EUROPA- UNIVERSITÄT VIADRINA FRANKFURT/ ODER
Winnie Plha Berlin, 15.05.2014Matrikel: 32047Mail: [email protected]
„Man sollte seine Zukunft nur in gute Hände geben. In seine eigenen.“1
Eine qualitative Erhebung zur Zukunftsperspektive deutscherAuszubildender.
Lehrstuhl für Vergleichende KultursoziologieProf. Dr. Andreas ReckwitzDozenten: Dr. Hilmar Schäfer/ Dr. Hannes KrämerSeminar: Qualitative Methoden der SozialforschungModul: MASS Forschungsmodul, 9 ECTSWintersemester 2013/14
1 Von Willy Meurer (+*1934), deutsch-kanadischer Kaufmann, Aphoristiker und Publizist.
Abstract
Future prospects of young apprentices
German apprentices are confronted with changes of a postmodern society. Many entities getting
ambiguous. Increasing unemployment, high professional requirements, less time for private
compensation are just a few examples. For that reasons the main question of my survey is how
young adults imagine their occupational and personal future. Therefore I designed a structured and
problem- specific guidline interview to discover individual relevances related to their future
prospects. After transcripting the recorded interviews the data was evaluated by means of the
specifications of the qualitative method called Grounded Theory. With the view to achieve
signifcant and comprehensive results I reduced and abstracted the data in the following steps.
Eventually it emerged, that young adults have quite precise ideas of their future. A probable work-
life- balance was one of their central future prospects. Furthermore the results show that private
time is more and more influenced by work life. Young apprentices see themselves confronted with
high demands referring to personal responsibility and flexibility. Therefore they try to create a
isolated personal sector as a kind of compensation. Often repeated, significant themes are family
time, freetime activities and personal projects. Finally the main results of the survey will be
contrasted and compared with current quantitative studies.
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung............................................................................................... 1
2. Methodik................................................................................................. 2
2.1 Feldzugang und Auswahl der Interviewpartner...........................................................................2
2.2 Konzeption des Leitfadens..........................................................................................................3
2.3 Erhebungssituation......................................................................................................................4
2.4 Methodisches Vorgehen bei der Auswertung...............................................................................4
3. Auswertung............................................................................................. 5
3.1 Vorstellung der Interviewpartner.................................................................................................5
Leitfadeninterview 1, Jan:..........................................................................................................5
Leitfadeninterview 2, Clara........................................................................................................6
Leitfadeninterview 3, Gus..........................................................................................................6
3.2 Themenanalyse............................................................................................................................6
Kode: Geld.................................................................................................................................7
Kode: Privatleben.....................................................................................................................10
Kode: Berufsleben....................................................................................................................13
Kode: Planbarkeit der Zukunft.................................................................................................17
3.3 Beleuchtung und Abstraktion ausgewählter Aspekte.................................................................17
5. Fazit...................................................................................................... 20
6. Forschungsreflektion...........................................................................21
I. Anhang..................................................................................................... i
I.I Leitfaden.............................................................................................................................. iI.II Transkripte........................................................................................................................ iiI.III Auswertung Leitfaden..................................................................................................xxv
II. Literaturverzeichnis.........................................................................xxx
Anhangsverzeichnis
I.I Vorlage Leitfaden.................................................................................. i
I.II Transkripte...........................................................................................ii
Transkript 1.............................................................................................. ii
Transkript 2.............................................................................................. x
Transkript 3.............................................................................................. xvii
I.III Auswertung der Leitfadeninterviews…...........................................xxv
Erklärungen zum verwendeten GAT2 - Basistranskript
Pausen
(.) Pausen
(-) Mikropause, geschätzt, bis ca. 0.2 Sek. Dauer
(--) kurze geschätzte Pause von ca. 0.2-0.5 Sek. Dauer
(- - -) mittlere geschätzte Pause v. ca. 0.5-0.8 Sek. Dauer
(0,5 Sek.) längere geschätzte Pause von ca. 0.8-1.0 Sek. Dauer
Lachen und Weinen
((lacht)) Beschreibung des Lachens
Rezeptionssignale
hm ja nee nein einsilbige Signale
Dehnung/ Längung
: Dehnung, Längung, um ca. 0.2-0.5 Sek.
:: Dehnung, Längung, um ca. 0.5-0.8 Sek.
::: Dehnung, Längung, um ca. 0.8-1.0 Sek.
Akzentuierung
akZENT Fokusakzent
Tonhöhenbewegungen am Ende von Intonationsphrasen
hoch steigend ?
mittel steigend ,
gleichbleibend -
mittel fallend ;
tief fallend .
1. Einleitung
Schon Aristoteles beschwerte sich über die unerträgliche und unverantwortliche Jugend und rechnete
mit einer katastrophalen Zukunft. Doch ist es heute nicht eher die Zukunft, die die Jugend bedroht?
Leiharbeit, Zeitarbeit, Arbeitslosigkeit, steigende Inflation, gleichbleibende Einkommen, hohe
Anforderungen an die Qualifikationen, steigende Mieten, Bindungsängste, zu wenig Zeit für Privates
- die Voraussetzungen sich in der deutschen Gesellschaft beruflich und privat zu etablieren werden
zunehmend schwieriger. Vor diesem scheinbar düsteren Hintergrund habe ich eine qualitative
Erhebung unter Auszubildenden in der Veranstaltungsbranche durchgeführt. Die grundlegende
Forschungsfrage war, wie junge Erwachsene ihre Zukunftsperspektiven wahrnehmen. Dazu wurden
Leitfadeninterviews geführt. Mithilfe der Grounded Theory wurde das Datenmaterial ausgewertet.
Die Ergebnisse dieser Auswertung werden schließlich mit den Erkenntnissen aus standardisiert
erhobenen Studien konstrastiert. Eine aktuelle Jugendstudie2 belegt immerhin, dass sich in
Deutschland 48% der jungen Erwachsenen Sorgen um ihre Lebensplanung machen, dennoch schauen
sie scheinbar optimistisch in ihre Zukunft. Immerhin 82% der Befragten behaupten ihrer Zukunft
zuversichtlich entgegen zu blicken. Als hauptsächliches Ziel gilt vor allem das individuelle Glück mit
84%. Das Streben nach materiellem Reichtum bleibt mit 4% weit dahinter zurück (vgl. Kaiser 2013:
1f). Vor dem Hintergund einer postmodernen Gesellschaft, die dem Individuum immer mehr
abverlangt, überrascht dieses Ergebnis zunächst. Müsste man nicht davon ausgehen, dass in einer Zeit
in der der Leistungsgedanke so stark wie nie zu vor betont und der Mensch als „enterprising self“
wahrgenommen wird, Karriere und Geld zentrale Themen sind (vgl. Kraus 1997: 26)? In einer Studie
des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zum demografischen
Wandel aus dem Jahre 2007 sind immerhin 71% der Befragten mit ihrer Zukunftsperspektive
zufrieden (vgl. BMFSFJ 2007: 15). Den größten Stellenwert haben für sie ein geregeltes Einkommen
(83%) und ein harmonisches Familienleben (81%) (vgl. BMFSFJ 2007: 18). Die Ergebnisse, der im
Folgenden beschriebenen qualitativen Erhebung, ähneln denen der soeben vorgestellten Studien in
Zügen. Sie ergänzen diese jedoch um einige interessante, tiefere Einblicke in die individuellen
Deutungsmuster der Interviewten. Bevor die Ergebnisse jedoch im Fazit gegenüber gestellt werden,
erfolgt eine kurze Beschreibung der Forschung im Methodenteil (Kapitel 2), sowie die Darstellung
der gewonnenen Ergebnisse im Auswertungsteil (Kapitel 3).
2 Die „Telefónica Global Millennial Survey“ hat zwischen dem 11.01.13 und dem 04.02.13 12.171 quantitative OnlineInterviews mit Personen zwischen 18 und 30 Jahren aus 27 Ländern durchgeführt. Thematische Schwerpunkte warender Umgang und der Stellenwert von Technologie und die Zukunftsperpektiven der jungen Erwachsenen.
1
2. Methodik
Am Beginn des Forschungsprozesses steht zunächst die Frage nach der geeigneten
Erhebungsmethode. Eine qualitative Erhebung eignet sich in Bezug auf mein Forschungsinteresse aus
verschiedenen Gründen. Ziel ist es, individuelle Zukunftsperspektiven von Berufsschülern greifbar
und auswertbar zu machen. Dabei sollen nicht die bloßen Antworten der Interviewpartner im
Vordergrund stehen, sondern auch die Freilegung individueller Relevanzsysteme eine Rolle spielen.
Daher kommen standardisierte Verfahren, die Interviewpartner häufig in vorgefertigte
Antwortkategorien zwängen, hier nicht in Frage. Vielmehr soll ihnen die Chance gegeben werden,
offen, authentisch und gemäß individueller Prioritäten über ihre jeweiligen Zukunftsvorstellungen zu
sprechen. Dies erfolgt durch offene Fragestellungen und kontrolliertes Nachfragen einerseits und
andererseits durch das Zusprechen eines großen erzählerischen Freiraums, der Platz für Details lässt.
Das Thema der Forschung ist relativ klar auf den Bereich Zukunftsperspektiven eingegrenzt.
Ein Leitfadeninterview bietet sich in diesem Fall an, da es sowohl strukturiert ist, als auch Raum für
offene Fragestellungen lässt. Gerade bei größeren Stichproben erleichtert es die Auswertung der
Erhebungsdaten, da durch die Strukturiertheit Vergleichbarkeit einfacher hergestellt werden kann und
Unterthemen besser verfolgt und gegenüber gestellt werden können. Im folgenden Kapitel wird
erläutert wie der Feldzugang hergestellt und die Interviewteilnehmer ausgewählt wurden. Darauf
folgt eine kurze Übersicht zur Konzeption des Leitfadens (Kapitel 2.2), sowie zur Erhebungssituation
(Kapitel 2.3).
