With Lennart Güntzel, ["The Expulsion of the Jews from France (1287-1306) and England (1290)".]...
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Die Vertreibungen der Juden aus Frankreich (1287-1306) und England (1290) Kulturbereiche zwischen Kontinuitaumlt und Umbruumlchen
Einleitung
Nahmen Juden und Christen des hohen und spaumlten Mittelalters Krisen unterschiedlich war Entwickelten
beide gesellschaftlichen Gruppen Erklaumlrungen und Narrative bezuumlglich bestimmter Ereignisse die in
wesentlichen Punkten voneinander abwichen Lassen sich im Rahmen des Zusammenlebens von Juden
und Christen des 13 Jahrhunderts Kulturbereiche identifizieren die als Handlungsraumlume faszligbar werden in
denen sich anfaumlnglicher Konsens zwischen beiden Gruppen in einen ausgepraumlgten Dissens verwandelte
Zur Untersuchungen der gebotenen Fragestellungen bieten sich die Vertreibungen der Juden aus England
und Frankreich an der Wende zum 14 Jahrhundert in besonderem Maszlige an So repraumlsentiert die
schrittweise Vertreibung der Juden aus beiden Laumlndern nicht nur den Houmlhepunkt des zu einem krisenhaften
Verhaumlltnis veraumlnderten Miteinanders von Juden und Christen sondern auch dessen Ende Damit die zu
erwartenden unterschiedlichen Perspektiven ob nun als innerjuumldische oder als eine von auszligen angelegte
nichtjuumldischchristliche Perspektive faszligbar werden wurden zunaumlchst die hebraumlischen und lateinischen
Quellen nicht in einer Gesamtschau sondern getrennt untersucht In den meisten Faumlllen lieszligen sich zwei
sich unterscheidende Narrative erkennen die zuweilen eine voumlllig unterschiedliche Einschaumltzung von
Ereignissen aber auch vom allgemeinen Verhaumlltnis von Christen und Juden in den verschiedenen
Lebensbereichen nahelegen In diesen Bereichen hier als Kulturbereiche bezeichnet fanden
Annaumlherungs- aber auch Abgrenzungsprozesse statt So konnte von Christen und Juden im Westen
Europas gerade in den Kulturbereichen Recht Wirtschaft Herrschaft und Religion eine Naumlhe
zueinander wahrgenommen werden aber auch das Zerbrechen eines funktionierenden Verhaumlltnisses und
Miteinanders Dennoch mussten Juden und Christen nicht unbedingt dieselben Kulturraumlume als Orte
gelingenden oder nicht gelingenden Miteinanders bezeichnen Die Einschaumltzungen konnten hier mitunter
kontraumlr verlaufen
Uumlberblick uumlber die Vertreibungen der Juden aus den Koumlnigreichen England und Frankreich
Seit den 1280er Jahren bis 1306 erlebten die Koumlnigreiche England und Frankreich umfassende
Vertreibungen der juumldischen Bevoumllkerung[1]
Schon zuvor war es in diesen Gebieten zu Ausweisungen
gekommen so etwa 1182 in den franzoumlsischen Kronlanden durch Philipp II August (1180-1223) oder 1239
in der Bretagne durch Herzog Johann I (1221-1286)[2]
Doch blieben dies regional und zeitlich begrenzte
Ereignisse die nur eine geringe Zahl von Juden betrafen und keinen exemplarischen Charakter hatten
andere Herrschaftstraumlger also nicht beeinflussten Ein Umschwung zeigte sich in dem Vertreibungsversuch
den Koumlnig Ludwig IX von Frankreich (1226-1270) vom sechsten Kreuzzug aus im Jahre 1254 anordnete In
der Begruumlndung finden sich die Argumente die spaumlter im genannten Zeitraum immer wieder auftauchen
Kampf gegen den Wucher und Beleidigung des christlichen Glaubens durch die Juden Die juumldische
Zinsleihe hatten auch schon andere Herrscher vor allem Ludwig VIII von Frankreich bekaumlmpfen wollen
eine Vertreibung der Juden war aber vorher nicht angedroht worden[3]
Das Vorhaben der Vertreibung von
1254 wurde nicht durchgefuumlhrt und hatte daher auch keine unmittelbaren Konsequenzen fuumlr die Juden
Doch kann bereits allein die Intention Ludwigs IX der in seiner Zeit als vorbildlicher christlicher Koumlnig galt
und bereits 20 Jahre nach seinem Tod heilig gesprochen wurde als wegweisend fuumlr andere Herrscher
gesehen werden[4]
Die Kette der Vertreibungen die schlieszliglich ganz England und Frankreich umfassten
begann 1287 in der Gascogne die zu dieser Zeit vom englischen Koumlnig beherrscht wurde Die meisten
Juden zogen nach Navarra ins Languedoc und Poitou Erstmalig erhielt mit Edward I ein Koumlnig eine
finanzielle Zuwendung von Adeligen und Klerus fuumlr eine Ausweisung[5]
Im Jahre 1289 vertrieb Karl II von
Anjou (1254-1309) alle Juden aus seinen Grafschaften Maine und Anjou In seiner ausfuumlhrlichen
Begruumlndung erklaumlrte er die Vertreibung der Juden mit deren gottlosem Wucher Beleidigungen des
christlichen Glaubens und sexuellem Verkehr von juumldischen Maumlnnern mit christlichen Frauen Um sein
Redlichkeit zu unterstreichen lieszlig er aumlhnlich wie Ludwig IX dies beabsichtigt hatte alle christlichen
Geldleiher vertreiben Auch er erhielt eine Abgabe von Klerus und Adel fuumlr die Vertreibung[6]
In England
wurden die Juden schon seit dem Regierungsantritt Edwards I mit feindlichen Maszlignahmen konfrontiert
Aufgrund der sich in jener Zeit verstaumlrkenden Kritik am Wucher verbot Koumlnig Edward I den englischen
Juden im Jahre 1275 die Zinsleihe in der die Juden primaumlr taumltig waren Dieses sbquoStatutum de Judeismorsquo
forderte von den Juden auf den Wucher zu verzichten und sich statt dessen anderen Berufen etwa dem
Handel oder dem Handwerk zuzuwenden[7]
In den Jahren 127879 kam es zu einem weiteren Einschnitt im
Leben der englischen Juden Sie wurden zusammen mit einigen Christen der Muumlnzbeschneidung
beschuldigt Der Prozess gegen die Juden fand groszliges Aufsehen auch bei Juden in anderen Laumlndern wie
wir spaumlter noch sehen werden Es wurden vier Christen und 267 Juden verurteilt und hingerichtet[8]
Kurz
vor der Ausweisung im Jahr 1287 forderte Koumlnig Edward zum letzten Mal eine Sondersteuer von 12000
Pfund Sterling von den Juden und lieszlig zur Durchsetzung seiner Forderungen Massenverhaftungen
durchfuumlhren Die finanziellen Kraumlfte der Juden waren aber so erschoumlpft dass sie lediglich 4023 Pfund
aufbringen konnten 1290 kam es schlieszliglich zur Vertreibung der Juden aus England Edward I bezog sich
in seinem Vertreibungsedikt direkt auf das sbquoStatutum de Judeismorsquo das den Juden 1275 die Geldleihe
gegen Zinsen verboten hatte von den Juden jedoch nicht beachtet worden sei[9]
Verschiedene
Chronikeintraumlge zu den Vertreibungen von 1290 die sehr unterschiedliche Begruumlndungen anfuumlhren
zeigen dass man in England den Rechtfertigungen Edwards I nicht vorbehaltlos glaubte[10]
Als Folge der
Vertreibungen aus der Gascogne Maine und Anjou kam es in der Grafschaft Poitou zu einem massiven
Zuzug juumldischer Fluumlchtlinge Im Jahre 1291 baten die oumlrtlichen Gemeinden Philipp IV darum diese Juden
ausweisen zu duumlrfen[11]
Koumlnig Philipp IV gestattete ihre Ausweisung war er doch selbst im gleichen Jahr
mit den aus England in die franzoumlsische Krondomaumlne geflohenen Juden so verfahren[12]
Nach Intervention
durch reiche Juden nahm er das Edikt jedoch zuruumlck so dass nur wenige Juden aus einigen Orten
vertrieben wurden[13]
Aus der Grafschaft Nevers wurden die Juden 1294 ausgewiesen[14]
Die meisten
dieser Juden zogen nach Paris[15]
Die Pariser Judengemeinde hatte sich ebenso wie etwa die von
Carcassonne oder Toulouse in den letzten Jahren enorm vergroumlszligert Wenige Staumldte mussten nun die
Juden aufnehmen die vorher uumlber ganz Frankreich verteilt gewesen waren Problematisch war auch dass
es sich nicht um wohlhabende sondern um verarmte Juden handelte die ihren Besitz bei den
Vertreibungen verloren hatten Fuumlr die Herrscher also nun insbesondere Philipp IV waren sie von
geringem Wert weshalb dieser auch 1291 zunaumlchst nur die englischen Juden und die Juden aus der
Gascogne vertreiben lieszlig[16]
Schlieszliglich kam es 1306 auch in dem vom franzoumlsischen Koumlnig beherrschten
Gebiet zum Ende der juumldischen Siedlung Philipp IV nutzte mit der Vertreibung die Moumlglichkeit sich als
christlicher Koumlnig zu profilieren und gleichzeitig an enorme Geldwerte und Immobilien zu gelangen[17]
Die Vertreibungen der Juden Englands und Frankreichs aus nichtjuumldischer Sicht
England
Es existieren einige interessante Quellen die in der Beschreibung der Ursache fuumlr die Vertreibung stark
differieren Die wichtigste und aufschlussreichste Quelle ist das offizielle Vertreibungsedikt Koumlnig Edwards
I mit dessen Analyse nun begonnen werden soll Die Argumentation des Koumlnigs ist im Kulturbereich Recht
zu verorten Die Juden haumltten ein Gesetz gebrochen als Konsequenz muumlssten sie das Land verlassen
Tatsaumlchlich ist die Wucherdiskussion in erster Linie religioumls aufzufassen mit groszligen Konsequenzen fuumlr
andere Kulturbereiche wie Wirtschaft und Herrschaft[18]
Im Vertreibungsedikt erinnert der Koumlnig daran dass
den Juden im Jahre 1275 die Zinsleihe verboten worden war und stellt dann fest dass sie eine Alternative
gefunden haumltten um das Verbot zu umgehen und weiterhin Geld gegen Zinsen an Christen zu verleihen
Daher beschloss der Koumlnig nun zur Ehre Christi alle Juden aus seinem Koumlnigreich zu vertreiben Die
ausstehenden Schulden sollten natuumlrlich ohne Zinsen an den Koumlnig zuruumlckgezahlt werden Ebenso
beanspruchte Edward die zuruumlckgelassenen Immobilien als sein Eigentum[19]
In der Quelle wird allerdings
auf die Motive den Wucher zu verbieten nicht eingegangen Die Annalen von Waverley erwaumlhnen die
offiziellen Begruumlndungen Edwards mit keinem Wort Dort heiszligt es vielmehr die Juden die schon seit
Generationen sicher in verschiedenen Staumldten und Doumlrfern gewohnt haumltten seien nun durch einen
Beschluss Koumlnig Edwards vertrieben worden der von der Koumlniginmutter Eleonore veranlasst worden sei[20]
In dem kurz gehaltenen Eintrag der Annalen von Waverley erscheint die Koumlniginmutter also als Ausloumlser in
der Vertreibung sie wurde auf ihr Betreiben wegen persoumlnlicher Animositaumlten den Juden gegenuumlber
durchgefuumlhrt Wesentlich ausfuumlhrlicher berichten die Annalen von Dunstable eine in den 1290ern im
Augustinerkloster von Dunstable verfasste Chronik uumlber die Vertreibung[21]
Erster Grund seien die
wiederholten nicht naumlher charakterisierten Beleidigungen die die Juden gegenuumlber dem christlichen
Glauben begangen haumltten Weiter wird erwaumlhnt dass viele Juden denen vom Koumlnig sicheres Geleit
zugestanden worden waumlre auf ihrer Reise Gewalttaten zum Opfer gefallen seien Die Taumlter dieser
Uumlbergriffe seien gehaumlngt worden[22]
Alle Schichten der Bevoumllkerung so die Annalen waren uumlber die
Vertreibung erfreut die Barone und die Kirche dankten dem Koumlnig mit umfangreichen Geldzahlungen Zwei
Gruumlnde werden in den Annalen von Dunstable genannt Zum einen nicht naumlher ausgefuumlhrte bdquoBlasphemienldquo
der Juden was auf Probleme im religioumlsen Bereich hinweist Zum anderen erscheinen die Geldzahlungen
der Barone und des Klerus Die Annalen berichten zwar diese seien nachtraumlglich als eine Art bdquospontaner
Ausdruck der Freudeldquo erfolgt doch darf man wohl annehmen dass sie schon vor der Vertreibung
vereinbart wurden und als bdquoMotivationshilfeldquo fuumlr die Entscheidung des Koumlnigs zu verstehen sind Hier ist zu
fragen welches Interesse die Barone und der Klerus an der Ausweisung der Juden hatten Wiederum sind
religioumlse und wirtschaftliche Gruumlnde denkbar Fuumlr den Klerus koumlnnte noch der Konversionsskandal um
Robert von Reading nachgewirkt haben Dieser Dominikanermoumlnch war 1275 zum juumldischen Glauben
konvertiert und hatte so die Anfeindungen die bereits vorhanden waren[23]
noch verstaumlrkt[24]
Der Adel
hingegen koumlnnte sowohl ein Interesse an Laumlndereien die den Juden als Pfaumlnder uumlberlassen worden waren
und nun wieder frei wurden gehabt als auch die Konkurrenz moumlglicher juumldischer Konkurrenten im Handel
gefuumlrchtet haben[25]
Daneben uumlberrascht die eingeschobene Geschichte von Uumlberfaumlllen denen einige
Juden bei der Ausreise zum Opfer fielen[26]
Anscheinend wurden die Juden jedenfalls von diesem
christlichen Chronisten nicht als rechtlos angesehen daher die Betonung dass die Uumlbeltaumlter gehaumlngt
wurden Die Juden zu vertreiben war eine Sache aber rechtlos wurden sie nicht Sie standen offenbar noch
unter dem Schutz englischer Gesetze Dies verweist indirekt wieder auf das Vertreibungsedikt Edwards I
Auch dort wird primaumlr rechtlich argumentiert sodass der Eindruck entsteht dass sich auch der Koumlnig an
einem rechtlichen Rahmen orientieren wollte In der Reimchronik Pierre de Langtofts steht die Vertreibung
der Juden in einem weiteren allgemeinen Kontext Langtoft ein Augustinermoumlnch aus Yorkshire berichtet
zu 1289 wie Edward nach vier Jahren Aufenthalt in der Gascogne wieder nach England zuruumlckkehrte und
das Land in schlechtem Zustand vorfand Es kam zu Untersuchungen und Prozessen bei deren Ende unter
anderem der Oberste Richter Thomas de Weyland ins Exil nach Frankreich gehen musste und seine
Mittaumlter in den Tower geworfen wurden oder eine Geldstrafe zahlen mussten[27]
Die Vertreibung der Juden
erscheint bei Langtoft in diesem Kontext Der Koumlnig houmlrte sich die Beschwerden der Barone und des Adels
an beriet sich mit dem Parlament stellte Untersuchungen an und kam daraufhin zu dem Entschluss die
Juden auszuweisen Dafuumlr erhielt er von bdquoKlerikern und Laienldquo eine festgesetzte Summe als Hilfe[28]
Die
Juden so Langtoft gingen in die franzoumlsischen Kronlande und in die Picardie alle ihre
Hinterlassenschaften also die Schuldscheine und Immobilien behielt der Koumlnig fuumlr sich[29]
Diese Quelle
bietet die meisten Informationen uumlber die Vertreibungen Sie werden als Teil eines umfassenden
Reformprozesses dargestellt der stattfand als Edward nach vier Jahren Aufenthalt in der Gascogne ndash wo
er wie schon berichtet 1287 die dortigen Juden vertrieben hatte ndash nach England zuruumlckkehrte Was den
Juden vorgeworfen wurde wird nicht genannt aber der Bericht kommt der offiziellen Begruumlndung Edwards
am naumlchsten Die Geldzahlungen fuumlr die Vertreibung als Ausgleich fuumlr den Koumlnig die schon in den Annalen
von Dunstable genannt wurden werden hier nun konkretisiert Sie waren Teil der Abmachung zwischen
Adel Klerus und Koumlnig und wurden vorher ausgehandelt Die Vertreibung ist in diesem Kontext als
politische Aktion dargestellt die in den Bericht uumlber eine allgemeine Reformierung des Landes eingebettet
ist Was laumlsst sich aus den Chronikberichten schlieszligen Erstens ist deutlich dass viele verschiedene
Geruumlchte uumlber die Juden das Koumlnigshaus und die Ursachen fuumlr die Vertreibung kursierten Den Gruumlnden
die im Erlass des Koumlnigs aufgefuumlhrt wurden glaubte man anscheinend nicht vorbehaltlos Dies koumlnnte die
sehr unterschiedlichen Chronikberichte erklaumlren Auch wurden die Juden nicht als rechtlos betrachtet
Mehrmals wird erwaumlhnt dass der Koumlnig ihnen sicheres Geleit versprach einmal berichtet wie einige
englische Christen wegen Piraterie gehaumlngt wurden Schlieszliglich faumlllt auf dass die Muumlnzfaumllschung zehn
Jahre zuvor offenbar in der christlichen Perspektive im Zusammenhang mit der Ausweisung keinerlei Rolle
gespielt hat
Frankreich
Die Gruumlnde fuumlr die Vertreibung der Juden aus Frankreich 1306 durch Koumlnig Philipp IV sind nicht ohne
weiteres durch zeitgenoumlssische Uumlberlieferung zu erfahren Weder ist das Vertreibungsmandat uumlberliefert
noch nennen die Chronisten die uumlber das Ereignis berichten Gruumlnde fuumlr die Ausweisung Offensichtlich
gab es in der chronikalen Uumlberlieferung ein geringeres Interesse daran die Motive Philipps IV zu
hinterfragen Die zentrale Quelle fuumlr die Wahrnehmung und Begruumlndung der Vertreibung der franzoumlsischen
Juden entstand nicht im franzoumlsischen Gebiet sondern aus der fernen Steiermark In der von Ottokar von
der Steiermark dort bis 1321 geschriebenen Oumlsterreichischen Reimchronik wird beschrieben dass Albrecht
I von Habsburg einen Anspruch auf die franzoumlsischen Juden erhoben habe Dieser wurde so Ottokar von
Beratern Philipps IV gepruumlft und fuumlr rechtmaumlszligig erklaumlrt woraufhin der franzoumlsische Koumlnig voller Zorn die
Juden die ihm nun keinerlei Vorteile mehr bringen konnten aus seinem Koumlnigreich vertrieb[30]
Diese
einzige Quelle die etwas uumlber die Beweggruumlnde Philipps IV aussagen kann wurde als Geschichte der
Oumlsterreichischen Lande verfasst und stellt die Macht Albrechts I als unverhaumlltnismaumlszligig groszlig gegenuumlber
dem franzoumlsischen Koumlnig dar Es scheint undenkbar dass es tatsaumlchlich Verhandlungen zwischen den
beiden Herrschern um die franzoumlsischen Juden gegeben hat Die Chronik ist aber trotzdem interessant fuumlr
die Fragestellung zeigt sie doch dass ein Ereignis wie die Vertreibung der Juden aus Frankreich auch in
so weit entfernten Gebieten wie der Steiermark wahrgenommen wurde Weitere Nachrichten finden sich in
der von verschiedenen Autoren bis 1324 verfassten Vita des Papstes Clemens V (1305-1314) Dort heiszligt
es beispielsweise dass die Juden die sich nicht taufen lassen wollten das Land verlassen mussten wobei
viele auf der Reise starben Die Besitztuumlmer der Juden wurden vom Koumlnig beschlagnahmt[31]
Offensichtlich
wurden am Tag der Verkuumlndung der Ausweisung diverse Juden gefangen genommen so wird es
zumindest in der Vita Clemens V von Bernard Gui[32]
sowie der Fortsetzung der Chronik Wilhelms von
Nangis[33]
berichtet Uumlber Beweggruumlnde des Koumlnigs die Juden auszuweisen wird jedoch nichts gesagt
Resumee
Die genannten Chronisten liefern eine Fuumllle von Hinweisen auf Kulturbereiche deren Kompatibilitaumlt
zwischen Juden und Christen nicht mehr gewaumlhrleistet war und die im Zusammenspiel fuumlr die Ausweisung
der Juden verantwortlich sein koumlnnen In England und Frankreich herrschte in Bezug auf religioumlse Fragen
eine negative Atmosphaumlre zwischen Juden und Christen Intellektuell-theologisch zeigt sich diese primaumlr an
der Wucher- und der Talmuddiskussion Daneben waren die Juden immer haumlufiger mit Ritualmord- und
Hostienschaumlndungsvorwuumlrfen konfrontiert oder wurden aus nicht naumlher genannten Gruumlnden Opfer von
Gewalttaten Im Falle Englands berichtet die fortgefuumlhrte Chronik des Florence of Worcester fuumlr 1264 dass
Barone mit den Londoner Buumlrgern die Juden beraubten und einige umbrachten[34]
Im Jahre 1272 schenkte
der Koumlnig den Bruumldern der Poenitentia die Londoner Synagoge[35]
Zu 1279 berichtet die Chronik dass
einige Juden in der Naumlhe von Northampton ein christliches Kind gekreuzigt haumltten[36]
Schon erwaumlhnt wurde
der Konversionsfall des Robert von Reading der sich 1275 ereignete Aumlhnlich stellte sich die Situation in
Frankreich dar In der Champagne in Troyes wurden beispielsweise 13 Juden im Jahre 1288 wegen
Mordvorwuumlrfen hingerichtet[37]
1290 kam es in Paris zu einem Hostienschaumlndungsprozess der mit dem
Tod des Angeklagten endete[38]
Dieser angespannte religioumlse Diskurs wirkte sich auch auf den
Herrschaftsbereich aus Edward I soll als junger Mann tief beeindruckt von der Ritualmordaffaumlre um Hugh
von Lincoln im Jahre 1255 gewesen sein in deren Zusammenhang 19 Juden hingerichtet worden waren[39]
Daneben konnten sich die Herrscher nicht dem vorherrschenden Wucherdiskurs entziehen der sie als
Mitschuldige am suumlndhaften Wucher markierte da sie einen Nutzen aus dem juumldischen Wuchergeschaumlft
zogen Gerade Philipp IV der eine machtbewusste Politik auch gegenuumlber dem Papst verfolgte hatte sich
auch an seinem Groszligvater Ludwig IX und dessen bdquovorbildhafterldquo Politik in Bezug auf den Umgang mit den
Juden und dem Wucher zu messen Im wirtschaftlichen Zusammenleben aumlnderten sich ebenfalls die
Praumlmissen fuumlr den Umgang von Juden und Christen Das sbquoStatutum de Judeismorsquo markiert einen
Wendepunkt im Wirtschaftsleben Englands Es ist unklar in wie weit sich die Juden in von christlichen
bdquoMonopolenldquo dominierten Berufen etablieren konnten[40]
Mit der schwierigen wirtschaftlichen Situation der
Juden die durch das sbquoStatutum de Judeismorsquo geschaffen wurde kann moumlglicherweise der
Muumlnzbeschneidungsskandal von 1279 erklaumlrt werden in dem 267 Juden und einige Christen verurteilt und
hingerichtet wurden[41]
Daneben fuumlhrten sie will man dem Vertreibungsedikt Edwards I Glauben schenken
ihre Geldleihgeschaumlfte mit Zinsnahme im Verborgenen weiter Die Klagen der Barone und des Klerus die in
einigen Chroniken erwaumlhnt werden koumlnnten sich auf diese illegalen Taumltigkeiten beziehen Offensichtlich ist
es das Hauptargument Edwards in seinem Vertreibungsedikt Es ist deutlich geworden dass nicht nur einer
dieser Aspekte ausschlaggebend fuumlr die Ausweisungen der Juden war Vielmehr spielten viele Faktoren
zusammen in mehreren Kulturbereichen war das Miteinander gestoumlrt was schlieszliglich zur Vertreibung der
Juden fuumlhrte Zudem zeigte sich auch wie eng kaum von einander trennbar sich die Kulturbereiche -in
diesem Fall Recht Wirtschaft Herrschaft und Religion- darstellen
Die Vertreibung der Juden in den hebraumlischer Quellen
England
Die Vielschichtigkeit der Uumlberlieferung zur Vertreibung der Juden aus England lieszlige zunaumlchst eine ebenso
reiche Tradition in den hebraumlischen Quellen erwarten Allerdings ist das Gegenteil der Fall Die bekannte
Uumlberlieferung kennt keinen zeitgenoumlssischen hebraumlischen Eintrag zur Vertreibung der Juden weder in
einer hebraumlischen Chronik noch in direkten hebraumlischen verfaszligten Selbstzeugnissen englischer Juden
Dennoch sind aus dem weiteren Umfeld genauer gesagt aus Deutschland und Suumldfrankreich zeitnahe
Reaktionen auf die Geschehnisse in England uumlberliefert die zumindest einige Hinweise zur Einschaumltzung
der Ereignisse und ihrer Ursachen im innerjuumldischen Kontext liefern koumlnnen Zunaumlchst ist aus einem
Responsum des Meir ben Baruch von Rothenburg (gest 1293) eine diesbezuumlgliche Aumluszligerung uumlberliefert
Dort heiszligt es
bdquoWas die Muumlnzbeschneider betrifft so hacke ihnen wegen ihrer Vergehen die Hand ab
Wieviel Blut wurde wegen der Muumlnzenbeschneider vergossen Sie waren es die unsere Bruumlder
die Bewohner von Frankreich und der Insel (=England) ins Verderben stuumlrztenldquo[42]
Allerdings bleibt eine Datierung dieses Ausspruches schwierig Meir hat zur Zeit der Ausweisung der
Juden aus England noch gelebt Die Form der Uumlberlieferung gibt allerdings keinen Hinweis der
darauf schlieszligen laumlszligt daszlig das Responsum zur Zeit verfaszligt wurde als sich Meir nach 1286 bis zu
seinem Tode bereits in Gefangenschaft aufhielt Letzteres haumltte zumindest wahrscheinlich werden
lassen daszlig Meir sich auf die Ausweisung der Juden bezog So kann der Ausdruck bdquoins Verderben
stuumlrzenldquo auch lediglich den eigentlichen Prozeszlig zum Muumlnzenbeschneidungsvorwurf 1279 und die
Folgen ndash die Hinrichtung von etwas weniger als 300 Juden[43]
Allerdings weist die Aumluszligerung Meirs die
Muumlnzbeschneider haumltten das Elend der Juden in Frankreich und England heraufbeschworen
wiederum in eine andere Richtung Der groszlige Prozeszlig fand in England nicht in Frankreich statt Erste
Vertreibungen von Juden ereigneten sich jedoch zunaumlchst auf dem franzoumlsischen Festland
(Gasgogne 1287)[44]
nicht in England Es spricht somit vieles dafuumlr daszlig Meir gerade auf jene
Vertreibung anzuspielen scheint und in diesem Zusammenhang den Muumlnzbeschneidungsvorwurf als
Ausloumlser fuumlr die Verfolgungen der Juden in England und Frankreich ansah Die Vertreibung der Juden
im Jahre 1306 aus den direkt den franzoumlsischen Koumlnig unterstellten Territorien konnte Meir nicht
gemeint haben Zu dieser Zeit war Meir ben Baruch schon zehn Jahre nicht mehr am Leben
Ein in den Quellen eindeutiger zu fassender Hinweis zur innerjuumldischen Einschaumltzung der Ereignisse
ist uns im Rahmen eines Vorfalls innerhalb einer suumldfranzoumlsisch-provenccedilalischen Gemeinde
uumlberliefert In der Stadt Manosque hatten nach 1290 innerhalb der juumldischen Gemeinde vertriebene
Juden aus England Aufnahme gefunden Allerdings blieben die englischen Juden als eigene Gruppe
auch waumlhrend der naumlchsten 50 Jahre wahrnehmbar was sich offenbar auch in innerjuumldischen
bdquolandsmannschaftlichenldquo Spannungen niederschlug So kam es im Jahre 1338 zwischen dem
einheimischen Juden Aronetus und dem zugezogenen Juden Creysonus von Chartres zu heftigen
Auseinandersetzungen bei denen Aronetus dem Chreysonus zurief bdquoIhr anderen wart die Englaumlnder
die ihr Land verlassen mussten weil ihr die Muumlnzen beschnitten habtldquo[45]
Selbstredend wollte der
ehemalige Fluumlchtling diese Behauptung nicht auf sich sitzen lassen und strebte den Prozeszlig an
Allerdings macht diese Auseinandersetzung auch klar daszlig die Verquickung des
Muumlnzbeschneidungsprozesses mit der Tatsache der Vertreibung in innerjuumldischen Kontext keine
unuumlbliche Argumentation gewesen sein wird
Hatte sich bereits im 14 Jahrhundert dieses Erklaumlrungsmuster als Begruumlndung der Vertreibung im
innerjuumldischen Gedaumlchtnis durchgesetzt Zumindest sollte diese Begruumlndung auch in den
hebraumlischen Chroniken des fruumlhen 16 Jahrhunderts eine entscheidende Rolle einnehmen Folgende
Darstellungen sind durch sephardische Chronisten des 16 Jahrhunderts bekannt Im Shevet
Yehudah[46]
des Shlomo Ibn Verga[47]
(Erstdruck 1550) einer hebraumlischen Chronik die die juumldische
Geschichte als eine Kette von Leiden klassifiziert werden die Ereignisse in England in folgenden
Erzaumlhlrahmen eingeordnet Nach kurzer Einfuumlhrung in die englischen Verhaumlltnisse wird eine
geforderte Bekehrung zum Christentum erwaumlhnt die aus den Quellen des 13 Jahrhunderts nicht
verifiziert werden kann Nach der Zuruumlckweisung dieses Bekehrungsversuchs wird den Juden
vorgeworfen daszlig sie Muumlnzen beschnitten haumltten Dieser wirtschaftliche Betrug fuumlhrte schlieszliglich
durch den Einfluszlig der Dominikaner zur Ausweisung der Juden[48]
Zwei Abschnitte spaumlter wird von
einer Bekehrung zum Judentum eines englischen Dominikaners berichtet was zweifellos die
Geschichte des im 13 Jahrhundert zum Judentum uumlbergetretenen Robert Reading wiedergibt Dem
Chronisten erscheint diese Episode Anlaszlig genug eine Reihe von Anfeindungen auch von Seiten der
Koumlnigin anzufuumlhren die in ihrer Summe schlieszliglich zur Vertreibung der Juden aus dem englischen
Koumlnigreich fuumlhrten[49]
In der Chronik des Yosef ha-Kohen[50]
Emeq ha-Bachah[51]
aus dem Jahre
1558 finden wir dasselbe Material in veraumlnderter Weise angeordnet Ein Vertreter des Predigerordens
verliebt sich in ein juumldisches Maumldchen tritt zum Judentum uumlber und heiratet es Die Dominikaner
beschuldigen vor dem Koumlnig daraufhin die Juden die Muumlnzen zu beschneiden um die Schande des
Glaubensabfalls ihres ehemaligen Mitbruders abzuwenden[52]
Auch in anderen Werken juumldischer
Chronistik aus dem 16 Jahrhundert findet die Episode des zum Judentum konvertierenden
Dominikaners Erwaumlhnung[53]
Obwohl die Chroniken des 16 Jahrhunderts als Belege fuumlr das Geschehen des 13 Jahrhunderts
nicht herangezogen werden koumlnnen so repraumlsentieren sie dennoch eine Tendenz der innerjuumldischen
Wahrnehmung die sich bereits im 13 wie im 14 Jahrhundert ankuumlndigte Hatte noch die christlicher
Uumlberlieferungstradition als Grund fuumlr die Vertreibungen vor allem die theologische Komponente der
Auseinandersetzung betont aber auch die Intervention anderer Herrschaftstraumlger angefuumlhrt so
bildete sich unter den Juden ein voumlllig anderes Erklaumlrungsmuster heraus In den juumldischen
Traditionsstraumlngen wurden die theologische Argumentation nicht rezipiert Dies gilt vor allem fuumlr das
groszlige Feld des Wuchervorwurfs der im Ausweisungsedikt 1290 zum Hauptargument werden sollte
Innerhalb der hebraumlischen Uumlberlieferung muszligten die Ursachen der Vertreibung konkreter fassbar
gemacht werden Zwei Narrative boten sich an die der juumldischen Traditionsbildung schluumlssig
erschienen Hierzu gehoumlrt der historisch gesicherte Prozeszlig zum Muumlnzbeschneidungsvorwurf der in
zeitnahen Dokumenten als gerechtfertigt[54]
in den Traditionen des 16 Jahrhunderts als Verleumdung
angesehen wurde[55]
Demgegenuumlber scheint dieser Prozess fuumlr die Begruumlndung der Ausweisung von
Seiten der christlichen Herrschaftstraumlger keine explizite Rolle gespielt zu haben Die Einbeziehung der
Geschehnisse um den zum Judentum konvertierten Dominikaner nehmen vor allem in den spaumlten
juumldischen Traditionen einen groszligen Stellenwert ein ohne daszlig sie innerhalb des christlichen Kontextes
fuumlr die Begruumlndung der Vertreibung irgend eine Rolle gespielt haumltten So bleiben Christen wie Juden
sich nur in der Tatsache einig dass Ihr Verhaumlltnis zueinander immer groumlszligeren Erschuumltterungen
unterworfen war Die Ursachen dieser Zerwuumlrfnisse konnten dabei durchaus unterschiedlichen
Kontexten zugeordnet werden
Frankreich[56]
Auch die Vertreibung der franzoumlsischen Juden hat in der hebraumlischen Uumlberlieferung nur wenig Spuren
hinterlassen Kein Text ist bekannt der sich ausschlieszliglich auf die Ereignisse der Vertreibung
beziehen wuumlrde Wie im englischen Fall zeugen nur verstreute Bemerkungen im Werk einzelner
juumldischer Gelehrter uumlber eine Resonanz innerhalb der juumldischen Gemeinschaft Eines dieser
Zeugnisse ist aus der Hand des Abba Mari ben Moshe von Lunel uumlberliefert einem Gelehrten der um
1300 vor allem in den polemischen Auseinandersetzungen um die Rezeption des Schriften des
Maimonides und der Frage nach dem Stellenwert philosophischer Studien in Erscheinung getreten
war[57]
In einem Brief[58]
schreibt er
Im Jahre 5066 (1306) der Zaumlhlung dies ist das Jahr welches die Suumlnde hervorgebracht hat[59]
verbreitete sich die Verfolgung (Gezerah) des Koumlnigs von Frankreich (Tzarfat) uumlber alle Juden in
allen Landen seines Koumlnigreiches aus sie aus ihren Haumlusern zu holen und ihnen all ihren Besitz
abzunehmen Alle sollten an einem bestimmten Tag festgesetzt werden jung und alt Frauen und
Kinder und diese sollte am Freitag am zehnten des Monats Aw (22 Juli 1306) geschehen und
man vertrieb sie aus dem Land Die Juden die in der Stadt Montpellier lebten wurden im Jahre
5067 im Monat Marcheshwan vertrieben (10 Okt-7 Nov 1306) Einige von ihnen begaben sich in
die Stadt Perpignan da sie sich des Sieges des Koumlnigs von Mallorca sicher waren dass er ihnen
aus der Hand des Koumlnigs den Aufenthalt und die Versorgung gewaumlhren wuumlrde Wieder andere
