit der symptomatischen Therapie im Hinblick auf den Symptomverlauf hindeuten. Auf dieser Basis soll nun in einer Folgestudie (ICUTI – Immediate vs. conditional use of antibiotics in uncomplicated urinary tract infection) geprüft werden, ob in der Therapie des unkomplizierten Harnwegsinfektes ein abgestuftes Vorgehen mit zunächst symptomatischer Therapie – und antibiotischer Therapie nur wenn bei Beschwerdepersistenz erforderlich – eine Verminderung der Antibiotikaeinnahme ohne negativen Einfluss auf den Symptomverlauf bewirken kann.

Material und Methoden: ICUTI – eine Hersteller-unabhängige, BMBF-geförderte multizentrische Arzneimit-telstudie – ist als Vergleich zweier Therapiestrategien (comparative effectiveness study) angelegt. 500 Patientin-nen mit typischen HWI-Symptomen (Dysurie, Pollakisurie und Unterbauschmerzen) werden in 50 hausärztlichen Praxen in die Studie eingeschlossen. Das primäre Zielkri-terium ist: 1) Anzahl antibiotischer Verschreibungen im Zeitraum Tag 0–28, kombiniert mit 2) Symptomlast im Zeitraum Tag 0–7 (Summe der Symptom-Scores). Sekun-däre Zielkriterien (bezogen auf die Sicherheit) sind: Anzahl der Komplikationen (Pyelonephritis/Urosepsis) und der unerwünschten Ereignisse. Sekundäre Zielkriterien (bezo-gen auf die Wirksamkeit) sind: Antibiokaverbrauch (DDD, defined daily dose), Anzahl von Rezidiven, Anzahl symp-tomfreier Patientinnen, Symptomlast (AUC) und Lebens-qualität. Die eingeschlossenen Patientinnen erhalten verblindet entweder einmalig 1 Placebo-Granulat und 3x1 Ibuprofen (400 mg) über 3 Tage und bei Wiedervorstel-lung mit anhaltenden Beschwerden eine antibiotische Therapie nach Antibiogramm oder einmalig Fosfomycin-

Trometamol-Granulat (Monuril, 3g) und 3x1 Placebo Kapseln über 3 Tage.

Ergebnisse: Gemäß der Studienhypothese erwarten wir eine Überlegenheit in der Anzahl der AB-Verschreibungen in der Fosfomycin-Gruppe und eine Nichtunterlegenheit bei der Symptomlast zwischen Tag 0–7) und in der Inter-ventionsgruppe.

Schlussfolgerung/Implikation: Die geplante Studie unter-sucht im hausärztlichen Bereich den Verzicht auf eine routinemäßige Antibiotikaverordnung als neues Behand-lungskonzept für Patientinnen mit unkompliziertem Harn-wegsinfekt. Die Ergebnisse können als die Evidenz für weitere Therapieempfehlungen Behandlung dienen

Bitte zitieren als: Gagyor I, Hummers-Pradier E, Kochen M, Wegscheider K, Bleidorn J. Sofortige versus bedarfsangepasste Antibiotikatherapie beim unkomplizierten Harnwegsinfekt – der Prüfplan einer vergleichenden Effektivitätsstudie in hausärztlichen Praxen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom205. DOI: 10.3205/11fom205, URN: urn:nbn:de:0183-11fom2054 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom205.shtml

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Übersehene Laktoseintoleranz und Effekt einer laktosefreien Diät: eine Untersuchung in Hausarztpraxen Ruth Magiera, Cornelia Schürer, Heinz-Harald Abholz, Michael Pentzek

Abteilung für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland

Hintergrund: Die Prävalenz des Laktase-Mangel beträgt in Deutschland etwa 15%. Die Diagnose wird oft spät oder gar nicht gestellt. Ein sensibles Instrument zum Nachweis einer Laktoseintoleranz (LI) ist der Gentest auf die Mutati-on -13910CC im Laktose-Gen.

Fragestellung:

1. Wie häufig ist in Hausarztpraxen die Laktoseintole-ranz bei Patienten mit ungeklärten Abdominalbe-schwerden?

2. Bessern sich die Beschwerden bei Patienten mit ei-nem positiven LI-Gentest (LI+) durch eine laktose-freie Diät?

3. Welchen Effekte hat diese Diät bei Patienten mit ei-nem negativen (LI-) Gentest?

Material und Methoden: In 24 Hausarztpraxen wurde vom Praxisinhaber anhand einer Symptomliste nach Patienten mit seit mindestens 4 Wochen bestehenden unklaren Abdominalbeschwerden aber ohne Diagnose LI gesucht. Alle Gefundenen erhielten einen LI-Gentest und anschlie-ßend für 8 Wochen eine laktosefreie Diät (auch die LI-Gentest negativen). Die Beschwerden wurden mittels eines standardisierten Fragebogens (Gastrointestinal Quality of Life Index, GIQLI, max. Punktzahl bei Gesundheit 144) bei Erstkontakt (GIQLI O), nach 4 (GIQLI 4Wo) und 8 (GiQLI 8Wo) Wochen erfasst. Die Veränderungen der Scores wurden in jeder Gruppe zwischen den Messzeit-punkten sowie zwischen beiden Gruppen verglichen. Es wurde eine intention to treat Auswertung vorgenommen.

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Ergebnisse: Patienten: Es wurden 225 Patienten gefunden, 224 nahmen an der Studie teil, 211 waren auswertbar: 62 (29%) LI-Gentest positiv (LI+), 149 (71%) LI-Gentest negativ (LI-) (siehe Tabelle 1).

Im Laufe der Diät verbesserte sich der GIQLI in der Ge-samtstichprobe signifikant (p=0,001). Diese Verbesserung war unabhängig von der LI-Gruppe; es gab keine signifi-kanten Unterschiede zwischen der GIQLI-Verbesserung in der LI-positiven Gruppe und der in der LI-negativen Gruppe (p=0,856).

Schlussfolgerung/Implikation: Bei knapp 30 Prozent der Patienten mit unklaren Abdominalbeschwerden lag ein positiver LI-Gentest vor. Eine laktosefreie Diät besserte die Beschwerden bei LI+ Patienten erwartungsgemäß. Über-raschend ist aber der gleiche Effekt bei LI- Patienten.

Nimmt man an, dass bei den Patienten mit unklaren abdominellen Symptomen, die keine LI haben, viele Be-schwerden psychosomatisch bedingt sind, so könnte eine Zuwendung zum Patienten, z.B. eine Diät, zu einer Besse-rung der Symptome führen. Diese unspezifische Wirkung könnte sich bei den LI+-Patienten zu der spezifischen addieren. Da wir aber einen solchen additiven Effekt nicht beobachteten, schlussfolgern wir, dass in der LI+-Gruppe der unspezifische Effekt nicht „benötigt“ wurde, da 1) der spezifische wirksam werden konnte und 2) kein weiteres "psychosomatisch bedingtes" Zuwendungsbedürfnis vor-lag. Sollten diese Ergebnisse in weiteren Studien bestätigt werden, wäre zu überlegen, ob bei allen Patienten mit unklaren abdominellen Beschwerden die probatorische Verordnung einer Diät einen lohnenden Therapieversuch darstellt.

