2013 Stern Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion (Catalogue of the...
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Imperium and Officium Working Papers (IOWP)
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion
Version 01
July 2013 Matthias Stern (University of Vienna, Department of Ancient History) Abstract: The present catalog collects all the papyri testifying the pagarch’s involvement in the maintenance of public security in Byzantine and Early Islamic Egypt. So far, there are 41 relevant documents providing insight into the pagarch’s rôle concerning such activities by some means or other. The texts, their respective translations as well their respective interpretations collected in this manuscript form the second main part of the paper “Der Pagarch und die Organisation des öffentlichen Sicherheitswesens im spätantiken Ägypten“ (forthcoming). The catalog consists of carefully updated and only partially revised versions of the texts as they are to be found in the Duke Databank of Documentary Papyri (www.papyri.info).
© Matthias Stern 2013 [email protected]
Matthias Stern 1
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
CPR XXII 3
Originaltitel: Lettera circolare relativa a un giro di ispezione
Datierung: 7.–8. Jh. (25. Juni–24. Juli)
Herkunft: Herakleopolites
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: tav. 3
BL–Korrekturen: –
Textgattung: Brief (Rundschreiben; amtlich; Anweisung)
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: –
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: (Flavius Menas?)
2. Filiation: –
3. Anrede: –
4. Titulatur: –
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: „die Pagarchie“
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Absender; Steuer- und Finanzwesen;
Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: –
11. Charakter des Sicherheitsbereiches: Unklarer Bezug zu flüchtigen Personen
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Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 2
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
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Übersetzung: vgl. Übers. d. Ed. (ital.)
„Ich habe meinen vorliegenden Brief an euch gesandt, da ich fortgehe, mit Gott, um zu Euch zu
kommen, um gewisse Orte in der Pagarchie zu inspizieren. Ferner, damit nicht wieder mein Auszug
aus der Stadt euch ertappe [–––] von den Steuern wie (im Hinblick auf) die vergangene Reise, als ich
wegen der Flüchtigen der Pagarchie Richtung Westen in die Dorfeinheit Isio Kato kam und ihr die
Aufsicht führtet und keine Steuern erhoben hattet außer der letzten Rate. Doch von heute an treibt ein,
wie viel auch immer von den Steuern und Abgaben bis zum 1. Mesore (vorliegt), damit erhoben wird,
wie viel in jedem Dorf täglich bis zum genannten Termin (zusammenkommt), denn außer diesem
(Schreiben) habt ihr keine andere Warnung. Im Monat Epeiph [–––]“
v
„(2. H.) [–––] an Sabinos [–––] Menas.“
Inhaltliche Paraphrase:
Ein höherer Funktionär berichtet in einem Rundschreiben von einer bevorstehenden Inspektionsreise.
In dem Zusammenhang erwähnt er seine letzte Reise in dieselbe Gegend, auf der er feststellte, dass
dort die Steuereintreibung nicht korrekt verlaufen war. Nun setzt er einen Stichtag fest, bis zu dem
alles in Ordnung zu sein hat, und droht mit Konsequenzen. Die erwähnte letzte Reise wird als „wegen
der Flüchtigen der Pagarchie“ charakterisiert und so liegt es nahe, dass es sich um eine der bekannten
Suchaktionen handelte, durch welche der Pagarch sich einen Überblick über von dort abgängige
Bewohner der Pagarchie oder dort angetroffene Auswärtige verschaffte. Freilich könnte es sich
genausogut um gezielte Zugriffe gehandelt haben. Ein Mann namens Flavius Menas, der Pagarch des
Herakleopolites war ist aus SPP VIII 1082 bekannt, wo ebenfalls die Nominativform WI,4 begegnet;
Ed. Komm. Z. 11). Dass der Pagarch oder einer seiner Beamten der Absender des Schreibens war,
geht aus dem hier primär angesprochenen Kompetenzbereich des Steuer- und Finanzwesens hervor.
Matthias Stern 3
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
CPR XXII 4
Originaltitel: Dichiarazione di garanzia al pagarco Flavius Theodorakios
Datierung: Mitte 7. Jh.
Herkunft: Herakleopolis
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: tav. 4; http://aleph.onb.ac.at/F/?func=find–
c&ccl_term=WID%3DRZ00000019&local_base=ONB08
BL–Korrekturen: –
Textgattung: Enthaftungsbürgschaft
Urkundenart: offiziell
Archiv: Flavius Theodorakios
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Flavius Theodorakios
2. Filiation: –
3. Anrede: Berühmtester (gloriosissimus)
4. Titulatur: Pagarch
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: Herakleopolis
7. Weitere Funktionen: stratelates
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: symbolaiographos; stratiotes
11. Charakter des Sicherheitsbereiches: Verantwortung für öffentliche Gefängnisse
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 4
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Text: –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– 1[ –ca.?– ] 0 0 0 0[ –ca.?– ] 0 0[ –ca.?– ] 0(0"0'0&060[ –ca.?– ]I0*0-%0 ([ –ca.?– ] 0 0 0[ –ca.?– ] O</,,I2 `/"(I2 %0a12 (-b µ'?0'0*0;-%0 P-$$-U8-%0 5!Qc d*'?$#-%2 "0+$05<2 6(';*5>,). e0µ 0-$0-.H0 =.f e "0*0-0.05.*'µµ#0(,-2) O</,,I2 Z0?-%&;<20 ?0'0F0 '0T080'0>0*0#0(0<020 E>) ('U(I2 µ-% (:2 =.0.0*0/Q-% !&Q'$050;0'2 =..0%04&080'0>0 "0'0*0c 30µ 0\0,0 10?0'0F0 !,'E#0605&8'> g050h0*0.0>0[-,] &(*'(>h(I, %a1, (-0b0 µ 0'0?0'0*0;0-0%0 i55;-%0 .5,-µ#,-%0 0 0[ –ca.?– ] !"1 (:2 '0T0(:2 "0+0$05(<2), !0$0$0)0 [?'F] =0"0>jI0(-0U0µ 05,-,0 '0T0(010[, =, -a]k0– 15E0S0["-(5] B0[µ#*]k0 -0a0'0&0E0I0"0-0(0-0b0,0 [V,5?5, "*-]Q0/0&050<020 (0-0b0[(-, "'*'./.<] ?'F "'*'0E0h0&0<0 [3µ\, =,] (0Y0 E0[Iµ-&;k] Q%$'?Y 60<0*F20 $+0.0-0%0 [C],0[8]' 'T(1, ?'F "'*5;$I0Q-,. 5N E0l0 µ 0A0 20(-b(- "->S&< =">060*050<0&0(0H0 ()2 !"-$-.;'2 3"l* 'T(-b "->S&0('&)8('>) "4&>, (0[-\]20 "0[*1]20 '0T0(0[1,] =0"0>0j0I0(0-0%0µ 0#0,0-0>020. ?0%0*0;0'0 B0 =0.0.0U0I0 (?'F(?)) =0"5*-((I85F2)(*) m[µ]-0$0(+.I&') (?'F) !0"0#0$0[%&'] 25(hand 2) † O</,,I2 %0a01(2) P0-0$0$0-0U080(-%) &(->6(5\) µ-> m2 "*+(?5>('>) † Pb*-2 O<[/,],-[%] C.*'@' 3"l* 'T((-b) !0.*0('µµ/(-%) [n,](0(-2) (hand 3) † E(>c) =µ-b PU*-% &%µM-$'>-.*(/Q-%) ((tachygraphic–marks )) v 30(hand 4) [=..UI .5,'µ#,I] 30"1 O[<]/0,0,0-0%0 [`/"](0-0%0 %0a0-0b0 P0-0$$-U8(-%) !0Q0c [d]*0'0?0$0#0(-%2) 0 (0[-b]
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Apparatus ^ r.24. l. ="5*<(I85F2 ^ v.30. l. =..%<µ#,-%
Matthias Stern 5
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Übersetzung: vgl. Übers. d. Ed. (ital.)
„ [–––] Ioannes, Schneider, Sohn des seligen Kolluthos, aus Herakleopolis, Grüße. Ich, der
vorgenannte Ioannes, anerkenne frei und freiwillig durch diese meine schriftliche Sicherheitsurkunde,
bei Euch zu bürgen und zu haften für Georgios, stratiotes, Sohn des glückseligen Pseeios, des
gewesenen [–––] aus derselben Stadt; wenn man aber nach ihm verlangen sollte an irgendeinem Tag
oder aus irgendeinem Grund, so werde ich ihn gestellen und ihn Euch ohne Schutzbrief in das
öffentliche Gefängnis übergeben, von wo ich ihn auch empfangen habe. Wenn ich dies aber nicht tue,
so bin ich verpflichtet, die Vergütung für ihn zu leisten in Anbetracht all dessen, was man an ihn für
Forderungen erhebt. Diese Bürgschaft ist gültig (und) auf Befragen habe ich zugestimmt und (diese
Urkunde) ausgestellt. (2. H.) Ich, Ioannes, Sohn des Kolluthos, stimme zu, wie es vorliegt. Kyros,
Sohn des Ioannes, hat für ihn, der Analphabet ist, geschrieben. (3. H. ) Durch mich, Kyros,
symbolaiographos.“
v
„Bürgschaft, ausgefertigt durch Ioannes, Schneider, Sohn des Kolluthos, aus Herakleopolis, der für
Georgios bürgt, den stratiotes, Sohn des Pseeios, aus derselben Stadt, an Flavius Theodorakios, den
berühmtesten stratelates und Pagarch von Herakleopolis [–––]“
Inhaltliche Paraphrase:
Der Schneider Ioannes verpflichtet sich, einen enthafteten stratiotes namens Georgios bei
Anforderung auszuliefern. Möglicherweise hatte der Pagarch selbst ein Interesse daran, Georgios eine
Bürgschaft ausstellen zu lassen, da der stratiotes ihm unterstand und er seiner Dienste bedurfte, allein
wird dies nicht deutlich, da das zugrundeliegende Delikt nicht erkennbar ist. Die Tatsache, dass eine
Privatperson die Bürgschaft auf sich nimmt, spricht in diesem Falle eher für einen privaten
Hintergrund der Enthaftung, weshalb der Text nicht im Bereich ‚Allgemeine Aufsicht über
Sicherheitspersonal‘ verortet wird.
CPR XXIV 24
Originaltitel: Gestellungsbürgschaft an den Pagarchen Flavius Strategios Paneuphemos
Datierung: 591–602 (7./8. Nov.)
Herkunft: Arsinoiton Polis
Schriftträger: Papyrus
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 6
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Abbildungen: Taf. 14; http://aleph.onb.ac.at/F/?func=find–
c&ccl_term=WID%3DRZ00000415&local_base=ONB08
BL–Korrekturen: –
Textgattung: Enthaftungsbürgschaft
Urkundenart: offiziell
Archiv: Strategios Paneuphemos
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Flavius Strategios
2. Filiation: –
3. Anrede: Allgelobter (famosissimus); Exzellenz (excellentia)
4. Titulatur: Konsular; Pagarch
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: Arsinoites+Theodosiupolites
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: –
11. Charakter des Sicherheitsbereiches: Verantwortung für öffentliche Gefängnisse
Text: [† ], q,+µ'](0> (-[b] ?%*;-% ?0['F E5&"+(-% OI&-b r*>&(-b (-b 85-b ?'F &<(:*-2 BµH,.] [s'&>$5;'2 (]-b 5T&5M0[5&(/(-% BµH, E5&"+(-% o$('-%;-%) W'%*>?;-% t>M5*;-% (-b 'N<,;-%] [uT.-U(&(-%) C](0[-%]20 [ 0 0 v]870* >' 0 [N,E>?(;<,-2, =, w*(&>,-x(H, "+$5>).] [o$'-%;]_ ^(*'(I.;_ (9 "0'0,0[5%QSµ_ 3"/(_, "'./*6_ (:2 (5 w*&>,-x(H, ?'F p5-E-&>-%–] 5["-$>(]H0, uT*S$>-> P-U(-%2 [ 0] 0[ –ca.?– ?'F –ca.?– !"1] [6<*];0-0% o/,-% (-b u*&>,-y(-% ,-µ 0-0b0 60[';*5>,. zµ-$-.-bµ5, =D !$$I$5..UI2] [Z?]-0%&;k .,hµG ="-µ,Uµ 050[,-> 851, "',(-?*/(-*' ?'F (A, M'&>$>?A,] [&<(]I0[*];0', =..%04&8'> ?'F !,'E5[E#68'> "'*) (Y 3µ5(#*k 3"5*-6Y] [uT*I$;-%2] W0I,40, %a[1], O</,,-% "*5&MU0[(5*-, !"1 –ca.?– ?'F] 10[ –ca.?– o-]>M/µµ<,-2 !"1 (-b [ –ca.?– !$$) ?'F =">–] [jI(-%µ#,-%2 "'*]) (:2 3µ5(#*'2 3"[5*-6:2 "'*-;&-µ5, ?'F "'*'Eh&-µ5,]
Matthias Stern 7
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
['T(-72 =, (Y] E0Iµ-&;k 5a*?(Y [ –ca.?– ] [K85, ?'F Bµ]5\2 (-U(-%2 "'*5[>$SQ'µ5,· 5N El µA (-U(-%2] ["'*'Eh]&<µ5,0(*) m2 [5|*I('> =">jI(-%µ#,-%2 –ca.?– ] –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– Apparatus ^ 14. l. "'*'Eh&-µ5,
Übersetzung: vgl. Übers. d. Ed. (dt.)
„Im Namen des Herrn und Gebieters Jesus Christus, unseres Gottes und Heilands. Im x. Jahr der
Regierung unseres gottesfürchtigsten Herrschers Flavius Mauricius Tiberius, des ewigen Augustus,
am 11. Hathyr der x. Indiktion, in Arsinoiton Polis. Flavius Strategios, dem allgelobten Konsul,
Pagarch von Arsinoiton und Theodosiupoliton (Polis) die Aurelii Kutus, Sohn des [–––] und [–––]
Sohn des [–––] aus der Dorfeinheit Phanu des Arsinoitischen Gaues, Grüße. Wir anerkennen in
gegenseitiger Haftung, aus freiem Entschluss und schwörend auf Gott, den Allmächtigen, sowie auf
das kaiserliche Heil, zu bürgen und zu haften bei Eurer Exzellenz für die Aurelii Menas, Sohn des
Ioannes, Presbyter aus [–––] und [–––] Sohn des Phoibammon, aus [–––] dass wir aber, wenn sie von
Eurer Exzellenz verlangt werden, sie gestellen und in den öffentlichen Kerker [–––] übergeben
werden, von wo wir diese auch übernommen haben. Wenn wir diese aber nicht wie vereinbart
übergeben sollten [–––]“
Inhaltliche Paraphrase:
Kutus und N. N. bürgen für Menas und N. N., die aus dem Gefängnis übernommen werden. Das (-b
in Z. 10 heißt, dass die beiden Verbürgten aus einem Dorf und nicht aus der Stadt kamen. Es fragt
sich, was die beiden Bürgen qualifizierte bzw. was sie für ein Interesse daran hatten, die Bürgschaft zu
übernehmen; möglicherweise lag der Grund in persönlichen Verbindungen – ein amtlicher
Hintergrund ist jedenfalls nirgends erkennbar. Auch das zugrundeliegende Delikt ist im erhaltenen
Text nicht angegeben. Das Gefängnis wird als 5a*?(: bezeichnet; ein Terminus, der sehr selten
bezeugt ist (siehe Ed.). Der Pagarch begegnet als Institution, welche die Verantwortung für öffentliche
Gefängnisse trägt, möglicherweise geht es in diesem Fall um eine Strafsache.
CPR XXIV 32
Originaltitel: Gestellungsbürgschaft an den Pagarchen Flavius Theodorakios
Datierung: 4. Mai 651
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 8
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Herkunft: Arsinoiton Polis
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: Taf. 20; http://aleph.onb.ac.at/F/?func=find–
c&ccl_term=WID%3DRZ00000423&local_base=ONB08
BL–Korrekturen: –
Textgattung: Enthaftungsbürgschaft
Urkundenart: offiziell
Archiv: Flavius Theodorakios
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Flavius Theodorakios
2. Filiation: –
3. Anrede: Berühmtester (gloriosissimus)
4. Titulatur: illustrios; Pagarch
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: Arsinoiton Polis
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: dioiketes
11. Charakter des Sicherheitsbereiches: Verantwortung für öffentliche Gefängnisse;
allgemeine Aufsicht über Sicherheitspersonal
Text: [† ], q,+µ'(]>0 (0[-]b ?%*;-% ?'F E5&"+(0[-%] [OI&-b r*>&(]-b (-b 85-b ?'F &<(:*-020 [BµH, ?'F (]:02 E5&"-;,I2 BµH,0 [(:2] [}.;'2] 805-(+?-% ?'F "/,(<, [(H,] 5[}.;<,. ~']60f, 8 =,/(I20 N0[,E(>?(;<,-2) =, w*(&>,-x(H, "+$5>).] [o$('-%;_) p5-E<]*'?;_ (9 =,E0[-]D0[-(/(_]
Matthias Stern 9
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
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Übersetzung: vgl. Übers. d. Ed. (dt.)
„Im Namen des Herrn und Gebieters Jesus Christus, unseres Gottes und Heilands, und unserer
Gebieterin, der heiligen Muttergottes, und aller Heiligen; am 9. Pachon der neunten Indiktion in
Arsinoiton Polis. Flavius Theodorakios, dem berühmtesten illustrios und Pagarchen dieser Arsinoiton
Polis, (vertreten) durch [–––] (seinen) lichtesten Verwalter, Aurelius [–––] ‚Schwammschädel‘, Sohn
des [–––] aus der Dorfeinheit Psineuris des Arsinoitischen Gaues, Grüße. Ich anerkenne, aus freiem
Entschluss zu bürgen und zu haften bei Eurer Berühmtheit, (vertreten) durch den genannten Verwalter,
für Aurelius Ioannes, Sohn des [–––] (derzeit) wohnhaft auf dem Gut [–––] Kleinvieh; wenn er aber
verlangt wird von Eurer Berühmtheit, werde ich ihn gestellen und übergeben in dem öffentlichen
Gefängnis dieser Stadt [–––]“
Inhaltliche Paraphrase:
Enthaftungsbürgschaft eines Mannes mit eigenartigem Spitznamen („Schwammschädel“,
möglicherweise das Anzeichen einer Krankheit) für einen Viehzüchter oder einen Hirten. Gerichtet ist
die Botschaft an den Pagarchen Flavius Theodorakios (zu diesem CPR XXIV, S. 197–200), der sich
durch einen Verwalter vertreten lässt. Einen Hinweis auf eine amtlich motivierte Bürgschaft existiert
nicht: Weder sind irgendwelche Pflichten des Verbürgten spezifiziert noch führt der Bürge irgendeine
Amtsbezeichnung; sein Spitzname könnte immerhin andeuten, dass es sich um eine recht bekannte
Person handelte.
Die Datierung des Textes bedeutet überdies, dass Theodorakios, der in W.Chr. 8 noch
Vorbereitungen gegen die arabische Invasion getroffen hatte, von den Eroberern quasi übernommen
wurde (Ed.).
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 10
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Anmerkungen:
! Z. 11: Psineuris könnte auch ein Weiler (epoikion) gewesen sein (Ed. Komm.)
! Z. 16: Das (ergänzte!) Partizip für den derzeitigen Aufenthaltsort scheint hier die
Herkunftsangabe zu ersetzen, falls nicht vorher (Z. 15) !"+ mit der origo des Verbürgten
stand.
! Z. 17: Der Ergänzungsmöglichkeiten sind viele, aber keine eindeutigen. Aurelius Ioannes
könnte ein Schafscherer sein, was erklären würde, warum nur sein temporärer Aufenthaltsort
genannt ist, da er ständig unterwegs war. Wäre es möglich, dass er einem koinon angehörte,
welches ähnlich demjenigen aus P.Cair.Masp. I 67002 für diverse Sicherheitsaufgaben
verantwortlich war?
P.Apoll. 7
Originaltitel: Envoi d’un individu à Papas par l’émir Zubayd B. Hudayg
Datierung: 2. H. 7. Jh.
Herkunft: Apollonopolis Ano
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: pl. 1
BL–Korrekturen: VIII 10
Textgattung: Brief (amtlich; Anweisung)
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: Papas
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Papas
2. Filiation: –
3. Anrede: Erhabenster (magnificentissimus)
Matthias Stern 11
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
4. Titulatur: Pagarch
5. Herkunft:
6. Amtsbereich: Apollonopolites
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: dux
""# Charakter des $%&'()'(%*+,()(%&'+-.Unterlassungsexekution.
Text: † =, q,+µ'(> (-b p5-b, "'*c =µ-b ^-%MI5>( !µ>*4 "*12 ~'"4, (1, "/.'*6-, w"+$$[<,-2 �,<·] E56-µ#,I (A, "'*-b&/, µ-% =">&(-$A, [[ M$ ]] B µ5.'$-"*#"5>/ &-%, M$#"50([5], ([1, !"-E>E+,('] (A, "'*-b&/, µ-% =">&(-$A, ?'F "'*'&?5%/&'(5 'T(1, !"5$85\,, ?'F $'[M+,(52 =..U'2] µA =/&I(5 'T(1, =$85\, "*12 µl "5*F (-U(-%· ?'F 5N*S,I 3µ\, !"1 ([-b p5-b †] v 5"'./*6(_) w"(+)$($<,-2) �,< † "'*) ^-%MI5>( %a(-b) r5E5j !µ>*4 Apparatus 2: BL VIII 10 – =">&(-$A, [[ ?'F ]] B µ5.'$-"*#"5>/ prev. ed.
Übersetzung: vgl. Übers. d. Ed. (frz.)
„Im Namen Gottes, von mir, dem Emir Zubayd an Papas, den Pagarchen von Apollonopolis Ano.
Wenn deine Erhabenheit diesen meinen vorliegenden Brief empfangen hat, gebt acht, wer den Brief
übergibt; sorgt dafür, dass er verschwindet, und lasst nicht zu, dass er wegen dieser Sache zu mir
kommt, nachdem ihr die (entsprechenden?) Bürgschaften genommen habt. Und der Friede Gottes sei
mit Euch.“
v
„An den Pagarchen von Apollonopolis Ano, vom Emir Zubayd b. Hudayg.“
Inhaltliche Paraphrase:
Der Emir (= dux der Thebais) Zubayd schreibt an den Pagarchen Papas, dass die Person, die das
Schreiben überbringt, ohne Anhörung fortgeschickt werde, jedoch daran gehindert werden soll, wieder
mit dem Emir in Kontakt zu treten. Die Person stammt anscheinend aus Apollonopolis und hatte sich
vielleicht an Zubayd in seiner rechtsprechenden Funktion gewandt, woraufhin sie offenbar unter
Einsatz von Täuschung an den Pagarchen gesandt wird und diesem die gegen sich selbst gerichtete
Unterlassungsexekution bringt. Dem Pagarchen wird zugleich aufgetragen, eine Bürgschaft für das
entsprechende Wohlverhalten des Petenten abzunehmen. Ob von Papas jedoch noch weitere konkrete
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 12
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Vorgehensweisen erwartet wurden oder ob man sich mit dem solcherart angedrohten Personenzugriff
begnügte, lässt sich nicht entscheiden.
Die Doppeldeutigkeit der Formulierung "'*'&?5%/&'(5 'T(1, !"5$85\, ist möglicherweise
bewusst gewählt, auch wenn man sich nicht vorstellen möchte, dass Beamtenstellen mit solcher
Routine lästige Zivilisten ‚verschwinden‘ ließen. Die Ed. mutmaßt im Petenten einen überstellten
Steuer- oder Zwangsarbeitsflüchtigen, doch verwundert, dass jeder Hinweis auf eine Überstellung
fehlt. Für solche Botendienste wären aber stratiotai bzw. beredarii zu vermuten. Überdies zeigt Z. 4,
dass sich die Person freiwillig an den Emir wandte.
P.Apoll. 9 (= tlw. PSI 1266)
Originaltitel: De Helladios: le topotérète communique une circulaire de l’émir Jordanès concernant les
calfats en fuite
Datierung: 660–661 (?) / 675–676 (?)
Herkunft: Apollonopolis Ano
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: Norsa, Scritture documentarie,Tav. XXIX; Pap.Flor. XII Suppl., Tav LVIII; Crisci,
Scrivere greco, Tav. LXXI; Pap.Flor. XXX, Tav. CLV; Pap.Flor. XXXI, S. 39, Tav. 9 (Z. 6 – 10,
Zeilenanfänge fehlen); S. 46, Tav. 2 (Z. 2 – 14); La forma del libro, S. 43; Cavallo, Scrittura, S. 139
[112] (Z. 6–10, Ausschnitt); Harrauer, Paläographie, Tafelband, Abb. 265;
http://www.bml.firenze.sbn.it/laformadelibro/sezioni_ing/scheda15.htm
BL–Korrekturen: III 7; IV 2; VIII 10f.; XI 7; XII 256 (zu PSI 1266)
Textgattung: Brief (amtlich; Anweisung) und Rundschreiben (amtlich; Anweisung)
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: Papas
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
Matthias Stern 13
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
1. Name: Papas / –
2. Filiation: –
3. Anrede: Erhabenster (magnificentissimus); Bruder; Gottbehüteter; Gebieter / –
4. Titulatur: Pagarch / Pagarchen
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: Apollonopolites / verschiedene Pagarchien in der Thebais
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen / Dritte;
Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: dux; topoteretes; notarius; stratiotes
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Zugriff auf flüchtige Personen
Text: [† X,'] µ/8G B Bµ5(#*' µ5.'$-"*5("5&(/(I) !E5$Q+(I2 m2 68#2, Ä([>2] Å, (5(/*(I (-b "'*+,(-2
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J&E5>2(*) -T? =?E;EG 10Z'%(1, ?'F "#µ"5> 3µ\, V?'&(-, ?'$'Q(/)((I,) n,(' 5N2 (A, E>-;?I&>, 'T(-b µ5() (<(*) 85<*:&'>
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5T?$5(5&(/(-%) !µ>*4 E>'E>?( ) 15[ –ca.?– ]
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 14
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
v (hand 1) † (9 8[5-Q%$(/?(_) µ-% E5&"+(G (?'F) !E5$Q9] ~'"Ñ (9 "'.(/*)6(_) w"+$$<(,-2) �,< †
Ö$$/E[>-2 †] Apparatus 7: l. Bµ5(#*_ BL VIII 11 ^ r.8. l. "#µ@'> ^ r.8. l. Bµ42 ^ r.9. l. Bµ\, ^ r.9. l. (1 ^ r.9. l. K&(>2 ^ r.10. l. (1 ^ r.12. l. =D'$5>"(>?) ^ r.12. l. BµH, ^ r.13. l. (1
Übersetzung: vgl. Übers. der Ed. (frz.)
„Auf dass Eure erhabenste Brüderlichkeit wisse, dass ich gestern, es war der vierte des gegenwärtigen
Monats, ein Schreiben von meinem Gebieter empfing, dem allgelobten dux, überbracht durch Sergios,
dem wegen der flüchtigen Kalfaterer gesandten stratiotes: Solltet Ihr überführt werden, dass Ihr auch
nur einen einzigen habt entweichen lassen, so zahlt Ihr 1000 Nomismata für ihn und setzt Euch Gefahr
für Euer Leben aus. Wenn aber auswärtige Kalfaterer in Eure Pagarchie eingedrungen sind, so setzt
diese fest und schickt sie in Holzfesseln. (2. H.) Kopie der amtlichen Verordnung, die mir geschickt
wurde von meinem Herrn, dem gerühmtesten Emir: Im Namen Gottes, Jordanes allen Pagarchen der
Thebais. Da die Kalfaterer, die an den Schiffen von Babylon arbeiten, sich aus dem Staub gemacht
haben, haben wir unseren topoteretes auch angewiesen, nicht auch nur einen einzigen Kalfaterer
unbehelligt zu lassen, ohne diesen zu uns zu schicken; wer aber einen Kalfaterer festhält oder
versteckt, soll 1000 Nomismata zahlen, wenn er die Möglichkeit hat; wir wiesen ihn auch an, euch die
vorliegende amtliche Verordnung zu zeigen. Daher: Wer auch immer diese (Anordnung) nicht erteilt
und uns (nicht) jeden Kalfaterer schickt, der sich in seinem Amtsbereich befindet, nachdem man ihm
diese Anordnung gezeigt und verlesen hat, wer auch nur einen einzigen unbeachtet lässt, dessen Besitz
werden wir nicht anstelle seines Lebens akzeptieren. Daher, wie gesagt, versammelt die Kalfaterer und
schickt sie zu unseren zerstörten Schiffen. Und damit ihr nicht streitet, habe ich die vorliegende
Anordnung proklamiert. Diesem meinem vorliegenden Schreiben folgend habe ich die Anordnung
angefügt, die an mich gesandt wurde durch den genannten gerühmtesten Emir [–––]“
v
„(1. H.) Meinem gottbehüteten Gebieter und Bruder Papas, dem Pagarchen von Apollonopolis Ano.
Helladios.“
Inhaltliche Paraphrase:
Der dux sendet eine Verordnung über seinen topoteretes an sämtliche Pagarchen der Thebais; diese
hier speziell an Papas, wie aus dem Eingangsschreiben des topoteretes bzw. von dessen notarius
Helladios hervorgeht. Als Requisition ausgesuchte Kalfaterer aus der Thebais sind nach Babylon
entsandt worden, jedoch offenbar en masse desertiert. Alle Pagarchen der Thebais werden
aufgefordert, die entsprechenden Männer, deren Rückkehr in die Heimat wohl anzunehmen war,
Matthias Stern 15
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
auszuforschen und festzusetzen. Hierbei werden sowohl implizit flüchtige Kalfaterer aus der eigenen
Provinz als auch explizit auswärtige flüchtige Kalfaterer, die in der eigenen Pagarchie angetroffen
werden, gemeint sein. Die „Holzfessel“, stellt vemutlich eine Art Joch dar und mit den „zerstörten
Schiffen“ bezieht sich der dux auf die Arbeit in Babylon, zu welcher jene Kalfaterer eingeteilt waren.
Die Pagarchen besitzen hier direkte Zugriffsmöglichkeit auf flüchtige Zwangsarbeiter und es werden
harte Sanktionen angedroht, wobei unklar ist, inwieweit die Androhung der Todesstrafe schlicht
rhetorischer Natur ist.
P.Apoll. 13
Originaltitel: De Helladios : ordres du topotérète concernant fugitifs et étrangers
Datierung: 661/676 (17. April)
Herkunft: Apollonopolis Ano
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: –
BL–Korrekturen: –
Textgattung: Brief (amtlich; Anweisung)
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: Papas
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Papas
2. Filiation: –
3. Anrede: Gottbehüteter; Gebieter; Bruder
4. Titulatur: Pagarch
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: Apollonopolites
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 16
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: –
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Erfassung von angetroffenen Flüchtigen; Erfassung
von abgängigen Flüchtigen
Text: [– ca.50 – .,]H&>, (H, Q5%.+,(<,(*) !,8*h["<,] [– ca.15 – ǵ' -Ü, (Y !,'.,h&5> (:2 "'*-U&I2 =">&(-]$:2 ('U(I, "#µ@'(5 5T8#[<2] [– ca.50 – .,H&]>, µ5() (H, $->"H, .,h&5[<,] [– ca.30 –] 5á*<. !$$) "/,(<2 à[2 ?'(']$/MG µ5 B 'T(A .,H&>2 E>) "/&I2 5[&%,(-µ;'2 e"-%E/, 5Nµ>, ?'F (A, .,H]&>, (H, D#,<, (H, n,(<, 5N2 (A, "'.'*6;', 3µH, ?'F "#µ@'(#
µ-> ['T(A, – ca.15 – !"'>(S&'(5] (-72 D#,-%2 !"1 (*5>H,(*) ,-µ>&µ/(<, Z?/&(-%, ?'F (1 (->-b(-
6*%&;[-,] ["#µ@'(# µ->(?)] ="5>EA -T? q$>.h[*<2 =.*/QI µ->] 68l2 "5*F (-U(-% "/$>,. !$$) "/,(<2 µA
!µ5$S&I(5 5N2 (-b(- [?'F (A, .,H]&>, (H, Q%.+,(<, !,8*h"[<, !"-]$U&'(5 'T(A, "*12 µ#.† o(')*(µ-b)8(>) ?M
N,E(>?(;-,-2) E † v † (9 85-Q%$(/?(_) µ(-%) E5&"+((G) (?'F) ![E5$Q9 ~'"Ñ (9 "'./*6(_) w"+$$<(,-2) �,< †
Ö$$/E>-2 †] Apparatus ^ r.1. l. Q%.+,(<, ^ r.6. l. (*>H,
Übersetzung: vgl. Übers. d. Ed. (frz.)
„[–––] Liste der entflohenen Personen [–––] sobald ihr den vorliegenden Brief gelesen habt, schickt
diese (Liste?) umgehend [–––] die Liste zusammen mit den restlichen Listen [–––] habe ich gefunden.
Aber die erwähnte Liste möge mich in jedem Fall unter allen Umständen sobald wie möglich
erreichen, wo immer ich gerade sein mag, und was die Liste der Auswärtigen angeht, die sich in eurer
Pagarchie aufhalten, schickt mir auch diese [–––] fordert von den Auswärtigen drei Nomismata pro
Kopf ein und schickt mir dieses Gold, denn ihr solltet nicht vergessen, dass mir gestern erneut wegen
dieser Sache geschrieben wurde. Vernachlässigt um keinen Preis diese Angelegenheit und die Liste
der entflohenen Personen und sendet diese an mich. 22. Pharmuthi der 4. Indiktion.“
v
Matthias Stern 17
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
„Meinem gottbehüteten Gebieter und Bruder Papas, dem Pagarchen von Apollonopolis Ano.
Helladios.“
Inhaltliche Paraphrase:
Der Pagarch wird ersucht, Listen über gesuchte entflohene Personen (wohl aus dem Apollonopolites)
sowie über (im Apollonopolites angetroffene) Auswärtige an Helladios zu schicken; mit den
„restlichen Listen“ sind möglicherweise Bürgenlisten gemeint oder Helladios bezieht sich auf die von
den anderen Pagarchen zu sendenden Listen (vgl. P.Apoll. 14). Bei den Auswärtigen scheint es sich
auf den ersten Blick nicht um Flüchtige zu handeln, da anscheinend keine Aufforderung besteht, sie
zurückzuschicken. Vielleicht handelt es sich bei den drei Goldnomismata um eine Abgabe gegen die
Konzession, außerhalb der eigenen patria Aufgaben zu erledigen, doch angesichts der Formulierung
von P.Lond. IV 1384, 38–40 sind hier sicherlich ebenfalls Strafzahlungen gemeint. Dann müsste man
davon ausgehen, dass eine Überstellungsanweisung verloren gegangen ist oder wenigstens impliziert
war. Die Dringlichkeit der Angelegenheit verdeutlicht Helladios mittels eines Verweises auf ein
Schreiben, das vermutlich vom dux stammt.
Anmerkungen:
! Z. 5–6: Vom Sinn her ist eine Ergänzung à la „... ich gerade sein mag, ebenso die Liste der
Auswärtigen, die sich in Eurer Pagarchie aufhalten – und schickt mir [diese (= die
Auswärtigen) nach Antinoe (o. ä.)]“ denkbar. Zudem ist fraglich, ob in Z. 5 wirklich die Liste
zu ergänzen ist, denn die Strafzahlung und der letzte Satz des Recto legen nahe, dass
„Auswärtige“ und „Flüchtige“ hier identisch sind und also nur von einer einzigen Liste die
Rede ist.
P.Apoll. 14
Originaltitel: De Helladios : ordres du topotérète concernant les étrangers
Datierung: 660–661 / 675–676
Herkunft: Apollonopolis Ano
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: –
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 18
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
BL–Korrekturen: –
Textgattung: Brief (amtlich; Anweisung)
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: Papas
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: (Papas) / –
2. Filiation: –
3. Anrede: –
4. Titulatur: – / Pagarchen
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: –
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen / Dritte;
Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: –
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Erfassung von auswärtigen Flüchtigen
Text: –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– 2[– ca.10 –](-%. $->"1, &"-%E/[&G –ca.?– ] [– ca.10 –] 0'0>0[ –ca.?– ]*0'0,0 &>ES*-%[ –ca.?– ] [(]A, ?5Q'$';<&>, (H, n,([<, 5N2 (A, "'.'*6;', 'T(:2 –ca.?– ] 5[N]E-7 "-&/?>2 C.*'@', 'T(Y [ –ca.?– ] -a "/.'*6->. $->"1, µA [ –ca.?– ] ?'F !"'>(S&G0 'T(-72 () (*;' ,-[µ;&µ'(' –ca.?– ] ?'F µA (/D'2 X,' Eh&G E5 0[ –ca.?– ] "'*'&(Y. $->"1, -á(<2 µ[ –ca.?– ] 10.*/@',(-2 "*12 'T(S,. !$$) .)* [ –ca.?– ] ?'F µA "*-&E-?S&G K(> [ –ca.?– ] C.*'@' 'T(9 "5*F (-U(-%. $->"1, -Ü, 50,0[ –ca.?– ] ?'F !&"/j-µ'> 3µ42 [E>) (-b .*/µµ'(-2 –ca.?– ?'F E>c 3µH, (1,] ?->,1, !E5$Q1, (1, PU*>-, O</,,I, ?'F "/,('2 (-72 [$[$-%2 –ca.?– ]
Matthias Stern 19
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Übersetzung:
„[–––] Ferner bemühe sie (= Eure Durchlaucht o. ä.) sich darum [–––] (des) Eisens [–––] der
zusammenfassenden Liste der sich in ihrer Pagarchie aufhaltenden Personen [–––] achte darauf, wie
oft ihr schreiben [–––] die Pagarchen. Ferner [–––] und ziehe sie von diesen drei Goldnomismata ein
[–––] und wenn du sie nicht behördlich erfasst, so sollst du geben [–––] sie (diese?) vor Gericht führe.