zogen weiter in die Provence hellip Und ich nachdem ich mich in die Provence ins Exil begeben
hatte in die Stadt Arles fuhr von dort fort und begab mich von dort in ein zweites Exil in die Stadt
Perpignan Ich kam dort an am ersten des Monats Shwat dem vierten Monat unseres Exils (5 Jan
1307)[60]
Abba Mari beschreibt als Zeitzeuge den politischen Kontext der Vertreibung der Juden im
Suumlden des franzoumlsischen Koumlnigreiches Die Beschreibung bleibt an sein eigenes Schicksal
gebunden Die Ausweisung der Juden umfasst auch das Languedoc das ebenfalls Teil des
direkten Herrschaftsbereichs des franzoumlsischen Koumlnigs Philipp des Schoumlnen geworden war Die
Vertriebenen wandten sich nun benachbarten nichtfranzoumlsischen Herrschaften zu der
Provence die zur Zeit der Vertreibung noch ein Teil des roumlmisch-deutschen Reiches war sowie
den Besitzungen des Koumlnigs von Mallorca zu denen Perpignan und teilweise auch Montpellier
zaumlhlten[61]
Zunaumlchst hatte der Koumlnig von Mallorca die Vertreibung der Juden aus Montpellier in
Opposition zum franzoumlsischen Koumlnig abgelehnt[62]
Die Juden hofften wie Abba Mari betont
dass dieser Widerstand von Dauer sein koumlnnte wurden jedoch enttaumluscht Im Februar 1309
willigte nach langen Verhandlungen auch der mallorquinische Koumlnig ein der Vertreibung der
Juden zuzustimmen[63]
In Territorien in denen er uneingeschraumlnkt seine Herrschaft ausuumlben
konnte wie etwa in Perpignan war den Juden der Aufenthalt weiterhin erlaubt so dass dorthin
wie in die Provence die Juden der Stadt Montpellier weiterzogen Abba Mari beschreibt die
lokalen politischen Zusammenhaumlnge der Vertreibungen der am Mittelmeer gelegenen
Territorien Er hebt dabei den Einfluss des franzoumlsischen Koumlnigs auf Herrschaftstraumlger
auszligerhalb seines Koumlnigreiches hervor nennt jedoch keinen Grund der das Verhalten des
franzoumlsischen Koumlnigs erklaumlrt haumltte Warum die franzoumlsischen Juden ihr Stammland verlassen
mussten wird nicht diskutiert
Ein weiterer Autor des fruumlhen 14 Jahrhunderts Eshtori ha-Parchi[64]
beschreibt in seinem Werk
Kaftor wa-Ferach kurz seine am eigenen Leib erfahrene Vertreibung der Juden aus dem
Suumlden des franzoumlsischen Koumlnigreichs
bdquoAuch erinnere ich mich an das Datum der Zerstoumlrung des kleinen Heiligtums naumlmlich die
Zerstoumlrung der Lehrhaumluser und Synagogen in Tzarfat (Nordfrankreich) und teilweise auch in der
Prowentzah (Suumldfrankreich hier Languedoc)[65]
Ich floh vom Schlachtfeld hellip im Jahre 5066 und
zwar am 10 Aw (22 Juli 1306)ldquo[66]
Eshtori ha-Parchi der sich schlieszliglich im Jahre 1313 im Lande Israel niederliess nennt
keine Begruumlndung der Ereignisse Die Bezeichnung der Vertreibung als Zerstoumlrung des
kleinen Heiligtums macht dem Leser deutlich welche Bedeutung den franzoumlsischen
Gelehrtenzentren vom Autor zugesprochen wurde die in dieser Ruumlckschau als
unwiederbringlich verloren betrachtet werden Eine weitere zeitnahe Notiz zur Vertreibung
der franzoumlsischen Juden laumlsst sich im Tora-Kommentar des Gelehrten R Lewi ben
Gershom (Ralbag) (1288-1344) finden Der Gelehrte der unter seinen nichtjuumldischen
Zeitgenossen auch unter der Bezeichnung Maestre Leo de Bagnol oder auch Magister
Leo Hebraeus bekannt war[67]
schreibt zum Wochenabschnitt Bechukotei (Lev 26 3 -
27 34)
Und wenn es in der Schrift heiszligt sbquoIhr geht unter den Voumllkern zugrunde und das Land euerer
Feinde friszligt euch aufrsquo (Lev 26 38) bezog sich dies auf die groszligen Noumlte unseres Volkes in denen
viele umgekommen sind eingeschlossen das Hinschlachten einiger in den heiligen Gemeinden
und die Vertreibung der Juden aus dem Lande Zarfat Doppelt so viele starben an Hunger und
Pestilenz als beim Auszug aus Aumlgypten[68]
Interessanterweise erwaumlhnt Levi ben Gershom als erster Autor Todesopfer die
innerhalb der juumldischen Gemeinschaft als Folge der Vertreibung zu beklagen waren
Fast ein Jahrhundert spaumlter wohl in der ersten Haumllfte des 15 Jahrhunderts
beschreibt der in Spanien wohl in Tortosa lebende Mattityahu haYizhari ein
Nachkomme einer aus Suumldfrankreich stammenden Familie[69]
die Vertreibung der
Juden mit folgenden Worten
Es sprach Mattityahu Sohn des Moshe Sohn des Weisen Mattiyahu ha-Yizhari sein Andenken
sei zu Segen Viele Noumlte haben uns ereilt seit wir aus dem verheiszligenen Land vertrieben wurden
hellip tausende und zehntausende Juden hatten sich in Frankreich niedergelassen hellip und meine
Vorfahren siedelten in der Stadt Narbonne einer groszligen Stadt Gottes bis Verfehlungen zur
Vertreibung fuumlhrten Einige starben als Maumlrtyrer andere wurde uumlber die ganze Erde zerstreut und
das ganze Land Zarfat lag entbloumlszligt da [70]
Auch bei Levi ben Gershom steht die Zerstoumlrung der groszligen juumldischen Zentren
im Vordergrund Ein Grund fuumlr deren Untergang wird nicht eroumlrtert Ein
aumlhnliches Bild findet sich bei einem weiteren juumldischen Gelehrten aus dem
Beginn des 14 Jahrhunderts In seinem um das Jahr 1321 abgeschlossenen
Werk Even Bochan bemerkt der in Arles geborene juumldische Philosoph
Kalonymos ben Kalonymos (geb 1286)[71]
Als der Herrscher von der Stimmung erfasst wurde mein Volk ins Exil zu fuumlhren vor siebzehn
Jahren uumlberwand er sie in seinem Grimm und vertrieb sie mit starker Hand aus seinem Land
uumlberfuumlhrte sie in Staumldte nackt und mittellos die in ihren Palaumlsten viele Schaumltze von Gold besaszligen
um die Altehrwuumlrdigen ihrer Generation und ihre Prinzen zu vernichten und auszuloumlschen[72]
Die Erwaumlhnung der Enteignung der Juden durch die franzoumlsische Krone
verweist auf den tatsaumlchlichen Verlauf der Ausweisung und auf ihre
fiskalischen Motive[73]
Die auch vom Autor betonten finanziellen
Interessen des Herrschers werden jedoch nicht diskutiert Uumlberhaupt
bleiben die wenigen weiteren zeitgenoumlssischen Bemerkungen zur
Vertreibung sehr skizzenhaft und auch eng mit der Biographie ihrer
Verfasser verknuumlpft So schreibt R Menachem ha-Meiri (Vidal Salamon
Mayr) (geb 1249) der wenige Jahre nach der Vertreibung verstarb[74]
in
seiner Einleitung zur Auslegung des Traktates Avot
als Gott mich vom meinem Vaterhaus fortbrachte machte er meine Soumlhne zu Fluumlchtlingen und
meine Toumlchter fuumlhrte er in Gefangenschaft[75]
Die letzten bekannten Bemerkungen zur Vertreibung aus der
Generation der Zeitzeugen stammen aus der Feder des Dichters
und Philosophen Jedajah ben Abraham haPenini[76]
der in den
Staumldten Beacuteziers Montpellier und Perpignan lebte und um 1325
verstarb In einem Brief an den katalanischen Gelehrten Schlomo
Ibn Adret betonte der Autor wie sehr doch die Juden der Provence
ihre Tuumlren weit fuumlr die Exilierten geoumlffnet haumltten und viel dazu
beigetragen haumltten die Fluumlchtlinge aufzunehmen[77]
Auch in einem
Gedicht schloss der Autor Anspielungen zur Vertreibung der
franzoumlsischen Juden mit ein[78]
Hebraumlische Zeugnisse zur Vertreibung aus dem Norden des
franzoumlsischen Herrschaftsgebietes konnten bisher nicht
nachgewiesen werden Die hier aufgefuumlhrten hebraumlischen Quellen
zur Vertreibung der Juden aus den Herrschaftsgebieten des
franzoumlsischen Koumlnigs stammen ausschlieszliglich von Personen die
durch die Zerstoumlrung der juumldischen Zentren im suumldlichen Frankreich
betroffen waren Diese Uumlberlieferungen wurden schlieszliglich von der
hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts aufgenommen und in
ihre als Zyklen von Leiden und Verfolgung gestalteten Werken
eingearbeitet Itzchaq Abarbanel (gest vor 1550) scheint dabei der
entscheidende Protagonist bei der Schoumlpfung eines die Vertreibung
von 1306 beschreibenden juumldischen Narratives gewesen zu sein
auch wenn er sich nach seinen eigenen Angaben lediglich auf
Itzchak Profiat Duran genannt Efodi einen juumldisch-katalanischen
Autor des spaumlten 14 Jahrhunderts bezog So schreibt Abarbanel
bdquoIm Jahre 5066 (1306) der Zaumlhlung war die Vertreibung aus Frankreich Koumlnig Philipp war ein
grausamer und verfluchter Feind der alle Juden aus seinem Koumlnigreich vertrieb all ihren Besitz
enteignete und sie mittellos des Landes verwies Es gab dort viele groszlige Gemeinden doppelt so
viele (Juden) wie aus Aumlgypten auszogen hellip Und es war eine Zeit der groszligen Not fuumlr Israel hellip es
war im Monat Aw (13 Juli 1306-11 August 1306) und es war eine allumfassende Vertreibung hellipall
dies findet sich in der Schrift bdquoSichron ha-Shmadotldquo die von allen Zerstoumlrung berichtet die sich seit
der Zerstoumlrung des Tempels in Israel ereignet haben aufgeschrieben und redigiert von Efodildquo[79]
Der Autor weiszlig zu berichten unter welchem Koumlnig und in welchem Monat und Jahr die Vertreibung
stattfand Auf die Mittellosigkeit der juumldischen Fluumlchtlinge wird explizit hingewiesen die auf die
Auspluumlnderung durch den Koumlnig zuruumlckgefuumlhrt wird Auch eine Vorstellung von der Zahl der Exilierten
spiegelt sich im Text wider
Shlomo Ibn Verga uumlbernimmt den Text fast woumlrtlich fuumlr seine Chronik Shevet Yehudah und erweitert ihn
lediglich um die nicht belegbare Geschichte der Konversion der Gemeinde von Toulouse[80]
Ihm
folgen Samuel Usque[81]
und Yosef ha-Kohen[82]
So bieten die Erzaumlhltraditionen des 16
Jahrhunderts lediglich ein Geruumlst von Fakten die den Handlungsablauf der Vertreibung mit wenigen
Worten beschreiben Eine Begruumlndung der Vertreibung wird nicht genannt So entspricht die
Erzaumlhlarmut des Textes zur Vertreibung aus Frankreich innerhalb der hebraumlischen Chronistik des
16 Jahrhunderts der allgemeinen Quellenarmut der hebraumlischen Uumlberlieferungstradition zu diesem
Ereignis
Beziehung der Juden zum Herrscher
Anhand der Untersuchung von herrschaftlichen Bindungen der Juden soll im Folgenden verdeutlicht
werden wie sich ein ehemals funktionierendes Miteinander zu einem Zerbrechen eben dieses
Miteinanders mit dem Resultat der Vertreibung veraumlnderte Dazu werden die Herrschaftsstrukturen
mit ihren Veraumlnderungen zwischen dem Koumlnig beziehungsweise anderen christlichen
Herrschaftstraumlgern und den Juden in England und Frankreich analysiert In England siedelten sich
im Zuge der normannischen Eroberungen nach 1066 die ersten aus Frankreich stammenden Juden
an[83]
Seit dieser Zeit wurden sie in Dokumenten haumlufig als bdquoJuden des Koumlnigsldquo[84]
bezeichnet
Diesen exklusiven Anspruch konnte der Koumlnig bis zur Vertreibung durchsetzen auch wenn es
vereinzelt andere Herrschaftstraumlger gab die Macht uumlber Juden erlangten[85]
Die Juden waren dem
Koumlnig direkt unterstellt sie mussten ihm jede Geldforderung erfuumlllen im Gegenzug durften sie nach
ihrem Gesetz leben und ihren Wohnsitz frei waumlhlen[86]
Ein Privileg Richards I von 1190 erwaumlhnt
auszligerdem unter anderem das Recht der Juden auf Landbesitz und zollfreien Handel mit Wein[87]
Belastend fuumlr das Leben der Juden von England war das hohe Maszlig an Verwaltung das die
englischen Koumlnige geschaffen hatten um die Steuern effizient eintreiben zu koumlnnen Anlaumlsslich der
Kroumlnung Richards I im Jahre 1189 war es ausgehend von London zu Massakern an Juden in ganz
England gekommen Da die koumlnigliche Verwaltung nicht nachvollziehen konnte welche
Schuldscheine durch die Verfolgung vernichtet worden waren wurde als Reaktion 1194 ein
Archivsystem (archae) eingefuumlhrt das von nun an alle Geldgeschaumlfte sowie alle Juden mit ihrer
Finanzkraft verzeichnete[88]
Unter Heinrich III (1216-1272) aumlnderte sich der rechtliche Status der
Juden Im Jahr 1253 erlieszlig der Koumlnig ein Mandat das den Juden unter anderem verbot neue
Synagogen zu errichten christliche Bedienstete oder sexuelle Kontakte mit Christen zu haben und
Kirchen zu betreten Wichtigster Punkt war jedoch dass Juden nun ihren Wohnort nicht mehr frei
waumlhlen sondern nur noch dort leben durften wo bereits Juden ansaumlssig waren[89]
Viele der hier
formulierten Mandate waren im IV Laterankonzil von 1215 als verbindliche Verbote fuumlr die Juden in
der christlichen Welt festgelegt worden und fanden nun ihre Umsetzung Daneben stieg die
Besteuerung seit den 1240er Jahren stetig an wodurch die Finanzkraft der Juden bereits deutlich
geschwaumlcht wurde[90]
Im Falle Edwards I zeigte sich schlieszliglich dass die starke Bindung der Juden
an den Koumlnig die den Juden in fruumlheren Jahren zunaumlchst Unabhaumlngigkeit und Wohlstand gebracht
hatte nun ihren Ruin und schlieszliglich ihre Vertreibung bewirkte Der Koumlnig hatte bei Maszlignahmen die
die Juden betrafen kaum Widerspruch zu befuumlrchten zu eindeutig definiert war seine Machstellung
den Juden gegenuumlber In Frankreich unterstanden die Juden dem Herrn ihres jeweiligen Gebiets
der Koumlnig von Frankreich herrschte also nur in der Krondomaumlne uumlber die Juden des Koumlnigreiches[91]
Die Juden waren an ihr angestammtes Territorium gebunden und durften dieses nur mit der
Erlaubnis ihres Landesherrn verlassen Dieses Prinzip reicht bis in die Zeit von Philipp II August
(1180-1223) zuruumlck und wurde seit der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne 1198 in
verschiedenen Vereinbarungen mit anderen franzoumlsischen Territorialherren vertraglich fixiert[92]
Schon bei der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne kam es zu Irritationen da Philipp II
die 1182 vertriebenen Juden nach wie vor als bdquoseine Judenldquo ansah diese Auffassung aber
beispielsweise von Graf Theobald III von Campagne nicht geteilt wurde Er fuumlrchtete Steuerausfaumllle
und war der Meinung dass Juden die sich 1182 in der Champagne niedergelassen hatten nicht
mehr die Juden des Koumlnigs seien[93]
Auch andere Landesherren weigerten sich dem Wegzug ihrer
Juden in die Krondomaumlne zuzustimmen[94]
Auch erste Schritte eines buumlrokratischen Umgangs mit
den Geldgeschaumlften der Juden waren 1198 durch Philipp II August vorgenommen worden
moumlglicherweise beeinflusst durch die archae die in England 1194 unter Koumlnig Richard I eingerichtet
worden waren um die Geldgeschaumlfte und die Finanzkraft der Juden zu dokumentieren In jedem Ort
der Krondomaumlne gab es spezielle Beamte die die Kreditvertraumlge der Juden siegelten und so
kontrollierten wem die Juden welche Betraumlge an Geld liehen[95]
Auch den Juden konnte dieses
Verfahren als Sicherheit fuumlr ihre Geschaumlfte dienen Unter Ludwig VIII (1223-1226) kam es zum
ersten Eingriff in die Geldgeschaumlfte der Juden im franzoumlsischen Gebiet 1223 erlieszlig der Koumlnig
zusammen mit diversen Landesherren ein Statut in dem festgelegt wurde dass die Ruumlckzahlung
aller Schulden bei Juden an insgesamt neun Terminen an die koumlnigliche beziehungsweise
landesherrliche Schatzkammer erfolgen sollte Die Praxis des Siegelns von Urkunden uumlber
Darlehensvergaben wurde abgeschafft Erneut wurde festgehalten dass keiner der Herrscher Juden
eines anderen Herrschers bei sich aufnehmen duumlrfe wobei es bei diesem Punkt wieder zu
Unstimmigkeiten mit dem Grafen der Champagne kam der die Erklaumlrung nicht unterschrieb[96]
Bereits die ersten Jahre der Regierungszeit Ludwigs IX (1226-1270) brachten fuumlr die Juden weitere
Beschwerlichkeiten und erste direkte Aktionen gegen den Wucher Im Jahr 1227 kam es zu einer
erneuten Aneignung der ausstehenden Schulden bei Juden 1228 erging ein Mandat in dem Ludwig
IX befahl bei kuumlnftigen Geldgeschaumlften auf Zinsen zu verzichten Auszligerdem erklaumlrte der Koumlnig bei
Geldgeschaumlften die seit der Schuldentilgung ein Jahr zuvor geschlossen wurden alle Zinsen fuumlr
unguumlltig[97]
Auch die generelle Rechtsstellung der Juden wurde schon fruumlh in der Regierungszeit
Ludwigs IX definiert wobei es bei der alten Regelung blieb Im Statut von Melun hielten der Koumlnig
und die Landesherren daran fest dass die Juden tamquam proprii servi an das jeweilige Territorium
gebunden waren Christliche Schuldner wurden dazu aufgerufen ihre Schulden bei Juden zu
bezahlen nicht aber die Zinsen[98]
Die 1240er Jahre waren in Frankreich gepraumlgt vom Pariser
Talmudprozess in dem der Talmud als ketzerische Schrift verurteilt und danach oumlffentlich verbrannt
wurde[99]
Dies fuumlhrte unter anderem zu einer verstaumlrkten Auswanderung juumldischer Eliten aus
Nordfrankreich[100]
Insgesamt aumlnderte sich der rechtliche Status unter Ludwig IX nicht aber fruumlher
als die Herrscher in England nahm Ludwig IX der 1290 heilig gesprochen wurde den Kampf gegen
den Wucher auf Einige Aktionen Koumlnig Philipps IV (1285-1314) waumlhrend seiner ersten
Regierungsjahre in Bezug auf die Juden muumlssen vor dem Hintergrund der Vertreibungen gesehen
werden die sich in Regionen auszligerhalb der Krondomaumlne ereigneten so beispielsweise die
Ausweisung der juumldischen Fluumlchtlinge durch Philipp IV im Jahre 1291[101]
Daneben ist eine
konsequente Linie den Juden gegenuumlber nicht zu erkennen 1285 erneuerte er beispielsweise ein
Privileg zum Schutz von Synagogen und Friedhoumlfen zugleich bestaumltigte er die Pflicht der Juden ein
spezielles Abzeichen an ihrer Kleidung zu tragen[102]
Beides sind Zeichen dafuumlr dass der Koumlnig zu
dieser Zeit nicht daran dachte die Juden auszuweisen sondern das Leben der Juden rechtlich zu
definieren Vorrangiges Ziel Philipps IV war es zunaumlchst seine Oberherrschaft uumlber die Juden im
Suumlden zu sichern wo diese nicht von allen Baronen anerkannt wurde Die Herrschaft in der
Champagne hatte er sich durch Heirat bereits gesichert Dort in Troyes kam es 1288 zu einer
Mordanklage in deren Folge 13 Juden hingerichtet wurden wobei der Koumlnig ihre Besitztuumlmer
einzog[103]
Groumlszligeren Einfluss auf den Koumlnig scheint die Hostienschaumlndungbeschuldigung 1290 in
Paris gehabt zu haben Philipp IV warnte die Juden vor weiteren Hostienschaumlndungen und
spendete ein Haus neben der Kirche die zum Gedenken an den Fall errichtet worden war[104]
Wie
sein Groszligvater Ludwig IX setzte Philipp IV den Kampf gegen den Wucher fort verbot ihn 1299 und
1303 daneben wurde auch das Verbot des Neubaus von Synagogen sowie des Talmuds bei diesen
Gelegenheiten erneuert[105]
In einer konzentrierten und laumlnger vorbereiteten Aktion lieszlig Philipp IV
dann die Juden (oder jedenfalls die Familienvorstaumlnde) vermutlich am 22 Juli 1306 festsetzen Dies
diente dazu eine genaue Aufstellung der Judenguumlter vorzunehmen und um sich die ausstehenden
Schuldscheine zu sichern Gleichzeitig bedeutete es das Ende der juumldischen Siedlung in Frankreich
bis zu ihrer Wiederzulassung unter Ludwig X im Jahr 1315
Sowohl bei der Vertreibung aus England als auch der aus Frankreich zeigt sich die Gefahr die die
Abhaumlngigkeit der Juden vom Herrscher barg Vor allem in England hatte die privilegierte Position fuumlr
Wohlstand und ein groszliges Maszlig an innerer Autonomie etwa in der Rechtssprechnung oder in bezug
auf die Freizuumlgigkeit gesorgt[106]
Sie schuumltzte die Juden jedoch nicht immer vor Gealtakten wie den
seit der Mitte des 12 Jahrhunderts immer wieder vorkommenden Ritualmordvorwuumlrfen In
Frankreich verschlechterten sich ihre Lebensumstaumlnde mit der Ausbreitung der Krondomaumlne War
es 1182 noch ein geringes Problem fuumlr die Juden eine neue Heimat zu finden und von anderen
franzoumlsischen Landesherren wohlwollend aufgenommen zu werden war dies 1306 nicht mehr
moumlglich Die Herrscher nahmen die theologischen Diskurse uumlber den Wucher oder den Talmud auf
und wurden des weiteren beeinflusst durch antijuumldische Blut- und Hostienschaumlndungsvorwuumlrfe
Auch wirtschaftliche Uumlberlegungen haben eine Rolle gespielt ebenso mag es eine Dynamik
gegeben haben angestoszligen durch die weiteren Vertreibungen in dieser Umbruchszeit in der sich
jeder Herrscher damit profilieren wollte und konnte die Juden zu vertreiben
Die allgemeine Verurteilung des Wuchers
Obwohl gerade in der hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts verstaumlrkt die finanziellen Interessen vor
allem des franzoumlsischen Koumlnigs als Motiv der Vertreibung hervorgehoben wurde folgte die zeitnahe
Argumentation einer innerjuumldischen Perspektive anderen Erklaumlrungsmustern So gilt es zumindest
im Falle der Vertreibung aus England festzuhalten dass sich unter den Juden die Vorstellung
verbreitete das Fehlverhalten einzelner Juden haumltte die Ausweisung von 1290 wie auch andere
Vertreibungen mit verursacht Doch laumlsst sich im Wuchervorwurf gegenuumlber den Juden - dem
durchgaumlngigen Argument der Vertreibungen im 13 Jahrhundert - nicht etwa eine vordergruumlndige
falsche Praxis des Geldverleihs als ausloumlsendes Moment vermuten wie dies gelegentlich auch von
christlicher Seite von den Zeitgenossen vertreten wurde[107]
Vielmehr begann sich seit dem 12
Jahrhundert unter christlichen Gelehrten und weltlichen Herrschern ein theologisches Verstaumlndnis
bezuumlglich des Wuchers durchzusetzen das der wirtschaftlichen Taumltigkeit der Geldleihe auch in den
Haumlnden der Juden keine geduldeten Nische zuzuweisen bereit war[108]
Wucher wurde nun nicht
mehr als Suumlnde gegen den Naumlchsten aus mangelndem Mitgefuumlhl betrachtet und als turpe lucrum
(schaumlndlicher Profit) definiert sondern als Suumlnde gegen die iustitia[109]
Gemaumlszlig dieser Vorstellung
waren alle Wuchergewinne Diebesgut und muszligten zuruumlckgegeben werden Viel schwerer wog die
Feststellung daszlig sich die nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger durch ihre Besteuerung der Juden am
Wuchergewinn der Juden beteiligten und sich darum der gleichen Suumlnden schuldig machten[110]
Somit wurde auf demselben Wege der fuumlrstliche oder koumlnigliche Judenschutz die Legitimation
entzogen Die voumlllige Unterbindung des juumldischen Geldhandels schien darum fuumlr die meisten
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger der einzig richtige Weg wie dies bereits die im Namen Koumlnig
Ludwigs IX verkuumlndete ordenance von Melun 1230 forderte[111]
Als letzte Konsequenz blieb die
Ausweisung der Juden aus immer mehr Herrschaften des franzoumlsischen Koumlnigreiches und
schlieszliglich der Kronlande Das Zerbrechen des Miteinanders von Juden und Christen innerhalb des
franzoumlsischen Koumlnigreiches sowie die schrittweise Aufloumlsung bzw Zerschlagung des
jahrhundertealten juumldischen Siedlungsnetzes muszlig auf die juumldischen Gemeinschaften der
benachbarten Regionen so z B in den Rheinlanden verstoumlrend und beaumlngstigend gewirkt haben
Der dieser Vertreibung zugrundeliegende theologische Diskurs zu Geldhandel und Wucher und die
daraus resultierenden Folgen fuumlr die eigene juumldischen Existenz scheint jedoch nur einen geringen
Einfluszlig auf die Wahrnehmung ihrer eigenen Situation gehabt zu haben Im Zuge der Vertreibung der
franzoumlsischen Juden im Sommer und Herbst 1306 waren juumldische Fluumlchtlinge in die deutschen
Rheinlande gelangt[112]
Wohl wenige Monate spaumlter trafen in Worms die Delegierten des dortigen
Gemeindebezirkes die Vertreter der die Wormser Gemeinde und der sie umgebenden juumldischen
Niederlassungen auf einer Versammlung zusammen Auf diesem juumldischen Landtag sollte eine
Rechtssatzung eine Takkanah verabschiedet werden die die Praxis der juumldischen Geldleihe im
Einzugsgebiet der Gemeinde Worms sowie das Verhalten gegenuumlber hochverschuldeten Kunden
neu regelte[113]
In der Zusammenkunft der Haumlupter des Volkes im bdquoLand Wormsldquo im Jahr 67 des sechsten Jahrtausends
(10 Sept 1306 - 28 Augutst 1307) weil sich wegen unserer groszliger Verfehlungen die Noumlte der
Soumlhne unseres Volkes vermehrten durchforschten wir unsere Taten und fanden dass seit einiger
Zeit ein Schwert die Seele der Elenden und Reinen auffraszlig weil sie Vermoumlgen vermehrt hatten
durch Zins und Zinseszins von den Fuumlrsten der Nichtjuden Diese schuldeten ein Riesenvermoumlgen
den Familienvorstaumlnden Sie schmiedeten Raumlnke sich auf die Juden zu stuumlrzen und sie zu
uumlberfallen um sich von ihren Schulden zu befreien Wir haben beschlossen dass man keine
Erhoumlhung hinzufuumlgen darf und jedem Mann und jeder Frau nicht gestattet werden soll irgend einem
Nichtjuden einem einzelnen Schuldner mehr als 100 Pfund Hallisch zu leihen Und wenn der
Zeitpunkt der Schuldruumlckzahlung gekommen ist soll es nicht mehr gestattet sein die Zinsschuld der
Schuldsumme zuzuschlagen sondern man soll aus der Hand des Schuldners die ganze Schuld
einziehen Und wenn man nicht die ganze Schuld von ihm einziehen kann soll man sich nicht
hindern lassen wenigstens den Zins einzuziehen Nur soll man den Schuldner nicht mit List
uumlbervorteilen Und wenn es nicht gelingt irgend etwas einzuziehen dann soll man dies dem Rat
seiner Gemeinde mitteilen und nach deren Geheiszlig soll man handeln Was das Schuldgeschaumlft der
fuumlrstlichen Schuldner betrifft deren Schulden sich schon vermehrt haben und die niemand mehr
begleichen kann Die Glaumlubiger sollen sich huumlten sie mit hohen Zinsen zu belasten denn es sind
Komplotte zu befuumlrchten was Gott verhuumlten moumlge Schon einige Personen haben sich
zusammengeschlossen und dies gerade nicht bei den Fuumlrsten sondern bei den Klerikern und den
Buumlrgern [114]
Offenkundig standen den Delegierten die befuumlrchteten Konsequenzen der Geldleihe deutlich vor
Augen Wohl ebenso eingeschuumlchtert durch die in Frankreich vollzogene Vertreibung der Juden
wurden von seiten der Juden eigene Verfehlungen aber auch unguumlnstige Machtkonstellation
beobachtet die im Falle der franzoumlsischen Juden zu deren Untergang gefuumlhrt hatten Die
Beziehungen von Juden und Christen steckten auch in den Rheinlanden in den eingangs genannten
Bereichen von Wirtschaft Herrschaft und Religion in einer tieferen Krise Die auf dem
Versammlung von Worms beschlossenen Gegenmaszlignahmen blieben auf die juumldischen Teilnehmer
beschraumlnkt Zuruumlckhaltung gegenuumlber den christlichen Kunden Demut gegenuumlber Gott und das
Flehen um sein Erbarmen was mit guten Werken unterstuumltzt werden soll Eine direkte Verhandlung
mit den christlichen Herrschaftstraumlgern war nicht mehr vorgesehen Das gegenseitige Vertrauen
zwischen Juden und Christen war verschwunden in einer Zeit in der nicht mehr Koexistenz sondern
vor allem von Seiten der Juden die Sorge um die eigene Zukunft das eigene Handeln bestimmte
Zusammenfassung
Die Vertreibung der Juden aus England hatte innerhalb des juumldischen Kontextes noch zu Ansaumltzen der
Selbstreflexion gefuumlhrt die einen konkreten Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Vertretern
der juumldischen Seite und den politischen Entscheidungen der nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger
gegenuumlber der eigenen Gruppe erkennen mochten Dennoch waumlhnte man sich weiterhin in einem
rechtlich voumlllig abgesicherten Verhaumlltnis zur christlichen Umwelt Man war sich eines besonderen
Status innerhalb der christlichen Mehrheitsgesellschaft bewuszligt der in den Augen der Juden in
keiner Weise gefaumlhrdet schien Noch in der zweiten Haumllfte des 13 Jahrhunderts definierte Meir ben
Baruch (gest 1293) die Stellung der Juden im Reich als die eines freien Landbewohners der sein
Land nicht aber seine persoumlnliche Freiheit verloren hat [115]
Er sei darum nicht wie die Nichtjuden
den Fuumlrsten unterworfen und zu Steuerzahlungen verpflichtet Diese Konstruktionen erinnern stark
an die noch im 12 Jahrhundert in Frankreich vertretenen Rechtsauffassungen eines Itzchaq ben
Shmuel von Dampierre (gest ca 1185)[116]
der ebenfalls die Freiheit der Juden im Vergleich zu den
Nichtjuden hervorhebt ihre voumlllige Bewegungsfreiheit im Gegensatz zu an die Scholle gebundenen
Nichtjuden betont und die Juden ebenfalls aus der Rechtspraxis herausnimmt die dem
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger gestattet bei Abwanderung von Personen deren beweglichen
Besitz einzuziehen[117]
Nach juumldischer Auffassung folgten die Interaktionen zwischen Juden und
Christen nach Regeln die von beiden Seiten anerkannt waren Das jedoch sich dies Regelwerk zu
ungunsten der Juden verhaumlndert haben mochte daszlig die eigene Bewegungsfreiheit inzwischen mehr
und mehr eingeschraumlnkt wurde die besonderen Steuergesetzgebung seit den Aumluszligerungen des
Itzchak von Dampiegravere sich erheblich veraumlndern hatte und damit nach daszlig Verhaumlltnis zur christlichen
Umwelt nun erheblichen Umwaumlltzungen unterworfen war wurde wie die Aumluszligerung Meirs nahelegt
weder reflektiert noch einigermaszligen registriert
Das Verhalten der franzoumlsischen Juden Angesichts ihrer Vertreibung ist darum keinesfalls verwunderlich In
den wenigen juumldischen Selbstzeugnisse zur Vertreibung der franzoumlsischen Juden finden sich keine
Spuren die auf einen Prozess der Selbstreflexion schlieszligen lassen Die Frage der Motivation zur
Vertreibung der Juden wird soweit dies die Quellen erkennen lassen nicht diskutiert Der
offenkundige theologische Diskurs zur Unrechtmaumlszligigkeit des auf Zinsen geleisteten Geldverleihs
dem die juumldischen Gemeinschaft im franzoumlsischen Koumlnigreich letztlich zum Opfer fiel wird
nirgendwo rezipiert Man koumlnnte den Eindruck gewinnen dass sich den franzoumlsischen Juden die
Gefaumlhrlichkeit der Diskussion um den Wucher zu keinem Zeitpunkt erschloss Auch in den
konstruierten Narrativen der folgenden Generationen steht die auch fuumlr den einzelnen Juden
folgenreiche finanzielle Auspluumlnderung durch die franzoumlsische Krone im Vordergrund Allerdings
zeigt die Quelle aus dem rheinischen Kontext dass zumindest nach der Vertreibung aus dem
franzoumlsischen Koumlnigreich im Jahre 1306 unter den rheinischen Juden bestimmte Formen der
Geldleihe als Element der Selbstgefaumlhrdung wahrgenommen wurde Dabei macht die Uumlberlieferung
der Wormser Versammlung auch deutlich das die Zerruumlttung des Verhaumlltnisses von Juden und
Christen auch von juumldischer Seite nicht mehr geleugnet werden konnte Dass es sich dabei nicht nur
um eine wirtschaftliche Auseinandersetzung sondern zunaumlchst um einen christlichen theologischen
Diskurs handelte der sich gaumlnzlich juumldischem Handeln entzog scheint den Protagonisten der
Wormser Gemeinde nicht zugaumlnglich gewesen sein Ohne zu erkennen dass die Geldleihe und
somit die eigene wirtschaftliche Existenz gaumlnzlich in Frage gestellt werden koumlnnte versuchten die
Vertreter der Wormser Versammlung durch einzelne Maszlignahmen die Beziehungen zur christlichen
Umgebung zu entlassten um Gefahren von der eigenen Gemeinschaft abzuwenden Auf diese
Weise wurden die Juden im Westen Europas mehr und mehr wirtschaftlichen und theologischen
Dynamiken ausgesetzt die sich jenseits der juumldischen Wahrnehmung auszuformen begannen und