Tabelle 1: Veränderung der Beschwerden (Scores) und prozentu-ale Einhaltung der Diät pro Gruppe

Bitte zitieren als: Magiera R, Schürer C, Abholz HH, Pentzek M. Übersehene Laktoseintoleranz und Effekt einer laktosefreien Diät: eine Untersuchung in Hausarztpraxen. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom206. DOI: 10.3205/11fom206, URN: urn:nbn:de:0183-11fom2064 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom206.shtml

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Onlinekurs DEGAM-Leitlinien Allgemeinmedizin – Universitätsübergreifende Lehre: Lösbare Barrieren, Entlastung der Lehrenden und Akzeptanz der Studierenden Uta-Maria Waldmann1, Jörg Schelling2 1Institut für Allgemeinmedizin, Uni Ulm, Ulm, Deutschland 2Lehrbereich Allgemeinmedizin, LMU München, München, Deutschland

Hintergrund: Der „Online-Kurs Leitlinien Allgemeinmedi-zin“ (dessen Inhalt auf den DEGAM-Leitlinien basiert) wird nach der LMU München seit Sommersemester 2008 auch an der Uni Ulm als Wahlpflichtfach angeboten. Die Kurse nutzen Lehrfälle gemeinsam und schreiben die gleiche

Online-Klausur (Key Feature), unterscheiden sich jedoch im Kursaufbau, der Kursbegleitung und den genutzten Lernsystemen.

Fragestellung: Welche Barrieren gibt es bei uniübergrei-fender Lehre und welchen Nutzen für Lehrende und Stu-dierende?

Material und Methoden: Kursablauf: In Ulm Präsenzver-anstaltung zur Einführung, Klärung technischer Fragen (Login, Soon-Trainer, CASUS) und strukturierte Bearbei-tung des ersten Falles, Vorstellung weiterer Pflichtmodule. In München rein online (CASUS-System ist den Studieren-den aus der Inneren Medizin bekannt). An beiden Stand-orten anschließend Erarbeitung der weiteren Fälle zeitlich unabhängig bis zum Ende des Semesters, außerdem Foren zu technischen und inhaltlichen Fragen. Der Kurs schließt mit einer zeitgleich stattfindenden Klausur mit leitlinienbasierten Kurzfällen „aus der Praxis“ ab. Feed-back von Studierenden und Lehrenden: Strukturiert durch Online-Fragebogen sowie durch Einzelgesprä-che/Mailkontakt.

Ergebnisse: Der Kurs wurde von den Studierenden als relevant und praxisnah in hohem Maße akzeptiert. Forma-le Kriterien wie Anforderungsniveau und Bearbeitungsum-fang wurden positiv bewertet. Die Studierenden sind mit der grundsätzlichen Konzeption des Kurses zufrieden. Insgesamt hat der Kurs den Studierenden Spaß gemacht und sie würden ihn ihren Kommilitonen weiterempfehlen. Der Wechsel zwischen den Lernsystemen ist für Studieren-de problemlos möglich – für Dozenten mit etwas Aufwand verbunden (erneute Falleingabe, da nicht direkt impor-tierbar). Durch Nutzung der gemeinsamen Inhalte und der (fertigen) Klausur gibt es langfristig eine Zeitersparnis.

Schlussfolgerung/Implikation: Die Barrieren bei universi-tätsübergreifender Lehre in der Allgemeinmedizin sind geringer als man vermutet, selbst wenn verschiedene Lernsysteme genutzt werden. Die Qualität der Fälle und der Klausur profitiert durch einen konstruktiven Peer-Review. Insgesamt können die Lehrenden ihre individuel-len Lehr- und Konzeptpräferenzen beibehalten, eine Zu-sammenarbeit mit einem anderen Curriculum ergibt keine negativen Auswirkungen auf Studierenden – der Kurs wird an beiden Standorten positiv aufgenommen. Die Freiheit und Souveränität der Lehre bleibt erhalten.

Bitte zitieren als: Waldmann UM, Schelling J. Onlinekurs DEGAM-Leitlinien Allgemeinmedizin – Universitätsübergreifende Lehre: Lösbare Barrieren, Entlastung der Lehrenden und Akzeptanz der Studierenden. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom207. DOI: 10.3205/11fom207, URN: urn:nbn:de:0183-11fom2078 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom207.shtml

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Nachgereicht

Keynotes

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What can we as Primary Care Physicians do to improve patient safety in relation to medication error – insights from the Linneaus Project Aneez Esmail

Linneaus Project, University of Manchester, United Kingdom

The Linneaus project is an international collaboration set up in 2009 with a grant from the EU Framework 7 pro-gramme to develop a network of practitioners and re-searchers to improve patient safety in primary care.

Our understanding of issues related to patient safety in primary care suggests that the challenges for improving patient safety in this setting are significant. Most medica-tions continue to be prescribed, dispensed and adminis-tered in primary care, yet we have little information on the adverse effects of drugs in this setting.

This presentation will consider the epidemiology of ad-verse drug reactions in primary care and consider inter-ventions that have been identified from the latest research evidence that may help in improving safety.

Please cite as: Esmail A. What can we as Primary Care Physicians do to improve patient safety in relation to medication error – insights from the Linneaus Project. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. . Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom208. DOI: 10.3205/11fom208, URN: urn:nbn:de:0183-11fom2082 Freely available from: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom208.shtml

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Customizing Drug Therapy for the Elderly – Combining Ethics, Evidence Based Medicine, and the Art of Medicine (Introducing the Garfinkel method Good Palliative Geriatric Practice – GPGP) Doron Garfinkel

Geriatric-Palliative Department, The Shoham Geriatric Medical Center, Pardes Hana, Israel

Background: Improved medical technology has resulted in a huge increase in lifespan in general, and in patients with chronic, life-shortening diseases in particular. Most experience time-related increases in the number of incur-able co-morbidities, disability, and suffering for increas-ingly prolonged periods before death. This situation makes models of “one disease – one therapy/guideline” an unrealistic approach to good care. However, older patients and those with co-morbidity are usually excluded from evidence-generating controlled studies (EBM). There-fore, most indications for medication use and Clinical Practice Guidelines (CPGs) are based on EBM stemming from a single disease model studies, performed in young

or middle age adults without significant co-morbidity who have a life expectancy of several decades. Family physi-cians usually extrapolate from these CPGs to include elders in whom research evidence underpinning guide-lines does not exist. However, for most drugs, applying the results and/or CPGs developed from these studies to elderly patients is inappropriate because this subpopula-tion is much more vulnerable to drug adverse effects; there is a higher risk to benefit ratios with increased age, co-morbidity, disability and cognitive decline. Further-more, the extent and severity of polypharmacy and inap-propriate medicine use also increases with age, co-morbidity and disability thus creating a vicious circle leading to significant health risks for an increasing num-ber of elderly people. Nevertheless, a scheduled, formal drug reevaluation may never be performed, neither in hospitals or long-term care setting nor in the community.

A completely new approach is presented combining the ancient "primum non nocere" notion with evidence based medicine and clinical judgment; it involves rethinking and re-evaluation for each and every drug in the elderly in an attempt to achieve individualization of drug therapy.

Hypotheses:

1. Polypharmacy itself should be perceived as “a dis-ease,” with potentially more serious complications than those of the diseases these different drugs have been prescribed for.