Außerdem auf diese Weise [–––] nach dem Schreiben (?) an sie (= Eure Durchlaucht o. ä.). Vielmehr
nämlich [–––] und sie vertraue nicht darauf, dass [–––] ich habe ihm (= dem Emir?) diesbezüglich
geschrieben. Ferner [–––] und ich grüße Euch mit diesem Schreiben [–––] und durch Euch den
gemeinsamen Bruder, den Herrn Ioannes, und alle anderen [–––]“
Inhaltliche Paraphrase:
Ein weiteres Schreiben von Helladios über ‚Auswärtige‘. Der Adressat ist Papas, welcher in der
dritten Person angeredet wird. Er soll eine Übersicht über die in der Pagarchie sich befindlichen
Fremden erstellen lassen und von diesen drei Goldnomismata einziehen. Dieses Gold ist wie in
P.Apoll. 13, 6 (vgl. P.Lond. IV 1384, 38–40) vermutlich eine Strafgebühr, weshalb man wohl
annehmen darf, dass die „Fremden“ in der Pagarchie flüchtig sind. Auch in diesem Schreiben könnte
eine Überstellungsanweisung gestanden haben oder impliziert sein. Papas soll überdies offenbar
Schreiben der anderen Pagarchen abwarten. Anscheinend geht es darum, die genannte Liste mit den
Flüchtigenlisten aus anderen Pagarchien abgleichen zu lassen, um die Herkunft der im
Apollonopolites erfassten Flüchtigen ausfindig zu machen. Aufgrund dieser Tatsache kann man sich
auch nur schwer vorstellen, dass Papas selbst keine Liste über abgängige Personen ausgestellt haben
soll, während mehrere andere Pagarchen ihm aber solche senden. Somit klingt auch hier eher eine
Generalmaßnahme an. Papas wird ein Strafgeld angedroht, falls er der Erfassungspflicht nicht
nachkommt. Die erwähnte „zusammenfassende Liste“ ist vermutlich aus Listen, die jeweils über die
einzelnen Dörfer vorlagen, collagiert worden. Da der Verwaltungsaufwand für eine solche
Einzelaktion enorm scheint, kann man vermuten, dass hier auf bereits vorhandene Personenregister
über die Steuerzahler zurückgegriffen wurde, wie sie etwa das Büro des Pagarchen in seiner
Fiskalfunktion ohnehin vorzuliegen hatte.
Anmerkungen:
! X,' (Z. 8) ist möglicherweise mit LSJ s. v. II 3 b zur Umschreibung einer Aufforderung zu
verstehen.
P.Apoll. 18
Originaltitel: De Helladios : ordres pour l’envoi des adversaires de Sabinos
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 20
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Datierung: 660–661(?) / 675–676(?)
Herkunft: Apollonopolis Ano
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: pl. IV
BL–Korrekturen: –
Textgattung: Brief (amtlich; Anweisung)
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: Papas
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Papas
2. Filiation: –
3. Anrede: Gottbehüteter; Gebieter; Bruder; Herr
4. Titulatur: Pagarch
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: –
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: topoteretes; notarius; stratiotes
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Zugriff auf Straftäter und -verdächtige; Zugriff zum
Zwecke der Geiselhaft; allgemeine Aufsicht über Sicherheitspersonal
Text: † n,(<2 p5-b ?5$5U-,(-2, Pb*> ~'"42, -T EU,'('> M'$5\, Bµ42 [– ca.14 – B 85-QU$'?(-2 3µH,
!E5$Q+(I2 0 0 0 0] E>+(> C.*'@' 'T(Y "#µ@'> µ-> (-72 !,(>E;?-%2 ^'M;,-% qQ5;$-[,('2 ?'(5$85\, "*12 µl(?)] !":$85, ?'F CM'$5, 'T(-72 5N2 }$>5%(>?1, 6<*F2 @<µ;-%, ?['F –ca.?– ] ?'F CQ%.', ?'F !,:$8', ?'F -TEl K$<2 Å$8', "*12 µ#. !$$[) –ca.?– ]
Matthias Stern 21
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
5&65Ef0,(*) µA !,'µ5;,G "*12 µ;', `-"A, 5N µA M/$[G 'T(-72 (?)– ca.20 – "#µ@G] 'T(-72 "*12 µl e"-%E/, 5Nµ>, qQ5;$-,('2 ?'(5$85\, [ –ca.?– ] 'T(:2 "/*-E-,· ?'F p5-b ?5$5U-,(-2 !"/*(> [0,< µ 0',0[8/,G (?) –ca.?– ] -á(<2 C65> Bµ42, -TEl .)* K(', ?'F 85$S&G M'$5\, Bµ[42 –ca.?– ] 5T8#<2 "#µ@G µ-> E>) &(*'(>h(-% (:2 w"+$$<,-2 qQ[5;$-,(-2 (?) –ca.?– ] 10!$$) ()2 .%,'\?'2 'T(H, M/$G 5N2 Q%$'?A, [6*>2 -â E[#DI('> .*/µµ'(' "'*) (-b E5&"+(-% µ-%
(-b =,E-D-(/(-%] (-"-(I*I(-b K(> !"S$$'D', (1 "*4.µ' '3(H,· ?'F ([ –ca.?– ] 8#$5> ?'F 'T(12 =$85\,, C$8G, ="5>EA 'T(:2 =&(>, ([ –ca.?– ] !$$) () "*+&<"' "*12 (A, \äEI/ "5µQ85\[&', =">&(-$A, –ca.?– ] !$$) "/,(<2 à2 ?'('$/M<&;, µ5 e"-%E/, 5Nµ> 5> 0[– ca.26 – "5*F (:2] 15?'?:2 'T(H, n@5<2 =.*/QI µ-> "/$>, 68l2 [ –ca.?– ] X,' (-U(-%2 =D"5$$5U&G "*1 (-b 'T(1, !,5$85\, †. [ –ca.?– ] v [† (9 85-Q%$(/?(_) µ(-%) E5&"+((G) (?'F) !E5$Q9] ~'"Ñ "'./*6_ † Ö$$/E>-2 ,-((/*>-2) † (hand 2) † "5*F !,(>E;?<0,0 ^'M;,-% † Apparatus ^ r.5. l. &65E1,
Übersetzung: vgl. Übers. d. Ed. (frz.)
„Wahrhaftig, so Gott befiehlt, dem Herrn Papas, Eure gottbehütete Brüderlichkeit kann uns nicht
Genüge tun (?) [–––] da ich ihr (= Eurer Brüderlichkeit) geschrieben habe, mir die Prozessgegner des
Sabinos zu schicken, die zu mir (den Nil) hinabkommen sollen [–––] (sc. Eure Brüderlichkeit oder:
Euer stratiotes o.ä.?) verschwand und warf sie auf ein Fischerboot ohne Nahrung und [–––] und sie
flohen und zogen flussaufwärts und auf keine Weise gelangten sie zu mir. Vielmehr [–––] sie warte
nicht auf einen Zeitpunkt, sondern werfe diese (?) [–––] schicke sie diese zu mir, wo immer ich auch
gerade sei, denn(?) sie müssen (den Nil) hinunterkommen [–––] deren (= Eurer Brüderlicheit) Weg.
Und so Gott befiehlt, soll sie nun flussaufwärts in Erfahrung bringen [–––] so verhält es sich für uns,
denn wenn sie nicht auch willens ist, uns Genüge zu tun (?) [–––] umgehend sende sie mir (diese)
mittels eines stratiotes aus Apollonopolis; man muss [–––] ihre Frauen aber werfe sie ins Gefängnis,
bis sie einen Brief von meinem Gebieter, dem berühmtesten topoteretes empfängt, dass sie ihre
Schuldsache bereinigt haben; und [–––] sie wünscht, dass er (= Sabinos oder der Emir?) auch selbst
kommt, so komme er, denn ihrer (= Eurer Brüderlichkeit) ist [–––] vielmehr (schicke sie?) die
Personen wie sie im bereits gesendeten Brief aufgeführt sind [–––] in jedem Falle mögen sie mich
erreichen, wo immer ich gerade sei [–––] über den schlimmen Anblick dieser (Personen?) wurde mir
gestern wieder geschrieben [–––] aufdass sie diese (der Pagarchie) verweise, bevor er (= ein
Abgesandter?) (den Nil) hinaufkommt [–––]“
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 22
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
v
„Meinem gottbehüteten Gebieter und Bruder Papas, dem Pagarchen. Helladios, notarius. (2. H.)
Wegen Prozessgegnern des Sabinos.“
Inhaltliche Paraphrase:
Der Pagarch Papas hatte über den topoteretes den Auftrag erhalten, die Prozessgegner eines gewissen
Sabinos nach Antinoupolis zu überstellen, wo ihnen offenbar vor dem Emir der Prozess gemacht
werden sollte, allerdings ermöglichte offenbar Nachlässigkeit aufseiten des Pagarchen oder seiner
Beamten den Beschuldigten die Flucht. Papas soll diese Personen nun wieder ausfindig machen und
sie zum topoteretes bringen. Außerdem soll er offenbar Erkundigungen nilaufwärts einholen. Ob
damit der vermutete Aufenthaltsort der Gesuchten, nämlich ihre Heimat im Apollonopolites oder aber
Darüberhinausgehendes gemeint ist, kann aufgrund des Textverlustes nicht geklärt werden, doch ist
wohl anzunehmen, dass hiermit die Fahndung expliziert ist. Papas soll zudem die Ehefrauen der
besagten Prozessgegner als Geiseln in Apollonopolis inhaftieren lassen. Erst ein Schreiben des
topoteretes nach Bereinigung der Angelegenheit kann diese wieder auslösen.
Der Pagarch begegnet als Befehlsempfänger des topoteretes, der wiederum dem dux
untersteht, welcher schließlich oberster Vorstand des Sicherheits- und Polizeiwesens in der Thebais
ist. Papas ist für die Verhaftung und Überführung von flüchtigen Strafverdächtigen zuständig und hat
hier ebenso Zugriff auf formal unbescholtene Privatpersonen zum Zwecke der Geiselhaft. Ihm scheint
überdies eine Art Gendarmerie zur Verfügung zu stehen (vgl. auch P.Lond., S. xxiv, Anm. 6; P.Lond.
1435, 117: &ãµµ'6-> ?'F &(*'(>H('> (-b "'.å*6-%), denn ihm wird aufgetragen, einen stratiotes zur
Begleitung mitzusenden. Die Flucht der Gesuchten ereignete sich offenbar während der Überstellung
nach Antinoupolis selbst (siehe zu solchen Umständen Krause 1996, 311); möglicherweise ist in
unserem Text eine vorhergehende Untersuchungshaft und damit eine Gefängnisaufsichtsfunktion
impliziert. Auf die Nachlässigkeit der (liturgischen) Sicherheitskräfte könnte am Ende von Z. 2 Bezug
genommen worden sein. Durch das zunehmend komplexere Gerichtswesen im Reich (auch Ägypten?)
und die Einrichtung von zentralen Gerichtsorten nach Aufgabe des Konventsystems waren
Überstellungen auch von einem Gerichtshof zum anderen häufiger; in der Regel unter militärischer
Bewachung (Krause 1996, 265f. mit Zeugnissen).
Anmerkungen:
! Vgl. zum Fall auch P.Apoll. 19
! Z. 7: Möglicherweise ist eher !"'*(; im Sinne von „ganz (in Erfahrung bringen)“ zu ergänzen.
! Die Bedeutung von M/$$5>, mit Akkusativ ist nicht ganz deutlich; möglicherweise ist die
Formel unvollständig. Am ehesten ließe sich wohl noch an LSJ s. v. A I 3 denken; mit Bezug
auf „uns“ (= die Beamtenschaft des topoteretes) dann möglicherweise als Mahnung zu
verstehen in Z. 1 („kann uns nicht Genüge tun“) sowie in Z. 8 („denn wenn sie uns nicht
Matthias Stern 23
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Genüge tun will“) o. ä. Dann wäre auch Z. 5 vielleicht (vgl. aber Z. 3 und Z. 10) in diesem
Sinne zu deuten: „sie warte nicht auf einen Zeitpunkt, ohne uns Genüge zu tun“ (dann wäre
die Ergänzung 'T(-U2 zu streichen, stattdessen Bµ/2?).
P.Apoll. 22
Originaltitel: De Théodoros : l’affaire du batelier Phêu
Datierung: ca. 2. H. 7. Jh.
Herkunft: Apollonopolis Ano
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: –
BL–Korrekturen: XI 7
Textgattung: Brief (amtlich; Mahnung)
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: Papas
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Papas
2. Filiation: –
3. Anrede: Angesehener (spectabilis); Ehrenwerter; Freund
4. Titulatur: Pagarch
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: Apollonopolis Ano
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Steuer- und Finanzwesen;
Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 24
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: –
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Zugriff auf Privatbesitz; allgemeine Aufsicht über
Sicherheitspersonal
Text: † o:ç e ,'U(I2 e ?'('µ#,<, =, (Y w,(>,+-% "*-&:$85, m2 \[,8*<"-2/ (:2 "5*>M$#"(-% &-% Q>$[;'2
(A,] 'T$A, 'T(-b C$'M5,. ?'F m2 ,-µ;j< -T? éQ5>$5, (-b(- "->:&'>, "$A, =), !$[$'68Y] 'T(9 B 'T$A 'T(-b, ?'F (1 E;?'>-, Q%$'68Y 'T(9, ?'F ()2 .>(,5;'2(*) (-b -|?-% 'T(-b [EI$h&G(?)] v [† (9 "5]*>M$(#)"((_) (?'F) (>µ(:2) !D;_ Q>$((å(_) ~'"Ñ "'./*6(_) w"+$$<(,-2) �,< † p5+E<*-2 † 5(hand 2) "5*(F) ((:2) 'T$(:2) o:ç [,'U((-%)] Apparatus ^ r.3. l. .5>(,;'2 4: BL XI 7 – [† (Y "5]*>M$(#)"((_) (?'F) (>µ'D;k Q>$(;k) prev. ed.
Übersetzung: vgl. Übers. d. Ed. (frz.)
„Der Bootsmann Phêu, ansässig in Antinoupolis, wurde vorstellig, dass ein Diener deiner angesehenen
Freundschaft seinen Hof in Beschlag genommen habe. Und wie ich meine, durfte er dies nicht tun – es
sei denn, sein Hof wäre ihm abspenstig gemacht worden und sein Recht hätte geschützt und die
Grenzen seines Anwesens hätten sichtbar gemacht werden müssen.“
v
„Dem angesehenen und ehrenwerten, besten Papas, Pagarch von Apollonopolis Ano. Theodoros. (2.
H.) Wegen des Hofes des Bootsmanns Phêu.“
Inhaltliche Paraphrase:
Der Pagarch Papas erhält vom notarius eine Rüge mit Rechtsbelehrung, dass der Grundbesitz des
Individuums geschützt sei, sofern nicht Sonderfälle vorliegen. Offenbar hat Papas – vielleicht für
steuerliche Haftungszwecke – in einer nicht näher genannten Form den Hof des Phêu in Beschlag
nehmen lassen. Die syntaktischen Zuordnungen sind nicht ganz klar. Am einfachsten scheint die
genannte Interpretation zu sein, welche darum vorzuziehen ist. Streng genommen könnte statt eines
„Dieners“ des Pagarchen jedoch auch ein einfacher Einwohner seiner Pagarchie gemeint sein. Ein
privater Hintergrund erscheint allerdings aufgrund der ‚Großstellung‘ des Pheu unwahrscheinlich;
zudem wäre, wie erwähnt, der übrige Text nur mit Mühe dementsprechend zuzuordnen. Die Tatsache,
dass der Name des Übeltäters nicht spezifiziert wird, muss kein Argument für einen Diener des
Pagarchen sein, da Pheu den Brief vermutlich selbst trug und den Namen hätte mitteilen können.
Interessant ist ferner, dass hier Gründe genannt werden, deretwegen die Besetzung des Hofes legitim
Matthias Stern 25
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
gewesen wäre. Der Pagarch durfte also offenbar in regulärer Form Grund und Boden besetzen, um
ordnungspolitische Maßnahmen durchzusetzen.
Anmerkungen
! Z. 2: Wohl besser !$[$-(*><8Y], wie es auch die Ed. als Möglichkeit vorschlägt, allerdings im Sinne von „abspenstig machen“ (so auch hier übersetzt).
! Z. 3: Der Akkusativ ist in jedem Fall schwierig zu erklären. Ich würde mich vorsichtig für einen Fehler entscheiden, da kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass nach "$A, die Konstruktion gewechselt wird oder eine Unterordnung vorliegt; daher denke ich auch nicht, dass plötzlich in der Lücke ein Imperativ stand. Es ist andererseits verführerisch, hier auch eine Anweisung zu lesen, etwa: „Und wie ich meine, durfte er dies nicht tun – es sei denn, sein Hof wäre ihm abgenommen worden; verschaff ihm also sein Recht und mache die Grenzen seines Grundstückes sichtbar.“ Allein, fehlen im griechischen Text Partikel, aus welchen ein solcher Folgesinn zu erschließen wäre.
.
P.Apoll. 24 (= PSI XII 1267)
Originaltitel: De Théodoros : l’affaire du batelier Phêu
Datierung: ca. 2. H. 7. Jh.
Herkunft: Apollonopolis Ano
Schriftträger: Papyrus
!
Abbildungen: PSI XII, Tav. III (vor S. 97); Norsa, Scritture documentarie, Tav. XXVIII; Bataille, Les
Papyrus, Pl. XIV; Pap.Flor. XXX, Tav. CLVI; Pap.Flor. XXXI, S. 39, Tav. 9 (Z. 1 – 6, Zeilenenden
fehlen); Cavallo, Scrittura, S. 137 [111] (Z. 1–5, Ausschnitt)
BL–Korrekturen: XI 7; XII 6 und 256 (zu PSI XII 1267)
Textgattung: Brief (amtlich; Anweisung)
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: Papas
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 26
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Papas
2. Filiation: –
3. Anrede: Angesehener (spectabilis); Ehrenwerter; Gnade; Freund
4. Titulatur: Pagarch
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: Apollonopolites
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Steuer- und Finanzwesen;
Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: –
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Exekution privater Vertragsinhalte
Text: † ?'F [$$-(5, m2 ,-µ;j<, C.*'@' (Y "5*>M$#"(_ &-% .[,]I&;k Q>$;k "5*F ([-b] "'*+,(-2
.*'µµ'(IQ+*-% ,'U(-% 6/*>, (-b 6*#-%2 'T(-b, m02 µ4$$-, -Ü, 6*5<&(5\('> !"+ (>,-2 V<2 EU- ,-µ>&µ/(<,, ?'F e 6*5<&(H,
!"#8',5,, ?'F e "5,85*12 'T(-b =?$I*-,+µI&5, 'T(1,, ?'F -T? R,#&65(- (-b(-, !"'$$/D'> (1 6*#-2 (-b
!"-8',+(-2. E56-µ#,I -Ü, B "5*;M$5"(+2 &-% Q>$;' (A, "'*-b&/, µ-% =">&(-$S,, (1, ?$I*-,-µS&',(' (1, !"-8',+('
!"';(I&-, 'T(9 (1 56*#-2 'T(-b. C65> .)* m2 5è"5, µ/*(%*'2 =">&('µ#,-%2 m2 6*5<&(5\ 'T(9 e !"-8',f, () 'T() EU-
,-µ;&0µ 0('('). $->"1, µA E5I8Y [$$I2 =">&(-$:2 µ-% "5*F 'T(-b X,' 5á*G ?'F 'T(12 "$I*H&'> (1, !,E*>&µ1, 'T(-b
† µ(I,F) v870(*) [ 0 0 N,]E0[(>?(;-,-2) 8 †] v † (9 "5*>M$(#"(_) (>µ(:2) !D;_ Q[>$((å(_) ~'"Ñ "'./*6(_) w"+$$<,-2 �,< † p5+E<*-2 † (hand 2) "5*(F) ((:2) 'T$(:2) o:ç ,'U((-%) Apparatus 8: BL XI 7 – (Y "5*>M$(#)"((_) (?'F) (>µ'D;k Q>$(;k) prev. ed.
Übersetzung: vgl. Übers. d. Ed. (frz.)
Matthias Stern 27
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
„Und ich habe bereits, wie ich meine, deiner angesehenen und gnädigen Freundschaft geschrieben
wegen des anwesenden brieftragenden Bootsmanns, seine Schuld(en) betreffend, dass (nämlich) ihm
nun jemand den Wert von zwei Nomismata schuldet und der Schuldner verstorben ist und sein
Schwiegervater ihn beerbt hat und er nicht einsieht, die Schuld des Verstorbenen zu begleichen.
Sobald nun deine angesehene Freundschaft den vorliegenden Brief empfangen hat, fordere vom Erben
des Verstorbenen, ihm (= dem Bootsmann) seine Schulden auszuzahlen. Denn er verfügt, so sagt er,
über Zeugen, die bestätigen können, dass der Verstorbene ihm dieselben zwei Nomismata schuldet.
Weiterhin bedürfe es nicht eines weiteren Briefes von mir in dieser Sache, damit auch derselbe (= der
Bootsmann) Gelegenheit findet, seine Kopfsteuer zu begleichen. Im Monat Hathyr, am [–––], der 9.
Indiktion.“
v
„Dem angesehenen, ehrenwerten, besten Papas, Pagarch von Apollonopolis Ano. Theodoros. (2. H.)
Wegen des Hofes des Bootsmanns Phêu.“
Inhaltliche Paraphrase:
Der „brieftragende Bootsmann“ Phêu, der Steuerrückstände aus seiner Heimat zu begleichen hat (vgl.
P.Apoll. 23), ist seinerseits Gläubiger über zwei Nomismata, doch deren Schuldner ist verstorben und
der Erbe verweigert die Abgeltung. Der notarius Theodoros fordert Papas auf, den Schuldner zur
Vernunft zu bringen, da dann auch Phêu seine Schulden in seiner Heimat begleichen kann.
Anscheinend hat Papas einen ersten Brief des Theodoros (nämlich P.Apoll. 23) ignoriert. Der
Betreffsvermerk auf dem Verso spricht dafür, dass P.Apoll. 22 die Vorgeschichte dieses Schreibens
bildet. Papas hatte wegen Steuerschulden den Hof des Pheu besetzen lassen, woraufhin dieser sich an
Theodoros gewandt haben wird. Dass Pheu den Brief selber trägt, verdeutlicht, wie der Behördenweg
einer Eingabe vom Eigeninteresse des Petenten am Leben erhalten wird bzw. wie die Behörden sich
auf den persönlichen Einsatz des Petenten verlassen.
Papas wird durch seine Exekutivgewalt als fähig angesehen, vertraglich vereinbarte Zahlungen
zu erzwingen. Dass die Zahlungen aber hier nicht direkt fiskalische Belange betreffen, zeigt erneut
den Graubereich zwischen privater und offizieller Sphäre, da Papas’ Einfluss hier zu einem sicherlich
nicht unwesentlichen Teil auf seiner persönlichen Autorität beruht. Diese Funktion ist verwandt mit
dem in Sänger 2005, 167 angesprochenen ‚persönlichen‘ Handlungsrahmen von Exekutivbeamten.
Andererseits verdeutlicht der Verweis auf die ausstehenden Steuerschulden des Petenten selbst, dass
die Verwaltung hier ein unmittelbares Eigeninteresse an der Rückzahlung der privaten Schulden hat.
Theodoros agiert hier für den Repräsentaten des dux, den topoteretes.
P.Apoll. 37
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 28
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Originaltitel: De Platon : affaire judiciaire et visite des Sarrasins
Datierung: ca. 2. H. 7. Jh.
Herkunft: Apollonopolis Ano
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: pl. VII
BL–Korrekturen: –
Textgattung: Brief (amtlich; Ansuchen)
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: Papas
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Papas / Platon
2. Filiation: –
3. Anrede: Gottbehüteter; Erhabenster (magnificentissimus); Gebieter; Bruder; Größter;
Freundschaft; Herr / –
4. Titulatur: Pagarch; comes / –
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: – / (Latopolites)
7. Weitere Funktionen: politeuomenos / –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Steuer- und Finanzwesen;
Sicherheitswesen / Absender; Steuer- und Finanzwesen; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: apokrisiarios
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Zugriff auf Straftäter und -verdächtige; Verantwortung
für öffentliche Gefängnisse
Text: † () E>) (-b \5T$'M5(&(/(-%)/ E>'?+,-% .*'Q#,(' "'*) (:2 3µ5(#*'2 85-Q[%$/?(-% !E5$Q+(I(-2]
Matthias Stern 29
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
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"'./*6(_) † ~$/(<, † Apparatus ^ r.3. l. µI(#*' ^ r.4. l. "*'?(#-% ^ r.7. l. µ-> ^ r.10. corr. ex I&%,56<*I&5 14: Gascou 1999, 15 – "+$(5<2) prev. ed.
Übersetzung: vgl. Übers. d. Ed. (frz.)
„Ich habe den Brief Eurer gottbehüteten Brüderlichkeit , der geschrieben wurde durch den
gewissenhaftesten Diakon, erhalten und [–––] ihm (= dem Diakon?) den apokrisiarios [–––] dessen;
dieser verkündete ihm [–––] jemand bis zur gemeinsamen Mutter; und sieh, ich habe veranlasst, dass
die gemeinsame Mutter den Diakon sandte, und mit Gott zögere ich nicht, ihn Euch zu senden mit
(einer Darlegung dessen,) was zu tun ist. Und nachdem ich ihr (mein) Wort gegeben habe, dass ich
alles meinem Bruder, dem Herrn Papas, schreiben werde, damit Eure gottbehütete Brüderlichkeit sich
ihrer Streitigkeit mit ihrem Prozessgegner wegen der Sklaven annimmt: Wisse, dass der Page Ananias
nun zu mir kam. Wenn es Euch gut scheint, lasst sie frei, denn ich glaube nicht, dass sie etwas
schlechtes (zu tun) suchte. Er aber zeigte mir einen Brief Eurer gottbehüteten Brüderlichkeit, (der
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 30
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
besagte,) dass diese Angelegenheit dem Herrn Christophoros zukommt; und wer soll [–––] wenn nicht
Eure gottbehütete Brüderlichkeit? Nachdem ich Kontralaton verlassen hatte, empfing ich andere
Anordnungen unseres Gebieters, des allgelobten Emirs, durch vier Sarazenen des Emirs der
‚Frommen’, die den Erwerb vielerlei Dinge betrafen; und er machte in Bezug auf diese Dinge
keinerlei Zugeständnisse. Er koste vom Wasser und Satan selbst war es, der mir brachte [–––]“
v
„weil ich niemals mich ekelte noch trauerte, wenn nicht unter diesen Umständen. Bester, ich grüße
Euch, die Gottbehüteten und Erhabensten, durch diesen Brief. Meinem gottbehüteten Gebieter und
Bruder Papas, dem größten comes, politeuomenos und Pagarchen. Platon.“
Inhaltliche Paraphrase:
Platon ist Pagarch von Latopolis und schreibt auf Augenhöhe an Papas. Im ersten Teil (Z. 1–8) geht es
um einen Rechtsstreit, der beide Pagarchen betrifft. Der Ausdruck „Mutter“ ist hier wohl als Ausdruck
für eine ältere Dame zu verstehen (vgl. dt. „Mütterchen“). Sie hatte sich offenbar über einen Pagen an
Papas gewandt, der ihr antwortete, dass ein gewisser Christophoros zuständig sei (vermutlich der
topoteretes; aus anderen Stücken wissen wir, dass er anscheinend diversen Pagarchen übergeordnet
war). Daraufhin zeigte Ananias Platon den Brief. Dieser wiederum ließ die Mutter ihr Anliegen über
einen Diakon an Papas weiterleiten, wo der Diakon selbst einen Brief im Namen des Papas schrieb
(hier erkennen wir wieder die Behördenart, die Petenten selbst Sorge für ihr Anliegen tragen zu
lassen). Diesen Brief brachte der Diakon wieder zu Platon, der dann den Diakon mit einer Liste von
Dingen, die in diesem Falle zu tun seien, zu Papas zurücksandte. Offenbar handelte es sich um eine
Form von Untersuchungshaft, denn es ist noch zu keinem Prozess gekommen, aber Z. 5 verdeutlicht,
dass konkrete Vorwürfe gegen die Frau im Raume stehen und es sich nicht um eine Form von
Geiselhaft oder Schuldhaft handelt. Sie selbst scheint in Apollonopolis inhaftiert zu sein. In diesem
Zusammenhang wäre interessant zu wissen, warum sich nun Platon der Sache annimmt. Stammt die
Frau möglicherweise aus dem Latopolites und Papas hatte sich Zugriff (exterritorial?) Zugriff auf sie
verschafft, da sie einen Streit mit Angehörigen aus Papas’ Pagarchie hatte? Dass nach Papas’ Meinung
Christophoros zuständig sein soll, mag aus der pagarchieübergreifenden Situation herrühren. Später
berichtet Platon von Requisitionsanordnungen des dux, die durch Käufe innerhalb der Pagarchie
abgedeckt werden, auf die er sehr emotional reagiert. Bei solchen Käufen ‚bestellt‘ der Staat beim
Pagarchen ein bestimmtes Warenkontingent und setzt einen Preis fest, wobei es dem Pagarchen
überlassen bleibt, die Waren aufzutreiben und dabei keinen finanziellen Verlust zu erleiden. Platon
verleiht seiner Verzweiflung Ausdruck; vielleicht ist in dem „Wasser“ eine (homerische?) Anspielung
enthalten, die dem dux das Ertrinken wünscht. Papas ist hier als comes und politeuomenos
angesprochen, was in Briefen von Vorgesetzten an Papas i. d. R. vermieden wird. Laut Ed., die an die
Auflösung comes poleos dachte, ist anzunehmen, dass wir es hier mit einer munizipalen Funktions–
und nicht einer reinen Ehrenbezeichnung zu rechnen haben.
Matthias Stern 31
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Anmerkungen.
! Z. 1–2 vielleicht sinngemäß: „... und ich habe ihm den apokrisiarios beigegeben“ oder „ ...
und ich habe ihm befohlen, den apokrisiarios ...“
! Zu Frauen in römischen und byzantinischen Gefängnissen siehe KRAUSE 1996, 170–179.
P.Apoll. 39
Originaltitel: De Platon : le diagraphon d’un batelier
Datierung: ca. 2. H. 7. Jh.
Herkunft: Apollonopolis Ano
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: –
BL–Korrekturen: –
Textgattung: Brief (amtlich; Ansuchen)
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: Papas
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Papas / Platon
2. Filiation: –
3. Anrede: Gottbehüteter; Größter; Herr; Gebieter; Erhabenster (magnificentissimus) / –
4. Titulatur: Pagarch; comes / –
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: –
7. Weitere Funktionen: –
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 32
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Steuer- und Finanzwesen;
Sicherheitswesen / Absender; Steuer- und Finanzwesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: Pagarch; topoteretes
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Zugriff auf Steuerschuldner; Verantwortung für
öffentliche Gefängnisse
Text: † e !"-E;E-%2 (Y 3µ5(#*k 85-Q%$(/?(_) (?'F) µ5.'$-("*5"5&(/(G) E5&"-(5;k (A, "'*-b&/, µ-%
=">&(-$A, ì(I[&5 –ca.?– ] 3µ42 6/*>, (-b Z(';*-% 'T(-b (-b(c C[&(]>, p5-E+&>-, (-b ,'U(-%, [?]'F =[), î] E%,'(1, "'*'?'$[H]
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µ(-%) ?5$5[b&'> –ca.?– ] ?'F "5*F (-b E>'.*/Q-% (-b !,8*h"-% 'T(-b, ñ El ?5$5U5(5 .*/@'(# µ-> [ –ca.?– ] 5N µ[A K](> e Pb*-2 r*>&(+Q-*-2 5N&#('D5, 'T(1, 5N2 (A, ?'('.*'QA, (-b E>'./Q[-% –ca.?– ] 10[ 0 0 0 0 0 0 0] 5N2 (1 E>/.*'Q-, (:2 ï/(<,, 5N µA 'T(12 e PU*-2 r*>&(+Q-*[-2 –ca.?– ] v [– ca.20 –] 'T(1, =? (-b E>['].*[/Q-% –ca.?– ] E5[&"]+(-% µ-%. !&"/j-µ'> (-72 85[-Q%]$(/?(-%2) 3µ[42 E>) (-b .*/µµ]'(-20 † PU*_ ~'"Ñ (9 µ5.(;&(_) ?+µ5((>) (?'F) "'./*6(_) † ~$/(<, † (hand 2) "5*F o>$-8(#-%) %a-(b) ^/µ@<, ,'U((-%) Apparatus ^ r.5. l. (H, ^ r.5. l. (->-U(<, ^ r.5. l. =$8+,(-2 ^ r.5. l. (-b ^ r.5. l. ?->,-b ^ r.5. l. !E5$Q-b ^ r.6. l. "-$%"*'.µ-,S&'2
Übersetzung: vgl. Übers. d. Ed. (frz.)
„Derjenige, der Eurer gottbehüteten und erhabensten Herrschaft meinen vorliegenden Brief überreicht,
bat [–––] Euch wegen seines Gefährten, das ist Theodosios, der Bootsmann, und wenn es möglich ist,
bitte ich, dass mein Gebieter anordnet [–––] denn ich wollte meinem Gebieter nicht schreiben,
nachdem er kam und eine Bittschrift eingereicht hatte, dass durch einen gewissen [–––] Ihr in
Matthias Stern 33
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Latopolis seinen Bootsmann festgesetzt habt. Und mir erschien das unglaubwürdig und ich wollte
nicht geben [–––] da mein Gebieter nicht gestattet, dass irgendetwas dergleichen getan wird. Also kam
unser gemeinsamer Bruder, der Herr [–––] nach vielerlei Anstrengungen erfuhr ich den Grund und
daher wollte ich ihm nicht schreiben, (ihn) freizulassen [–––] er kam und er bat mich, meinem
Gebieter zu schreiben. Daher, wie ich bereits sagte, bitte ich, dass mein Gebieter anordnet [–––] und
wegen des diagraphon seines Angestellten, schreibt mir, was Ihr befehlt [–––] wenn nicht der Herr
Christophoros ihn registriert hat auf der Liste des diagraphon [–––] für das diagraphon von Latopolis,
wenn nicht derselbe Herr Christophoros [–––]“
v
„[–––] ihn aus dem diagraphon [–––] meines Gebieters. Ich grüße Euch Gottbehütete mit diesem
Brief. Dem Herrn Papas, dem größten comes und Pagarchen. Platon. (2. H.) Wegen des Bootsmanns
Philotheos, Sohn des Sampson.“
Inhaltliche Paraphrase:
Der Text berichtet über das Problem, dass Personen, die in einem anderen Steuerbezirk wohnen,
weiter in ihrer Heimatpagarchie besteuert werden. Philotheos, der offenbar aus Apollonopolis stammt,
aber in Latopolis ansässig ist, hat seine Kopfsteuer (diagraphon) in Apollonopolis nicht bezahlt und
wird daher von einer Exekutivkraft des Papas auf dem Territorium von Latopolis verhaftet.
Philotheos’ Kollege Theodosios beschwert sich schriftlich bei Platon, der die Geschichte zunächst
nicht glaubt. Der Euphemismus der Z. 4–5 ist wohl aus dem Umstand zu verstehen, dass Papas Platon
bei seiner Aktion komplett übergangen hatte und eigenständig die Verhaftung durchführen ließ, anstatt
dem Amtskollegen in dieser Sache zu schreiben. Doch Platon unternimmt selbst dann nichts, als er
sich die Umstände durch „unseren gemeinsamen Bruder“ N. N. bestätigen lässt. Schließlich kommt er
jedoch der Bitte des Theodosios nach, Papas zu kontaktieren. Es wird vermutlich darum gegangen
sein, Philotheos in die Liste von Latopolis einzutragen und aus der Liste von Apollonopolis zu
löschen. Möglicherweise war Philotheos aber auch doppelt registriert, da schlicht vergessen wurde,
ihn aus dem Register von Apollonopolis zu löschen. Christophoros ist wohl der topoteretes, dessen
Zustimmung der Vorgang bedarf. Nach dieser Deutung lesen wir von der Finanz- und
Steuerverwaltung in den Pagarchien, die aber zentral von Antinoupolis aus kontrolliert wird. Die
Formulierungen lassen nicht genau erkennen, ob der Zugriff auf Philotheos auf dem Territorium von
Latopolis in der Kompetenz des Papas zu verorten ist: Zwar möchte Platon die Geschichte nicht
glauben, andererseits lässt sich auch keine Anweisung an Papas erkennen, so etwas in Zukunft zu
unterlassen. Ferner merken wir jedoch wieder, dass der Petent selbst Briefüberbringer ist. Die
Verwaltung sieht ihren Dienst also nicht durch sich selbst definiert, sondern durch das Eigeninteresse
der BürgerInnen.