schlieszliglich in die Verdraumlngung der Juden muumlnden sollten die in der Vertreibung von England und
Frankreich ihren Anfang nahm
Rainer Barzen Lennart Guumlntzel
1 uarr Vgl zu Frankreich Chazan Jewry (1973) 154-207 Jordan Monarchy (1998) 177-261 Zu
England Hyams Jews (1996) 173-192 Mentgen Vertreibungen (1997) 11-53 Mundill England
(1998)
2 uarr Chazan Jewry (1973) 63-100 Ders Church (1980) 312f Jordan Monarchy (1998) 23-38
3 uarr Zur Geschichte der Juden unter Ludwig IX vgl Chazan Jewry (1973) 100-153
4 uarr Die Vorbildfunktion Ludwigs IX vor allem in Hinblick auf den Kampf gegen den Wucher erwaumlhnt
Cluse Zusammenhang (1999)135ndash163
5 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
6 uarr Chazan Church (1980) 313-317
7 uarr Florentii Wigorniensis 214f
8 uarr Ebd 212
9 uarr Chazan Church (1980) 317-319
10 uarr Aufstellung der Chroniken bei Abrahams Expulsion (1895) 449f
11 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
12 uarr Ordonnances 317
13 uarr Jordan nennt als Beispiel die Ortschaft Niort die ihre Juden vertreiben konnte Jordan Monarchy
(1998) 183
14 uarr Ebd 184f
15 uarr Ebd 184
16 uarr Ebd 183f
17 uarr Zu den Motiven Philipps IV siehe Mentgen Vertreibungen (1997) 46-49 Schwarzfuchs
Expulsion (1967) 485f
18 uarr Uumlber den generellen Wucherdiskurs siehe unten Kapitel V2
19 uarr Close Rolls Edward I 109
20 uarr Annales de Waverleia 409 ldquo(hellip) Judaeorum (hellip) quae per diversas urbes et castra regionis
Anglicanae per retroacta tempora habitabat confidenter procurante domina Alienora matre dicti
regis Angliae jussa est per edictum regium (hellip)rdquo
21 uarr Annales de Dunstaplia 361-362bdquo (hellip) propter blasphemias quas Judaei saepe faciebant fidei
Christianae statuit rex ut omnes Judaei cum semine suo et substancia ab Anglia pellerentur (hellip)rdquo
22 uarr Ebd bdquo(hellip) et concessit eis rex salvum conductum In ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt
submersi per vim et fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
23 uarr Zum Verhaumlltnis von Dominikanern und Juden zu dieser Zeit vgl Cohen Friars (1982) sowie
Ders Letters (1999)
24 uarr Florentii Wigoriensis 214
25 uarr Uumlber ein moumlgliches Interesse des Adels an der Vertreibung der Juden siehe Mentgen
Vertreibungen (1997) 27-30
26 uarr Annales de Dunstaplia 361-362 bdquoIn ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt submersi per vim et
fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
27 uarr Pierre de Langtoft II 186 bdquoThomas de Wilaund en baunk primer nomeacute par agarde de la court le
regne ad forjoreacute et en la terre de France sanz repairer aleacute Ses compayons ses clercs sunt pris e
meneacute a la thour de Loundres delivreacutes par moneacuteldquo
28 uarr Ebd 188 bdquoPur le quinzme dener al rays en ayeldquo
29 uarr Ebd bdquoOre sunt alez en France e en Pykardye Tutes lur dettes e lur manauntye Sunt salves al
ray dunt fere sa curtaysyeldquo
30 uarr Oumlsterreichische Reimchronik Verse 91239-91777 1186-1192ldquo die dritten vorderungdie an den
Franzois junctet der kunic Albrehter jach die Juden ze rehtgehocircren daz ricircche an und ander nieman
()ldquo Zu dieser Quelle vgl Ziwes Studien (1995) 33f Anm 16
31 uarr Prima Vita Clementis V 5
32 uarr Quarta Vita Clementis V 62bdquo Anno Domini MCCCVJ in festo sancte Marie Magdalene de
mandato et ordinatione regis Francie fuerunt capti omnes Judei ubique in regno Francie quasi
imperceptibiler una die et confiscata sunt bona ipsorum quecumque potuerunt inveniri fueruntque
a regno expulsi ulterius minime reversurirdquo Vgl auch Sexta Vita Clementis V 92-93bdquo Et etiam in
isto anno in die sancte Marie Magdalene omnes Judei de regno Francie congediati [congregati]
fuerunt et eorum bona omnia extiterunt confiscatardquo
33 uarr Continuatio Guilelmi de Nangis 59 bdquoMense Augusto Rex Philippus omnes Judaeos de Regno
Franciae penitus amp omnino fecit expelli certum regressionis terminum sub poena mortis praesigens
eisdemrdquo
34 uarr Florentii Wigoriensis 192 ldquoBarones cum Londoniensibus Judaismum Londoniae spoliaverunt
multis Judaeis interfectisldquo Siehe auch Mundill England (1998) 41
35 uarr Florentii Wigoriensis 210ldquo Rex die Sancte Calixti synagogam Judaeorum in villa Londoniensi
fratribus de Poenitentia contulit Jesu Christi ()ldquo
36 uarr Ebd 222bdquoApud Norhamtonam () puer quidam a Judaeis crucifixus estrdquo
37 uarr BennerReverchon Juden (2003) 181
38 uarr Rubin Tales (1999) 40-48
39 uarr Mentgen Vertreibungen (1997) 42-44
40 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 64f sieht den Muumlnzbeschneidungsskandal als Folge der Verarmung
der Juden Eine andere Meinung vertritt Mundill England (1998) 195-198 der vor allem auf eine
erfolgreiche Rolle der Juden im Wollhandel verweist
41 uarr Florentii Wigoriensis 221ldquo Rex omnes Judaeos et quosdam Christianos de retonsura aut alia
monetae falsatione convictos fecit suspensi Unde Londoniae CCLX et VII Judaei mortis judicium
subierunt Quidam autem relegati quidam etiam eorum perpetuo sunt carceri adjudicati et quidam
in Anglia remanseruntrdquo Vgl auch Mundill England (1998) 67f sowie uumlber die Zahl der Opfer weiter
oben Anmerkung 36
42 uarr Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 S 20
43 uarr Nach der chronikalischen Uumlberlieferung waren es 267 bzw 269 hingerichtete Juden Eine
Auswertung der auszligerchronikalischen Quellen ergab die Zahl von 298 erhaumlngten Juden Rokeacuteach
Monex I (198890) 98
44 uarr Jordan Monarchy (1989) 182f
45 uarr rdquoVos autre fuistis Engles qui exiverunt de terra eorum quia rotundabatis monetamrdquo in
Shatzmiller Schlomo Ibn Verga (1988) 355 Ders Solidariteacute (1986) 423
46 uarr Shlomo Ibn Verga Shevet Yehudah Teil I (hebr) Teil II (dt Uumlbersetzung)(Edit Wiener) Shevet
Yehudah (Edit Shochat)
47 uarr Zu Leben und Werk Shlomo Ibn Vergas Baer Hearot (1934) 152-179
48 uarr Shevet Yehudah Nr 18 (hebr S 42-43 dt Uumlbers S 84-85) Shevet Yehudah (Edit Shochat)
S 66
49 uarr Shevet Yehudah Nr 20 (hebr 43-45 dt Uumlbers 86-89)
50 uarr Zu Yosef ha-Kohen und seinem Werk Loeb Josef Hacohen (1888) XVI 28-56 211-235 XVII
74-95 247-271
51 uarr Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (dt
Uumlbersetzung Wiener)
52 uarr Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) 38-39 (Edit Wiener) 41-42
53 uarr Usque Nachum Israel III (1908) XI-XIII Auch bei Gedalyah Ibn Yachjah Shalshelet ha-
Kabbalah (nach Graetz Geschichte VII (1897) 429 weitere Quellen Graetz ebd 426-430)
54 uarr Siehe Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 20a
55 uarr ldquoSie [die Dominikaner] brachten sogar Muumlnzsorten herbei die sie selbst zuhause beschnitten
hattenldquo Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) S 38 (Edit Wiener) 41
56 uarr Fuumlr vielerlei Hinweise zur hebraumlischen Uumlberlieferung der Vertreibung der franzoumlsischen Juden sei
Dr Abraham David Jerusalem herzlich gedankt
57 uarr Schwarzfuchs History (2001) 269-274 Ben-Shalom Communication (1991) 171-225
58 uarr Abba Mari ben Mose von Lunel Sefer Minchat Qenaot Nr 120 in Shlomo Ibn Adret Tshuvot II
835-836
59 uarr BT Berachot 70a Gemeint ist hier die Philosophie griechischer Tradition die von Abba Mari
besonders bekaumlmpft wurde Shlomo Ibn Adret Teshuvot Bd 2 835 Anmerkung zu Zeile 1 Abba
Mari brachte die Vertreibung der suumldfranzoumlsischen Juden mit deren Hinwendung zur griechischen
Philosophie in Verbindung Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 832 Anmerkung zu Zeile 8
60 uarr Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 835-836 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001) 273
61 uarr Jordan French Monarchy (1989) 195196
62 uarr Saige Juifs (1881) 92
63 uarr Jordan French Monarchy (1989) 205 Saige Juifs (1881) 101-102 308-319 324-325
64 uarr Zu Leben und Werk sowie zu seinem Aufenhalt im Lande Israel siehe Schwarzfuchs History
261 Elbaum Estori ha-Parhi S 918f
65 uarr Zur Bedeutung des hebraumlischen Begriffes Prowentzah der neben der heutigen Provence auch
das Languedoc miteinschloss siehe Gross Gallia Judaica (1887) 489 In diesem Sinne entspricht
Prowentzah der roumlmischen Provincia Narbonnensis In Kontext der Vertreibung der Juden im
Jahre 1306 kann nur das Languedoc gemeint sein
66 uarr Eshtori haParchi Kaftor waFerach 218
67 uarr Schwarzfuchs History (2001) 276-278 Dahan Gersonide (1991)
68 uarr Levi ben Gershom Pirush al ha-Torah
69 uarr Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 153-154
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
eine Vertreibung der Juden war aber vorher nicht angedroht worden[3]
Das Vorhaben der Vertreibung von
1254 wurde nicht durchgefuumlhrt und hatte daher auch keine unmittelbaren Konsequenzen fuumlr die Juden
Doch kann bereits allein die Intention Ludwigs IX der in seiner Zeit als vorbildlicher christlicher Koumlnig galt
und bereits 20 Jahre nach seinem Tod heilig gesprochen wurde als wegweisend fuumlr andere Herrscher
gesehen werden[4]
Die Kette der Vertreibungen die schlieszliglich ganz England und Frankreich umfassten
begann 1287 in der Gascogne die zu dieser Zeit vom englischen Koumlnig beherrscht wurde Die meisten
Juden zogen nach Navarra ins Languedoc und Poitou Erstmalig erhielt mit Edward I ein Koumlnig eine
finanzielle Zuwendung von Adeligen und Klerus fuumlr eine Ausweisung[5]
Im Jahre 1289 vertrieb Karl II von
Anjou (1254-1309) alle Juden aus seinen Grafschaften Maine und Anjou In seiner ausfuumlhrlichen
Begruumlndung erklaumlrte er die Vertreibung der Juden mit deren gottlosem Wucher Beleidigungen des
christlichen Glaubens und sexuellem Verkehr von juumldischen Maumlnnern mit christlichen Frauen Um sein
Redlichkeit zu unterstreichen lieszlig er aumlhnlich wie Ludwig IX dies beabsichtigt hatte alle christlichen
Geldleiher vertreiben Auch er erhielt eine Abgabe von Klerus und Adel fuumlr die Vertreibung[6]
In England
wurden die Juden schon seit dem Regierungsantritt Edwards I mit feindlichen Maszlignahmen konfrontiert
Aufgrund der sich in jener Zeit verstaumlrkenden Kritik am Wucher verbot Koumlnig Edward I den englischen
Juden im Jahre 1275 die Zinsleihe in der die Juden primaumlr taumltig waren Dieses sbquoStatutum de Judeismorsquo
forderte von den Juden auf den Wucher zu verzichten und sich statt dessen anderen Berufen etwa dem
Handel oder dem Handwerk zuzuwenden[7]
In den Jahren 127879 kam es zu einem weiteren Einschnitt im
Leben der englischen Juden Sie wurden zusammen mit einigen Christen der Muumlnzbeschneidung
beschuldigt Der Prozess gegen die Juden fand groszliges Aufsehen auch bei Juden in anderen Laumlndern wie
wir spaumlter noch sehen werden Es wurden vier Christen und 267 Juden verurteilt und hingerichtet[8]
Kurz
vor der Ausweisung im Jahr 1287 forderte Koumlnig Edward zum letzten Mal eine Sondersteuer von 12000
Pfund Sterling von den Juden und lieszlig zur Durchsetzung seiner Forderungen Massenverhaftungen
durchfuumlhren Die finanziellen Kraumlfte der Juden waren aber so erschoumlpft dass sie lediglich 4023 Pfund
aufbringen konnten 1290 kam es schlieszliglich zur Vertreibung der Juden aus England Edward I bezog sich
in seinem Vertreibungsedikt direkt auf das sbquoStatutum de Judeismorsquo das den Juden 1275 die Geldleihe
gegen Zinsen verboten hatte von den Juden jedoch nicht beachtet worden sei[9]
Verschiedene
Chronikeintraumlge zu den Vertreibungen von 1290 die sehr unterschiedliche Begruumlndungen anfuumlhren
zeigen dass man in England den Rechtfertigungen Edwards I nicht vorbehaltlos glaubte[10]
Als Folge der
Vertreibungen aus der Gascogne Maine und Anjou kam es in der Grafschaft Poitou zu einem massiven
Zuzug juumldischer Fluumlchtlinge Im Jahre 1291 baten die oumlrtlichen Gemeinden Philipp IV darum diese Juden
ausweisen zu duumlrfen[11]
Koumlnig Philipp IV gestattete ihre Ausweisung war er doch selbst im gleichen Jahr
mit den aus England in die franzoumlsische Krondomaumlne geflohenen Juden so verfahren[12]
Nach Intervention
durch reiche Juden nahm er das Edikt jedoch zuruumlck so dass nur wenige Juden aus einigen Orten
vertrieben wurden[13]
Aus der Grafschaft Nevers wurden die Juden 1294 ausgewiesen[14]
Die meisten
dieser Juden zogen nach Paris[15]
Die Pariser Judengemeinde hatte sich ebenso wie etwa die von
Carcassonne oder Toulouse in den letzten Jahren enorm vergroumlszligert Wenige Staumldte mussten nun die
Juden aufnehmen die vorher uumlber ganz Frankreich verteilt gewesen waren Problematisch war auch dass
es sich nicht um wohlhabende sondern um verarmte Juden handelte die ihren Besitz bei den
Vertreibungen verloren hatten Fuumlr die Herrscher also nun insbesondere Philipp IV waren sie von
geringem Wert weshalb dieser auch 1291 zunaumlchst nur die englischen Juden und die Juden aus der
Gascogne vertreiben lieszlig[16]
Schlieszliglich kam es 1306 auch in dem vom franzoumlsischen Koumlnig beherrschten
Gebiet zum Ende der juumldischen Siedlung Philipp IV nutzte mit der Vertreibung die Moumlglichkeit sich als
christlicher Koumlnig zu profilieren und gleichzeitig an enorme Geldwerte und Immobilien zu gelangen[17]
Die Vertreibungen der Juden Englands und Frankreichs aus nichtjuumldischer Sicht
England
Es existieren einige interessante Quellen die in der Beschreibung der Ursache fuumlr die Vertreibung stark
differieren Die wichtigste und aufschlussreichste Quelle ist das offizielle Vertreibungsedikt Koumlnig Edwards
I mit dessen Analyse nun begonnen werden soll Die Argumentation des Koumlnigs ist im Kulturbereich Recht
zu verorten Die Juden haumltten ein Gesetz gebrochen als Konsequenz muumlssten sie das Land verlassen
Tatsaumlchlich ist die Wucherdiskussion in erster Linie religioumls aufzufassen mit groszligen Konsequenzen fuumlr
andere Kulturbereiche wie Wirtschaft und Herrschaft[18]
Im Vertreibungsedikt erinnert der Koumlnig daran dass
den Juden im Jahre 1275 die Zinsleihe verboten worden war und stellt dann fest dass sie eine Alternative
gefunden haumltten um das Verbot zu umgehen und weiterhin Geld gegen Zinsen an Christen zu verleihen
Daher beschloss der Koumlnig nun zur Ehre Christi alle Juden aus seinem Koumlnigreich zu vertreiben Die
ausstehenden Schulden sollten natuumlrlich ohne Zinsen an den Koumlnig zuruumlckgezahlt werden Ebenso
beanspruchte Edward die zuruumlckgelassenen Immobilien als sein Eigentum[19]
In der Quelle wird allerdings
auf die Motive den Wucher zu verbieten nicht eingegangen Die Annalen von Waverley erwaumlhnen die
offiziellen Begruumlndungen Edwards mit keinem Wort Dort heiszligt es vielmehr die Juden die schon seit
Generationen sicher in verschiedenen Staumldten und Doumlrfern gewohnt haumltten seien nun durch einen
Beschluss Koumlnig Edwards vertrieben worden der von der Koumlniginmutter Eleonore veranlasst worden sei[20]
In dem kurz gehaltenen Eintrag der Annalen von Waverley erscheint die Koumlniginmutter also als Ausloumlser in
der Vertreibung sie wurde auf ihr Betreiben wegen persoumlnlicher Animositaumlten den Juden gegenuumlber
durchgefuumlhrt Wesentlich ausfuumlhrlicher berichten die Annalen von Dunstable eine in den 1290ern im
Augustinerkloster von Dunstable verfasste Chronik uumlber die Vertreibung[21]
Erster Grund seien die
wiederholten nicht naumlher charakterisierten Beleidigungen die die Juden gegenuumlber dem christlichen
Glauben begangen haumltten Weiter wird erwaumlhnt dass viele Juden denen vom Koumlnig sicheres Geleit
zugestanden worden waumlre auf ihrer Reise Gewalttaten zum Opfer gefallen seien Die Taumlter dieser
Uumlbergriffe seien gehaumlngt worden[22]
Alle Schichten der Bevoumllkerung so die Annalen waren uumlber die
Vertreibung erfreut die Barone und die Kirche dankten dem Koumlnig mit umfangreichen Geldzahlungen Zwei
Gruumlnde werden in den Annalen von Dunstable genannt Zum einen nicht naumlher ausgefuumlhrte bdquoBlasphemienldquo
der Juden was auf Probleme im religioumlsen Bereich hinweist Zum anderen erscheinen die Geldzahlungen
der Barone und des Klerus Die Annalen berichten zwar diese seien nachtraumlglich als eine Art bdquospontaner
Ausdruck der Freudeldquo erfolgt doch darf man wohl annehmen dass sie schon vor der Vertreibung
vereinbart wurden und als bdquoMotivationshilfeldquo fuumlr die Entscheidung des Koumlnigs zu verstehen sind Hier ist zu
fragen welches Interesse die Barone und der Klerus an der Ausweisung der Juden hatten Wiederum sind
religioumlse und wirtschaftliche Gruumlnde denkbar Fuumlr den Klerus koumlnnte noch der Konversionsskandal um
Robert von Reading nachgewirkt haben Dieser Dominikanermoumlnch war 1275 zum juumldischen Glauben
konvertiert und hatte so die Anfeindungen die bereits vorhanden waren[23]
noch verstaumlrkt[24]
Der Adel
hingegen koumlnnte sowohl ein Interesse an Laumlndereien die den Juden als Pfaumlnder uumlberlassen worden waren
und nun wieder frei wurden gehabt als auch die Konkurrenz moumlglicher juumldischer Konkurrenten im Handel
gefuumlrchtet haben[25]
Daneben uumlberrascht die eingeschobene Geschichte von Uumlberfaumlllen denen einige
Juden bei der Ausreise zum Opfer fielen[26]
Anscheinend wurden die Juden jedenfalls von diesem
christlichen Chronisten nicht als rechtlos angesehen daher die Betonung dass die Uumlbeltaumlter gehaumlngt
wurden Die Juden zu vertreiben war eine Sache aber rechtlos wurden sie nicht Sie standen offenbar noch
unter dem Schutz englischer Gesetze Dies verweist indirekt wieder auf das Vertreibungsedikt Edwards I
Auch dort wird primaumlr rechtlich argumentiert sodass der Eindruck entsteht dass sich auch der Koumlnig an
einem rechtlichen Rahmen orientieren wollte In der Reimchronik Pierre de Langtofts steht die Vertreibung
der Juden in einem weiteren allgemeinen Kontext Langtoft ein Augustinermoumlnch aus Yorkshire berichtet
zu 1289 wie Edward nach vier Jahren Aufenthalt in der Gascogne wieder nach England zuruumlckkehrte und
das Land in schlechtem Zustand vorfand Es kam zu Untersuchungen und Prozessen bei deren Ende unter
anderem der Oberste Richter Thomas de Weyland ins Exil nach Frankreich gehen musste und seine
Mittaumlter in den Tower geworfen wurden oder eine Geldstrafe zahlen mussten[27]
Die Vertreibung der Juden
erscheint bei Langtoft in diesem Kontext Der Koumlnig houmlrte sich die Beschwerden der Barone und des Adels
an beriet sich mit dem Parlament stellte Untersuchungen an und kam daraufhin zu dem Entschluss die
Juden auszuweisen Dafuumlr erhielt er von bdquoKlerikern und Laienldquo eine festgesetzte Summe als Hilfe[28]
Die
Juden so Langtoft gingen in die franzoumlsischen Kronlande und in die Picardie alle ihre
Hinterlassenschaften also die Schuldscheine und Immobilien behielt der Koumlnig fuumlr sich[29]
Diese Quelle
bietet die meisten Informationen uumlber die Vertreibungen Sie werden als Teil eines umfassenden
Reformprozesses dargestellt der stattfand als Edward nach vier Jahren Aufenthalt in der Gascogne ndash wo
er wie schon berichtet 1287 die dortigen Juden vertrieben hatte ndash nach England zuruumlckkehrte Was den
Juden vorgeworfen wurde wird nicht genannt aber der Bericht kommt der offiziellen Begruumlndung Edwards
am naumlchsten Die Geldzahlungen fuumlr die Vertreibung als Ausgleich fuumlr den Koumlnig die schon in den Annalen
von Dunstable genannt wurden werden hier nun konkretisiert Sie waren Teil der Abmachung zwischen
Adel Klerus und Koumlnig und wurden vorher ausgehandelt Die Vertreibung ist in diesem Kontext als
politische Aktion dargestellt die in den Bericht uumlber eine allgemeine Reformierung des Landes eingebettet
ist Was laumlsst sich aus den Chronikberichten schlieszligen Erstens ist deutlich dass viele verschiedene
Geruumlchte uumlber die Juden das Koumlnigshaus und die Ursachen fuumlr die Vertreibung kursierten Den Gruumlnden
die im Erlass des Koumlnigs aufgefuumlhrt wurden glaubte man anscheinend nicht vorbehaltlos Dies koumlnnte die
sehr unterschiedlichen Chronikberichte erklaumlren Auch wurden die Juden nicht als rechtlos betrachtet
Mehrmals wird erwaumlhnt dass der Koumlnig ihnen sicheres Geleit versprach einmal berichtet wie einige
englische Christen wegen Piraterie gehaumlngt wurden Schlieszliglich faumlllt auf dass die Muumlnzfaumllschung zehn
Jahre zuvor offenbar in der christlichen Perspektive im Zusammenhang mit der Ausweisung keinerlei Rolle
gespielt hat
Frankreich
Die Gruumlnde fuumlr die Vertreibung der Juden aus Frankreich 1306 durch Koumlnig Philipp IV sind nicht ohne
weiteres durch zeitgenoumlssische Uumlberlieferung zu erfahren Weder ist das Vertreibungsmandat uumlberliefert
noch nennen die Chronisten die uumlber das Ereignis berichten Gruumlnde fuumlr die Ausweisung Offensichtlich
gab es in der chronikalen Uumlberlieferung ein geringeres Interesse daran die Motive Philipps IV zu
hinterfragen Die zentrale Quelle fuumlr die Wahrnehmung und Begruumlndung der Vertreibung der franzoumlsischen
Juden entstand nicht im franzoumlsischen Gebiet sondern aus der fernen Steiermark In der von Ottokar von
der Steiermark dort bis 1321 geschriebenen Oumlsterreichischen Reimchronik wird beschrieben dass Albrecht
I von Habsburg einen Anspruch auf die franzoumlsischen Juden erhoben habe Dieser wurde so Ottokar von
Beratern Philipps IV gepruumlft und fuumlr rechtmaumlszligig erklaumlrt woraufhin der franzoumlsische Koumlnig voller Zorn die
Juden die ihm nun keinerlei Vorteile mehr bringen konnten aus seinem Koumlnigreich vertrieb[30]
Diese
einzige Quelle die etwas uumlber die Beweggruumlnde Philipps IV aussagen kann wurde als Geschichte der
Oumlsterreichischen Lande verfasst und stellt die Macht Albrechts I als unverhaumlltnismaumlszligig groszlig gegenuumlber
dem franzoumlsischen Koumlnig dar Es scheint undenkbar dass es tatsaumlchlich Verhandlungen zwischen den
beiden Herrschern um die franzoumlsischen Juden gegeben hat Die Chronik ist aber trotzdem interessant fuumlr
die Fragestellung zeigt sie doch dass ein Ereignis wie die Vertreibung der Juden aus Frankreich auch in
so weit entfernten Gebieten wie der Steiermark wahrgenommen wurde Weitere Nachrichten finden sich in
der von verschiedenen Autoren bis 1324 verfassten Vita des Papstes Clemens V (1305-1314) Dort heiszligt
es beispielsweise dass die Juden die sich nicht taufen lassen wollten das Land verlassen mussten wobei
viele auf der Reise starben Die Besitztuumlmer der Juden wurden vom Koumlnig beschlagnahmt[31]
Offensichtlich
wurden am Tag der Verkuumlndung der Ausweisung diverse Juden gefangen genommen so wird es
zumindest in der Vita Clemens V von Bernard Gui[32]
sowie der Fortsetzung der Chronik Wilhelms von
Nangis[33]
berichtet Uumlber Beweggruumlnde des Koumlnigs die Juden auszuweisen wird jedoch nichts gesagt
Resumee
Die genannten Chronisten liefern eine Fuumllle von Hinweisen auf Kulturbereiche deren Kompatibilitaumlt
zwischen Juden und Christen nicht mehr gewaumlhrleistet war und die im Zusammenspiel fuumlr die Ausweisung
der Juden verantwortlich sein koumlnnen In England und Frankreich herrschte in Bezug auf religioumlse Fragen
eine negative Atmosphaumlre zwischen Juden und Christen Intellektuell-theologisch zeigt sich diese primaumlr an
der Wucher- und der Talmuddiskussion Daneben waren die Juden immer haumlufiger mit Ritualmord- und
Hostienschaumlndungsvorwuumlrfen konfrontiert oder wurden aus nicht naumlher genannten Gruumlnden Opfer von
Gewalttaten Im Falle Englands berichtet die fortgefuumlhrte Chronik des Florence of Worcester fuumlr 1264 dass
Barone mit den Londoner Buumlrgern die Juden beraubten und einige umbrachten[34]
Im Jahre 1272 schenkte
der Koumlnig den Bruumldern der Poenitentia die Londoner Synagoge[35]
Zu 1279 berichtet die Chronik dass
einige Juden in der Naumlhe von Northampton ein christliches Kind gekreuzigt haumltten[36]
Schon erwaumlhnt wurde
der Konversionsfall des Robert von Reading der sich 1275 ereignete Aumlhnlich stellte sich die Situation in
Frankreich dar In der Champagne in Troyes wurden beispielsweise 13 Juden im Jahre 1288 wegen
Mordvorwuumlrfen hingerichtet[37]
1290 kam es in Paris zu einem Hostienschaumlndungsprozess der mit dem
Tod des Angeklagten endete[38]
Dieser angespannte religioumlse Diskurs wirkte sich auch auf den
Herrschaftsbereich aus Edward I soll als junger Mann tief beeindruckt von der Ritualmordaffaumlre um Hugh
von Lincoln im Jahre 1255 gewesen sein in deren Zusammenhang 19 Juden hingerichtet worden waren[39]
Daneben konnten sich die Herrscher nicht dem vorherrschenden Wucherdiskurs entziehen der sie als
Mitschuldige am suumlndhaften Wucher markierte da sie einen Nutzen aus dem juumldischen Wuchergeschaumlft
zogen Gerade Philipp IV der eine machtbewusste Politik auch gegenuumlber dem Papst verfolgte hatte sich
auch an seinem Groszligvater Ludwig IX und dessen bdquovorbildhafterldquo Politik in Bezug auf den Umgang mit den
Juden und dem Wucher zu messen Im wirtschaftlichen Zusammenleben aumlnderten sich ebenfalls die
Praumlmissen fuumlr den Umgang von Juden und Christen Das sbquoStatutum de Judeismorsquo markiert einen
Wendepunkt im Wirtschaftsleben Englands Es ist unklar in wie weit sich die Juden in von christlichen
bdquoMonopolenldquo dominierten Berufen etablieren konnten[40]
Mit der schwierigen wirtschaftlichen Situation der
Juden die durch das sbquoStatutum de Judeismorsquo geschaffen wurde kann moumlglicherweise der
Muumlnzbeschneidungsskandal von 1279 erklaumlrt werden in dem 267 Juden und einige Christen verurteilt und
hingerichtet wurden[41]
Daneben fuumlhrten sie will man dem Vertreibungsedikt Edwards I Glauben schenken
ihre Geldleihgeschaumlfte mit Zinsnahme im Verborgenen weiter Die Klagen der Barone und des Klerus die in
einigen Chroniken erwaumlhnt werden koumlnnten sich auf diese illegalen Taumltigkeiten beziehen Offensichtlich ist
es das Hauptargument Edwards in seinem Vertreibungsedikt Es ist deutlich geworden dass nicht nur einer
dieser Aspekte ausschlaggebend fuumlr die Ausweisungen der Juden war Vielmehr spielten viele Faktoren
zusammen in mehreren Kulturbereichen war das Miteinander gestoumlrt was schlieszliglich zur Vertreibung der
Juden fuumlhrte Zudem zeigte sich auch wie eng kaum von einander trennbar sich die Kulturbereiche -in
diesem Fall Recht Wirtschaft Herrschaft und Religion- darstellen
Die Vertreibung der Juden in den hebraumlischer Quellen
England
Die Vielschichtigkeit der Uumlberlieferung zur Vertreibung der Juden aus England lieszlige zunaumlchst eine ebenso
reiche Tradition in den hebraumlischen Quellen erwarten Allerdings ist das Gegenteil der Fall Die bekannte
Uumlberlieferung kennt keinen zeitgenoumlssischen hebraumlischen Eintrag zur Vertreibung der Juden weder in
einer hebraumlischen Chronik noch in direkten hebraumlischen verfaszligten Selbstzeugnissen englischer Juden
Dennoch sind aus dem weiteren Umfeld genauer gesagt aus Deutschland und Suumldfrankreich zeitnahe
Reaktionen auf die Geschehnisse in England uumlberliefert die zumindest einige Hinweise zur Einschaumltzung
der Ereignisse und ihrer Ursachen im innerjuumldischen Kontext liefern koumlnnen Zunaumlchst ist aus einem
Responsum des Meir ben Baruch von Rothenburg (gest 1293) eine diesbezuumlgliche Aumluszligerung uumlberliefert
Dort heiszligt es
bdquoWas die Muumlnzbeschneider betrifft so hacke ihnen wegen ihrer Vergehen die Hand ab
Wieviel Blut wurde wegen der Muumlnzenbeschneider vergossen Sie waren es die unsere Bruumlder
die Bewohner von Frankreich und der Insel (=England) ins Verderben stuumlrztenldquo[42]
Allerdings bleibt eine Datierung dieses Ausspruches schwierig Meir hat zur Zeit der Ausweisung der
Juden aus England noch gelebt Die Form der Uumlberlieferung gibt allerdings keinen Hinweis der
darauf schlieszligen laumlszligt daszlig das Responsum zur Zeit verfaszligt wurde als sich Meir nach 1286 bis zu
seinem Tode bereits in Gefangenschaft aufhielt Letzteres haumltte zumindest wahrscheinlich werden
lassen daszlig Meir sich auf die Ausweisung der Juden bezog So kann der Ausdruck bdquoins Verderben
stuumlrzenldquo auch lediglich den eigentlichen Prozeszlig zum Muumlnzenbeschneidungsvorwurf 1279 und die
Folgen ndash die Hinrichtung von etwas weniger als 300 Juden[43]
Allerdings weist die Aumluszligerung Meirs die
Muumlnzbeschneider haumltten das Elend der Juden in Frankreich und England heraufbeschworen
wiederum in eine andere Richtung Der groszlige Prozeszlig fand in England nicht in Frankreich statt Erste
Vertreibungen von Juden ereigneten sich jedoch zunaumlchst auf dem franzoumlsischen Festland
(Gasgogne 1287)[44]
nicht in England Es spricht somit vieles dafuumlr daszlig Meir gerade auf jene
Vertreibung anzuspielen scheint und in diesem Zusammenhang den Muumlnzbeschneidungsvorwurf als
Ausloumlser fuumlr die Verfolgungen der Juden in England und Frankreich ansah Die Vertreibung der Juden
im Jahre 1306 aus den direkt den franzoumlsischen Koumlnig unterstellten Territorien konnte Meir nicht
gemeint haben Zu dieser Zeit war Meir ben Baruch schon zehn Jahre nicht mehr am Leben
Ein in den Quellen eindeutiger zu fassender Hinweis zur innerjuumldischen Einschaumltzung der Ereignisse
ist uns im Rahmen eines Vorfalls innerhalb einer suumldfranzoumlsisch-provenccedilalischen Gemeinde
uumlberliefert In der Stadt Manosque hatten nach 1290 innerhalb der juumldischen Gemeinde vertriebene
Juden aus England Aufnahme gefunden Allerdings blieben die englischen Juden als eigene Gruppe
auch waumlhrend der naumlchsten 50 Jahre wahrnehmbar was sich offenbar auch in innerjuumldischen
bdquolandsmannschaftlichenldquo Spannungen niederschlug So kam es im Jahre 1338 zwischen dem
einheimischen Juden Aronetus und dem zugezogenen Juden Creysonus von Chartres zu heftigen
Auseinandersetzungen bei denen Aronetus dem Chreysonus zurief bdquoIhr anderen wart die Englaumlnder
die ihr Land verlassen mussten weil ihr die Muumlnzen beschnitten habtldquo[45]
Selbstredend wollte der
ehemalige Fluumlchtling diese Behauptung nicht auf sich sitzen lassen und strebte den Prozeszlig an
Allerdings macht diese Auseinandersetzung auch klar daszlig die Verquickung des
Muumlnzbeschneidungsprozesses mit der Tatsache der Vertreibung in innerjuumldischen Kontext keine
unuumlbliche Argumentation gewesen sein wird
Hatte sich bereits im 14 Jahrhundert dieses Erklaumlrungsmuster als Begruumlndung der Vertreibung im
innerjuumldischen Gedaumlchtnis durchgesetzt Zumindest sollte diese Begruumlndung auch in den
hebraumlischen Chroniken des fruumlhen 16 Jahrhunderts eine entscheidende Rolle einnehmen Folgende
Darstellungen sind durch sephardische Chronisten des 16 Jahrhunderts bekannt Im Shevet
Yehudah[46]
des Shlomo Ibn Verga[47]
(Erstdruck 1550) einer hebraumlischen Chronik die die juumldische
Geschichte als eine Kette von Leiden klassifiziert werden die Ereignisse in England in folgenden