2.1 Feldzugang und Auswahl der Interviewpartner
Um die Zukunftsperspektiven von Berufsschülern zu erforschen, muss man zunächst Zugang zu
ihnen finden. Dies gelingt am Besten über die jeweilige Berufsschule. Aus vorangegangenen
Forschungsarbeiten mit jüngeren Schülern weiß ich, dass der Zugang zu Schulen im Rahmen einer
sozialwissenschaftlichen Forschung problematisch sein kann. Die Interviewpartner der hier
vorgestellten Erhebung sind zwar alle volljährig, dennoch ist das Einholen einer Erlaubnis beim
Schulleiter obligatorisch. Die Auswahl der Interviewpartner erfolgte, auch in Hinblick auf eine
Vergleichbarkeit der Daten, aufgrund bestimmter Kriterien. Um das Forschungsgebiet weiter
einzugrenzen, habe ich mich für die Zukunftsperspektiven von Berufsschülern entschieden, die sich
in einer dualen Ausbildung3 befinden. Im Folgenden habe ich das Feld noch einmal eingegrenzt und
mich ganz konkret für Auszubildende in der Veranstaltungsbranche entschieden. Interessant ist, dass
es sich hier um Personen handelt, die die schulischen Voraussetzungen haben ein Studium zu
3 Das heißt, dass die Ausbildung anteilig im Ausbildungsbetrieb und der Berufsschule erfolgt. DieZulassungsvoraussetzung für eine Ausbildung in der Veranstaltungsbranche ist die Hochschulreife.
2
beginnen, sich jedoch für eine Ausbildung entschieden haben. Außerdem sind diese Jugendliche im
Gegensatz zu beispielsweise Studierenden bereits im Arbeitsalltag angekommen. Möglicherweise
verändert dies bereits ihre Sicht auf die Berufswelt, ihre persönlichen Zukunftsperspektiven und die
Gesellschaft an sich. Die konkrete Auswahl kann und soll nur nach dem Prinzip der Freiwilligkeit
erfolgen. Nach der Vorstellung meines Forschungsvorhaben, meldeten sich einige Auszubildende,
von denen dann jedoch nur ungefähr die Hälfte auf meine schriftliche Einladung zum Interview
reagierte. Am Ende kam es zu drei Leitfadeninterviews.4
2.2 Konzeption des Leitfadens
Der Leitfaden wurde nach HELFFERICH (2011) mit der SPSS5- Methode erarbeitet. Die SPSS-
Methode ermöglicht es einen Fragenkatalog zu entwerfen, der ein Gleichgewicht zwischen
Strukturierung und dem Grundprinzip der Offenheit hält. Zudem kann bereits vorhandenes
theoretisches Vorwissen während der Erarbeitung aktiviert und reflektiert werden. Dazu werden
zunächst vorbehaltlos alle Fragen zum Thema Zukunftsperspektiven gesammelt. In einem zweiten
Schritt der Prüfung wurde die Fülle der Fragen nach Kriterien der Relevanz und Strukturierung
reduziert. Als nächstes wurde der Leitfaden sortiert, das heißt zusammengefügt und geordnet. Im
letzten Schritt des Subsumierens bekamen die Fragekomplexe jeweils einleitende Fragen zugeordnet,
denen passenden Fragen hierarchisch untergeordnet wurden (vgl. Helfferich 2011: 182ff). Aus diesen
Schritten haben sich die folgenden vier Fragekomplexe ergeben: Einleitung, Planbarkeit von Zukunft
und Zukunftsphantasien, das beste und das schlechteste Zukunftsszenario und Abschluss. Der
Leitfaden ist vom Einfachen zum Komplexen strukturiert. Nach einer kurzen Aufwärmphase, folgen
die hauptsächlichen Fragestellungen, zum Ende hin wird es persönlicher und komplexer. Im letzten
Teil werden die Interviewten zusätzlich ermuntert Themen anzusprechen, die sie selbst noch für
wichtig halten. Außerdem werden Alter, Bildungsstand und das Ende der Ausbildung abgefragt.
Weiterhin habe ich mich bei der Konzeption des Leitfadens an den methodologischen
Grundprinzipien der qualitativen Forschung: Offenheit, Flexibilität, Zurückhaltung,
Kommunikativität und Reflexivität orientiert (vgl. Lamnek 2010: 64f). Diese Grundprinzipien
wurden folgendermaßen in die Praxis umgesetzt. Der Leitfaden sollte so strukturiert wie nötig und so
offen wie möglich angelegt sein. Alle Fragen waren offen beziehungsweise erzählgenerierend und
alltagssprachlich formuliert. Darüber hinaus wurden sie in chronologischer Reihenfolge geordnet, um
den Leitfaden dem „natürlichen“ Erinnerungsfluss der Interviewpartner anzugleichen. Die
Reihenfolge der einzelnen Fragestellungen erfolgte flexibel und situationsabhängig unterschiedlich.
4 Ein weiterer Grund für die Auswahl einer so spezifischen Gruppe ist die Möglichkeit in einer möglichen Erweiterungder Forschung einen Vergleich zu anderen Gruppen zu ziehen. Das könnten entweder Studenten, aber auchAuszubildende anderer Berufsfelder sein.
5 SPSS steht für: Sammeln, Prüfen, Sortieren, Subsumieren
3
2.3 Erhebungssituation
Aus verschiedenen Gründen ließ ich die Interviewpartner selbst über Datum, Ort und Uhrzeit des
Interviews entscheiden. Sie sollten einerseits selbst bestimmen können, wann es ihnen zeitlich am
Besten passt. Andererseits bin ich davon ausgegangen, dass sie einen Ort wählen an dem sie sich
wohl fühlen. Alle drei Leitfadeninterviews haben letztendlich in verschiedenen Cafés stattgefunden.
Dass die Interviews aufgezeichnet werden, wussten die Interviewpartner bereits. Außerdem wurden
die Interviewten erneut darauf hingewiesen, dass das Gespräch aufgezeichnet wird und das alles was
sie sagen selbstverständlich vertraulich behandelt und anonymisiert wird. Ein alltagsorientierter,
entspannter Kommunikationsstil hat zusätzlich dazu verholfen, dass eventuelle Anspannungen schnell
nachließen und wir ungezwungen in das Interview einsteigen konnten. Während des Interviews
wurde gemäß der, bereits in Kapitel 2.1 erwähnten, methodologischen Grundprinzipien qualitativer
Forschung agiert. Der Kommunikationsstil war, sowohl verbal als auch nonverbal, offen und
vertraulich angelegt. Der Interviewpartner wurde in seinem Redefluss nicht unterbrochen, die
Reihenfolge der Fragestellungen wurde flexibel daran angepasst, bereits beantwortete Fragen wurden
nicht noch einmal gestellt. Durch aktives Zuhören wurde der Redner in seinen Aussagen unterstützt.
Außerdem wollte ich dadurch vermitteln, dass das Gesagte jederzeit relevant und interessant ist, um
den Interviewpartner weiter zum Reden zu motivieren.
2.4 Methodisches Vorgehen bei der Auswertung
Nach der Aufzeichnung der Interviews mit einem digitalen Aufnahmegerät, wurden die Daten
konvertiert und in die Transkriptionssoftware eingepflegt. Bei der Transkription der Daten habe ich
mit der Software EXMARaLDA6 gearbeitet. Diese wurde ursprünglich projektbezogen von der
Universität Hamburg entwickelt und dient der computergestützten Transkription und Annotation
gesprochener Sprache7. In ihren Möglichkeiten ist sie eher für sprachwissenschaftliche Auswertungen
angelegt, so kann man beim Transkribieren beispielsweise die Tonspur verfolgen und auf diesem Weg
unkompliziert Tonhöhen, Pausen etc. erkennen. Die Tonaufnahmen sind nach den Konventionen des
Gesprächsanalytischen Transkriptionssystems (GAT2) transkribiert worden. Ich habe mich hier für
das Basistranskript8 entschieden. Dieses ist auch für Nicht- Linguisten gut lesbar, da es mit wenigen
Zeichen auskommt, die ikonischen Prinzipien folgen und nicht allzu arbiträr sind. Auch die
nachträglich Erweiterung um weitere Parameter kann problemlos erfolgen ohne das
Ausgangstranskript verwerfen zu müssen (vgl. Selting, Auer, Barden et al. 3f).
6 Ausgeschrieben: Extensible Markup Language for Discourse Annotation
7 Die Software ist kostenlos erhältlich unter: http://www.exmaralda.org/
8 Im Basistranskript werden Pausen, Akzentuierung, segmentale Konventionen, wie Dehnungen und Längungen undTonhöhenbewegungen erfasst.
4
Die Analyse des Textmaterials ist an STRAUSS' Ausführungen zur Grounded Theory angelehnt
(vgl. 1996: 90ff). Die Grounded Theory ist ein systematisches, sozialwissenschaftliches
Auswertungsverfahren in dem das erhobene Textmaterial mithilfe der Kodierung Kategorien
zugeordnet wird. Die Transkripte wurden zunächst nach konkreten Antworten auf die Fragen des
Leitfadens hin untersucht und verglichen, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen (siehe
Anhang). Nach mehrmaligem Lesen ließen sich die ersten offenen Kodes herausfiltern. Auf deren
Basis wurden im folgenden Schritt Kategorien gebildet. Anhand der Kategorien habe ich dann
versucht interne Bezüge herzustellen, die zu einer möglichst genauen Beschreibung der Kategorien
führen sollten. Je nach dem wie ertragreich die Kategorien jeweils waren, wurde über ihre Relevanz
für die weitere Analyse entschieden. Weniger ertragreiche Kategorien wurden demnach
ausgeschlossen. Erst im Prozess des Kodierens und besonders durch das Bilden von Kategorien
entwickelten sich die eigentlichen Forschungsfragen. Den Kategorien wurden im Weiteren konkrete
Textstellen zugeordnet. Endgültiges Ziel ist die Theoriebildung durch das Beantworten der konkreten
Forschungsfragen. Die Antworten werden mithilfe interner Textvergleiche belegt und illustriert, um
die Erkenntnisse dann extern anhand aktueller, thematisch passender Studien zu vergleichen. Die
Mehrstufigkeit dieses Vorgehens wirkt sich positiv auf die Offenheit des Verfahrens aus. Wie sich der
Auswertungsprozess nun am eigentlichen Textmaterial gestaltet, veranschaulicht das folgende
Kapitel.