2. Rethinking and re-evaluation is needed for each and every drug in the elderly

3. Simultaneous discontinuation of many drugs is not associated with significant risks and usually improves quality of life.

4. Supervised reduction of medications, based on a person’s individual status, can significantly benefit patients’ health.

Methods: The Garfinkel GPGP method involves meeting of no less than one hour with the patient and/or guardi-an/family (PGF) in the privacy of their own home, devoted to comprehensive geriatric assessment; it includes a thor-ough discussion of the pros and cons (benefit/risk ratio) of every medication consumed by the patient, based on EBM knowledge (if available) and clinical judgment. An agreed upon comprehensive “tailor-made” therapeutic treatment plan is drawn up, taking into account patient’s age, co-existing conditions, functional, mental and cognitive status as well as individual PGF'S requirements and preferences. With their consent, a detailed report with recommenda-tions and clarifications is sent to the family physician. Then, based on the Garfinkel's algorithm, as many “non-life saving” medications as possible are discontinued simultaneously for a trial period of three months at least. Obviously, during the home visit, new problems may be found and new diagnoses made (mainly depression); therefore, in some elders the intervention is not limited to drug discontinuation, but involves drug readjustments and renewal of the entire therapeutic regimen. Follow-up is an integral component of the method allowing PGF to report any adverse effects to the physician and allowing the physician to monitor any change in the patient’s quality of life, as well as PGF satisfaction.

Results: In the first study Drug Discontinuation (DD) has been applied to 119 disabled patients in 6 geriatric nurs-ing departments; the control group included 71 compa-

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rable patients in the same wards. A total of 332 different drugs were discontinued in 119 patients (average of 2.8 drugs per patient) and was not associated with significant adverse effects. The overall rate of DD failure was 18% of all patients and 10% of all drugs. The 1 year mortality rate was 45% in the control group but only 21% in the study group (P < 0.001, chi-square test). The patients’ annual referral rate to acute care facilities was 30% in the control group but only 11.8% in the study group (P < 0.002). The intervention was associated with a substantial decrease in the cost of drugs.

The second study tested the method in community dwell-ing elders. 70 elders age 82.8 ± 6.9 were evaluated using the GPGP DD approach. 83% were frail or inde-pendent, 61% had ≥3, 26% ≥5 co-morbidities, 71% suffered from ≥3 geriatric syndromes. Counting co-morbidities & syndromes together, 94% suffered from ≥3, 51% >6 different health problems. The mean follow up was 19.2±11.4 months. Participants used 7.73±3.7 medications (range 0-16). DD was recommended for 57.5% of these drugs (mean 4.4±2.5 drugs/participant). After further consultation with PGF and family physicians 47% (3.7±2.5 drugs/patient) were actually stopped. Only 5/256 discontinued drugs had to be restarted (DD failure 2%), successful DD eventually achieved in 80.7%. DD was not associated with significant adverse effects. 80% of PGFs reported medical functional - mental -cognitive improvements defined as significant in 37%, outstanding in 29%. 10 elders died after follow up of a mean of 13 months, mean age at death 88.

Conclusions & Health Policy Implications: Many elders suffer from ill effects of polypharmacy. Both studies have proven that the sum total of the negative effects of a variety of drug combinations outweighs the sum total of beneficial effects of the specific drugs. The Garfinkel method for a controlled, rational drug discontinuation is feasible and highly beneficial in both long term care facilities and community dwelling elders and has no sig-nificant risks. It represents an appropriate approach both clinically and ethically, allowing for the flexibility to restart medicinal therapies. Applying this method worldwide may significantly decrease medication burden in elderly peo-ple, improve their quality of life, with an associated

Please cite as: Garfinkel D. Customizing Drug Therapy for the Elderly – Combining Ethics, Evidence Based Medicine, and the Art of Medicine. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. . Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom209. DOI: 10.3205/11fom209, URN: urn:nbn:de:0183-11fom2091 Freely available from: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom209.shtml

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Less is more – the triple win-win-Game of reducing polypharmacy Doron Garfinkel

Geriatric-Palliative Department, The Shoham Geriatric Medical Center, Pardes Hana, Israel

Polypharmacy may have different faces in different coun-tries or clinics but there is no doubt that the problem is global. It is defined as “The administration of more drugs than are clinically indicated”; inappropriate medication use (IMU) defined as "medication use that has a greater

potential risk for harm than benefit, is less effective than available alternatives, or does not agree with accepted medical standards". However, there is a lack of "accepted medical standards" as age, co-morbidity and the number of drugs increase, resulting in considerable disagreement regarding what exactly is IMU use and how it can be determined.

While comparing risks versus benefits of drug withdrawal in elders, one should remember that the rate of drug interactions is age related, the odds of IMU are higher as the absolute number of medications prescribed increases, and the risk of hospitalization secondary to IMU is much greater in elderly people.

Beers et al. tried repeatedly to establish criteria for defin-ing specific medications that should be regarded as “po-tentially inappropriate” and should not be given to elders. Many rely on updated Beers criteria with the hope that they may serve as an alarm system to increase physician alertness and avoid specific drugs. However, it is difficult to conclusively defend or refute the use of most drugs listed by Beers, and drugs-to-avoid criteria are insufficient-ly accurate to use as stand-alone measures of prescribing quality. Furthermore, the Beers approach may be mislead-ing: prescribing 10 to 15 “non–Beers list” medications to patients is still likely to do more harm than good. Several drug interaction tools have been developed in an attempt to inform the physician or patient of drug interactions and their level of risk. However, the sole use of computer or other programs as alarms are of limited benefit because they lack the Doctor's personal touch, time and clinical judgment.

Globally, physicians are increasingly exposed to patients suffering from a complexity of non-curable diseases. For professionals in palliative medicine and in hospices, stop-ping drugs other than for symptom control is a common practice. These principles which might mitigate against polypharmacy, are less well held in geriatric and general medicine. The name “Good Palliative–Geriatric Practice” was chosen because this tool is based on principles of both fields. In older populations the proposed “reverse extrapolation” perception seems appropriate. Most peo-ple would agree that continuing any drug other than palliative medicines is inappropriate in the last hours, days, and even weeks or months before death. However, extrapolating back from this to elders with life expectancy of years is difficult. There is a point beyond which treat-ment has more harm than benefit, but without an effective way to approach this, treatment is continued as this “brink” point is not recognizable. Several researchers concluded that drug discontinuation should be done selectively, altering one drug at a time. However, this approach is neither practical nor ethical in elders, particu-larly those with co-morbidity, where life expectancy is short and quality of life increasingly worse. Time is critical and they may suffer further deterioration due to drug-related problems from the remaining medications. It is preferable to withdraw several drugs simultaneously, while carefully monitoring for any adverse effects. The Garfinkel method involves simultaneous discontinuation of as many "Quality of life maintaining drugs" as possible (with pa-tient's consent), thus minimizing drug load using a broad-er approach that will accommodate changing evidence.

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Apart from improved health, the financial benefits of reducing polypharmacy represent a win - win situation for elders and societies. Reducing drug costs relieves an unbearable burden off very many old people. Further-more, there is also reduction in the cost of unnecessary hospitalizations as a result of IMU. Suppose the Garfinkel method is implemented worldwide, we would be looking at an annual saving of billions of Euros.