Erzaumlhlrahmen eingeordnet Nach kurzer Einfuumlhrung in die englischen Verhaumlltnisse wird eine
geforderte Bekehrung zum Christentum erwaumlhnt die aus den Quellen des 13 Jahrhunderts nicht
verifiziert werden kann Nach der Zuruumlckweisung dieses Bekehrungsversuchs wird den Juden
vorgeworfen daszlig sie Muumlnzen beschnitten haumltten Dieser wirtschaftliche Betrug fuumlhrte schlieszliglich
durch den Einfluszlig der Dominikaner zur Ausweisung der Juden[48]
Zwei Abschnitte spaumlter wird von
einer Bekehrung zum Judentum eines englischen Dominikaners berichtet was zweifellos die
Geschichte des im 13 Jahrhundert zum Judentum uumlbergetretenen Robert Reading wiedergibt Dem
Chronisten erscheint diese Episode Anlaszlig genug eine Reihe von Anfeindungen auch von Seiten der
Koumlnigin anzufuumlhren die in ihrer Summe schlieszliglich zur Vertreibung der Juden aus dem englischen
Koumlnigreich fuumlhrten[49]
In der Chronik des Yosef ha-Kohen[50]
Emeq ha-Bachah[51]
aus dem Jahre
1558 finden wir dasselbe Material in veraumlnderter Weise angeordnet Ein Vertreter des Predigerordens
verliebt sich in ein juumldisches Maumldchen tritt zum Judentum uumlber und heiratet es Die Dominikaner
beschuldigen vor dem Koumlnig daraufhin die Juden die Muumlnzen zu beschneiden um die Schande des
Glaubensabfalls ihres ehemaligen Mitbruders abzuwenden[52]
Auch in anderen Werken juumldischer
Chronistik aus dem 16 Jahrhundert findet die Episode des zum Judentum konvertierenden
Dominikaners Erwaumlhnung[53]
Obwohl die Chroniken des 16 Jahrhunderts als Belege fuumlr das Geschehen des 13 Jahrhunderts
nicht herangezogen werden koumlnnen so repraumlsentieren sie dennoch eine Tendenz der innerjuumldischen
Wahrnehmung die sich bereits im 13 wie im 14 Jahrhundert ankuumlndigte Hatte noch die christlicher
Uumlberlieferungstradition als Grund fuumlr die Vertreibungen vor allem die theologische Komponente der
Auseinandersetzung betont aber auch die Intervention anderer Herrschaftstraumlger angefuumlhrt so
bildete sich unter den Juden ein voumlllig anderes Erklaumlrungsmuster heraus In den juumldischen
Traditionsstraumlngen wurden die theologische Argumentation nicht rezipiert Dies gilt vor allem fuumlr das
groszlige Feld des Wuchervorwurfs der im Ausweisungsedikt 1290 zum Hauptargument werden sollte
Innerhalb der hebraumlischen Uumlberlieferung muszligten die Ursachen der Vertreibung konkreter fassbar
gemacht werden Zwei Narrative boten sich an die der juumldischen Traditionsbildung schluumlssig
erschienen Hierzu gehoumlrt der historisch gesicherte Prozeszlig zum Muumlnzbeschneidungsvorwurf der in
zeitnahen Dokumenten als gerechtfertigt[54]
in den Traditionen des 16 Jahrhunderts als Verleumdung
angesehen wurde[55]
Demgegenuumlber scheint dieser Prozess fuumlr die Begruumlndung der Ausweisung von
Seiten der christlichen Herrschaftstraumlger keine explizite Rolle gespielt zu haben Die Einbeziehung der
Geschehnisse um den zum Judentum konvertierten Dominikaner nehmen vor allem in den spaumlten
juumldischen Traditionen einen groszligen Stellenwert ein ohne daszlig sie innerhalb des christlichen Kontextes
fuumlr die Begruumlndung der Vertreibung irgend eine Rolle gespielt haumltten So bleiben Christen wie Juden
sich nur in der Tatsache einig dass Ihr Verhaumlltnis zueinander immer groumlszligeren Erschuumltterungen
unterworfen war Die Ursachen dieser Zerwuumlrfnisse konnten dabei durchaus unterschiedlichen
Kontexten zugeordnet werden
Frankreich[56]
Auch die Vertreibung der franzoumlsischen Juden hat in der hebraumlischen Uumlberlieferung nur wenig Spuren
hinterlassen Kein Text ist bekannt der sich ausschlieszliglich auf die Ereignisse der Vertreibung
beziehen wuumlrde Wie im englischen Fall zeugen nur verstreute Bemerkungen im Werk einzelner
juumldischer Gelehrter uumlber eine Resonanz innerhalb der juumldischen Gemeinschaft Eines dieser
Zeugnisse ist aus der Hand des Abba Mari ben Moshe von Lunel uumlberliefert einem Gelehrten der um
1300 vor allem in den polemischen Auseinandersetzungen um die Rezeption des Schriften des
Maimonides und der Frage nach dem Stellenwert philosophischer Studien in Erscheinung getreten
war[57]
In einem Brief[58]
schreibt er
Im Jahre 5066 (1306) der Zaumlhlung dies ist das Jahr welches die Suumlnde hervorgebracht hat[59]
verbreitete sich die Verfolgung (Gezerah) des Koumlnigs von Frankreich (Tzarfat) uumlber alle Juden in
allen Landen seines Koumlnigreiches aus sie aus ihren Haumlusern zu holen und ihnen all ihren Besitz
abzunehmen Alle sollten an einem bestimmten Tag festgesetzt werden jung und alt Frauen und
Kinder und diese sollte am Freitag am zehnten des Monats Aw (22 Juli 1306) geschehen und
man vertrieb sie aus dem Land Die Juden die in der Stadt Montpellier lebten wurden im Jahre
5067 im Monat Marcheshwan vertrieben (10 Okt-7 Nov 1306) Einige von ihnen begaben sich in
die Stadt Perpignan da sie sich des Sieges des Koumlnigs von Mallorca sicher waren dass er ihnen
aus der Hand des Koumlnigs den Aufenthalt und die Versorgung gewaumlhren wuumlrde Wieder andere
zogen weiter in die Provence hellip Und ich nachdem ich mich in die Provence ins Exil begeben
hatte in die Stadt Arles fuhr von dort fort und begab mich von dort in ein zweites Exil in die Stadt
Perpignan Ich kam dort an am ersten des Monats Shwat dem vierten Monat unseres Exils (5 Jan
1307)[60]
Abba Mari beschreibt als Zeitzeuge den politischen Kontext der Vertreibung der Juden im
Suumlden des franzoumlsischen Koumlnigreiches Die Beschreibung bleibt an sein eigenes Schicksal
gebunden Die Ausweisung der Juden umfasst auch das Languedoc das ebenfalls Teil des
direkten Herrschaftsbereichs des franzoumlsischen Koumlnigs Philipp des Schoumlnen geworden war Die
Vertriebenen wandten sich nun benachbarten nichtfranzoumlsischen Herrschaften zu der
Provence die zur Zeit der Vertreibung noch ein Teil des roumlmisch-deutschen Reiches war sowie
den Besitzungen des Koumlnigs von Mallorca zu denen Perpignan und teilweise auch Montpellier
zaumlhlten[61]
Zunaumlchst hatte der Koumlnig von Mallorca die Vertreibung der Juden aus Montpellier in
Opposition zum franzoumlsischen Koumlnig abgelehnt[62]
Die Juden hofften wie Abba Mari betont
dass dieser Widerstand von Dauer sein koumlnnte wurden jedoch enttaumluscht Im Februar 1309
willigte nach langen Verhandlungen auch der mallorquinische Koumlnig ein der Vertreibung der
Juden zuzustimmen[63]
In Territorien in denen er uneingeschraumlnkt seine Herrschaft ausuumlben
konnte wie etwa in Perpignan war den Juden der Aufenthalt weiterhin erlaubt so dass dorthin
wie in die Provence die Juden der Stadt Montpellier weiterzogen Abba Mari beschreibt die
lokalen politischen Zusammenhaumlnge der Vertreibungen der am Mittelmeer gelegenen
Territorien Er hebt dabei den Einfluss des franzoumlsischen Koumlnigs auf Herrschaftstraumlger
auszligerhalb seines Koumlnigreiches hervor nennt jedoch keinen Grund der das Verhalten des
franzoumlsischen Koumlnigs erklaumlrt haumltte Warum die franzoumlsischen Juden ihr Stammland verlassen
mussten wird nicht diskutiert
Ein weiterer Autor des fruumlhen 14 Jahrhunderts Eshtori ha-Parchi[64]
beschreibt in seinem Werk
Kaftor wa-Ferach kurz seine am eigenen Leib erfahrene Vertreibung der Juden aus dem
Suumlden des franzoumlsischen Koumlnigreichs
bdquoAuch erinnere ich mich an das Datum der Zerstoumlrung des kleinen Heiligtums naumlmlich die
Zerstoumlrung der Lehrhaumluser und Synagogen in Tzarfat (Nordfrankreich) und teilweise auch in der
Prowentzah (Suumldfrankreich hier Languedoc)[65]
Ich floh vom Schlachtfeld hellip im Jahre 5066 und
zwar am 10 Aw (22 Juli 1306)ldquo[66]
Eshtori ha-Parchi der sich schlieszliglich im Jahre 1313 im Lande Israel niederliess nennt
keine Begruumlndung der Ereignisse Die Bezeichnung der Vertreibung als Zerstoumlrung des
kleinen Heiligtums macht dem Leser deutlich welche Bedeutung den franzoumlsischen
Gelehrtenzentren vom Autor zugesprochen wurde die in dieser Ruumlckschau als
unwiederbringlich verloren betrachtet werden Eine weitere zeitnahe Notiz zur Vertreibung
der franzoumlsischen Juden laumlsst sich im Tora-Kommentar des Gelehrten R Lewi ben
Gershom (Ralbag) (1288-1344) finden Der Gelehrte der unter seinen nichtjuumldischen
Zeitgenossen auch unter der Bezeichnung Maestre Leo de Bagnol oder auch Magister
Leo Hebraeus bekannt war[67]
schreibt zum Wochenabschnitt Bechukotei (Lev 26 3 -
27 34)
Und wenn es in der Schrift heiszligt sbquoIhr geht unter den Voumllkern zugrunde und das Land euerer
Feinde friszligt euch aufrsquo (Lev 26 38) bezog sich dies auf die groszligen Noumlte unseres Volkes in denen
viele umgekommen sind eingeschlossen das Hinschlachten einiger in den heiligen Gemeinden
und die Vertreibung der Juden aus dem Lande Zarfat Doppelt so viele starben an Hunger und
Pestilenz als beim Auszug aus Aumlgypten[68]
Interessanterweise erwaumlhnt Levi ben Gershom als erster Autor Todesopfer die
innerhalb der juumldischen Gemeinschaft als Folge der Vertreibung zu beklagen waren
Fast ein Jahrhundert spaumlter wohl in der ersten Haumllfte des 15 Jahrhunderts
beschreibt der in Spanien wohl in Tortosa lebende Mattityahu haYizhari ein
Nachkomme einer aus Suumldfrankreich stammenden Familie[69]
die Vertreibung der
Juden mit folgenden Worten
Es sprach Mattityahu Sohn des Moshe Sohn des Weisen Mattiyahu ha-Yizhari sein Andenken
sei zu Segen Viele Noumlte haben uns ereilt seit wir aus dem verheiszligenen Land vertrieben wurden
hellip tausende und zehntausende Juden hatten sich in Frankreich niedergelassen hellip und meine
Vorfahren siedelten in der Stadt Narbonne einer groszligen Stadt Gottes bis Verfehlungen zur
Vertreibung fuumlhrten Einige starben als Maumlrtyrer andere wurde uumlber die ganze Erde zerstreut und
das ganze Land Zarfat lag entbloumlszligt da [70]
Auch bei Levi ben Gershom steht die Zerstoumlrung der groszligen juumldischen Zentren
im Vordergrund Ein Grund fuumlr deren Untergang wird nicht eroumlrtert Ein
aumlhnliches Bild findet sich bei einem weiteren juumldischen Gelehrten aus dem
Beginn des 14 Jahrhunderts In seinem um das Jahr 1321 abgeschlossenen
Werk Even Bochan bemerkt der in Arles geborene juumldische Philosoph
Kalonymos ben Kalonymos (geb 1286)[71]
Als der Herrscher von der Stimmung erfasst wurde mein Volk ins Exil zu fuumlhren vor siebzehn
Jahren uumlberwand er sie in seinem Grimm und vertrieb sie mit starker Hand aus seinem Land
uumlberfuumlhrte sie in Staumldte nackt und mittellos die in ihren Palaumlsten viele Schaumltze von Gold besaszligen
um die Altehrwuumlrdigen ihrer Generation und ihre Prinzen zu vernichten und auszuloumlschen[72]
Die Erwaumlhnung der Enteignung der Juden durch die franzoumlsische Krone
verweist auf den tatsaumlchlichen Verlauf der Ausweisung und auf ihre
fiskalischen Motive[73]
Die auch vom Autor betonten finanziellen
Interessen des Herrschers werden jedoch nicht diskutiert Uumlberhaupt
bleiben die wenigen weiteren zeitgenoumlssischen Bemerkungen zur
Vertreibung sehr skizzenhaft und auch eng mit der Biographie ihrer
Verfasser verknuumlpft So schreibt R Menachem ha-Meiri (Vidal Salamon
Mayr) (geb 1249) der wenige Jahre nach der Vertreibung verstarb[74]
in
seiner Einleitung zur Auslegung des Traktates Avot
als Gott mich vom meinem Vaterhaus fortbrachte machte er meine Soumlhne zu Fluumlchtlingen und
meine Toumlchter fuumlhrte er in Gefangenschaft[75]
Die letzten bekannten Bemerkungen zur Vertreibung aus der
Generation der Zeitzeugen stammen aus der Feder des Dichters
und Philosophen Jedajah ben Abraham haPenini[76]
der in den
Staumldten Beacuteziers Montpellier und Perpignan lebte und um 1325
verstarb In einem Brief an den katalanischen Gelehrten Schlomo
Ibn Adret betonte der Autor wie sehr doch die Juden der Provence
ihre Tuumlren weit fuumlr die Exilierten geoumlffnet haumltten und viel dazu
beigetragen haumltten die Fluumlchtlinge aufzunehmen[77]
Auch in einem
Gedicht schloss der Autor Anspielungen zur Vertreibung der
franzoumlsischen Juden mit ein[78]
Hebraumlische Zeugnisse zur Vertreibung aus dem Norden des
franzoumlsischen Herrschaftsgebietes konnten bisher nicht
nachgewiesen werden Die hier aufgefuumlhrten hebraumlischen Quellen
zur Vertreibung der Juden aus den Herrschaftsgebieten des
franzoumlsischen Koumlnigs stammen ausschlieszliglich von Personen die
durch die Zerstoumlrung der juumldischen Zentren im suumldlichen Frankreich
betroffen waren Diese Uumlberlieferungen wurden schlieszliglich von der
hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts aufgenommen und in
ihre als Zyklen von Leiden und Verfolgung gestalteten Werken
eingearbeitet Itzchaq Abarbanel (gest vor 1550) scheint dabei der
entscheidende Protagonist bei der Schoumlpfung eines die Vertreibung
von 1306 beschreibenden juumldischen Narratives gewesen zu sein
auch wenn er sich nach seinen eigenen Angaben lediglich auf
Itzchak Profiat Duran genannt Efodi einen juumldisch-katalanischen
Autor des spaumlten 14 Jahrhunderts bezog So schreibt Abarbanel
bdquoIm Jahre 5066 (1306) der Zaumlhlung war die Vertreibung aus Frankreich Koumlnig Philipp war ein
grausamer und verfluchter Feind der alle Juden aus seinem Koumlnigreich vertrieb all ihren Besitz
enteignete und sie mittellos des Landes verwies Es gab dort viele groszlige Gemeinden doppelt so
viele (Juden) wie aus Aumlgypten auszogen hellip Und es war eine Zeit der groszligen Not fuumlr Israel hellip es
war im Monat Aw (13 Juli 1306-11 August 1306) und es war eine allumfassende Vertreibung hellipall
dies findet sich in der Schrift bdquoSichron ha-Shmadotldquo die von allen Zerstoumlrung berichtet die sich seit
der Zerstoumlrung des Tempels in Israel ereignet haben aufgeschrieben und redigiert von Efodildquo[79]
Der Autor weiszlig zu berichten unter welchem Koumlnig und in welchem Monat und Jahr die Vertreibung
stattfand Auf die Mittellosigkeit der juumldischen Fluumlchtlinge wird explizit hingewiesen die auf die
Auspluumlnderung durch den Koumlnig zuruumlckgefuumlhrt wird Auch eine Vorstellung von der Zahl der Exilierten
spiegelt sich im Text wider
Shlomo Ibn Verga uumlbernimmt den Text fast woumlrtlich fuumlr seine Chronik Shevet Yehudah und erweitert ihn
lediglich um die nicht belegbare Geschichte der Konversion der Gemeinde von Toulouse[80]
Ihm
folgen Samuel Usque[81]
und Yosef ha-Kohen[82]
So bieten die Erzaumlhltraditionen des 16
Jahrhunderts lediglich ein Geruumlst von Fakten die den Handlungsablauf der Vertreibung mit wenigen
Worten beschreiben Eine Begruumlndung der Vertreibung wird nicht genannt So entspricht die
Erzaumlhlarmut des Textes zur Vertreibung aus Frankreich innerhalb der hebraumlischen Chronistik des
16 Jahrhunderts der allgemeinen Quellenarmut der hebraumlischen Uumlberlieferungstradition zu diesem
Ereignis
Beziehung der Juden zum Herrscher
Anhand der Untersuchung von herrschaftlichen Bindungen der Juden soll im Folgenden verdeutlicht
werden wie sich ein ehemals funktionierendes Miteinander zu einem Zerbrechen eben dieses
Miteinanders mit dem Resultat der Vertreibung veraumlnderte Dazu werden die Herrschaftsstrukturen
mit ihren Veraumlnderungen zwischen dem Koumlnig beziehungsweise anderen christlichen
Herrschaftstraumlgern und den Juden in England und Frankreich analysiert In England siedelten sich
im Zuge der normannischen Eroberungen nach 1066 die ersten aus Frankreich stammenden Juden
an[83]
Seit dieser Zeit wurden sie in Dokumenten haumlufig als bdquoJuden des Koumlnigsldquo[84]
bezeichnet
Diesen exklusiven Anspruch konnte der Koumlnig bis zur Vertreibung durchsetzen auch wenn es
vereinzelt andere Herrschaftstraumlger gab die Macht uumlber Juden erlangten[85]
Die Juden waren dem
Koumlnig direkt unterstellt sie mussten ihm jede Geldforderung erfuumlllen im Gegenzug durften sie nach
ihrem Gesetz leben und ihren Wohnsitz frei waumlhlen[86]
Ein Privileg Richards I von 1190 erwaumlhnt
auszligerdem unter anderem das Recht der Juden auf Landbesitz und zollfreien Handel mit Wein[87]
Belastend fuumlr das Leben der Juden von England war das hohe Maszlig an Verwaltung das die
englischen Koumlnige geschaffen hatten um die Steuern effizient eintreiben zu koumlnnen Anlaumlsslich der
Kroumlnung Richards I im Jahre 1189 war es ausgehend von London zu Massakern an Juden in ganz
England gekommen Da die koumlnigliche Verwaltung nicht nachvollziehen konnte welche
Schuldscheine durch die Verfolgung vernichtet worden waren wurde als Reaktion 1194 ein
Archivsystem (archae) eingefuumlhrt das von nun an alle Geldgeschaumlfte sowie alle Juden mit ihrer
Finanzkraft verzeichnete[88]
Unter Heinrich III (1216-1272) aumlnderte sich der rechtliche Status der
Juden Im Jahr 1253 erlieszlig der Koumlnig ein Mandat das den Juden unter anderem verbot neue
Synagogen zu errichten christliche Bedienstete oder sexuelle Kontakte mit Christen zu haben und
Kirchen zu betreten Wichtigster Punkt war jedoch dass Juden nun ihren Wohnort nicht mehr frei
waumlhlen sondern nur noch dort leben durften wo bereits Juden ansaumlssig waren[89]
Viele der hier
formulierten Mandate waren im IV Laterankonzil von 1215 als verbindliche Verbote fuumlr die Juden in
der christlichen Welt festgelegt worden und fanden nun ihre Umsetzung Daneben stieg die
Besteuerung seit den 1240er Jahren stetig an wodurch die Finanzkraft der Juden bereits deutlich
geschwaumlcht wurde[90]
Im Falle Edwards I zeigte sich schlieszliglich dass die starke Bindung der Juden
an den Koumlnig die den Juden in fruumlheren Jahren zunaumlchst Unabhaumlngigkeit und Wohlstand gebracht
hatte nun ihren Ruin und schlieszliglich ihre Vertreibung bewirkte Der Koumlnig hatte bei Maszlignahmen die
die Juden betrafen kaum Widerspruch zu befuumlrchten zu eindeutig definiert war seine Machstellung
den Juden gegenuumlber In Frankreich unterstanden die Juden dem Herrn ihres jeweiligen Gebiets
der Koumlnig von Frankreich herrschte also nur in der Krondomaumlne uumlber die Juden des Koumlnigreiches[91]
Die Juden waren an ihr angestammtes Territorium gebunden und durften dieses nur mit der
Erlaubnis ihres Landesherrn verlassen Dieses Prinzip reicht bis in die Zeit von Philipp II August
(1180-1223) zuruumlck und wurde seit der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne 1198 in
verschiedenen Vereinbarungen mit anderen franzoumlsischen Territorialherren vertraglich fixiert[92]
Schon bei der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne kam es zu Irritationen da Philipp II
die 1182 vertriebenen Juden nach wie vor als bdquoseine Judenldquo ansah diese Auffassung aber
beispielsweise von Graf Theobald III von Campagne nicht geteilt wurde Er fuumlrchtete Steuerausfaumllle
und war der Meinung dass Juden die sich 1182 in der Champagne niedergelassen hatten nicht
mehr die Juden des Koumlnigs seien[93]
Auch andere Landesherren weigerten sich dem Wegzug ihrer
Juden in die Krondomaumlne zuzustimmen[94]
Auch erste Schritte eines buumlrokratischen Umgangs mit
den Geldgeschaumlften der Juden waren 1198 durch Philipp II August vorgenommen worden
moumlglicherweise beeinflusst durch die archae die in England 1194 unter Koumlnig Richard I eingerichtet
worden waren um die Geldgeschaumlfte und die Finanzkraft der Juden zu dokumentieren In jedem Ort
der Krondomaumlne gab es spezielle Beamte die die Kreditvertraumlge der Juden siegelten und so
kontrollierten wem die Juden welche Betraumlge an Geld liehen[95]
Auch den Juden konnte dieses
Verfahren als Sicherheit fuumlr ihre Geschaumlfte dienen Unter Ludwig VIII (1223-1226) kam es zum
ersten Eingriff in die Geldgeschaumlfte der Juden im franzoumlsischen Gebiet 1223 erlieszlig der Koumlnig
zusammen mit diversen Landesherren ein Statut in dem festgelegt wurde dass die Ruumlckzahlung
aller Schulden bei Juden an insgesamt neun Terminen an die koumlnigliche beziehungsweise
landesherrliche Schatzkammer erfolgen sollte Die Praxis des Siegelns von Urkunden uumlber
Darlehensvergaben wurde abgeschafft Erneut wurde festgehalten dass keiner der Herrscher Juden
eines anderen Herrschers bei sich aufnehmen duumlrfe wobei es bei diesem Punkt wieder zu
Unstimmigkeiten mit dem Grafen der Champagne kam der die Erklaumlrung nicht unterschrieb[96]
Bereits die ersten Jahre der Regierungszeit Ludwigs IX (1226-1270) brachten fuumlr die Juden weitere
Beschwerlichkeiten und erste direkte Aktionen gegen den Wucher Im Jahr 1227 kam es zu einer
erneuten Aneignung der ausstehenden Schulden bei Juden 1228 erging ein Mandat in dem Ludwig
IX befahl bei kuumlnftigen Geldgeschaumlften auf Zinsen zu verzichten Auszligerdem erklaumlrte der Koumlnig bei
Geldgeschaumlften die seit der Schuldentilgung ein Jahr zuvor geschlossen wurden alle Zinsen fuumlr
unguumlltig[97]
Auch die generelle Rechtsstellung der Juden wurde schon fruumlh in der Regierungszeit
Ludwigs IX definiert wobei es bei der alten Regelung blieb Im Statut von Melun hielten der Koumlnig
und die Landesherren daran fest dass die Juden tamquam proprii servi an das jeweilige Territorium
gebunden waren Christliche Schuldner wurden dazu aufgerufen ihre Schulden bei Juden zu
bezahlen nicht aber die Zinsen[98]
Die 1240er Jahre waren in Frankreich gepraumlgt vom Pariser
Talmudprozess in dem der Talmud als ketzerische Schrift verurteilt und danach oumlffentlich verbrannt
wurde[99]
Dies fuumlhrte unter anderem zu einer verstaumlrkten Auswanderung juumldischer Eliten aus
Nordfrankreich[100]
Insgesamt aumlnderte sich der rechtliche Status unter Ludwig IX nicht aber fruumlher
als die Herrscher in England nahm Ludwig IX der 1290 heilig gesprochen wurde den Kampf gegen
den Wucher auf Einige Aktionen Koumlnig Philipps IV (1285-1314) waumlhrend seiner ersten
Regierungsjahre in Bezug auf die Juden muumlssen vor dem Hintergrund der Vertreibungen gesehen
werden die sich in Regionen auszligerhalb der Krondomaumlne ereigneten so beispielsweise die
Ausweisung der juumldischen Fluumlchtlinge durch Philipp IV im Jahre 1291[101]
Daneben ist eine
konsequente Linie den Juden gegenuumlber nicht zu erkennen 1285 erneuerte er beispielsweise ein
Privileg zum Schutz von Synagogen und Friedhoumlfen zugleich bestaumltigte er die Pflicht der Juden ein
spezielles Abzeichen an ihrer Kleidung zu tragen[102]
Beides sind Zeichen dafuumlr dass der Koumlnig zu
dieser Zeit nicht daran dachte die Juden auszuweisen sondern das Leben der Juden rechtlich zu
definieren Vorrangiges Ziel Philipps IV war es zunaumlchst seine Oberherrschaft uumlber die Juden im
Suumlden zu sichern wo diese nicht von allen Baronen anerkannt wurde Die Herrschaft in der
Champagne hatte er sich durch Heirat bereits gesichert Dort in Troyes kam es 1288 zu einer
Mordanklage in deren Folge 13 Juden hingerichtet wurden wobei der Koumlnig ihre Besitztuumlmer
einzog[103]
Groumlszligeren Einfluss auf den Koumlnig scheint die Hostienschaumlndungbeschuldigung 1290 in
Paris gehabt zu haben Philipp IV warnte die Juden vor weiteren Hostienschaumlndungen und
spendete ein Haus neben der Kirche die zum Gedenken an den Fall errichtet worden war[104]
Wie
sein Groszligvater Ludwig IX setzte Philipp IV den Kampf gegen den Wucher fort verbot ihn 1299 und
1303 daneben wurde auch das Verbot des Neubaus von Synagogen sowie des Talmuds bei diesen
Gelegenheiten erneuert[105]
In einer konzentrierten und laumlnger vorbereiteten Aktion lieszlig Philipp IV
dann die Juden (oder jedenfalls die Familienvorstaumlnde) vermutlich am 22 Juli 1306 festsetzen Dies
diente dazu eine genaue Aufstellung der Judenguumlter vorzunehmen und um sich die ausstehenden
Schuldscheine zu sichern Gleichzeitig bedeutete es das Ende der juumldischen Siedlung in Frankreich
bis zu ihrer Wiederzulassung unter Ludwig X im Jahr 1315
Sowohl bei der Vertreibung aus England als auch der aus Frankreich zeigt sich die Gefahr die die
Abhaumlngigkeit der Juden vom Herrscher barg Vor allem in England hatte die privilegierte Position fuumlr
Wohlstand und ein groszliges Maszlig an innerer Autonomie etwa in der Rechtssprechnung oder in bezug
auf die Freizuumlgigkeit gesorgt[106]
Sie schuumltzte die Juden jedoch nicht immer vor Gealtakten wie den
seit der Mitte des 12 Jahrhunderts immer wieder vorkommenden Ritualmordvorwuumlrfen In
Frankreich verschlechterten sich ihre Lebensumstaumlnde mit der Ausbreitung der Krondomaumlne War
es 1182 noch ein geringes Problem fuumlr die Juden eine neue Heimat zu finden und von anderen
franzoumlsischen Landesherren wohlwollend aufgenommen zu werden war dies 1306 nicht mehr
moumlglich Die Herrscher nahmen die theologischen Diskurse uumlber den Wucher oder den Talmud auf
und wurden des weiteren beeinflusst durch antijuumldische Blut- und Hostienschaumlndungsvorwuumlrfe
Auch wirtschaftliche Uumlberlegungen haben eine Rolle gespielt ebenso mag es eine Dynamik
gegeben haben angestoszligen durch die weiteren Vertreibungen in dieser Umbruchszeit in der sich
jeder Herrscher damit profilieren wollte und konnte die Juden zu vertreiben
Die allgemeine Verurteilung des Wuchers
Obwohl gerade in der hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts verstaumlrkt die finanziellen Interessen vor
allem des franzoumlsischen Koumlnigs als Motiv der Vertreibung hervorgehoben wurde folgte die zeitnahe
Argumentation einer innerjuumldischen Perspektive anderen Erklaumlrungsmustern So gilt es zumindest
im Falle der Vertreibung aus England festzuhalten dass sich unter den Juden die Vorstellung
verbreitete das Fehlverhalten einzelner Juden haumltte die Ausweisung von 1290 wie auch andere
Vertreibungen mit verursacht Doch laumlsst sich im Wuchervorwurf gegenuumlber den Juden - dem
durchgaumlngigen Argument der Vertreibungen im 13 Jahrhundert - nicht etwa eine vordergruumlndige
falsche Praxis des Geldverleihs als ausloumlsendes Moment vermuten wie dies gelegentlich auch von
christlicher Seite von den Zeitgenossen vertreten wurde[107]
Vielmehr begann sich seit dem 12
Jahrhundert unter christlichen Gelehrten und weltlichen Herrschern ein theologisches Verstaumlndnis
bezuumlglich des Wuchers durchzusetzen das der wirtschaftlichen Taumltigkeit der Geldleihe auch in den
Haumlnden der Juden keine geduldeten Nische zuzuweisen bereit war[108]
Wucher wurde nun nicht
mehr als Suumlnde gegen den Naumlchsten aus mangelndem Mitgefuumlhl betrachtet und als turpe lucrum
(schaumlndlicher Profit) definiert sondern als Suumlnde gegen die iustitia[109]
Gemaumlszlig dieser Vorstellung
waren alle Wuchergewinne Diebesgut und muszligten zuruumlckgegeben werden Viel schwerer wog die
Feststellung daszlig sich die nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger durch ihre Besteuerung der Juden am
Wuchergewinn der Juden beteiligten und sich darum der gleichen Suumlnden schuldig machten[110]
Somit wurde auf demselben Wege der fuumlrstliche oder koumlnigliche Judenschutz die Legitimation
entzogen Die voumlllige Unterbindung des juumldischen Geldhandels schien darum fuumlr die meisten
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger der einzig richtige Weg wie dies bereits die im Namen Koumlnig
Ludwigs IX verkuumlndete ordenance von Melun 1230 forderte[111]
Als letzte Konsequenz blieb die
Ausweisung der Juden aus immer mehr Herrschaften des franzoumlsischen Koumlnigreiches und
schlieszliglich der Kronlande Das Zerbrechen des Miteinanders von Juden und Christen innerhalb des
franzoumlsischen Koumlnigreiches sowie die schrittweise Aufloumlsung bzw Zerschlagung des
jahrhundertealten juumldischen Siedlungsnetzes muszlig auf die juumldischen Gemeinschaften der
benachbarten Regionen so z B in den Rheinlanden verstoumlrend und beaumlngstigend gewirkt haben
Der dieser Vertreibung zugrundeliegende theologische Diskurs zu Geldhandel und Wucher und die
daraus resultierenden Folgen fuumlr die eigene juumldischen Existenz scheint jedoch nur einen geringen
Einfluszlig auf die Wahrnehmung ihrer eigenen Situation gehabt zu haben Im Zuge der Vertreibung der
franzoumlsischen Juden im Sommer und Herbst 1306 waren juumldische Fluumlchtlinge in die deutschen
Rheinlande gelangt[112]
Wohl wenige Monate spaumlter trafen in Worms die Delegierten des dortigen
Gemeindebezirkes die Vertreter der die Wormser Gemeinde und der sie umgebenden juumldischen
Niederlassungen auf einer Versammlung zusammen Auf diesem juumldischen Landtag sollte eine
Rechtssatzung eine Takkanah verabschiedet werden die die Praxis der juumldischen Geldleihe im
Einzugsgebiet der Gemeinde Worms sowie das Verhalten gegenuumlber hochverschuldeten Kunden
neu regelte[113]
In der Zusammenkunft der Haumlupter des Volkes im bdquoLand Wormsldquo im Jahr 67 des sechsten Jahrtausends
(10 Sept 1306 - 28 Augutst 1307) weil sich wegen unserer groszliger Verfehlungen die Noumlte der
Soumlhne unseres Volkes vermehrten durchforschten wir unsere Taten und fanden dass seit einiger
Zeit ein Schwert die Seele der Elenden und Reinen auffraszlig weil sie Vermoumlgen vermehrt hatten
durch Zins und Zinseszins von den Fuumlrsten der Nichtjuden Diese schuldeten ein Riesenvermoumlgen
den Familienvorstaumlnden Sie schmiedeten Raumlnke sich auf die Juden zu stuumlrzen und sie zu
uumlberfallen um sich von ihren Schulden zu befreien Wir haben beschlossen dass man keine
Erhoumlhung hinzufuumlgen darf und jedem Mann und jeder Frau nicht gestattet werden soll irgend einem
Nichtjuden einem einzelnen Schuldner mehr als 100 Pfund Hallisch zu leihen Und wenn der
Zeitpunkt der Schuldruumlckzahlung gekommen ist soll es nicht mehr gestattet sein die Zinsschuld der
Schuldsumme zuzuschlagen sondern man soll aus der Hand des Schuldners die ganze Schuld
einziehen Und wenn man nicht die ganze Schuld von ihm einziehen kann soll man sich nicht
hindern lassen wenigstens den Zins einzuziehen Nur soll man den Schuldner nicht mit List
uumlbervorteilen Und wenn es nicht gelingt irgend etwas einzuziehen dann soll man dies dem Rat
seiner Gemeinde mitteilen und nach deren Geheiszlig soll man handeln Was das Schuldgeschaumlft der
fuumlrstlichen Schuldner betrifft deren Schulden sich schon vermehrt haben und die niemand mehr
begleichen kann Die Glaumlubiger sollen sich huumlten sie mit hohen Zinsen zu belasten denn es sind
Komplotte zu befuumlrchten was Gott verhuumlten moumlge Schon einige Personen haben sich
zusammengeschlossen und dies gerade nicht bei den Fuumlrsten sondern bei den Klerikern und den
Buumlrgern [114]
Offenkundig standen den Delegierten die befuumlrchteten Konsequenzen der Geldleihe deutlich vor
Augen Wohl ebenso eingeschuumlchtert durch die in Frankreich vollzogene Vertreibung der Juden
wurden von seiten der Juden eigene Verfehlungen aber auch unguumlnstige Machtkonstellation
beobachtet die im Falle der franzoumlsischen Juden zu deren Untergang gefuumlhrt hatten Die
Beziehungen von Juden und Christen steckten auch in den Rheinlanden in den eingangs genannten