3. Auswertung
In Kapitel 3 werden die Auswertungsschritte am konkreten Korpus beschrieben. Zunächst erfolgt eine
kurze Vorstellung der Interviewpartner, um einen ersten Eindruck in deren Lebenswelt zu erhalten. In
Kapitel 3.2 wird die Bildung der Kategorien anhand gefundener offener Kodes nachvollzogen. Es
werden erste Bezüge zwischen den Themen hergestellt, die in der darauf folgenden
Zusammenfassung abstrahiert werden.
3.1 Vorstellung der Interviewpartner
Im Folgenden möchte ich meine drei Interviewpartner kurz vorstellen. Die verwendeten
Informationen stammen aus den Transkripten und wurden zu drei knappen Beschreibungen
zusammengefasst. Die Namen sind aus Gründen des Datenschutzes und der zugesicherten
Anonymität frei erfunden.
Leitfadeninterview 1, Jan:
Er ist 25 Jahre alt und ist alleinstehend. Vor der Ausbildung hat er ein Studium mit Philosophie im
Hauptfach und Musikwissenschaft im Nebenfach begonnen. Jan hat das Studium abgebrochen, da ihn
5
Musikwissenschaft mehr interessierte als Philosophie. Er hätte Musikwissenschaft in anderen Teilen
Deutschlands studieren können, hat sich aber aufgrund seiner tiefen Verbundenheit zu seinem
sozialen Umfeld für eine Ausbildung in Berlin entschieden. Neben der Ausbildung arbeitet er
freiberuflich in einer anderen Veranstaltungsfirma. Außerdem spielt er in einer Band und in einer
Theatergruppe. Seine Freunde sind ihm sehr wichtig. Während des Interviews macht er einen
grundsätzlich entspannten Eindruck, wirkt jedoch stellenweise etwas unsicher. Er spricht zum Teil
schnell und stets sehr dicht.
Leitfadeninterview 2, Clara
Sie ist 22 Jahre alt, alleinstehend und war nach dem Abitur zunächst unsicher, in welche Richtung sie
gehen soll. Es gab, ihrer Aussage nach, keinen Studienplatz der sie angesprochen hat. Sie hat einige
berufsvorbereitende Kurse (Marketing, Projektmanagement) gemacht und sich dann für die
Ausbildung zur Veranstaltungskauffrau entschieden. Clara ist für die Ausbildung aus München
zugezogen. Sie machte anfangs einen eher schüchternen Eindruck, ihre Aussagen scheinen wohl
überlegt. Über ihre Freizeit redet sie nicht viel, ihre Ausbildung scheint sie jedoch zeitlich auch stark
zu beanspruchen.
Leitfadeninterview 3, Gus
Gus ist ebenfalls 22 Jahre alt und ist in einer festen Beziehung. Er hat vor der Ausbildung ein duales
Studium begonnen, hat dies aufgrund der hohen Anforderungen jedoch nicht geschafft. Die
Ausbildung ist die Alternative zu Studium. Die Veranstaltungsbranche ist seit seiner Jugend seine
Leidenschaft. Den Rückschlag des abgebrochenen Studiums scheint er noch nicht überwunden zu
haben. In der Berufsschule fühlt er sich unterfordert. Seine Freizeit stellt er zugunsten seiner Karriere
zurück. Während des Interviews macht er einerseits einen entspannten Eindruck. Man merkt
andererseits jedoch auch, dass er hohe Ansprüche an sich selbst stellt.
3.2 Themenanalyse
Nach der kurzen Vorstellung der Interviewpartner folgt nun die Herleitung der Kategorien, deren
Beschreibung und Verdeutlichung an prägnanten Textbeispielen.
Zunächst wurde ermittelt welche offenen Kodes9 sich durch die einzelnen Gespräche ziehen
und ob sich diese ebenfalls in anderen Interviews wiederholen. Das offene Kodieren ist nach STRAUSS
(vgl. 1994: 92) eine Art Themenanalyse. Ich habe seine Vorschläge insofern angewendet, als dass ich
im Text auf die Suche nach spezifischen Themen gegangen bin, die für den Interviewten mit dem
9 Mit offenen Kodes meine ich Verlauf der Arbeit bestimmte, wiederkehrende Themen im Korpus, als Kategorieverstehe ich das Zusammenfassen von Themen/ offenen Kodes zu Themenkomplexen also bspw. die Kontrastierungvon 2 Themen/ offenen Kodes.
6
Thema Zukunft verbunden sind. Anders als beispielsweise von FLICK (1991: 163f) vorgeschlagen,
beginne ich in der Darstellung der Forschung nicht mit der detaillierten Vorstellung der Einzelfälle,
sondern beschränke mich auf den Vergleich essentieller fallübergreifender Themen. Dieses von FLICK
beschriebene Vorgehen war zwar Teil des Auswertungsprozesses, soll hier jedoch nicht detailliert
erläutert werden. Im nächsten Schritt des Auswertungsprozesses habe ich die Anzahl der Themen
nach Relevanz und übergreifendem Vorkommen im Text reduziert. Dominante Themen in Bezug auf
die Zukunftsperspektiven sind nach der Reduktion: Geld, Privatleben, Berufsleben und Planbarkeit
der Zukunft. Besonders faszinierend ist es, zu ermitteln, in welchen unterschiedlichen Kontexten
offene Kodes verwendet werden. Bei manchen ist der Kontext fallübergreifend gleich oder zumindest
ähnlich, dies ist jedoch nicht die Regel. Aus diesen Beobachtungen können möglicherweise
individuelle Relevanzstrukturen der Interviewpartner aus dem Korpus extrahiert werden, indem
Ähnlichkeiten und Extrempositionen beleuchtet werden. Im nun folgenden Schritt werde ich jede
einzelne Kategorie vorstellen, beschreiben und mit Textbeispielen belegen. Da zwischen den Themen
eine ausgeprägte Verwobenheit existiert, werden innerhalb der Themenbeschreibungen bereits einige
Korrelationen beleuchtet.
Kode: Geld
Geld ist im Zusammenhang mit Beruf und Zukunft erwartungsgemäß ein zentrales Thema.
Interessant ist, in welchen unterschiedlichen Zusammenhängen Geld von den Interviewteilnehmern
erwähnt wird. Im Korpus wird Geld beispielsweise mit der Familienplanung, mit Luxus oder mit dem
Ausgleich zum Berufsalltag verknüpft. Neben diesen Korrelationen sind die folgenden
Fragestellungen essentiell. Welche Rolle spielt das Geld im Allgemeinen für die Interviewten? Was ist
der Zweck des Geldes? Ist es ein elementares Zukunftsziel möglichst viel Geld zu verdienen?
Für Jan spielt Geld eine wichtige, aber keine zentrale Rolle. Erstrebenswert für ihn ist es,
anfallende Kosten decken zu können und sich durch einen zukünftigen Mehrverdienst mehr
Selbstständigkeit in Form einer eigenen Wohnung erarbeitet zu haben.
„[...] also das ich so (.) verdiene dass ich zufrieden bin, dass ich meine kosten decken kann, (-) dass ich mal was
machen kann, und das ich dann eben zeit habe, trotzdem noch nebenbei, um kreativ was zu entwickeln um zu
gucken wie ich weiter komme.“ (Transkript 1, Ausschnitt 40).
Im oberen Ausschnitt wird bereits die Verbindung zwischen Geld, Berufsleben und Privatleben
deutlich, auf die zu einem späteren Zeitpunkt eingegangen wird. Geld wir hier als eine Grundlage
des Zufriedenseins beschrieben. Er ist sich bereits sicher, dass seine berufliche Laufbahn kein
„grOßverdienerding“ (Transkript 1, Ausschnitt 32) wird. Die Freude an der Arbeit stellt er auf
Kosten des Verdients in den Vordergrund. Dass er dadurch wahrscheinlich weniger Geld zu
7
Verfügung haben wird, nimmt er auch zugunsten seiner Freizeit hin. In der mittelfristigen Perspektive
möchte er zumindest so viel verdienen, dass er sich durch eine eigene Wohnung ein Stück
Selbstständigkeit leisten kann (vgl. Transkript 1, Ausschnitt 21).
„[…] schon-ne große wohnung gerne (--)viel geld glaub ich nicht wei:l (–) gerAde auch in dem job-manchmal
hats auch mit glück zu tun aber-um (.) um (-) richtig kohle scheffeln zu können-muss man halt auch WIRKlich ein
workaholic sein-und das BIN ich nich (.) also auch wenn es jetzt so klingt als würde ich viel machen-sind halt
ganz viele dinge wo ich eben NICHTS verdiene sind ganz viele ding:e-die ä:hm (-) die so halt nebenbei laufen
und-so bin ich nicht; weil mir halt luxus auch nich wichtig ist […]“ (Transkript 1, Ausschnitt 30).