"Passing the buck…"? A central question is who should be responsible for what should be named "The war on polypharmacy"? It would be unfair to blame only the family physician for the creation and extent of the prob-lem. Likewise, considering current systems of health in many countries, the time devoted for each patient is al-ways being shortened. As a thorough drug evaluation such as the Garfinkel method is time consuming, it would be unrealistic to expect the family physician to perform it in all his/her old patients. Some researchers believe it would be interesting to extend this method to the hospital setting, suggesting hospital discharge offers a natural break point for the application of this type of tool to re-duce rather than expand a patient’s medication list. How-ever, patients are usually discharged on more medication therapy than they were admitted on, and hospital physi-cians may be reluctant to stop or change medications given by the family physician and vice versa. A possible better solution might be the "Case manager" approach: teams or experienced physicians, who are preferably geriatricians (with/without pharmacists) who would have final responsibility for the patient, particularly for the polypharmacy aspect. The place of clinical judgment should not be understated though in relation to evidence-based medicine.

Obviously, governments and health authorities should devote appropriate resources to promoting such projects referring to it as a new field in adult's healthcare. Eventu-ally, this case manager approach (or any other method which could achieve the same results) would be highly beneficial for both health and economy.

Please cite as: Garfinkel D. Less is more – the triple win-win-Game of reducing polypharmacy. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. . Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom210. DOI: 10.3205/11fom210, URN: urn:nbn:de:0183-11fom2102 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom210.shtml

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Multimorbidity and polypharmacy: concepts, challenges in health care and the primary care research agenda André Knottnerus

University of Maastricht, The Netherlands

The prevalence of chronic multimorbidity is increasing and will continue to do so over the coming decades, as a result of ageing and of longer survival with chronic disor-ders than in the past.

This phenomenon, that has important implications for healthcare, can defined in various ways, according to the conceptual model that is chosen, and depending of study objective.

For example, if one is interested in describing the burden of illness and the complex challenges for healthcare, every co-occurrence of various chronic morbidities should be defined as multimorbidity. If the focus is on a possible common etiological ground of co-occurring morbidities, a more frequent occurrence than expected by chance should observed, generally after adjustment for obvious determinants such as age. If, in the latter case, one would also be interested in a possible common pathogenetic basis, not only epidemiological and clinical investigations but also social scientific and biomedical research on susceptibility and frailty and, e.g., on molecular genetic mechanisms, would be required.

For primary care research, usually a practical focus is chosen, in relation to improving prevention and care. For that purpose, every co-occurrence of various morbidities may be important in terms of complex health care impli-cations related to the application of various mono-nosological clinical guidelines and to a higher risk of polypharmacy and drug interactions. Although polyphar-macy as such is not specifically related to multimorbidity (as we know this phenomenon also from complex mono-nosological cases of chronic illness), in situations of mul-timorbidity the polypharmacy implications can be much more challenging in case of conflicting recommendations and untested combinations.

In the primary care research agenda a key priority is strengthening the evidence-base for optimal prevention and patient care. This implies much attention for the epidemiological, clinical and quality of care aspects of multimorbidity. In this context also the specific methodo-logical challenges to study these issues need to be ad-dressed, covering a range of relevant approaches such as: development, validation and improvement of appro-priate instruments, panel studies to evaluate complexities of combining various guidelines, multi-nosological guide-line development for frequently co-occurring disorders, observational studies on determinants of occurrence and prognosis, and evaluating interventions to improve the quality of care (including prescription management) and to improve health outcome. Furthermore, research in primary care settings can also make contributions to multidisciplinary basic research in studying risk factors and mechanisms of multimorbidity, including frailty and sus-ceptibility.

Please cite as: Knottnerus A. Multimorbidity and polypharmacy: concepts, challenges in health care and the primary care research agenda. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. . Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom211. DOI: 10.3205/11fom211, URN: urn:nbn:de:0183-11fom2115 Freely available from: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom211.shtml

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Strategies in pharmacotherapy of multimorbidity: is it always too many or sometimes too few? Marjan van den Akker

Maastricht University/Katholieke Universiteit Leuven, Maastricht, Netherlands

Polypharmacy, the use of five or more chronic medica-tions, is a highly prevalent problem among older people

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with multimorbidity. Increasingly, physicians and pharma-cists make medication reviews aiming at an optimization of the prescriptions by lowering the number of prescrip-tions.

There are, however, a number of situations in which pa-tients with polypharmacy should get or take additional medication/prescriptions:

1. when the patient has adherence problems and takes too little medication, resulting from therapeutic com-plexity, scarce knowledge of medication or de-creased use of maintenance medication for diseases with quiescent symptoms; and

2. when physicians prescribe too little medication, re-sulting from an incomplete health problem list, insuf-ficient prescription of medication to prevent interac-tion effects, or inadequate adaptation of therapy to the ageing patient.

Both situations require a different strategy. In the Im-pulsreferat both problems and possible solutions will be illustrated using real life cases.

Please cite as: van den Akker M. Strategies in pharmacotherapy of multimorbidity: is it always too many or sometimes too few?. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. . Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom212. DOI: 10.3205/11fom212, URN: urn:nbn:de:0183-11fom2123 Freely available from: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom212.shtml

Workshops

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Komplementärmedizinische Ansätze in der Schmerztherapie G. Bernatzky

Universität Salzburg, Naturwissenschaftliche Fakultät, Fachbereich für Organismische Biologie, Arbeitsgruppe für “Neurodynamics & Neurosignaling”, Salzburg, Austria

In letzter Zeit werden Komplementärmedizinische Verfah-ren häufiger verlangt und eingesetzt [1]: Eine entschei-dende Veränderung im Therapieansatz liegt auf jeden Fall in der modernen Sichtweise des Schmerzes als Bio-Psycho-Soziale Einheit, wobei in dieser Sichtweise nicht nur einzelne körperliche Schmerzen gesehen werden, sondern der schmerzgeplagte Mensch als Ganzes mit seinen Beziehungen zur Umwelt und seiner Spiritualität im Zentrum steht. Damit verbunden ist das neue Konzept des multimodalen Therapiemodells. Viele komplementärmedi-zinische Verfahren passen gut in dieses Modell und zeigen großteils weniger Nebenwirkungen als die medikamentö-sen Methoden. Allerdings muß eine gute Compliance des Patienten für die adäquate Anwendung vorliegen. Ebenso müssen Komplementäre Behandlungen immer kritisch hinterfragt werden: Nicht immer sind Komplementäre Methoden nach Kriterien der „Evidence-Based-Medicin“ aufbereitet. Falls keine Richtlinien bzw. klare Indikati-ons/Kontraindikationskriterien vorliegen, müssen diese noch erarbeitet werden.

Dem Mangel an einer verbindlichen einheitlichen Definiti-on und Einteilung der Verfahren begegnet man weltweit

unterschiedlich: Ein Manko besteht auf jeden Fall im Mangel an evidenz-basierten Studien, die einen vermehr-ten Einsatz durch entsprechende Finanzierung über Versi-cherungsträger ermöglichen würden. Die meisten Verfah-ren sind gut in Kombination mit anderen pharmakologi-schen Methoden möglich bzw. können z.B. in der Not-fallmedizin durchaus erfolgreich die Verwendung phar-makologischer Methoden sign. reduzieren [2], [3]. Ein Vorteil für die Anwendung solcher Verfahren liegt darin, dass sie von Sanitätern oder Pflegepersonen durchgeführt werden dürfen. Die meisten Komplementärmedizinischen Methoden können im Falle stärkster Schmerzen allerdings eine rein pharmakologische Therapie nicht ersetzen!