Anmerkungen:
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 34
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
! Z. 4–5 ist wohl so zu verstehen: „Ich wollte mir nicht anmaßen, Anschuldigungen gegen Euch
vorzubringen, da Ihr dergleichen üblicherweise nicht zulasst.“
! Zum Problem der Z. 2 und 14, wer von beiden (Theodosios/Philotheos) der Petent und wer der
Steuerzahler ist, ließe sich (in Abweichung von der Hypothese des Ed.) vermuten, ob nicht in
Z. 14 der Name des Philotheos erwähnt wird, weil er die Eingabe einreichte, nicht weil er der
Verursacher des Problems war. Dann wäre Theodosios der Steuersünder. In Z. 2 liegt in jedem
Fall ein Fehler vor; entweder eine Verwirrung und es ist o>$-8#-% statt p5-E+&>-, gemeint,
oder es muss heißen p5-E+&>-2 e ,'U(I2 (nämlich e !"-E>E-U2).
P.Apoll. 41
Originaltitel: De l’évêque (?) : une affaire judiciaire
Datierung: ca. 2. H. 7. Jh.
Herkunft: Apollonopolis Ano
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: –
BL–Korrekturen: XI 8
Textgattung: Eingabe (Bischof? an Pagarchen)
Urkundenart: offiziell
Archiv: Papas
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Papas
2. Filiation: –
3. Anrede: Geliebtester; Sohn; Allehrenwerter; Größter
4. Titulatur: Pagarch; comes
5. Herkunft: –
Matthias Stern 35
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
6. Amtsbereich: –
7. Weitere Funktionen: politeuomenos
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: –
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Zugriff auf Straftäter und -verdächtige; Zugriff zum
Zwecke der Geiselhaft; allgemeine Aufsicht über Sicherheitspersonal
Text: –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– 1[ –ca.?– ]-% µ5() (-b &7, 3µ\, E5&"+(-% µ[-% (]-b PU*-% ~$/(<,-2 [– ca.10 –] [ –ca.?– ] 0 "$I*h&G (1 6*55x?1,(*) 6*#-2 (:2 "*-&?%,S&5<2 ([– ca.15 –] [ –ca.?– 3µ4]2 .5>,h&?5>,(*) El 8#$<, m2 -T µ5(*5;<2(*) ?'('?*'[(5\, – ca.10 –] [ –ca.?– ]5,-%2 !E>?><[2](*) "'*) (-b PU*-% r*>&(-Q+*<(*) ?'F (H, E>'Q+0[*<, – ca.10 –] 5[ –ca.?– ], -T µ+,(-,) (-%(->2(*) !$$) ?'F (A, =$5%8#*', 'T(-b ?'F (-b ?'µM*-b(*) 'T(-b [ –ca.?– ] "'*8#,-%2 Q8'*#,(<, "'*) ]$5%85*;-%· ?'$H2 -Ü, "->5\ B 3µ5(#*' [85-QU$'?(-]2 "-8>,+(I2(*) $'Mf, ()2 =..U'2 (-b 'T(-b PU*-% ]$5%85*-%(*) [6*> jI(S&5\<2/ [ –ca.?– ]"0*0-0 µ-> (A, 3µ#*',(*) "-8>,-(I('(*), ?'F "#µ@-, µ[->] ([1, "5*>6U](I, [=,(12 Bµ5]*H, "#,(I(*) , ?'F "#µ@-, µ->, ="F(*) µ) (1, PU*>-, =), -Ü "->I5>2(*) (-b(- 10[ –ca.?– ]5$85\, ?'F !$$5H2(*) ?'(5,5.?I(*) 'T(+,· ?'F !&"/j-µ'> 3µ42 † v (hand 2) "050*(F) o>$-(8#-%) "5*>6(U(-%) (hand 1) † (9 "-8>,-((*)(/(_) µ(-%) %a9 (?'F) () "(/,(') (>µ(:2) !D;_(*) PU*_ ~'"Ñ (9 µ5.(;&(_)
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Übersetzung: vgl. Übers. d. Ed. (frz.)
„[–––] mit jenem, der zusammen mit Euch mein Gebieter ist, (nämlich) dem Herrn Platon [–––] möge
erweisen die gebührende Schuld der Ehrerbietung [–––] im Willen, dass Ihr erfahrt, dass nicht
maßvoll Gewalt angewandt [–––] in unrechter Weise vom Herrn Christophoros und verschiedenen [––
–] nicht nur gegen diesen, sondern auch gegen seine Frau und seinen Schwiegersohn [–––] seine
Töchter geschändet (?) von Eleutherios; Eure gottbehütete Liebenswürdigkeit tut daher gut daran, die
Bürgschaften desselben Herrn Eleutherios anzunehmen bis zur Untersuchung [–––] vor mir Eure
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 36
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
größte Liebenswürdigkeit, und sende mir den Badewärter binnen fünf Tagen und sende mir, da durch
den Herrn, wenn du dies nicht tust [–––] kommen und überbringe ihn auf andere Weise. Und ich grüße
Euch.“
v
„(2.H.) Wegen des Badewärters Philotheos. (1.H.) Meinem geliebtesten Sohn und aller Ehren werten
Herrn Papas, dem größten comes, politeuomenos und Pagarchen.“
Inhaltliche Paraphrase:
Der Absender dieses in sehr eigenwilligem Griechisch verfassten Dokuments war sicher jemand aus
Platons, des latopolitischen Pagarchen, Umfeld, möglicherweise ein Bischof (wie der Ed. anhand von
Z. 12 meint). Wenn das so ist (und wie P.Apoll. 46 nahelegt), dann hatte ein Bischof nach Meinung
des Ed. noch immer große Vorrechte in Bezug auf juristische Angelegenheiten in einer Pagarchie. Mir
will jedoch eher scheinen, dass der Bischof hier als Interessensvertretung der angesprochenen Familie
auftritt, die sich an ihn als Vertrauensmann gewandt haben könnte (zu kirchlichen Würdenträgern als
Fürsprecher für Benachteiligte, insbesondere Gefangene, siehe SCHMELZ 2002, 255–261; zu den
ideellen Grundlagen auch KRAUSE 1996, 316–330).
Verschiedene Personen, offenbar staatliche Exekutivkräfte, haben den Badewärter Philotheos
misshandelt. Der Verweis auf den Herrn Christophoros legt nahe, wenn dieser topoteretes war, als
Opfer dieser Gewalt einen Flüchtigen erkennen zu wollen, der über Antinoupolis wieder in die
Heimatprovinz (in diesem Fall jene des Papas) zurückgesandt worden war. Offenbar handelt es sich
um einen Einzelfall, möglicherweise einen Straftäter oder Liturgieschuldner. Entweder hatte er seine
Familie mitgenommen und diese wurde ebenfalls drangsaliert (wie die plural lautende Partizipendung
in Z. 4 nahelegt) oder die Familie wurde stellvertretend Opfer von Misshandlungen, solange
Philotheos selbst noch nicht greifbar war. Vielleicht handelt es sich also auch um einen legal sich in
einer anderen Provinz aufhaltenden Arbeiter, dem Papas in Apollonopolis Steuerschulden o. ä.
vorwarf und deshalb dessen Familie angehen ließ. Das ist aber gar nicht der eigentliche Hintergrund
des Schreibens, sondern es geht, wie gesagt, um ungerechtfertigte Gewalt von staatlicher Seite.
Besonders wird dabei auf der Täterseite ein Mann namens Eleutherios hervorgehoben, der
anscheinend Papas zugeordnet wird; hierbei könnte es sich um einen solchen Funktionär handeln, der
bei pagarchieübergreifenden Suchen nach Flüchtigen vom Pagarchen mitgesandt wurde. Der Absender
fordert Papas auf, Bürgschaften für Eleutherios abzunehmen, bis eine Untersuchung der Vorwürfe
erfolgt; dies ist ein interessanter Verweis darauf, dass offenbar die Praxis der juristisch begründeten
Gestellungsbürgschaften noch gängig war, und zeigt zugleich, dass Papas hier die Kompetenz
zugeschrieben wird, einen Straffälligen (bzw. Verdächtigen) festzunehmen. Zudem soll dem Bischof
Philotheos selbst gesandt werden, was wiederum bedeutet, dass dieser wieder nach Apollonopolis
gesandt worden war. Möglicherweise sitzt er zum Zeitpunkt des Schreibens im Gefängnis. Der
Verweis auf Christophoros heißt wohl, dass sich Papas in diesem Fall nicht, wie etwa in P.Apoll. 39,
Matthias Stern 37
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
eigenmächtig Zugriff auf Philotheos verschafft hat, sondern dieser über Männer des topoteretes an
Papas geschickt wurde. Der Ton scheint mir eher nach einem Ansuchen zu klingen. Auch der
ausführliche Berichtsteil hat eher Petitionscharakter und macht ein Ansuchen wahrscheinlicher als
eine Anweisung.
Anmerkungen:
! Zu Z. 7 (zum Terminus jó(I&>2) siehe CPR XXX, S. 258 Anm. Z. 8.
P.Apoll. 42
Originaltitel: De Pésynthios : le diagraphon des cultivateurs
Datierung: ca. 2. H. 7. Jh.
Herkunft: Apollonopolis Ano
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: pl. VIII
BL–Korrekturen: XI 8
Textgattung: Brief (amtlich; Ansuchen)
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: Papas
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Papas
2. Filiation: –
3. Anrede: Gottbehüteter; Erhabenster (magnificentissimus); Gebieter; Größter;
Allgeehrtester
4. Titulatur: Pagarch; comes
5. Herkunft: –
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 38
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
6. Amtsbereich: –
7. Weitere Funktionen: politeuomenos
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Steuer- und Finanzverwaltung;
Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: Pesynthios (unbekanntes Amt); apaitetes
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Zugriff auf Steuerschuldner; Zugriff zum Zwecke der
Geiselhaft
Text: † [=]"5>EA B .%,A O'??[hM-% (-b .5<*.-b (-b "'*'E-8]#,(-2 µ-> =? (:2 3µ5(#*'2 \85-Q%$/?(-%/
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Matthias Stern 39
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
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Übersetzung: vgl. Übers. d. Ed. (frz.)
„Da die Frau Jakobs, des Bauern, der mir auf Veranlassung Eurer gottbehüteten, erhabensten
Herrschaft in gegenseitigem Einvernehmen gesandt wurde, an mich herantrat, um mitzuteilen, dass sie
festgenommen worden war [–––] wegen der Kopfsteuer ihres Mannes; und da mir dieser Sachverhalt
unglaubwürdig schien, und nicht etwa [–––] dieses; denn mein Gebieter weiß, dass ich jährlich meinen
(mit mir Euch ergebenem) Diener, meinen Sohn, in Eure rühmliche Stadt sende, damit er sowohl von
den dort ansässigen Bauern der Dorfeinheiten von Tamis (die Steuer) eintreibt als auch dem apaitetes
die Kopfsteuer derjenigen, die bei mir sind, überreicht, das sind Jakob und Sansnos, denn außer diesen
habe ich niemanden bei mir. Und ich habe nach der unten angehängten Liste vier Bauern bei Euch und
daher berechne ich jährlich die Euch für die vier mir gehörenden, doch sich bei Euch befindlichen
Bauern zu zahlende Summe und bitte Euch, zu befehlen, diese (= die Frau Jakobs) in Ruhe zu lassen
bis ich meinen Sohn sende, der Euch Grüße übermittelt und (Geld) von den sich bei Euch befindlichen
Bauern der Dorfeinheiten einsammeln wie auch dem apaitetes ihre (= Jakobs und Sansnos’)
Kopfsteuern übergeben soll. Deshalb solltet Ihr Befehl geben, sodass ich Euch auch in diesem Punkt
voll zufriedenstellen kann, und gebt mir wie üblich Eure Zustimmung. Durch dieses Schreiben erbiete
ich dir vielfach Ehre und küsse die verehrten Füße Eurer gottbehüteten Herrschaft, und durch Euren
angesehenen Bruder, den angesehenen Herrn Ioannes. Ich bitte, mir umgehend zu schreiben wegen
Eurer Gesundheit in Christus, und wegen dem, was Ihr in dieser Sache befehlt: Ich bin bereit, jeden
Eurer Befehle pflichtgemäß zu erfüllen. Falls ich mich selbst (durch Euch) angenommen sehe (?), so,
mit Gott, bin ich mit großem Eifer gewillt, Euch Ehre zu erbieten. [–––]“
v
„Meinem gottbehüteten Gebieter und allgeehrtesten Herrn Papas, dem größten comes, politeuomenos
und Pagarchen. Pesynthios.“
Inhaltliche Paraphrase:
Jakob und Sansnos wurden von Papas zum Arbeiten dem Pesynthios geschickt. Jakob ist jedoch in der
Steuerliste von Apollonopolis eingetragen und aufgrund einer ausstehenden Zahlung und seiner
Abwesenheit wird seine Frau von Papas verhaftet. Sie beschwert sich bei Pesynthios darüber und
dieser präsentiert Papas die von ihm praktizierte Lösung der fiskalischen Belange solchen
Arbeiterwechsels: Einer seiner Agenten sucht Papas einmal im Jahr auf, um von den dortigen Bauern
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 40
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
von Tamis die Kopfsteuern einzutreiben, als auch die Kopfsteuern der Bauern zu bezahlen, welche
dem Pesynthios geschickt wurden. Die Verwirrung kam möglicherweise daher zustande, dass Papas
die Abrechnung in halbjährigen Raten (katabolai) forderte (siehe dazu Foss 2009, 15) und die Praxis
der jährlichen Abrechnung mit Tamis vergaß. Es ist nicht ganz klar, wer Pesynthios ist: Seine
Residenzstadt, eine polis, ist nicht genau einer Pagarchie zuzuordnen, doch dass Papas zum Mittel der
Geiselhaft griff, spricht dafür, dass diese Polis außerhalb der Pagarchie des Papas zu verorten sein
muss. Der Ton in den Briefen an Papas ist nicht der von Gleichgestellten. Papas tritt auf jeden Fall
wieder als Steuerbeamter mit Exekutivfunktion auf.
Anmerkungen:
! Zu „les unités fiscales de la pagarchie“ P.Apoll, S. 104.
! Ähnlich wie in P.Apoll. 30 verwendet Platon auch hier bestimmte euphemistische
Wendungen, so in in Z. 2: „mir schien die Sache unglaubwürdig (sc. da du in deiner
Perfektion so etwas sonst ja nicht zulässt)“ bzw. Z. 3: „du weißt doch, dass ...“ auch in
P.Apoll. 39.
! Vgl. eine alternative Interpretation bei PALME 1989, 109f.
P.Apoll. 45
Originaltitel: De Pésynthios : la détention d’Origène
Datierung: ca. 2. H. 7. Jh.
Herkunft: Apollonopolis Ano
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: –
BL–Korrekturen: –
Textgattung: Brief (amtlich; Ansuchen)
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: Papas
Matthias Stern 41
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Papas
2. Filiation: –
3. Anrede: Gebieter; Bruder; Gottbehüteter; Größter
4. Titulatur: Pagarch; comes
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: –
7. Weitere Funktionen: politeuomenos
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: Stallmeister; notarius
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: allgemeine Aufsicht über Sicherheitspersonal; unklarer
Bezug zum Sicherheitswesen
Text: [ –ca.?– [E5]$Q5, (-72 ?+"-%2 ?'F ()2 ?5Q'$'*.;'2 (:[2] "[+]$5<2 ('U(I2 6<*>0[– ca.20 –] [ –ca.?– ], ?'F (1, ?$'%8µ1, (H, =µM'$-µ#,<, [5]N[2] (1 ?'*/M>-, ?'F (-%([– ca.20 –] [ –ca.?– ] =D K(5 Å$85, =,('b8' \s/*<6/ e =,E-D+('(-2 ?'F e Pb*>2 O</,,I2 e ,-([/]*[>-]2 V<2 (:2
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Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 42
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Apparatus 16: Gascou 1999, 15 – "+[$(5<2) prev. ed.
Übersetzung:
„[–––] Bruder, die Anstrengungen und die Kopfschmerzen(?) dieser Stadt [–––] und das Weinen der
auf den kleinen Karabos Geschafften [–––] als hierher kam Baroch, der Berühmteste, und der Herr
Ioannes, der notarius, bis zur Stunde [–––] zu beten; ich hielt nämlich den Herrn Origenes hier zurück,
da ich plante, ihn zurückzusenden (Ed.) [–––] und ich erbiete Euch meine Ehre. Zuvor habe ich Euch
geschrieben und davor [–––] von uns einen Restbetrag; nur schwer fand ich ein wenig Entspannung;
nachdem ich empfangen hatte gewisse [–––] und es gebietet sich, dass ich meinen Gebietern Ehre
erbiete und mit ihnen zusammentreffe; und im gegenwärtigen [–––] bis zur Stadt und Ehre erboten zu
bekommen von der gemeinsamen Schwester und Kindern [–––] sodass mein Anliegen erfüllt wird;
vielmehr schreibt mir weiter durch einen Eurer Stallmeister, damit, so Gott will [–––] ich mich
begeben werde auf das Signal hin und Euch treffen werde. Denn durch Gott die öffentlichen“
v
„[–––] Eures in Rage geratenen Presbyters, wie Ihr schreibt. Wegen des Herrn Origenes also [–––]
gebe ich Euch mein Wort, führe ich aus, was Ihr befehlt; ich habe ihn nämlich gezwungen zu bleiben
bis zu dem Zeitpunkt, zu dem ich empfangen werde [–––] Denn dass er sich hier aufhält, verschafft
mir Schmerzen und keine Ruhe. Aber ja, mein Gebieter, wie viel sowohl [–––] diese kleine Ruhe, auf
welche Weise wir einander grüßen. Denn das Gleiche macht [–––] Meinem gottbehüteten Gebieter
und Bruder Papas, dem größten comes, politeuomenos und Pagarchen. Pesynthios. “
Inhaltliche Paraphrase:
An Pesynthios’ Residenzort hat sich ein Ereignis zugetragen, von dem wir nur wissen, dass in seiner
Folge mehrere Personen verhaftet und abtransportiert werden sollten. Da Baroch aufgrund seines
Rangprädikats entweder der topoteretes oder aber ein chartularius des Papas zu sein scheint, lässt sich
vermuten, dass es sich um flüchtige Personen, vermutlich Zwangsarbeiter handelt. In diese
Verhaftungen scheint zumindest Papas nicht direkt involviert zu sein. Pesynthios ersucht Papas um
Anweisungen, was mit einem zurückgestellten Gefangenen zu geschehen habe. Zudem ersucht er um
ein Treffen mit Papas. Wir wissen nicht, weshalb dieser Mann zurückgehalten wird; möglicherweise
stammt er aus dem Umfeld des Papas oder zumindest aus seiner Pagarchie. Papas erscheint hier nicht
deutlich als exekutives Organ, das auf Individuen zugreift, da besagter Origines bereits festgenommen
zu sein scheint; es könnte der Fall vorliegen, dass Pesynthios eine Auskunft verlangt, ob Origenes
vermisst wird, abgängig ist o. ä. Jedoch verfügt Pesynthios offenbar im Namen des Papas über die
Befugnis, auf Beteiligte eines Gefangenentransportes zuzugreifen und sie zurückzustellen. Einmal
mehr scheinen sich hier unklare Zuständigkeiten verschiedener Behörden zu spiegeln.
Matthias Stern 43
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
P.Apoll. 60
Originaltitel: Lettres sur divers sujets
Datierung: ca. 2. H. 7. Jh.
Herkunft: Apollonopolis Ano
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: –
BL–Korrekturen: –
Textgattung: Brief (amtlich; Ansuchen)
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: Papas
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Papas(?) / unbekannt (Platon?)
2. Filiation: –
3. Anrede: – / Gottbehüteter; Bruder; Gebieter; Größter
4. Titulatur: – / Pagarch; comes
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: –
7. Weitere Funktionen: – / politeuomenos
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Absender (?) / Adressat; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: –
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: – / Zugriff auf Steuerschuldner
Text: † () "'*) (:2 3µH, 85-Q%$/?(-% !E5$Q[+(I(-2 .*/µµ'(' =E5D/µI,, ?'F =6/*I, µ'8f, =, 'T(-\2 (A,
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 44
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Übersetzung:
„Ich habe das Schreiben Eurer gottbehüteten Brüderlichkeit erhalten und freue mich zu erfahren, dass
es ihr gut geht. Ich habe (auch) erfahren betreffs Chrysaphios’ [–––] da ich ein früher ausgefertigtes
rechtsgültiges Dokument habe [–––] Weise wie viel mehr zu kaufen (?); und ich glaube, dass [–––]
derer; und im Beisein vieler freier Personen [–––] die, welche bewirken wollen [–––] die
Rechtskräftigkeit meiner Urkunde und sie werden aufhören [–––] die Rechtskräftigkeit des gegenüber
Eurer gottbehüteten Brüderlichkeit abgeschlossenen [–––] ihn ganz nach Latopolis zu überstellen,
damit [–––] und er werde eingesperrt ins Gefängnis [–––] Daher bitte ich [–––] Gesamtplan des
Baumeisters (?) schreibt, sodass [–––]“
v
„Ich habe im Voraus bezahlt (für) die Schuld von [–––] ich bitte folglich, zu befehlen in Bezug auf
den [–––] und wie üblich werde ich ihr (sc. Eurer Brüderlichkeit) danken: Aber [–––] gegenseitige
brüderliche Zuneigung und wegen Gottes Liebe zu mir [–––] Eure Herrschaft und durch dieses
Schreiben erweise ich Ehre [–––] dem größten comes der Stadt und Pagarchen. Papas.“
Matthias Stern 45
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Inhaltliche Paraphrase:
Der Pagarch Papas schreibt an einen anderen Pagarchen, der ebenfalls comes und politeuomenos ist
(die Erwähnung von Latopolis lässt an Platon denken). Es scheint sich um einen Rechtsfall zu
handeln, wobei nicht erkenntlich ist, ob die Belange des zu Inhaftierenden, des Baumeisters und der
bezahlten Schuld miteinander zusammenhängen. Die pagarchieübergreifende Kommunikation
bezüglich einzelner Individuen legt die Vermutung nahe, dass der Austausch von Arbeitskräften den
Kontext des Schreibens bildet. Papas könnte Platon eine Fachkraft, nämlich einen Baumeister namens
Chrysaphios, gesandt haben. Dann diente die im Text genannte, nicht näher spezifizierte Urkunde
vermutlich der Sicherheit des Papas, diese Arbeitskraft nach Ablauf einer Frist, der Beendigung der
Aufgabe etc. zurückzuerhalten, oder sie sicherte der Person gewisse Rechte zu. Jedenfalls ist offenbar
genau der Umstand, welcher Thema der Urkunde war, relevant geworden, sodass Papas nun auf die
Bestimmungen eben dieser Urkunde hinweist und auf ihre Einhaltung drängt. Dann könnte die
Erwähnung des Gefängnisses eine Floskel sein nach der Art: „Allein wenn er sich denn abseits dieser
vertraglich abgesicherten Dinge etwas zuschulden kommen lässt, dann würde man ihn einsperren
müssen.“ Allein letzteres scheint doch recht unwahrscheinlich.
Wahrscheinlicher und als mit den erhaltenen Textresten plausibler zu vereinbaren erscheint
mir die folgende Interpretation: Papas musste auf eine Fachkraft des Platon zurückgreifen und regelte
diese Angelegenheit mittels eines Vertrages oder einer autorisierenden Urkunde. Dann erscheint es
möglich, dass diese Fachkraft in absentiam in ihrer Heimat in einen juristischen Konflikt geriet. Z. 13
ist wohl so zu deuten, dass Papas darauf hinweist, gewisse „Notwendigkeiten“ des Chrysaphios
finanziell kompensiert zu haben. Entweder wurden Chrysaphios Steuerschulden vorgeworfen oder die
Flucht vor einer Liturgie. Platon hat sich in der Folge offenbar eigenmächtig Zugriff auf Chrysaphios
verschafft, als dieser noch bei Papas war, wie dies ähnlich in P.Apoll. 39 dokumentiert ist, oder er ließ
in Chrysaphios’ Heimat in irgendeiner Form Druck auf diesen ausüben (Geiselhaft der Familie,
Konfiskation des Besitzes; vgl. etwa P.Apoll. 42). Das könnte erklären, warum Papas hier von der
Vorausbezahlung einer Schuld spricht, denn womöglich war dieser Konflikt schon länger bekannt und
Papas hat zur Vermeidung von Komplikationen gewissermaßen die Rechnung übernommen bzw. den
Ersatz für eine Liturgie bezahlt, da er die Expertise des Chrysaphios dringend benötigte. Vielleicht
wurde dies dann aber übersehen (was der Grund für Papas wäre, dies hier nochmals zu erwähnen) und
es kam genau zu diesen Komplikationen, woraufhin Papas auf die Einhaltung der einstmals
zugrundegelegten Vertragsbestimmungen drängt und zusichert, den Baumeister vertragskonform nach
Beendigung des Vertragsverhältnisses nach Latopolis zurückzusenden (damit er dann dort für seine
Vergehen belangt werden kann?).
Es ist letztlich nicht ganz auszuschließen, dass hier ein anderer Papas an den Pagarchen Papas
schreibt, doch Z. 16 !E5$Q-&U,I, deutet darauf hin, dass hier gleichrangige Beamte miteinander
kommunizieren. Außerdem findet sich auf dem Verso nicht der übliche Betreffsvermerk, den Papas
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üblicherweise auf eingehende Post zu setzen pflegte, stattdessen aber der Absendevermerk „Papas“.
Entweder handelt es sich also um ein nicht abgesandtes Schreiben des Pagarchen Papas oder um eine
Bürokopie. Beide vorgestellten Hypothesen deuten jedenfalls daraufhin, dass mit dem erwähnten
Gefängnis ein öffentliches Gefängnis gemeint ist – entweder das von Antinoupolis oder
wahrscheinlicher das von Latopolis. Jedoch ist Papas hier nicht als für jenes Gefängnis
Verantwortlicher angesprochen, sondern als Inhaftierender.
P.Apoll. 67
Originaltitel: Lettre privée
Datierung: ca. 2. H. 7. Jh.
Herkunft: Apollonopolis Ano
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: –
BL–Korrekturen: –
Textgattung: Eingabe (N. N. an Pagarchen)
Urkundenart: offiziell
Archiv: Papas
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Papas
2. Filiation: –
3. Anrede: Gottbehüteter; Bruder; Erhabenster (magnificentissimus)
4. Titulatur: Pagarch
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: –
7. Weitere Funktionen: –
Matthias Stern 47
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8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Steuer- und Finanzwesen;
Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: apaitetes (?)
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Unklarer Bezug zum Sicherheitswesen
Text: † '[ –ca.?– ]-%(-&0'0>0Q',[ –ca.?– ] [ –ca.?– ] (:2 µ'?'*;'2 [ –ca.?– ] [ –ca.?– "*]1 .)* "/,(<, eE[-]>"-*5%+µ58' [ –ca.?– ] [ –ca.?– ] ?'F (1, Q>$/,8*<"-, BµH, p51, 0[ –ca.?– ] 5?'F "->I&',([ –ca.?– ](-% µ58c BµH, ?'F =Q5$[ –ca.?– ] E5&"-(>?A, !E5$Q+(I(' =,('b8' (A, '0[ –ca.?– ] n,(<2 =, µ5./$G "5*>&(/&5> =&(F [ –ca.?– ] =? (H, "-$$H, &%.6S&5<,(*) (H, [ –ca.?– ] =, Z?/&(_ 'T(H, =">(IE;_(*) [ –ca.?– ] 1085-QU$'?(-, !E5$Q+(I[(' –ca.?– ] Bµ42 e p5\-2 w"+&(-$-2 \K(>/ qQ5;$-[µ5, –ca.?– ] "'*'$5;@I(5 ?'F ?'('$/MI(5 () "*12 'T(1[, –ca.?– ] () "'*/,< 'T(-b X,' ?'F 'T(12 [ –ca.?– ] =, "5*>&(/&5> =&(F [*(> =), ?'(['$/MI(5 (?) –ca.?– ] 15'"'>([ –ca.?– ] –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– v [ –ca.?– ~'"]Ñ (9 µ5.(')$(-"*5"5&(/(_) "['./*6_ –ca.?– ] –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– Apparatus ^ r.8. l. &%.6U&5<, ^ r.9. l. =">(IE5;_
Übersetzung:
„[–––] des seligen [–––] vor allem nämlich durchreisen wir [–––] und unseren menschenliebenden
Gott [–––] und [–––] mit uns und [–––] herrschaftliche Brüderlichkeit hier die(?) [–––] in der Tat in
größter Bedrängnis ist [–––] wegen vieler Widrigkeiten der [–––] in jedem nützlichen von ihnen [–––]
gottbehütete Brüderlichkeit [–––] uns der göttliche Apostel, da wir müssen [–––] lasst (alles?) stehen
und liegen und macht Euch auf den Weg zu ihm [–––] seine (Güter?) im Süden, damit auch er selbst
[–––] in Bedrängnis ist, jetzt, wenn Ihr Euch aufmacht [–––]“
v
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„[–––] Papas, dem erhabensten Pagarchen [–––] “
Inhaltliche Paraphrase:
Fragmentarischer Brief. Der Pagarch Papas wird gebeten, den Fall eines Mannes zu prüfen, der
irgendwie in Bedrängnis geraten ist. Z. 12–15 deuten einen sicherheitspolitischen Aspekt der
Nachricht an, weshalb ich die nicht näher begründete Einschätzung der Ed. einer „lettre privée“ nicht
zu teilen vermag. Z. 15 scheint auf Steuerforderungen oder einen bzw. mehrere apaitetai Bezug zu
nehmen, in Verbindung mit Z. 13 bezieht sich dies womöglich auf Landbesitz; möglicherweise bilden
betrügerische Steuereintreiber den Kontext dieses Schreibens oder der Notleidende ist selbst ein
Steuereintreiber und sieht sich mit existenzbedrohenden Anschuldigungen bezüglich seiner
Amtsführung konfrontiert. Möglich ist auch, dass ein Grundherr unbotmäßige Forderungen an einen
Bauern stellt. Der Absender könnte meines Erachtens ein kirchlicher Würdenträger sein – es finden
sich zahlreiche religiöse Bezüge; auch "5*>&(/&5> (Z. 14) ist religiöses Vokabular –, der als
Vertrauensperson des Verfolgten fungiert (zu kirchlichen Würdenträgern als Fürsprecher für
Benachteiligte, insbesondere Gefangene, siehe SCHMELZ 2002, 255–261; zu den ideellen Grundlagen
auch KRAUSE 1996, 316–330). Ein verwaltungsinterner Kontext erscheint mir unwahrscheinlich, da es
keinerlei Hinweise auf eine pagarchieübergreifende Angelegenheit gibt.
P.Bodl. I 53
Originaltitel: Agreement
Datierung: 16. Sept. 605
Herkunft: Arsinoiton Polis
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: pl. 34–35
BL–Korrekturen: XI 45f.; XII 41
Textgattung: Vertrag (Verpflichtungserklärung)
Urkundenart: verwaltungsintern
Matthias Stern 49
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Archiv: Strategios Paneuphemos
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Flavius Strategios
2. Filiation: –
3. Anrede: Allgelobter (famosissimus); Exzellenz
4. Titulatur: patricius; Pagarch
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: Arsinoites+Theodosiupolites
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: eirenarches; phylax
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: allgemeine Aufsicht über Sicherheitspersonal
Text: FrA † =, q,+µ'(> (:2 }.;'2 ?'F eµ--%&;-% (*>/[E-2 "'(*12 ?'F %a-b ?'F] }0.;-% ",5Uµ'(-2 ?'F (:2 E5&"-;,0I2 Bµ[H, (:2 85-(+?-% ?'F "/,(<, }.;<], M'&>$5;'2 (-b 5T&50M(5&(/(-%) BµH, E5&["+(-% o$('-%;-%) o<?4 (-b 'N<,;-% uT.-U&(-%] C(-%2 (*;(-% pf8 >8 =,å([I2 N,E(>?(õ<,-2) =, w*&>,->(H, "+$5>).] 5o$('-%;_) ^(*'(I.;_ (9 "0',5%0QSµ_ "'([*]>0[?;_, "'./*6_ (:2 (5 w*&>,->(H,] ?'F p5-E-&>-%"-$>(H, uT*S$>-0>0 [~'b$-2, –ca.?– ?'F ~55>\M, –ca.?– ] [ 0 0 0 0 0 0] 0 0, 5N0*I,[/]*0[6'>, ?'F –ca.?– ] –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– FrB, r –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– 8[– ca.14 –] 0 [– ca.12 – 3"]-%*.0-[ 0]50 0[ 0 0 0] 0[ –ca.?– ] –ca.?– [– ca.10 –] 5, (Y 3µ50(0[#]*0[k 3]"050*-6Y =,#65&8'> 0 0[ –ca.?– ] 10"*-&0(;µ-% 6*%&-b $;(*'2 (*5\2, 6*(%&-b) $;((*'>) .. ?%*;' B eµ 0[-$-.;' 3"-?5>µú,<,] 'á(I 5N2 (-b(- "/,0(<, BµH, (H, 3"'*6+,(<, ?'F =0["5*(<(I8#,(52) mµ-$(-.S&'µ5,).] (hand 2) uT*(S$>->) ~'b$-2 (?'F) ~55>\M 5N*I,å*6'> (?'F) w*/,80>-2 (?'F) w,E*#'2 (?'F) o->M/µµ<,
QU$0'0?0[52 =8úµ58'] (S,E5 (A, eµ-$-.;', (?'F) &(->65\ Bµ\, "/,(' () "*-.5.*'µµ(#,') m2 "*+?(5>('>). uT*(S$>-2) ù$;'2
~'U$[-% C.*('@') 3"l* 'T(H, "'*+,(<, !.*'µµ/(<, n,(<,.] 13bvac.? † di emu Panufiu [es] [m] th –ca.?– E>c =µ-b ~',-%Q;0[-% –ca.?– ] 15 0 0 0
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FrB, v † eµ(-$-.;') .5,-µ(#,I) 3"[1 uT*I$;<, ~'U$-% (?'F) ~55>>M 5N*I,'*6H, (?'F) w*'],08;-% (?'F)
w,E*#-0[%] (?'F) o->M/µµ(<,-2) Q%$0/[?<, 5N2 o$('-U>-,) ^(*'(S.]>0-0[,] (010[,] "0'0,5UQ(Iµ-,) vac.? [ –ca.?– ] "'(0*0;?>-, †
Apparatus 4: BL XII 41 – =, w*0[(&>,->(H, "+$5>)] prev. ed. 8: BL XI 45 – -%*.0- prev. ed. 9: BL XI 46 – 3µ50(0[#]*0[k] "0'0*-6Y prev. ed. 10–11: BL XI 46 – 3"-?5>µú,<, om. prev. ed. 12: BL XI 46 – 5N*I,å*6'> om. prev. ed. 12: BL XI 46 – =8úµ58' om. prev. ed.
Übersetzung: vgl. Übers. d. Ed. (engl.)
(FrA)
„Im Namen der heiligen und wesenseinigen Dreifaltigkeit, des Vaters und des Sohnes und des
Heiligen Geistes und unserer Gebieterin, der Muttergottes, und aller Heiligen; im dritten Jahr der
Regentschaft unseres gottesfürchtigsten Gebieters Flavius Phokas, des ewigen Augustus, am 19. Thoth
der neunten Indiktion in Arsinoiton Polis; an Flavius Strategios, dem allgelobten patricius, Pagarch
von Arsinoiton und Theodosiupoliton (Polis), die Aurelii Paulos [–––] und Peeiib [–––] und [–––]
eirenarchai, und [–––]“
(FrB, r)
„[–––] Eurer Exzellenz verpflichtet [–––] als Bußgeld drei Litrai Gold, 3 Litrai Gold. Diese
Vereinbarung ist gültig, wobei wir ihr (sc. Eurer Exzellenz) verfangen sind mit all unseren
Besitztümern, und auf Befragen haben wir zugestimmt. (2. H.) Wir, die Aurelii Paulos und Peeiib,
eirenarchai, und Aranthios und Andreas und Phoibammon, phylakes, haben diese Vereinbarung
aufgesetzt und wir stimmen all dem Vorangeführten zu, wie es dasteht. Aurelius Elias, Sohn des
Paulos, hat für sie in deren Anwesenheit geschrieben, da sie schreibunkundig sind. Durch mich,
Panufios, ausgefertigt. Durch mich, Panuphios [–––]“
(FrB, v)
„Vereinbarung, geschlossen von den Aurelii Paulos und Peeiib, eirenarchai, und Aranthios und
Andreas und Phoibammon, phylakes, mit Flavius Strategios, dem allgelobten [–––] patricius.“
Inhaltliche Paraphrase:
Vereinbarung zwischen dem Pagarchen und zwei eirenarchai sowie drei phylakes. Der genaue Inhalt
ist nicht erkennbar. Der Ed. vermutet die Dienstleistung von Sicherheitsaufgaben an den Pagarchen als
Privatperson; z. B. für die Aufsicht über ein (privates) Gefängnis des Pagarchen. Dagegen SÄNGER
2005, 195 m. Anm. 153 (es gäbe für eine solche Praxis keinerlei Zeugnisse). Dieser wendet sich gegen
die Interpretation der eirenarchai als Munizipalbeamte. Der Amtsbereich der Dorfliturgien habe
Matthias Stern 51
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vielleicht im Einflussgebiet des Pagarchen gelegen, die Eirenarchen unterständen dennoch dem
Strategios als Pagarch; der Vertrag ginge demnach an die amtliche Instanz und nicht an die
Privatperson (wie es etwa Torallas Tovar 2001, 120f. annimmt).