Auch auf die Frage wo er in 10 Jahren glaubt zu stehen, kann er sich nicht vorstellen, viel Geld zu
verdienen und wieder betont er, dass er nicht bereit sei seine privaten Interessen für Berufsleben und
Geld aufzugeben. Mögliche Gründe für unentgeltliche Tätigkeiten sind seine starke Bindung an sein
soziales Umfeld und seine Freizeitinteressen (Musik und Theater) oder auch einfach der Spaß an der
Arbeit, die ihn dazu veranlassen ehrenamtlich tätig zu werden. Offensichtlich definiert er als
„workaholic“ nicht nur jemanden der viel arbeitet, sondern auch als jemanden, der dabei viel Geld
verdienen möchte. Dies unterstützt die Annahme, dass ihm die Arbeit im Veranstaltungsbereich
Vergnügen bereitet. Luxus in Form von Reichtum stuft er dabei als nicht erstrebenwert ein.
Ähnlich wie Jan beschreibt auch Clara ihre Beziehung und zukünftige Erwartung an ihrer
finanzielle Lage. Ihr geht es vor allem darum ihren Lebensstandard halten zu können. In Beziehung
zum Geld setzt sie einerseits ihre Freizeit aber indirekt auch die Freude an der Arbeit.
„[…] das ich so viel geld verdiene dass ich meinen eigenen lebensstandard halten kann- so mir auch und nicht
immer nur an der untersten grenze (.) nage da is mir dann und dass es n job ist der mir auch spaß macht und ich
nicht jeden morgen mit dem gefühl aufstehe- boah ich MUSS arbeiten […]“ (Transkript 2, Ausschnitt 48)
„lieber verdien ich weniger und hab halt NICHT das luxusauto- kann aber mal (-) n wochenende mit meiner
familie verbringen (--) als anders.“ (Transkript 2, Ausschnitt 36).
Auch Clara ist Freizeit, die sie beispielsweise mit ihrer zukünftigen Familie verbringen möchte,
wichtiger als Luxus in Form von Reichtum. Ähnlich wie Jan denkt sie, dass diese Form von Luxus
nur durch einen hohen beruflichen Einsatz (Jan: „workaholic“, Transkript 1, Ausschnitt 30) erreichbar
ist und dass dieser immense Zeitaufwand, der auch das Wochenende betrifft, in keinem Vergleich zum
Wert eines privaten Ausgleichs steht.
Im Kontrast zu Clara und Jan steht Gus mit seinen Aussagen zum Thema Geld. Aufgrund
aktueller Lebensereignisse (Scheidungskrieg der Eltern, Schulden aus dem Studium) scheint Gus eine
differierende Einstellung zum Thema Geld zu haben. Er betont vor allem, dass er mit Geld Sicherheit
vor unvorhergesehenen Vorkommnissen (Scheidung, Krankheit) verbindet. Durch ein finanzielles
8
Polster sollen Ereignisse dieser Art abgefedert werden. Dies wird im folgenden Abschnitt
verdeutlicht:
„wenn IRGENDwas glaub ich in-aus diesem idealzustand irgendne konstante sich verändert ja? obs ne krankheit
ist oder obs äh-ja oder ne scheidung zum beispiel ja? dann hat man überhaupt keine chancen man ist finanziell
immer- (-) unter dem was man (.) eigentlich für ein normales leben braucht. (ca. 1 Sek.) deswegen muss man sich
glaub ich beruflich auch in finanzieller so absichern dass ähm ja das man (--) sich selbst (.) also privat-vorsorgt
privat sicher ist (-)“ (Transkript 3, Ausschnitt 33).
Geld ist für Gus dementsprechend eine Absicherung. Er bringt das Thema Geld jedoch auch mit
seinem Privatleben in Verbindung, indem er es einerseits in Beziehung zur Gründung einer Familie
setzt, indem er meint, dass man erst es erst beruflich und finanziell geschafft haben muss bevor man
eine Familie gründet (Transkript 3, Ausschnitt 10). Andererseits verweist er darauf, dass er unter
anderem so wenig Ausgleich zum Beruflichen hat, weil ihm nicht genügend Geld zu Verfügung steht
(Transkript 3, Ausschnitt 52). Für die Zukunft wünscht er sich zumindest so viel Geld, dass er einmal
im Jahr in den Urlaub fahren kann (vgl. Transkript 3, Ausschnitt 17). Das hört sich nach einer sehr
bescheidenen Vorstellung an, hierbei geht es jedoch vermutlich nicht nur um das Geld, das dafür
gegebenenfalls aufgewendet werden muss, sondern auch um die Zeit. Wie wir später noch sehen
werden, hat in Gus' Leben der Beruf erste Priorität.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Geld hier für ganz verschiedene Elemente
und in unterschiedlichen Kontexten stehen kann. Geld ist natürlicherweise mit dem Beruf verbunden,
aber auch mit Selbstständigkeit, Sicherheit, Privatleben (Urlaub, Familienplanung), Spaß oder als
Voraussetzung für den privaten Ausgleich zum Berufsalltag. Interessant ist ebenfalls wie in diesen
Zusammenhängen mit dem Begriff Luxus umgegangen wird. Luxus in Form von Reichtum ist für die
Teilnehmer kein zentrales Thema, da Reichtum nur durch einen Arbeitsalltag erreicht werden kann,
der keine Zeit mehr für Privates lässt. Das Privatleben wird zumindest von zwei der
Interviewteilnehmer über den Beruf und das Geldverdienen gestellt. Bei Gus gestaltet sich dies etwas
anders. Geld ist für ihn vor allem ein Mittel der Absicherung gegen unerwartete Lebenssituationen.
Auch Jan bringt Geld weitestgehend mit Sicherheit in Verbindung, denn Geld ist für ihn scheinbar die
Grundlage für Zufriedenheit. Zufriedenheit sind für Jan in diesem Kontext wiederum, dass er seine
Kosten decken kann und dass er mittelfristig und langfristig seine Wohnsituation verbessert. Gus
spricht desweiteren vom Zusammenhang von Geld und Freizeit. Durch eingeschränkte finanzielle
Mittel, kann er sich, seiner Meinung nach, nur bedingt einen Ausgleich zum Beruflichen schaffen.
Das Geld in unmittelbarer Verbindung zu privaten Ausgleichsmöglichkeiten steht, betont keiner der
beiden anderen. Für die Interviewteilnehmer scheint Luxus in Form von Immobilien (vgl.
Transkript1, Ausschnitt 32) oder Autos (Transkript 2, 36) keine Rolle zu spielen. Für Gus wäre Luxus
9
gar die Wahl zu haben, dem Privaten einen höheren Stellenwert einzuräumen (vgl. Transkript 3,
Ausschnitt: 12).
Kode: Privatleben
Beim Thema Privatleben geht es vor allem darum, wie die Interviewteilnehmer es beschreiben und
welchen gegenwärtigen und zukünftigen Stellenwert sie ihrem Privatleben zuschreiben. Mit
Privatleben ist einerseits das Freizeitverhalten gemeint, es schließt jedoch andererseits auch die
zukünftige Familienplanung mit ein; bezieht sich demnach also auf den gesamten Lebensbereich
neben dem Berufsleben. Einige Punkte sind bereits im vorangegangenen Absatz ersichtlich geworden.
Beispielsweise wurde bereits deutlich, dass das Privatleben einen höheren Stellenwert hat, als
exzessives Arbeiten mit dem Ziel möglichst viel finanzielles Kapital zu erwirtschaften. Es gab
innerhalb dieses Kodes viele interessante Aussagen, ich habe mich jedoch bewusst auf die
Kernelemente beschränkt, die übergreifend relevant erscheinen. Elementare Fragen, die sich nun
noch stellen sind die folgenden. Wie wird Privatleben definiert? Wie gestaltet sich das Privatleben
gegenwärtig? Wie soll es zukünftig sein? Wie wichtig ist das Privatleben für die Interviewten?
Jans Einstellung zu seinem Privatleben ist bereits im Absatz Kode: Geld recht deutlich
geworden und soll nachfolgend vertieft werden. Interessant ist hier beispielsweise die Frage, wie er
Privatleben definiert und was er dazu zählt. Dies wird am folgenden Ausschnitt deutlich.
„ich bin halt flexibel; weil das ist gleitzeit und so; und deswegen ist es gut ich bin froh in der ausbildung was
entspannteres gewählt zu haben weil so kann ich priVAT, mehr (.) mehr sachen noch machen.“ (Transkript 1,
Ausschnitt 8).
Jan geht hier darauf ein, dass er im Ausbildungsbetrieb geregelte und flexible Arbeitszeiten hat. Dies
lässt ihm mehr Zeit für seine privaten Projekte. Mit privat meint er jedoch nicht nur seine Freizeit,
sondern unter anderem auch eine Nebentätigkeit, die er parallel zur Ausbildung, meist in den
Abendstunden, ausübt. Er meint diesbezüglich, dass diese Nebentätigkeit sowohl privat als auch
beruflich ist, denn es macht ihm Spaß, aber er möchte auch zukunftsorientiert Referenzen und
Erfahrungen für seinen Lebenslauf sammeln. Auf diesen verwobenen Sachverhalt wird in Kode:
Berufsleben näher eingegangen. In einem weiteren Punkt betont er den Stellenwert des Privatlebens
im Zusammenhang mit seinen Freizeitinteressen beziehungsweise mit seiner starken Verwurzelung in
seinem sozialen Umfeld. Jan sieht seine Freizeitaktivitäten als Ausgleich zum Beruflichen und
betont, dass es ihm „einfach immer wichtig“ (Transkript 1, Ausschnitt 21) ist diese Möglichkeit der
Kompensation zu haben. Wie sehr er in seinem sozialen Umfeld verwurzelt ist, manifestiert sich vor
allem in der Aussage, dass er alles versuchen würde, um in Berlin zu bleiben (vgl. Transkript 1,
Ausschnitt 21). Auf die Frage, wo sich Jan in 10 Jahren sieht, antwortet er, dass er dann schon gern
10
einen Familie mit Kindern haben möchte, zu dem die größere Wohnung und auch genügend Zeit
neben dem Beruf, um das Leben in Familie genießen zu können.