Die Entscheidung des komplementärmedizinischen Ansat-zes ist eine individuelle und liegt im Ermessen des Arztes. Gerade bei Methoden, die nicht von der Schulmedizin akzeptiert sind, ist eine ausführliche Dokumentation (allein schon zur juristischen Absicherung) unbedingt notwendig. Jeder Patient kann sowohl eine aus der Sicht der Ärzte notwendige und sinnvolle Behandlung ablehnen als auch selbst entscheiden, ob er schulmedizinische und/oder komplementärmedizinische Therapien in Anspruch neh-men möchte.

Im Rahmen moderner multimodaler Therapieansätze sollten Komplementärmedizinische Verfahren viel häufiger verwendet werden.

Literatur 1. Bernatzky G, Likar R, Wendtner F, Wenzel G, Ausserwinkler M, Sittl R. Nichtmedikamentöse Schmerztherapie, Komplementä-re Methoden in der Praxis. Wien, NewYork: Springer; 2007. ISBN: 978-3-211-33547-5. 2. Hessler C, Gustorff B, Kober A, Hoerauf K. Nichtmedikamen-töse Methoden in der Notfallmedizin. In: Bernatzky G, Hrsg. Nichtmedikamentöse Schmerztherapie. Wien, NewYork: Sprin-ger; 2007. S. 115-128. 3. Likar R, Jabarzadeh H, Kager I, Breschan C, Szeles J. Elektri-sche Punktstimulation (P-STIM) mittels Ohrakupunktur. Eine randomisierte, doppelblinde, kontrollierte Pilotstudie bei laparo-skopischen Nephrektomien. Der Schmerz. 2007;21:154-159.

Bitte zitieren als: Bernatzky G. Komplementärmedizinische Ansätze in der Schmerztherapie. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. . Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom213. DOI: 10.3205/11fom213, URN: urn:nbn:de:0183-11fom2137 Frei verfügbar unter: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom213.shtml

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Drugs to be discontinued – why and how: the Garfinkel Method Doron Garfinkel

Geriatric-Palliative Department, The Shoham Geriatric Medical Center, Pardes Hana, Israel

Case reports of community dwelling elderly patients who consume many drugs will be presented to the audience for an open discussion. Then, the actual recommenda-tions given to the patient will be presented along with the follow up and outcomes.

It is much easier to start therapies than to stop them. Patients are taking medications that might have been given at some point in their lives by physicians of different

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specializations who prescribed the medication for a spe-cific problem in their field of expertise along single dis-ease guidelines with no age limit. Family physician may be reluctant to review decisions, discontinue or change drug regimens determined by “experts” or from guidelines for younger populations. This may occur even when a long time has elapsed, new problems or medications accumulated, or physical changes occurred in the patient. It is also easy to overlook medication adverse effects on a background of complex co-morbidities. However, as age increases there is much less evidence based medicine showing positive benefit/risk ratio of most medications proven beneficial in reducing complications of chronic disease at a younger age. Patients may also have a life expectancy that is shorter than the time needed to benefit from specific drugs prescribed. Lately, an increased num-ber of researchers warn that guidelines and pay-for per-formance incentives may drive clinician priorities to strive for better “numbers”, placing less priority on the well-being of older patients. Nevertheless, in many countries neither specialists nor the family physicians review all drugs in a search for interactions with drugs prescribed by other doctors; therefore a scheduled, formal drug reeval-uation may never be performed.

There are good rationales for back-titration of drug dos-ages at an older age. For example, a patient who has received antihypertensive drugs or nitrates when still inde-pendent and active may not need the same regimen years later when disabled or frail, and with possibly reduced body mass. Overenthusiastic attempts to lower blood pressure may increase mortality and morbidity. Similarly, several authors argue that statins have no beneficial effect on all-cause mortality and morbidity, simply trading one source of morbidity and mortality. On the other hand, these medications may cause muscle weakness. Avoiding the morbidity associated with hypoglycemia rather than achieving perfect glycemic control should represent the main goal in frail elderly patients with diabetes and in those with short life expectancy; a less stringent target for lowering hemoglobin A1c level should be recommended. Similarly, the US Preventive Services Task Force found no evidence for recommending aspirin in people older than 80 years. Continuing Warfarin until death is also ques-tionable in some elders for whom indication existed at a younger age. Many elderly patients continue to take ben-zodiazepines for sleep, H2 blockers or Metoclopramide for past dyspepsia or nausea, medications for past dizzi-ness, preparations containing combinations of non-steroidal anti-inflammatory drugs, Propoxyphene, Caf-feine, opioid derivatives, and/or antihistamines (ie, “anti-cold” preparations).

Rethinking and re-evaluation is needed for each and every drug in the elderly, including those used for symp-tom relief. Examples will be presented at the workshop followed by discussions open to the audience.

Please cite as: Garfinkel D. Drugs to be discontinued – why and how: the Garfinkel Method. In: 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. . Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom214. DOI: 10.3205/11fom214, URN: urn:nbn:de:0183-11fom2147 Freely available from: http://www.egms.de/en/meetings/fom2011/11fom214.shtml

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Medikamentenrevision im niedergelassenen Bereich durch den Pharmazeuten: Ein Versuch zur Verbesserung der Patientensicherheit Christina Hofer-Dückelmann1, Anika Lasser2

1Landesapotheke am St. Johanns Spital, 2Kardinal Schwarzenberg´sches Krankenhaus Schwarzach

Zusammenfassung: Hintergrund: Polypharmazie, unangemessener Arzneimit-telgebrauch und unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAWs) waren bei einer Studie an 543 älteren internisti-schen Patienten in Österreich weit verbreitet. Bei der Aufnahme litten 18% an einer UAW1. Viele Medikamente, die vom Hausarzt verschrieben werden, sind Dauermedi-kationen, die ohne Arztgespräch fortgesetzt werden. Die Literatur zeigt, dass Pharmazeuten durch Medikamenten-revision hier die Patientenbetreuung verbessern können2,3. Ziel: Ein Konzept zur Medikamentenrevision unter phar-mazeutischer Kontrolle vorzustellen und einzuführen. Material und Methoden: In einem Workshop bei einem Kongress über Polypharmazie soll das Konzept anhand von Patienten ≥ 65 Jahre, die an mindestens zwei chro-nischen Krankheiten leiden und vier oder mehr verschrei-bungspflichtige Medikamente regelmäßig einnehmen, vorgestellt werden. ÄrztINNeN und PharmazeutINNen sollen die Medikation anhand von Fallbeispielen analysie-ren und medikamentenspezifische Probleme identifizieren. Ergebnisse: Klinisch relevante Interaktionen, UAWs und potentiell inadäquate Medikamente sollen erkannt wer-den. Verzichtbare Medikamente, Medikamente ohne Indikation bzw. Indikationen ohne Medikation, Fehldosie-rungen, Doppelverordnungen oder Probleme mit Generi-kaumstellungen sollen diskutiert werden. Der Benefit des Therapieverständnisses des Patienten kann nur theoretisch überlegt werden. Folgerungen und Ausblick: Durch eine Medikamentenre-vision im niedergelassenen Bereich durch den Pharma-zeuten kann man besonders bei Problempatienten den Arzneimitteleinsatz und -gebrauch optimieren. Die Koope-ration zwischen Arzt und speziell ausgebildetem Pharma-zeut in der Praxis wäre ein plausibler Service für Patienten. Im Routinebetrieb einer Praxis könnte man Patienten zu einer pharmazeutischen Sprechstunde einladen, die ein oder mehrmals pro Woche stattfinden würde. Die Phar-mazeuten würden schriftliche Empfehlungen an die Ärzte geben, um auf arzneimittelrelevante Probleme hinzuwei-sen und diese zu lösen. Durch die Integration des Phar-mazeuten in die Ordination würde er als Angehöriger der Gesundheitsberufe ohne Gewissenskonflikt empfunden werden.