Meines Erachtens haben wir hier eine Verpflichtungserklärung vorliegen, wie wir sie auch in
P.Oxy. I 139 dokumentiert finden – allerdings diesmal auf der offiziellen Ebene, sodass hier keine
‚Dienstleister‘, sondern Beamte verpflichtet werden (die phylakes sind aber möglicherweise als
Hilfspersonal im Oertel’schen Sinn keine Liturgen). Die eirenarchai und phylakes erklären, dass sie
bestimmte Dinge tun bzw. unterlassen, andernfalls droht ihnen die Vertragsstrafe auferlegt zu werden.
Diese Strafsumme ist ungewöhnlich hoch; möglicherweise wurde eine wichtige Aufgabe bereits
einmal nicht oder nachlässig ausgeführt. Die hier erkennbare gemeinsame Verpflichtung von
Funktionären für Polizeiaufgaben einerseits sowie für Wachdienste andererseits lässt vermuten, dass
es sich hier um den Kontext einer Gefängnisaufsicht geht, in denen die fraglichen Funktionäre
Nachlässigkeiten gezeigt haben könnten (was aber nur eine Hypothese ist; genauso ist eine ‚reguläre’
Verpflichtung für andere Sicherheitsaufgaben denkbar); die Beamten verpflichten sich also
möglicherweise (exempli gratia) dazu, die Wache ordentlich auszuführen, keine Insassen entkommen
zu lassen etc. Auch in den übrigen ‚Verhaltensverträgen‘ sind die Vertragsbestimmungen derartiger
Natur, dass sie eigentlich in dem entsprechenden Kontext selbstverständlich sein müssten.
Nach dem Muster 1. Professionalisierte Beamte; 2. Liturgisch verpflichtete Funktionäre; 3.
Lohnarbeiter wäre es denkbar, dass sich der Pagarch der Erfüllung der Aufgaben der Dorfliturgen
vergewissern will, wobei gleichzeitig deren Untergebene, die phylakes, mit in Haftung genommen
werden, um ihnen eine gewisse ‚Motivation‘ zu verschaffen. Vgl. Sänger 2005, 164 zu den phylakes
als untergeordneten Liturgien.
P.Cair.Masp. I 67002
Originaltitel: Requête
Datierung: Mai–Juli 567
Herkunft: Antinoupolis (?)
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: pl. II–XII; Kongr. XXIV, S. 360 (Ausschnitt); Fournet, Les archives de Dioscore, S.
363f., Planches XI–XII (Ausschnitte);
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http://ipap.csad.ox.ac.uk/4DLink4/4DACTION/IPAPwebquery?vPub=P.Cair.Masp.&vVol=1&vNum
=67002; http://www.misha.fr/papyrus_bipab/pages_html/P_Cair_Masp_I_67002.html
BL–Korrekturen: (I 100; I 445; III 33;) VIII 70; XI 52; XII 44
Textgattung: Eingabe (Dorfbewohner an dux Thebaidos)
Urkundenart: offiziell
Archiv: Dioskoros
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Menas / Serenos
2. Filiation: –
3. Anrede: Lichtester (clarissimus) / Angesehener (spectabilis); Erhabenster
(magnificentissimus)
4. Titulatur: Pagarch / comes; illustrios
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: Antaiupolis / (Thinis,Thinites?)
7. Weitere Funktionen: scriniarius / –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Dritter; Steuer- und Finanzwesen;
Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: dux; boethos; augustalis; vicarius; notarius;
referendarius; dioiketes; comes; patricius; grammateus; diakonetes; paganos?; stratiotes
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Zugriff auf Steuerschuldner; Verantwortung für
öffentliche Gefängnisse; Zugriff auf Privatbesitz; allgemeine Aufsicht über
Sicherheitspersonal
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Matthias Stern 55
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Übersetzung:
Msup
„Flavius Triadios Marianos Michaelios Gabrielios Konstantinos Theodoros Martyrios Iulianos
Athanasios, dem berühmtesten stratelates, Konsular und übergrößten patricius des Präfekten Iustinos,
dux und augustalis der Thebais zum zweiten Mal. Bitt- und Schutzgesuch von Euren ergebensten
Dienern und unglücklichen Kleingrundbesitzern und Einwohnern der unglücklichen Aphrodites
Kome, die der kaiserlichen Hausverwaltung und Eurer übergroßen Amtsgewalt untersteht.“
I
„Gerechtigkeit und gerechtes Handeln erhellen stets alle Schritte Eurer vortrefflichen, besten,
übergroßen Amtsführung, welche wir lange erwarten, so wie die (Toten) aus dem Hades auf die
einstmalige Gegenwart Christi, des ewigen Gottes, warten. Denn nach diesem Gebieter, Gott, dem
wahrhaftigen Heiland, Retter und menschenliebenden Wohltäter, setzen wir all unsere Hoffnung auf
Errettung in Eure in allem allgelobte und gerühmte Hoheit, uns bei jeder Gelegenheit, da wir es nötig
haben, zu Hilfe zu eilen, uns einen Fluchtweg fort von den Ungerechten zu weisen und uns zu erretten
von den von oben her (uns) zufallenden unsagbaren Leiden, die keine Papyrusrolle tragen kann (und
die wir erleiden müssen) durch Menas, den lichtesten scriniarius und Pagarchen von Antaiupolis.
Untertänig erinnern wir Euer allweises, gerühmtestes und bestes Bewusstsein daran, doch erreicht es
ein solch außergewöhnliches (Ausmaß an) allumfassender Weisheit und Einsicht, dass das Wort
unzureichend ist, all das auszudrücken in Bezug auf höchstes Wissen und positiven Umschwung,
woher wir ohne Zögern kommen, uns vor den Sohlen Eurer unbefleckten Füße niederzuwerfen und
Euch zu unterrichten von den Zuständen, die uns in diesen Belangen betreffen. Wir unterrichten Eure
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 58
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allgerühmte Amtsgewalt darüber, dass er seit Beginn der gerade abgelaufenen fünfzehnten
Reichssteueransage, zu der er die Pagarchie von Antaiupolis übernahm, die (Erträge der) Felder
unseres Mitbruders und unglückseligen Dieners Eurer hochwürdigen Menschenfreundlichkeit
Dioskoros erntet, der gänzlich mittellos ist und unreife Kinder hat, welche weder ihre linke noch kaum
ihre rechte (Hand) erkennen und vieler Aufwendungen bedürftig sind für ihren Unterhalt. Und der
besagte Gnadenlose schreckte nicht davor zurück, ohne Pacht– oder Steuerzahlungen dem boethos des
Dorfes Phthla und den Hirten dieses (Dorfes) sein (= des Dioskoros) Land zuzuweisen, auf dass sie es
sich aneignen, welches sie bewirtschaften ohne Pacht– oder Steuerzahlungen, wodurch er ihm (=
Dioskoros) (dabei) die diesen (Ländereien) zugewiesene Steuerpflicht belässt zu (seinem) totalen
Ruin. Viel Zeit verwandte derselbe Dioskoros nämlich darauf, diese (Ländereien) nach dem Tod
seines Vaters selbst zu bewirtschaften und einsichtig wie vollständig jedes Jahr die (auf) diesen
(Ländereien liegenden) Steuern zu leisten. Der besagte lichteste Pagarch lässt nun jährlich abernten
zusammen mit den Hirten von Phthla und Kyros, dem boethos dieses (Dorfes), alias Kolluthos [–––]
augustalis, gleichsam vom Volk der Midianiter, das es gewohnt ist, die Ernte der Israeliten gewaltsam
an sich zu reißen. Und der Unglückliche, dem sein Recht nicht zuteil wird (wörtl. der über keinen
defensor verfügt), muss bis jetzt mit Kindern in der Fremde weilen, flehend, dass (ihm) Euer guter
Richtspruch zuteil werde, Gebieter.“
II
„Wir benötigen Eure Unterstützung in dieser Angelegenheit und bitten (Euch darum), wobei wir
unseren guten Gebieter nun unterrichten, dass unter der vergangenen Amtsausübung des berühmtesten
referendarius Kyros der erwähnte lichteste Menas dem angesehenen comes und illustrios schrieb, dem
erhabensten Serenos, dem bedachtesten scholastikos, zum Zeitpunkt, als wir auf den herkömmlichen
Viehmarkt zu Thinis gingen, denn wir sind gewohnt, jedes Jahr dort zu sein, um unseren Handel mit
Zugtieren abzuhalten für unsere Ernährung und die (unserer) Kinder. Und dort wurden wir überlistet
von den Dioiketen des berühmtesten illustrios Serenos und wurden in den dort befindlichen Kerker
geworfen. Von dort wurden wir verschleppt in das Gefängnis von Antinoupolis und in das Gefängnis
von Antaiupolis. Später wurden wir dem erwähnten Pagarchen Menas übergeben und unter
zahlreichen Misshandlungen und Folterungen setzte er uns über eine sechsmonatige Dauer hinweg
gefangen und forderte auch noch Bußgeldzahlungen in Höhe von 117 Nomismata zusätzlich zu dem,
was wir gezahlt hatten, als wir in Thinis und im Gefängnis von Antinoupolis gefoltert wurden;
währenddessen wurde unser Vieh vom erwähnten illustrios in Beschlag genommen und blieb
unernährt. Von diesen (Tieren) eignete er sich den größten, auserlesenen Teil an ohne Gegenleistung
und nur zögerlich gab er sie zurück und veräußerte uns von diesen jene Esel und Kamele, die noch
lebten, aber halbtot waren, wiederum zu einem schlechten Preis, und von ihnen behielt derselbe
illustrios Serenos fünf Esel und ein Pferd. Und Viktor, sein Vorsteher, raubte unsere Gewänder und
allen Hausrat von uns, die wir (an der Zahl) dreizehn Personen sind; und er forderte von mir, dem
unglückseligen Matais, Eurem Diener und bescheidenen Arzt, zwei Nomismata. Und einige von uns
Matthias Stern 59
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wandten sich bald an den besagten berühmtesten dux. Er befahl, dass wir straflos (aus der Haft)
entlassen werden sollten; doch wurden wir nicht entlassen, sondern, wie wir sagten, wurden wir
heimlich und gewaltsam ins Gefängnis von Antaiupolis verschleppt; und wir haben
Zahlungsanweisungen/Quittungen über die Steuer, eigenhändig geschrieben vom erwähnten
Pagarchen Menas und (ebenso) eigenhändig (geschrieben) vom vicarius der ‚skythischen’ und der
‚makedonischen’ stratiotai, und bis jetzt hat er uns von ihnen keine ausgegeben noch überhaupt
abgerechnet für die Steuer unserer Aphrodites Kome. Und nachdem wir die besagten
einhundertundsiebzehn Nomismata bezahlt hatten, sandte er (uns) für weitere vier Monate ins
Gefängnis, trotz der Tatsache, die wir dargelegt hatten, dass wir dem übergrößten patricius
unterstehen und seinem und dem kaiserlichen Haus Diener sind. All das, was uns so übel angetan
wurde vom selben Menas, weiß auch Aphus, der notarius des Likianos, unseres erhabensten comes
und Dioketen, denn er war mit uns im Gefängnis. Und Gegenstand unseres Gebetes ist nachts und
tags, Eurer wohlgefälligen Anwesenheit für würdig erachtet zu werden, damit wir in den Genuss Eurer
Rechtsprechung kommen. Und sieh, nun verwarf er wieder einmal Eure Weisungen; denn ihm, der
hinaufkommt (= dem dux), liegt nicht die grundlose Zerstörung des Dorfes unter dem Vorwand von
Steuerangelegenheiten am Herzen; und in der Tat zahlen die unglückseligen Grundbesitzer stets
einsichtsvoll und vollständig ihre Steuern jährlich und bis heute waren bereits acht Pagarchen von
Antaiupolis im Amt, ohne dass wir je mit den kaiserlichen Abgaben und der embole im Verzug
gewesen wären, und wir beeilen uns mit Mühen stets eifrig, diese zügig einzuzahlen wie auch die
diesjährige embole. Sie (= Eure Durchlaucht o. ä.) bemühe sich darum, dass sie heraufkommt und
verhindert, dass alles umgeworfen werde zur völligen wirtschaftlichen Zerrüttung des Dorfes.
Nachdem wir mit vielerlei Mühen [–––] den Erdboden der so beschaffenen vergangenen Nilschwelle,
sperrte er unsere Zuflusskanäle zum Zeitpunkt des Ansteigens des Nilwassers und der Bewässerung
ab; so brachte er es dahin, dass der Boden unbewässert blieb. Und nachdem unter dem berühmtesten
neuen referendarius derselbe Pagarch die Steuer eingetrieben hatte und zwar zu diesem Zweck 200
Nomismata, gab er uns (sein) Wort darauf, doch sogleich klügelte er das Gegenteil aus und kam
herauf mit vielen Hilfskräften, die aus Räubern, paganoi und stratiotai bestanden. Er plünderte das
Dorf, wobei mehr zerstörte als Barbaren (dies täten) und einige lichte Gutshöfe der führenden
Großgrundbesitzer des Dorfes in Brand steckte und unter der Rechtfertigung von Steuerbelangen
siebenhundert Holokottina an sich nahm, ohne (dass es) Quittungen (gegeben hätte) und ohne dass er
diese mit uns abgerechnet hätte. (Doch) nicht nur (das), vielmehr vollzog er im letzten Jahr auch einen
Viehdiebstahl an uns, der zwei Monate dauerte, ließ die Früchte dürsten, bis die Ernte ausgetrocknet
war. Und das Haus Eurer Amtsgewalt,“
III
„das man Eurer übergroßen Amtsgewalt geschenkt hatte zugunsten der kaiserlichen Hausverwaltung
zum Gebrauch durch ihren (= Eurer Amtsgewalt) damaligen Dioiketen, sodass er es innehatte; diese
Behausung brannte er nieder, doch gab sich Menas, derselbe Pagarch, mit diesen üblen Taten noch
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 60
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lange nicht zufrieden, sondern seine Gefolgsleute, die ihm zu Seite standen, schändeten auch die
Jungfrauen und verwüsteten die Klöster, brandschatzten und plünderten das ganze Dorf und seine
Umgebung ganz nach der Art von Gegenden, die von Barbaren heimgesucht werden. Und er ging uns
verzweifelte Kleingrundbesitzer gewaltsam an, sicherte den wildgewordenen und räuberischen
Schafhirten, die auf den Feldern hausten, Straflosigkeit zu und denen, die schlechten Lebenswandel
führen [–––] die üblichen Taten; bei Gott schonte er uns nicht, die wir uns stets für die unausgesetzt
fällige Zahlung der öffentlichen wie der kaiserlichen und verschiedener anderer schwer lastender
Steuern abquälten, noch erinnerte er sich überhaupt der unter unseren Vorfahren geltenden Umstände,
die damals bei Gott in größerem Wohlstand lebten und ununterbrochen einsichtsvoll wie vollständig
ihre kaiserlichen Abgaben unter der Aufsicht des munizipalen officium bezahlten aufgrund
ehrfurchtgebietender Verordnungen, welche ihnen das dikasterion ausgefertigt hatte, insbesondere da
wir aufgrund einer Sonderverfügung das Recht der Selbsterhebung von Steuern besitzen, und unter der
kaiserlichen Hausverwaltung, unter der wir stehen, wenn auch weil wir über Eure zuverlässigen
prostatai und mitfühlenden Wohltäter verfügen, welche auch früher schon unter Eurer ersten
segensreichen Amtszeit die uns elend Einsame betreffenden Angelegenheiten untersuchten,
entsprechend unserer sichtbar mittellosen Lage, in der wir mehr das Dasein kleiner Kinder führen und
keine Möglichkeit haben, uns gefahrlos mit dem Notwendigsten zu versorgen. So rufen wir Gott, den
Gebieter als Zeugen dafür an, dass wir im Winter Viehfutter und Speltweizen essen, im Sommer die
Getreideabfälle oder die Abfälle vom Kornsieben und die am Wegesrand verlorenen Körner unserer
embole von unseren Feuerstellen essen werden, da uns außer dieser (= der embole) überhaupt gar
nichts mehr übrig ist. Besonders aber (fehlen uns) die friedlichen Rechte, welche uns entrissen sind,
seit vor langer Zeit eine unsagbare Vielzahl von räuberischen Überfällen (über uns hereinbrach), die
uns nachts und tags zusetzten, die mit den auf dem Felde hausenden Hirten stattfanden [ihnen eine
Wohnung bietend???], die mit diesen unter einer Decke steckten, welche unseren mannigfachen Besitz
plünderten und verwüsteten zum Schaden der Steuerkasse und zu unserer völligen wirtschaftlichen
Zerrüttung. Mehr noch – wir wurden nämlich von diesen des Brotes beraubt und haben (nunmehr)
keinen Grund zur Freude darüber, dass wir noch leben und zur Rechenschaft gezogen werden (sollen)
für die solcherart frevelhaften Kühnheiten und (solche) Taten wie von Wölfen und Räubern, die stets
sich nach der Art reißender Bestien gebaren. Denn die solcherart Rücksichts– und Achtungslosen
vergießen Menschenblut, als wenn irgendein zutiefst Frevelhafter ohne Nutzen Wasser auf der Erde
vergösse. Und daher sieh, Gebieter, nach den so bedeutenden uns angehenden Mühseligkeiten beeilen
wir uns, durchweg gern und eifrig unsere glückverheißende embole in vollem Umfang einzuzahlen;
derselbe erwähnte Pagarch aber beeilt sich, seine Gefolgschaft zu versammeln und unser Dorf
anzugehen, das durch ihn unglückselig und menschenleer geworden ist. Denn er will es gedankenlos
bis auf den Grund ausradieren und es komplett vertilgen zum Schaden der kaiserlichen Abgaben und
zur Vernichtung unserer glückverheißenden embole. Es schrieb ihm auch der grammateus und
diakonetes deswegen, dass er nicht ohne Anlass das Dorf angehe und die embole in Unordnung bringe,
Matthias Stern 61
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die bereitgestellt und ausgezahlt wird. Er ließ aber nicht im Geringsten von seinem wahnsinnigen
Verhalten ab, zu rauben und, wie sie sagen (?), die Pagarchie umzustürzen, welche er ausplünderte,
indem er alle ihre Güter in das (Kloster) des Apa Senuthios schaffte. Deshalb bitten wir Eure
ruhmvolle Hoheit auf Knien, die wir so sicher sahen, wie wir Gott schauen werden, – wobei wir
schwören bei Eurem herausragenden Heil und dem Wohlergehen und Aufblühen Eurer glücklichsten
und gerühmtesten Kinder – wenn es euch beliebt, anzuordnen, dass der besagte Pagarch, der
löwenmutverderbliches sinnt, uns in Ruhe lässt, dass danach aber auch die frevelhaften Übeltäter –
schlimmer als Wilde – und schrankenlosen Räuberhauptmänner gründlich ausgerottet werden, sodass
wir (Gelegenheit) finden, in Frieden zu leben und seit langer Zeit für die Steuern zu sorgen und ein
Auskommen zu haben und sie in Ruhe einzuzahlen, sodass wir Eurer so beschaffenen Größe und Güte
teilhaftig werden, andauernd (und) fortwährend ein Gebet und eine Fürbitte für Eure Dauerhaftigkeit
und (Euer) Heil (zu Gott) emporsenden, ewig allberühmte [–––] stratelatai, übergrößte Konsuln,
allgelobte patricii, ausgezeichnete duces, reinste augustales, ewig Herren der Eparchie. [–––]
Inhaltliche Paraphrase:
Vermutlich eine Rohschrift, der sehr viele Korrekturen anheim gegeben wurden. Dorfbewohner
beschweren sich beim dux Thebaidos Flavius Marianos über den Pagarchen Menas und seine Männer.
In Kolumne I wird berichtet, dass Menas Land des Dioskoros besetzt (also wohl für Haftungszwecke
konfisziert) habe und es über den boethos des Dorfes Phthla ihm untertänigen Bauern und Hirten zur
Kultivierung übergeben habe. Diese würden steuerfrei wirtschaften, während Dioskoros weiterhin
besteuert würde. Dioskoros und seine Kinder verzogen daraufhin nach Antinoupolis. Betrachtet man
P.Lond. V 1677, so scheint Dioskoros hier zu übertreiben, denn offenbar war ‚nur‘ sein Besitz in
Phthla und nicht sein gesamtes Land konfisziert worden. In Kolumne II beschweren sich einige
Männer, dass sie im Dorf Thynis von Männern des Serenos, eines Großgrundbesitzers (und nach
seiner Titulatur wohl auch auch Pagarchen; zur Interpretation von Serenos als Pagarch siehe auch
Banaji 2002, 161), erst ins örtliche Dorfgefängnis (5N*?(S), dann ins Gefängnis (Q%$'?S) von Antinoe
geworfen worden seien. Schließlich seien sie ins Gefängnis von Antaiupolis, also in den
Einflussbereich des Menas gebracht worden. In Antaiupolis seien sie sechs Monate lang inhaftiert
gewesen und misshandelt worden, offenbar wegen des Vorwurfs der Steuerschuld. Für ihre
Freilassung habe man 117 Solidi erpresst und überdies seien während der Haft ihre besten Tiere
konfisziert worden; einen Teil davon behält Serenos sogar noch nach ihrer Freilassung; sie verfügten
so nur noch über kranke und abgemagerte Tiere. Ein weiterer Diener des Serenos, Viktor, raubte
angeblich den Besitz der Petenten. Der dux Athanasios habe vergeblich ihre Freilassung angeordnet,
während sie im Gefängnis in Antaiupolis saßen (die Petition springt hier chronologisch zurück),
stattdessen seien sie, wie gesagt, heimlich in ein Gefängnis (wiederum Q%$'?S) nahe Antaiupolis, also
in den Einflussbereich des Menas, gebracht worden, und zwar für weitere vier Monate als Teil der
insgesamt sechs Monate Haft. Menas verweigerte den Inhaftierten die Ausstellung der ihnen
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 62
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zustehenden Quittungen und entließ sie auch nach der Zahlung der 117 Nomismata nicht sofort aus
der Haft. Die Bittsteller rekurrieren darauf, dass sie dem dux direkt unterstünden und überdies stets
pünktlich gezahlt hätten. Auch nach der Freilassung setzte Menas dem Dorf offenbar weiter zu und
ließ etwa die Höfe vom Wasser abschneiden. Nach Zahlung der jährlichen Steuer fiel Menas angeblich
erneut über das Dorf her – mit der Unterstützung von „Räubern“, paganoi und stratiotai. Häuser seien
in Brand gesteckt und Felder ausgetrocknet worden und der Pagarch habe sich selbst bereichert mit
Gold und Vieh. Kolumne III setzt die Beschwerden fort und illustriert Brandlegungen und
Vergewaltigungen. Die Bittsteller rekurrieren erneut auf ihre Autopragie und argumentieren mit dem
Ausfall für die Staatskasse. Menas wird der Einsatz von stratiotes bei diesen Aktionen vorgeworfen.
Aber auch Beamte beteiligen sich offenbar. Zu bemerken ist ferner, dass es stellenweise danach klingt
als sei nicht der Zugriff an sich das Problem, sondern dass der Pagarch das genommene Geld nicht
abgerechnet habe.
Die Petition ist eines der berühmtesten wie schwierigsten Dokumente der Papyrologie
überhaupt. Bells Kommentar, dass „we have not Menas’s version of the story, but from all we know
(Hervorhebung von mir) of the power of the semi–feudal nobility and the ruthlessness with which they
were prepared to use it, we may feel confident that grave abuses occured“ (BELL 1944, 34), zeigt eine
gewisse Voreingenommenheit der Interpretation. Einen anderen Ansatz bietet KEENAN 2008 mit der
Beobachtung, dass eine solche Petition in ihrer Form, ihrer Topik, ihren ‚Geschichten‘ einem
mündlichen Diskurs folgen könnte, der die ‚Fakten‘ überdeckt und beeinflusst, sie geradezu zu formen
scheint. Dass Menas tatsächlich einen Steuerrückstand feststellen musste, könnte aus P.Cair.Masp. I
67060–67061 hervorgehen, falls der dortige Menas identisch ist mit unserem Pagarchen. Der Weg der
Gefangenen über Antinoupolis ist insbesondere daher bemerkenswert, da Thinis/This südlich von
Antaiupolis liegt und Antinoupolis nördlich; möglicherweise wurden die Gefangenen als flüchtige
Steuerschuldner betrachtet und daher zentral (aber offenbar ohne Wissen des dux) in Antinoupolis
verwahrt, ehe sie an ihre Heimat ausgeliefert wurden.
Anmerkungen:
! In II 21 ist möglicherweise eine Form von &"5;*< zu ergänzen.
! In III 25 gehören keine eckigen, sondern runde Klammern.
P.Cair.Masp. I 67003
Originaltitel: Requête
Datierung: ca. 567
Matthias Stern 63
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Herkunft: Antinoupolis (?)
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: http://ipap.csad.ox.ac.uk/4DLink4/4DACTION/IPAPwebquery?vPub=P.Cair.Masp.&v
Vol=1&vNum=67003; http://www.misha.fr/papyrus_bipab/pages_html/P_Cair_Masp_I_67003.html
BL–Korrekturen: I 100; IX 40; XI 52
Textgattung: Eingabe (Mönche an dux Thebaidos)
Urkundenart: offiziell
Archiv: Dioskoros
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: –
2. Filiation: –
3. Anrede: –
4. Titulatur: Pagarch
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: Antaiupolis
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Dritter; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: dux Thebaidos; topoteretes; verschiedene Eparchie–
Beamte
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Unterlassungsexekution
Text: † 6µ. û o$'%y(*)_ t*>'E;_ W'*>',9 W>6'I$;_ g'M*>I$;_ P<,&(',(;,_ p5-Eh*_ W'*(%*[;]_ O(*)-%$>',9 w8','&;_ (9 =,E-D-((/(_) &(*'(I$/(G !"\1/ 3(*)"/(<, ?'F
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Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 64
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
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Matthias Stern 65
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
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Übersetzung:
„Flavius Triados Marianos Michaelos Grabrielos Konstantinos Theodoros Martyrios Iulianos
Athanasios, dem berühmtesten stratelates, Konsular und übergrößtem patricius des Präfekten Iustinos,
dux und augustalis der Thebais zum zweiten Mal, (vertreten) durch den erhabensten magister
Dorotheos, (Grüße). Bitt- und Schutzgesuch von den unglückseligen eremitischen Mönche vom
Wüstenkloster der „Christus bringenden Apostel“, welches „Pharaus“ genannt wird. Allzeit erhellen
Gerechtigkeit und gerechtes Handeln die Schritte Eurer berühmten Übergröße; und alle frommen
Klöster und allverehrten Gotteskapellen freuen sich über Eure heilspendende und segensreiche
Verwaltung, aufdass sie fortan von diesen vertreibt all das zu vermeidende und abzuwendende
Unrecht (derer), die es gewohnt sind, Streit zu suchen und das eigene Vermögen rücksichtslos zu
vermehren. Und deren Gebet ist auch ein Hilfsgesuch derjenigen, die ihrer Versammlung beiwohnen,
und eine Fürbitte an Euch Gerühmtesten mit Euren berühmtesten Kindern, den Herren der gesamten
Eparchie, und wird nicht ruhen, ununterbrochen zu Gott, dem Ewigen König, gesandt zu werden,
aufgrund Eures Mitleids und Eifers hinsichtlich der allzeit guten und um Gott bemühten Tat, welche
das in diesem Zusammenhang auch immer sei. Und da wir dies genau wissen, lassen wir uns fallen vor
eure gerühmten und gerechten Füße, wobei wir (Euch) darlegen, dass es mit der uns betreffenden
Angelegenheit folgende Bewandtnis hat: Wir legen nun Eurer menschenliebenden Hoheit dar, dass
wenige Aruren, (nämlich) bis zu sechs und nicht mehr, fruchtbaren Landes, die angrenzen an unsere
Landgüter und zwar (die Landgüter) des heiligen Ackers der Diakonie, uns mittels einer
Schenkungsurkunde überlassen hat eine gewisse Witwe, welche diese (Ländereien) erlangte als
Mitgift ihres Mannes, als dieser noch am Leben war. Da jener dann aber vor ihr verstorben war und
ihren Kindern zusammen mit ihr (selbst) zuvor letztwillig (das Landgut) hinterlassen hatte, später aber
auch die erwähnten Kinder nach dem Tod des Vaters gestorben waren und auf diese Weise ihrer
Mutter (die Ländereien) hinterließen, welche uns (die Ländereien) in korrekter Weise vor recht langer
Zeit schenkte, als fromme Stiftung und Zuwendung, zur Sühnung ihrer Seele und der ihrer Kinder und
auch der ihres (= der Kinder) Vaters. Dies ist die Seelenmesse in Erwartung und Hoffnung auf die
Auferstehung der Toten. Und wir wissen nicht, woher gegen uns Schritte unternahm ein gewisser
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 66
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Iezekiel, der ein Schwätzer und Verleumder und eine Plage ist und uns diese in unrechter Weise
entreißen will, wobei er keinerlei Zugehörigkeit zu den rechtmäßigen Eigentümern des Vermögens
besitzt; deshalb schwören wir bei der heiligen Dreifaltigkeit und bitten Eure Hoheit, wenn es (ihr)
beliebt, dem Pagarchen von Antaiupolis und dem topoteretes derselben (Antaiupolis) anzuordnen, ihn
(= Iezekiel) von uns fernzuhalten, o übergrößter Gebieter.“
v
„Bitt- und Schutzgesuch Eurer ergebensten Diener.“
Inhaltliche Paraphrase:
Eingabe an den dux Thebaidos Flavius Marianos vonseiten der Mönchsgemeinschaft vom
Wüstenkloster Pharaus. Die Mönche haben von einer Witwe ein Grundstück als Schenkung erhalten,
das ihnen nun offenbar ein gewisser Iezekiel streitig macht, über den wir allerdings nichts wissen –
offenbar auch der dux nicht, wie das (>2 (Z. 23) verdeutlicht. Vermutlich handelt es sich um eine
einflussreiche Person mit Großgrundbesitz. Die Mönche verweisen auf den korrekt abgelaufenen
Rechtsakt der Schenkung und legen dar, dass Iezekiel keinerlei Rechtsansprüche genieße. Sie bitten
den dux, dem Pagarchen wie auch dem topoteretes zu befehlen, dafür zu sorgen, dass Iezekiel sie nicht
mehr diesbezüglich belästigt. Ähnlich wie bei P.Apoll. 7 könnte man hier von einer Art
Unterlassungsklage sprechen (wobei es sich hier freilich nicht um einen Prozess handelt). Der Pagarch
ist hierbei Exekutivkraft, wobei die Petition selbst nicht an ihn gerichtet ist. Es bleibt noch offen, ob
dieser Instanzenweg üblich ist, oder ob der dux vielleicht aufgrund persönlicher Verbindungen von
den Mönchen direkt angeschrieben wird (scheint mir eher unwahrscheinlich). Der topoteretes ist hier
wohl der direkt ausführende Beamte des in Antinoupolis residierenden dux auf
pagarchieübergreifender Ebene innerhalb der Thebais, der dann dem Pagarch von Antaiupolis
Anweisung gegeben haben wird (sofern die Formulierung nicht etwas missverständlich besagen soll,
dass es sich bei Pagarch und topoteretes um eine Person handelt). Die Stellung des dux auch in
zivilrechtlichen Angelegenheiten ergibt sich aus der zunehmenden Kompetenzerweiterung auf Kosten
der praesides durch die Justinianischen Reformen.
Anmerkungen:
! „Schwätzer“: wörtl. „Haareschneider“
! Dorotheos ist vielleicht jener magister aus P.Lond. V 1677 (BL IX 40).
! In Z. 21 ist wohl E<*I&'µú,G zu lesen.
P.Cair.Masp. I 67005
Originaltitel: Requête
Matthias Stern 67
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Datierung: ca. 568
Herkunft: Aphrodites Kome
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: Fournet, Les archives de Dioscore, S. 362, Planche X (Ausschnitt);
http://ipap.csad.ox.ac.uk/4DLink4/4DACTION/IPAPwebquery?vPub=P.Cair.Masp.&vVol=1&vNum
=67005; http://www.misha.fr/papyrus_bipab/pages_html/P_Cair_Masp_I_67005.html
BL–Korrekturen: (I 100; III 33;) XI 52; XII 44
Textgattung: Eingabe (Witwe an dux Thebaidos)
Urkundenart: offiziell
Archiv: Dioskoros
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Kolluthos
2. Filiation: –
3. Anrede: Gebieter; Herr; Lichtester (clarissimus)
4. Titulatur: Pagarch
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: –
7. Weitere Funktionen: cancellarius
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Dritter; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: dux; augustalis; boethos; stratiotes
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Verantwortung für domus-Gefängnisse; allgemeine
Aufsicht über Sicherheitspersonal
Text: [6µ]. o$'[%;]_ t0*0>0['E;_ W'*>',9] W0[>]6'I$;0_0 g'M*>I$;0_0 P<,&(',(;,_0 [p]5-Eh*_ W0['*](%*;_
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 68
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
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Matthias Stern 69
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
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Übersetzung:
„Flavius Triadios Marianos Michaelios Gabrielios Konstantinos Theodoros Martyrios Iulianos
Athanasios, dem berühmtesten stratelates, Konsular und übergrößtem patricius des Präfekten Iustinos,
dux und augustalis der thebaischen Eparchie zum zweiten Mal. Bitt– und Schutzgesuch von mir, der
ergebensten, verwaisten Dienerin Sophia, stammend aus Aphrodito, dem allunglückseligen Dorf des
Antaiopolitischen Gaues. Die göttliche Vorsehung und die christusliebenden Gebieter der Zepter
haben entschieden, dass Eure gerühmte Übergröße beherrscht die allunglückselige Thebais [–––] die
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 70
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
mich betreffenden Geschädigten, geringe und unglückselige, wie schutzbringend und Untaten
verabscheuend Eure die Armen liebende Übergröße sei; und da ich dasselbe genau weiß und nachdem
ich von Eurem angenehmen und allgelobten, gerecht verfahrenden Schutz erfahren habe, wende ich
mich an Euch, wobei ich mich niederwerfe vor den Grund Eurer gerechten und gerühmtesten Füße, im
Wunsche, auch selbst Eurer Gerechtigkeit teilhaftig zu werden, wie [–––] diese [–––] in dieser mich
betreffenden Sache, die folgenden Inhalt hat. Ich berichte Eurer allgeehrten Hoheit, dass ich als Waise
mein Leben verbrachte und mich der Eintracht der Ehe verheiratete mit dem Wissen meiner noch
lebenden Onkel, und ich zeugte mit meinem seligen Mann [–––] männliches Kind nach fünf Jahren(?),
doch das Leben dieses (Mannes) schwand dahin, so er lies mich zurück als Stillende [–––] von Mühe
[–––] es hat der noch lebende Vater dieses (Mannes) Geschenke gegeben anlässlich der Vermählung,
nach Gewalttätigkeiten der Steuereintreiber des Dorfes und der Brüder dieses meines gestorbenen
Mannes [–––] wies ich sie ab, nahm mein erwähntes einziges (und nunmehr) verwaistes, hilfloses
Kind mit mir. Nachher aber wurde ich deswegen schlecht behandelt [–––] ging ich (erneut) eine Ehe
ein und nachdem nur kurze Zeit vergangen war, (und ich weit) fern war) von Kindern mit ihm,
verhaftete diesen meinen Mann jemand namens Senuthes [–––] stammend aus Panopolis, für eine
Bürgschaft, die von meinem Mann abgegeben worden war gegenüber einem gewissen Hieremias,
boethos des Dorfes. Er wurde verhört [–––] und [–––] mit todbringendem Unglück überhäufend
ermordete ihn der besagte Totschläger Senuthes; zum zweiten Mal aber auf hinterlistige Weise [–––
] mich als Witwe und als Freie zugrunde zu richten und meine Standesehre zu schänden, da ich seiner
Überredung und ungezügelten Lust nicht Folge leisten wollte, warf er mich in sein Privatgefängnis,
ließ mich täglich prügeln und an den Sohlen kitzeln und in grober Weise schwebend am Haarschopf
aufhängen über fünf Monate [–––] Gefängnis. Mein Gebieter, der lichteste Herr Kolluthos,
cancellarius und Pagarch, befahl, mich freizulassen, doch wurde ich nicht freigelassen vom besagten
gottlosen Senuthes. Als aber nachher er (= Senuthes) nach Panopolis abgereist war, behielt er mich
weiter in Gewahrsam und ließ meine Äcker unbestellt, da ich keinen epimeletes zur Verfügung hatte
[–––] und an meinem [–––] vergriff er sich, übergab mich dem obengenannten, übelwollenden
Hieremias, dem boethos, der das gesamte Dorf zugrunde richtete. Und er blieb [–––] Beweisurkunde
auf Anraten jenes (Mannes) hin; und ich erbte weder von meinem ersten noch von meinem zweiten
Mann etwas noch war ich überhaupt etwas schuldig von den [–––] vollständig und auf diese Weise
übergab er mich als Witwe mit meinem Waisenkind den makedonischen stratiotai. Und als jene
erfahren hatten die [–––] dass sie mich glücklicherweise freiließen. Mein Kind aber hielt der
schlechteste Hieremias (weiterhin) in seiner Gewalt, er entriss es meiner mütterlichen Obhut, wobei er
es ganz und gar demütigte bis [–––] seine Überredungen folglich nicht [–––] daher bitte und
beschwöre ich Eure Hoheit beim ewigen Gott (und) Heiland und bei Eurem Heil und bei den
gerühmtesten Kindern [–––] wenn es (Euch) hinlänglich beliebt, anzuordnen, dass mir voll und ganz
Gerechtigkeit widerfährt und mein verwaistes Kind [–––] Gott behüte Euch eine lange Zeit, Gebieter
[–––] berühmtesten, übergrößten stratelatai, duces, augustales, patricii, Herren der Eparchie.“
Matthias Stern 71
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
v
„Flavius Marianos Michaelios Gabrielios Sergios Bakchos Narses Konon Anastasius Domninos
Theodoros Kallinikos, dem übergrößten comes der erlauchtesten domestikoi, dux und augustalis der
Thebais.“
Inhaltliche Paraphrase:
Eingabe der Witwe Sophia an den dux Thebaidos Flavius Marianos alias Athanasios. Aus der Ehe mit
ihrem ersten Mann, der verstorben war, hatte sie einen Jungen mit in ihre zweite Ehe gebracht, die
kinderlos blieb. Nachdem ihr zweiter Mann von einem gewissen Senuthes – offenbar aufgrund einer
Angelegenheit, die eine Bürgschaft betraf – verhaftet worden war, kam jener in der Folge zu Tode. Da
Senuthes der nunmehrigen Witwe Sophia nachstellte und diese nicht darauf einging, ließ er sie
einkerken. Das Gefängnis wird als Privatgefängnis bezeichnet und wäre als solches nach der
Reichsgesetzgebung verboten; es ist unklar, wie weit die Grauzone hier geht und inwieweit Sophia
möglicherweise ‚flunkert‘. Sophia gelang es, sich an den Pagarchen Kolluthos zu wenden, der eine
Freilassungsorder ausgibt, welche jedoch seltsamerweise folgenlos bleibt, daher wendet Sophia sich
schließlich an den dux.