„ […] (.) auf JEDEN fall mit familie eigentlich schon in 10 jahren ich und ich WILL auch kinder haben und ich
WILL auch den job; danach ausrichten, also mir is:t (.) immer das private wichtiger als die karriere.“ (Transkript
1, Ausschnitt 32).
Hier wird besonders deutlich, dass er sowohl seine Freizeitgestaltung als auch sein Familienleben
hierarchisch über den Beruf beziehungsweise seine Karriere stellt. Dies ist die Quintessenz, die
deutlich aus den Aufzeichnungen hervorgeht. Auf die Frage nach dem Stellenwert des Privatlebens
kann man für Jan ziemlich klar feststellen, dass sein Privatleben einen hohen Stellenwert einnimmt.
Mögliche Einschnitte in Bezug auf Karriere und Verdienst nimmt er in Kauf für einen privaten
Ausgleich. Den Wert des Privaten betont er auch auf die Frage hin, was das Schlechteste ist, dass ihm
in der Zukunft wiederfahren könnte. Da Jan ein „beziehungsmensch“ (Transkript 1, Ausschnitt 19)
ist, wäre ein schlechtes Szenario, dass er es aus persönlichen, aber auch beruflichen Gründen nicht
schafft eine feste Beziehung zu führen (vgl. Transkript 1, Ausschnitt 36).
Ähnlich gestaltet sich auch Claras grundsätzliche Einstellung zu ihrem Privatleben. Sie hat
zwar im Gegensatz zu Jan nicht sehr ausführlich über ihre Freizeitgestaltung gesprochen, dennoch
geht aus dem Gesagten hervor, dass sie ihrem Privatleben einen hohen Stellenwert einräumt. Dies
akzentuiert auch die folgende Aussage Claras:
„u:nd (---)aber insofern wenn der job einfach ZU: sehr- (-) einen auslastet 24 stunden lang dann find ich (-) kann
man auch nicht glücklich werden.(---) […] “ (Transkript 2, Ausschnitt 36).
Diese Äußerung steht in einem thematischen Zusammenhang mit ihren Vorstellungen zum
zukünftigen Verdienst. Wie bereits im Absatz Kode: Geld ausgeführt, stellt sie die Ansprüche an ihr
späteres Gehalt zurück und betont, dass es ihr wichtiger wäre das Wochenende mit ihrer zukünftigen
Familie zu verbringen statt ein teures Auto zu besitzen. Hier kommt zum ersten und einzigen Mal im
gesamten Korpus der Begriff Glück im Sinne des persönlichen, privaten Glücks vor. Das ist
erstaunlich, denn beim Thema Zukunft wäre ich davon ausgegangen, dass dies häufig fallender
Begriff wird. Persönliches Glück ist für Carla, ihrer Aussage nach, scheinbar auch, dass neben dem
Beruf noch genügend Zeit für das Privatleben bleibt. Als gegenwärtigen, privaten Ausgleich zu ihrem
Beruf nennt Clara ihre Familie, die allerdings in München wohnt. Das ist im Korpus einzigartig und
wäre vom Stellenwert her möglicherweise vergleichbar mit Jans Verbundenheit zu seiner
Freizeitgestaltung, die ja auch seine Freunde miteinschließt. Ob sie mit dem Begriff Familie eventuell
auch andere Vertrauenspersonen wie Freunde miteinbezieht ist unklar und geht aus den
Aufzeichnungen nicht hervor.
11
Ein Extrempol zu beiden bildet wiederum Gus. Er stellt den Zusammenhang von Berufsleben
und Privatleben besonders anschaulich dar. So muss, seiner Meinung nach, erst seine beruflichen
Ziele erreicht haben, bevor er Privates angeht.
„ähm ich glaub den luxus hab ich zur zeit gar nicht mich zu entscheiden ob ich jetzt privates ((lacht)) oder
berufliches in den vordergrund stell- beruflich ist natürlich im vordergrund u:nd natürlich deutet das irgendwann
mal- darauf hin dass man berufliches zurück schraubt- aber ich glaub (-) erst möchte man sich selber auch (.) sich
bestätigt im beruf fühlen-um nachher zu sagen (---) irgendwie ich habs (-) beruflich geschafft und kann jetzt so die
privaten sachen angehen.“ (Transkript 3, 12).
Interessant ist hier die Definition von „privaten Sachen“. Die Beziehung die er zwischen
Familienplanung und Geld im Absatz Kode: Geld könnte möglicherweise daraufhin deuten, dass er
mit „privaten Sachen“ große Projekte, wie das Planen einer Familie meint. An einen Ausgleich zu
seinem Berufsleben denkt er zunächst gar nicht und geht erst auf vorsichtiges Nachfragen auf seine
Freizeitgestaltung ein. Doch auch hier sieht es ganz anders aus, als bei den anderen Interviewten. Auf
die Frage, ob er Freizeitinteressen habe, antwortet er, dass er seine Freizeitinteressen (u.a. Saxophon
spielen, Mode, Design) gerade zurück gestellt hat, da er neben der Ausbildung selbstständige Projekte
voran treibt. Er betont, dass er seinen Hobbies schon gern nachgehen würde, dass er jedoch keine Zeit
dafür hat und dass ihm vermutlich auch sein zukünftiges Berufsleben wenig Zeit dafür lassen wird.
Auffällig ist hier, dass er, ähnlich wie Jan, die berufliche Selbstständigkeit (in Richtung Grafik/
Design) neben der Ausbilung als Freizeitinteresse ansieht. Hier wird wiederum die Verwobenheit von
Privatleben und Berufsleben deutlich, auf die im folgenden Abschnitt näher eingegangen wird.
Andere Interessen und Freizeitaktivitäten scheint er hinter den Beruf zurück zu stellen. Auch in der
zehnjährigen Perspektive kann Gus sich nicht vorstellen bereits „gefestigt“ im Sinne einer eigenen
Familie, Ehe, Haus etc. zu sein (vgl. Transkript 3, Ausschnitt 17). Während Jan von seinem sozialen
Umfeld, dem Theaterspielen und seiner Band berichtet und Clara sagt, dass sie als Ausgleich zu ihrer
Familie fährt, meint Gus lediglich, dass er versucht nebenbei selbstständige Projekte zu
verwirklichen. Diese Einstellung zu Beruf und Privatem wird im folgenden Abschnitt näher
beleuchtet.
Zusammenfassend kann man zum Thema Privatleben die folgenden Punkte festhalten. Jan
und Clara gestalten ihre Freizeit zwar unterschiedlich intensiv, für beide stellt das Privatleben jedoch
gegenwärtig einen Augleich zum Beruf dar. Auch in Zukunft scheint es für sie ein wichtiges
Berufskriterium zu sein, dass die Arbeitszeiten moderat sind und genügend Zeit für Interessen und
Familie bleibt. Für beide ist das Privatleben als Rückzugsort vom Berufsalltag signifikant. Jan und
Gus ähneln sich in einer ihrer Definitionen von Privatleben. Für beide spielen auch berufliche
Aktivitäten, wie Jans Nebentätigkeit und Gus' Selbstständigkeit in das Privatleben mit hinein. Aus
12
dem Kontext geht hervor, dass es für beide auch mit dem Erwerb von Referenzen und Erfahrungen zu
tun hat. Was Gus in von den anderen deutlich unterscheidet, ist dass er sich scheinbar keine Zeit für
einen Ausgleich zum Beruf nimmt. Zum einen, weil vor dem Privaten der Berufsweg steht (vgl.
Transkript 3, Ausschnitt 10) und zum anderen, weil ein Ausgleich wie das Feierngehen mit dem
Ausgeben von Geld verbunden ist und er betont, dass er derzeit über sehr eingeschränkte finanzielle
Mittel verfügt (vgl. Transkript 3, Ausschnitt 52). In Zukunft, wenn er es beruflich „geschafft“ hat,
scheint er dem Privatleben ein wenig mehr Bedeutung zuzumessen, alles in allem scheint er jedoch
eher ein „workaholic“ zu sein.
Kode: Berufsleben
Das Thema Berufsleben steht in direkter Korrelation mit dem Privatleben, aber auch mit dem Thema
Geld, wie wir bereits im ersten Absatz feststellen konnten. Das Berufsleben ist in Gegenwart und
auch in Zukunft elementar für die Auszubildenden. Es geht hier vor allem darum, wie sich das
Berufsleben in Zukunft gestalten soll (Karriere), was die Anforderungen daran sind und auch wie sich
die allgemeine Einstellung zum Beruf darstellt. Ein zentraler Punkt ist außerdem die Diskussion:
Selbstständigkeit versus Angestelltsein. Von den Interviewten wird eine direkte Verbindung zwischen
dem Privaten und dem Beruflichen hergestellt, was man teilweise bereits in vorangegangenen
Abschnitt erkennen konnte. Dieses Bild wird im Folgenden komplettiert. Wie sehen die Interviewten
nun also den Beruf und welchen Stellenwert hat das Berufliche in ihren Leben?
Obwohl Jan den Stellenwert seines Privatlebens mehrfach betont, merkt dennoch, dass das
Berufsleben einen starken Einfluss auf ihn hat. Zur Zeit übt er neben dem Ausbildungsplatz eine
Nebentätigkeit aus, bei der es ihm scheinbar vor allem um das Sammeln von Referenzen und
Erfahrungen geht. Er bezeichnet dies als private Tätigkeit obwohl sie auch einen Karrierebezug
aufweist. Die derzeitigen Einschnitte in seine private Zeit nimmt er dafür hin und betont, dass es ihm
der Job auch Spaß macht. Diese Einschnitte des Beruflichen werden prägnant im folgenden
Ausschnitt beschrieben.