Bereichen von Wirtschaft Herrschaft und Religion in einer tieferen Krise Die auf dem
Versammlung von Worms beschlossenen Gegenmaszlignahmen blieben auf die juumldischen Teilnehmer
beschraumlnkt Zuruumlckhaltung gegenuumlber den christlichen Kunden Demut gegenuumlber Gott und das
Flehen um sein Erbarmen was mit guten Werken unterstuumltzt werden soll Eine direkte Verhandlung
mit den christlichen Herrschaftstraumlgern war nicht mehr vorgesehen Das gegenseitige Vertrauen
zwischen Juden und Christen war verschwunden in einer Zeit in der nicht mehr Koexistenz sondern
vor allem von Seiten der Juden die Sorge um die eigene Zukunft das eigene Handeln bestimmte
Zusammenfassung
Die Vertreibung der Juden aus England hatte innerhalb des juumldischen Kontextes noch zu Ansaumltzen der
Selbstreflexion gefuumlhrt die einen konkreten Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Vertretern
der juumldischen Seite und den politischen Entscheidungen der nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger
gegenuumlber der eigenen Gruppe erkennen mochten Dennoch waumlhnte man sich weiterhin in einem
rechtlich voumlllig abgesicherten Verhaumlltnis zur christlichen Umwelt Man war sich eines besonderen
Status innerhalb der christlichen Mehrheitsgesellschaft bewuszligt der in den Augen der Juden in
keiner Weise gefaumlhrdet schien Noch in der zweiten Haumllfte des 13 Jahrhunderts definierte Meir ben
Baruch (gest 1293) die Stellung der Juden im Reich als die eines freien Landbewohners der sein
Land nicht aber seine persoumlnliche Freiheit verloren hat [115]
Er sei darum nicht wie die Nichtjuden
den Fuumlrsten unterworfen und zu Steuerzahlungen verpflichtet Diese Konstruktionen erinnern stark
an die noch im 12 Jahrhundert in Frankreich vertretenen Rechtsauffassungen eines Itzchaq ben
Shmuel von Dampierre (gest ca 1185)[116]
der ebenfalls die Freiheit der Juden im Vergleich zu den
Nichtjuden hervorhebt ihre voumlllige Bewegungsfreiheit im Gegensatz zu an die Scholle gebundenen
Nichtjuden betont und die Juden ebenfalls aus der Rechtspraxis herausnimmt die dem
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger gestattet bei Abwanderung von Personen deren beweglichen
Besitz einzuziehen[117]
Nach juumldischer Auffassung folgten die Interaktionen zwischen Juden und
Christen nach Regeln die von beiden Seiten anerkannt waren Das jedoch sich dies Regelwerk zu
ungunsten der Juden verhaumlndert haben mochte daszlig die eigene Bewegungsfreiheit inzwischen mehr
und mehr eingeschraumlnkt wurde die besonderen Steuergesetzgebung seit den Aumluszligerungen des
Itzchak von Dampiegravere sich erheblich veraumlndern hatte und damit nach daszlig Verhaumlltnis zur christlichen
Umwelt nun erheblichen Umwaumlltzungen unterworfen war wurde wie die Aumluszligerung Meirs nahelegt
weder reflektiert noch einigermaszligen registriert
Das Verhalten der franzoumlsischen Juden Angesichts ihrer Vertreibung ist darum keinesfalls verwunderlich In
den wenigen juumldischen Selbstzeugnisse zur Vertreibung der franzoumlsischen Juden finden sich keine
Spuren die auf einen Prozess der Selbstreflexion schlieszligen lassen Die Frage der Motivation zur
Vertreibung der Juden wird soweit dies die Quellen erkennen lassen nicht diskutiert Der
offenkundige theologische Diskurs zur Unrechtmaumlszligigkeit des auf Zinsen geleisteten Geldverleihs
dem die juumldischen Gemeinschaft im franzoumlsischen Koumlnigreich letztlich zum Opfer fiel wird
nirgendwo rezipiert Man koumlnnte den Eindruck gewinnen dass sich den franzoumlsischen Juden die
Gefaumlhrlichkeit der Diskussion um den Wucher zu keinem Zeitpunkt erschloss Auch in den
konstruierten Narrativen der folgenden Generationen steht die auch fuumlr den einzelnen Juden
folgenreiche finanzielle Auspluumlnderung durch die franzoumlsische Krone im Vordergrund Allerdings
zeigt die Quelle aus dem rheinischen Kontext dass zumindest nach der Vertreibung aus dem
franzoumlsischen Koumlnigreich im Jahre 1306 unter den rheinischen Juden bestimmte Formen der
Geldleihe als Element der Selbstgefaumlhrdung wahrgenommen wurde Dabei macht die Uumlberlieferung
der Wormser Versammlung auch deutlich das die Zerruumlttung des Verhaumlltnisses von Juden und
Christen auch von juumldischer Seite nicht mehr geleugnet werden konnte Dass es sich dabei nicht nur
um eine wirtschaftliche Auseinandersetzung sondern zunaumlchst um einen christlichen theologischen
Diskurs handelte der sich gaumlnzlich juumldischem Handeln entzog scheint den Protagonisten der
Wormser Gemeinde nicht zugaumlnglich gewesen sein Ohne zu erkennen dass die Geldleihe und
somit die eigene wirtschaftliche Existenz gaumlnzlich in Frage gestellt werden koumlnnte versuchten die
Vertreter der Wormser Versammlung durch einzelne Maszlignahmen die Beziehungen zur christlichen
Umgebung zu entlassten um Gefahren von der eigenen Gemeinschaft abzuwenden Auf diese
Weise wurden die Juden im Westen Europas mehr und mehr wirtschaftlichen und theologischen
Dynamiken ausgesetzt die sich jenseits der juumldischen Wahrnehmung auszuformen begannen und
schlieszliglich in die Verdraumlngung der Juden muumlnden sollten die in der Vertreibung von England und
Frankreich ihren Anfang nahm
Rainer Barzen Lennart Guumlntzel
1 uarr Vgl zu Frankreich Chazan Jewry (1973) 154-207 Jordan Monarchy (1998) 177-261 Zu
England Hyams Jews (1996) 173-192 Mentgen Vertreibungen (1997) 11-53 Mundill England
(1998)
2 uarr Chazan Jewry (1973) 63-100 Ders Church (1980) 312f Jordan Monarchy (1998) 23-38
3 uarr Zur Geschichte der Juden unter Ludwig IX vgl Chazan Jewry (1973) 100-153
4 uarr Die Vorbildfunktion Ludwigs IX vor allem in Hinblick auf den Kampf gegen den Wucher erwaumlhnt
Cluse Zusammenhang (1999)135ndash163
5 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
6 uarr Chazan Church (1980) 313-317
7 uarr Florentii Wigorniensis 214f
8 uarr Ebd 212
9 uarr Chazan Church (1980) 317-319
10 uarr Aufstellung der Chroniken bei Abrahams Expulsion (1895) 449f
11 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
12 uarr Ordonnances 317
13 uarr Jordan nennt als Beispiel die Ortschaft Niort die ihre Juden vertreiben konnte Jordan Monarchy
(1998) 183
14 uarr Ebd 184f
15 uarr Ebd 184
16 uarr Ebd 183f
17 uarr Zu den Motiven Philipps IV siehe Mentgen Vertreibungen (1997) 46-49 Schwarzfuchs
Expulsion (1967) 485f
18 uarr Uumlber den generellen Wucherdiskurs siehe unten Kapitel V2
19 uarr Close Rolls Edward I 109
20 uarr Annales de Waverleia 409 ldquo(hellip) Judaeorum (hellip) quae per diversas urbes et castra regionis
Anglicanae per retroacta tempora habitabat confidenter procurante domina Alienora matre dicti
regis Angliae jussa est per edictum regium (hellip)rdquo
21 uarr Annales de Dunstaplia 361-362bdquo (hellip) propter blasphemias quas Judaei saepe faciebant fidei
Christianae statuit rex ut omnes Judaei cum semine suo et substancia ab Anglia pellerentur (hellip)rdquo
22 uarr Ebd bdquo(hellip) et concessit eis rex salvum conductum In ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt
submersi per vim et fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
23 uarr Zum Verhaumlltnis von Dominikanern und Juden zu dieser Zeit vgl Cohen Friars (1982) sowie
Ders Letters (1999)
24 uarr Florentii Wigoriensis 214
25 uarr Uumlber ein moumlgliches Interesse des Adels an der Vertreibung der Juden siehe Mentgen
Vertreibungen (1997) 27-30
26 uarr Annales de Dunstaplia 361-362 bdquoIn ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt submersi per vim et
fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
27 uarr Pierre de Langtoft II 186 bdquoThomas de Wilaund en baunk primer nomeacute par agarde de la court le
regne ad forjoreacute et en la terre de France sanz repairer aleacute Ses compayons ses clercs sunt pris e
meneacute a la thour de Loundres delivreacutes par moneacuteldquo
28 uarr Ebd 188 bdquoPur le quinzme dener al rays en ayeldquo
29 uarr Ebd bdquoOre sunt alez en France e en Pykardye Tutes lur dettes e lur manauntye Sunt salves al
ray dunt fere sa curtaysyeldquo
30 uarr Oumlsterreichische Reimchronik Verse 91239-91777 1186-1192ldquo die dritten vorderungdie an den
Franzois junctet der kunic Albrehter jach die Juden ze rehtgehocircren daz ricircche an und ander nieman
()ldquo Zu dieser Quelle vgl Ziwes Studien (1995) 33f Anm 16
31 uarr Prima Vita Clementis V 5
32 uarr Quarta Vita Clementis V 62bdquo Anno Domini MCCCVJ in festo sancte Marie Magdalene de
mandato et ordinatione regis Francie fuerunt capti omnes Judei ubique in regno Francie quasi
imperceptibiler una die et confiscata sunt bona ipsorum quecumque potuerunt inveniri fueruntque
a regno expulsi ulterius minime reversurirdquo Vgl auch Sexta Vita Clementis V 92-93bdquo Et etiam in
isto anno in die sancte Marie Magdalene omnes Judei de regno Francie congediati [congregati]
fuerunt et eorum bona omnia extiterunt confiscatardquo
33 uarr Continuatio Guilelmi de Nangis 59 bdquoMense Augusto Rex Philippus omnes Judaeos de Regno
Franciae penitus amp omnino fecit expelli certum regressionis terminum sub poena mortis praesigens
eisdemrdquo
34 uarr Florentii Wigoriensis 192 ldquoBarones cum Londoniensibus Judaismum Londoniae spoliaverunt
multis Judaeis interfectisldquo Siehe auch Mundill England (1998) 41
35 uarr Florentii Wigoriensis 210ldquo Rex die Sancte Calixti synagogam Judaeorum in villa Londoniensi
fratribus de Poenitentia contulit Jesu Christi ()ldquo
36 uarr Ebd 222bdquoApud Norhamtonam () puer quidam a Judaeis crucifixus estrdquo
37 uarr BennerReverchon Juden (2003) 181
38 uarr Rubin Tales (1999) 40-48
39 uarr Mentgen Vertreibungen (1997) 42-44
40 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 64f sieht den Muumlnzbeschneidungsskandal als Folge der Verarmung
der Juden Eine andere Meinung vertritt Mundill England (1998) 195-198 der vor allem auf eine
erfolgreiche Rolle der Juden im Wollhandel verweist
41 uarr Florentii Wigoriensis 221ldquo Rex omnes Judaeos et quosdam Christianos de retonsura aut alia
monetae falsatione convictos fecit suspensi Unde Londoniae CCLX et VII Judaei mortis judicium
subierunt Quidam autem relegati quidam etiam eorum perpetuo sunt carceri adjudicati et quidam
in Anglia remanseruntrdquo Vgl auch Mundill England (1998) 67f sowie uumlber die Zahl der Opfer weiter
oben Anmerkung 36
42 uarr Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 S 20
43 uarr Nach der chronikalischen Uumlberlieferung waren es 267 bzw 269 hingerichtete Juden Eine
Auswertung der auszligerchronikalischen Quellen ergab die Zahl von 298 erhaumlngten Juden Rokeacuteach
Monex I (198890) 98
44 uarr Jordan Monarchy (1989) 182f
45 uarr rdquoVos autre fuistis Engles qui exiverunt de terra eorum quia rotundabatis monetamrdquo in
Shatzmiller Schlomo Ibn Verga (1988) 355 Ders Solidariteacute (1986) 423
46 uarr Shlomo Ibn Verga Shevet Yehudah Teil I (hebr) Teil II (dt Uumlbersetzung)(Edit Wiener) Shevet
Yehudah (Edit Shochat)
47 uarr Zu Leben und Werk Shlomo Ibn Vergas Baer Hearot (1934) 152-179
48 uarr Shevet Yehudah Nr 18 (hebr S 42-43 dt Uumlbers S 84-85) Shevet Yehudah (Edit Shochat)
S 66
49 uarr Shevet Yehudah Nr 20 (hebr 43-45 dt Uumlbers 86-89)
50 uarr Zu Yosef ha-Kohen und seinem Werk Loeb Josef Hacohen (1888) XVI 28-56 211-235 XVII
74-95 247-271
51 uarr Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (dt
Uumlbersetzung Wiener)
52 uarr Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) 38-39 (Edit Wiener) 41-42
53 uarr Usque Nachum Israel III (1908) XI-XIII Auch bei Gedalyah Ibn Yachjah Shalshelet ha-
Kabbalah (nach Graetz Geschichte VII (1897) 429 weitere Quellen Graetz ebd 426-430)
54 uarr Siehe Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 20a
55 uarr ldquoSie [die Dominikaner] brachten sogar Muumlnzsorten herbei die sie selbst zuhause beschnitten
hattenldquo Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) S 38 (Edit Wiener) 41
56 uarr Fuumlr vielerlei Hinweise zur hebraumlischen Uumlberlieferung der Vertreibung der franzoumlsischen Juden sei
Dr Abraham David Jerusalem herzlich gedankt
57 uarr Schwarzfuchs History (2001) 269-274 Ben-Shalom Communication (1991) 171-225
58 uarr Abba Mari ben Mose von Lunel Sefer Minchat Qenaot Nr 120 in Shlomo Ibn Adret Tshuvot II
835-836
59 uarr BT Berachot 70a Gemeint ist hier die Philosophie griechischer Tradition die von Abba Mari
besonders bekaumlmpft wurde Shlomo Ibn Adret Teshuvot Bd 2 835 Anmerkung zu Zeile 1 Abba
Mari brachte die Vertreibung der suumldfranzoumlsischen Juden mit deren Hinwendung zur griechischen
Philosophie in Verbindung Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 832 Anmerkung zu Zeile 8
60 uarr Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 835-836 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001) 273
61 uarr Jordan French Monarchy (1989) 195196
62 uarr Saige Juifs (1881) 92
63 uarr Jordan French Monarchy (1989) 205 Saige Juifs (1881) 101-102 308-319 324-325
64 uarr Zu Leben und Werk sowie zu seinem Aufenhalt im Lande Israel siehe Schwarzfuchs History
261 Elbaum Estori ha-Parhi S 918f
65 uarr Zur Bedeutung des hebraumlischen Begriffes Prowentzah der neben der heutigen Provence auch
das Languedoc miteinschloss siehe Gross Gallia Judaica (1887) 489 In diesem Sinne entspricht
Prowentzah der roumlmischen Provincia Narbonnensis In Kontext der Vertreibung der Juden im
Jahre 1306 kann nur das Languedoc gemeint sein
66 uarr Eshtori haParchi Kaftor waFerach 218
67 uarr Schwarzfuchs History (2001) 276-278 Dahan Gersonide (1991)
68 uarr Levi ben Gershom Pirush al ha-Torah
69 uarr Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 153-154
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
Vertreibungen verloren hatten Fuumlr die Herrscher also nun insbesondere Philipp IV waren sie von
geringem Wert weshalb dieser auch 1291 zunaumlchst nur die englischen Juden und die Juden aus der
Gascogne vertreiben lieszlig[16]
Schlieszliglich kam es 1306 auch in dem vom franzoumlsischen Koumlnig beherrschten
Gebiet zum Ende der juumldischen Siedlung Philipp IV nutzte mit der Vertreibung die Moumlglichkeit sich als
christlicher Koumlnig zu profilieren und gleichzeitig an enorme Geldwerte und Immobilien zu gelangen[17]
Die Vertreibungen der Juden Englands und Frankreichs aus nichtjuumldischer Sicht
England
Es existieren einige interessante Quellen die in der Beschreibung der Ursache fuumlr die Vertreibung stark
differieren Die wichtigste und aufschlussreichste Quelle ist das offizielle Vertreibungsedikt Koumlnig Edwards
I mit dessen Analyse nun begonnen werden soll Die Argumentation des Koumlnigs ist im Kulturbereich Recht
zu verorten Die Juden haumltten ein Gesetz gebrochen als Konsequenz muumlssten sie das Land verlassen
Tatsaumlchlich ist die Wucherdiskussion in erster Linie religioumls aufzufassen mit groszligen Konsequenzen fuumlr
andere Kulturbereiche wie Wirtschaft und Herrschaft[18]
Im Vertreibungsedikt erinnert der Koumlnig daran dass
den Juden im Jahre 1275 die Zinsleihe verboten worden war und stellt dann fest dass sie eine Alternative
gefunden haumltten um das Verbot zu umgehen und weiterhin Geld gegen Zinsen an Christen zu verleihen
Daher beschloss der Koumlnig nun zur Ehre Christi alle Juden aus seinem Koumlnigreich zu vertreiben Die
ausstehenden Schulden sollten natuumlrlich ohne Zinsen an den Koumlnig zuruumlckgezahlt werden Ebenso
beanspruchte Edward die zuruumlckgelassenen Immobilien als sein Eigentum[19]
In der Quelle wird allerdings
auf die Motive den Wucher zu verbieten nicht eingegangen Die Annalen von Waverley erwaumlhnen die
offiziellen Begruumlndungen Edwards mit keinem Wort Dort heiszligt es vielmehr die Juden die schon seit
Generationen sicher in verschiedenen Staumldten und Doumlrfern gewohnt haumltten seien nun durch einen
Beschluss Koumlnig Edwards vertrieben worden der von der Koumlniginmutter Eleonore veranlasst worden sei[20]
In dem kurz gehaltenen Eintrag der Annalen von Waverley erscheint die Koumlniginmutter also als Ausloumlser in
der Vertreibung sie wurde auf ihr Betreiben wegen persoumlnlicher Animositaumlten den Juden gegenuumlber
durchgefuumlhrt Wesentlich ausfuumlhrlicher berichten die Annalen von Dunstable eine in den 1290ern im
Augustinerkloster von Dunstable verfasste Chronik uumlber die Vertreibung[21]
Erster Grund seien die
wiederholten nicht naumlher charakterisierten Beleidigungen die die Juden gegenuumlber dem christlichen
Glauben begangen haumltten Weiter wird erwaumlhnt dass viele Juden denen vom Koumlnig sicheres Geleit
zugestanden worden waumlre auf ihrer Reise Gewalttaten zum Opfer gefallen seien Die Taumlter dieser
Uumlbergriffe seien gehaumlngt worden[22]
Alle Schichten der Bevoumllkerung so die Annalen waren uumlber die
Vertreibung erfreut die Barone und die Kirche dankten dem Koumlnig mit umfangreichen Geldzahlungen Zwei
Gruumlnde werden in den Annalen von Dunstable genannt Zum einen nicht naumlher ausgefuumlhrte bdquoBlasphemienldquo
der Juden was auf Probleme im religioumlsen Bereich hinweist Zum anderen erscheinen die Geldzahlungen
der Barone und des Klerus Die Annalen berichten zwar diese seien nachtraumlglich als eine Art bdquospontaner
Ausdruck der Freudeldquo erfolgt doch darf man wohl annehmen dass sie schon vor der Vertreibung
vereinbart wurden und als bdquoMotivationshilfeldquo fuumlr die Entscheidung des Koumlnigs zu verstehen sind Hier ist zu
fragen welches Interesse die Barone und der Klerus an der Ausweisung der Juden hatten Wiederum sind
religioumlse und wirtschaftliche Gruumlnde denkbar Fuumlr den Klerus koumlnnte noch der Konversionsskandal um
Robert von Reading nachgewirkt haben Dieser Dominikanermoumlnch war 1275 zum juumldischen Glauben
konvertiert und hatte so die Anfeindungen die bereits vorhanden waren[23]
noch verstaumlrkt[24]
Der Adel
hingegen koumlnnte sowohl ein Interesse an Laumlndereien die den Juden als Pfaumlnder uumlberlassen worden waren
und nun wieder frei wurden gehabt als auch die Konkurrenz moumlglicher juumldischer Konkurrenten im Handel
gefuumlrchtet haben[25]
Daneben uumlberrascht die eingeschobene Geschichte von Uumlberfaumlllen denen einige
Juden bei der Ausreise zum Opfer fielen[26]
Anscheinend wurden die Juden jedenfalls von diesem
christlichen Chronisten nicht als rechtlos angesehen daher die Betonung dass die Uumlbeltaumlter gehaumlngt
wurden Die Juden zu vertreiben war eine Sache aber rechtlos wurden sie nicht Sie standen offenbar noch
unter dem Schutz englischer Gesetze Dies verweist indirekt wieder auf das Vertreibungsedikt Edwards I
Auch dort wird primaumlr rechtlich argumentiert sodass der Eindruck entsteht dass sich auch der Koumlnig an
einem rechtlichen Rahmen orientieren wollte In der Reimchronik Pierre de Langtofts steht die Vertreibung
der Juden in einem weiteren allgemeinen Kontext Langtoft ein Augustinermoumlnch aus Yorkshire berichtet
zu 1289 wie Edward nach vier Jahren Aufenthalt in der Gascogne wieder nach England zuruumlckkehrte und
das Land in schlechtem Zustand vorfand Es kam zu Untersuchungen und Prozessen bei deren Ende unter
anderem der Oberste Richter Thomas de Weyland ins Exil nach Frankreich gehen musste und seine
Mittaumlter in den Tower geworfen wurden oder eine Geldstrafe zahlen mussten[27]
Die Vertreibung der Juden
erscheint bei Langtoft in diesem Kontext Der Koumlnig houmlrte sich die Beschwerden der Barone und des Adels
an beriet sich mit dem Parlament stellte Untersuchungen an und kam daraufhin zu dem Entschluss die
Juden auszuweisen Dafuumlr erhielt er von bdquoKlerikern und Laienldquo eine festgesetzte Summe als Hilfe[28]
Die
Juden so Langtoft gingen in die franzoumlsischen Kronlande und in die Picardie alle ihre
Hinterlassenschaften also die Schuldscheine und Immobilien behielt der Koumlnig fuumlr sich[29]
Diese Quelle
bietet die meisten Informationen uumlber die Vertreibungen Sie werden als Teil eines umfassenden
Reformprozesses dargestellt der stattfand als Edward nach vier Jahren Aufenthalt in der Gascogne ndash wo
er wie schon berichtet 1287 die dortigen Juden vertrieben hatte ndash nach England zuruumlckkehrte Was den
Juden vorgeworfen wurde wird nicht genannt aber der Bericht kommt der offiziellen Begruumlndung Edwards
am naumlchsten Die Geldzahlungen fuumlr die Vertreibung als Ausgleich fuumlr den Koumlnig die schon in den Annalen
von Dunstable genannt wurden werden hier nun konkretisiert Sie waren Teil der Abmachung zwischen
Adel Klerus und Koumlnig und wurden vorher ausgehandelt Die Vertreibung ist in diesem Kontext als
politische Aktion dargestellt die in den Bericht uumlber eine allgemeine Reformierung des Landes eingebettet
ist Was laumlsst sich aus den Chronikberichten schlieszligen Erstens ist deutlich dass viele verschiedene
Geruumlchte uumlber die Juden das Koumlnigshaus und die Ursachen fuumlr die Vertreibung kursierten Den Gruumlnden
die im Erlass des Koumlnigs aufgefuumlhrt wurden glaubte man anscheinend nicht vorbehaltlos Dies koumlnnte die
sehr unterschiedlichen Chronikberichte erklaumlren Auch wurden die Juden nicht als rechtlos betrachtet
Mehrmals wird erwaumlhnt dass der Koumlnig ihnen sicheres Geleit versprach einmal berichtet wie einige
englische Christen wegen Piraterie gehaumlngt wurden Schlieszliglich faumlllt auf dass die Muumlnzfaumllschung zehn
Jahre zuvor offenbar in der christlichen Perspektive im Zusammenhang mit der Ausweisung keinerlei Rolle
gespielt hat
Frankreich
Die Gruumlnde fuumlr die Vertreibung der Juden aus Frankreich 1306 durch Koumlnig Philipp IV sind nicht ohne
weiteres durch zeitgenoumlssische Uumlberlieferung zu erfahren Weder ist das Vertreibungsmandat uumlberliefert
noch nennen die Chronisten die uumlber das Ereignis berichten Gruumlnde fuumlr die Ausweisung Offensichtlich
gab es in der chronikalen Uumlberlieferung ein geringeres Interesse daran die Motive Philipps IV zu
hinterfragen Die zentrale Quelle fuumlr die Wahrnehmung und Begruumlndung der Vertreibung der franzoumlsischen
Juden entstand nicht im franzoumlsischen Gebiet sondern aus der fernen Steiermark In der von Ottokar von
der Steiermark dort bis 1321 geschriebenen Oumlsterreichischen Reimchronik wird beschrieben dass Albrecht
I von Habsburg einen Anspruch auf die franzoumlsischen Juden erhoben habe Dieser wurde so Ottokar von
Beratern Philipps IV gepruumlft und fuumlr rechtmaumlszligig erklaumlrt woraufhin der franzoumlsische Koumlnig voller Zorn die
Juden die ihm nun keinerlei Vorteile mehr bringen konnten aus seinem Koumlnigreich vertrieb[30]
Diese
einzige Quelle die etwas uumlber die Beweggruumlnde Philipps IV aussagen kann wurde als Geschichte der
Oumlsterreichischen Lande verfasst und stellt die Macht Albrechts I als unverhaumlltnismaumlszligig groszlig gegenuumlber
dem franzoumlsischen Koumlnig dar Es scheint undenkbar dass es tatsaumlchlich Verhandlungen zwischen den
beiden Herrschern um die franzoumlsischen Juden gegeben hat Die Chronik ist aber trotzdem interessant fuumlr
die Fragestellung zeigt sie doch dass ein Ereignis wie die Vertreibung der Juden aus Frankreich auch in
so weit entfernten Gebieten wie der Steiermark wahrgenommen wurde Weitere Nachrichten finden sich in
der von verschiedenen Autoren bis 1324 verfassten Vita des Papstes Clemens V (1305-1314) Dort heiszligt
es beispielsweise dass die Juden die sich nicht taufen lassen wollten das Land verlassen mussten wobei
viele auf der Reise starben Die Besitztuumlmer der Juden wurden vom Koumlnig beschlagnahmt[31]
Offensichtlich
wurden am Tag der Verkuumlndung der Ausweisung diverse Juden gefangen genommen so wird es
zumindest in der Vita Clemens V von Bernard Gui[32]
sowie der Fortsetzung der Chronik Wilhelms von
Nangis[33]
berichtet Uumlber Beweggruumlnde des Koumlnigs die Juden auszuweisen wird jedoch nichts gesagt
Resumee
Die genannten Chronisten liefern eine Fuumllle von Hinweisen auf Kulturbereiche deren Kompatibilitaumlt
zwischen Juden und Christen nicht mehr gewaumlhrleistet war und die im Zusammenspiel fuumlr die Ausweisung
der Juden verantwortlich sein koumlnnen In England und Frankreich herrschte in Bezug auf religioumlse Fragen
eine negative Atmosphaumlre zwischen Juden und Christen Intellektuell-theologisch zeigt sich diese primaumlr an
der Wucher- und der Talmuddiskussion Daneben waren die Juden immer haumlufiger mit Ritualmord- und
Hostienschaumlndungsvorwuumlrfen konfrontiert oder wurden aus nicht naumlher genannten Gruumlnden Opfer von
Gewalttaten Im Falle Englands berichtet die fortgefuumlhrte Chronik des Florence of Worcester fuumlr 1264 dass
Barone mit den Londoner Buumlrgern die Juden beraubten und einige umbrachten[34]
Im Jahre 1272 schenkte
der Koumlnig den Bruumldern der Poenitentia die Londoner Synagoge[35]
Zu 1279 berichtet die Chronik dass
einige Juden in der Naumlhe von Northampton ein christliches Kind gekreuzigt haumltten[36]
Schon erwaumlhnt wurde
der Konversionsfall des Robert von Reading der sich 1275 ereignete Aumlhnlich stellte sich die Situation in
Frankreich dar In der Champagne in Troyes wurden beispielsweise 13 Juden im Jahre 1288 wegen
Mordvorwuumlrfen hingerichtet[37]
1290 kam es in Paris zu einem Hostienschaumlndungsprozess der mit dem
Tod des Angeklagten endete[38]
Dieser angespannte religioumlse Diskurs wirkte sich auch auf den
Herrschaftsbereich aus Edward I soll als junger Mann tief beeindruckt von der Ritualmordaffaumlre um Hugh
von Lincoln im Jahre 1255 gewesen sein in deren Zusammenhang 19 Juden hingerichtet worden waren[39]
Daneben konnten sich die Herrscher nicht dem vorherrschenden Wucherdiskurs entziehen der sie als
Mitschuldige am suumlndhaften Wucher markierte da sie einen Nutzen aus dem juumldischen Wuchergeschaumlft
zogen Gerade Philipp IV der eine machtbewusste Politik auch gegenuumlber dem Papst verfolgte hatte sich
auch an seinem Groszligvater Ludwig IX und dessen bdquovorbildhafterldquo Politik in Bezug auf den Umgang mit den
Juden und dem Wucher zu messen Im wirtschaftlichen Zusammenleben aumlnderten sich ebenfalls die
Praumlmissen fuumlr den Umgang von Juden und Christen Das sbquoStatutum de Judeismorsquo markiert einen
Wendepunkt im Wirtschaftsleben Englands Es ist unklar in wie weit sich die Juden in von christlichen
bdquoMonopolenldquo dominierten Berufen etablieren konnten[40]
Mit der schwierigen wirtschaftlichen Situation der
Juden die durch das sbquoStatutum de Judeismorsquo geschaffen wurde kann moumlglicherweise der
Muumlnzbeschneidungsskandal von 1279 erklaumlrt werden in dem 267 Juden und einige Christen verurteilt und
hingerichtet wurden[41]
Daneben fuumlhrten sie will man dem Vertreibungsedikt Edwards I Glauben schenken
ihre Geldleihgeschaumlfte mit Zinsnahme im Verborgenen weiter Die Klagen der Barone und des Klerus die in
einigen Chroniken erwaumlhnt werden koumlnnten sich auf diese illegalen Taumltigkeiten beziehen Offensichtlich ist
es das Hauptargument Edwards in seinem Vertreibungsedikt Es ist deutlich geworden dass nicht nur einer
dieser Aspekte ausschlaggebend fuumlr die Ausweisungen der Juden war Vielmehr spielten viele Faktoren
zusammen in mehreren Kulturbereichen war das Miteinander gestoumlrt was schlieszliglich zur Vertreibung der
Juden fuumlhrte Zudem zeigte sich auch wie eng kaum von einander trennbar sich die Kulturbereiche -in
diesem Fall Recht Wirtschaft Herrschaft und Religion- darstellen
Die Vertreibung der Juden in den hebraumlischer Quellen
England
Die Vielschichtigkeit der Uumlberlieferung zur Vertreibung der Juden aus England lieszlige zunaumlchst eine ebenso
reiche Tradition in den hebraumlischen Quellen erwarten Allerdings ist das Gegenteil der Fall Die bekannte
Uumlberlieferung kennt keinen zeitgenoumlssischen hebraumlischen Eintrag zur Vertreibung der Juden weder in
einer hebraumlischen Chronik noch in direkten hebraumlischen verfaszligten Selbstzeugnissen englischer Juden
Dennoch sind aus dem weiteren Umfeld genauer gesagt aus Deutschland und Suumldfrankreich zeitnahe
Reaktionen auf die Geschehnisse in England uumlberliefert die zumindest einige Hinweise zur Einschaumltzung
der Ereignisse und ihrer Ursachen im innerjuumldischen Kontext liefern koumlnnen Zunaumlchst ist aus einem
Responsum des Meir ben Baruch von Rothenburg (gest 1293) eine diesbezuumlgliche Aumluszligerung uumlberliefert
Dort heiszligt es
bdquoWas die Muumlnzbeschneider betrifft so hacke ihnen wegen ihrer Vergehen die Hand ab
Wieviel Blut wurde wegen der Muumlnzenbeschneider vergossen Sie waren es die unsere Bruumlder
die Bewohner von Frankreich und der Insel (=England) ins Verderben stuumlrztenldquo[42]
Allerdings bleibt eine Datierung dieses Ausspruches schwierig Meir hat zur Zeit der Ausweisung der
Juden aus England noch gelebt Die Form der Uumlberlieferung gibt allerdings keinen Hinweis der
darauf schlieszligen laumlszligt daszlig das Responsum zur Zeit verfaszligt wurde als sich Meir nach 1286 bis zu
seinem Tode bereits in Gefangenschaft aufhielt Letzteres haumltte zumindest wahrscheinlich werden
lassen daszlig Meir sich auf die Ausweisung der Juden bezog So kann der Ausdruck bdquoins Verderben
stuumlrzenldquo auch lediglich den eigentlichen Prozeszlig zum Muumlnzenbeschneidungsvorwurf 1279 und die
Folgen ndash die Hinrichtung von etwas weniger als 300 Juden[43]
Allerdings weist die Aumluszligerung Meirs die
Muumlnzbeschneider haumltten das Elend der Juden in Frankreich und England heraufbeschworen
wiederum in eine andere Richtung Der groszlige Prozeszlig fand in England nicht in Frankreich statt Erste
Vertreibungen von Juden ereigneten sich jedoch zunaumlchst auf dem franzoumlsischen Festland
(Gasgogne 1287)[44]
nicht in England Es spricht somit vieles dafuumlr daszlig Meir gerade auf jene
Vertreibung anzuspielen scheint und in diesem Zusammenhang den Muumlnzbeschneidungsvorwurf als
Ausloumlser fuumlr die Verfolgungen der Juden in England und Frankreich ansah Die Vertreibung der Juden
im Jahre 1306 aus den direkt den franzoumlsischen Koumlnig unterstellten Territorien konnte Meir nicht
gemeint haben Zu dieser Zeit war Meir ben Baruch schon zehn Jahre nicht mehr am Leben
Ein in den Quellen eindeutiger zu fassender Hinweis zur innerjuumldischen Einschaumltzung der Ereignisse
ist uns im Rahmen eines Vorfalls innerhalb einer suumldfranzoumlsisch-provenccedilalischen Gemeinde
uumlberliefert In der Stadt Manosque hatten nach 1290 innerhalb der juumldischen Gemeinde vertriebene
Juden aus England Aufnahme gefunden Allerdings blieben die englischen Juden als eigene Gruppe
auch waumlhrend der naumlchsten 50 Jahre wahrnehmbar was sich offenbar auch in innerjuumldischen
bdquolandsmannschaftlichenldquo Spannungen niederschlug So kam es im Jahre 1338 zwischen dem
einheimischen Juden Aronetus und dem zugezogenen Juden Creysonus von Chartres zu heftigen