Wer ist besagter Senuthes und warum ist der Pagarch Kolluthos ihm gegenüber offenbar
machtlos? Es erscheint zunächst interessant, dass in unserem Schreiben Kolluthos als Anwalt des
Friedens erscheint, wo doch in den Schreiben des Dioskoros es gerade der Pagarch ist, dem solche
Aktionen gut anstehen würden, wie sie hier Senuthes vollführt: Zugriff auf Privatbesitz, Zugriff auf
Steuerschuldner, Zugriff auf unbescholtene Individuen zum Zwecke der Geiselhaft. War Senuthes also
gar selbst ein Pagarch? Dazu würde immerhin auch die Heranziehung eines boethos (wenn auch
desjenigen von Aphrodito) für seine Zwecke sprechen. Diese Hypothese wäre von daher interessant,
als wir dann davon ausgehen müssten, dass Sophia sich an den Pagarchen Kolluthos wandte, obwohl
dieser mit der Angelegenheit gar nichts zu tun hatte – vielleicht aufgrund persönlicher Bindungen –
oder aber dass Senuthes (ähnlich wie dies etwa in P.Apoll. 39 dokumentiert ist) eigenmächtig auf dem
Territorium des Kolluthos agiert hatte, was die Machtlosigkeit des Kolluthos erklären würde, da
Senuthes nach dieser Hypothese gleichrangig war und Sophia sich zu dem Zeitpunkt eben
möglicherweise bereits auf Senuthes’ Territorium befand.
Allerdings spricht der übrige Text dafür, dass die Ereignisse in oder um Aphrodito stattfanden
und überdies stammt Senuthes aus Panopolis. Weiterhin spricht die Bezeichnung des Senuthes als (>2
(Z. 14) dagegen, dass dieser ein offizielles Amt ausübte – immerhin wird selbst der angeblich so
barbarisch agierende Pagarch Menas in den Schreiben des Dioskoros mit Ehrentitulatur genannt. Es
handelt sich also wohl entweder um einen einflussreichen Gläubiger oder um einen selbstständig
agierenden Sicherheitsmann, wobei Sophias Allusion an die rechtliche Grauzone der domus-
Gefängnisse für die erste Hypothese spricht. Kolluthos besitzt demnach von Amts wegen ein
Weisungsrecht über die domus-Gefängnisse seiner Pagarchie; diese werden nicht direkt von ihm
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 72
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
unterhalten, unterliegen in ihrer öffentlichen Funktion aber letztlich doch seiner Verantwortung. Dann
bleibt offen, warum eine Order des Pagarchen Kolluthos so offensichtlich ignoriert wird (wie ja auch
in P.Cair.Masp. I 67002 die Anweisung eines Vorgesetzten nicht die von den Petenten erwünschte
Wirkung zeitigt). Entweder hatte sich Senuthes eine solchermaßen einflussreiche Stellung aufgebaut,
dass Kolluthos es des Risikos nicht für wert erachtete, tatsächlich einzugreifen – oder, wofür einiges
spricht, es lag gar nicht in seinem Interesse, seine Forderung durchzusetzen. Immerhin gehörte Sophia
einer autoprakten Gemeinde an, sodass ein Ausfall ihres Mannes dem Pagarchen gar nicht zum
Nachteil gereichte. Anzeichen für den Umstand, dass die Staatsgewalt nur dann eingriff, wenn ihre
Sicherheit oder ihre Einnahmen bedroht waren, wurden in diesem Katalog bereits häufiger
besprochen. Kolluthos selbst hat offenbar in jedem Fall die Petition der Sophia bearbeitet und schreibt
entweder an einen Untergebenen oder an einen ‚semi-private’ Gefängnisse führenden
Großgrundbesitzer kraft seiner amtlichen Verantwortung über das Gefängniswesen der Pagarchie.
Anmerkungen:
! Die in Z. 6 Geschädigten sind vermutlich die in Z. 21 gemeinten '0,0[ 0 0 0 0 0 0]-(%)2, was
demnach in !0,0[8*´"]-(%)2 aufzulösen wäre.
! Z. 11: Die Lesung "5[,]('[#(]I0*-, wird ohne Alternativvorschlag ausgeschlossen (BL III 33).
P.Cair.Masp. I 67021
Originaltitel: Requête
Datierung: ca. 567
Herkunft: Antaiopolites
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: http://www.misha.fr/papyrus_bipab/pages_html/P_Cair_Masp_I_67021.html ;
http://ipap.csad.ox.ac.uk/4DLink4/4DACTION/IPAPwebquery?vPub=P.Cair.Masp.&vVol=1&vNum
=67021
BL–Korrekturen: (I 103f.)
Textgattung: Eingabe (Mönche an Kirchenvertreter)
Matthias Stern 73
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Urkundenart: offiziell
Archiv: Dioskoros
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Menas
2. Filiation: –
3. Anrede: Herr; Lichtester (clarissimus)
4. Titulatur: Pagarch
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: Antaiopolites
7. Weitere Funktionen: scriniarius
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Dritter; Steuer- und Finanzwesen;
Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: stratiotes; paganos?
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Zugriff auf Steuerschuldner; Zugriff auf Privatbesitz;
allgemeine Aufsicht über Sicherheitspersonal
Text: † 6µ. ([A, !.']8A, E>/85&>, ?'F "*-';*5&>, !*>&(A0, (:2 3µ5(#*'[2] 805-Q>$-b2 }.><&U,I2 =">&(/µ5,-0[>] !?*>MH2, (A0,0 !50F0 5N2 () 5T'.#&('(' (-b p05-b K0[&>'(?)] µ[-,'&](S*>' -,<0[ 0]&0('>0 0 0[ 0 0 0]'$0[– ca.12 –] 5!.'0[8/]. E>1 [-Ü,(?) "/*'?'$]-(b)µ 050,0 0 0 0 0 0 0 0 0I0,'> 0 0 08 0[ 0 0 0]5>,0[ 0 0] 0 0(0-0 m2 µ5./$0->2 3µ\, -0% 0(<0[,] (#?,<, (-b 50 0 0 050>&0 0 0>0<, "0,50[U]µ 0'0[(]>0 ' 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Ç0"050*0 ="0[F (-b e&>]<0(/(-%(*) ["['] ~'6[<µ(?)];-0% [(]-b Traces 1 line 10() ?'80c B0µ 04020, m0[2] =$55>,-(7)2 n,('2 [3]µ 0H, %a(*)-0U02 [(5] ?'F "*-0&0?0[%,]I(/20. M-%$+µ58' [.])* ?'F 6<*F2 "*0/.µ'(0[-]20 "4&', ?'[8c Z]?/&(I, !Q-*µA, =µ";"[(-(%)&',] ["*-&(?)].*/Q5>, Bµ 0[4]2, ?'F "*-&5>"5\, (A, a5*), ?'F Q;$I, p59 ?5Q'$S,, ü, "*-&?%,-bµ5, !&"'j+µ5,0-0>0 15K&-, -T?’ N(*)&6U&5> 0 0 0 ["*]-0&0.0*0/0@0[']> ?'F "'*'?'$-(b),(05020 30(*)"05>&5$85\, [(]10 ?'[8c B]µ42 "*4.µ', ?'[F] µA !0,[#6]50&080['>] (01 5T'.l2 µ-,('&(S*>-,) !E>?I8:,'> "'*)0 W0I0,4 (-b $'0µ 0"0*0-((/(-%)
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 74
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
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Übersetzung:
Matthias Stern 75
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„Da wir die gute Gesinnung und den besten Vorsatz Eurer gottliebenden Heiligkeit genau kennen, die
immer in den frommsten und rechtschaffenen Klostern Gottes [–––] gute (Dinge?). Daher ersuchen
wir [–––] damit den größten Euch [–––] der Kinder des [–––] Geist [–––] was vor dem
rechtschaffensten Apa Pachomios des [–––] was uns betrifft, dass wir Eure ergebensten und
unterwürfigsten Söhne sind. Wir wollen nämlich auch ohne ein Prozessverfahren Euch die ganze
Angelegenheit der Reihe nach, wie sie uns zugefallen ist, schriftlich vortragen und das heilige und
gottgeliebte Oberhaupt (der Kirche) anrufen, welchem wir grüßend Ehre erbieten, solange nicht in
Kraft ist [–––] schriftlich darzulegen und wir bitten dich, die uns betreffende Angelegenheit in die
Hand zu nehmen und nicht zu gestatten, dass dem frommen Kloster Unrecht getan wird von Menas,
dem lichtesten scriniarius und Pagarchen von Antaiupolis. Wir besitzen nämlich [–––] Grundstücke in
Aphrodite(s Kome) [–––] den [–––] und [–––] finden wir nicht Gelegenheit, zu verzichten noch in
gleicher Weise [–––] zu zahlen(?) die schwerlastenden (Steuern?). Noch dazu“
v
„werden wir von ihm auch belastet mit einer Steuerforderung für gewisse Landgüter und auswärtige
Felder des Klosters Psinepois, von denen die [–––] Petme der Dörfer desselben Antaiopolites ernten
sie, ohne jährlich Pachtzinsen und Abgaben (zu zahlen). Wir, die wir die Mühsal tragen, bitten [–––]
(die) Pachtzinsen dieser (Landgüter), oder wenigstens von uns fernzuhalten die [–––] ungerechten [––
–] die, welche die (ungerechte) Steuerzahlung von uns verlangen; er wird nicht gewünscht [–––] und
er geht vor [–––] gegen Aphrodites Kome mithilfe von stratiotai und paganoi, wie sie berichten,
plündert dieses (Dorf) wie [–––] des besagten Verwalters, und sein Anwesen zerstört von den
Hilfskräften, die dem erwähnten Herrn Menas angehörig sind und ganz nach Art von Gegenden, die
von Barbaren heimgesucht werden, und die erste und die zweite und dritte Rate der öffentlichen
Steuern haben wir ihm übergeben [–––] zu einem Satz, der heißer war als Feuer, nahmen wir ein
Darlehen auf; und so zögerte er nicht, unseren dioiketes rechtswidrig zugrunde zu richten. Nicht allein
dies (sc. tat er?) uns [–––] und des lichten Gedenkens des Sarapammon raubte er das für den Pachtzins
gedachte Getreide unserer Ländereien, ließ auszahlen [–––] nichts von dem zu Fordernden; nicht
wahrlich aber auch gewisse vielzählige [–––] und einen großen Ofen aus gebrannten Ziegeln [–––] für
den Bau der heiligen Kirche des Apa Petronios [–––] deswegen [–––] uns zu schreiben [–––] solchem
[–––] würdig, der [–––]“
Inhaltliche Paraphrase:
Eingabe von Mönchen durch Dioskoros an einen unbekannten geistlichen Würdenträger gegen
Unrecht durch den Pagarchen Menas. Das Muster ist gewissermaßen bekannt. Den Mönchen gehören
einerseits Landgüter um Aphrodito, andererseits Klosterbesitz außerhalb der Pagarchie. Menas habe
übermäßige Steuerforderungen gestellt und offenbar wie in P.Cair.Masp. I 67002 Landbesitz
konfisziert und neu zugeteilt (so zumindest liest sich die Behauptung, „diese“ zahlten keinen Pachtzins
und keine Abgaben). Auch gegen das Dorf selbst sei er mithilfe von stratiotai und paganoi
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vorgegangen – von Zerstörungen ist die Rede. Schließlich habe der Pagarch noch Getreide konfisziert
und offenbar nicht ‚entsprechend‘ als Leistung angerechnet. Handelt es sich bei den paganoi eine
pejorative Bezeichnung im Sinne von „Gesindel“? Oder ist eine genauere Differenzierung angedacht
im Sinne von „Nichtamtspersonen“ bzw. „nichtmilitärischen Hilfskräften“. Vom Zugriff auf Personen
ist im erhaltenen Teil nur in Bezug auf den dioiketes der Mönche die Rede, wobei nicht ganz klar
wird, ob !$0+0.0<2 (Z. 17) eine wirkliche juristische Wertung geäußert werden soll.
Anmerkungen:
! Z. 13: Man muss wohl 3µ42 lesen.
! Zum Verso, Z. 1–2 und der Bedeutung von =D<(>?+2 (+"-2 siehe BENAISSA 2007, S. 80–86.
P.Cair.Masp. I 67094
Originaltitel: Cautionnement
Datierung: 1.–25. April 552 (?) / 27.–31. März 553 (?)
Herkunft: Aphrodites Kome
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: http://www.misha.fr/papyrus_bipab/pages_html/P_Cair_Masp_I_67094.html;
http://ipap.csad.ox.ac.uk/4DLink4/4DACTION/IPAPwebquery?vPub=P.Cair.Masp.&vVol=1&vNum
=67094
BL–Korrekturen: (I 107)
Textgattung: Gestellungsbürgschaft
Urkundenart: offiziell
Archiv: Dioskoros
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Flavius Iulianos
Matthias Stern 77
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2. Filiation: –
3. Anrede: Erhabenster (magnificentissimus)
4. Titulatur: Pagarch
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: Antaiupolis
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: nomikos; protokometes
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Zugriff auf Straftäter; allgemeine Aufsicht über
Sicherheitspersonal
Text: † M'&>$5;'2 (-b 85>-(/(-\%/ BµH, E5&"+[(-% o$'%y-% O-%&(>,>',-b (-b 'N<,;-% uT.-U&(-%] ?'0F0 [u]T(-?*/(-*-2 C(-%2 5N?+&(-% V?0(0-0[%, µ5() (A, 3"'(5;', o$('%;-%) s'&>$5;-% (-b
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Übersetzung:
„Im sechsundzwanzigsten Jahr der Regentschaft unseres göttlichsten Gebieters Flavius Iustinianos,
des ewigen Augustus und Imperators, im zwölften Jahr nach dem Konsulat des berühmtesten Flavius
Basileios, am [–––] Pharmuthi der ersten Indiktion [–––] Flavius Iulianos, dem erhabensten Pagarchen
von Antaiupolis, (vertreten) durch Flavius Dioskoros, Sohn des Apollos, und Apollos, Sohn des
Ioannes, rühmlichste Protokometen von Aphrodites Kome im selben Antaiopolitischen Gau, die sechs
Unterzeichnenden, die das unten Angefügte bestätigen, ein jeder rechtlich gebunden an seine
eigenhändige Unterschrift, Grüße. Wir erklären bereitwillig und selbstbestimmt unter Anrufung
Gottes, des Allmächtigen, und bei der Sieghaftigkeit und dem Heil unseres helltriumphalen Gebieters
Flavius Iustinianos, des ewigen Augustus und Imperators, dass wir bürgen und haften gegenüber Eurer
Erhabenheit für das Verweilen und Erscheinen von Enoch, dem Sohn des Ioannes, dem
gewissenhaftesten anagnostes, in derselben Aphrodites Kome ohne irgendeine Missachtung oder
schlechte Tat und falls er von Euch verlangt wird und nicht gefunden werden kann, so erklären wir
uns einverstanden, die wir dies verbürgt haben, für dessen Säumigkeit an Eure Erhabenheit zu geben
und zu leisten sechs Goldnomismata, macht 6 Goldnomismata, und (weiter erklären wir,) dass er in
keiner Weise säumt, die wir gebunden sind an den göttlichen Eid und das daher drohende Risiko. Und
zu allem befragt haben wir zugestimmt. Ich, Petros, Sohn des Apollos, hypodiakonos des heiligen
Ortes des Märtyrers Apa Horuonchios, bürge für den vorgenannten Enoch mit zwei Goldnomismatia;
auch wir, die Aurelii (sc. nämlich alle folgenden) Phib, Sohn des Araus, Pelzmacher, [–––] bürge für
den vorgenannten Enoch mit zwei Goldnomismatia; auch ich, Ioannes, Sohn des Kyriakos, mit einem
Goldnomismation; auch ich, Ioannes, Sohn des Psenthaesios, mit einem Goldnomismation; zusammen
sechs Nomismatia, macht 6 Nomismatia. Und wir schwören den göttlichen Eid, wie es dasteht. Ich,
Matthias Stern 79
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Aurelius Apollos, Sohn des Isakios, für würdig befunden, habe für diese Männer geschrieben, da sie
schreibunkundig sind. Ich, Viktor, Sohn des Promauos, Presbyter, bezeuge diese Bürgschaft, die ich
von den Aufsetzenden vernommen habe. Moyses, Sohn des Phoibammon, Diakon, bezeuge diese
Bürgschaft, die ich von den Aufsetzenden vernommen habe. Geschrieben durch mich, Pilatos,
nomikos.“
Inhaltliche Paraphrase:
‚Echte‘ Gestellungsbürgschaft mit Kaisereid ohne Angabe des Gestellungszweckes. Vier Einwohner
von Aphrodito – ein Hypodiakon, ein Pelzarbeiter und zwei Männer ohne Berufsbezeichnung –
schreiben an den Pagarchen Flavius Iulianos, der auf der Dorfebene von zwei protokometai vertreten
wird, dass sie die Bürgschaft für die Gestellung eines Lektors (PALME 2003, 550) (anagnostes)
namens Enoch übernehmen. Wenn sie nicht seine Vorstelligkeit erreichen, müssen sie sechs
Nomismata zahlen. PALME (UNPUBL.) 20f. ordnet diese Bürgschaft meines Erachtens zu Recht dem
gerichtlichen Kontext zu. Die offizielle Funktion des Pagarchen wird durch seine Vertretung von zwei
protokometai angedeutet. Das Wohlverhalten des Verbürgten scheint hier einen wichtigen Bestandteil
der Bürgschaft darzustellen; dahingehend zeigt sie sich mit den Erklärungen über Wohlverhalten
verwandt (etwa P.Oxy. I 139; siehe auch oben P.Bodl. I 53).
––––––––––––––––––––
P.Cair.Masp. III 67283
Originaltitel: Rapport
Datierung: vor 10. Nov. 547
Herkunft: Aphrodites Kome
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: http://www.misha.fr/papyrus_bipab/pages_html/P_Cair_Masp_III_67283.html;
http://ipap.csad.ox.ac.uk/4DLink4/4DACTION/IPAPwebquery?vPub=P.Cair.Masp.&vVo3=1&vNum
=67283
BL–Korrekturen: VIII 74; XI 53; XII 47
Textgattung: Eingabe (Dorfbewohner an Kaiserin)
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Urkundenart: offiziell
Archiv: Dioskoros
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Iulianos
2. Filiation: –
3. Anrede: Berühmtester (gloriosissimus)
4. Titulatur: Pagarch
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: Antaiopolites
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Dritter; Steuer- und Finanzwesen;
Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: dux; protokometes; boethos; syntelestes; apodiadochos
praipositon
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Zugriff auf Steuerschuldner; Zugriff auf Privatbesitz
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Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
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prev. ed. ^ pg1.8. l. 3"#$>"-, : ç"5$5>"', papyrus ^ pg1.8. 5%j<x'& papyrus ^ pg1.11. l. $'Q%*'.<.1[,] ^ pg1.12. "*-&x5,'> papyrus ^ pg1.15. ç.>-%& papyrus ^ pg1.15. ç papyrus ^ pg1.16. ç papyrus ^ pg2.2. x<',,-% papyrus ^ pg2.2. ç papyrus ^ pg2.4. l. =??$I&;'2 ^ pg2.5. @'x& papyrus ^ pg2.6. l. =??$I&;'2 ^ pg2.6. l. wQ*-E;(I2 ^ pg2.7. l. "*5&M(U(5*-2) ^ pg2.8. l. µ/*(%*-2 ^ pg2.9. l. ?'8-$>?:2 ^ pg2.11. l. =">E#E<?' ^ pg2.14. l. E>E'&?'$;<'>, ^ pg2.15. x5*Iµ>'& papyrus ^ pg2.17. x papyrus ^ pg2.19. ç"5* papyrus ^ pg2.20. l. "'*'?<'$>-b,(52 ^ pg2.21. ç"5* papyrus ^ pg2.22. x<& papyrus ^ pg2.23. l. ?(S(<* ^ pg2.23. x&'? papyrus ^ pg2.23. l. ?(S(<* ^ pg2.24. l. (5 ^ pg2.24. ç"5* papyrus ^ pg2.25. x&'? papyrus ^ pg2.25. x<',,- papyrus ^ pg3.1. l. ?(S(<* ^ pg3.2. ç"5* papyrus ^ pg3.3. l. =">E#E<?' ^ pg3.3. l. 5|EI&>, ^ pg3.3. l. E5&"-;,I2 ^ pg3.4. l. ?(S(<* ^ pg3.4. l. ="><E#E><?' ^ pg3.6. 'µ'x& papyrus ^ pg3.6. l. =">E#E<?' ^ pg3.6. l. E>E'&?'$;', ^ pg3.9. l. [!"]-0E>åE-6-2 BL XII 47 – l. [!"]-0E>'E+6-% prev. ed. ^ pg3.9. l. "*1<2> ^ pg3.19. l. <=">>E#E<?' ^ pg3.23. x<',,I& papyrus
Übersetzung:
Pg1
„Von den Bewohnern von Aphrodites Kome Viktor, dem Diakon, und den bewunderswertesten [–––]
und Viktor, unseren [–––] (Grüße). Wir unterrichten unsere frommste Gebieterin, dass der lichteste
Iulianos gegen die Norm danach trachtet, uns in die Pagarchie von Antaiupolis zu ziehen, über welche
er gebietet seit Beginn der x. Reichssteueransage, obwohl wir gerade unter der Amtgewalt des dux
stehen und kaiserliche Diener sind; und wir wissen nicht, wie wir uns ausmalen sollen, weshalb uns
der so Geartete bedrängt, unter dem Vorwand von Steuerleistungen. Denn das verständige örtliche
officium weiß, dass wir niemals mit unserer Zahlung im Verzug waren; dieser aber überfiel unsere
Güter und schreckte nicht davor zurück, diese anlässlich der Steuer(eintreibung) gründlicher
auszuplündern als die von Barbaren verheerten Gegenden. Und seine Gefolgsleute plünderten, wie
gesagt, alle Güter rings um das Dorf in bösartiger und unbeschreiblicher Weise; wahrlich sogar den
Acker dieses (Dorfes) [–––] sodass wir verzweifelten und nicht imstande waren, die Raten der
öffentlichen Abgaben zu zahlen, noch ein maßvolles Dasein mit all (unseren) Tieren und Maschinen
und Handwerksgeräten; vielmehr ließen sie uns für unsere Versorgung nichts auf dem Feld zurück und
im Dorf (hinterließen sie uns) nicht die mindesten Ausstattungen für unseren Lebensunterhalt. Gott
kennt all ihre ungesetzlichen Taten und die Morde, welche im Zuge dieser Plage geschahen, die
Wehklagen mit sich brachte und all die unsäglichen Schädigungen und Ungerechtigkeiten, die uns
ehedem umgaben und welche kein Papyrusblatt jemals fassen könnte, wenn es nicht in endloser Rede
erzählte [–––] (den) Beutemacher [–––] daher bleibt uns angesichts unserer allgemeinen völligen
Verzweiflung bezüglich unserer Rettung nur mehr eine einzige Hoffnung, Zeit zu haben für diese uns
bedrängende Angelegenheit, heranzutreten an Eure frommste Gebieterin [–––] (vertreten durch?) den
gottesfürchtigen Bischof von Antaiupolis, damit sie uns Armseligen (ihre) Fürsorge schenke und von
uns Elenden den Pagarchen fernhalte und wir (Gelegenheit) finden, friedvoll zu leben und ungestört
die dem Kaiser geschuldeten Steuern und unsere ungeheuerliche embole zu erarbeiten, sodass wir
Matthias Stern 85
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durch einer solcherart gute Tat alsbald gesunden durch die Hand unserer frommsten Gebieterin und
(durch) Eure Gerühmtheit (= der dux), durch welche auch bestraft jene Übeltäter bestraft werden,
welche die besagten Haushalte und Liegenschaften Eurer (Land–)besitztümer durch das Auf– und
Umgraben unbrauchbar machten.“
Pg2
„Ich, Viktor, ergebener Presbyter der heiligen katholischen Kirche von Aphrodites Kome, übergebe
Euch als Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Promaos, Sohn des
Ioannes, ergebener Presbyter (der Kirche) des heiligen Märtyrers Apa Promaos von Aphrodites Kome
übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Petros,
ergebener Presbyter der heiligen katholischen Kirche der Apostel von Aphrodites Kome, übergebe
Euch als Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Anuphis, ergebener
Presbyter der heiligen katholischen Kirche des Apa Musaios von Aphrodites Kome, übergebe Euch als
Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Psais, ergebener Presbyter der
heiligen katholischen südlichen Kirche von Aphrodites Kome, übergebe Euch als Bittsteller diesen
Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Kallinikos, ergebener Presbyter der heiligen
Kirche der Ama Maria von Aphrodites Kome, übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht zur
Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Viktor, ergebener Presbyter der (Kirche) des heiligen
Märtyrers Apa Menas von Aphrodites Kome, übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht zur
Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Eulogios, ergebener Presbyter (der Kirche) des heiligen
Märtyrers Apa Viktor von Aphrodites Kome, übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht zur
Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Viktor, ergebener Presbyter der heiligen katholischen
neugeweihten Kirche von Aphrodites Kome, übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht zur
Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Abraham, ergebener Presbyter der heiligen katholischen
Kirche des Apa Rhomanos von Aphrodites Kome, übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht zur
Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Pheys, anagnostes derselben heiligen katholischen Kirche und
für würdig befunden, habe für ihn (= Abraham) geschrieben, da er schreibunkundig ist. Ich,
Kallinikos, Sohn des Viktor, Grundbesitzer in derselben Aphrodites Kome, übergebe Euch als
Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Apollos, Grundbesitzer
derselben Aphrodites Kome, übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer
Gebieterin. Ich, Lukan, Grundbesitzer in derselben Aphrodites Kome, übergebe Euch als Bittsteller
diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Phoibammon, Grundbesitzer in derselben
Aphrodites Kome, übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin.
Wir, Ieremias, Sohn des Viktor, tabellion von Aphrodites Kome, und Konstantin, Sohn des Hermauos,
kephalaiotes der Kupferschmiede desselben Dorfes, und Dorantinoos, Sohn des Iosephis,
Weinverkäufer desselben Dorfes, und Iosephis, Sohn des Apollos, Walker von Aphrodites Kome
(und) kephalaiotes, und Phoibammon, Sohn des Papnuthis, kephalaiotes der Maurer von Aphrodites
Kome, und Horuonchis, Sohn des Matheios, kephalaiotes der Pelzarbeiter von Aphrodites Kome, und
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 86
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Ieremias, Sohn des Phibis, kephalaiotes der Schiffszimmermänner von Aphrodites Kome, übergeben
Euch als Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich habe für diese
geschrieben, da sie schreibunkundig sind, während sie anwesend waren und mir, dem Schreibenden,
diktiert haben, und (ich habe geschrieben) für mich selbst. Ieremias, nomikos. Wir, Pilatos, tabellion
von Aphrodites Kome, Promauos, Sohn des Apollos, und Makarios, Sohn des Iosephis, kephalaiotes
der [–––] und Iosephis, Sohn des Ioannes, Grundbesitzer aus derselben Aphrodites Kome, übergeben
Euch als Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich habe für sie
geschrieben, da sie schreibunkundig sind, während sie anwesend waren und mir, dem Schreibenden,
diktiert haben, und (ich habe geschrieben) für mich selbst, Pilatos, nomikos. Ich, Senuthes, Sohn des
Apollos, Protokomet, übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer
Gebieterin. Ich, Georgios, Sohn des Diakons Psempnuthos und Grundbesitzer in Aphrodites Kome,
übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Wir, Isak, Sohn
des Musaios, Grundbesitzer, und Phoibammon, Sohn des Psenthaesios, Grundbesitzer, übergeben
Euch als Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Triadelphos, Sohn des
Konstantinos und für würdig befunden, habe sowohl für mich selbst als auch für sie geschrieben, da
sie schreibunkundig sind. Ich, Hermauos, boethos der Steuern von Aphrodites Kome, übergebe Euch
als Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Aurelius Iakob, Sohn des
Phoibammon, syntelestes, übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer
Gebieterin. Ich, Isak, Sohn des Ioannes, Grundbesitzer, übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht
zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin.“
Pg3
„Ich, Abraham, Sohn des Anuphis, Grundbesitzer, übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht zur
Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Enoch, Sohn des Herakleios und für würdig befunden, habe
für ihn geschrieben, da er schreibunkundig ist. Ich, Phoibammon, Sohn des Phibios, Grundbesitzer,
übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Mathias,
Sohn des Iosephis, Grundbesitzer in Aphrodites Kome, übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht
zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Amais, Sohn des Abraham, Grundbesitzer in Aphrodites
Kome, übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich,
Flavius Dioskoros, Sohn des Megalos und Grundbesitzer aus Aphrodites Kome, übergebe Euch als
Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Flavius Theoteknos, Sohn des
Psais und Grundbesitzer in Aphrodites Kome, apodiadochos der praepositi, übergebe Euch als
Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Kyros, Sohn des Viktor und
Grundbesitzer aus Aphrodites (Kome) übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme
unserer Gebieterin. Ich, Abraham, Sohn des Viktor und Grundbesitzer im besagten Dorf, übergebe
Euch als Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Iezekiel, Sohn des
Viktor, kephalaiotes der Weinverkäufer von Aphrodites Kome, übergebe Euch als Bittsteller diesen
Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Enoch, Sohn des Hermauos und Grundbesitzer in
Matthias Stern 87
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Aphrodites Kome, übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin.
Ich, Flavius [–––] Grundbesitzer, übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme
unserer Gebieterin. Ich, Flavius Bessurus, übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht zur
Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Chrystes, Grundbesitzer, übergebe Euch als Bittsteller diesen
Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Kallinikos, Sohn des Hermauos und
Grundbesitzer, übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin.
Ich, Palos, Presbyter und oikonomos (der Kirche) des heiligen Apa Hermauos, übergebe Euch als
Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin. Ich, Ioannes, Mönch und für würdig
befunden, habe für ihn geschrieben, da er schreibunkundig ist. Ich, Ioannes, Sohn des Kornelios und
Grundbesitzer, übergebe Euch als Bittsteller diesen Bericht zur Kenntnisnahme unserer Gebieterin.“
Inhaltliche Paraphrase:
Ein Bericht (didaskalia) an Kaiserin Theodora von den Einwohnern Aphroditos gegen angebliche
Intrigen des Pagarchen von Antaiupolis. Der Text ist wohl von Dioskoros geschrieben. Zwei Drittel
des erhaltenen Texts bestehen aus den Unterschriften der Dorfbewohner; die Unterzeichnenden sind
entweder Geistliche oder Großgrundbesitzer. Offenbar richtet also nur eine bestimmte Schicht solche
Anliegen im Namen des Dorfes an die Behörden, denn ein Notar, der nicht der Kirche angehört,
unterzeichnet nicht für sich selbst, wie es andere aber tun.
Angeblich versuchte der Pagarch Iulianos, die Autopragie des Dorfes anzufechten, offenbar
unter dem Vorwand von Steuerschulden. Von diesen Schulden wird aber nicht gesagt, dass der
Pagarch diese als ihm zustehend ansah. Vielmehr scheint es sich um eine Strafaktion zu handeln, die
der Pagarch im Namen der kaiserlichen/statthalterlichen Oberhoheit durchzuführen sich legitimiert
sah. Inwieweit mit der Darstellung von Morden und Plünderungen eventuell geordnete
Besitzkonfiskationen und Inhaftierungen rhetorisch übertrieben wurden, lässt sich nicht
nachvollziehen. Zumindest sind die Dorfbewohner überzeugt, nachweisbar nicht im Verzug gewesen
zu sein, was wiederum das sachliche Hauptargument bildet.
P.Flor. III 295
Originaltitel: Frammento di petizione
Datierung: 566–568
Herkunft: Aphrodites Kome
Schriftträger: Papyrus
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 88
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Abbildungen: http://www.misha.fr/papyrus_bipab/pages_html/P_Flor_III_295.html
BL–Korrekturen: IV 31; IX 86; X 73
Textgattung: Eingabe (demotai an magistri des dux)
Urkundenart: offiziell
Archiv: Dioskoros
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Thomas
2. Filiation: –
3. Anrede: Lichtester (clarissimus)
4. Titulatur: Pagarch
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: Antaiupolis
7. Weitere Funktionen: topoteretes
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Dritter; Steuer- und Finanzwesen?;
Sicherheitswesen?
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: numerarius; stratiotes
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Zugriff auf Steuerschuldner; allgemeine Aufsicht
Aufsicht über Sicherheitspersonal
Text: –– –– –– –– –– –– –– –– –– 1[ –ca.?– ]50>0 "*4.µ' ?'(/&(0'0&>, ('[ 0 0 0]Q 0>0[ 0 0 0 0 0] 0[ 0 0] 0 0 0 0[ 0 0 0] "5*5>50>0[ 0 0],-> -a (-0b "*hI, (:2
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Matthias Stern 89
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
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[– ca.15 –]-020 µI 5µ[– ca.9 –]-2 (I[– ca.9 –]?'[ –ca.?– ] –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– Apparatus 2: l. !"[-](*+Q>µ-, ^ 3. çµ<, papyrus ^ 3. ç><,, papyrus ^ 3. xE*<(-& papyrus 5: l. !0&<(;', ^ 7. çµ>, papyrus ^ 9. l. ?'F =?5\,-[2] ^ 9. ç"c papyrus ^ 10–11. BL 9.86; cf. 4.31 : ?'8[– ca.10 –],(>[ –ca.?– prev. ed.
Übersetzung:
„[–––] Angelegenheit, Zustand [–––] die stratiotai der ehemals städtischen Abteilung und keine [–––]
willkürlich und rücksichtslos übernehmen sie das Recht von Barbaren, indem sie keine Lebensweise
führen, die ihnen den nötigen Lebensunterhalt einbringt [–––] Eurer Erhabenheit verhelfen wir mit
ihren Dienern (und) unseren Söhnen zu gespannter Aufmerksamkeit, bis (zu dem Zeitpunkt), an dem
wir für sie (?) (Gelegenheit) finden, von Schweiß und [–––] unserer Hände Arbeit, und nachdem wir
fast die gesamte Eparchie abgelaufen waren, bis (zu dem Zeitpunkt), an dem wir (Gelegenheit) finden,
in angemessener und bescheidener Weise zu leben; aber die [–––] gänzlich und schikanierten allzeit
alle (und) verschafften sich selbst ein komplett verschwenderisches Leben auf freche Weise und ohne
etwas zu tun und zu leisten [–––] (den) Bürgern fiel anheim ihr böses Treiben. Denn jemand hat
bereits früher mal gesagt, dass ein unverschuldet arbeitsloser Bürger der Stadt ein großes Übel (ist).
Und nachdem ohne Umschweife gesagt ist (?) [–––] keine Papyrusrolle fasst die (nur) aus Teilen
(dieser Untaten bestehenden) Aufzählung, insofern als wir Euch ein Lied singen von den Untaten jener
(Männer). Zum Ersten möge nicht eines vorgenannten [–––] im Beisein des lichtesten Apa Besatos,
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 90
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
des numerarius. Zum Zweiten drangen sie in ein gewisses Anwesen ein, das Psintse genannt wird, und
raubten es aus, insofern dem ihrer eigenen [–––] und jener [–––] bald frühmorgens machte er uns
Mitteilung, wobei er sich hilfesuchend an uns wandte, dass er von jenen herbeigerufen wurde
zusammen mit diesen, um vorzugehen gegen und in Brand zu stecken meine [–––] Anwesen des
lichtesten Herrn Eulogios [–––] prügelten sie auch seinen Türhüter zu Tode und als dies so geschehen
war, wurden sie dem Phlorentios, dem ergebensten (devotissimus) stratiotes übergeben [–––] Thomas,
den lichtesten Pagarchen und topoteretes von Antaiupolis und diese stratiotai zusammen mit seinen
Gefolgsleuten [–––] und dem(?) [–––] sportula [–––] sechs Nomismata wurden (sie) entlassen und wir
haben die Last und bitten den [–––] dass nicht [–––]“
Inhaltliche Paraphrase:
Eine fragmentarische Eingabe. Der zugehörige P.Lond. V 1678 nennt Adressaten, die erhabensten
comes und magistri Kallinikos und [Dorotheos?], vermutlich aus dem Büro des dux, sowie Absender,
die demotai von Antaiupolis. Die Petenten beschweren sich über stratiotai der „ehemals städtischen
Abteilung“, welche nun, da sie offenbar außer Dienst stehen (wie nicht zuletzt das Euripideszitat in Z.