„[...] aber ich dachte faST ich wäre schon weiter weil ich bin auf jeden fall n beziehungsmensch, (- -) aber ist
natürlich auch klar wenn man du voll in dem job bist; auch je nach bereich und wenn es eben KEIN bürojob
(.) ist ist es auch beziehungstechnisch schwierig.“ (Transkript 1, Ausschnitt 19).
Jan bezieht sich hier auf eine kürzlich gescheiterte Beziehung. Ein Grund für das Beziehungsaus war
scheinbar, dass neben Jans beruflichen Ambitionen zu wenig Zeit blieb. Hier zeigt sich, dass es zur
Zeit trotz seiner Priorität für das Private schwer ist neben dem Beruf genügend Raum dafür zu
schaffen. Auch er scheint sein Privatleben ähnlich wie Gus in die Zukunft zu verlegen. Dieser
berufliche Ehrgeiz korreliert mit möglicherweise mit seinem Wunsch einen offiziellen Abschluss zu
13
erlangen, was er mit folgenden Worten deutlich machte: „ich bin froh wenn ich mal endlich mal
irgendwann n abschluss bekomme“ (Transkript 1, Ausschnitt 2). Das „endlich mal“ ist
wahrscheinlich einerseits auf sein Alter bezogen, andererseits womöglich auch auf sein
abgebrochenes Studium. Obwohl er scheinbar viel Zeit in seinen beruflichen Lebensweg investiert
und auch private Einschnitte dafür hin nimmt, bezeichnet er sich selbst nicht als „workaholic“ (vgl.
Transkript 1, Ausschnitt 30). Doch nicht nur der Abschluss, die Erfahrungen und Referenzen sind
entscheidend für den beruflichen Erfolg; auch das Glück beim Finden der optimalen Arbeitstelle
kann Jan zufolge eine Rolle spielen. Dies wurde bereits im Abschnitt Kode: Geld (Transkript 1,
Ausschnitt 30) ersichtlich. Interessant ist weiterhin, dass Jan sich in 3 Jahren noch nicht an einem
Endpunkt sieht, sondern beruflich immer noch auf dem Weg zum Ziel ist. Das Ziel ist ein Beruf,
den er dann länger und gern ausübt (vgl. Transkript 1, Ausschnitt 21). Für die Zukunft wünscht sich
Jan, eine feste Anstellung, auch wenn das im Veranstaltungsbereich schwierig ist. Dies verbindet er
mit einer gewissen Sicherheit, aber auch mit dem Komfort weniger organisatorischen Aufwand zu
haben10. In der langfristigen Perpektive möchte er eine höhere Position mit mehr Verantwortung
besetzen (vgl. Transkript 1, Ausschnitt 30). Im gleichen Zug kommt er auch auf die Idee einer
Selbstständigkeit und kontrastiert diese mit der Anstellung in dem er sagt:
„klar, angestellt (meint hier: selbstständig, Anm. der Autorin) hat man immer mehr freiheit, aber ist auch me:hr
(--) mehr risiko, und ich bin tatsächlich in manchen bereichen nicht so der risikomensch […] ich ich könnt es mir
auch vorstellen aber ich mÖchte (.) lieber tatsächlich angestellt sein. eben dann DOch nicht die komplette
verantwortung tragen.“ (Transkript 1, Ausschnitt 27).
Während also das Angestelltsein Komfort und Sicherheit bedeuten, ist die Selbstständigkeit zwar mit
mehr Freiheit, aber vor allem mit Risiko, Aufwand und einer Verantwortung verbunden, die Jan nicht
allein tragen möchte. Im weiteren Verlauf des Gesprächs kommt er noch einmal auf sie
Selbstständigkeit als Option zurück. Langfristig (in 10 Jahren) könnte er es sich dann doch vorstellen,
jedoch nur in Partnerschaft mit seinen Freunden aus der kreativen Szene. Die Entscheidung ist, wie er
sagt vor allem eine Abwägung zwischen Risiko und Sicherheit (vgl. Transkript 1, Ausschnitt 30).
Als schlechteste Entwicklung in der Zukunft spricht Jan vor allem von der Angst davor, die berufliche
Motivation zu verlieren. Dies kann erfahrungsgemäß dadurch passieren, dass es ihm privat schlecht
geht, was sich dann auch auf seine berufliche Leistungsfähigkeit ausübt (vgl. Transkript 1, Ausschnitt
36). Dies ist eine ganz neue Korrelation zwischen dem Beruflichen und dem Privaten. Scheinbar
besteht für Jan ein wechselseitiger Einfluss. Das Berufliche beschränkt das Private, aber das Private
wirkt auch auf das Berufliche ein. Das Privatleben wird also nicht nur als positiver Ausgleich
gesehen, sondern kann sich für Jan ebenfalls negativ auf die Karriere auswirken.
10Beispielsweise in Form von Sozialversicherungen u.s.w..
14
Für Gus stellt sich, anders als für Jan, die Frage nach der Entscheidung zwischen
Selbstständigkeit und Angestelltsein nicht. Die einzige Option für ihn ist die Selbstständigkeit, auf die
er mit viel Ehrgeiz hinarbeitet. Diese Priorität ersieht man unter anderem daran, dass er dieses Ziel als
erste Antwort auf seine Zukunftsperspektive benennt. Er begründet diese Einstellung unter anderem
mit der Familientradition (vgl. Transkript 2, Ausschnitt 8). Aus dieser Familientradition hat er die
folgende Auffassung zur Selbstständigkeit mitgenommen:
„[…] (ich, Anm. der Autorin) weiß halt (--) äh das wenn man HArt arbeitet aber auch wirklich dann-durchzieht
ähm das man auch finanziell sehr viel davon hat (---) ähm (---)ja und auch (.) ich sag mal viel mehr erlebt (.)“
(Transkript 3, Ausschnitt 8).
Ein weiterer essentieller Punkt ist der Anspruch einer Verbesserung auf der Ebene der
Unternehmensführung. Dies bezieht er vor allem auf den Umgang mit Mitarbeitern. Er glaubt an das
Potential von Menschen, wenn sie nur richtig motiviert und gewertschätzt werden (vgl. Transkript 3,
Ausschnitt 37). Er spricht hier unter anderem auch die Bedeutsamkeit der Work- Life- Balance an.
Möglicherweise spielen hier ganz persönliche Erfahrungen aus seinem bisherigen Berufsleben hinein.
An einer Stelle des Interviews erläutert er, dass er der Meinung ist, dass wichtige traditionelle Werte
(Ehrlichkeit, Anstand, Treue) in der Arbeitwelt zusehends verfallen. Er hat jedoch den Anspruch diese
Werte so gut wie möglich in seiner Arbeit umzusetzen (vgl. Transkript 3, Ausschnitt 19). Auch dies
gehört möglicherweise zu seiner Motivation in Bezug auf seine Karrierepläne. Was darüber hinaus
deutlich wird ist, dass Gus präzise Vorstellungen davon hat was er in seiner eigenen Firma verbessern
würde. Nicht umsonst bezeichnet er die Selbstständigkeit als seinen Traum (vgl. Transkript 3,
Ausschnitt 37). Eine gewisse Risikobereitschaft gehört für ihn dazu, da sie für den Erfolg
unerlässlich ist (vgl. Transkript 3, Ausschnitt 33). Anders als Jan wäre er bereit dieses Risiko allein
einzugehen. Ähnlich wie Jan, wenn er von einem gewissen Glück beim Finden des richtigen
Arbeitsplatzes spricht, glaubt auch Gus, dass nicht alles in seinen Händen liegt. Er meint, dass es
einerseits auf Kontakte in der Branche ankommt, dass er andererseits jedoch auch darauf wartet, dass
sein Potential „entdeckt“ wird (vgl. Transkript 3, Ausschnitt 25). Mithilfe dieser Entdeckung durch
einen möglichen Investor könnte er seine Ziele eventuell schneller erreichen. Weiterhin scheint es als
wäre der Beruf für Gus vor allem Bestätigung, aber scheinbar auch seine Leidenschaft (vgl.
Transkript 3, Ausschnitt 12 und 43). Im Ausschnitt 43 spricht er unter anderem davon, dass es ihm
wichtig ist, dass seine Partnerin die Emotion für den Beruf teilt. Seine berufliche Laufbahn hat
gegenüber seinem Privatleben und seiner Freizeit erste Priorität und ist scheinbar sein wesentlicher
Lebensinhalt. Dieser Stellenwert des Beruflichen hat sich bereits im Abschnitt Kode: Privatleben
deutlich heraus kristallisiert. Nochmals deutlich werden seine beruflichen Prioritäten bei der Antwort
auf die Frage, was das Schlimmste wäre, das ihm in der Zukunft passieren könnte. Darauf antwortet
15
er, dass es seiner Meinung nach das Schlimmste ist, wenn man sich irgendwann zufrieden gibt und
betont in diesem Zuge die Relevanz des lebenslangen Lernens. Er ist mit dieser Einstellung jedoch
nicht auf Reichtum aus, sondern sieht es als Anpassung an die sich verändernde Gesellschaft. Nur mit
lebenslangem Fortschritt, Flexibilität und Weitsicht schafft man es heute sich finanziell abzusichern
(vgl. Transkript 3, Ausschnitt 33). Diese Aussage ist direkt mit der von ihm betonten Korrelation
zwischen Geld und Sicherheit verknüpft.