Auseinandersetzungen bei denen Aronetus dem Chreysonus zurief bdquoIhr anderen wart die Englaumlnder
die ihr Land verlassen mussten weil ihr die Muumlnzen beschnitten habtldquo[45]
Selbstredend wollte der
ehemalige Fluumlchtling diese Behauptung nicht auf sich sitzen lassen und strebte den Prozeszlig an
Allerdings macht diese Auseinandersetzung auch klar daszlig die Verquickung des
Muumlnzbeschneidungsprozesses mit der Tatsache der Vertreibung in innerjuumldischen Kontext keine
unuumlbliche Argumentation gewesen sein wird
Hatte sich bereits im 14 Jahrhundert dieses Erklaumlrungsmuster als Begruumlndung der Vertreibung im
innerjuumldischen Gedaumlchtnis durchgesetzt Zumindest sollte diese Begruumlndung auch in den
hebraumlischen Chroniken des fruumlhen 16 Jahrhunderts eine entscheidende Rolle einnehmen Folgende
Darstellungen sind durch sephardische Chronisten des 16 Jahrhunderts bekannt Im Shevet
Yehudah[46]
des Shlomo Ibn Verga[47]
(Erstdruck 1550) einer hebraumlischen Chronik die die juumldische
Geschichte als eine Kette von Leiden klassifiziert werden die Ereignisse in England in folgenden
Erzaumlhlrahmen eingeordnet Nach kurzer Einfuumlhrung in die englischen Verhaumlltnisse wird eine
geforderte Bekehrung zum Christentum erwaumlhnt die aus den Quellen des 13 Jahrhunderts nicht
verifiziert werden kann Nach der Zuruumlckweisung dieses Bekehrungsversuchs wird den Juden
vorgeworfen daszlig sie Muumlnzen beschnitten haumltten Dieser wirtschaftliche Betrug fuumlhrte schlieszliglich
durch den Einfluszlig der Dominikaner zur Ausweisung der Juden[48]
Zwei Abschnitte spaumlter wird von
einer Bekehrung zum Judentum eines englischen Dominikaners berichtet was zweifellos die
Geschichte des im 13 Jahrhundert zum Judentum uumlbergetretenen Robert Reading wiedergibt Dem
Chronisten erscheint diese Episode Anlaszlig genug eine Reihe von Anfeindungen auch von Seiten der
Koumlnigin anzufuumlhren die in ihrer Summe schlieszliglich zur Vertreibung der Juden aus dem englischen
Koumlnigreich fuumlhrten[49]
In der Chronik des Yosef ha-Kohen[50]
Emeq ha-Bachah[51]
aus dem Jahre
1558 finden wir dasselbe Material in veraumlnderter Weise angeordnet Ein Vertreter des Predigerordens
verliebt sich in ein juumldisches Maumldchen tritt zum Judentum uumlber und heiratet es Die Dominikaner
beschuldigen vor dem Koumlnig daraufhin die Juden die Muumlnzen zu beschneiden um die Schande des
Glaubensabfalls ihres ehemaligen Mitbruders abzuwenden[52]
Auch in anderen Werken juumldischer
Chronistik aus dem 16 Jahrhundert findet die Episode des zum Judentum konvertierenden
Dominikaners Erwaumlhnung[53]
Obwohl die Chroniken des 16 Jahrhunderts als Belege fuumlr das Geschehen des 13 Jahrhunderts
nicht herangezogen werden koumlnnen so repraumlsentieren sie dennoch eine Tendenz der innerjuumldischen
Wahrnehmung die sich bereits im 13 wie im 14 Jahrhundert ankuumlndigte Hatte noch die christlicher
Uumlberlieferungstradition als Grund fuumlr die Vertreibungen vor allem die theologische Komponente der
Auseinandersetzung betont aber auch die Intervention anderer Herrschaftstraumlger angefuumlhrt so
bildete sich unter den Juden ein voumlllig anderes Erklaumlrungsmuster heraus In den juumldischen
Traditionsstraumlngen wurden die theologische Argumentation nicht rezipiert Dies gilt vor allem fuumlr das
groszlige Feld des Wuchervorwurfs der im Ausweisungsedikt 1290 zum Hauptargument werden sollte
Innerhalb der hebraumlischen Uumlberlieferung muszligten die Ursachen der Vertreibung konkreter fassbar
gemacht werden Zwei Narrative boten sich an die der juumldischen Traditionsbildung schluumlssig
erschienen Hierzu gehoumlrt der historisch gesicherte Prozeszlig zum Muumlnzbeschneidungsvorwurf der in
zeitnahen Dokumenten als gerechtfertigt[54]
in den Traditionen des 16 Jahrhunderts als Verleumdung
angesehen wurde[55]
Demgegenuumlber scheint dieser Prozess fuumlr die Begruumlndung der Ausweisung von
Seiten der christlichen Herrschaftstraumlger keine explizite Rolle gespielt zu haben Die Einbeziehung der
Geschehnisse um den zum Judentum konvertierten Dominikaner nehmen vor allem in den spaumlten
juumldischen Traditionen einen groszligen Stellenwert ein ohne daszlig sie innerhalb des christlichen Kontextes
fuumlr die Begruumlndung der Vertreibung irgend eine Rolle gespielt haumltten So bleiben Christen wie Juden
sich nur in der Tatsache einig dass Ihr Verhaumlltnis zueinander immer groumlszligeren Erschuumltterungen
unterworfen war Die Ursachen dieser Zerwuumlrfnisse konnten dabei durchaus unterschiedlichen
Kontexten zugeordnet werden
Frankreich[56]
Auch die Vertreibung der franzoumlsischen Juden hat in der hebraumlischen Uumlberlieferung nur wenig Spuren
hinterlassen Kein Text ist bekannt der sich ausschlieszliglich auf die Ereignisse der Vertreibung
beziehen wuumlrde Wie im englischen Fall zeugen nur verstreute Bemerkungen im Werk einzelner
juumldischer Gelehrter uumlber eine Resonanz innerhalb der juumldischen Gemeinschaft Eines dieser
Zeugnisse ist aus der Hand des Abba Mari ben Moshe von Lunel uumlberliefert einem Gelehrten der um
1300 vor allem in den polemischen Auseinandersetzungen um die Rezeption des Schriften des
Maimonides und der Frage nach dem Stellenwert philosophischer Studien in Erscheinung getreten
war[57]
In einem Brief[58]
schreibt er
Im Jahre 5066 (1306) der Zaumlhlung dies ist das Jahr welches die Suumlnde hervorgebracht hat[59]
verbreitete sich die Verfolgung (Gezerah) des Koumlnigs von Frankreich (Tzarfat) uumlber alle Juden in
allen Landen seines Koumlnigreiches aus sie aus ihren Haumlusern zu holen und ihnen all ihren Besitz
abzunehmen Alle sollten an einem bestimmten Tag festgesetzt werden jung und alt Frauen und
Kinder und diese sollte am Freitag am zehnten des Monats Aw (22 Juli 1306) geschehen und
man vertrieb sie aus dem Land Die Juden die in der Stadt Montpellier lebten wurden im Jahre
5067 im Monat Marcheshwan vertrieben (10 Okt-7 Nov 1306) Einige von ihnen begaben sich in
die Stadt Perpignan da sie sich des Sieges des Koumlnigs von Mallorca sicher waren dass er ihnen
aus der Hand des Koumlnigs den Aufenthalt und die Versorgung gewaumlhren wuumlrde Wieder andere
zogen weiter in die Provence hellip Und ich nachdem ich mich in die Provence ins Exil begeben
hatte in die Stadt Arles fuhr von dort fort und begab mich von dort in ein zweites Exil in die Stadt
Perpignan Ich kam dort an am ersten des Monats Shwat dem vierten Monat unseres Exils (5 Jan
1307)[60]
Abba Mari beschreibt als Zeitzeuge den politischen Kontext der Vertreibung der Juden im
Suumlden des franzoumlsischen Koumlnigreiches Die Beschreibung bleibt an sein eigenes Schicksal
gebunden Die Ausweisung der Juden umfasst auch das Languedoc das ebenfalls Teil des
direkten Herrschaftsbereichs des franzoumlsischen Koumlnigs Philipp des Schoumlnen geworden war Die
Vertriebenen wandten sich nun benachbarten nichtfranzoumlsischen Herrschaften zu der
Provence die zur Zeit der Vertreibung noch ein Teil des roumlmisch-deutschen Reiches war sowie
den Besitzungen des Koumlnigs von Mallorca zu denen Perpignan und teilweise auch Montpellier
zaumlhlten[61]
Zunaumlchst hatte der Koumlnig von Mallorca die Vertreibung der Juden aus Montpellier in
Opposition zum franzoumlsischen Koumlnig abgelehnt[62]
Die Juden hofften wie Abba Mari betont
dass dieser Widerstand von Dauer sein koumlnnte wurden jedoch enttaumluscht Im Februar 1309
willigte nach langen Verhandlungen auch der mallorquinische Koumlnig ein der Vertreibung der
Juden zuzustimmen[63]
In Territorien in denen er uneingeschraumlnkt seine Herrschaft ausuumlben
konnte wie etwa in Perpignan war den Juden der Aufenthalt weiterhin erlaubt so dass dorthin
wie in die Provence die Juden der Stadt Montpellier weiterzogen Abba Mari beschreibt die
lokalen politischen Zusammenhaumlnge der Vertreibungen der am Mittelmeer gelegenen
Territorien Er hebt dabei den Einfluss des franzoumlsischen Koumlnigs auf Herrschaftstraumlger
auszligerhalb seines Koumlnigreiches hervor nennt jedoch keinen Grund der das Verhalten des
franzoumlsischen Koumlnigs erklaumlrt haumltte Warum die franzoumlsischen Juden ihr Stammland verlassen
mussten wird nicht diskutiert
Ein weiterer Autor des fruumlhen 14 Jahrhunderts Eshtori ha-Parchi[64]
beschreibt in seinem Werk
Kaftor wa-Ferach kurz seine am eigenen Leib erfahrene Vertreibung der Juden aus dem
Suumlden des franzoumlsischen Koumlnigreichs
bdquoAuch erinnere ich mich an das Datum der Zerstoumlrung des kleinen Heiligtums naumlmlich die
Zerstoumlrung der Lehrhaumluser und Synagogen in Tzarfat (Nordfrankreich) und teilweise auch in der
Prowentzah (Suumldfrankreich hier Languedoc)[65]
Ich floh vom Schlachtfeld hellip im Jahre 5066 und
zwar am 10 Aw (22 Juli 1306)ldquo[66]
Eshtori ha-Parchi der sich schlieszliglich im Jahre 1313 im Lande Israel niederliess nennt
keine Begruumlndung der Ereignisse Die Bezeichnung der Vertreibung als Zerstoumlrung des
kleinen Heiligtums macht dem Leser deutlich welche Bedeutung den franzoumlsischen
Gelehrtenzentren vom Autor zugesprochen wurde die in dieser Ruumlckschau als
unwiederbringlich verloren betrachtet werden Eine weitere zeitnahe Notiz zur Vertreibung
der franzoumlsischen Juden laumlsst sich im Tora-Kommentar des Gelehrten R Lewi ben
Gershom (Ralbag) (1288-1344) finden Der Gelehrte der unter seinen nichtjuumldischen
Zeitgenossen auch unter der Bezeichnung Maestre Leo de Bagnol oder auch Magister
Leo Hebraeus bekannt war[67]
schreibt zum Wochenabschnitt Bechukotei (Lev 26 3 -
27 34)
Und wenn es in der Schrift heiszligt sbquoIhr geht unter den Voumllkern zugrunde und das Land euerer
Feinde friszligt euch aufrsquo (Lev 26 38) bezog sich dies auf die groszligen Noumlte unseres Volkes in denen
viele umgekommen sind eingeschlossen das Hinschlachten einiger in den heiligen Gemeinden
und die Vertreibung der Juden aus dem Lande Zarfat Doppelt so viele starben an Hunger und
Pestilenz als beim Auszug aus Aumlgypten[68]
Interessanterweise erwaumlhnt Levi ben Gershom als erster Autor Todesopfer die
innerhalb der juumldischen Gemeinschaft als Folge der Vertreibung zu beklagen waren
Fast ein Jahrhundert spaumlter wohl in der ersten Haumllfte des 15 Jahrhunderts
beschreibt der in Spanien wohl in Tortosa lebende Mattityahu haYizhari ein
Nachkomme einer aus Suumldfrankreich stammenden Familie[69]
die Vertreibung der
Juden mit folgenden Worten
Es sprach Mattityahu Sohn des Moshe Sohn des Weisen Mattiyahu ha-Yizhari sein Andenken
sei zu Segen Viele Noumlte haben uns ereilt seit wir aus dem verheiszligenen Land vertrieben wurden
hellip tausende und zehntausende Juden hatten sich in Frankreich niedergelassen hellip und meine
Vorfahren siedelten in der Stadt Narbonne einer groszligen Stadt Gottes bis Verfehlungen zur
Vertreibung fuumlhrten Einige starben als Maumlrtyrer andere wurde uumlber die ganze Erde zerstreut und
das ganze Land Zarfat lag entbloumlszligt da [70]
Auch bei Levi ben Gershom steht die Zerstoumlrung der groszligen juumldischen Zentren
im Vordergrund Ein Grund fuumlr deren Untergang wird nicht eroumlrtert Ein
aumlhnliches Bild findet sich bei einem weiteren juumldischen Gelehrten aus dem
Beginn des 14 Jahrhunderts In seinem um das Jahr 1321 abgeschlossenen
Werk Even Bochan bemerkt der in Arles geborene juumldische Philosoph
Kalonymos ben Kalonymos (geb 1286)[71]
Als der Herrscher von der Stimmung erfasst wurde mein Volk ins Exil zu fuumlhren vor siebzehn
Jahren uumlberwand er sie in seinem Grimm und vertrieb sie mit starker Hand aus seinem Land
uumlberfuumlhrte sie in Staumldte nackt und mittellos die in ihren Palaumlsten viele Schaumltze von Gold besaszligen
um die Altehrwuumlrdigen ihrer Generation und ihre Prinzen zu vernichten und auszuloumlschen[72]
Die Erwaumlhnung der Enteignung der Juden durch die franzoumlsische Krone
verweist auf den tatsaumlchlichen Verlauf der Ausweisung und auf ihre
fiskalischen Motive[73]
Die auch vom Autor betonten finanziellen
Interessen des Herrschers werden jedoch nicht diskutiert Uumlberhaupt
bleiben die wenigen weiteren zeitgenoumlssischen Bemerkungen zur
Vertreibung sehr skizzenhaft und auch eng mit der Biographie ihrer
Verfasser verknuumlpft So schreibt R Menachem ha-Meiri (Vidal Salamon
Mayr) (geb 1249) der wenige Jahre nach der Vertreibung verstarb[74]
in
seiner Einleitung zur Auslegung des Traktates Avot
als Gott mich vom meinem Vaterhaus fortbrachte machte er meine Soumlhne zu Fluumlchtlingen und
meine Toumlchter fuumlhrte er in Gefangenschaft[75]
Die letzten bekannten Bemerkungen zur Vertreibung aus der
Generation der Zeitzeugen stammen aus der Feder des Dichters
und Philosophen Jedajah ben Abraham haPenini[76]
der in den
Staumldten Beacuteziers Montpellier und Perpignan lebte und um 1325
verstarb In einem Brief an den katalanischen Gelehrten Schlomo
Ibn Adret betonte der Autor wie sehr doch die Juden der Provence
ihre Tuumlren weit fuumlr die Exilierten geoumlffnet haumltten und viel dazu
beigetragen haumltten die Fluumlchtlinge aufzunehmen[77]
Auch in einem
Gedicht schloss der Autor Anspielungen zur Vertreibung der
franzoumlsischen Juden mit ein[78]
Hebraumlische Zeugnisse zur Vertreibung aus dem Norden des
franzoumlsischen Herrschaftsgebietes konnten bisher nicht
nachgewiesen werden Die hier aufgefuumlhrten hebraumlischen Quellen
zur Vertreibung der Juden aus den Herrschaftsgebieten des
franzoumlsischen Koumlnigs stammen ausschlieszliglich von Personen die
durch die Zerstoumlrung der juumldischen Zentren im suumldlichen Frankreich
betroffen waren Diese Uumlberlieferungen wurden schlieszliglich von der
hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts aufgenommen und in
ihre als Zyklen von Leiden und Verfolgung gestalteten Werken
eingearbeitet Itzchaq Abarbanel (gest vor 1550) scheint dabei der
entscheidende Protagonist bei der Schoumlpfung eines die Vertreibung
von 1306 beschreibenden juumldischen Narratives gewesen zu sein
auch wenn er sich nach seinen eigenen Angaben lediglich auf
Itzchak Profiat Duran genannt Efodi einen juumldisch-katalanischen
Autor des spaumlten 14 Jahrhunderts bezog So schreibt Abarbanel
bdquoIm Jahre 5066 (1306) der Zaumlhlung war die Vertreibung aus Frankreich Koumlnig Philipp war ein
grausamer und verfluchter Feind der alle Juden aus seinem Koumlnigreich vertrieb all ihren Besitz
enteignete und sie mittellos des Landes verwies Es gab dort viele groszlige Gemeinden doppelt so
viele (Juden) wie aus Aumlgypten auszogen hellip Und es war eine Zeit der groszligen Not fuumlr Israel hellip es
war im Monat Aw (13 Juli 1306-11 August 1306) und es war eine allumfassende Vertreibung hellipall
dies findet sich in der Schrift bdquoSichron ha-Shmadotldquo die von allen Zerstoumlrung berichtet die sich seit
der Zerstoumlrung des Tempels in Israel ereignet haben aufgeschrieben und redigiert von Efodildquo[79]
Der Autor weiszlig zu berichten unter welchem Koumlnig und in welchem Monat und Jahr die Vertreibung
stattfand Auf die Mittellosigkeit der juumldischen Fluumlchtlinge wird explizit hingewiesen die auf die
Auspluumlnderung durch den Koumlnig zuruumlckgefuumlhrt wird Auch eine Vorstellung von der Zahl der Exilierten
spiegelt sich im Text wider
Shlomo Ibn Verga uumlbernimmt den Text fast woumlrtlich fuumlr seine Chronik Shevet Yehudah und erweitert ihn
lediglich um die nicht belegbare Geschichte der Konversion der Gemeinde von Toulouse[80]
Ihm
folgen Samuel Usque[81]
und Yosef ha-Kohen[82]
So bieten die Erzaumlhltraditionen des 16
Jahrhunderts lediglich ein Geruumlst von Fakten die den Handlungsablauf der Vertreibung mit wenigen
Worten beschreiben Eine Begruumlndung der Vertreibung wird nicht genannt So entspricht die
Erzaumlhlarmut des Textes zur Vertreibung aus Frankreich innerhalb der hebraumlischen Chronistik des
16 Jahrhunderts der allgemeinen Quellenarmut der hebraumlischen Uumlberlieferungstradition zu diesem
Ereignis
Beziehung der Juden zum Herrscher
Anhand der Untersuchung von herrschaftlichen Bindungen der Juden soll im Folgenden verdeutlicht
werden wie sich ein ehemals funktionierendes Miteinander zu einem Zerbrechen eben dieses
Miteinanders mit dem Resultat der Vertreibung veraumlnderte Dazu werden die Herrschaftsstrukturen
mit ihren Veraumlnderungen zwischen dem Koumlnig beziehungsweise anderen christlichen
Herrschaftstraumlgern und den Juden in England und Frankreich analysiert In England siedelten sich
im Zuge der normannischen Eroberungen nach 1066 die ersten aus Frankreich stammenden Juden
an[83]
Seit dieser Zeit wurden sie in Dokumenten haumlufig als bdquoJuden des Koumlnigsldquo[84]
bezeichnet
Diesen exklusiven Anspruch konnte der Koumlnig bis zur Vertreibung durchsetzen auch wenn es
vereinzelt andere Herrschaftstraumlger gab die Macht uumlber Juden erlangten[85]
Die Juden waren dem
Koumlnig direkt unterstellt sie mussten ihm jede Geldforderung erfuumlllen im Gegenzug durften sie nach
ihrem Gesetz leben und ihren Wohnsitz frei waumlhlen[86]
Ein Privileg Richards I von 1190 erwaumlhnt
auszligerdem unter anderem das Recht der Juden auf Landbesitz und zollfreien Handel mit Wein[87]
Belastend fuumlr das Leben der Juden von England war das hohe Maszlig an Verwaltung das die
englischen Koumlnige geschaffen hatten um die Steuern effizient eintreiben zu koumlnnen Anlaumlsslich der
Kroumlnung Richards I im Jahre 1189 war es ausgehend von London zu Massakern an Juden in ganz
England gekommen Da die koumlnigliche Verwaltung nicht nachvollziehen konnte welche
Schuldscheine durch die Verfolgung vernichtet worden waren wurde als Reaktion 1194 ein
Archivsystem (archae) eingefuumlhrt das von nun an alle Geldgeschaumlfte sowie alle Juden mit ihrer
Finanzkraft verzeichnete[88]
Unter Heinrich III (1216-1272) aumlnderte sich der rechtliche Status der
Juden Im Jahr 1253 erlieszlig der Koumlnig ein Mandat das den Juden unter anderem verbot neue
Synagogen zu errichten christliche Bedienstete oder sexuelle Kontakte mit Christen zu haben und
Kirchen zu betreten Wichtigster Punkt war jedoch dass Juden nun ihren Wohnort nicht mehr frei
waumlhlen sondern nur noch dort leben durften wo bereits Juden ansaumlssig waren[89]
Viele der hier
formulierten Mandate waren im IV Laterankonzil von 1215 als verbindliche Verbote fuumlr die Juden in
der christlichen Welt festgelegt worden und fanden nun ihre Umsetzung Daneben stieg die
Besteuerung seit den 1240er Jahren stetig an wodurch die Finanzkraft der Juden bereits deutlich
geschwaumlcht wurde[90]
Im Falle Edwards I zeigte sich schlieszliglich dass die starke Bindung der Juden
an den Koumlnig die den Juden in fruumlheren Jahren zunaumlchst Unabhaumlngigkeit und Wohlstand gebracht
hatte nun ihren Ruin und schlieszliglich ihre Vertreibung bewirkte Der Koumlnig hatte bei Maszlignahmen die
die Juden betrafen kaum Widerspruch zu befuumlrchten zu eindeutig definiert war seine Machstellung
den Juden gegenuumlber In Frankreich unterstanden die Juden dem Herrn ihres jeweiligen Gebiets
der Koumlnig von Frankreich herrschte also nur in der Krondomaumlne uumlber die Juden des Koumlnigreiches[91]
Die Juden waren an ihr angestammtes Territorium gebunden und durften dieses nur mit der
Erlaubnis ihres Landesherrn verlassen Dieses Prinzip reicht bis in die Zeit von Philipp II August
(1180-1223) zuruumlck und wurde seit der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne 1198 in
verschiedenen Vereinbarungen mit anderen franzoumlsischen Territorialherren vertraglich fixiert[92]
Schon bei der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne kam es zu Irritationen da Philipp II
die 1182 vertriebenen Juden nach wie vor als bdquoseine Judenldquo ansah diese Auffassung aber
beispielsweise von Graf Theobald III von Campagne nicht geteilt wurde Er fuumlrchtete Steuerausfaumllle
und war der Meinung dass Juden die sich 1182 in der Champagne niedergelassen hatten nicht
mehr die Juden des Koumlnigs seien[93]
Auch andere Landesherren weigerten sich dem Wegzug ihrer
Juden in die Krondomaumlne zuzustimmen[94]
Auch erste Schritte eines buumlrokratischen Umgangs mit
den Geldgeschaumlften der Juden waren 1198 durch Philipp II August vorgenommen worden
moumlglicherweise beeinflusst durch die archae die in England 1194 unter Koumlnig Richard I eingerichtet
worden waren um die Geldgeschaumlfte und die Finanzkraft der Juden zu dokumentieren In jedem Ort
der Krondomaumlne gab es spezielle Beamte die die Kreditvertraumlge der Juden siegelten und so
kontrollierten wem die Juden welche Betraumlge an Geld liehen[95]
Auch den Juden konnte dieses
Verfahren als Sicherheit fuumlr ihre Geschaumlfte dienen Unter Ludwig VIII (1223-1226) kam es zum
ersten Eingriff in die Geldgeschaumlfte der Juden im franzoumlsischen Gebiet 1223 erlieszlig der Koumlnig
zusammen mit diversen Landesherren ein Statut in dem festgelegt wurde dass die Ruumlckzahlung
aller Schulden bei Juden an insgesamt neun Terminen an die koumlnigliche beziehungsweise
landesherrliche Schatzkammer erfolgen sollte Die Praxis des Siegelns von Urkunden uumlber
Darlehensvergaben wurde abgeschafft Erneut wurde festgehalten dass keiner der Herrscher Juden
eines anderen Herrschers bei sich aufnehmen duumlrfe wobei es bei diesem Punkt wieder zu
Unstimmigkeiten mit dem Grafen der Champagne kam der die Erklaumlrung nicht unterschrieb[96]
Bereits die ersten Jahre der Regierungszeit Ludwigs IX (1226-1270) brachten fuumlr die Juden weitere
Beschwerlichkeiten und erste direkte Aktionen gegen den Wucher Im Jahr 1227 kam es zu einer
erneuten Aneignung der ausstehenden Schulden bei Juden 1228 erging ein Mandat in dem Ludwig
IX befahl bei kuumlnftigen Geldgeschaumlften auf Zinsen zu verzichten Auszligerdem erklaumlrte der Koumlnig bei
Geldgeschaumlften die seit der Schuldentilgung ein Jahr zuvor geschlossen wurden alle Zinsen fuumlr
unguumlltig[97]
Auch die generelle Rechtsstellung der Juden wurde schon fruumlh in der Regierungszeit
Ludwigs IX definiert wobei es bei der alten Regelung blieb Im Statut von Melun hielten der Koumlnig
und die Landesherren daran fest dass die Juden tamquam proprii servi an das jeweilige Territorium
gebunden waren Christliche Schuldner wurden dazu aufgerufen ihre Schulden bei Juden zu
bezahlen nicht aber die Zinsen[98]
Die 1240er Jahre waren in Frankreich gepraumlgt vom Pariser
Talmudprozess in dem der Talmud als ketzerische Schrift verurteilt und danach oumlffentlich verbrannt
wurde[99]
Dies fuumlhrte unter anderem zu einer verstaumlrkten Auswanderung juumldischer Eliten aus
Nordfrankreich[100]
Insgesamt aumlnderte sich der rechtliche Status unter Ludwig IX nicht aber fruumlher
als die Herrscher in England nahm Ludwig IX der 1290 heilig gesprochen wurde den Kampf gegen
den Wucher auf Einige Aktionen Koumlnig Philipps IV (1285-1314) waumlhrend seiner ersten
Regierungsjahre in Bezug auf die Juden muumlssen vor dem Hintergrund der Vertreibungen gesehen
werden die sich in Regionen auszligerhalb der Krondomaumlne ereigneten so beispielsweise die
Ausweisung der juumldischen Fluumlchtlinge durch Philipp IV im Jahre 1291[101]
Daneben ist eine
konsequente Linie den Juden gegenuumlber nicht zu erkennen 1285 erneuerte er beispielsweise ein
Privileg zum Schutz von Synagogen und Friedhoumlfen zugleich bestaumltigte er die Pflicht der Juden ein
spezielles Abzeichen an ihrer Kleidung zu tragen[102]
Beides sind Zeichen dafuumlr dass der Koumlnig zu
dieser Zeit nicht daran dachte die Juden auszuweisen sondern das Leben der Juden rechtlich zu
definieren Vorrangiges Ziel Philipps IV war es zunaumlchst seine Oberherrschaft uumlber die Juden im
Suumlden zu sichern wo diese nicht von allen Baronen anerkannt wurde Die Herrschaft in der
Champagne hatte er sich durch Heirat bereits gesichert Dort in Troyes kam es 1288 zu einer
Mordanklage in deren Folge 13 Juden hingerichtet wurden wobei der Koumlnig ihre Besitztuumlmer
einzog[103]
Groumlszligeren Einfluss auf den Koumlnig scheint die Hostienschaumlndungbeschuldigung 1290 in
Paris gehabt zu haben Philipp IV warnte die Juden vor weiteren Hostienschaumlndungen und
spendete ein Haus neben der Kirche die zum Gedenken an den Fall errichtet worden war[104]
Wie
sein Groszligvater Ludwig IX setzte Philipp IV den Kampf gegen den Wucher fort verbot ihn 1299 und
1303 daneben wurde auch das Verbot des Neubaus von Synagogen sowie des Talmuds bei diesen
Gelegenheiten erneuert[105]
In einer konzentrierten und laumlnger vorbereiteten Aktion lieszlig Philipp IV
dann die Juden (oder jedenfalls die Familienvorstaumlnde) vermutlich am 22 Juli 1306 festsetzen Dies
diente dazu eine genaue Aufstellung der Judenguumlter vorzunehmen und um sich die ausstehenden
Schuldscheine zu sichern Gleichzeitig bedeutete es das Ende der juumldischen Siedlung in Frankreich
bis zu ihrer Wiederzulassung unter Ludwig X im Jahr 1315
Sowohl bei der Vertreibung aus England als auch der aus Frankreich zeigt sich die Gefahr die die
Abhaumlngigkeit der Juden vom Herrscher barg Vor allem in England hatte die privilegierte Position fuumlr
Wohlstand und ein groszliges Maszlig an innerer Autonomie etwa in der Rechtssprechnung oder in bezug
auf die Freizuumlgigkeit gesorgt[106]
Sie schuumltzte die Juden jedoch nicht immer vor Gealtakten wie den
seit der Mitte des 12 Jahrhunderts immer wieder vorkommenden Ritualmordvorwuumlrfen In
Frankreich verschlechterten sich ihre Lebensumstaumlnde mit der Ausbreitung der Krondomaumlne War
es 1182 noch ein geringes Problem fuumlr die Juden eine neue Heimat zu finden und von anderen
franzoumlsischen Landesherren wohlwollend aufgenommen zu werden war dies 1306 nicht mehr
moumlglich Die Herrscher nahmen die theologischen Diskurse uumlber den Wucher oder den Talmud auf
und wurden des weiteren beeinflusst durch antijuumldische Blut- und Hostienschaumlndungsvorwuumlrfe
Auch wirtschaftliche Uumlberlegungen haben eine Rolle gespielt ebenso mag es eine Dynamik
gegeben haben angestoszligen durch die weiteren Vertreibungen in dieser Umbruchszeit in der sich
jeder Herrscher damit profilieren wollte und konnte die Juden zu vertreiben
Die allgemeine Verurteilung des Wuchers
Obwohl gerade in der hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts verstaumlrkt die finanziellen Interessen vor
allem des franzoumlsischen Koumlnigs als Motiv der Vertreibung hervorgehoben wurde folgte die zeitnahe
Argumentation einer innerjuumldischen Perspektive anderen Erklaumlrungsmustern So gilt es zumindest
im Falle der Vertreibung aus England festzuhalten dass sich unter den Juden die Vorstellung
verbreitete das Fehlverhalten einzelner Juden haumltte die Ausweisung von 1290 wie auch andere
Vertreibungen mit verursacht Doch laumlsst sich im Wuchervorwurf gegenuumlber den Juden - dem
durchgaumlngigen Argument der Vertreibungen im 13 Jahrhundert - nicht etwa eine vordergruumlndige
falsche Praxis des Geldverleihs als ausloumlsendes Moment vermuten wie dies gelegentlich auch von
christlicher Seite von den Zeitgenossen vertreten wurde[107]
Vielmehr begann sich seit dem 12
Jahrhundert unter christlichen Gelehrten und weltlichen Herrschern ein theologisches Verstaumlndnis
bezuumlglich des Wuchers durchzusetzen das der wirtschaftlichen Taumltigkeit der Geldleihe auch in den
Haumlnden der Juden keine geduldeten Nische zuzuweisen bereit war[108]
Wucher wurde nun nicht
mehr als Suumlnde gegen den Naumlchsten aus mangelndem Mitgefuumlhl betrachtet und als turpe lucrum
(schaumlndlicher Profit) definiert sondern als Suumlnde gegen die iustitia[109]
Gemaumlszlig dieser Vorstellung
waren alle Wuchergewinne Diebesgut und muszligten zuruumlckgegeben werden Viel schwerer wog die
Feststellung daszlig sich die nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger durch ihre Besteuerung der Juden am
Wuchergewinn der Juden beteiligten und sich darum der gleichen Suumlnden schuldig machten[110]
Somit wurde auf demselben Wege der fuumlrstliche oder koumlnigliche Judenschutz die Legitimation
entzogen Die voumlllige Unterbindung des juumldischen Geldhandels schien darum fuumlr die meisten
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger der einzig richtige Weg wie dies bereits die im Namen Koumlnig
Ludwigs IX verkuumlndete ordenance von Melun 1230 forderte[111]
Als letzte Konsequenz blieb die
Ausweisung der Juden aus immer mehr Herrschaften des franzoumlsischen Koumlnigreiches und
schlieszliglich der Kronlande Das Zerbrechen des Miteinanders von Juden und Christen innerhalb des
franzoumlsischen Koumlnigreiches sowie die schrittweise Aufloumlsung bzw Zerschlagung des
jahrhundertealten juumldischen Siedlungsnetzes muszlig auf die juumldischen Gemeinschaften der
benachbarten Regionen so z B in den Rheinlanden verstoumlrend und beaumlngstigend gewirkt haben
Der dieser Vertreibung zugrundeliegende theologische Diskurs zu Geldhandel und Wucher und die
daraus resultierenden Folgen fuumlr die eigene juumldischen Existenz scheint jedoch nur einen geringen
Einfluszlig auf die Wahrnehmung ihrer eigenen Situation gehabt zu haben Im Zuge der Vertreibung der
franzoumlsischen Juden im Sommer und Herbst 1306 waren juumldische Fluumlchtlinge in die deutschen
Rheinlande gelangt[112]
Wohl wenige Monate spaumlter trafen in Worms die Delegierten des dortigen
Gemeindebezirkes die Vertreter der die Wormser Gemeinde und der sie umgebenden juumldischen
Niederlassungen auf einer Versammlung zusammen Auf diesem juumldischen Landtag sollte eine
Rechtssatzung eine Takkanah verabschiedet werden die die Praxis der juumldischen Geldleihe im
Einzugsgebiet der Gemeinde Worms sowie das Verhalten gegenuumlber hochverschuldeten Kunden
neu regelte[113]
In der Zusammenkunft der Haumlupter des Volkes im bdquoLand Wormsldquo im Jahr 67 des sechsten Jahrtausends
(10 Sept 1306 - 28 Augutst 1307) weil sich wegen unserer groszliger Verfehlungen die Noumlte der
Soumlhne unseres Volkes vermehrten durchforschten wir unsere Taten und fanden dass seit einiger
Zeit ein Schwert die Seele der Elenden und Reinen auffraszlig weil sie Vermoumlgen vermehrt hatten
durch Zins und Zinseszins von den Fuumlrsten der Nichtjuden Diese schuldeten ein Riesenvermoumlgen
den Familienvorstaumlnden Sie schmiedeten Raumlnke sich auf die Juden zu stuumlrzen und sie zu
uumlberfallen um sich von ihren Schulden zu befreien Wir haben beschlossen dass man keine
Erhoumlhung hinzufuumlgen darf und jedem Mann und jeder Frau nicht gestattet werden soll irgend einem
Nichtjuden einem einzelnen Schuldner mehr als 100 Pfund Hallisch zu leihen Und wenn der
Zeitpunkt der Schuldruumlckzahlung gekommen ist soll es nicht mehr gestattet sein die Zinsschuld der
Schuldsumme zuzuschlagen sondern man soll aus der Hand des Schuldners die ganze Schuld
einziehen Und wenn man nicht die ganze Schuld von ihm einziehen kann soll man sich nicht
hindern lassen wenigstens den Zins einzuziehen Nur soll man den Schuldner nicht mit List