6 deutlich macht), sich offenbar eigenmächtig ihren ‚Sold‘ verschaffen und es aus diesen Gründen zu
Raubzügen, Personenübergriffen und Brandschatzungen auf dem Gebiet der civitas kommt. Das
beschriebene Verhalten ist aufseiten von bucellarii öfter dokumentiert (siehe HARDY 1931, 65–67),
die Attribuierung der stratiotai macht jedoch meines Erachtens deutlich, dass es sich in unserem Fall
um (ehemals?) eine reguläre Armeeeinheit handelte. Die Rolle des Pagarchen und topoteretes Thomas
wird nicht ganz deutlich. Es erscheint verführerisch, !"05$[U8]I0&', in Z. 12 (wie es im Übrigen auch
das WB s. v. tut) als „aus der Haft entlassen“ zu deuten und diesen Passus so zu verstehen, dass die
stratiotai das Instrument der Erzwingungshaft anwandten, um ihren ‚Sold‘ (sportula), nämlich sechs
Nomismata (pro Person?) zu erpressen. In diesem Fall würde die Erwähnung des Pagarchen nämlich
angesichts seiner vermuteten Verantwortung für die Gefängnisse der civitas darauf hindeuten, dass er
den stratiotai bei dieser Aktion geholfen hat; möglicherweise auch als derjenige, der für die
Eintreibung der Amtsabgabe verantwortlich war.
Anmerkungen:
! Zu Z. 11: „Pagarch UND topoteretes“ vgl. P.Cair.Masp. I 67003, 25; dort allerdings durch die
beiden Artikel deutlich als zwei verschiedene Personen erkennbar. In unserem Fall ist sowohl
die Kombination des Pagarchenamtes mit dem des topoteretes als auch die Verwendung des
Partizips für die Amtswürde des topoteretes beispiellos. Eine Begutachtung des Fotos (in
Zusammenarbeit mit Bernhard Palme, Fritz Mitthof und Alexandra Jesenko) ergab, dass sich
weder die Lesung &(*('(>h(G) noch ["'.]/*6(I,) nachvollziehen lassen bzw. dass beide sogar
höchst unwahrscheinlich zu nennen sind.
Matthias Stern 91
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
! In Z. 11 ist vor der Nennung des Pagarchen Thomas vielleicht 3"]+ statt 0 0(]-[, zu ergänzen.
Dies wäre mit größeren Konsequenzen verbunden, da es der einzige Beleg im Katalog wäre,
dass ein stratiotes einem Pagarchen unmittelbar untersteht. Jedoch bieten die Platzverhältnisse
das einzige Argument für diese Konjektur.
P.Lond. IV 1332 (dupl. P.Lond. IV 1333)
Originaltitel: –
Datierung: 25. Dez. 708
Herkunft: Aphrodites Kome
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: –
BL–Korrekturen: (VI 64;) IX 145
Textgattung: Brief (amtlich; Anweisung)
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: –
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: (Basileios)
2. Filiation: –
3. Anrede: –
4. Titulatur: –
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: –
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 92
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: symbulos; Beauftragte für die Flüchtigen; arabische
Gesandte/Sonderbeauftragte
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Zugriff auf Beamte; Erfassung von abgängigen
Flüchtigen
Text: –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– 1[ –ca.?– (]:0[2] E>->?S&5h[2 &-% –ca.?– ] –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– 2([-]>[-b](- m*[>]j+,(<,(*) (-72 "*-&Q5U.-,('2 !,8’*h["-%]2 'T(H, 5N2 [Z]?/[&]([I,] "'.'*’6;', "*12 ñ ?'8%"5(/D'µ#, &->(*) =, (Y "'*’-U&G =">&(-$Y "#µ"<,(*) 5N2 'T(-U2 (>,' a?',1, ?'F ">(*)&’(1, .5.*'µ’µ'(>&µ#,-, qQ5;$-,(' 5&7, 'T(-\2 &%,5%*58:,'> "*12 (-72 =">?5>µ#,-%2 (H, Q%./E<, ?'F (/D'> "'*c Z'%(-\2 (A, q,-µ'&;', ?'F "'(*-,%µ;',(*) Z?/&(-% ?'F !"1 "-;-\%/ 6<*;-\%/ ?'F =,’ "-;_ (+"_ ?'F =, "-;k "'.'*6;k "*-&#Q5%.5, (H, (5 !"-&(5$$<µ#,<,(*) 5N(*)2 () NE’><,(*) ?'F (H, "'*5-µ#,<,(*) C,8' ?'(/µ5,<,(*) ="F &%(*),(5$5;k vac.? }"$H2 5N"5\[,] 10?'('µ'85\, "4&', 5|EI&>, "'*'..#$$<, 'T(-\2 &('8:,'> =,E*',H2 5N2 (1 C*’.-, 'T(H, ?'F µA $'M5\, "'*/ (>,-2 (; "-(5 (1 &U,-$-, 3"l* &"-*(-U$-\%/. C&G .)* =">&(/µ5,-2 m2 =), ?'('.,<&8Y (>2 =? (H, "5µ"-µ#,<, "'*) &-\b/ =&6I?f2 "'*c -a(*)-%ES"-(5 !,8*h"-\%/ &"+*’(-%$-, 5N2 &l e*Ñ e ?;,E%,-2 ?'F µ#$$5>2 ((high–punctus )) &7, <(9> ?'('.>,<&?(-µ#,)_ 155N2’ (-b(- !"-$'M5\,. !$$’ µ5() &%,(-µ;'2’ (-72 (->-U(-%2 [,E*'2 !"+&(5>$-, "*12 (-72 5N*Iµ#,-%2 =">?5>µ#,-%2 (H, Q%./E<, ?'F µA 5á*< &5 K(> =,5"+E>&'2 5N2’ (-b(- É K(> 3&(#*I&52’(*) (-b µA =?"#µ@'> 5N2’ "$:*52 (-(*) !*>8µ1, ñ, .5.*'QS?'µ#, &-> ?'F ?>,E%[,]5U&G2. =.*(/QI) µ(I,12) r->[)(?) ?]8 N,E(>?(;-,-2) j 20µ(,I ) [,E(*52) 8 "*1(2) ^'$'µ' M5(,) ≥-6'µI* 5N(2) w*?(')E(;',) n,(-µ'(') . "*1(2) ¥<*' M5(,) u$-'&5$ 5N(2) pI(M'yE') n,(-µ'(') . "*1(2) uME5$$' M5(,) ^j[-]%*'5 5N(2) $;µ>((-,) q,(+µ'(') .0 Apparatus ^ 2. l. e*>j+,(<, ^ 3. &-x papyrus ^ 4. corr. ex "5µ"< ^ 4. "x& papyrus ^ 6. l. "'(*<,%µ;', ^ 8. l. !"-&(5$$-µ#,<, ^ 8. 5x& papyrus ^ 8. l. |E>' ^ 9. l. "'*5<µ#,<, ^ 9. l. ?'(#µ5,-, ^ 9. &ç,(5$5>' papyrus ^ 13. -x-%EI"-(5 papyrus ^ 17. l. 3&(#*I&'2 ^ 18. l. (1<,>
Übersetzung: vgl. unten P.Lond. IV 1333
Matthias Stern 93
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„[–––] deines Amtsbereichs [–––] solches von denen, die die in jede einzelne Pagarchie geflohenen
Personen derselben festsetzen, in Bezug darauf, was wir dir im vorliegenden Brief schriftlich
anhängen, nach ihnen (= den Flüchtigen) jemanden sendend, der kompetent wie auch
vertrauenswürdig und schreibkundig ist mit dem Auftrag, mit ihnen zu den Beauftragten für die
Flüchtigen zu gehen und in ihrer Anwesenheit aufzeichnen zu lassen Namen und Patronym jedes
Einzelnen und aus welcher Dorfeinheit (er stammt) und in welchem Bezirk und in welcher Pagarchie
er Zuflucht suchte, (und zwar sowohl) der in ihre Heimat Fortgesandten als auch der sich dort
Aufhaltenden, die gegen (Übernahme der) Steuerzahlungen dort bleiben dürfen, um es kurz zu sagen
(ist sein Auftrag), alles genau in Erfahrung zu bringen. Weise sie an, energisch bei ihrer Arbeit bleiben
und überhaupt gar nichts von jemandem als Geldzahlung zu nehmen. Du wirst nämlich erfahren:
Wenn jemand von den von dir Gesandten überführt wird, von irgendeiner Person eine Geldzahlung für
dich(?) erhalten zu haben, so sollst du um die Gefahr wissen und du wirst zusammen mit dem
Beschuldigten deswegen bestraft werden. Vielmehr überstelle die so beschriebenen Männer rasch an
die Beauftragen für die Flüchtigen und ich möchte nicht herausfinden, dass du solches verhinderst
oder darin versagst, mir die die volle Zahl zu senden, die ich dir geschrieben habe, und du dich in
Gefahr bringst. Geschrieben im Monat Choiak, den 29., der 7. Indiktion [–––] 9 Männer. An Salamah
b. Yukhamir in Arcadia 3 Personen. An Zur’ah/Shuraih(?) b. al–Wasil in der Thebais 3 Personen. An
Abdul b. Shuraih im limiton 3 Personen.“
Inhaltliche Paraphrase:
Der Pagarch wird vom symbulos Kurrah b. Sharik aufgefordert, Schreiber an drei arabische Beamte
abzustellen. Jeder dieser Beamten soll drei jener Männer mit sich nehmen und jeweils nach Arcadia, in
die Thebais bzw. in das limiton (ein militärischer Verwaltungsbezirk im Grenzgebiet) ziehen, um dort
nach Flüchtigen zu suchen. Der Sinn ist offenbar, Ortskundige abzustellen, die in Ägypten nach
Flüchtigen aus der eigenen Pagarchie suchen; möglicherweise erhielten die anderen Provinzen
Oberägyptens ähnliche Order. Das Parallelstück P.Lond. IV 1333 spricht seltsamerweise nur von zwei
Männern pro arabischem Beamten. Zur’ah/Shuraih ist wohl dux der Thebais. Es scheint sich um
flüchtige Steuerzahler zu handeln, die teilweise (!) bei Übernahme der Leistungen in ihrem neuen Ort
entsprechend die Möglichkeit haben, dort zu bleiben. Der Pagarch wird explizit für den Fall haftbar
gemacht, dass seine Männer Bestechungsgelder annehmen.
Anmerkungen:
! In Z. 9 kann meines Erachtens nicht nachvollzogen werden, mit der Ed. ?'(#µ5,-, zu lesen –
stattdessen ist hier das Partizip übersetzt.
! Z. 14: l. (1, ?;,E%,-,. ! Dass die Schreiber ab Z. 4 im Singular angesprochen sind, ist wohl auf den Gedanken
zurückzuführen, dass die spezifische Eignung jedes Einzelnen hier festgeschrieben wird.
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 94
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
P.Lond. IV 1333 (dupl. P.Lond. IV 1332)
Originaltitel: –
Datierung: 25. Dez. 708
Herkunft: Aphrodites Kome
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: –
BL–Korrekturen: (VI 64;) IX 145
Textgattung: Brief (amtlich; Anweisung)
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: –
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: (Basileios)
2. Filiation: –
3. Anrede: –
4. Titulatur: –
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: –
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: symbulos; Beauftragte für die Flüchtigen; arabische
Gesandte/Sonderbeauftragte
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Zugriff auf Beamte; Erfassung von abgängigen
Flüchtigen
Matthias Stern 95
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Übersetzung: vgl. BELL 1911, 269f. (engl.); vgl. auch oben P.Lond. IV 1332
„[–––] Flüchtigen. Sobald du nun den vorliegenden Brief erhalten hast [–––] sechs Männer aus denen,
die beauftragt sind [–––] solches von denen, die die in jede einzelne Pagarchie geflohenen Personen
derselben festsetzen, in Bezug darauf, was wir dir im vorliegenden Brief schriftlich anhängen, nach
ihnen (= den Flüchtigen) jemanden sendend, der kompetent wie auch vertrauenswürdig und
schreibkundig ist mit dem Auftrag, mit ihnen zu den Beauftragten für die Flüchtigen zu gehen und in
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 96
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ihrer Anwesenheit aufzeichnen zu lassen Namen und Patronym jedes Einzelnen und aus welcher
Dorfeinheit (er stammt) und in welchem Bezirk und in welcher Pagarchie er Zuflucht suchte, (und
zwar sowohl) der in ihre Heimat Fortgesandten als auch der sich dort Aufhaltenden, die gegen
(Übernahme der) Steuerzahlungen dort bleiben dürfen, um es kurz zu sagen (ist sein Auftrag), alles
genau in Erfahrung zu bringen. Weise sie an, energisch bei ihrer Arbeit bleiben und überhaupt gar
nichts von jemandem als Geldzahlung zu nehmen. Du wirst nämlich erfahren: Wenn jemand von den
von dir Gesandten überführt wird, von irgendeiner Person eine Geldzahlung für dich(?) erhalten zu
haben, so sollst du um die Gefahr wissen und du wirst zusammen mit dem Beschuldigten deswegen
bestraft werden. Vielmehr überstelle die so beschriebenen Männer rasch an die Beauftragen für die
Flüchtigen und ich möchte nicht herausfinden, dass du solches verhinderst oder darin versagst, mir die
die volle Zahl zu senden, die ich dir geschrieben habe, und du dich in Gefahr bringst. Geschrieben im
Monat Choiak, den 29., der 7. Indiktion [–––] 6 Männer. An Salamah b. Yukhamir in Arcadia 2
Personen. An Zur’ah/Shuraih? B. al–Wasil in der Thebais 2 Personen. An Abdul b. Shuraih im limiton
2 Personen.“
Inhaltliche Paraphrase:
Vgl. P.Lond. IV 1332.
Anmerkungen:
! In Z. 10 kann meines Erachtens nicht nachvollzogen werden, mit der Ed. ?'(#µ5,-, zu lesen –
stattdessen ist hier das Partizip übersetzt.
! Z. 16: l. (1, ?;,E%,-,. ! Dass die Schreiber ab Z. 5 im Singular angesprochen sind, ist wohl auf den Gedanken
zurückzuführen, dass die spezifische Eignung jedes Einzelnen hier festgeschrieben wird.
P.Lond. IV 1343
Originaltitel: –
Datierung: 30. Dez. 709
Herkunft: Aphrodites Kome
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: –
Matthias Stern 97
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BL–Korrekturen: I 300
Textgattung: Brief (amtlich; Anweisung)
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: Basileios
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: (Basileios)
2. Filiation: –
3. Anrede: –
4. Titulatur: –
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich:
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: meizon; dioiketes; phylax
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Zugriff auf flüchtige Personen; Erfassung von
auswärtigen Flüchtigen; allgemeine Aufsicht über Sicherheitspersonal
Text: –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– 15N µA Ec ò, =?"#µ@G2 "*12 Bµ42 &7, ('\2 Q'µI$;'>2 ?'F 3"-&([/&5&>,] 'T(H, "->H, ?'(/.*'Q-, q,-µ'&;'2 ?'F ["'(*<,%µ;'2] (H, &(5$$-µ#,<, "*0[-&h"<, -]\T/ µ 0A, !$$) ?'F 5N2 "-\' 6<*;' (:2 E>-[>?S(&5h2) &-%] "*-&#Q5.-,(*) ?'F (; E>'Q#*5> Z?/&(_ C, (5 3"-&(/&5> ?['F .GE;->2] 5.*/Q<, m&'U(<2 (-(*) (->(-(*) &?'*;Q_ (-72 53*>&?-µ#,[-]%2 =? (:[2] "'.'*6;'2 "->S&',('2 =? "5*>((-\b/ (-b K*-\%/ (-\b/(*) =D58#µ58' (-b(c C&([>] (1\,/ 6*+,-, ?'F (A, 3"/*D[>], Z?/&(-\%/ "*-&h"-\%/ ?'F (-%(-72(*) "'*5'[8#,(('2)] =, (Y E>->?S(&5>) &-\%/ ?[']F }"[$H2] 5N"5\, "4&', 5|EI&>, ?'F Q',#*[<&>,] !@5%EH2 ?'F !&%µ"'8H2 =[,] El (9 'T(9 ?'('.*'Q<,(*). ="50(0[*]#@['µ]5(,) 10.)* (9 !"-&(+$_ BµH, µA !"-?>,I8:,'> =? &-\b/ [6*>2 ò, =?"#µ@G2 =,(5$H2’ (A, 3&(#*', @%6A, (H, 53*>&?-µ#,<, =, (Y E>->?(S&5>) &-\[%]/ !"1 5N?-&'5(-b2 ?'F ôE5 m2 $#$5?('>, =,#.?'> E#’ ?'F (1 "*--,-µ'&8\l,/(*) ?'(/.*'Q-, "5*>#6<,(*) [m2 E5E]S$<('> (-%(*) &('$#,('2 ?'F (-72
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 98
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Übersetzung: vgl. BELL 1911, 274f. (engl.)
Matthias Stern 99
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
„[–––] es sei denn, du sendest sie aus zu uns mit ihren Familien und ihren Besitztümern, wobei du eine
Liste anfertigst nicht nur über den Namen und Patronyme der geschickten Personen, sondern auch zu
welchen Dorfeinheiten deines Amtsbereiches sie Zuflucht nahmen und was ein jeder über Besitz und
Landgüter verfügt; ebenso zeichnest du in der derartigen Übersicht diejenigen aus der Pagarchie auf,
die überführt werden, die Regelung zu übertreten, welche wir erlassen haben. Das heißt, die Zeit und
den Vermögensbestand jeder einzelnen Person und die, welche in deinem Amtsbereich verbleiben
und, kurz gesagt, alles, was du du weißt und melden kannst, ohne Falschangaben oder Lücken, und
zwar (alles) in derselben Liste. Wir haben nämlich unseren Abgesandten angewiesen, sich nicht von
dir fortzubewegen bis du auch die allerletzte Menschenseele ausgeschickt hast von denen, die in
deinem Amtsbereich gefunden wurden und die zwanzig Jahre oder mehr (dort ansässig?) sind, wie
gesagt, aber auch (haben wir ihn angewiesen) die oben erwähnte Liste, welche, wie (hoffentlich)
deutlich gemacht wurde, von diesen Personen diejenigen beinhaltet, die (zurück) entsandt wurden,
sowie diejenigen, welche in deinem Amtsbereich verbleiben. Es sollte uns ja nicht bekannt werden,
dass du mit überhaupt irgendeinem von den Flüchtigen im Verzug bist, die dazu bestimmt waren,
fortgeschickt zu werden. Denn Gott weiß: Wenn wir nach der Rückkehr unseres Abgesandten
jemanden finden, der nicht in der von dir geschickten Liste auftaucht, so werden wir dir die
Peinigungen zuteil werden lassen, die sowohl aus schwerer Geldbuße als auch auch körperlicher
Strafe besteht, und wir werden auch die Personen der Dorfeinheit bestrafen, wo solch ein Flüchtiger
gefunden wird, (und zwar) mit einer Strafe, die sie nicht tragen können. Und wir werden sowohl den
Vorsteher arm machen als auch den Dioiketen und die Wächter dieses (Dorfes) und danach werden
wir ihnen eine körperliche Strafe zuteil werden lassen, die ihren äußersten (Ängsten) zuvorkommen
muss. Mach daher das vorliegende Schreiben allen Leuten deines Amtsbereiches bekannt und ordne
an, eine Kopie in jeder Dorfeinheit anfertigen zu lassen und (diese) zu veröffentlichen in ihren
Kirchen; so mahnst und beauftragst du sie, unsere Autorität unabänderlich zu bewahren und dir die
ihnen bekannten Flüchtigen aus dem oben erwähnten Amtsbereich des Arsinoites zu melden, sodass
wir keinen wie auch immer gearteten Anlass finden (gegen sie vorzugehen) und (dass nicht) ihr Leben
und ihr Besitz für sie ein Lösegeld sein werden. Denn mit Gottes Hilfe werden wir nicht eine einzige
Pagarchie in Ägypten übriglassen, in die wir nicht unsere treuen und zuverlässigen Diener entsenden,
die beauftragt sind, eifrig und mit aller Genauigkeit Suchen und Nachforschungen anzustellen wegen
denselben Flüchtigen, (und die) überdies (beauftragt sind) anzuordnen, dass auch denen, die Hinweise
geben auf irgendwelche sich Versteckenden von denen, die wir fortzusenden befohlen haben, (Geld)
gegeben werde als Belohnung für die Anzeige, (dessen Wert) über das hinausgeht, was du dir
vorstellen kannst. Und für jenen, der überführt wird, jemanden von diesen (Flüchtigen) bei sich zu
haben nachdem unser Abgesandter hierher zurückgekehrt ist, wird (eine solche Tat) ausreichend sein
(= wird sein Untergang sein). Denn ein solcher wird die Toten für glücklich halten dafür, dass sie nicht
diese Lasten ertragen müssen, wie ich sie ihm auferlege, weil er unserem Befehl nicht gehorchte und
sein eigenes Leben aufs Spiel setzte. Im Monat Tybi, den 4., der 9. Indiktion.“
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 100
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Inhaltliche Paraphrase:
Der Pagarch Basileios wird aufgefordert, die in seiner Pagarchie angetroffenen Flüchtigen zusammen
mit ihren Familien und ihrem Besitz in deren Heimatdörfer zurückzusenden und über die
ausgeforschten Personen vollständige Listen zu erstellen, die wiederum an den symbulos zu senden
sind. Kurrah b. Sharik droht dem Pagarchen und dessen Funktionären, für die der Pagarch wiederum
selbst haftbar gemacht wird, mit schweren Geld- und Körperstrafen bei Nichtbefolgen oder
Nachlässigkeit und kündigt eine ägyptenweite Suche an. Es werden Belohnungen an Privatpersonen
versprochen, falls diese sachdienliche Hinweise geben, die zur Ergreifung von Flüchtigen führen,
welche sich (bei Privatpersonen) verstecken. Auch hier offenbaren sich die weite Streuung der
Flüchtigen wie auch die Bereitschaft der örtlichen Bevölkerung, ihnen zu helfen. Der Grund der
Flucht wird nicht genannt, aber der Verweis auf den Arsinoites als Herkunft der Flüchtigen legt nahe,
dass ein spezieller Anlass den Hintergrund dieses Schreibens darstellt.
Inhaltliche Paraphrase:
– Zur Datierung vgl. RecPap 4, 1967, S. 145.
P.Lond. IV 1384
Originaltitel: –
Datierung: 708–710
Herkunft: Aphrodites Kome
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: –
BL–Korrekturen: I 301; VI 64
Textgattung: Brief (amtlich; Anweisung; Mahnung?)
Urkundenart: verwaltungsintern
Matthias Stern 101
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Archiv: Basileios
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: (Basileios) und andere Pagarchen
2. Filiation: –
3. Anrede:
4. Titulatur: dioiketes (nicht als Anrede)
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: –
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen / Dritte?;
Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: meizon; dioiketes; phylax
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Zugriff auf flüchtige Personen; Erfassung von
abgängigen Flüchtigen; Erfassung von auswärtigen Flüchtigen; allgemeine Aufsicht über
Sicherheitspersonal
Text: –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– 1(:2 E>->?S&5h2 &-\%/ "$:8-2 "'0*c ô, ([ –ca.?– ] I,’ ="->I&'(*) Bµ\, ?'F’ =0(+$µI&'2(*) %"0[ –ca.?– ] µ5() (A,’ .5,'µ#,I, m2 [$#$5?](0[']>0 ?0['('.*'QA,] ?'() (:2’ NE;(*)'2 @%6:2 "[ 0 0 0]*0[ 0 0]5,[ 0 0] 0[ –ca.?– ] 5!"'>(I8:,'>’ (-72 Q'>,-µ#,-%2’ C6-0,0[('2 Q%./E'2] µ5() (A, "'*’-b&',’ "'* 0[ 0] 0[ –ca.?– ] 3"l*’ Z?/&(-% !,E*’12 ,-µ;&µ[']([' E#]?' ?'[F] (0[1, Q%.+,('] ,-µ;&µ'(' "#,’(5 ?'F (-72 E>(*)->?I()2 ?['F µ5;j-,'2] ?'F QU$'?'2 (-b 6<*;-% ?0[']F0 0[ –ca.?– ,-µ;&µ'(' "#,(5 ] 10?'F (9 µI,U-,’(> µ5() (A[, ?'](0['.]*0['QA, E-8:,'>] ,-µ;&µ'(' EU- 3"l* Z?/&(-% !,E*+2. [E56+µ5,-2 -Ü,] () "'*’+,(' .*/µµ'(' &U,’'0D0[-,] (0-070[2 µ5;j-,'2] ?'F QU$'?'2’ (H, 6<*;[<,] (:2 E0>[->?S&5h2 &-%] ?'F 3"','.,<&I’(*) 'T(-\2’ () .*’/µµ['(' ?5$5U<,] 15'T(-72’ µ5('.’*/@'> (1 |&[-, Z?/&(_ 6<*;_] =Qc ∞ !,’'.’,<&8:,'>’ 'T() (-\2 (H, NE;<, 6[<*;<,] M'$+,’(52 =,’ ('\(*)2 =??$I&;'>2 'T(H, [ –ca.?– ] [!],'.>,h&?5>,’ 'T(-72 ?'F .>,0[ –ca.?– ]
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 102
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
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Übersetzung: vgl. BELL 1911, 379 (engl.)
„[–––] deines Amtsbereiches eine Anzahl von denen [–––] welche du für/gegen uns ausführtest und du
dein eigenes Leben riskiertest [–––] nachdem du die erwähnte Liste angefertigt hast [–––] diejenigen
mit einer Strafe zu belegen, welche überführt werden, Flüchtige bei sich zu haben nach der
Anwesenheit [–––] für jeden Mann zehn Nomismata und jeden Flüchtigen (mit einer Strafe zu
belegen) von fünf und die Dioiketen und die Vorsteher und die phylakes jeder Dorfeinheit und [–––]
(mit einer Strafe zu belegen von) fünf Nomismata und zwei Nomismata für jeden Mann sollen dem
gegeben werden, der sachdienliche Hinweise gegen kann, nachdem die Liste (angefertigt ist). Sobald
du daher das vorliegende Schreiben empfangen hast, versammle die Vorsteher und die phylakes der
Dorfeinheiten deines Amtsbereiches und mach ihnen das Schreiben bekannt, wobei du sie anweist, in
jeder Dorfeinheit eine Kopie anzufertigen, sodass sie (= die Kopien) verlesen werden in den jeweils
eigenen Dorfeinheiten und in ihren Kirchen ausgehängt werden [–––] ihnen zu verlesen und [–––]
weise sie an, dir die Flüchtigen auszuliefern, welche nach (der Anfertigung) der Liste in der
Dorfeinheit gefunden werden, und gib ihnen eine Frist von x Tagen [–––] damit sie dir diese ausliefern
können; und wenn sie anzeigen, jemanden von ihnen (= den Flüchtigen) bei sich zu haben, erfasse bei
dir von jedem Einzelnen den Namen und das Patronym und aus welcher Dorfeinheit er floh und
belege ihn mit einer Strafe von fünf Nomismata und geißele (ihn) mit vierzig Peitschenhieben und
überstelle ihn in ein hölzernes Joch genagelt an uns, wobei du denjenigen anweist, der mit ihm (zur
Bewachung) gesandt wird [–––] sodass er, wenn er ihn übergeben hat, von uns eine Quittung für ihn
erhält. Gleichfalls gib auch du denen eine Quittung, die dir Personen aus deinem Amtsbereich bringen,
die man in anderen Pagarchien gefunden hat – entsprechend der Vollmacht des vorliegenden
Schreibens nach Gottes Willen. Wir schicken nämlich unseren Diener in deinen Amtsbereich, damit er
mit aller Genauigkeit Untersuchungen betreffs solcher Flüchtigen anstelle und wenn er welche von
ihnen finden sollte, die sich in deinen Amtsbereich gekommen sind, nachdem das erwähnte
Memorandum angefertigt wurde, so soll er den Flüchtigen mit einer Strafe von fünf Nomismata
belegen und den, der ihm Unterschlupf gewährte, mit einer Strafe von zehn Nomismata und die
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 104
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Vorsteher und die phylakes der Dorfeinheit, in der er gefunden wurde, mit fünf Nomismata und
darüber hinaus, wie es oftmals verkündet wurde, soll er (sie) an ein hölzernes Joch nageln und uns
überstellen und dem, der sachdienliche Hinweise über die Flüchtigen geben kann, für jeden von diesen
Flüchtigen zwei Nomismata zusprechen; die solcherart (zugesprochenen) zwei (Nomismata) aber,
welche wir ihm geben, sollen von dem verlangt werden, der ihm (= dem Flüchtigen) Unterschlupf
gewährte. Daher nach aller Kraft [–––] eifrig in der Angelegenheit dieser Flüchtigen, sodass, wenn
unser Abgesandter zu dir kommt, um die so beschriebene Suchaktion durchzuführen, er nicht die
geringste Nachlässigkeit feststellt, weder in der Angelegenheit der Flüchtigen noch bezüglich des
Anfertigens einer Kopie des gegenwärtigen Schreibens für jede Dorfeinheit, sodass aus einem
amtlichen Schriftstück [–––] lernen sie die in diesem enthaltene Anordnung, damit, wenn
irgendjemand überführt wird, etwas getan zu haben [–––] er keine Gelegenheit findet, ein Wort der
Rechtfertigung vorzubringen, dass er unsere Order nicht gekannt habe. Ermahne daher die (Beamten)
der Dorfeinheiten eindringlich, niemanden von solchen Flüchtigen, der jetzt zu ihnen flieht,
freizulassen, sondern diesen [–––] bis sie diesen überstellen können [–––] haben wir dir geschrieben.
[–––] Wenn nun [–––] du gutes wünschst und dein körperliches Wohl [–––] zu kommen zum
ausführenden [–––]“
Inhaltliche Paraphrase:
Ein längeres Schreiben vom symbulos Kurrah b. Sharik an den Pagarchen Basileios die Flüchtigen
betreffend. Zu Beginn rekurriert Kurrah offenbar auf nachlässig ausgeführte frühere Anordnungen.
Der Pagarch wird angewiesen, Listen anzufertigen. Dabei handelt es sich offenbar um zwei
verschiedene Listen: In der katagraphe, von der anfangs die Rede ist, scheint Basileios alle ihm
abgängigen Personen festhalten zu müssen, während die spätere Liste, in der Namen und Herkunft der
in seiner Pagarchie aufgeschnappten Flüchtigen erfassen soll, anscheinend hypomnema genannt wird.
Des Weiteren lauten Kurrahs Order an Basileios, dass dieser das vorliegende Schreiben an die
einzelnen Dörfer weiterleiten und deren Beamten die Auslieferung der Flüchtigen anordnen soll. Es ist
von hohen Geldstrafen für die Flüchtigen, deren Komplizen sowie die Lokalbehörden im Falle von
Nachlässigkeit die Rede; zusätzlich werden die Flüchtigen selbst körperlicher Züchtigung
unterworfen; Denunzianten wird eine Belohnung in Aussicht gestellt. Außerdem soll Basileios
denjenigen Boten Quittungen auszustellen, die ihm in anderen Pagarchien aufgeschnappte Flüchtige
aus seiner eigenen Pagarchie überstellen; auch Basileios’ Abgesandte, die Flüchtige abliefern, sollen
entsprechende Quittungen erhalten. Es existieren einige koptische Stücke, die offenbar ebensolche
Quittungen darstellen und die homologiai genannt werden.
Das Schreiben verdeutlicht ein gewisses Misstrauen gegenüber den Lokalbehörden.
Anscheinend kam es des Öfteren zu Unregelmäßigkeiten bei solchen Aktion, vermutlich mittels
Bestechungen der entsprechenden Funktionäre, wie auch der letzte Passus verdeutlich, dass die
Festgenommenen ja nicht vor der Überstellung freizulassen seien – zumal dem Pagarchen ja nur recht
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sein konnte, mehr potentielle, wenn auch inoffizielle Steuerzahler in seiner Pagarchie zu wissen.
Gerade die detaillierte Beschreibung des Instanzenweges und die Aufforderung zur Quittungsnahme –
die gewiss später das Ziel von Kontrollen werden sollten oder solche zumindest androhen –
verdeutlichen die Eindringlichkeit des Schreibens.
P.Lond. IV 1467descr.
Originaltitel: –
Datierung: 709–710
Herkunft: Aphrodites Kome
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: –
BL–Korrekturen: (VI 65)
Textgattung: Brief (amtlich; Anweisung)
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: Basileios
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: (Basileios)
2. Filiation: –
3. Anrede: –
4. Titulatur: –
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: –
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Steuer- und Finanzwesen;
Sicherheitswesen
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9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: –
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: unklarer Bezug zu flüchtigen Personen
Text: Ed. nur descr.; sonst: –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– 00(Y 'T(Y "'.'*6;k (-72 Q%./E'2 'T(:2 00[ –ca.?– ] ?-U*&<, (-b [ –ca.?– ] 00"5*F (H, $568#,(<, Q[%./E<, –ca.?– ] 00[ –ca.?– ] j N(,)E(>?(;-,-2) I R,S6(8I) E(>c) wM-% v&&', ("5)*(F) &>ES*-% ?5(,(I,'*;<,) E [ –ca.?– ]
Übersetzung:
„[–––] derselben Pagarchie, ihre Flüchtigen [–––] des cursus des [–––] wegen der erwähnten
Flüchtigen [–––] den 7., der 8. Indiktion vorgebracht durch Abu Hassan wegen 4 Kentenaria Eisen [––
–]“
Inhaltliche Paraphrase:
Verschiedene Fragmente eines Briefes von Kurrah b. Sharik an den Pagarchen über Flüchtige. Der
genaue Aufgabenbereich des Pagarchen in diesem Zusammenhang bleibt unklar.
P.Lond. V 1674
Originaltitel: – (DDbDP: Petition to the Dux)
Datierung: ca. 570
Herkunft: Antinoupolis
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: http://www.misha.fr/papyrus_bipab/pages_html/P_Lond_V_1674.html
BL–Korrekturen: (I 304; II.2 84; III 98; VII 91;) IX 146; X 107; XII 108
Textgattung: Eingabe (Dorfbewohner an dux Thebaidos)
Urkundenart: offiziell
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Archiv: Dioskoros
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Iulianos / (Menas?)