Für Clara ist es im Bezug auf ihr Berufsleben wichtig, dass ihr späterer Beruf ihr Spaß macht.
Wie schon im Abschnitt Kode: Geld hervor gehoben, nimmt sie finanzielle Einschnitte dafür in Kauf.
Ähnlich wie Jan möchte auch sie in Zukunft nicht die ganze Verantwortung tragen.
„m:h (ca.5 Sek.)ja: ich muss jetzt nicht in die chefetage […] (---)wenns wenns verantwortung zu übernehmen gibt
mach ich das gerne a:ber ich bin froh wenns noch jemanden gibt auf den ich mich verlassen kann-der mir
sozusagen den rücken stärkt ich muss nicht unbedingt überall immer ganz an die spitze- (-)(---) ä:hm (ca. 1
Sek.)ich finds schön FÜR andere leute zu arbeiten und mich selber auch nicht immer- (--)UM alles kümmern zu
müssen wirklich bis ins letzte detail“ (Transkript 2, Ausschnitt 34).
Scheinbar hat Clara nicht die Ambition sich ganz an die Spitze eines Unternehmens zu stellen,
sondern strebt eine mittlere Position an. Interessant ist, dass sie ihre berufliche Karriere zugunsten der
Familienplanung teilweise zurück stellen würde. Sie meint, wenn ihr Mann genug verdienen würde,
könne sie sich auch um die Kinder kümmern. Kurz darauf lenkt sie jedoch ein und meint, dass sie es
sich vorstellen könnte nebenbei projektbezogen als Freiberufler tätig zu sein. Ansonsten ist ihr
weiterer Anspruch an ihr Berufsleben schon in den voran gegangenen Abschnitten recht deutlich
geworden. Sie möchte, dass der Beruf ihr genügend Freiraum für das Privatleben lässt, dass sie
aureichend verdient und dass ihr die Arbeit Freude macht.
Zusammenfassend kann man für diesen Abschnitt Folgendes festhalten. Der Stellenwert des
Beruflichen ist für alle Interviewten etwas unterschiedlich. Jan ist sein Berufsleben und auch seine
weitere Karriere wichtig. Er wägt dies jedoch stets mit seinem Privatleben ab. Dies unterscheidet ihn
von Gus, der dem Beruflichen die absolute Priorität einräumt und das Privatleben in eine ferne
Zukunft verschiebt. Bei beiden schiebt sich das Berufliche jedoch in das Private. Bei Jan ist die
Nebentätigkeit, bei Gus sind es die kleinen selbstständigen Projekte. In der eigentlich privaten Zeit
arbeiten beide daran, ihren Lebenslauf zu „optimieren“. Die Zukunftsvorstellungen differieren jedoch
stark. Während Jan sich eher in einem Angestelltenverhältnis sieht und die Selbstständigkeit zwar als
Freiheit jedoch vorwiegend als Risikofaktor bezeichnet, ist die Selbstständigkeit für Gus ein
Lebenstraum. Clara könnte sich sowohl das klassische Angestelltsein vorstellen als auch eine
freiberufliche Karriere. Ihren Beruf würde sie für die Familie zurück stellen. Jan und Clara verfolgen
keine exzessiven Karrierepläne. Sie möchten eine Teilverantwortung übernehmen, empfinden es
16
jedoch als Komfort wenn jemand anders die Hauptverantwortung trägt. Bei Gus geht es vermutlich
ebenfalls weniger um die klassische Karriere im Sinne von Macht und Geld, sondern darum seine
persönlichen Visionen zu verwirklichen. Auch sein Familienhintergrund spielt hier eine entscheidene
Rolle. Für alle drei ist die Berufsausbildung nicht der Schlusspunkt. Sie möchten sich danach durch
berufsbegleitende Maßnahmen weiter qualifzieren.
Kode: Planbarkeit der Zukunft
In diesem Punkt geht es vor allem darum, als wie planbar Zukunft heute wahrgenommen wird und
welche persönlichen oder gesellschaftlichen Faktoren dies unter Umständen beeinflussen. Jan
bezeichnet sich grundsätzlich als optimistisch eingestellt, räumt jedoch gleichzeitig ein, dass bereits
heutzutage Umstände gibt, die eine Planung verhindern. Seine Lösungsstrategie ist die Arbeit an sich
selbst und ein ausgewogenenes Verhältnis zwischen dem Berufs- und dem Privatleben. Außerdem
spricht er noch einmal auf sein abgebrochenes Studium an und meint, dass er nun an einem Punkt
angelangt ist, an dem er den eingeschlagenen Weg erfolgreich zu Ende bringen will (vgl. Transkript 1,
Ausschnitt 34). Clara unterscheidet zwei Herangehensweisen. Die Erste ist, sich ein festes Ziel zu
setzen und auf dessen Erreichen hinzuarbeiten. Die zweite ist flexibel zu bleiben und für alle
Eventualitäten offen zu bleiben. Sie ist der Meinung, dass man in einer Umwelt in der sich die
Gegebenheiten schnell ändern flexibel bleiben sollte. Außerdem appeliert sie an einen gesunden
Realismus bezüglich der Zielsetzung. Wenn man sich realtistische Ziele setzt, so Clara, kann man
jedes Ziel auch erreichen (vgl. Transkript 2, Ausschnitt 40- 42). Gus meint, dass es gerade für seine
Generation zunehmend schwieriger wird die Zukunft zu planen, weil „alles“ unsicherer wird. Diese
recht pessimistische Einstellung führt er auch auf sein Studium zurück. Bevor er dieses abbrechen
musste, sei er optimistischer gewesen, was die Zukunft und die Werte der Gesellschaft angeht. Er
kritisiert besonders, dass die Menschen immer unehrlicher werden (vgl. Transkript 3, Ausschnitt 31).
Interessant an den Aussagen zur Planbarkeit von Zukunft ist, dass die gesellschaftliche
Umgebung tendenziell als immer unsicherer wahrgenommen wird. Dieser Aspekt wird im folgenden
Kapiteln mit anderen aussagekräftigen Aspekten der Themenanalyse aufgegriffen und weiter
entwickelt.
3.3 Beleuchtung und Abstraktion ausgewählter Aspekte
Im folgenden Schritt werden die relevantesten Aspekte erneut kurz zusammengefasst und in einem
folgenden Schritt abstrahiert. Ich habe mich hier bewusst entschieden nicht alle Aspekte vorzustellen.
Es geht vielmehr darum thematisch relevante Teile weiter zu vertiefen und einen Versuch der
Verallgemeinerung zu unternehmen.
Das Thema Geld steht in einem interferenten, direkten und indirekten Spannungsverhältnis zu
17
Privatleben und Berufsleben. Das Geldverdienen wird vornehmlich mit Sicherheit verbunden. Es
geht hier einerseits um das Absichern des Lebensstandards und andererseits um einen Vorsorgeaspekt
bezüglich unvorhergesehener Lebensereignisse, wie Arbeitslosigkeit oder Krankheit. In diesen
Zusammenhängen wird Geld zwar als wichtig empfunden, es wird jedoch meist betont, dass
materieller Reichtum keine zentrale Rolle spielt. Zugunsten des privaten Ausgleichs wird exzessives
Geldverdienen zurück gestellt. Möglicherweise erlaubt uns diese Auffassung bereits einen Einblick in
die Sicht der Auszubildenden auf die gegenwärtige Arbeitswelt. So kann man nach Auffassung der
Berufsschüler grundsätzlich davon ausgehen, dass materieller Reichtum nur erreichbar ist, wenn
Privates dafür zeitlich aufgeschoben wird. Dies geht sowohl aus den Aussagen hervor, die das Private
priorisieren, während materieller Luxus als unwichtig empfunden wird, als auch aus den Aussagen,
dass der berufliche Erfolg vor dem Realisieren privater Wünsche steht. Aus diesen Aussagen spricht,
zumindest auf materiellen Reichtum bezogen, eine gewisse Bescheidenheit. Die Befragten möchten
ihr Privatleben vornehmlich nicht dem Berufsleben unterordnen. Die Realität sieht bei den meisten
jedoch gegenwärtig anders aus. Teilweise findet sogar eine Verschiebung des Beruflichen in das
Private statt. So ist ein Teil der Auszubildenen ambitioniert die berufliche Karriere in der Freizeit
voranzutreiben. Durch das Sammeln von Erfahrungen und Referenzen, so die Hoffnung der
Auszubildenden, kann der Lebenslauf otpimiert und die Zukunftschancen verbessert werden. Einen
ausreichenden Ausgleich zwischen Berufsleben und Privatleben, der Zeit für die Familie und für
Freizeitaktivitäten einschließt, wird somit als Wunsch in die Zukunft verschoben.
Zwei weitere zentrale Punkte in diesem Spannungsfeld zwischen Privatleben und Berufsleben
sind Eigenverantwortlichkeit und das Anpassen an den Werteverfall der Gesellschaft.