uumlbervorteilen Und wenn es nicht gelingt irgend etwas einzuziehen dann soll man dies dem Rat
seiner Gemeinde mitteilen und nach deren Geheiszlig soll man handeln Was das Schuldgeschaumlft der
fuumlrstlichen Schuldner betrifft deren Schulden sich schon vermehrt haben und die niemand mehr
begleichen kann Die Glaumlubiger sollen sich huumlten sie mit hohen Zinsen zu belasten denn es sind
Komplotte zu befuumlrchten was Gott verhuumlten moumlge Schon einige Personen haben sich
zusammengeschlossen und dies gerade nicht bei den Fuumlrsten sondern bei den Klerikern und den
Buumlrgern [114]
Offenkundig standen den Delegierten die befuumlrchteten Konsequenzen der Geldleihe deutlich vor
Augen Wohl ebenso eingeschuumlchtert durch die in Frankreich vollzogene Vertreibung der Juden
wurden von seiten der Juden eigene Verfehlungen aber auch unguumlnstige Machtkonstellation
beobachtet die im Falle der franzoumlsischen Juden zu deren Untergang gefuumlhrt hatten Die
Beziehungen von Juden und Christen steckten auch in den Rheinlanden in den eingangs genannten
Bereichen von Wirtschaft Herrschaft und Religion in einer tieferen Krise Die auf dem
Versammlung von Worms beschlossenen Gegenmaszlignahmen blieben auf die juumldischen Teilnehmer
beschraumlnkt Zuruumlckhaltung gegenuumlber den christlichen Kunden Demut gegenuumlber Gott und das
Flehen um sein Erbarmen was mit guten Werken unterstuumltzt werden soll Eine direkte Verhandlung
mit den christlichen Herrschaftstraumlgern war nicht mehr vorgesehen Das gegenseitige Vertrauen
zwischen Juden und Christen war verschwunden in einer Zeit in der nicht mehr Koexistenz sondern
vor allem von Seiten der Juden die Sorge um die eigene Zukunft das eigene Handeln bestimmte
Zusammenfassung
Die Vertreibung der Juden aus England hatte innerhalb des juumldischen Kontextes noch zu Ansaumltzen der
Selbstreflexion gefuumlhrt die einen konkreten Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Vertretern
der juumldischen Seite und den politischen Entscheidungen der nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger
gegenuumlber der eigenen Gruppe erkennen mochten Dennoch waumlhnte man sich weiterhin in einem
rechtlich voumlllig abgesicherten Verhaumlltnis zur christlichen Umwelt Man war sich eines besonderen
Status innerhalb der christlichen Mehrheitsgesellschaft bewuszligt der in den Augen der Juden in
keiner Weise gefaumlhrdet schien Noch in der zweiten Haumllfte des 13 Jahrhunderts definierte Meir ben
Baruch (gest 1293) die Stellung der Juden im Reich als die eines freien Landbewohners der sein
Land nicht aber seine persoumlnliche Freiheit verloren hat [115]
Er sei darum nicht wie die Nichtjuden
den Fuumlrsten unterworfen und zu Steuerzahlungen verpflichtet Diese Konstruktionen erinnern stark
an die noch im 12 Jahrhundert in Frankreich vertretenen Rechtsauffassungen eines Itzchaq ben
Shmuel von Dampierre (gest ca 1185)[116]
der ebenfalls die Freiheit der Juden im Vergleich zu den
Nichtjuden hervorhebt ihre voumlllige Bewegungsfreiheit im Gegensatz zu an die Scholle gebundenen
Nichtjuden betont und die Juden ebenfalls aus der Rechtspraxis herausnimmt die dem
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger gestattet bei Abwanderung von Personen deren beweglichen
Besitz einzuziehen[117]
Nach juumldischer Auffassung folgten die Interaktionen zwischen Juden und
Christen nach Regeln die von beiden Seiten anerkannt waren Das jedoch sich dies Regelwerk zu
ungunsten der Juden verhaumlndert haben mochte daszlig die eigene Bewegungsfreiheit inzwischen mehr
und mehr eingeschraumlnkt wurde die besonderen Steuergesetzgebung seit den Aumluszligerungen des
Itzchak von Dampiegravere sich erheblich veraumlndern hatte und damit nach daszlig Verhaumlltnis zur christlichen
Umwelt nun erheblichen Umwaumlltzungen unterworfen war wurde wie die Aumluszligerung Meirs nahelegt
weder reflektiert noch einigermaszligen registriert
Das Verhalten der franzoumlsischen Juden Angesichts ihrer Vertreibung ist darum keinesfalls verwunderlich In
den wenigen juumldischen Selbstzeugnisse zur Vertreibung der franzoumlsischen Juden finden sich keine
Spuren die auf einen Prozess der Selbstreflexion schlieszligen lassen Die Frage der Motivation zur
Vertreibung der Juden wird soweit dies die Quellen erkennen lassen nicht diskutiert Der
offenkundige theologische Diskurs zur Unrechtmaumlszligigkeit des auf Zinsen geleisteten Geldverleihs
dem die juumldischen Gemeinschaft im franzoumlsischen Koumlnigreich letztlich zum Opfer fiel wird
nirgendwo rezipiert Man koumlnnte den Eindruck gewinnen dass sich den franzoumlsischen Juden die
Gefaumlhrlichkeit der Diskussion um den Wucher zu keinem Zeitpunkt erschloss Auch in den
konstruierten Narrativen der folgenden Generationen steht die auch fuumlr den einzelnen Juden
folgenreiche finanzielle Auspluumlnderung durch die franzoumlsische Krone im Vordergrund Allerdings
zeigt die Quelle aus dem rheinischen Kontext dass zumindest nach der Vertreibung aus dem
franzoumlsischen Koumlnigreich im Jahre 1306 unter den rheinischen Juden bestimmte Formen der
Geldleihe als Element der Selbstgefaumlhrdung wahrgenommen wurde Dabei macht die Uumlberlieferung
der Wormser Versammlung auch deutlich das die Zerruumlttung des Verhaumlltnisses von Juden und
Christen auch von juumldischer Seite nicht mehr geleugnet werden konnte Dass es sich dabei nicht nur
um eine wirtschaftliche Auseinandersetzung sondern zunaumlchst um einen christlichen theologischen
Diskurs handelte der sich gaumlnzlich juumldischem Handeln entzog scheint den Protagonisten der
Wormser Gemeinde nicht zugaumlnglich gewesen sein Ohne zu erkennen dass die Geldleihe und
somit die eigene wirtschaftliche Existenz gaumlnzlich in Frage gestellt werden koumlnnte versuchten die
Vertreter der Wormser Versammlung durch einzelne Maszlignahmen die Beziehungen zur christlichen
Umgebung zu entlassten um Gefahren von der eigenen Gemeinschaft abzuwenden Auf diese
Weise wurden die Juden im Westen Europas mehr und mehr wirtschaftlichen und theologischen
Dynamiken ausgesetzt die sich jenseits der juumldischen Wahrnehmung auszuformen begannen und
schlieszliglich in die Verdraumlngung der Juden muumlnden sollten die in der Vertreibung von England und
Frankreich ihren Anfang nahm
Rainer Barzen Lennart Guumlntzel
1 uarr Vgl zu Frankreich Chazan Jewry (1973) 154-207 Jordan Monarchy (1998) 177-261 Zu
England Hyams Jews (1996) 173-192 Mentgen Vertreibungen (1997) 11-53 Mundill England
(1998)
2 uarr Chazan Jewry (1973) 63-100 Ders Church (1980) 312f Jordan Monarchy (1998) 23-38
3 uarr Zur Geschichte der Juden unter Ludwig IX vgl Chazan Jewry (1973) 100-153
4 uarr Die Vorbildfunktion Ludwigs IX vor allem in Hinblick auf den Kampf gegen den Wucher erwaumlhnt
Cluse Zusammenhang (1999)135ndash163
5 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
6 uarr Chazan Church (1980) 313-317
7 uarr Florentii Wigorniensis 214f
8 uarr Ebd 212
9 uarr Chazan Church (1980) 317-319
10 uarr Aufstellung der Chroniken bei Abrahams Expulsion (1895) 449f
11 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
12 uarr Ordonnances 317
13 uarr Jordan nennt als Beispiel die Ortschaft Niort die ihre Juden vertreiben konnte Jordan Monarchy
(1998) 183
14 uarr Ebd 184f
15 uarr Ebd 184
16 uarr Ebd 183f
17 uarr Zu den Motiven Philipps IV siehe Mentgen Vertreibungen (1997) 46-49 Schwarzfuchs
Expulsion (1967) 485f
18 uarr Uumlber den generellen Wucherdiskurs siehe unten Kapitel V2
19 uarr Close Rolls Edward I 109
20 uarr Annales de Waverleia 409 ldquo(hellip) Judaeorum (hellip) quae per diversas urbes et castra regionis
Anglicanae per retroacta tempora habitabat confidenter procurante domina Alienora matre dicti
regis Angliae jussa est per edictum regium (hellip)rdquo
21 uarr Annales de Dunstaplia 361-362bdquo (hellip) propter blasphemias quas Judaei saepe faciebant fidei
Christianae statuit rex ut omnes Judaei cum semine suo et substancia ab Anglia pellerentur (hellip)rdquo
22 uarr Ebd bdquo(hellip) et concessit eis rex salvum conductum In ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt
submersi per vim et fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
23 uarr Zum Verhaumlltnis von Dominikanern und Juden zu dieser Zeit vgl Cohen Friars (1982) sowie
Ders Letters (1999)
24 uarr Florentii Wigoriensis 214
25 uarr Uumlber ein moumlgliches Interesse des Adels an der Vertreibung der Juden siehe Mentgen
Vertreibungen (1997) 27-30
26 uarr Annales de Dunstaplia 361-362 bdquoIn ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt submersi per vim et
fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
27 uarr Pierre de Langtoft II 186 bdquoThomas de Wilaund en baunk primer nomeacute par agarde de la court le
regne ad forjoreacute et en la terre de France sanz repairer aleacute Ses compayons ses clercs sunt pris e
meneacute a la thour de Loundres delivreacutes par moneacuteldquo
28 uarr Ebd 188 bdquoPur le quinzme dener al rays en ayeldquo
29 uarr Ebd bdquoOre sunt alez en France e en Pykardye Tutes lur dettes e lur manauntye Sunt salves al
ray dunt fere sa curtaysyeldquo
30 uarr Oumlsterreichische Reimchronik Verse 91239-91777 1186-1192ldquo die dritten vorderungdie an den
Franzois junctet der kunic Albrehter jach die Juden ze rehtgehocircren daz ricircche an und ander nieman
()ldquo Zu dieser Quelle vgl Ziwes Studien (1995) 33f Anm 16
31 uarr Prima Vita Clementis V 5
32 uarr Quarta Vita Clementis V 62bdquo Anno Domini MCCCVJ in festo sancte Marie Magdalene de
mandato et ordinatione regis Francie fuerunt capti omnes Judei ubique in regno Francie quasi
imperceptibiler una die et confiscata sunt bona ipsorum quecumque potuerunt inveniri fueruntque
a regno expulsi ulterius minime reversurirdquo Vgl auch Sexta Vita Clementis V 92-93bdquo Et etiam in
isto anno in die sancte Marie Magdalene omnes Judei de regno Francie congediati [congregati]
fuerunt et eorum bona omnia extiterunt confiscatardquo
33 uarr Continuatio Guilelmi de Nangis 59 bdquoMense Augusto Rex Philippus omnes Judaeos de Regno
Franciae penitus amp omnino fecit expelli certum regressionis terminum sub poena mortis praesigens
eisdemrdquo
34 uarr Florentii Wigoriensis 192 ldquoBarones cum Londoniensibus Judaismum Londoniae spoliaverunt
multis Judaeis interfectisldquo Siehe auch Mundill England (1998) 41
35 uarr Florentii Wigoriensis 210ldquo Rex die Sancte Calixti synagogam Judaeorum in villa Londoniensi
fratribus de Poenitentia contulit Jesu Christi ()ldquo
36 uarr Ebd 222bdquoApud Norhamtonam () puer quidam a Judaeis crucifixus estrdquo
37 uarr BennerReverchon Juden (2003) 181
38 uarr Rubin Tales (1999) 40-48
39 uarr Mentgen Vertreibungen (1997) 42-44
40 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 64f sieht den Muumlnzbeschneidungsskandal als Folge der Verarmung
der Juden Eine andere Meinung vertritt Mundill England (1998) 195-198 der vor allem auf eine
erfolgreiche Rolle der Juden im Wollhandel verweist
41 uarr Florentii Wigoriensis 221ldquo Rex omnes Judaeos et quosdam Christianos de retonsura aut alia
monetae falsatione convictos fecit suspensi Unde Londoniae CCLX et VII Judaei mortis judicium
subierunt Quidam autem relegati quidam etiam eorum perpetuo sunt carceri adjudicati et quidam
in Anglia remanseruntrdquo Vgl auch Mundill England (1998) 67f sowie uumlber die Zahl der Opfer weiter
oben Anmerkung 36
42 uarr Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 S 20
43 uarr Nach der chronikalischen Uumlberlieferung waren es 267 bzw 269 hingerichtete Juden Eine
Auswertung der auszligerchronikalischen Quellen ergab die Zahl von 298 erhaumlngten Juden Rokeacuteach
Monex I (198890) 98
44 uarr Jordan Monarchy (1989) 182f
45 uarr rdquoVos autre fuistis Engles qui exiverunt de terra eorum quia rotundabatis monetamrdquo in
Shatzmiller Schlomo Ibn Verga (1988) 355 Ders Solidariteacute (1986) 423
46 uarr Shlomo Ibn Verga Shevet Yehudah Teil I (hebr) Teil II (dt Uumlbersetzung)(Edit Wiener) Shevet
Yehudah (Edit Shochat)
47 uarr Zu Leben und Werk Shlomo Ibn Vergas Baer Hearot (1934) 152-179
48 uarr Shevet Yehudah Nr 18 (hebr S 42-43 dt Uumlbers S 84-85) Shevet Yehudah (Edit Shochat)
S 66
49 uarr Shevet Yehudah Nr 20 (hebr 43-45 dt Uumlbers 86-89)
50 uarr Zu Yosef ha-Kohen und seinem Werk Loeb Josef Hacohen (1888) XVI 28-56 211-235 XVII
74-95 247-271
51 uarr Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (dt
Uumlbersetzung Wiener)
52 uarr Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) 38-39 (Edit Wiener) 41-42
53 uarr Usque Nachum Israel III (1908) XI-XIII Auch bei Gedalyah Ibn Yachjah Shalshelet ha-
Kabbalah (nach Graetz Geschichte VII (1897) 429 weitere Quellen Graetz ebd 426-430)
54 uarr Siehe Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 20a
55 uarr ldquoSie [die Dominikaner] brachten sogar Muumlnzsorten herbei die sie selbst zuhause beschnitten
hattenldquo Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) S 38 (Edit Wiener) 41
56 uarr Fuumlr vielerlei Hinweise zur hebraumlischen Uumlberlieferung der Vertreibung der franzoumlsischen Juden sei
Dr Abraham David Jerusalem herzlich gedankt
57 uarr Schwarzfuchs History (2001) 269-274 Ben-Shalom Communication (1991) 171-225
58 uarr Abba Mari ben Mose von Lunel Sefer Minchat Qenaot Nr 120 in Shlomo Ibn Adret Tshuvot II
835-836
59 uarr BT Berachot 70a Gemeint ist hier die Philosophie griechischer Tradition die von Abba Mari
besonders bekaumlmpft wurde Shlomo Ibn Adret Teshuvot Bd 2 835 Anmerkung zu Zeile 1 Abba
Mari brachte die Vertreibung der suumldfranzoumlsischen Juden mit deren Hinwendung zur griechischen
Philosophie in Verbindung Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 832 Anmerkung zu Zeile 8
60 uarr Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 835-836 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001) 273
61 uarr Jordan French Monarchy (1989) 195196
62 uarr Saige Juifs (1881) 92
63 uarr Jordan French Monarchy (1989) 205 Saige Juifs (1881) 101-102 308-319 324-325
64 uarr Zu Leben und Werk sowie zu seinem Aufenhalt im Lande Israel siehe Schwarzfuchs History
261 Elbaum Estori ha-Parhi S 918f
65 uarr Zur Bedeutung des hebraumlischen Begriffes Prowentzah der neben der heutigen Provence auch
das Languedoc miteinschloss siehe Gross Gallia Judaica (1887) 489 In diesem Sinne entspricht
Prowentzah der roumlmischen Provincia Narbonnensis In Kontext der Vertreibung der Juden im
Jahre 1306 kann nur das Languedoc gemeint sein
66 uarr Eshtori haParchi Kaftor waFerach 218
67 uarr Schwarzfuchs History (2001) 276-278 Dahan Gersonide (1991)
68 uarr Levi ben Gershom Pirush al ha-Torah
69 uarr Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 153-154
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
fragen welches Interesse die Barone und der Klerus an der Ausweisung der Juden hatten Wiederum sind
religioumlse und wirtschaftliche Gruumlnde denkbar Fuumlr den Klerus koumlnnte noch der Konversionsskandal um
Robert von Reading nachgewirkt haben Dieser Dominikanermoumlnch war 1275 zum juumldischen Glauben
konvertiert und hatte so die Anfeindungen die bereits vorhanden waren[23]
noch verstaumlrkt[24]
Der Adel
hingegen koumlnnte sowohl ein Interesse an Laumlndereien die den Juden als Pfaumlnder uumlberlassen worden waren
und nun wieder frei wurden gehabt als auch die Konkurrenz moumlglicher juumldischer Konkurrenten im Handel
gefuumlrchtet haben[25]
Daneben uumlberrascht die eingeschobene Geschichte von Uumlberfaumlllen denen einige
Juden bei der Ausreise zum Opfer fielen[26]
Anscheinend wurden die Juden jedenfalls von diesem
christlichen Chronisten nicht als rechtlos angesehen daher die Betonung dass die Uumlbeltaumlter gehaumlngt
wurden Die Juden zu vertreiben war eine Sache aber rechtlos wurden sie nicht Sie standen offenbar noch
unter dem Schutz englischer Gesetze Dies verweist indirekt wieder auf das Vertreibungsedikt Edwards I
Auch dort wird primaumlr rechtlich argumentiert sodass der Eindruck entsteht dass sich auch der Koumlnig an
einem rechtlichen Rahmen orientieren wollte In der Reimchronik Pierre de Langtofts steht die Vertreibung
der Juden in einem weiteren allgemeinen Kontext Langtoft ein Augustinermoumlnch aus Yorkshire berichtet
zu 1289 wie Edward nach vier Jahren Aufenthalt in der Gascogne wieder nach England zuruumlckkehrte und
das Land in schlechtem Zustand vorfand Es kam zu Untersuchungen und Prozessen bei deren Ende unter
anderem der Oberste Richter Thomas de Weyland ins Exil nach Frankreich gehen musste und seine
Mittaumlter in den Tower geworfen wurden oder eine Geldstrafe zahlen mussten[27]
Die Vertreibung der Juden
erscheint bei Langtoft in diesem Kontext Der Koumlnig houmlrte sich die Beschwerden der Barone und des Adels
an beriet sich mit dem Parlament stellte Untersuchungen an und kam daraufhin zu dem Entschluss die
Juden auszuweisen Dafuumlr erhielt er von bdquoKlerikern und Laienldquo eine festgesetzte Summe als Hilfe[28]
Die
Juden so Langtoft gingen in die franzoumlsischen Kronlande und in die Picardie alle ihre
Hinterlassenschaften also die Schuldscheine und Immobilien behielt der Koumlnig fuumlr sich[29]
Diese Quelle
bietet die meisten Informationen uumlber die Vertreibungen Sie werden als Teil eines umfassenden
Reformprozesses dargestellt der stattfand als Edward nach vier Jahren Aufenthalt in der Gascogne ndash wo
er wie schon berichtet 1287 die dortigen Juden vertrieben hatte ndash nach England zuruumlckkehrte Was den
Juden vorgeworfen wurde wird nicht genannt aber der Bericht kommt der offiziellen Begruumlndung Edwards
am naumlchsten Die Geldzahlungen fuumlr die Vertreibung als Ausgleich fuumlr den Koumlnig die schon in den Annalen
von Dunstable genannt wurden werden hier nun konkretisiert Sie waren Teil der Abmachung zwischen
Adel Klerus und Koumlnig und wurden vorher ausgehandelt Die Vertreibung ist in diesem Kontext als
politische Aktion dargestellt die in den Bericht uumlber eine allgemeine Reformierung des Landes eingebettet
ist Was laumlsst sich aus den Chronikberichten schlieszligen Erstens ist deutlich dass viele verschiedene
Geruumlchte uumlber die Juden das Koumlnigshaus und die Ursachen fuumlr die Vertreibung kursierten Den Gruumlnden
die im Erlass des Koumlnigs aufgefuumlhrt wurden glaubte man anscheinend nicht vorbehaltlos Dies koumlnnte die
sehr unterschiedlichen Chronikberichte erklaumlren Auch wurden die Juden nicht als rechtlos betrachtet
Mehrmals wird erwaumlhnt dass der Koumlnig ihnen sicheres Geleit versprach einmal berichtet wie einige
englische Christen wegen Piraterie gehaumlngt wurden Schlieszliglich faumlllt auf dass die Muumlnzfaumllschung zehn
Jahre zuvor offenbar in der christlichen Perspektive im Zusammenhang mit der Ausweisung keinerlei Rolle
gespielt hat
Frankreich
Die Gruumlnde fuumlr die Vertreibung der Juden aus Frankreich 1306 durch Koumlnig Philipp IV sind nicht ohne
weiteres durch zeitgenoumlssische Uumlberlieferung zu erfahren Weder ist das Vertreibungsmandat uumlberliefert
noch nennen die Chronisten die uumlber das Ereignis berichten Gruumlnde fuumlr die Ausweisung Offensichtlich
gab es in der chronikalen Uumlberlieferung ein geringeres Interesse daran die Motive Philipps IV zu
hinterfragen Die zentrale Quelle fuumlr die Wahrnehmung und Begruumlndung der Vertreibung der franzoumlsischen
Juden entstand nicht im franzoumlsischen Gebiet sondern aus der fernen Steiermark In der von Ottokar von
der Steiermark dort bis 1321 geschriebenen Oumlsterreichischen Reimchronik wird beschrieben dass Albrecht
I von Habsburg einen Anspruch auf die franzoumlsischen Juden erhoben habe Dieser wurde so Ottokar von
Beratern Philipps IV gepruumlft und fuumlr rechtmaumlszligig erklaumlrt woraufhin der franzoumlsische Koumlnig voller Zorn die
Juden die ihm nun keinerlei Vorteile mehr bringen konnten aus seinem Koumlnigreich vertrieb[30]
Diese
einzige Quelle die etwas uumlber die Beweggruumlnde Philipps IV aussagen kann wurde als Geschichte der
Oumlsterreichischen Lande verfasst und stellt die Macht Albrechts I als unverhaumlltnismaumlszligig groszlig gegenuumlber
dem franzoumlsischen Koumlnig dar Es scheint undenkbar dass es tatsaumlchlich Verhandlungen zwischen den
beiden Herrschern um die franzoumlsischen Juden gegeben hat Die Chronik ist aber trotzdem interessant fuumlr
die Fragestellung zeigt sie doch dass ein Ereignis wie die Vertreibung der Juden aus Frankreich auch in
so weit entfernten Gebieten wie der Steiermark wahrgenommen wurde Weitere Nachrichten finden sich in
der von verschiedenen Autoren bis 1324 verfassten Vita des Papstes Clemens V (1305-1314) Dort heiszligt
es beispielsweise dass die Juden die sich nicht taufen lassen wollten das Land verlassen mussten wobei
viele auf der Reise starben Die Besitztuumlmer der Juden wurden vom Koumlnig beschlagnahmt[31]
Offensichtlich
wurden am Tag der Verkuumlndung der Ausweisung diverse Juden gefangen genommen so wird es
zumindest in der Vita Clemens V von Bernard Gui[32]
sowie der Fortsetzung der Chronik Wilhelms von
Nangis[33]
berichtet Uumlber Beweggruumlnde des Koumlnigs die Juden auszuweisen wird jedoch nichts gesagt
Resumee
Die genannten Chronisten liefern eine Fuumllle von Hinweisen auf Kulturbereiche deren Kompatibilitaumlt
zwischen Juden und Christen nicht mehr gewaumlhrleistet war und die im Zusammenspiel fuumlr die Ausweisung
der Juden verantwortlich sein koumlnnen In England und Frankreich herrschte in Bezug auf religioumlse Fragen
eine negative Atmosphaumlre zwischen Juden und Christen Intellektuell-theologisch zeigt sich diese primaumlr an
der Wucher- und der Talmuddiskussion Daneben waren die Juden immer haumlufiger mit Ritualmord- und
Hostienschaumlndungsvorwuumlrfen konfrontiert oder wurden aus nicht naumlher genannten Gruumlnden Opfer von
Gewalttaten Im Falle Englands berichtet die fortgefuumlhrte Chronik des Florence of Worcester fuumlr 1264 dass
Barone mit den Londoner Buumlrgern die Juden beraubten und einige umbrachten[34]
Im Jahre 1272 schenkte
der Koumlnig den Bruumldern der Poenitentia die Londoner Synagoge[35]
Zu 1279 berichtet die Chronik dass
einige Juden in der Naumlhe von Northampton ein christliches Kind gekreuzigt haumltten[36]
Schon erwaumlhnt wurde
der Konversionsfall des Robert von Reading der sich 1275 ereignete Aumlhnlich stellte sich die Situation in
Frankreich dar In der Champagne in Troyes wurden beispielsweise 13 Juden im Jahre 1288 wegen
Mordvorwuumlrfen hingerichtet[37]
1290 kam es in Paris zu einem Hostienschaumlndungsprozess der mit dem
Tod des Angeklagten endete[38]
Dieser angespannte religioumlse Diskurs wirkte sich auch auf den
Herrschaftsbereich aus Edward I soll als junger Mann tief beeindruckt von der Ritualmordaffaumlre um Hugh
von Lincoln im Jahre 1255 gewesen sein in deren Zusammenhang 19 Juden hingerichtet worden waren[39]
Daneben konnten sich die Herrscher nicht dem vorherrschenden Wucherdiskurs entziehen der sie als
Mitschuldige am suumlndhaften Wucher markierte da sie einen Nutzen aus dem juumldischen Wuchergeschaumlft
zogen Gerade Philipp IV der eine machtbewusste Politik auch gegenuumlber dem Papst verfolgte hatte sich
auch an seinem Groszligvater Ludwig IX und dessen bdquovorbildhafterldquo Politik in Bezug auf den Umgang mit den
Juden und dem Wucher zu messen Im wirtschaftlichen Zusammenleben aumlnderten sich ebenfalls die
Praumlmissen fuumlr den Umgang von Juden und Christen Das sbquoStatutum de Judeismorsquo markiert einen
Wendepunkt im Wirtschaftsleben Englands Es ist unklar in wie weit sich die Juden in von christlichen
bdquoMonopolenldquo dominierten Berufen etablieren konnten[40]
Mit der schwierigen wirtschaftlichen Situation der
Juden die durch das sbquoStatutum de Judeismorsquo geschaffen wurde kann moumlglicherweise der
Muumlnzbeschneidungsskandal von 1279 erklaumlrt werden in dem 267 Juden und einige Christen verurteilt und
hingerichtet wurden[41]
Daneben fuumlhrten sie will man dem Vertreibungsedikt Edwards I Glauben schenken
ihre Geldleihgeschaumlfte mit Zinsnahme im Verborgenen weiter Die Klagen der Barone und des Klerus die in
einigen Chroniken erwaumlhnt werden koumlnnten sich auf diese illegalen Taumltigkeiten beziehen Offensichtlich ist
es das Hauptargument Edwards in seinem Vertreibungsedikt Es ist deutlich geworden dass nicht nur einer
dieser Aspekte ausschlaggebend fuumlr die Ausweisungen der Juden war Vielmehr spielten viele Faktoren
zusammen in mehreren Kulturbereichen war das Miteinander gestoumlrt was schlieszliglich zur Vertreibung der
Juden fuumlhrte Zudem zeigte sich auch wie eng kaum von einander trennbar sich die Kulturbereiche -in
diesem Fall Recht Wirtschaft Herrschaft und Religion- darstellen
Die Vertreibung der Juden in den hebraumlischer Quellen
England
Die Vielschichtigkeit der Uumlberlieferung zur Vertreibung der Juden aus England lieszlige zunaumlchst eine ebenso
reiche Tradition in den hebraumlischen Quellen erwarten Allerdings ist das Gegenteil der Fall Die bekannte
Uumlberlieferung kennt keinen zeitgenoumlssischen hebraumlischen Eintrag zur Vertreibung der Juden weder in
einer hebraumlischen Chronik noch in direkten hebraumlischen verfaszligten Selbstzeugnissen englischer Juden
Dennoch sind aus dem weiteren Umfeld genauer gesagt aus Deutschland und Suumldfrankreich zeitnahe
Reaktionen auf die Geschehnisse in England uumlberliefert die zumindest einige Hinweise zur Einschaumltzung
der Ereignisse und ihrer Ursachen im innerjuumldischen Kontext liefern koumlnnen Zunaumlchst ist aus einem
Responsum des Meir ben Baruch von Rothenburg (gest 1293) eine diesbezuumlgliche Aumluszligerung uumlberliefert
Dort heiszligt es
bdquoWas die Muumlnzbeschneider betrifft so hacke ihnen wegen ihrer Vergehen die Hand ab
Wieviel Blut wurde wegen der Muumlnzenbeschneider vergossen Sie waren es die unsere Bruumlder
die Bewohner von Frankreich und der Insel (=England) ins Verderben stuumlrztenldquo[42]
Allerdings bleibt eine Datierung dieses Ausspruches schwierig Meir hat zur Zeit der Ausweisung der
Juden aus England noch gelebt Die Form der Uumlberlieferung gibt allerdings keinen Hinweis der
darauf schlieszligen laumlszligt daszlig das Responsum zur Zeit verfaszligt wurde als sich Meir nach 1286 bis zu
seinem Tode bereits in Gefangenschaft aufhielt Letzteres haumltte zumindest wahrscheinlich werden
lassen daszlig Meir sich auf die Ausweisung der Juden bezog So kann der Ausdruck bdquoins Verderben
stuumlrzenldquo auch lediglich den eigentlichen Prozeszlig zum Muumlnzenbeschneidungsvorwurf 1279 und die
Folgen ndash die Hinrichtung von etwas weniger als 300 Juden[43]
Allerdings weist die Aumluszligerung Meirs die
Muumlnzbeschneider haumltten das Elend der Juden in Frankreich und England heraufbeschworen
wiederum in eine andere Richtung Der groszlige Prozeszlig fand in England nicht in Frankreich statt Erste
Vertreibungen von Juden ereigneten sich jedoch zunaumlchst auf dem franzoumlsischen Festland
(Gasgogne 1287)[44]
nicht in England Es spricht somit vieles dafuumlr daszlig Meir gerade auf jene
Vertreibung anzuspielen scheint und in diesem Zusammenhang den Muumlnzbeschneidungsvorwurf als
Ausloumlser fuumlr die Verfolgungen der Juden in England und Frankreich ansah Die Vertreibung der Juden
im Jahre 1306 aus den direkt den franzoumlsischen Koumlnig unterstellten Territorien konnte Meir nicht
gemeint haben Zu dieser Zeit war Meir ben Baruch schon zehn Jahre nicht mehr am Leben
Ein in den Quellen eindeutiger zu fassender Hinweis zur innerjuumldischen Einschaumltzung der Ereignisse
ist uns im Rahmen eines Vorfalls innerhalb einer suumldfranzoumlsisch-provenccedilalischen Gemeinde
uumlberliefert In der Stadt Manosque hatten nach 1290 innerhalb der juumldischen Gemeinde vertriebene
Juden aus England Aufnahme gefunden Allerdings blieben die englischen Juden als eigene Gruppe
auch waumlhrend der naumlchsten 50 Jahre wahrnehmbar was sich offenbar auch in innerjuumldischen
bdquolandsmannschaftlichenldquo Spannungen niederschlug So kam es im Jahre 1338 zwischen dem
einheimischen Juden Aronetus und dem zugezogenen Juden Creysonus von Chartres zu heftigen
Auseinandersetzungen bei denen Aronetus dem Chreysonus zurief bdquoIhr anderen wart die Englaumlnder
die ihr Land verlassen mussten weil ihr die Muumlnzen beschnitten habtldquo[45]
Selbstredend wollte der
ehemalige Fluumlchtling diese Behauptung nicht auf sich sitzen lassen und strebte den Prozeszlig an
Allerdings macht diese Auseinandersetzung auch klar daszlig die Verquickung des
Muumlnzbeschneidungsprozesses mit der Tatsache der Vertreibung in innerjuumldischen Kontext keine
unuumlbliche Argumentation gewesen sein wird
Hatte sich bereits im 14 Jahrhundert dieses Erklaumlrungsmuster als Begruumlndung der Vertreibung im
innerjuumldischen Gedaumlchtnis durchgesetzt Zumindest sollte diese Begruumlndung auch in den
hebraumlischen Chroniken des fruumlhen 16 Jahrhunderts eine entscheidende Rolle einnehmen Folgende
Darstellungen sind durch sephardische Chronisten des 16 Jahrhunderts bekannt Im Shevet
Yehudah[46]
des Shlomo Ibn Verga[47]
(Erstdruck 1550) einer hebraumlischen Chronik die die juumldische
Geschichte als eine Kette von Leiden klassifiziert werden die Ereignisse in England in folgenden
Erzaumlhlrahmen eingeordnet Nach kurzer Einfuumlhrung in die englischen Verhaumlltnisse wird eine
geforderte Bekehrung zum Christentum erwaumlhnt die aus den Quellen des 13 Jahrhunderts nicht
verifiziert werden kann Nach der Zuruumlckweisung dieses Bekehrungsversuchs wird den Juden
vorgeworfen daszlig sie Muumlnzen beschnitten haumltten Dieser wirtschaftliche Betrug fuumlhrte schlieszliglich
durch den Einfluszlig der Dominikaner zur Ausweisung der Juden[48]
Zwei Abschnitte spaumlter wird von
einer Bekehrung zum Judentum eines englischen Dominikaners berichtet was zweifellos die
Geschichte des im 13 Jahrhundert zum Judentum uumlbergetretenen Robert Reading wiedergibt Dem
Chronisten erscheint diese Episode Anlaszlig genug eine Reihe von Anfeindungen auch von Seiten der
Koumlnigin anzufuumlhren die in ihrer Summe schlieszliglich zur Vertreibung der Juden aus dem englischen
Koumlnigreich fuumlhrten[49]
In der Chronik des Yosef ha-Kohen[50]
Emeq ha-Bachah[51]
aus dem Jahre
1558 finden wir dasselbe Material in veraumlnderter Weise angeordnet Ein Vertreter des Predigerordens
verliebt sich in ein juumldisches Maumldchen tritt zum Judentum uumlber und heiratet es Die Dominikaner
beschuldigen vor dem Koumlnig daraufhin die Juden die Muumlnzen zu beschneiden um die Schande des
Glaubensabfalls ihres ehemaligen Mitbruders abzuwenden[52]
Auch in anderen Werken juumldischer
Chronistik aus dem 16 Jahrhundert findet die Episode des zum Judentum konvertierenden
Dominikaners Erwaumlhnung[53]