Literatur: 1 Schuler J et al.Polypharmacy and inappropriate prescribing in elderly internal-medicine patients in Austria. WiKliWo 2008; 120: 733-41.

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2Zermansky A et al. Randomised controlled trial of clinical medi-cation review by a pharmacist of elderly patients receiving repeat prescriptions in general practice. BMJ 2001; 323: 1-5. 3Sellors J et al. A randomized controlled trial of a phar-macist consultation program for family physicians and their elderly patients. CMAJ 2003; 169 (1): 17-22.

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Autorenindex (Zahlen beziehen sich auf Abstractnummern) Abholz, H.-Harald 056 Abholz, Harald 144 Abholz, Heinz Harald 052 Abholz, Heinz-Harald 016, 069, 169, 206 Abu Abed, Manar 033 Adarkwah, Charles Christian 096, 165 Ahrens, Dirk 003, 061 Akkerman, Maren 165 Albay, Zeycan 035 Altiner, Attila 069, 083, 105, 124 Antes, Gerd 027 Attila, Altiner 179 Bachler, Herbert 020 Bachmann, Cadja 074, 174, 180 Bachmann, Viktoria 064, 076 Bachofner, Nora 125 Baldauf, Annika 094 Ballhausen, René 159 Bamberger, B 128 Baron, Steffen 031 Bartetzko-Fick, Christiane 184 Barzel, Anne 119 Baum, E. 041 Baum, Erika 015, 017, 018, 019, 064, 075, 076, 166 Baumgartner, Julia 114, 122 Becker, Annette 022, 078, 099, 100, 101, 102, 103, 166 Behmann, Mareike 168 Behrend, Johanna 163 Behrens, Gesa 003 Berghold, Andrea 139 Berghold, Jürgen 176, 184 Bergmann, Antje 049, 188, 189, 197 Bernatzky, G. 213 Best, Jens 022 Beyer, Martin 009, 058, 068, 085, 094, 095, 139 Biesewig-Siebenmorgen, Jürgen 116 Biroga, Tobias 099, 100, 101, 102, 103 Bleidorn, Jutta 025, 080, 168, 191, 205 Blozik, Eva 011, 132, 147 Bock, Matthias 125 Bockelbrink, Angelina 164 Boeder, Niklas 175 Böhme, Klaus 005, 149, 150, 151, 182 Boissl, C. 128 Bölter, Regine 159 Bösch, Michael 014 Bösner, Stefan 015, 017, 018, 019, 064, 076, 099, 100, 101, 102, 103, 156, 166, 199 Bösner, Stephan 170 Braun, Susanne 177 Braun, Vittoria 036, 087, 164 Breitenberger, Vera 193 Brenk-Franz, Katja 093 Brenner, Hermann 171

Briggs, Linda 023 Brockmann, Silke 034 Brunkhorst, Frank 098 Buchholz, Angela 014, 032, 149, 150, 151, 152, 153, 185 Bücker, Bettina 056 Bungartz, Jessica 079, 127 Bureick, Gertrud 106 Burkart, Martin 028 Busch, Markus 109 Buscher, Ines 088 Carmienke, Solveig 192 Carranza, Manuel 172 Chaudhuri, Ariane 145, 184 Chenot, Jean-François 003, 033, 107, 123, 145, 204 Claus, Christoph 117, 120, 156, 170 Corina, Güthlin 084 Cornelia, Schürer-Maly 179 Dahlhaus, Anne 095, 139, 163 Daig, Ute 073, 112 Datz, Michael 176 Davydow, Dimitry S. 098 Deitermann, Bernhilde 155 Dell, Johannes 197 Dembczynski, Krzysztof 199 Diederich, Judith 015, 018 Diederichs-Egidi, Heike 021 Dierks, Marie-Luise 021, 148 Dini, Lorena 087 Döhler, Caterina 197 Döll, Anika 152 Donnachie, Ewan-Reid 055 Donner-Banzhoff, Norbert 017, 019, 041, 064, 075, 076, 099, 100, 101, 102, 103, 156, 166, 170, 199 Döring, Angela 095 Dornieden, Katharina 099, 100, 101, 102, 103 Dowrick, Christopher 146 Dräger, Dagmar 104 Drewelow, Eva 124 Drexel, Heinz 024 Du, Yong 190 Dunkelberg, Sebastian 174, 180 Dunker-Schmidt, Christiane 047, 184 Dürk, Thorsten 014, 149, 150, 151, 152, 153 Eberhard, Jörg 187 Egidi, Günther 116, 117, 123 Ehrhardt, Maren 045, 074 Eicher, Christiane 111 Eisele, Marion 030, 051, 077 Eissler, Manfred 131, 176 El Tabei, Lobna 016 Engel, Christoph 098 Engeser, Peter 159 Engl, Adolf 052, 144 Erler, Antje 058, 068, 085, 094 Esmail, Aneez 208 Evers, Silvia 165 Falk, R. 128 Fankhaenel, Thomas 192 Fässler, Margrit 132 Ferdinand M., Gerlach 084

161

Fiala, Katharina 065 Fink, Waltraud 053 Fischer, Christoph 020 Fischer, Karl-Georg 014, 032, 153 Fischer, Lisa 020 Flamm, M. 071 Flamm, Maria 060, 125, 158 Flick, Uwe 104, 134 Fötschl, U. 128 Freese, Linda 186 Freitag, Michael 093, 095, 192 Frenzen, Anja 183 Freund, Tobias 094, 095, 097, 154 Frey, Heidi 150 Friede, Tim 204 Fritsch, Gerhard 125 Fuchs, Angela 069, 105 Fuchs, Judith 109 Fullerton, Birgit 058, 068 Gaertner, Beate 109 Gágyor, Ildikó 080 Gagyor, Ildiko 107, 205 Gandjour, Afschin 096 Garfinkel, Doron 209, 210, 214 Geis, Steffen 162 Geister, Christina 161 Gensichen, Jochen 031, 093, 094, 095, 097, 098, 192 Genzel-Boroviczeny, Orsolya 044 Gerlach, Ferdinand M 068 Gerlach, Ferdinand M. 031, 058, 085, 139, 163, 194 Gerlach, Ferdinand 035, 094, 113, 178, 181 Gerolimon, Elena 052 Gesenhues, Stefan 007, 135 Geyer, Maria 022 Gilbert, Katja 181 Giovanella, Ligia 081 Gläske, Gerd 051 Göbel, Heike 192 Gornyk, Daniela 190 Gosch, Markus 002 Götz, Katja 097, 185 Grandt, Daniel 005 Gröber-Grätz, Dagmar 143 Groening, Michael 092 Großmann, Nadine 201 Grundke, Susanne 065, 183 Gulich, Markus 143, 182 Gummersbach, Elisabeth 179 Güthlin, Corina 068, 139, 163, 194 Haasenritter, Jörg 017, 019, 080, 099, 100, 101, 102, 103 Haefeli, Walter Emil 068 Haefeli, Walter 095 Hammes, Bernard 023 Hansbauer, Bernhard 125 Hänsel, Michaela 009 Harder, Sebastian 068, 113, 139 Hartel, Simone 015, 018 Hauswaldt, Johannes 089, 162, 191 Heberger, Bettina 184 Heberger, Stephan 184 Heckenbach, Kirsten 136 Heider, Dirk 031