Eigenverantwortlichkeit ist ein elementarer Punkt, den alle Interviewten direkt oder indirekt
ansprechen. Die Quintessenz der Aussagen ist, dass am Ende grundsätzlich jeder für sich selbst
verantwortlich ist. Beispielsweise liegt es an der Person selbst den Berufsweg realistisch zu planen
oder sich aus einer eventuellen Arbeitslosigkeit zu befreien. Die starke Betonung des Beruflichen vor
dem Privaten, den Wunsch es schaffen zu wollen und sich dabei selbst zu bestätigen sind weitere
Komponenten, die dies betonen. Auch die eigene Motivation spielt hier eine wichtige Rolle. So wird
der individuelle Motivationsverlust als eine Zukunftsangst beschrieben, was den Stellenwert der
Eigenverantwortlichkeit zusätzlich stärkt. Wer beruflich erfolgreich sein möchte, muss
dementsprechend selbst handeln und darf nicht auf Hilfe durch andere Instanzen vertrauen. Kritik an
wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Strukturen wird nur vereinzelt geäußert. Wenn man es als
Individuum in der Gegenwart beruflich demnach nicht schafft erfolgreich zu sein, liegt das daran,
dass man sich nicht genug angestrengt hat. Dies deutet eventuell auch auf Einflüsse einer stark
individualisierten, postmodernen Gesellschaft hin, in der dem Individuum vermehrt Flexibilität,
18
Mobilität und Eigenverantwortlichkeit abverlangt wird. Auch der Verweis auf das lebenslange Lernen
und der persönliche Anspruch sich stets weiter zu entwickeln deuten darauf hin. Stillstand und sich
Zufriedengeben bedeutet in diesem Zusammenhang ein unkalkulierbares Risiko. Daraus wird
ersichtlich, dass es ein Ankommen scheinbar nicht mehr gibt. Vielmehr wird hier scheinbar der Weg
als das Ziel betrachtet. Der Weg wird darüber hinaus stetig länger. Bereits der Weg zur Ausbildung ist
bei allen über mehrere Stationen erfolgt. Alle haben zunächst ein Abitur gemacht, haben dann ein
Hochschulstudium, ein duales Studium oder berufsvorbereitende Kurse begonnen. Auch das Ende der
Ausbildung soll für alle noch nicht das Ende der beruflichen Qualifikation sein. Alle möchten sich
danach weiter qualifizieren und ihren Fachwirt oder ein berufsbegleitendes Studium absolvieren.
Ein weiterer Erfolgsfaktor ist darüber hinaus die Anpassung an eine Gesellschaft in der
traditionelle Werte zusehends verfallen. So wird postuliert, dass auf Werte wie Ehrlichkeit, Anstand
und Treue in der Arbeitswelt nicht mehr vertraut werden kann. Vielmehr ist hier vielleicht von einer
„Jeder ist sich selbst der Näheste“- Mentalität auszugehen. Auch diese Beobachtung korreliert mit
einer zunehmenden Individualisierung der Gesellschaft, in der die Gemeinschaft beziehungsweise
kollektive Werte offenbar eine abnehmende Rolle spielen. Möglicherweise ist der Rückzug ins
Private den Interviewten auch aus diesem Grund ein elementares Bedürfnis und wird daher so häufig
betont. Zuletzt wird von den jungen Erwachsenen Wert darauf gelegt, dass ihnen ihr zukünftiger
Beruf Spaß macht. Dies wird sowohl an Aussagen deulich, die dies direkt betonen als auch daran,
dass die Selbstständigkeit ein Lebenstraum ist. Es ist davon auszugehen, dass man eine gewisse
Leidenschaft und Spaß an der Sache mitbringen muss, um sich damit selbstständig machen zu wollen.
Trotz dieser hohen Ansprüche, die an die jungen Erwachsenen gestellt werden, schauen sie
optimistisch und zuversichtlich in ihre berufliche und private Zukunft. Was hier noch auffällt, ist dass
diese Vorstellung von der Zukunft häufig noch recht vage ist. Auf die Frage, was sie sich in drei
Jahren beruflich und privat vorstellen, waren die Antworten noch präziser als im nächst längeren
Intervall (10 Jahre). Über 10 Jahre hinaus hat scheinbar noch niemand nachgedacht. Aufgrund einer
sich schnell wandelnden sozialen Umgebung, planen junge Erwachsene heute nicht mehr in langen
Zeiträumen; die fernere Zukunft ist ungewiss und tendenziell nicht planbar. Auch hier spielen
womöglich Kennzeichen einer individualisierten Gesellschaft, wie Flexibilität und Mobilität, eine
Rolle.
5. Fazit
Aus den Ergebnissen der Auswertung kann man nun folgendes Bild der Auszubildenen skizzieren.
Die Interviewten sehen sich tendenziell selbst in der Verantwortung, wenn es um das Erreichen ihrer
beruflichen und privaten Ziele geht. Sie vertrauen auf sich selbst und gehen mehrheitlich nicht davon
19
aus, dass es Instanzen gibt, die ihnen die Zukunftsplanung abnehmen oder die sie im Falle des
Scheiterns auffangen. In der Berufswelt muss man sich vorwiegend anpassen. Teilweise sogar so
weit, dass man persönliche Wertvorstellungen hinten an stellt, um in der Arbeitswelt seinen Platz zu
finden. Außerdem drängt das Berufliche in das Private hinein. Die Bedeutung des Privaten als
abgeschlossener Raum des Ausgleichs und der persönlichen Verwirklichung nimmt vor diesem
Hintergrund eine elementare Stellung ein. Dieser persönliche Raum ist so wichtig, dass dafür
finanzielle Einbußen hingenommen werden; materielle Werte gelten als belanglos. Diese Work-Life-
Balance spielt für die Interviewten eine essentielle Rolle. Die Ergebnisse aus anderen Studien
(BMFSJF und Telefónica), die sich mit den Zukunftsvorstellungen junger Erwachsener beschäftgt
haben, bestätigen die Ergebnisse der hier vorgestellten Forschungsarbeit in Zügen. Wie bereits in der
Einleitung beschrieben, stehen junge Erwachsene der Zukunft dementsprechend weitestgehend
positiv gegenüber. Als übergeordnete Ziele werden ein geregeltes Einkommen und ein harmonisches
Familienleben angegeben. Die Bedeutung materieller Werte wird auch in diesen Studien als
schwindend beschrieben, während die Relevanz des persönlichen Glücks zunimmt. Standardisierte
Studien bieten nur einen sehr oberflächlichen Einblick. So stellen sich vor dem Hintergrund der
Forschungen beispielsweise folgende Fragen: Wie kann es sein, dass sich 48% der Befragten Sorgen
um ihre Lebensplanung machen, aber dennoch 82% zuversichtlich in die Zukunft blicken? Wie
definiert sich persönliches Glück? Was ist ein angemessenes Einkommen? Hier kann eine qualitative
Erhebung differenziertere Ergebnisse liefern, da einer Erzählung wesentlich mehr Nuancen
entnommen werden können. Während in einem Fragebogen vorgegebene Antworten angekreuzt
werden, wird der Teilnehmer eines qualitativen Interviews nicht in Antwortkategorien gezwängt,
sondern kann seine Vorstellungen gemäß eigener Relevanzstrukturen ausführlich darstellen. So kann
anhand der Ergebnisse, die den Leitfadeninterviews entstammen, ein exakteres Bild skizziert werden.
Zunächst ist fraglich was mit Lebensplanung gemeint wird. Hier kann sowohl das Private als auch
das Berufliche eine Rolle spielen. Somit kann dieser Bereich von den unterschiedlichsten Faktoren
beeinflusst werden. Es kann sich hier beispielsweise um private Sorgen, wie die Frage nach dem
richtigen Lebenspartner, aber auch um berufliche Sorgen, beispielsweise um die Berufswahl, den
richtigen Arbeitsplatz oder das Gehalt handeln. In den Leitfadeninterviews findet sich beides.
Beispielsweise die Sorge um die persönliche Motivation und um die Frage, ob man zukünftig eine
funktionierende Beziehung führen kann, aber auch die Sorgen um die spätere berufliche
Selbstverwirklichung. Weiterhin wird Glück von den Interviewten tatsächlich eher im privaten
Bereich verortet. Die Bedeutung von Familie, Freunden und Freizeitinteressen werden durchgehend
als wichtig dargestellt. Luxus in Form von Reichtum ist kein erstrebenswertes Ziel. In den Interviews
kann man nun jedoch die Tendenz erkennen, dass das Privatleben an Relevanz gewinnt, weil ein
Ausgleich zu einem einnehmenden Berufsleben immer wichtiger wird. Bei den Auszubildenden sind
20
es Überstunden einerseits und die Vorsorge für die Zukunft andererseits, die das Berufsleben immer
mehr in das Privatleben verschieben. Auch Aspekte wie Flexibilität, Eigenverantwortung und die
Sicht auf gesellschaftliche Zustände, die im Rahmen der qualitativen Erhebung heraus gearbeitet
wurden, können die herangezogenen Befragungen nicht darstellen. Als angemessenes oder
gewünschtes Einkommen wird tendenziell darauf verwiesen, dass es genug sein muss, um die Kosten
zu decken oder den Lebensstandard zu halten. Auch dies bleibt spekulativ, dennoch kann man in
Verbindung mit den Aussagen zu Luxus und Privatleben schlussfolgern, dass es sich hier nicht um
überdimensionierte Einkommensvorstellungen handeln kann. An diesem kurzen Abriss kann man
einige der Vorteile und Nachteile quantitativer und qualitativer Methoden erkennen. Während die
quantitative Erhebung aufgrund ihres bloßen Umfangs relativ valide Ergebnisse liefern kann, bleibt
sie alles in allem eher oberflächlich. Die Authentizität der Ergebnisse ist aufgrund fester
Antwortmöglichkeiten gering. Wo die standardisierte Erhebung beeindruckende Zahlen liefert,
generiert die nicht- standardisierte Forschung tiefe Einblicke in die individuellen Deutungsstrukturen
der Interviewten. Einige der Ergebnisse der quantitativen Studien konnten mithilfe der qualitativen
Erhebung differenzierter dargestellt werden. Dennoch muss bemerkt werden, dass auch eine
qualitative Studie im Umfang der hier vorgestellten, wenn überhaupt nur Tendenzen erahnen lassen
kann. Auch hier wäre eine Ausweitung der Forschung zielführend, um aussagekräftigere Ergebnisse
zu erlangen.
21
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Ergebnisse einer Repräsentativumfrage unter der bis 25- jährigen Bevölkerung in Deutschland. URL:
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