2. Anrede: –
3. Titulatur: Pagarch; eparchischen Ranges / –
4. Herkunft: –
5. Amtsbereich: –
6. Weitere Funktionen: –
7. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Dritter; Steuer- und Finanzwesen;
Sicherheitswesen
8. Rolle des Pagarchen: offiziell
9. Involvierte Instanzen/Amtsträger: procurator; paganos?; stratiotes; archontes; dux
10. Charakter des Sicherheitsbereichs: Zugriff auf Steuerschuldner; Zugriff auf Privatbesitz;
allgemeine Aufsicht über Sicherheitspersonal
Text: ctr û B 85;' "*+,->' ?'F e Q>$+60*0[>&(-2 BµH, M'&>$572] (0A, =D-6<(/(I, 3(*)µH, Q>$',8*<";', Ç(5 EH*-, (Y "'0,0(0['8$;k pIM';]<0, 6h*k =6'*;j'(-(*) 85&";&'> ?'(ID;<&5, \('U(I,/ [*65>, m2 a(*)?[',]A0, -Ü&', !,[']&(5\$'> () ">?*)0 pIM';<, !E>?Sµ'(' ?'F (-b(- µ'080+,(52 !?[*>]M0H2 "'*) "+E' (H, 5T?$5H[,] 53(*)µH, |(*)6,<, ?%$>,E-Uµ5,0[->] Ä0?'µ5, "'*-E[%*]+µ5,-> E>E/&?-,(520 (010 ?0['8c] Bµ42 =, (-U(->2 C6-,. vac.? E>E/0[&?-µ5, (]A0, C,E[-D-], 3(*)µH, Q>$'0,0[8]*<";[',] m2 !0"01 .-,#<, ?'F "*-0.+0,[<, 0 0 0 0 0 0]20 C080-2 C60[-µ5, – ca.9 –] 0,[ 0 0] "*-&( 0 05% 0 0 3(*)"c =D-0%0&0;0['],0 0[ 0 0 0 0 0 0 0]&0> 3(*)"1 ([H,] 0,I0 0<0,0 (:[2 "]+0$5<0[2] w,(';-(%) ?'F "/&I2 (0:02 ('U0(0[I2 – ca.10 –] 0<0, ?'0(0[#]&0(0I0&', 3(*)"1 (A, "-$>(>?(A,) 10[(/]D0[>, 5N2] ü, ?'F 5N&Q0#0*-0µ 0[5,] !0,5$$50>0"H2(*) [?'F 5]T0.,<µ+,<2 ?'F "$I*<(>?[H2] [()] 5T&5M: ?'8c(*) C(-2 M'&>$>?) (5$#&µ'(' "*12 (A, E0U[,']µ 0>0,0(*) (0H,0 M0'&>0$[>?(H,)] [B]µ 0\0,0 N(*)E>'j0+0,0(0<0[2 –ca.?– ] 0 0- "*-&('.µ/(<, (:2 [ –ca.?– ](0-0%0 ? 0 0%" 0[ 0 0] 0( 0[ 0] [ –ca.?– ] (/D>2 \"0$0 0 0 0/ (H, (0 0 0 0 0 15ä(-\>/ (H, E-U$<, (:2 3(*)µ5(#*('2) [Q>$',8*<";'2(?) 0 0 0 5a$]?U&8Iµ5, 5T.5,H020 ?0['F] =$5%85*>?H2 (-, M;-, ?'(['.]+0µ5,0[-, 0 0 0 0 0 0 0] (A2 "'.'*6;'2 j%.1, "'0*0[)(?)] (H, !"-Q8'$µ><&'µ#,<0, (:[2 (?) –ca.?– ] 0 0 0 0 0 0["5(?)]"0*'.µ#0,0-0%0 (05 (0H0[,] "'./*6<, (H, Bµ42 ' 0[ –ca.?– ] 0 0 0/.5>, 5N2 E-%$50;0'0,0, (1 EA ?'F "5"*/6'&>, ?'0F0 [ 0 0 0 0] 0 0 0[ 0 0 0 0 0 0] 0', Bµ42 (:2 !,'.?';'2
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Übersetzung:
„Die göttliche Vorsehung und unser christusliebender Kaiser haben Eure herausragende
Menschenfreundlichkeit, die als Geschenk der allunglückseligen Thebais willfährig ist, für würdig
erachtet, anzuordnen (= weshalb sie anordnen ließen), dass (sie) diese (= die Thebais) regiere, sodass
sie fähig ist, die furchtbaren Ungerechtigkeiten rückgängig zu machen, und da wir dies genau wissen,
kommen wir, uns vor den Füßen Eurer gerühmten Sohlen niederzuwerfen. Wir beklagen uns und
unterrichten Euch über die uns betreffenden Dinge, mit denen es folgende Bewandtnis hat: Wir
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unterrichten Eure berühmte Menschenfreundlichkeit, dass seit (der Zeit) der Vorväter [–––] haben wir
die Sitte [–––] von einer Amtsgewalt [–––] von den [–––] (von) Antaiupolis und ihrer gesamten [–––]
haben sie unter der Zivilverwaltung an diese bezahlt und wir haben ununterbrochen eingezahlt und
einsichtig wie vollständig die frommen, jährlichen kaiserlichen Abgaben nach Maßgabe der
kaiserlichen uns persönlich (betreffenden) [–––] Verordnungen der [–––] Verwaltung [–––] wahrlich
der Sklaven Eurer Menschenfreundlichkeit [–––] wurden wir gezwungen wohlgeboren und frei das
fortgeschrittene Leben (?) [–––] Joch der Pagarchie von denen, die neidvoll blicken auf [–––]
eingebrachten sowohl der Pagarchen unserer [–––] (sc. zu stürzen o. ä.) in Sklaverei, was sie in der Tat
auch bewerkstelligt haben und [–––] (dass?) wir einen Vorrat an notwendigen Lebensmitteln haben [–
––] allen [–––] seiend, in Ordnung zu bringen, da wir im Schmutz ersticken. Seitdem, Gebieter,
werden wir von diesen Leuten schlimmer zermürbt als in Gegenden, die von Barbaren heimgesucht
werden, (und zwar) waren wir jede (Stunde) das Ziel von Nachstellungen für eine Leistung für die
Kopfsteuer [–––] und Steuereinziehungen nach Gewohnheit und all dieselben Belastungen [–––]
berühmten Andenkens und [–––] den Aufschlag der glückverheißenden embole und [–––] unserer
Vorfahren [–––] Antaiupolis, welche so schlecht heraufkommend und anwesend (???) [–––] auf der [–
––] uns [–––] (der) kaiserlichen Landvermessung [–––] unseren Boden, der sandig ist und öde und
unbedingt [–––] (die) Aufwendungen gänzlich haben wir(?) geliefert den am helllichten Tage
bereitgestellten stratiotai und da wir noch schwerer belastet waren, wurden wir aufgrund der
Unfruchtbarkeit unserer minderwertigen Felder vor langer Zeit zusammen mit jedem Grundbesitzer
der allunglückseligen Antaiupolis geschätzt auf zwei Keratia allein für jede Arure saatfähigen Bodens,
für Weinland aber acht Keratia, de facto 5 2/3 Keratia [–––] auf Zureden des Christodotos, des
gewesenen procurator [–––] (des) Iulianos, (des Mannes) von eparchischem Rang und Pagarchen [–––
] zu hören [–––] (der) besagten kaiserlichern Abgaben sagte er, aufgrund der Vollzähligkeit der
Aufstellung(?) [–––] fand er Gelegenheit, (dies?) zu erfüllen und seitdem zahlen wir jährlich der
Steuerkasse vier Keratia für jede Arure saatfähigen Bodens und für jede Arure Weinland
dreiundzwanzig nach staatlichem Maß ohne die glückverheißende embole und (ohne) ihren Aufschlag
und (ohne) das naulon, aber zugleich verordnete er damals auf Beschluss der archontes per Dekret,
dass nicht erlaubt sei, dass der (jeweils) amtierende Pagarch etwas anderes, was über diese
(Steuersätze) hinausgeht, dem unglückseligen Grundbesitzer von Antaiupolis auferlege, mit dem Ziel,
dass er imstande sei, alle besagten Steuern mit den ihnen anhängigen Aufschlägen zu leisten, werden
wir zugeordnet dem allgemeinen Steuersatz von Antaiupolis desselben Gaues einschließlich (?) des
Lohns der stets abgestellten stratiotai [–––] (den,) der zusammen ist, zum vollen Betrag [–––] die Rate
der Steuern und wir werden regieren [–––] der uns zukommenden Steuern zu leisten, sagt er,
zusätzlich zu den oben erwähnten Steuern mit Aufschlägen zweieinhalb Keratia für jede Arure,
welche seit einem Jahr komplett nicht bewässert wird in unserer Ebene, sondern vom Nilwasser
unberührt bleibt, wozu wir noch den Tod (unserer) Tiere auf uns nehmen müssen und nicht den dritten
Teil unseres ganzen Landes besäen können, weil er öde ist und unbearbeitet; und für die ausreichende
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Ernährung unserer geretteten (Tiere) [–––] zu sähen, konnten wir nicht bewerkstelligen und gleichfalls
nicht [–––] und [–––] unser [–––] (des) Grundsatzes (?) und die Mädchen und die asketischen
Jungfrauen (= Nonnen?) zu schänden und unsere Tiere zu rauben und das Heu, das ??? mit Mühe zu
ihrer Versorgung (diente?) zu verbrauchen für die Tiere als Strafaktion von seiner Seite gegen uns,
(was) zum Vertrocknen des Saatguts (führte) während einer Dürre (und) zum vollständigen Untergang
sowie zum Schaden der Steuerkasse. Und in der Tat übernahm er seit dieser Zeit (?) die Pagarchie
(und) ununterbrochen haben wir ihm gutwillig und einsichtig und verständig ??? mit aller
gebührenden und [–––] wegen des [–––] mit [–––] weitere 100 gutbeständige Nomismata [–––] auf
uns genommenem unter früherem Heiligeneid (abgenommen) vom gottliebenden Vater und Leiter des
frommen Klosters des Apa Makrobios, dass er mit diesen (Nomismata), und nicht mehr, zufrieden sei,
doch schwor er uns falsch in Bezug auf die bezeichneten Steuern und in unrechter Weise ging er
gegen uns und die mit in unserem unglückseligen Dorf Wohnenden vor mittels räuberischer Überfälle
und unter der Mitwirkung vieler, die, wie gesagt, paganoi waren und sich auch auf unser Dorf stürzten
[–––] Recht von Barbaren [–––] (die) Pagarchen den Rest (oder: daher) [–––] für(?) [–––] (der)
Entdeckung, dass aus [–––] hat er ausgemessen [–––] durchweg. Wir rufen nämlich als Zeugen Gott,
den Gebieter, und Christus, den König der Könige, an, dass die Gläubiger und Kaufleute, die den
Handel mit uns abschlossen, mit den unglückseligen Grundbesitzern vertraglich vereinbart haben (als
Wert?) der Ländereien (und zwar) im Einzelnen: Getreide (oder vielmehr: Weizen?) 36 (Artaben) des
vorgenannten [–––] und Gerste 60 Artaben und Gemüse 12 Artaben und Wein 100 Angeia und zu
diesem Satz wurde die Arure belastet und für Steuern und für die Darlehen zahlt er nicht, um alle diese
so bedeutenden ??? des Gläubigers abzumessen und wir hatten abgemessen die Steuern und das
Darlehen. Denn der [–––] (die) ausgeplünderten [–––] unsere große Bedrängnis und Verzweiflung
erkannte der amtierende allgelobte patricius Athanasios, da wir im Winter Viehfutter speisen statt
essbaren Brotes und nichts uns mit unseren Kindern aus den Landgütern übrigbleibt zur Versorgung,
denn das Dorf besteht aus lauter Kleingrundbesitzern. Er bemitleidete uns und bald ordnete er an,
nichts anderes einzutreiben als die ‚trockenen’ Steuern (und) bis jetzt danken wir Gott dafür [–––]
(den) Hegenden (= Athanasios?), den unglückseligen Kleingrundbesitzern [–––] wenn es (Euch)
gefällt, zu anzuordnen auf einem Schreibtäfelchen all die uns betreffenden [–––] zur umfassenden
Verteidigung und Durchsetzung (unseres Anliegens), dass wir unbehelligt und ungestört bleiben
können auf unseren eigenen (Ländereien) und nicht gezwungen sind, umherzuirren [–––] unserer
Heimat unter [–––] und nach ihrem Ableben verwaiste [–––] sind wir geworden, sodass Ihr seht das
(junge) Alter und wir werden fortgeschleppt Eurer göttlichsten [–––] dieses Dorf [–––]“
Inhaltliche Paraphrase:
Rohschrift einer Petition der Bewohner Aphroditos über Untaten offenbar verschiedener Pagarchen
und ihrer Funktionäre. Weiterhin scheint sich das Dorf auf seine Autopragie zu berufen, welche die
Pagarchen systematisch zu unterwandern versucht hätten, aber dies wird nicht ganz klar. Die
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Bewohner von Aphrodito erklären, dass ihr Dorf zusammen mit der übrigen Pagarchie aufgrund der
Kargheit des Bodens auf zwei Keratia pro Arure Ackerlandes und acht Keratien pro Arure Weinlandes
taxiert wurde. Später scheint vermutlich der Pagarch Iulianos (Z. 37) die Bodenschätzungen
angehoben, zugleich aber verordnet zu haben, dass keine weiteren Ansprüche an das Dorf gestellt
würden. Allerdings seien in der Folge die Raten trotz dieser Verordnung immer weiter angehoben
worden, was sich offenbar auf eine spätere Zeit bezieht (Z. 52–54). Zwar scheint der damalige
Pagarch geschworen zu haben, zu den alten Raten einzutreiben (Z. 72–75), doch als die Dorfbewohner
nicht zahlen konnten, habe ein Pagarch seine Männer ins Dorf gesandt und es kam zu Übergriffen
gegen die Bewohner, wobei stratiotai nicht erwähnt werden, aber darauf hingewiesen wird, dass es
sich um nicht amtlich autorisierte Personen (paganoi) handelte. Vielleicht ist hier der Pagarch Menas
gemeint und es werden die Vorfälle von P.Cair.Masp. 67002 thematisiert, doch ist dies nicht sicher
und der topische Charakter liegt hier auf der Hand. Anschließend (Z. 90–98) wird noch auf eine
Steuererleichterung durch den dux Athanasios hingewiesen (wohlgemerkt vor den eben genannten
Vorfällen), die durch den Pagarchen offenbar verletzt worden sei. Die Dörfer legen anscheinend in
Übereinstimmung mit dem Pagarchen die Raten fest (Z. 45 spricht von einem Beschluss von
archontes), der Pagarch ist aber de facto für diese Rate und deren Eintreibung verantwortlich – auch in
Dörfern mit Autopragie (bzw. sollten von dort keine Zahlungen kommen, war es offenbar des
Pagarchen Aufgabe, Nachforschungen anzustellen)! Der Zorn der Dorfbewohner richtet sich auch
nicht gegen die Eintreibung an sich, sondern gegen die illegale Anhebung der Raten. Am Ende der
Petition drohen sie indirekt eine Landflucht an – ein bemerkenswerter Einblick in die Umstände,
welche Menschen zur anachoresis zwangen. Man kann sich vorstellen, dass dies den Behörden als
besonderer ‚Anreiz‘ dargeboten wird, sich für die Belange der Dorfbewohner einzusetzen.
P.Lond. V 1677
Originaltitel: – (DDbDP: Petition to a magister)
Datierung: ca. 568–570
Herkunft: Antinoupolis (found: Kôm Ishgau)
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: http://www.misha.fr/papyrus_bipab/pages_html/P_Lond_V_1677.html
BL–Korrekturen: (IV 45;) IX 146; XII 108
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Textgattung: Eingabe (Dioskoros an magister)
Urkundenart: offiziell
Archiv: Dioskoros
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: (Menas)
2. Filiation: –
3. Anrede: Lichtester (clarissimus)
4. Titulatur: Pagarch
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: Antaiupolis
7. Weitere Funktionen: scriniarius
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Dritter; Steuer- und Finanzwesen;
Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: boethos; arabarches; magister; protokometes; paganos?
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Zugriff auf Steuerschuldner; Zugriff auf Privatbesitz;
Zugriff zum Zwecke der Geiselhaft; allgemeine Aufsicht über Sicherheitspersonal
Text: [6µ.] / / û (9 !0$0[I]85>,9(*) !.'89 E5&"+(G µ-% ?'F Q>$',8*h"_(*) 5T5*.#(G $'µ"*-(/(_ ?'F "5*0[>M$]#0"0(_ µ'.;&(5*> † E#I&>2 ?'F a(*)?5&;' "'(*)) (-b =$55>,-(b) -N?#(-% 3(*)µH, 5† £[>-&]?+*-%. † 5TQIµ[5\('>] ?'F E>'M5M+I('> =, Ç"'&> "'*) "',(12 !,8*h"-\%/ B Q>$-?/.'8-\2/ 3(*)µH, [$'µ]"*) 5T5[*].5&;' !5F &"-%E/&-(%)&' "/,(' () $%&>(5$: ?'F @\%6/<Q5$: [ –ca.?– ] E>?';<, 3(*)\"l*/ "4&', !*5(A, ü, ="#65> q*#.5('> E>'(5$5\, [ –ca.?– ]µ5,I ?!.f(*) (-(b)(- &'QH2 =">&(/µ5,-2 !+?,<2 "*+&>(*)µ>(*) 10[ –ca.?– (-\2 !,5"/Q->2 3]µH, |(*)6,5&> (1 ?'(c =µl "*4.µ' E>E/&?<, =, (-(U)(->2 [C6-, WI,42 e $'(?)]µ"*+('(-2 &?*>,>/*>-2 ?'F "'./*6I2 (:2 w,(';-% m2 |(*)&(5(*) "$5-– [,5D;', (?) –ca.?– M$/(?)]M0'2 µ 0-(%) ?'F 8$;@5>2 ?'F &(5,-6<*;(*)'2 ∑(*)2 3(*)"#µ5>,'(*) =,('b8' [ –ca.?– &%],056+µ5,-02 (Y !"-*;k ?'F "5,;k "'$'>H,0 =Qc K (> e M-I812 [Pb*-2(?) (:2 ?hµI2 o8]$4 µ5() (H, ('U(I2 "->µ#,<, ?'*"-b,('> ()2 [*-(%)*/2 15[µ-%(?) =, (9 "5E;_ ~>'&5 (]:2 'T(:2 ?hµI2 [,5% =?Q-*;<, ?'F EIµ-&;<, ?'F
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Übersetzung:
„Meinem aufrichtigen, guten Gebieter und menschenfreundlichen Wohltäter, dem lichtesten und
angesehenen magister. Bitt– und Schutzgesuch von Eurem ergebenen Hausbeamten Dioskoros.
Gepriesen und berühmt in allem sei von allen Menschen Eure edelmütige, lichte Wohltätigkeit, die
stets bemüht ist, all die nützlichen und seelerquickenden [–––] (der) gerechten Dinge, die über alle
Tüchtigkeit hinausgehen, welche sie innehat, trachtet sie danach, zu vollbringen [–––] und ich, der ich
dies nur zu gut und unverdrossen weiß, bin zugehörig [–––] Euren gerechten Sohlen und vermelde die
mich betreffende Angelegenheit ??? Menas, der lichteste scriniarius und Pagarch von Antaiupolis,
dass du die Gier kennst [–––] meinen Schaden und Qualen und Mühseligkeiten, die ich auf mich
nehme hier [–––] bin ich ergriffen von Plage und Armut seit langer Zeit, insofern als der boethos
Kyros des Dorfes Phthla zusammen mit den Hirten dieses (Dorfes) bewirtschaften meine Felder in der
Ebene von Piase desselben Dorfes ohne Pachtzinsen oder Abgaben (zu zahlen) und die Steuerlast
dieser (Felder) lässt er mir zu zahlen übrig. Grundlos nämlich seit der vorangehenden Amtsperiode [––
–] des arabarches berühmten Andenkens viele Schmähreden und [–––] dieses taten sie und ihm
empfahl mich die Erhabenheit [–––] und selbst der dux befahlen bald dem besagten Mann dies [–––]
er selbst aber ist es, der sich selbst zu Unrecht aneignete die Erträge [–––] meinen Dienern jene Hirten.
Zusätzlich zu diesen unerträglichen und [–––] Missetaten nahm er meinen Sohn fest für die Steuern
anderer Leute [–––] Steuerrückstand wegen dieser Dinge. Der besagte Verführer Menas kam [–––]
Matthias Stern 117
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Æ%∏'s Apollos, den Mann meiner Schwester [–––] zum Protokometen von Aphrodites Kome zu
machen und ihn diesbezüglich zufriedenzustellen [–––] unter ihn des Dorfes Protokomet schlecht und
gewaltvoll [–––] und sein Haus wird tagsüber geplündert von Räubern und paganoi und den mit
diesen (agierenden) Hirten und allen abhängigen Bauern aus dem Dorf (= Phthla?) in dieser
(Aphrodites Kome?) [–––] (des) Ruins und nicht nur, dass er nichts Gutes tat den unreifen, elenden
und minderjährigen Söhnen, die äußerster Armut und einem Mangel an Brot anheimfielen, sondern
auch die Mörder, die [–––] seine Felder besäten (und welche) Pächter und Hirten waren nach seinem
Ruin [–––] meines Sohnes, der gar nichts mit (der Angelegenheit) des Apollos zu tun hat und [–––]
muss seinen elenden und minderjährigen Söhnen erlassen werden, insofern, als [–––]“
v
„[–––] ihren Vater und Plünderung und Verwüstung [–––] ließen sie auch Viehdiebstahl über sich
ergehen, dass du sagen würdest, mehr nach Art von Gegenden, die von Barbaren heimgesucht werden,
würden sie ausgeplündert und verwüstet, das ist das bitterste [–––] durch kaiserliche Verordnung
wurde ein Diener gefangen gefangengenommen bald behütend [–––] wird er gefangengenommen.
Doch der Hilflose und unglückselige die beiden schlechten (Dinge) [–––] deswegen bitte ich meinen
guten Gebieter flehentlich und schwörend auf das Heil des ewigen Gottes und Eurer lichtesten Kinder
[–––] und ihrer hochverehrten Mutter und Herrin und Eurer allumfassenden Amtsgewalt, wenn es in
Gottes Namen (Euch) beliebt, gerecht zu richten und dem besagten Menas zu schreiben, von meinem
Sohn abzulassen und (von) seiner Behelligung anstelle des Apollos [–––] wenn es geraten scheint,
Steuern der Aussähenden seinen Landgütern [–––] ließ der Kaiser verkünden (?) nicht gegen die
Diener für andere oder besser gesagt [–––] die Dorfeinheiten als Apollos nach einem Zeitpunkt
verlangte und voll bezahlt zu werden [–––] Ich hörte nämlich, als Apollos hierhergekommen war,
nach dem [–––] bevor er die Protokosmetie übernommen hatte, dass die Steuern [–––] persönlich
übergebe ich dem Herrn Menas und nicht dem boethos von Aphrodites Kome [–––] Aphthonios eine
blutsaugende Steuerabrechnung, die meinen Dienern [–––] deswegen bat ich den Pagarchen um einen
anderen boethos [–––] Goldsteuern. Als aber sein Anwesen verwüstet wurde, wurden die Quittungen
gestohlen [–––] Angelegenheiten kenne ich nicht, doch der Eid bei diesem wird günstigen Fortgang
bewirken [–––] dass mein unschuldiger Sohn ungerechtfertigterweise bedroht wird für auswärtige [––
–] über ihre großen, unerfahrenen, nehmenden Dinge hinaus (?) bete ich um dessen Wohl [–––] für
(Euer) Heil und Eure Dauerhaftigkeit sowie für Eure lichtesten Kinder [–––] Gebieter.“
Inhaltliche Paraphrase:
Dioskoros beschwert sich über das Verhalten des Pagarchen (vermutlich Menas, wie aus einem
Vergleich mit P.Cair.Masp. 67002 I 11–18 deutlich wird). Zunächst (Z. 11–20) geht es um aus dem
Maspero-Text Bekanntes: Menas hat Dioskoros’ Land in Phthtla an den boethos und an Hirten des
Dorfes übertragen, dennoch muss er die Steuern, die auf diese erhoben werden, zahlen. Anschließend
berichtet Dioskoros von Übergriffen des Pagarchen auf seinen Schwager Apollos, den Menas zum
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 118
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Protokometen des Dorfes einsetzen ließ, und seinen Sohn. Wegen angeblicher Zahlungsrückstände des
Dorfes ließ Menas offenbar das Haus des Apollos plündern; Apollos selbst und seine Kinder wurden
zurückgelassen und der Pagarch übergab das Land an Hirten. Unabhängig davon hat Menas
Dioskoros’ Sohn verhaften lassen, da dieser verantwortlich sei für des Onkels Schulden. Dieser Sohn
(siehe Ed. Anm. zu Z. 49) könnte der boethos von Aphrodito gewesen sein, daher wird ihm wohl die
Verantwortung für die Zahlungen angetragen, aber Dioskoros stellt klar, dass sein Sohn nichts mit den
Angelegenheiten des Apollos zu schaffen habe und er, Dioskoros, überdies seine Steuern direkt an
Menas, nicht über den boethos, geleistet habe, die Quittungen freilich bei der Plünderung des Hauses
konfisziert/gestohlen worden seien. Der magister ist offenbar ein offizieller Untergebener des dux
(vgl. P.Cair.Masp. 67003, 4, wo eine Eingabe über ihn an den dux adressiert wird). Der Ton der
Petition gegenüber dem Pagarchen zeigt, dass dieser seinen Respekt, der ihm als Amtsperson zukäme,
deutlich verspielt hat (PALME 2008, 217f.).
P.Oxy. XVI 1831
Originaltitel: Complaint of a µ5;j<,
Datierung: spätes 5. Jh.
Herkunft: Tholthis (Oxyrhynchites)
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: http://163.1.169.40/cgi–bin/library?a=q&r=1&hs=1&e=p–000–00–––0POxy––00–0–0–
–0prompt–10–––4––––––0–1l––1–en–50–––20–about–––00031–001–1–0utfZz–8–
00&h=ded&t=1&q=1831
BL–Korrekturen: (II.2 103)
Textgattung: Brief (amtlich; Ansuchen; Mahnung)
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: –
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
Matthias Stern 119
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1. Name: –
2. Filiation: –
3. Anrede: –
4. Titulatur: Pagarch / Pagarch (Pl.)
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: –
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Dritte; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: meizon; boethos; agrophylakes
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Zugriff auf Straftäter und -verdächtige
Text: "('*)) † µ;j-,>0(*) ?hµI2 t'?+,'. (>,l2 µ5('E5Eh?'&; µ-> e2(*) K(>"5* B(*) "->µ#,52 (:2 &:2 ?hµI2 3(*)IµH,(*) [µ]/6I, C0&6', "*12 (-72 3(*)IH,(*) ?hµI2 p+$85<2 ?'F (H, 3(*)IµH,(*) "*-M/(<, !0["-]Q#*-,(52 5N2 (A, 3µH, .:,, ?'F C"5µ@' 5N0[&]M0:,'0>0(*) (-72 =µ-72 !.*-QS$'?'2(*) ?0[']F0 E5Eh?'&> (A, =">&(SµI,. 8#$I&-, -Ü, "'*'.\$5(*) (-\2 BµH, !.*-QS$'D>,(*) ?'F (-%2(*) "->µ5,'2(*) (:2 BµH,(*) ?hµI2 =0.f µl, -T EA (H0 !I0E0;', .50,#&0805(*) "*12 3µ4020 [6'õ*]<0, =["5]>0 "042 q0Q;$>(*) -0T0 &0>'E;',(*) ?5>,:&'>(*). ?'F .)* -T? qQ;$-µ5,(*) !Q-(#*<,(*) ?>,:&'> }@50>0µ'6;'20(*), -TEl .)* C6-– µ5, "*4.µ' µ5() (:2 !E;0'020(*) (H, 3(*)µH,(*) "'0.0/*6-,(*) "*12 (<(*) 30µ 0[4]20 "0'0[*]'0.0\0$5(*) 10(-0\02 BµH, E>'Q[#*-%]&0>, !"1 µ>?*H, V<2 [µ]5./$<, "*12 (<0(*) µ 0A0 ?0>0,0:&5(*) µ 0/– 6I, "*12 Z'%(-72 0[ 0 0 0] 0 0 0I(0[ 0]'0 0[ 0 0] 0 0&0µ 0 0 0[ 0] 0 050*> 0 0 0 0 0 0 0 0[ 0 0 0 0 0] 0( 0 -TEl M-I812 BµH0,0 50µ5&0 0 0I0 I 0 0[ 0 0 0](05 e0 "0/0.0'*6-2. 850$0S0&0'0(0[5 (-õ],0%,0 (0'b(' !"-$:&'>(*) 5X,'(*) µA [&"-*-2 µ;,G(*) B (-U(-% µI6',S. v û =";0E0(-2) 0 0 0 0[ 0 0 0 0 0 0 0] 0 ~0'0"Ñ µ 0>0j0-0,0(*) ?hµI2 t'– 15?+,' "0('*)) ["' ™'?;-[%] µ>j(*) p+$8050(<2). Apparatus ^ r.2. l. µ5;j-,> ^ r.2. l. m2 ^ r.2. l. -a ^ r.3. l. 3µH, : çIµ<, papyrus ^ r.3. l. BµH, : çI<, papyrus ^ r.4. l. BµH, : çIµ<, papyrus ^ r.5. l. 5N[&]M0:,'0>0 ^ r.5. l. !.*-QU$'?'2 ^ r.6. l. "'*'..5\$'> ^ r.6. l. !.*-QU$'D>, ^ r.6. l. (-\2 ^ r.6. l. "->µ#&> ^ r.6. l. 3µH, 7: BL II.2 103 – 50.0<µ5,-% EA (< !I0E0;', .50,#&080'> "*12 Bµ4020 0 0 0 0-05 0 0>0 "042 q0Q;$> -0T0 5N'E;', prev. ed. : l. .5,ú&8'> : l. qQ>$5> : l. &>',(õ', ^ r.8. l. ?>,:&'> ^ r.8. l. qQ5;$-µ5, ^ r.8. l. !<µ>Q-(#*<, ^ r.8. l. }@>µ'6;'2 ^ r.9. l. !E5;'2 ^ r.9. l. BµH, :
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 120
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çµ<, papyrus ^ r.9. l. "'./*6<, ^ r.9. l. (1 ^ r.9. l. "'[*]'..5\$'> ^ r.10. l. (1 ^ r.10. l. ?>,:&'> 12: BL II.2 103 – 850$0S0&0'0(0[5 0 0] ,0b0,0 prev. ed. ^ r.13. l. !"-$b&'> ^ r.13. l. X,' ^ r.13. l. µ5;,G ^ v.14. l. µ5;j-,<>> ^ v.16. l. µ5;j(-,-2)
Übersetzung:
„Von . An einen Vorsteher des Dorfes Takona. Einige Personen haben mich darüber unterrichtet, dass
eure Hirten deines Dorfes einen Streit gegen unsere (Hirten) des Dorfes Tholthis begannen, wobei sie
auch unser Kleinvieh auf Euer Land entführten; und ich habe meine agrophylakes geschickt,
hinzugehen, und sie haben mir die Kunde überbracht. Genehmige also, dass man unsere agrophylakes
und die Hirten eures Dorfes vorlädt. Ich freue mich zwar in der Tat nicht über das Entstehen dieser
Unannehmlichkeit mit euch, denn niemand darf eine Gemeinheit in Gang bringen. Auch dürfen wir
nämlich keine Streitigkeit zwischen (unseren) beiden (Dörfern) in Gang bringen und wir führen
nämlich auch keine Klage unter dem Schutz unserer Pagarchen um die Rückgabe der uns gehörenden
(Tiere) von kleinen bis zu großen, um keinen Streit zu beginnen, um unseren eigenen [–––] und nicht
unser boethos [–––] der Pagarch. Genehmige daher, dass diese zurückgegeben werden, damit das
bewässerte Feld dieses (Mannes? = des Pagarchen?) nicht unbesät bleibt.“
v
„Auszuhändigen [–––] Papas, dem Vorsteher des Dorfes Takona. Von Apa Nakios, Vorsteher von
Tholthis.“
Inhaltliche Paraphrase:
Der Dorfvorsteher von Tholthis Apa Naukios schreibt an Papas, den Vorsteher Takonas, bezüglich
eines Streits zwischen Hirten der beiden Dörfer. Die Hirten von Takona hatten offenbar eine tätliche
Auseinandersetzung mit den Hirten von Tholthis und im Verlauf eine unbestimmte Zahl von Tieren
gestohlen. Apa Naukios ließ seine agrophylakes Nachforschungen anstellen, welche den Sachverhalt
bestätigten. Nun ersucht er daher um die Rückgabe des Viehs, wobei er explizit um eine
außergerichtliche Einigung ersucht und auch darauf hinweist, eben gerade keine Klage, die in seinen
Augen berechtigt wäre, anstreben zu wollen. Die Angst vor einem amtlichen Prozess scheint also ein
nicht unwichtiges Argument darzustellen.
Die Pagarchen werden im Zusammenhang mit dem indirekt angedrohten amtlichen
Prozessverfahren erwähnt. Dabei könnte einerseits auf eine rechtsprechende oder eine
schiedsrichterliche Kompetenz hinweisen, in jedem Fall aber wird mit einer amtlichen Vollstreckung
einer Rückforderung gedroht. Die Erwähnung von zwei Pagarchen deutet eine amtliche Kooperation
an, welche die unmittelbare Exekution in den jeweiligen Amtsbereichen (die Konfiskation in Takona
bzw. die Restitution in Tholthis) aufteilt. Erstaunlich scheint für diese Zeit das Auftreten zweier
Pagarchen allemal (Z. 9; die wohl einzige andere Möglichkeit, dass (-b 3µH, "'./*6-% gemeint sei,
erscheint den Ed. eher abwegig). Z. 12–13 scheint dagegen darauf hinzuweisen, dass die Bewässerung
der Felder dem Bereich eines einzigen Pagarchen zukommt. Man muss dies wohl als Hinweis darauf
Matthias Stern 121
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sehen, dass entweder Tholthis und Takona trotz ihrer benachbarten Lage zwei unterschiedlichen
Pagarchien angehörten oder dass hier zwei Pagarchen für eine Pagarchie agierten, aber
unterschiedliche Einflussbereiche hatten. Die ausgeprägte Institutionalisierung des Amtsbereiches des
Pagarchen ist für diese frühe Zeit beispiellos.
Anmerkungen:
! Z. 1: ! von µõj-,> war wohl abgekürzt.
! Könnte Z. 1 nicht ein amtlicher Akten(archiv)vermerk im Sinne von ‚outgoing‘ sein? Zu
dieser Sigle zuletzt CPR XXV 8, Anm. Z. 1.
! Vgl. die Interpretation von MAZZA 1995, 174, welche in Z. 9 "<#>$%&'&( liest und Z. 8–9 mit
„Infatti [...] nessuno dei due desidera accendere una contesa, poiché non siamo abituati a
contrariare il nostro pagarca...“ übersetzt.
P.Oxy. XXIV 2420
Originaltitel: Deed of Surety
Datierung: 25. Feb.–26. März 614
Herkunft: Oxyrhynchos
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: http://163.1.169.40/cgi–bin/library?a=q&r=1&hs=1&e=p–000–00–––0POxy––00–0–0–
–0prompt–10–––4––––––0–1l––1–en–50–––20–about–––00031–001–1–0utfZz–8–
00&h=ded&t=1&q=2420
BL–Korrekturen: VII 150; VIII 257; X 148
Textgattung: Enthaftungsbürgschaft
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: Apiones
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 122
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1. Name: Flavius Apion
2. Filiation: –
3. Anrede: Allgelobter (famosissimus); Übergrößter (excellentissimus); Berühmtester
(gloriosissimus)
4. Titulatur: Konsular; patricius; „pagarchierend“; Landbesitzer
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: –
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: oiketes; chartularius
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Verantwortung für domus-Gefängnisse; allgemeine
Aufsicht über Sicherheitspersonal
Text: † =, q,+µ'(> (-b ?%*;-% ?'F E5&"+(-% O(*)I&-b r*>&0[(-b (-b 85-b ?'F &<(:*-2 BµH,, M'&>$5;'2
(-b] 85>-(/(-%0 ?'F 5T0&5M(5&(/(-%) B0µH, E5&"+(-% µ 0[5.;&(-% 5T5*.#(-% o$('-%;-%) d*'?$5;-% (-b
'N<,;–] [-% 'T.-U&(-%] ?'F 'T0(0-0?*(/(-*-2) C(-%2 E o'µ5,[f8 0 ( 0) N,E(>?(;-,-2) M – ca.30 –] o0$0'0-0%;_ w";<,> (9 "0',5%QSµ_ ?'F 30["5]*0Q0%050&0(0[/(_ !"1 3"/(<, ?'F "'(*>?;_ .5-%6-b,(>] 5?0'0F0 =,0('b08' (Y $'µ"*(Ñ) πD%*%.06>(H, "+$(5>) E>) &0-b o[$('-%õ-%) –ca.?– ] !,(>.5-U6-% "'*+,(-2 WI,4 -N?#(-%0 (-b ="5*<(H,0(0-0[2 ?'F "*-&"-*;j-,(-2 (9] NE;_ E05&"+(G (9 'T(9 "',5%QSµ_0 !0,0E*F (A, [!.<.A, ?'F =,-6S,, O-b&(-2 e $'µ"*(+('(-2)] 6'*(0-%$/*>-2 (-b =,E+D(-%) 3µH,0 -0|0?0-0%0, %0a01020 (0-0b0 µ 0['?]'0*0;0-0%0 p050-Eh0*0[-% ZD:2 3"-.*/Q<,] N0E0;0k 65>*F !"1 (:2 'T(:2 "+$50<020 e0µ 0-0$0-0.0H0 Z0?-0%0&;k .,hµ 0G ?0'F 'T80'0>0*0[#(_ "*-'>*#&5>] 103"-µ,Uµ5,-2 (010,0 85\-, ?'F &050M0/0[&µ>-,] K0*0?0-, =..%4&080'0>0 ?0'0F0 !0,'E#0605&8'>0 ["'*) (Y 3µH,] =,E+D_ 3"5*-6Y0 u0T0*0I$0[;-%]20 ~0'0"0,0-0U080>0-0,0 %0a01, ~' 0,- 0>-% 050,0 0 05 0 ?'0F0 w*h80>0-0[, %a1],0 0 0[ 0 0 0] !µQ-(5*->(*) 6*%0[&-]6<->(*) e0*0µ 0<0[µ5,-]>0(*) !"1 ?0h0µI[2] ^050*0U0Q050<020 (0-b πD%*%.6;0(0-0%0 ,-0µ 0-0b0
"'.'*6-[%µ#,I2(?)](?)(*) "'*) (-b =,E+D-% 30µ 0H, [-|]?0-0[%, =]Qc ∞0(5 '0T0(-72 !E>0'0$05;0"0(0<2 "'*'µ5\,'> ?'F E>0/0.050>0,0 =, (Y 'T(Y ?hµG ?0'0F0 µ 0IE'0µ 0H020 'T(-72 !"-$5>µ"/,5&8'>(*) µS(50 µA, µ5080;0&0(0'&080'0>0 155N2 V(5*-0,0 (+"-, !0$$) ?'F =">jI0(0-0%µ(#,-%2) 'T(-72 "*12 =µl =, -ak0E0S0"-(5 B0µ 0[#]*[k -a']&0– E0I"0-(-b, V[,]50?50,0 "*-Q/0&5<020 (-U(-%2 "'*'0Q#0*0<0 ?'0F0 "0'0*0'0E0h0&0<0 [E;]60[' $]+0.0-0[%] C0,080'0 '0T0(0-72 ?'F "'*5;$IQ' =, (Y Q%$'0?Y (-0b =,E0+D0-0%0 30µ 0H, -|?0-0%0· 50[N] E0l0 µA0 (0-b(0-0 "0[-]>0S0&0<, e0µ 0-0$0-0.0H0 "'*'&65\, (Y 3µ5(#*k0 =,0E0+D0_0 30["5*-6Y 3"l* (:2 'T(H, !"-$]50;0[@5]<020 6*%&;-%0 [$];0(0*0', µ;', 5í0&('8µ(-,) j0%0.090 w$50D(',E*5;'2) ?'F0 ?>0,0E0ã0,0_0 [=µ9 ?'F (:2 =µ:2
Matthias Stern 123
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
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Übersetzung:
„Im Namen des Herrn und Gebieters Jesus Christus, unseres Gottes und Heilands; im 4. Jahr der
Regentschaft unseres göttlichsten und gottesfürchtigsten Gebieters, des größten Wohltäters Flavius
Herakleios, des ewigen Augustus und Imperator, am x. Phamenoth der 2. Indiktion [–––] Flavius
Apion, dem allgelobten und übergrößten Konsular und patricius, ebenso Landbesitzer hier in der
berühmten Oxyrhynchopolis, (vertreten) durch dich, Flavius [–––] antigeuchos, gegenwärtig
(vertreten) durch (seinen) Diener Menas, der die Vertragsfrage stellt und für seinen Gebieter,
denselben allgelobten Mann, den Klageanspruch und die Haftung übernimmt, Iustus, der berühmteste
chartularius Eures berühmten Hauses, Sohn des seligen Theodoros, dessen eigenhändige Unterschrift
unten folgt, aus derselben Stadt. Ich erkläre aus freiem Entschluss und aus freiwilligem Vorsatz sowie
unter göttlich-kaiserlichem Eid, zu bürgen und zu haften bei Eurer Exzellenz für die Aurelii
Papnuthios, Sohn [–––] und Arothios, Sohn [–––] beide Goldschmiede, stammend aus dem Dorf
Seryphis im Oxyrhynchitischen Gau, welches pagarchiert ist von Eurem berühmten Haus, unter der
Bedinung, dass sie ununterbrochen verbleiben und ihre Tage im selben Dorf zubringen und in keiner
Weise flüchten noch an einen anderen Ort verziehen; wenn sie aber von mir verlangt werden an
irgendeinem Tag aus irgendeinem Grund, so übergebe ich diese und überbringe sie dorthin ohne
Schutzbrief und liefere sie aus in das Gefängnis Eures berühmten Hauses. Wenn ich dies nicht tue, so
erkläre ich, Eurer berühmten Exzellenz zu zahlen für ihr (= der Aurelii) Verschwinden eine Goldlitra
nach gutgewogenem alexandrinischem Maße und auf mein Risiko und unter Einsatz all meines
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 124
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Besitzes. Diese Vereinbarung ist einfach ausgefertigt gültig und auf Befragen habe ich zugestimmt. (2.