Heier, Margit 095 Heim, Susanne 155, 161, 191 Heintze, Christoph 036, 098, 164 Heiss, Linn 172 Hell, Markus 115 Hemkens, Lars G. 202 Hennig, Elisabeth 189 Herber, Oliver R. 169 Hermann, Katja 159, 185 Hermann, Martin 135 Herrler, Claudia 163 Herrmann, Kirsten H. 202 Herrmann, Markus 010, 073, 081, 112, 142 Herrmann, Wolfram J 104 Herrmann, Wolfram J. 134 Herzig, Lilli 019 Heusinger von Waldegg, Gernot 112, 142 Hey, Elisabeth 145 Himmel, Wolfgang 003, 061, 140 Hintner, Ingolf 087 Hirsch, Oliver 041, 076, 166, 199 Hofer-Dückelmann, C. 071, 215 Hoffmann, Barbara 035 Hoffmann, Kathryn 090 Hofinger, Gesine 035 Hofmann, Frank 055 Hofmann, Werner 021, 148 Höfner, Lisa 062 Holt, Stefanie 067, 095, 141 Holtz, Gernot 016 Holtz, Nicolette 074 Holzer, Mathias 175 Holzhausen, Martin 109 Horvath, Karl 202 Hua, Thanh Duc 033, 204 Huenges, Bert 047, 186 Hüllermeier, Eyke 199 Hummers-Pradier, Eva 021, 067, 089, 155, 161, 162, 187, 191, 205 Icks, Andrea 169 Iglseder, B. 203 Iglseder, Bernhard 001 Ilhan, Muazzez 166 Immecke, Janine 043 in der Schmitten, Jürgen 023, 043, 130 Jäkel, Kristina 072 Jamil, Susanne 027 Jansen, Paul 086 Jeitler, Klaus 202, 202 Jendyk, Ralf 184 Jens, Rolf 146 Jeschke, Elke 136 Jobst, Detmar 133 Johansson, Tim 059, 060, 125 Joos, Stefanie 028, 057, 063, 066, 072, 079, 082, 111, 127, 160, 185 Jünger, Saskia 168 Jüni, Peter 132 Junius-Walker, Ulrike 021, 148 Kaduszkiewicz, Hanna 008, 030, 051, 054, 069, 105, 167 Kalinowski, Sonja 104 Kamenski, Gustav 053, 090

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Karger, André 043 Karsch-Völk, Marlies 026 Kaufmann-Kolle, Petra 058 Kempis, Petra 007 Kersting, Markus 089 Keunecke, Christian 099, 100, 101, 102, 103 Kiolbassa, Kathrin 185 Kip, Miriam 142 Klaaßen-Mielke, Renate 141 Klement, Andreas 065, 129, 137, 138, 173 Klemperer, David 123 Klimm, Hans-Dieter 013 Klindtworth, Katharina 025 Knopf, Hildtraud 095, 109 Knottnerus, André 070, 211 Knüpfer, Anne 066 Kochen, Michael M. 003 Kochen, Michael 205 Kohlen, Kathrin 184 Koller, Daniela 030, 051 Komp, Johanna 149, 151 Koneczny, Nik 056 König, Hans-Helmut 031 Konitzer, Martin 053 Koper, D. 071 Koper, Dara 006 Kossow, Stephanie 004, 005 Kötter, Thomas 011, 126, 132, 147 Kracht, Juliane 150 Krämer, Heike Ursula 171 Kramer, Lena 041 Kratz, Anne 093 Kreiser, Barbara 083 Krenz, Sandra 025 Krieger, Antje 056 Kristina, Stock 179 Kriston, Levente 027 Krohn, Robert 058 Kronenthaler, Andrea 131 Krößner, Sophie 142 Krummenauer, Frank 056 Kruschinski, Carsten 187 Kunnamo, Ilkka 091 Kunz, Cornelia 154 Kuske, Silke 088 Küver, Claudia 167 Lainer, Miriam 006, 037, 198 Lang, Sarah 036 Ledig, Thomas 072 Lehmann, Bianca 073, 112, 142 Lenders, Donna 070 Leonhardt, Corinna 022 Lex, Katharina 023, 130 Linde, Klaus 026, 027, 062, 132, 201 Lingner, Heidrun 191 Lirk, G. 128 Lo Re, Meike 194 Löffler, Christin 069, 083, 105, 124 Loh, Andreas 152 Lohnstein, Manfred 118 Loidl, Peter 020 Löltgen, Karina 078 Lommler-Thamer, Martina 075

Löscher, Susanne 056, 106 Ludt, Sabine 050 Lühmann, Dagmar 054 Luppa, Melanie 095 Lüthke, Andrea 107 Magiera, Ruth 206 Mahler, Cornelia 094 Mann, E. 071 Mann, Eva 006, 024, 037, 125 Marckmann, Georg 023, 130 Martus, Peter 109 Marx, Gabriella 140 Matthes, Harald 136 Matyas, Eva 202 Mau, Wilfried 065 Mehring, Michael 055 Meisner, Christoph 131 Meissner, Karin 027, 062 Mellert, Christine 023, 130 Mengden, Thomas 133 Mergenthal, Karola 084, 119 Mews, Claudia 077 Meyer, Fritz 009 Michael, Pentzek 179 Mießner, Carolin 035 Miksch, Antje 057, 063, 157, 160, 185 Mlczoch-Czerny, Marie-Theres 146 Moog, Anna-Maria 172 Mortsiefer, Achim 043 Mühlenfeld, Hans-Michael 009 Mühlhauser, Ingrid 039 Mülders, Verena 038 Müller, Beate 035 Müller, Christiane A. 067, 141, 161 Müller, Friederike 098 Müller, Vera 035 Musselmann, Berthold 028, 111 Muth, Christiane 068 Mutschler, Robert 055 Namyst, Anne 068 Natanzon, Iris 127 Netzwerk klinische Studien in der Allgemeinmedizin 080 Niebling, Wilhelm 004, 005, 014, 032, 149, 150, 151, 152, 153 Niedermaier, Sophie 044 Nüesch, Eveline 132 Oberprieler, Günther 173 Olbrich, Philine 133 Ortmanns, Berit 043 Ose, Dominik 057, 154, 157, 160 Osenberg, Dorothea 047 Osterbrink, J. 203 Ostermann, Thomas 133, 136 Paesel, Anja 068 Pahlow, Helene 025 Panhofer, Bernhard 121 Panisch, Sigrid 059, 060, 158 Parthier, Katrin 065 Pasold, Anke 188 Patzelt, Christiane 155 Pawels, Marc 167 Pentzek, Michael 043, 056, 169, 206 Petersen, Juliana J. 031

163

Peters-Klimm, Frank 013, 080, 094, 154, 159 Peterson, Juliana J. 139 Petzold, Theodor Dierk 110 Pflanz, Benedikt 013 Piccoliori, Giuliano 052, 144 Pierl, Christiane B. 106 Pischon, Tobias 192 Poehlmann, Boris 058 Popert, Uwe 117, 120, 156, 170 Porst, Rolf 169 Prehm, Kirsten 074 Prokrein, Jana 095 Promberger, Anna Kathrina 149, 151 Prüfer, Franziska 063 Psaier, Alfred 195 Püringer, Ursula 202 Püsche, Katrin 140 Puschmann, Egina 029 Quasdorf, Tina 088 Quinzler, Renate 095 Rabady, Susanne 091 Radbruch, Lukas 168 Raspe, Heiner 054 Raum, Elke 171 Redaèlli, Marcus 086 Regus, Sebastian 164 Reichenbach, Stephan 132 Reidegeld, Sonja 007 Reinisch, Grit 188, 189 Reiss, J. 203 Rempis, Eva 184 Ried, Alexandra 129, 137, 138 Riedel, Juliane 124 Riedel-Heller, Steffi 095 Riemenschneider, Henna 049, 188, 189, 197 Riesner, Christine 088 Rixen, Stephan 023 Rochon, Justine 035, 042, 068, 094 Roschlaub, Silke 045, 074, 174, 180 Rosemann, Thomas 171 Rothärmel, Sonja 023, 130 Rothenbacher, Dietrich 171 Rotthoff, Thomas 043 Rücker, Gerta 027 Rusche, Herbert 047, 186 Rüter, Gernot 171 Säly, Christoph 024 Schaefer, Friederike 147 Schäfer, Hans Michael 178 Schäfer, Hans-Michael 113, 181 Schäfer, Ingmar 069, 095, 167 Schaper, Katharina 056 Schaper, Martin 113, 178 Schäufele, Martina 161 Scheidt, Lea 082 Scheidt-Nave, Christa 095, 109, 190 Schelling, Jörg 044, 129, 137, 138, 172, 173, 175, 177, 207 Schelling, Ulf 177 Scherer, Martin 008, 009, 011, 029, 045, 051, 054, 069, 074, 077, 119, 126, 132, 145, 147, 161, 167, 174, 180

Schlagberger, Georg 184 Schlattmann, Peter 192 Schleef, Tanja 155 Schlößler, K. 041 Schluckebier, Iris 086 Schmelzer, Regine 043 Schmid, Elisa 026 Schmidt, Konrad 098, 184 Schmidt, Marcus 114, 122 Schmidt, Stefan 194 Schmiemann, Guido 116, 155 Schnabl, C. 128 Schneider, Antonius 026, 027, 055, 172, 201 Schneider, Nils 025, 168 Schneider-Rudt, Hannelore 033 Schnell, Ute 048, 135 Schön, Gerhard 051 Schreier, M. M. 203 Schreier, Maria Magdalena 108 Schreiner, Julia 045 Schröber, Jakob 035 Schrom, Kerstin 174, 180 Schübel, Jeannine 184 Schubert, Michael 065 Schuler, J. 071 Schulz, Sven 093 Schumann, Isabelle 027, 062 Schürer, Cornelia 056, 206 Schürer-Maly, Cornelia 016 Schürmann, Christoph 202 Schwappach, David 038 Semlitsch, Thomas 202 Senge, Robin 199 Sennekamp, Monika 178, 181 Sessa, Emiliano 144 Siebenhofer, Andrea 139, 163, 202, 202 Siebenhofer-Kroitzsch, Andreas 040 Sikora, Marta 135 Simic, Dusan 038 Simoes, Elisabeth 131 Sobotta, Petra 033 Sönnichsen, Andreas 006, 037, 059, 060, 071, 091, 125, 158, 198 Sonntag, Burkhardt 123 Spiegel, Wolfgang 146 Spiegler, Stephanie 032 Springmann, R. 128 Stadje, Rebekka 099, 100, 101, 102, 103 Standl, Albert 129, 177 Stein, Albrecht 129, 137, 138, 173, 177 Stein, Katharina 184 Steinhäuser, Jost 066, 072, 082, 097, 111 Steinmann, Susanne 069 Stoffers, Jelle 070 Stolper, Friederike 105 Stolzenbach, Carl-Otto 069, 105 Strauss, Annette 045 Streich, Waldemar 069, 105 Strohmeyer, Christine 044 Swart, Enno 073 Szecsenyi, Joachim 050, 057, 072, 082,

164

094, 095, 097, 154, 157, 159, 160, 171 Tabali, Manuela 136 Tache, Stephanie 198 Tautphäus, Yannick 126 Teigeler, Katharina 076 Theile, Gudrun 067, 141, 155, 161 Thiel, Paul 098 Thiele, Meike 054 Thiem, Ulrich 067, 141 Thumm-Söhle, Carola 184 Thürmann, Petra A. 067, 141 Thürmann, Petra 038, 095 Tinsel, Iris 014, 032, 149, 150, 151, 153, 185 Tonner, Ch. 203 Träger, Susanne 041, 166 Tzschaschel, Marie 044 Ulrich, Lisa 085 Uphoff, Helmut 162 Urban, Elisabeth 160 Uslu, Sema 079, 127 van den Akker, Marjan 068, 070, 212 van den Bussche, Hendrik 008, 029, 030, 051, 069, 095, 105, 161, 167 van der Kuy, Hugo 070 van Scheijen, Rico 070 Vaucher, Paul 019 Velasco Garrido, Marcial 036 Villmann, Bettina 054 Viniol, Annika 075, 078, 099, 100, 101, 102, 103 Vögele, Anna 196 Voigt, Isabel 021, 148 Voigt, Karen 049, 184, 188, 189, 197 Voigt, Roger 049, 188, 189, 197 Völker, Silke 124 Völkner, Michael 064 Vollmar, Horst C. 106 Vollmar, Horst Christian 088 Voltmer, Edgar 126 Vonbank, Alexander 024 Vormfelde, Stefan Viktor 033 Wagner, Gernot 090 Waldmann, Uta-Maria 012, 046, 182, 207 Walter, Ulla 155 Weber, Peter 204 Weckbecker, Klaus 012, 046, 182 Wegscheider, Karl 023, 051, 130, 205 Weimer, Katja 131 Weinschenk, Christiane 111 Weismann, Norbert 047 Weitgasser, Raimund 059, 158 Weltermann, Birgitta 007, 135 Wensing, Michel 050 Weppler, Katrin 035 Wermeling, Matthias 061 Weyerer, Siegfried 161 Wiese, Birgitt 008, 051, 069, 095, 167, 187 Wilhelmi, P. 128 Wilm, Stefan 038, 056, 067, 086, 088, 106, 169 Winkler, Henrike 059, 060, 158

Wollny, Anja 083, 124, 169 Wrede, Jennifer 021, 148 Zeller, Johannes 046 Zimmermann, Thomas 008, 029, 200

In Kooperation mit:

Sponsoren und Medienpartner:

Veranstalter: Paracelsus Medizinische Privatuniversität

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