H.) Ich, Iustus, der berühmteste chartularius, habe diese Vereinbarung der Vorgenannten, Papnuthios
und Arothios, gemäß höherem Einverständnis aufgesetzt und alles Niedergeschriebene wird
anerkannt, wie es dasteht. Durch mich, Ioannes, ausgefertigt.“
v
„Bürgschaft von Iustus, dem berühmtesten chartularius [–––] Sohn des seligen Theodoros, aus
Oxyrhynchopolis, der für Papnuthios und Arothios aus dem Dorf Seryphis im Oxyrhynchitischen
Gau.“
Inhaltliche Paraphrase:
Typische Enthaftungsbürgschaft mit Kaisereid. Ein chartularius bürgt für zwei Goldschmiede, wobei
die Verbindung des Bürgen mit den Aurelii nicht aus dem Schreiben hervorgeht; ebenso wenig ist das
zugrundeliegende Delikt erkennbar. Die Strafsumme ist außerordentlich hoch und hängt vielleicht mit
dem Gewerbe der Verbürgten zusammen. Bürge und Verbürgte stammen aus unterschiedlichen
Ortschaften und der Bürge ist überdies chartularius des Pagarchen. Diese Konstellation lässt auf eine
amtlich motivierte Bürgschaft schließen, welche die Gewinnung der Arbeitskraft der Goldschmiede
zum Ziel hat (PALME 2003, 548). Der Pagarch begegnet hier als Verantwortlicher eines domus-
Gefängnisses.
P.Oxy. XLIV 3204
Originaltitel: Deed of Surety
Datierung: 2. Jan. 588
Herkunft: Oxyrhynchos
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: http://163.1.169.40/cgi–bin/library?a=q&r=1&hs=1&e=p–000–00–––0POxy––00–0–0–
–0prompt–10–––4––––––0–1l––1–en–50–––20–about–––00031–001–1–0utfZz–8–
00&h=ded&t=1&q=3204
BL–Korrekturen: VIII 267; XI 168
Textgattung: Enthaftungsbürgschaft
Matthias Stern 125
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: Flavia Anastasia
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Flavia Anastasia (fem.)
2. Filiation: Tochter des Menas Eudaimon
3. Anrede: Berühmtester (gloriosissimus)
4. Titulatur: „pagarchierend“; illustrios (illustria); Landbesitzerin
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: –
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: dioiketes; boethos
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Verantwortung für öffentliche Gefängnisse; allgemeine
Aufsicht über Sicherheitspersonal
Text: † [M'&>$5;'2 (-b 85]>0[-](0/0(-% ?'F 5T&5M5&(/(-% BµH, E5&"+(-% µ5.;&(-% 5T5*.#(-% [o$('-%;-%) W'%*>?;-% t]>M5*;-% (-b 'N<,;-% uT.-U&(-% ?'F uT(-?*/(-*-2 C(-%2 ¨ [3"'((5);'2 (-b 'T(-b 5T&5]M0(5&(å(-%) BµH, E5&["+](-% C(-%2 5 (bM>(*) ¨ N(*),E(>?(;-,-2) ¨ (C(-%2)
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Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 126
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
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Übersetzung: vgl. Übers. d. Ed. (engl.)
„Im 6. Jahr der Regentschaft unseres göttlichsten und gottesfürchtigsten Gebieters, des größten
Wohltäters Flavius Maurikios Tiberios, des ewigen Augustus und Imperators; im 5. Jahr des Konsulats
unseres selben gottesfürchtigsten Gebieters, am 6. Tybi der 6. Indiktion; im Jahr 264 = 233. Flavia
Anastasia, der berühmtesten illustria, Tochter des Menas Eudaimon berühmten Andenkens,
Landbesitzerin in der hiesigen, berühmten Oxyrhynchopolis, vertreten durch dich, Flavius
Phoibammon, ihren lichtesten Verwalter, Apollos, boethos Eurer Berühmtheit, Sohn des seligen
Phoibammon, stammend aus derselben Oxyrhynchopolis, der unten eigenhändig unterschrieben hat,
Grüße. Ich erkläre bei aus freiem Entschluss und aus freiwilligem Vorsatz sowie unter göttlich–
kaiserlichem Eid zu bürgen und bei Eurer Berühmtheit, (vertreten) durch Ihre Repräsentanten, zu
haften für Aurelius [–––] Sohn des Ioannes und der Tabitha, stammend aus [–––] welches pagarchiert
ist von Eurer Berühmtheit, im Oxyrhynchitischen Gau, unter der Bedingung, dass er ununterbrochen
dort verbleibt und seine Tage im selben Dorf zubringt mit seinen Liebsten und seiner Gattin und
seinen Tieren und all seinem Besitz, wobei er verantwortlich ist für alles, was seine Person oder das
Matthias Stern 127
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Schicksal des epanographos (= die Pflichten seines Status) betrifft; und dass er keinesfalls verlasse
dasselbe Dorf [–––] noch an einen anderen Ort verziehe. Falls er aber verlangt wird von mir durch
Eure Übergröße, vertreten durch Ihre Repräsentanten, an irgendeinem Tag aus irgendeinem Grund, so
werde ich diesen gestellen und in das Gefängnis derselben Stadt übergeben, (und zwar) in einer
öffentlichen Behörde unter Ausschluss einer Asylstätte oder eines Schutzbriefes. Wenn ich dies aber
nicht tue, so erkläre ich, dass ich für sein Verschwinden zwei alexandrinische Goldunzen bezahle, die
in Werk und Arbeitskraft verlangt werden können; für die Sicherheit dieser Bürgschaft gelobe ich all
meine jetzigen wie zukünftigen Besitztümer, einzeln wie gesamt, als Pfand und als Hypothek. Diese
Bürgschaft ist einfach ausgefertigt gültig; und auf Befragen habe ich zugestimmt. (2. H.) Apollos,
Sohn des seligen Phoibammon [–––]“
v
„Bürgschaft des Apollos, Sohn des seligen Phoibammon aus Oxyrhynchopolis, der haftet [–––]“
Inhaltliche Paraphrase:
Typische Enthaftungsbürgschaft für einen colonus adscripticius mit Kaisereid. Die Formulierung „in
Werk und Arbeitskraft“ zeigt, dass an eine Geldleistung gar nicht gedacht war, obwohl eine
Konventionalstrafe eindeutig festgesetzt wird (PALME 2003, 550). Ein boethos der Pagarchin
übernimmt hier die Bürgschaft, was zusammen mit der Stellung an ein öffentliches Gefängnis auf
einen amtlichen Hintergrund schließen lässt. Die Einkerkerung eines flüchtigen Bauern betraf, wie
diese Bürgschaft zeigt, durchaus öffentliches Interesse.
Anmerkungen:
! Zum Dossier der Flavia Anastasia BL X 66–67 zu P. Erl. 37 und 87 und BL X 201 zu SB VI
9561.
! Zu Z. 6 und Flavius Phoibammon vgl. P.Oxy. LXIX 4756, 7 Anm.
P.Oxy. LXX 4802
Originaltitel: Deed of Surety
Datierung: frühes 7. Jh.
Herkunft: Oxyrhynchos
Schriftträger: Papyrus
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 128
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Abbildungen: pl. XVI; http://163.1.169.40/cgi–bin/library?a=q&r=1&hs=1&e=p–000–00–––0POxy––
00–0–0––0prompt–10–––4––––––0–1l––1–en–50–––20–about–––00031–001–1–0utfZz–8–
00&h=ded&t=1&q=4802
BL–Korrekturen: –
Textgattung: Enthaftungsbürgschaft
Urkundenart: offiziell
Archiv: Apiones
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: (Flavius Apion?)
2. Filiation: –
3. Anrede: Übergrößter (excellentissimus)
4. Titulatur: „pagarchierend“
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: –
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: phylax
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Verantwortung für domus-Gefängnisse; allgemeine
Aufsicht über Sicherheitspersonal
Text: –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– 1[– ca.15 –] 0>< 0[ 0 0] – ca.12 – µI(*12 ∫&>E-2 e0*0µ 0hµ(5,->(?)) !"1 ?0hµ(I2) ]">&Sµ-% (-b πD%*%.6(;(-%) ,-µ-b "'.'*6-%µ#,I2 "'*) (:2 3(*)µH, 3(*)"5*Q(%5;'2). eµ-$-.-bµ(5,) Z?-%&;k .,hµG ?['F] 'T8'>*#(_ "*-'>*#&5> ="<µ,Uµ5,->(*) 5(1, 85\-, ?'F &5M/0[&]µ>-, K*?-, =..%4&8'0>0 ?'0F0 !,'E#65&8'> "'*) (Y 3(*)µ5(#*k 3(*)"05*Q(%5;k) uT*I$;0-%2 ~'µ-U8>-, %a(*)1, o->M/µµ<,-2 µI(*12 W0'*0;'2 !"1 ="->?(;-%) ^5?-U,E-% ?'F r5?-%$ %a(*)1, w"-$$H, µI(*[12] d0*'yE-2, !"1 (:2 'T(:2 ?hµI2 ]">&Sµ-%0, Q0[U]$'?'20, =Q’ ∞(5 'T(-72 !E>'$5;"(<\2/
Matthias Stern 129
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Übersetzung: vgl. Übers. d. Ed. (engl.)
„[–––] Sohn der Isis, stammend aus dem Dorf Episemos im Oxyrhynchitischen Gau, welches
pagarchiert ist von Eurer Übergröße. Wir erklären aus freiem Entschluss und aus freiwilligem Vorsatz
sowie unter göttlichem und kaiserlichem Eid, zu bürgen und zu haften bei Eurer Übergröße für die
Aurelii Pamuthios, Sohn des Phoibammon und der Maria, aus dem Weiler Sekundos, und Chekul,
Sohn des Apollos und der Herais, aus demselben Dorf Episemos, phylakes, (dafür) dass sie
ununterbrochen dort verbleiben und ihre Tage in ihren jeweiligen Orten zubringen und in keiner
Weise flüchten noch an einen anderen Ort verziehen; wenn sie aber von uns verlangt werden, so
überbringen wir und übergeben sie ohne Schutzbrief in das Gefängnis Eures berühmten Hauses, wo
wir sie auch empfangen haben. Wenn wir dies aber nicht tun, so erklären wir, verantwortlich zu sein
für alles und zu erfüllen, was von ihnen verlangt wird. Diese einfach ausgefertigte Vereinbarung ist
gültig und auf Befragen haben wir zugestimmt. Wir, die Gemeinschaft der Vorgenannten, stimmen
dieser Bürgschaft zu, wie sie dasteht. Ich, Markos, habe für sie geschrieben, da sie schreibunkundig
sind. Durch mich [–––] ausgefertigt.“
v
„[–––] Pamuthios und Chekul, phylakes [–––]“
Inhaltliche Paraphrase:
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 130
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Enthaftungsbürgschaft unter Eid von zwei oder mehr Personen für zwei phylakes. Zwar sind hier die
Bürgen wohl Privatpersonen – zumindest haben sich keine amtlichen Titulaturen erhalten, aber die
Bürgschaft für die beiden Sicherheitsfunktionäre als Kollektiv, die überdies in getrennten Orten
anwesend zu sein haben, spricht sehr dafür, dass die amtliche Ausübung ihrer Dienstpflichten hinter
dieser Bürgschaft steht, da die Enthafteten in ihren jeweiligen Dörfern offenkundig ihren Aufgaben
nachkommen sollen. Dies ist zudem die naheliegendste Erklärung für die Verbindung der Bürgschaft
für zwei in unterschiedlichen Arealen situierte phylakes. Wir können nur spekulieren, was die Gründe
oder vielmehr die Umstände waren, unter denen die Bürgen für diese im Grunde amtlich motivierte
Garantie herangezogen wurden.
P.Ross.Georg. III 23
Originaltitel: Brief des Pagarchen Atijjas an einen Riparios
Datierung: Ende 7. Jh.
Herkunft: Arsinoites
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: –
BL–Korrekturen: VIII 290; XI 187
Textgattung: Brief (amtlich; Anweisung)
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: Atias
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: (Flavius) Atias
2. Filiation: –
3. Anrede: mit Gott
4. Titulatur: Pagarch
Matthias Stern 131
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5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: –
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Absender; Steuer- und Finanzwesen;
Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: riparius
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Zugriff auf Steuerschuldner; allgemeine Aufsicht über
Sicherheitspersonal
Text: † E56+µ5,-2 (A, "'*’-b&/, µ-% =">&(-$A, ’ ?'(/$'M5 () "*’12 µl ’ =, (Y "+$5>, Q#*5 El =*6+µ5,-2 ?'F (-72 5T"+*-%2 !,8*h"-%2 ’ (-72(*) C('D' 3µ\, =, (Y .,H&5> † v,ctr † w(S5>'2 &7, 8(59) "/.'*6(-2) vac.? † ~#(*_ `>"['](*;_) [w]*0&0(>,->(H,) "+$5(<2). v,msup † (\-b/ %a\-b/ o','µ\-%/ .,>\E/(*) E WI,4 ~?-%$ .,>\E/(*) E £'µ>( ) .,>\E/(*) >8 w,'&('&;\-%/ .,>\E/(*) E 5o->M( ) .,>\E/(*) E v † "5*F q..>\<0/(*) E(-)8(#,(<,) 5N(2) µ 0%*( ) 5$-0 0 0 0 0$( ) 0 0 † † 0 0&0>2 Apparatus ^ r.2. l. -µ2 ^ v,msup.1. l. ?,;E>' ^ v,msup.2. l. ?,;E>' ^ v,msup.3. l. ?,;E>' ^ v,msup.4. l. ?,;E>' ^ v,msup.5. l. ?,;E>' ^ v.1. l. -T.?;<,
Übersetzung:
„Sobald du meinen vorliegenden Brief erhalten hast, mach dich auf den Weg zu mir in die Stadt und
wenn du ankommst, bring auch die ‚begüterten’ Leute, die ich euch in der Liste aufgeführt habe.“
v,ctr
„Atijjas, mit Gott Pagarch, an Petros, riparius von Arsinoiton Polis.“
v,msup
„Des Sohnes des Phanamos 4 Knidia. Des Menas, Sohn des Pkul, 4 Knidia. [–––] 19 Knidia. Des
Anastasios 4 Knidia. [–––] 4 Knidia.“
v
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 132
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
„Wegen der Unzen, gegeben an(?) [–––]“
Inhaltliche Paraphrase:
Brief des Pagarchen Atias an einen riparius, der gewisse Leute in die Hauptstadt mitbringen soll, die
in einer Liste angeführt seien. Diese Liste ist jedoch nicht erhalten; die erhaltene Aufzählung von
Personen am Rand betrifft nachträglich erfolgte wirtschaftliche Aufzeichnungen, gefolgt von
Maßangaben. Der Ton und die prägnante Kürze des Hauptschreibens, welche viel Kontextwissen
aufseiten des Adressaten voraussetzt, zeigen, dass wir es mit dem Schreiben eines Vorgesetzten zu tun
haben: Der Pagarch agiert als Aufseher des riparius, nicht als Bittsteller der Finanzbehörde. Die
verlangten Personen werden als „begütert“ (5í"-*-2) klassifiziert; der Terminus bezeichnet in der
Formel 5í"-*-2 ?'F =">(SE5>-2 die Eignung für die Übernahme eines liturgischen Amts. Dass der
Terminus auch allein diese Bedeutung annehmen kann, scheint mir durchaus denkbar zu sein, wenn
wir davon ausgehen, dass in der arabischen Zeit die byzantinische Verwaltungssprache noch
rudimentär fortlebte. Überdies könnte die erwähnte Liste auf einen Liturgenkontext hindeuten, da
solche liturgischen Vorschlagslisten häufig bezeugt sind; nur ist der Ausdruck .,H&>2 so allgemein,
dass auf jede andere Zusammenstellung (etwa von zu inhaftierenden Personen) so bezeichnet werden
könnte. In jener Zeit war nicht mehr die civitas für die Berufung der Liturgen verantwortlich, sondern
der Pagarch, der hier vom riparius die Vorladung eben solcher potentiellen Liturgen verlangen könnte.
Die Wortwahl lässt nicht eindeutig klar werden, ob hier tatsächlich ein Zugriff gemeint ist oder ob
diese Leute einfach mit dem riparius gemeinsam kommen sollen, da sie seine zukünftigen
Untergebenen sein werden. Letzteres erscheint mir aber unwahrscheinlich, da in diesem Fall der
riparius doch nicht erst dann eine Liste jener Leute bekommen würde. Eine Alternativinterpretation,
die vielleicht die einfachere Erklärung böte, wäre die Annahme, dass es sich einfach um reiche Leute
handelt und hier irgendeine Steuerangelegenheit berührt wird. In diesem Fall kann die Vorladung
durch einen riparius nur einen Zugriff bedeuten, in diesem Fall auf Steuerschuldner.
Anmerkungen:
! Zum Atias-Archiv siehe CPR VIII, S. 191.
P.Ross.Georg. IV 1 (Z. 6–37 = tlw. P.Lond. IV 1382)
Originaltitel: Maßnahmen zur Rücksendung schollenflüchtiger Kolonen in ihre Heimatbezirke
Datierung: 2. Apr. 710
Herkunft: Aphrodites Kome
Matthias Stern 133
Imperium & Officium: Comparative Studies in Ancient Bureaucracy and Officialdom
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: –
BL–Korrekturen: VI 121
Textgattung: Brief (amtlich; Anweisung)
Urkundenart: verwaltungsintern
Archiv: Basileios
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger: nur „die Pagarchie“ erwähnt
1. Name: (Basileios?) / –
2. Filiation: –
3. Anrede: –
4. Titulatur: – / Vorsteher der Pagarchie
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: –
7. Weitere Funktionen:
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen / Dritter;
Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: –
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Zugriff auf flüchtige Personen; Erfassung von
auswärtigen Flüchtigen; Erfassung von abgängigen Flüchtigen
Text: Fr1 –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– 1[ –ca.?– ] -T? =">&(/0µ508' (1 0[ 0 0] [ –ca.?– ] =0D0 'T(H, "*12 –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– Fr2 –– –– –– –– –– –– –– –– –– –– 1[ –ca.?– ]([ 0]>0 0 0[ 0 0] 0[ 0 0 0 0 0 0]([ 0] 0[ –ca.?– ]
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 134
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Matthias Stern 135
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Übersetzung: vgl. Übers. d. Ed. (dt.)
Fr1
„[–––] kennen wir nicht das [–––] von diesen für [–––]“
Fr2
„[–––] haben wir ihnen bekanntgegeben in denselben [–––]“
ctr
„[–––] die Pagarchie des Arsinoites. Sobald du nun das vorliegende Schriftstück empfängst, schreib
uns in aller Eile, was du bereits in den Angelegenheiten, die die Flüchtigen betreffen, wie gesagt, des
Arsinoites getan hast, ob du überhaupt welche in ihm (sc. deinem Amtsbereich) belassen hast, der du
den Auftrag hast, die in deinem Amtsbereich Zurückgebliebenen fortzusenden, bevor unser
Abgesandter, der die Nachprüfung über sie anzustellen haben wird, bei dir ankommt. Denn du sollst
wissen, dass, wenn er in ihm (sc. deinem Amtsbereich) irgendwelche Flüchtigen findet, die in ihre
heimatlichen Dorfeinheiten auszuweisen wir dir schriftlich aufgetragen haben, so haben weder du
noch die Beamten deines Amtsbereiches Nachsicht von uns zu erwarten, auch nicht ein Wort (zu
ihrer) Rechtfertigung. Und wenn welche von denjenigen Flüchtigen, welche durch die Männer, die wir
ausgesandt hatten wegen der Rücksendung eines jeden in seine Heimatgegend, aus ihm (sc. deinem
Amtsbereich) in andere Pagarchien heimgesandt waren, in deinem Amtsbereich sich niedergelassen
haben, so nimm diese fest und liefere sie unter Bewachung in ihren heimatlichen Dorfeinheiten ab:
Gib ihnen (zu diesem Zweck) aus denjenigen Dorfeinheiten, in welchen sie gefunden wurden,
Personal mit zum Zwecke ihrer Ablieferung und schreibe über sie an den (jeweiligen) Vorsteher ihrer
Pagarchie. Darauf schicke deinen Abgesandten, der den betreffenden Empfangsschein holen soll.
Wenn nun aber etliche von den aus anderen Pagarchien in deinen Amtsbereich Zurückgesandten aufs
Neue in diejenigen Orte entflohen sind, an welchen sie sich zuvor (bereits) aufgehalten hatten, so
schreib uns über sie und sende auch unverzüglich jemanden mit dem Auftrag, sie festzunehmen; denn
wir überantworten ihm diese nach Gottes Willen ganz und gar. Nimm dich besagter Angelegenheit
eifrig und mit aller Genauigkeit an, indem du uns, wie gesagt, die Anzahl der von dir fortgesandten
Flüchtigen schriftlich mitteilst und dir dabei nichts zu schulden kommen lässt. Denn falls der von uns
wegen der Rücksendung der Flüchtigen geschickte Abgesandte auch nur eine einzige Menschenseele
antrifft, deren Rücksendung an ihren Heimatort wir dir angeordnet hatten, so wirst du mit Strafe
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 136
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belegt, die dein Vermögen vertilgen wird. Hüte dich also samt den Beamten deines Amtsbereiches,
indem du sie möglichst dazu anhältst, in der Angelegenheit der vielfach erwähnten Flüchtigen sich
nicht für schuldig finden lassen zu müssen. Geschrieben im Monat Pharmuthi, den 7., der achten
Indiktion.“
Inhaltliche Paraphrase:
Die Thematik dieses Schreibens des symbulos an den Pagarchen Basileios passt zu dem, was wir aus
anderen Schreiben kennen, wiewohl es sich hier um eine Art Nachbereinigung nach der eigentlichen
Maßnahme handelt. Dem Pagarchen wird aufgetragen, dafür zu sorgen, dass Flüchtige ergriffen und
an ihre Heimatgemeinden überstellt werden, wobei namentliche Listen anzufertigen sind. Gleichzeitig
werden Strafen für den Fall angedroht, dass durch Nachlässigkeit oder aktive Hilfeleistung, auch
durch seine Beamten, Flüchtige in der Pagarchie des Basileios verbleiben. Dies zu kontrollieren, wird
ein eigener Beamter gesandt. Er soll auch für den Fall, dass Flüchtige aus seinem Bezirk, die
zurückgesandt worden waren, von Neuem entfliehen, diese melden und umgehend Beamte mit ihrer
Repatriierung beauftragen. Den Grund der Fluchtnahme kennen wird nicht. Falls Steuerlasten der
Grund der Flucht sind, wäre zu überlegen, ob die dem Pagarchen angedrohte „Strafe“ nicht in der
Übernahme der Steuerzahlungen der Flüchtigen besteht – andererseits erscheinen auch in den anderen
Schreiben eindeutig Konventionalstrafen auf. Der Inhalt des Schreibens scheint eher den Charakter
einer punktuellen Maßnahme zu tragen; möglicherweise lässt sich dieses Schreiben mit einem
Einzelereignis in Verbindung bringen. Oder aber es ist Ausdruck verstärkter Kontrollbemühungen der
arabischen Verwaltung in Bezug auf die Flüchtigenproblematik, wie sie auch in P.Lond. IV 1332/1333
zum Ausdruck kommt, die sich offenbar nicht auf die Lokalbeamten und -potentaten verlassen kann.
Die Erwähnung des Arsinoites lässt an eine Verbindung mit P.Lond. IV 1343 denken; andererseits ist
der Zusammenhang von Z. 1 fragwürdig und die Ergänzung in Z. 5 mehr als unsicher, zumal im
Folgeteil wiederum von mehreren Pagarchien die Rede ist sowie von Flüchtigen, welche in Papas’
eigene Pagarchie zurückgesandt wurden, was eine Generalmaßnahme wahrscheinlicher erscheinen
lässt.
Anmerkungen:
! Vom Sinn des Schreibens her, das offensichtlich die Repatriierung von Personen
verschiedenster Pagarchien im Sinn hatte, möchte ich die Ergänzung des Arsinoites in Z. 5
anzweifeln.
PSI I 52
Originaltitel: Malleveria
Matthias Stern 137
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Datierung: 602(?)/617(?)/647(?) (17./18. Sept.)
Herkunft: Oxyrhynchos
Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: Diethart – Worp, Notarsunterschriften, Tafel 43, Oxy. 9.9.4 (Z. 38)
BL–Korrekturen: IV 87; VII 231; VIII 391; XII 248
Textgattung: Enthaftungsbürgschaft
Urkundenart: offiziell
Archiv: –
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Flavius Ioannes
2. Filiation: –
3. Anrede: Großer (= Erhabenster (magnificentissimus)?)
4. Titulatur: Pagarch
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: Oxyrhynchopolis
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen
9. Rolle des Pagarchen: offiziell
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger: Notar
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Gestellung von Individuen
Text: =, [q],+µ'(> (-b ?%*;-% ?'F E5&"+(-% [OI&]-b r*>&(-b (-b 85-b ?'F &<(:*-2 B0[µ]H0,0 pf8 ? N,E(>?(;-,-2) ¨, o$('%;_) [O]-%$>',9 (9 µ5./$(_) "'./*6G 5('U(I2 (:2 πD(%*%.6>(H,) "+$5(<2). uT*S$>-> W 0 0 0 0 0 0 0 02 �"' ª* µI(*12
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Apparatus ^ 13. BL 8.391 : (:<2> 3µ5(#*'<2> µ5.'$(-"*5"5;'2) prev. ed. ^ 19. BL 4.87 : =Qc Z'0%(:2 prev. ed. ^ 21. l. !"-$>µ"(/,5&)8 ^ 34. BL 7.231 : eµ-$-.-(bµ5,) ?->,(H2) prev. ed. ^ 35. BL 7.231 : 0 0 0(<,
prev. ed. ^ 38. BL 8.391 : 0 0 0 0 0 0 01), =(5$>+(I 0 0 prev. ed.
Übersetzung:
Matthias Stern 139
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„Im Namen des Herrn und Gebieters Jesus Christus, unseres Gottes und Heilands; am 20. Thoth der 6.
Indiktion. Flavius Iulianos, dem großen Pagarchen dieser Oxyrhynchopolis. Wir, die Aurelii [–––]
Sohn des Apa Hor und der Eudoxia, und Kaiphalon, Sohn [–––] stammend aus dem Anwesen des
Leonides bei Tampeti im Oxyrhynchitischen Gau, erklären aus freiem Entschluss sowie unter göttlich-
kaiserlichem Eid, bei Eurer Erhabenheit zu bürgen und zu haften für Aurelia Theone, Tochter des
Georgios und der [–––] vom selben Anwesen, unter der Bedingung, dass sie ununterbrochen verbleibt
und ihre Tage im selben Anwesen zubringt zusammen mit ihrem Hausrat und ihren Liebsten, unter
gebührendem Verhalten und Ruhe, und in keiner Weise flüchtet noch an einen anderen Ort verzieht;
wenn sie aber von uns durch Eure Erhabenheit verlangt wird an irgendeinem Tag aus irgendeinem
Grund, so überbringen wir Euch und übergeben sie ohne Schutzbrief in das Gefängnis derselben Stadt,
wo wir sie auch empfangen haben. Wenn wir dies nicht tun, so erklären wir, für alles [verantwortlich
zu sein? s. Anm. unten] und zu erfüllen, was von ihr verlangt wird. Diese Vereinbarung ist gültig und
einfach ausgefertigt und auf Befragen haben wir zugestimmt. Wir, die Vereinigung der genannten
Personen, stimmen dieser Bürgschaft zu, wie sie vorliegt. Ich, Ioannes, habe für sie geschrieben, da sie
schreibunkundig sind. Durch mich, Ioannes, ausgefertigt.“
Inhaltliche Paraphrase:
Unter Eid geleistete Enthaftungsbürgschaft zweier Hausdiener oder Bauern vom Anwesen eines
Großgrundbesitzers – offenbar nicht eines Pagarchen – für eine Frau desselben Anwesens. Die
Gestellung betrifft ein städtisches Gefängnis und der Hintergrund könnte ein strafrechtliches
Verfahren bilden. Neben der Anwesenheits- ist auch eine Wohlverhaltensklausel zu lesen, welche
ebenfalls auf einen strafrechtlichen Hintergrund schließen lassen könnte. Möglicherweise sind die
Bürgen mit der Verbürgten verwandt und daher zu ihrer Enthaftung motiviert. Das Geschlecht der
Verbürgten ist auffällig, da nach Justinianischer Gesetzgebung Haftstrafen für Frauen in öffentlichen
Gefängnissen quasi völlig verboten waren (KRAUSE 1996, 178f.).
Anmerkungen:
! In Z. 32–33 vielleicht 30"05U080%0,0-0>0 | 50è0,0'0>0 zu lesen (vgl. P.Oxy. LXX 4802).
SB I 4659
Originaltitel: Gestellungsbürgschaft
Datierung: 653 / 668 (Mai)
Herkunft: Arsinoiton Polis
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 140
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Schriftträger: Papyrus
Abbildungen: –
BL–Korrekturen: VIII 311
Textgattung: Enthaftungsbürgschaft
Urkundenart: offiziell
Archiv: –
Personenspezifische Daten zum betreffenden Amtsträger:
1. Name: Flavia Marus (fem.) / Menas
2. Filiation: Tochter des Menas / –
3. Anrede: Berühmtester (gloriosissimus) / Berühmtester (gloriosissimus) (+)
4. Titulatur: – / gewesener Pagarch
5. Herkunft: –
6. Amtsbereich: Arsinoiton Polis
7. Weitere Funktionen: –
8. Eigenschaft in betreffendem Schreiben: Adressat; Sicherheitswesen / Dritter; Filiation
9. Rolle des Pagarchen: offiziell / keine
10. Involvierte Instanzen/Amtsträger:
11. Charakter des Sicherheitsbereichs: Gestellung von Individuen
Text: † =, q,+µ'(> (-b ?%*[;-% ?'F E5&"+((-%) OI&-b] r*>&(-b (-b 85-b ?'F &<(:*[-2 ?'F (:2 E5&"-;,I2] BµH, (:2 }.;'2 85-(+?[-% ?'F !5>"'*8#,-% W'*;'2] ?'F "/,(<, (H, }.;<,, C(-%2 £>-[?$I((>',-b) 0 0 0 N,(E>?(;-,-2), =, w*(&>,->(H, "+$5>)]. 5o$('-%;k) W'*-bE>(*) (Y =,E-D-([/(G 0 0 0 8%.'(*F (-b (:2] =,E+D-% µ,SµI2 WI,4 .5,[-µ(#,-%) "'./*6-%(?)(*)] ('U(I2 (:2 w*&>[,->(H, "+$5<2 –ca.?– ] ~-b&>2 µ%$-?+"-2 %a12 0 0 0[ –ca.?– !"1 (:2 'T(:2 w*&>,->(H,] "+$5<2 !"1 !µQ+E-% t['µ;<, 6(';*5>,)]. 10eµ-$-.H Z?-%&;k .,hµG [=..%4&8'> –ca.?– ]
Matthias Stern 141
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=,E-D(-(/(I,). Apparatus ^ r.5. BL 8.311 : W%*-bE0> prev. ed. ^ r.6. BL 8.311 : –ca.?– prev. ed. ^ r.19. BL 8.311 : 0[ –ca.?– ] prev. ed. ^ r.23. l. µ'*(%*H ^ v.27. BL 8.311 : W%*-b, prev. ed.
Übersetzung:
„Im Namen des Herrn und Gebieters Jesus Christus, des Gottes und Heilands, sowie unserer
Gebieterin, der heiligen Muttergottes und ewigen Jungfrau Maria, und aller Heiligen; im x. Jahre
Diokletians der x. Indiktion; zu Arsinoiton Polis. Flavia Marus, der berühmtesten [–––] Tochter des
Menas von berühmtem Andenken, gewesener Pagarch(?) dieser Arsinoiton Polis [–––] Pusis, Müller,
Sohn des [–––] aus derselben Arsinoiton Polis, aus dem Viertel Tamion, Grüße. Ich erkläre aus freiem
Entschluss, zu haften [–––] und zu bürgen bei Eurer Berühmtheit für Aurelius Viktor [–––] aus dieser
Stadt, dass [–––] fortzugehen und auszuforschen [–––] ihn bis zum Neumond des kommenden Monats
am Ende der gegenwärtigen elften Indiktion. Wenn ich dies aber bis zu diesem Termin nicht getan
habe [–––] dass ich Euch diesen übergeben werde in das öffentliche Gefängnis, wo ich (ihn) auch
empfangen habe. Wenn ich diesen aber nicht übergebe [–––], verpflichten wir uns(?), Euch zu geben
[–––] Diese Bürgschaft ist gültig und auf Befragen habe ich zugestimmt. (2. H.) Ich, Kalos, Sohn des
Damianos, bezeuge diese Bürgschaft, wie sie vorliegt. (3. H.) Ich, Sergios, Sohn des seligen Iustos,
bezeuge diese Bürgschaft, wie sie vorliegt. (4. H.) Durch mich, Menas [–––]“
Katalog der Evidenz zum Pagarchen in öffentlicher Sicherheitsfunktion 142
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v
„Bürgschaft für Viktor, ausgestellt von Pusis, Müller, an Flavia Marus, die Berühmteste.“
Inhaltliche Paraphrase:
Enthaftungsbürgschaft eines Müllers für einen Mann, dessen Berufsbezeichnung nicht erhalten ist. Der
Inhalt der Z. 13–17 barg womöglich eine interessante Einzelfallregelung: !"5$85\, ?'F !,'jI(:&'>.ist
sonst nicht bezeugt – bedeutet diese Formel, dass der Gesuchte schon entflohen ist? Ein solcher Fall
liegt etwa im kopt. CPR II 116 = IV 110 vor, wo den Bürgen noch die Pflicht zukommt, den
Verbürgten aufzufinden (dazu PALME 2003, 537 m. Anm. 21)! Die Bürgschaft ist interessanterweise
an eine Frau gerichtet, die womöglich als Erbin des Menas nach dessen Tod die Amtsgeschäfte führte.
Die unterschiedlichen Namen der Frau zu Beginn des Schreibens und in der Adresse scheinen auf ein
Versehen zurückzuführen zu sein. Marus ist die Gattin des Pagarchen Flavius Petterios. Die
Ergänzung des öffentlichen Gefängnisses erfolgte offenbar exempli gratia..
Anmerkungen:
! In Z. 21 erscheint es durchaus denkbar, =">6*5<&(-%µ( ) in einen aus Gründen der
Formelhaftigkeit oder Unaufmerksamkeit fälschlich gebrauchten Plural aufzulösen.
! Dann in Z. 20 wohl eher 5N El µA (-b(- ["->S&< –ca.?– ] bzw. ["->S&-µ5, –ca.?– ] aufgrund
der Länge und des Plurals in der Folgezeile.