Obwohl die Chroniken des 16 Jahrhunderts als Belege fuumlr das Geschehen des 13 Jahrhunderts
nicht herangezogen werden koumlnnen so repraumlsentieren sie dennoch eine Tendenz der innerjuumldischen
Wahrnehmung die sich bereits im 13 wie im 14 Jahrhundert ankuumlndigte Hatte noch die christlicher
Uumlberlieferungstradition als Grund fuumlr die Vertreibungen vor allem die theologische Komponente der
Auseinandersetzung betont aber auch die Intervention anderer Herrschaftstraumlger angefuumlhrt so
bildete sich unter den Juden ein voumlllig anderes Erklaumlrungsmuster heraus In den juumldischen
Traditionsstraumlngen wurden die theologische Argumentation nicht rezipiert Dies gilt vor allem fuumlr das
groszlige Feld des Wuchervorwurfs der im Ausweisungsedikt 1290 zum Hauptargument werden sollte
Innerhalb der hebraumlischen Uumlberlieferung muszligten die Ursachen der Vertreibung konkreter fassbar
gemacht werden Zwei Narrative boten sich an die der juumldischen Traditionsbildung schluumlssig
erschienen Hierzu gehoumlrt der historisch gesicherte Prozeszlig zum Muumlnzbeschneidungsvorwurf der in
zeitnahen Dokumenten als gerechtfertigt[54]
in den Traditionen des 16 Jahrhunderts als Verleumdung
angesehen wurde[55]
Demgegenuumlber scheint dieser Prozess fuumlr die Begruumlndung der Ausweisung von
Seiten der christlichen Herrschaftstraumlger keine explizite Rolle gespielt zu haben Die Einbeziehung der
Geschehnisse um den zum Judentum konvertierten Dominikaner nehmen vor allem in den spaumlten
juumldischen Traditionen einen groszligen Stellenwert ein ohne daszlig sie innerhalb des christlichen Kontextes
fuumlr die Begruumlndung der Vertreibung irgend eine Rolle gespielt haumltten So bleiben Christen wie Juden
sich nur in der Tatsache einig dass Ihr Verhaumlltnis zueinander immer groumlszligeren Erschuumltterungen
unterworfen war Die Ursachen dieser Zerwuumlrfnisse konnten dabei durchaus unterschiedlichen
Kontexten zugeordnet werden
Frankreich[56]
Auch die Vertreibung der franzoumlsischen Juden hat in der hebraumlischen Uumlberlieferung nur wenig Spuren
hinterlassen Kein Text ist bekannt der sich ausschlieszliglich auf die Ereignisse der Vertreibung
beziehen wuumlrde Wie im englischen Fall zeugen nur verstreute Bemerkungen im Werk einzelner
juumldischer Gelehrter uumlber eine Resonanz innerhalb der juumldischen Gemeinschaft Eines dieser
Zeugnisse ist aus der Hand des Abba Mari ben Moshe von Lunel uumlberliefert einem Gelehrten der um
1300 vor allem in den polemischen Auseinandersetzungen um die Rezeption des Schriften des
Maimonides und der Frage nach dem Stellenwert philosophischer Studien in Erscheinung getreten
war[57]
In einem Brief[58]
schreibt er
Im Jahre 5066 (1306) der Zaumlhlung dies ist das Jahr welches die Suumlnde hervorgebracht hat[59]
verbreitete sich die Verfolgung (Gezerah) des Koumlnigs von Frankreich (Tzarfat) uumlber alle Juden in
allen Landen seines Koumlnigreiches aus sie aus ihren Haumlusern zu holen und ihnen all ihren Besitz
abzunehmen Alle sollten an einem bestimmten Tag festgesetzt werden jung und alt Frauen und
Kinder und diese sollte am Freitag am zehnten des Monats Aw (22 Juli 1306) geschehen und
man vertrieb sie aus dem Land Die Juden die in der Stadt Montpellier lebten wurden im Jahre
5067 im Monat Marcheshwan vertrieben (10 Okt-7 Nov 1306) Einige von ihnen begaben sich in
die Stadt Perpignan da sie sich des Sieges des Koumlnigs von Mallorca sicher waren dass er ihnen
aus der Hand des Koumlnigs den Aufenthalt und die Versorgung gewaumlhren wuumlrde Wieder andere
zogen weiter in die Provence hellip Und ich nachdem ich mich in die Provence ins Exil begeben
hatte in die Stadt Arles fuhr von dort fort und begab mich von dort in ein zweites Exil in die Stadt
Perpignan Ich kam dort an am ersten des Monats Shwat dem vierten Monat unseres Exils (5 Jan
1307)[60]
Abba Mari beschreibt als Zeitzeuge den politischen Kontext der Vertreibung der Juden im
Suumlden des franzoumlsischen Koumlnigreiches Die Beschreibung bleibt an sein eigenes Schicksal
gebunden Die Ausweisung der Juden umfasst auch das Languedoc das ebenfalls Teil des
direkten Herrschaftsbereichs des franzoumlsischen Koumlnigs Philipp des Schoumlnen geworden war Die
Vertriebenen wandten sich nun benachbarten nichtfranzoumlsischen Herrschaften zu der
Provence die zur Zeit der Vertreibung noch ein Teil des roumlmisch-deutschen Reiches war sowie
den Besitzungen des Koumlnigs von Mallorca zu denen Perpignan und teilweise auch Montpellier
zaumlhlten[61]
Zunaumlchst hatte der Koumlnig von Mallorca die Vertreibung der Juden aus Montpellier in
Opposition zum franzoumlsischen Koumlnig abgelehnt[62]
Die Juden hofften wie Abba Mari betont
dass dieser Widerstand von Dauer sein koumlnnte wurden jedoch enttaumluscht Im Februar 1309
willigte nach langen Verhandlungen auch der mallorquinische Koumlnig ein der Vertreibung der
Juden zuzustimmen[63]
In Territorien in denen er uneingeschraumlnkt seine Herrschaft ausuumlben
konnte wie etwa in Perpignan war den Juden der Aufenthalt weiterhin erlaubt so dass dorthin
wie in die Provence die Juden der Stadt Montpellier weiterzogen Abba Mari beschreibt die
lokalen politischen Zusammenhaumlnge der Vertreibungen der am Mittelmeer gelegenen
Territorien Er hebt dabei den Einfluss des franzoumlsischen Koumlnigs auf Herrschaftstraumlger
auszligerhalb seines Koumlnigreiches hervor nennt jedoch keinen Grund der das Verhalten des
franzoumlsischen Koumlnigs erklaumlrt haumltte Warum die franzoumlsischen Juden ihr Stammland verlassen
mussten wird nicht diskutiert
Ein weiterer Autor des fruumlhen 14 Jahrhunderts Eshtori ha-Parchi[64]
beschreibt in seinem Werk
Kaftor wa-Ferach kurz seine am eigenen Leib erfahrene Vertreibung der Juden aus dem
Suumlden des franzoumlsischen Koumlnigreichs
bdquoAuch erinnere ich mich an das Datum der Zerstoumlrung des kleinen Heiligtums naumlmlich die
Zerstoumlrung der Lehrhaumluser und Synagogen in Tzarfat (Nordfrankreich) und teilweise auch in der
Prowentzah (Suumldfrankreich hier Languedoc)[65]
Ich floh vom Schlachtfeld hellip im Jahre 5066 und
zwar am 10 Aw (22 Juli 1306)ldquo[66]
Eshtori ha-Parchi der sich schlieszliglich im Jahre 1313 im Lande Israel niederliess nennt
keine Begruumlndung der Ereignisse Die Bezeichnung der Vertreibung als Zerstoumlrung des
kleinen Heiligtums macht dem Leser deutlich welche Bedeutung den franzoumlsischen
Gelehrtenzentren vom Autor zugesprochen wurde die in dieser Ruumlckschau als
unwiederbringlich verloren betrachtet werden Eine weitere zeitnahe Notiz zur Vertreibung
der franzoumlsischen Juden laumlsst sich im Tora-Kommentar des Gelehrten R Lewi ben
Gershom (Ralbag) (1288-1344) finden Der Gelehrte der unter seinen nichtjuumldischen
Zeitgenossen auch unter der Bezeichnung Maestre Leo de Bagnol oder auch Magister
Leo Hebraeus bekannt war[67]
schreibt zum Wochenabschnitt Bechukotei (Lev 26 3 -
27 34)
Und wenn es in der Schrift heiszligt sbquoIhr geht unter den Voumllkern zugrunde und das Land euerer
Feinde friszligt euch aufrsquo (Lev 26 38) bezog sich dies auf die groszligen Noumlte unseres Volkes in denen
viele umgekommen sind eingeschlossen das Hinschlachten einiger in den heiligen Gemeinden
und die Vertreibung der Juden aus dem Lande Zarfat Doppelt so viele starben an Hunger und
Pestilenz als beim Auszug aus Aumlgypten[68]
Interessanterweise erwaumlhnt Levi ben Gershom als erster Autor Todesopfer die
innerhalb der juumldischen Gemeinschaft als Folge der Vertreibung zu beklagen waren
Fast ein Jahrhundert spaumlter wohl in der ersten Haumllfte des 15 Jahrhunderts
beschreibt der in Spanien wohl in Tortosa lebende Mattityahu haYizhari ein
Nachkomme einer aus Suumldfrankreich stammenden Familie[69]
die Vertreibung der
Juden mit folgenden Worten
Es sprach Mattityahu Sohn des Moshe Sohn des Weisen Mattiyahu ha-Yizhari sein Andenken
sei zu Segen Viele Noumlte haben uns ereilt seit wir aus dem verheiszligenen Land vertrieben wurden
hellip tausende und zehntausende Juden hatten sich in Frankreich niedergelassen hellip und meine
Vorfahren siedelten in der Stadt Narbonne einer groszligen Stadt Gottes bis Verfehlungen zur
Vertreibung fuumlhrten Einige starben als Maumlrtyrer andere wurde uumlber die ganze Erde zerstreut und
das ganze Land Zarfat lag entbloumlszligt da [70]
Auch bei Levi ben Gershom steht die Zerstoumlrung der groszligen juumldischen Zentren
im Vordergrund Ein Grund fuumlr deren Untergang wird nicht eroumlrtert Ein
aumlhnliches Bild findet sich bei einem weiteren juumldischen Gelehrten aus dem
Beginn des 14 Jahrhunderts In seinem um das Jahr 1321 abgeschlossenen
Werk Even Bochan bemerkt der in Arles geborene juumldische Philosoph
Kalonymos ben Kalonymos (geb 1286)[71]
Als der Herrscher von der Stimmung erfasst wurde mein Volk ins Exil zu fuumlhren vor siebzehn
Jahren uumlberwand er sie in seinem Grimm und vertrieb sie mit starker Hand aus seinem Land
uumlberfuumlhrte sie in Staumldte nackt und mittellos die in ihren Palaumlsten viele Schaumltze von Gold besaszligen
um die Altehrwuumlrdigen ihrer Generation und ihre Prinzen zu vernichten und auszuloumlschen[72]
Die Erwaumlhnung der Enteignung der Juden durch die franzoumlsische Krone
verweist auf den tatsaumlchlichen Verlauf der Ausweisung und auf ihre
fiskalischen Motive[73]
Die auch vom Autor betonten finanziellen
Interessen des Herrschers werden jedoch nicht diskutiert Uumlberhaupt
bleiben die wenigen weiteren zeitgenoumlssischen Bemerkungen zur
Vertreibung sehr skizzenhaft und auch eng mit der Biographie ihrer
Verfasser verknuumlpft So schreibt R Menachem ha-Meiri (Vidal Salamon
Mayr) (geb 1249) der wenige Jahre nach der Vertreibung verstarb[74]
in
seiner Einleitung zur Auslegung des Traktates Avot
als Gott mich vom meinem Vaterhaus fortbrachte machte er meine Soumlhne zu Fluumlchtlingen und
meine Toumlchter fuumlhrte er in Gefangenschaft[75]
Die letzten bekannten Bemerkungen zur Vertreibung aus der
Generation der Zeitzeugen stammen aus der Feder des Dichters
und Philosophen Jedajah ben Abraham haPenini[76]
der in den
Staumldten Beacuteziers Montpellier und Perpignan lebte und um 1325
verstarb In einem Brief an den katalanischen Gelehrten Schlomo
Ibn Adret betonte der Autor wie sehr doch die Juden der Provence
ihre Tuumlren weit fuumlr die Exilierten geoumlffnet haumltten und viel dazu
beigetragen haumltten die Fluumlchtlinge aufzunehmen[77]
Auch in einem
Gedicht schloss der Autor Anspielungen zur Vertreibung der
franzoumlsischen Juden mit ein[78]
Hebraumlische Zeugnisse zur Vertreibung aus dem Norden des
franzoumlsischen Herrschaftsgebietes konnten bisher nicht
nachgewiesen werden Die hier aufgefuumlhrten hebraumlischen Quellen
zur Vertreibung der Juden aus den Herrschaftsgebieten des
franzoumlsischen Koumlnigs stammen ausschlieszliglich von Personen die
durch die Zerstoumlrung der juumldischen Zentren im suumldlichen Frankreich
betroffen waren Diese Uumlberlieferungen wurden schlieszliglich von der
hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts aufgenommen und in
ihre als Zyklen von Leiden und Verfolgung gestalteten Werken
eingearbeitet Itzchaq Abarbanel (gest vor 1550) scheint dabei der
entscheidende Protagonist bei der Schoumlpfung eines die Vertreibung
von 1306 beschreibenden juumldischen Narratives gewesen zu sein
auch wenn er sich nach seinen eigenen Angaben lediglich auf
Itzchak Profiat Duran genannt Efodi einen juumldisch-katalanischen
Autor des spaumlten 14 Jahrhunderts bezog So schreibt Abarbanel
bdquoIm Jahre 5066 (1306) der Zaumlhlung war die Vertreibung aus Frankreich Koumlnig Philipp war ein
grausamer und verfluchter Feind der alle Juden aus seinem Koumlnigreich vertrieb all ihren Besitz
enteignete und sie mittellos des Landes verwies Es gab dort viele groszlige Gemeinden doppelt so
viele (Juden) wie aus Aumlgypten auszogen hellip Und es war eine Zeit der groszligen Not fuumlr Israel hellip es
war im Monat Aw (13 Juli 1306-11 August 1306) und es war eine allumfassende Vertreibung hellipall
dies findet sich in der Schrift bdquoSichron ha-Shmadotldquo die von allen Zerstoumlrung berichtet die sich seit
der Zerstoumlrung des Tempels in Israel ereignet haben aufgeschrieben und redigiert von Efodildquo[79]
Der Autor weiszlig zu berichten unter welchem Koumlnig und in welchem Monat und Jahr die Vertreibung
stattfand Auf die Mittellosigkeit der juumldischen Fluumlchtlinge wird explizit hingewiesen die auf die
Auspluumlnderung durch den Koumlnig zuruumlckgefuumlhrt wird Auch eine Vorstellung von der Zahl der Exilierten
spiegelt sich im Text wider
Shlomo Ibn Verga uumlbernimmt den Text fast woumlrtlich fuumlr seine Chronik Shevet Yehudah und erweitert ihn
lediglich um die nicht belegbare Geschichte der Konversion der Gemeinde von Toulouse[80]
Ihm
folgen Samuel Usque[81]
und Yosef ha-Kohen[82]
So bieten die Erzaumlhltraditionen des 16
Jahrhunderts lediglich ein Geruumlst von Fakten die den Handlungsablauf der Vertreibung mit wenigen
Worten beschreiben Eine Begruumlndung der Vertreibung wird nicht genannt So entspricht die
Erzaumlhlarmut des Textes zur Vertreibung aus Frankreich innerhalb der hebraumlischen Chronistik des
16 Jahrhunderts der allgemeinen Quellenarmut der hebraumlischen Uumlberlieferungstradition zu diesem
Ereignis
Beziehung der Juden zum Herrscher
Anhand der Untersuchung von herrschaftlichen Bindungen der Juden soll im Folgenden verdeutlicht
werden wie sich ein ehemals funktionierendes Miteinander zu einem Zerbrechen eben dieses
Miteinanders mit dem Resultat der Vertreibung veraumlnderte Dazu werden die Herrschaftsstrukturen
mit ihren Veraumlnderungen zwischen dem Koumlnig beziehungsweise anderen christlichen
Herrschaftstraumlgern und den Juden in England und Frankreich analysiert In England siedelten sich
im Zuge der normannischen Eroberungen nach 1066 die ersten aus Frankreich stammenden Juden
an[83]
Seit dieser Zeit wurden sie in Dokumenten haumlufig als bdquoJuden des Koumlnigsldquo[84]
bezeichnet
Diesen exklusiven Anspruch konnte der Koumlnig bis zur Vertreibung durchsetzen auch wenn es
vereinzelt andere Herrschaftstraumlger gab die Macht uumlber Juden erlangten[85]
Die Juden waren dem
Koumlnig direkt unterstellt sie mussten ihm jede Geldforderung erfuumlllen im Gegenzug durften sie nach
ihrem Gesetz leben und ihren Wohnsitz frei waumlhlen[86]
Ein Privileg Richards I von 1190 erwaumlhnt
auszligerdem unter anderem das Recht der Juden auf Landbesitz und zollfreien Handel mit Wein[87]
Belastend fuumlr das Leben der Juden von England war das hohe Maszlig an Verwaltung das die
englischen Koumlnige geschaffen hatten um die Steuern effizient eintreiben zu koumlnnen Anlaumlsslich der
Kroumlnung Richards I im Jahre 1189 war es ausgehend von London zu Massakern an Juden in ganz
England gekommen Da die koumlnigliche Verwaltung nicht nachvollziehen konnte welche
Schuldscheine durch die Verfolgung vernichtet worden waren wurde als Reaktion 1194 ein
Archivsystem (archae) eingefuumlhrt das von nun an alle Geldgeschaumlfte sowie alle Juden mit ihrer
Finanzkraft verzeichnete[88]
Unter Heinrich III (1216-1272) aumlnderte sich der rechtliche Status der
Juden Im Jahr 1253 erlieszlig der Koumlnig ein Mandat das den Juden unter anderem verbot neue
Synagogen zu errichten christliche Bedienstete oder sexuelle Kontakte mit Christen zu haben und
Kirchen zu betreten Wichtigster Punkt war jedoch dass Juden nun ihren Wohnort nicht mehr frei
waumlhlen sondern nur noch dort leben durften wo bereits Juden ansaumlssig waren[89]
Viele der hier
formulierten Mandate waren im IV Laterankonzil von 1215 als verbindliche Verbote fuumlr die Juden in
der christlichen Welt festgelegt worden und fanden nun ihre Umsetzung Daneben stieg die
Besteuerung seit den 1240er Jahren stetig an wodurch die Finanzkraft der Juden bereits deutlich
geschwaumlcht wurde[90]
Im Falle Edwards I zeigte sich schlieszliglich dass die starke Bindung der Juden
an den Koumlnig die den Juden in fruumlheren Jahren zunaumlchst Unabhaumlngigkeit und Wohlstand gebracht
hatte nun ihren Ruin und schlieszliglich ihre Vertreibung bewirkte Der Koumlnig hatte bei Maszlignahmen die
die Juden betrafen kaum Widerspruch zu befuumlrchten zu eindeutig definiert war seine Machstellung
den Juden gegenuumlber In Frankreich unterstanden die Juden dem Herrn ihres jeweiligen Gebiets
der Koumlnig von Frankreich herrschte also nur in der Krondomaumlne uumlber die Juden des Koumlnigreiches[91]
Die Juden waren an ihr angestammtes Territorium gebunden und durften dieses nur mit der
Erlaubnis ihres Landesherrn verlassen Dieses Prinzip reicht bis in die Zeit von Philipp II August
(1180-1223) zuruumlck und wurde seit der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne 1198 in
verschiedenen Vereinbarungen mit anderen franzoumlsischen Territorialherren vertraglich fixiert[92]
Schon bei der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne kam es zu Irritationen da Philipp II
die 1182 vertriebenen Juden nach wie vor als bdquoseine Judenldquo ansah diese Auffassung aber
beispielsweise von Graf Theobald III von Campagne nicht geteilt wurde Er fuumlrchtete Steuerausfaumllle
und war der Meinung dass Juden die sich 1182 in der Champagne niedergelassen hatten nicht
mehr die Juden des Koumlnigs seien[93]
Auch andere Landesherren weigerten sich dem Wegzug ihrer
Juden in die Krondomaumlne zuzustimmen[94]
Auch erste Schritte eines buumlrokratischen Umgangs mit
den Geldgeschaumlften der Juden waren 1198 durch Philipp II August vorgenommen worden
moumlglicherweise beeinflusst durch die archae die in England 1194 unter Koumlnig Richard I eingerichtet
worden waren um die Geldgeschaumlfte und die Finanzkraft der Juden zu dokumentieren In jedem Ort
der Krondomaumlne gab es spezielle Beamte die die Kreditvertraumlge der Juden siegelten und so
kontrollierten wem die Juden welche Betraumlge an Geld liehen[95]
Auch den Juden konnte dieses
Verfahren als Sicherheit fuumlr ihre Geschaumlfte dienen Unter Ludwig VIII (1223-1226) kam es zum
ersten Eingriff in die Geldgeschaumlfte der Juden im franzoumlsischen Gebiet 1223 erlieszlig der Koumlnig
zusammen mit diversen Landesherren ein Statut in dem festgelegt wurde dass die Ruumlckzahlung
aller Schulden bei Juden an insgesamt neun Terminen an die koumlnigliche beziehungsweise
landesherrliche Schatzkammer erfolgen sollte Die Praxis des Siegelns von Urkunden uumlber
Darlehensvergaben wurde abgeschafft Erneut wurde festgehalten dass keiner der Herrscher Juden
eines anderen Herrschers bei sich aufnehmen duumlrfe wobei es bei diesem Punkt wieder zu
Unstimmigkeiten mit dem Grafen der Champagne kam der die Erklaumlrung nicht unterschrieb[96]
Bereits die ersten Jahre der Regierungszeit Ludwigs IX (1226-1270) brachten fuumlr die Juden weitere
Beschwerlichkeiten und erste direkte Aktionen gegen den Wucher Im Jahr 1227 kam es zu einer
erneuten Aneignung der ausstehenden Schulden bei Juden 1228 erging ein Mandat in dem Ludwig
IX befahl bei kuumlnftigen Geldgeschaumlften auf Zinsen zu verzichten Auszligerdem erklaumlrte der Koumlnig bei
Geldgeschaumlften die seit der Schuldentilgung ein Jahr zuvor geschlossen wurden alle Zinsen fuumlr
unguumlltig[97]
Auch die generelle Rechtsstellung der Juden wurde schon fruumlh in der Regierungszeit
Ludwigs IX definiert wobei es bei der alten Regelung blieb Im Statut von Melun hielten der Koumlnig
und die Landesherren daran fest dass die Juden tamquam proprii servi an das jeweilige Territorium
gebunden waren Christliche Schuldner wurden dazu aufgerufen ihre Schulden bei Juden zu
bezahlen nicht aber die Zinsen[98]
Die 1240er Jahre waren in Frankreich gepraumlgt vom Pariser
Talmudprozess in dem der Talmud als ketzerische Schrift verurteilt und danach oumlffentlich verbrannt
wurde[99]
Dies fuumlhrte unter anderem zu einer verstaumlrkten Auswanderung juumldischer Eliten aus
Nordfrankreich[100]
Insgesamt aumlnderte sich der rechtliche Status unter Ludwig IX nicht aber fruumlher
als die Herrscher in England nahm Ludwig IX der 1290 heilig gesprochen wurde den Kampf gegen
den Wucher auf Einige Aktionen Koumlnig Philipps IV (1285-1314) waumlhrend seiner ersten
Regierungsjahre in Bezug auf die Juden muumlssen vor dem Hintergrund der Vertreibungen gesehen
werden die sich in Regionen auszligerhalb der Krondomaumlne ereigneten so beispielsweise die
Ausweisung der juumldischen Fluumlchtlinge durch Philipp IV im Jahre 1291[101]
Daneben ist eine
konsequente Linie den Juden gegenuumlber nicht zu erkennen 1285 erneuerte er beispielsweise ein
Privileg zum Schutz von Synagogen und Friedhoumlfen zugleich bestaumltigte er die Pflicht der Juden ein
spezielles Abzeichen an ihrer Kleidung zu tragen[102]
Beides sind Zeichen dafuumlr dass der Koumlnig zu
dieser Zeit nicht daran dachte die Juden auszuweisen sondern das Leben der Juden rechtlich zu
definieren Vorrangiges Ziel Philipps IV war es zunaumlchst seine Oberherrschaft uumlber die Juden im
Suumlden zu sichern wo diese nicht von allen Baronen anerkannt wurde Die Herrschaft in der
Champagne hatte er sich durch Heirat bereits gesichert Dort in Troyes kam es 1288 zu einer
Mordanklage in deren Folge 13 Juden hingerichtet wurden wobei der Koumlnig ihre Besitztuumlmer
einzog[103]
Groumlszligeren Einfluss auf den Koumlnig scheint die Hostienschaumlndungbeschuldigung 1290 in
Paris gehabt zu haben Philipp IV warnte die Juden vor weiteren Hostienschaumlndungen und
spendete ein Haus neben der Kirche die zum Gedenken an den Fall errichtet worden war[104]
Wie
sein Groszligvater Ludwig IX setzte Philipp IV den Kampf gegen den Wucher fort verbot ihn 1299 und
1303 daneben wurde auch das Verbot des Neubaus von Synagogen sowie des Talmuds bei diesen
Gelegenheiten erneuert[105]
In einer konzentrierten und laumlnger vorbereiteten Aktion lieszlig Philipp IV
dann die Juden (oder jedenfalls die Familienvorstaumlnde) vermutlich am 22 Juli 1306 festsetzen Dies
diente dazu eine genaue Aufstellung der Judenguumlter vorzunehmen und um sich die ausstehenden
Schuldscheine zu sichern Gleichzeitig bedeutete es das Ende der juumldischen Siedlung in Frankreich
bis zu ihrer Wiederzulassung unter Ludwig X im Jahr 1315
Sowohl bei der Vertreibung aus England als auch der aus Frankreich zeigt sich die Gefahr die die
Abhaumlngigkeit der Juden vom Herrscher barg Vor allem in England hatte die privilegierte Position fuumlr
Wohlstand und ein groszliges Maszlig an innerer Autonomie etwa in der Rechtssprechnung oder in bezug
auf die Freizuumlgigkeit gesorgt[106]
Sie schuumltzte die Juden jedoch nicht immer vor Gealtakten wie den
seit der Mitte des 12 Jahrhunderts immer wieder vorkommenden Ritualmordvorwuumlrfen In
Frankreich verschlechterten sich ihre Lebensumstaumlnde mit der Ausbreitung der Krondomaumlne War
es 1182 noch ein geringes Problem fuumlr die Juden eine neue Heimat zu finden und von anderen
franzoumlsischen Landesherren wohlwollend aufgenommen zu werden war dies 1306 nicht mehr
moumlglich Die Herrscher nahmen die theologischen Diskurse uumlber den Wucher oder den Talmud auf
und wurden des weiteren beeinflusst durch antijuumldische Blut- und Hostienschaumlndungsvorwuumlrfe
Auch wirtschaftliche Uumlberlegungen haben eine Rolle gespielt ebenso mag es eine Dynamik
gegeben haben angestoszligen durch die weiteren Vertreibungen in dieser Umbruchszeit in der sich
jeder Herrscher damit profilieren wollte und konnte die Juden zu vertreiben
Die allgemeine Verurteilung des Wuchers
Obwohl gerade in der hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts verstaumlrkt die finanziellen Interessen vor
allem des franzoumlsischen Koumlnigs als Motiv der Vertreibung hervorgehoben wurde folgte die zeitnahe
Argumentation einer innerjuumldischen Perspektive anderen Erklaumlrungsmustern So gilt es zumindest
im Falle der Vertreibung aus England festzuhalten dass sich unter den Juden die Vorstellung
verbreitete das Fehlverhalten einzelner Juden haumltte die Ausweisung von 1290 wie auch andere
Vertreibungen mit verursacht Doch laumlsst sich im Wuchervorwurf gegenuumlber den Juden - dem
durchgaumlngigen Argument der Vertreibungen im 13 Jahrhundert - nicht etwa eine vordergruumlndige
falsche Praxis des Geldverleihs als ausloumlsendes Moment vermuten wie dies gelegentlich auch von
christlicher Seite von den Zeitgenossen vertreten wurde[107]
Vielmehr begann sich seit dem 12
Jahrhundert unter christlichen Gelehrten und weltlichen Herrschern ein theologisches Verstaumlndnis
bezuumlglich des Wuchers durchzusetzen das der wirtschaftlichen Taumltigkeit der Geldleihe auch in den
Haumlnden der Juden keine geduldeten Nische zuzuweisen bereit war[108]
Wucher wurde nun nicht
mehr als Suumlnde gegen den Naumlchsten aus mangelndem Mitgefuumlhl betrachtet und als turpe lucrum
(schaumlndlicher Profit) definiert sondern als Suumlnde gegen die iustitia[109]
Gemaumlszlig dieser Vorstellung
waren alle Wuchergewinne Diebesgut und muszligten zuruumlckgegeben werden Viel schwerer wog die
Feststellung daszlig sich die nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger durch ihre Besteuerung der Juden am
Wuchergewinn der Juden beteiligten und sich darum der gleichen Suumlnden schuldig machten[110]
Somit wurde auf demselben Wege der fuumlrstliche oder koumlnigliche Judenschutz die Legitimation
entzogen Die voumlllige Unterbindung des juumldischen Geldhandels schien darum fuumlr die meisten
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger der einzig richtige Weg wie dies bereits die im Namen Koumlnig
Ludwigs IX verkuumlndete ordenance von Melun 1230 forderte[111]
Als letzte Konsequenz blieb die
Ausweisung der Juden aus immer mehr Herrschaften des franzoumlsischen Koumlnigreiches und
schlieszliglich der Kronlande Das Zerbrechen des Miteinanders von Juden und Christen innerhalb des
franzoumlsischen Koumlnigreiches sowie die schrittweise Aufloumlsung bzw Zerschlagung des
jahrhundertealten juumldischen Siedlungsnetzes muszlig auf die juumldischen Gemeinschaften der
benachbarten Regionen so z B in den Rheinlanden verstoumlrend und beaumlngstigend gewirkt haben
Der dieser Vertreibung zugrundeliegende theologische Diskurs zu Geldhandel und Wucher und die
daraus resultierenden Folgen fuumlr die eigene juumldischen Existenz scheint jedoch nur einen geringen
Einfluszlig auf die Wahrnehmung ihrer eigenen Situation gehabt zu haben Im Zuge der Vertreibung der
franzoumlsischen Juden im Sommer und Herbst 1306 waren juumldische Fluumlchtlinge in die deutschen
Rheinlande gelangt[112]
Wohl wenige Monate spaumlter trafen in Worms die Delegierten des dortigen
Gemeindebezirkes die Vertreter der die Wormser Gemeinde und der sie umgebenden juumldischen
Niederlassungen auf einer Versammlung zusammen Auf diesem juumldischen Landtag sollte eine
Rechtssatzung eine Takkanah verabschiedet werden die die Praxis der juumldischen Geldleihe im
Einzugsgebiet der Gemeinde Worms sowie das Verhalten gegenuumlber hochverschuldeten Kunden
neu regelte[113]
In der Zusammenkunft der Haumlupter des Volkes im bdquoLand Wormsldquo im Jahr 67 des sechsten Jahrtausends
(10 Sept 1306 - 28 Augutst 1307) weil sich wegen unserer groszliger Verfehlungen die Noumlte der
Soumlhne unseres Volkes vermehrten durchforschten wir unsere Taten und fanden dass seit einiger
Zeit ein Schwert die Seele der Elenden und Reinen auffraszlig weil sie Vermoumlgen vermehrt hatten
durch Zins und Zinseszins von den Fuumlrsten der Nichtjuden Diese schuldeten ein Riesenvermoumlgen
den Familienvorstaumlnden Sie schmiedeten Raumlnke sich auf die Juden zu stuumlrzen und sie zu
uumlberfallen um sich von ihren Schulden zu befreien Wir haben beschlossen dass man keine
Erhoumlhung hinzufuumlgen darf und jedem Mann und jeder Frau nicht gestattet werden soll irgend einem
Nichtjuden einem einzelnen Schuldner mehr als 100 Pfund Hallisch zu leihen Und wenn der
Zeitpunkt der Schuldruumlckzahlung gekommen ist soll es nicht mehr gestattet sein die Zinsschuld der
Schuldsumme zuzuschlagen sondern man soll aus der Hand des Schuldners die ganze Schuld
einziehen Und wenn man nicht die ganze Schuld von ihm einziehen kann soll man sich nicht
hindern lassen wenigstens den Zins einzuziehen Nur soll man den Schuldner nicht mit List
uumlbervorteilen Und wenn es nicht gelingt irgend etwas einzuziehen dann soll man dies dem Rat
seiner Gemeinde mitteilen und nach deren Geheiszlig soll man handeln Was das Schuldgeschaumlft der
fuumlrstlichen Schuldner betrifft deren Schulden sich schon vermehrt haben und die niemand mehr
begleichen kann Die Glaumlubiger sollen sich huumlten sie mit hohen Zinsen zu belasten denn es sind
Komplotte zu befuumlrchten was Gott verhuumlten moumlge Schon einige Personen haben sich
zusammengeschlossen und dies gerade nicht bei den Fuumlrsten sondern bei den Klerikern und den
Buumlrgern [114]
Offenkundig standen den Delegierten die befuumlrchteten Konsequenzen der Geldleihe deutlich vor
Augen Wohl ebenso eingeschuumlchtert durch die in Frankreich vollzogene Vertreibung der Juden
wurden von seiten der Juden eigene Verfehlungen aber auch unguumlnstige Machtkonstellation
beobachtet die im Falle der franzoumlsischen Juden zu deren Untergang gefuumlhrt hatten Die
Beziehungen von Juden und Christen steckten auch in den Rheinlanden in den eingangs genannten
Bereichen von Wirtschaft Herrschaft und Religion in einer tieferen Krise Die auf dem
Versammlung von Worms beschlossenen Gegenmaszlignahmen blieben auf die juumldischen Teilnehmer
beschraumlnkt Zuruumlckhaltung gegenuumlber den christlichen Kunden Demut gegenuumlber Gott und das
Flehen um sein Erbarmen was mit guten Werken unterstuumltzt werden soll Eine direkte Verhandlung
mit den christlichen Herrschaftstraumlgern war nicht mehr vorgesehen Das gegenseitige Vertrauen
zwischen Juden und Christen war verschwunden in einer Zeit in der nicht mehr Koexistenz sondern
vor allem von Seiten der Juden die Sorge um die eigene Zukunft das eigene Handeln bestimmte
Zusammenfassung
Die Vertreibung der Juden aus England hatte innerhalb des juumldischen Kontextes noch zu Ansaumltzen der
Selbstreflexion gefuumlhrt die einen konkreten Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Vertretern
der juumldischen Seite und den politischen Entscheidungen der nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger
gegenuumlber der eigenen Gruppe erkennen mochten Dennoch waumlhnte man sich weiterhin in einem
rechtlich voumlllig abgesicherten Verhaumlltnis zur christlichen Umwelt Man war sich eines besonderen
Status innerhalb der christlichen Mehrheitsgesellschaft bewuszligt der in den Augen der Juden in
keiner Weise gefaumlhrdet schien Noch in der zweiten Haumllfte des 13 Jahrhunderts definierte Meir ben
Baruch (gest 1293) die Stellung der Juden im Reich als die eines freien Landbewohners der sein
Land nicht aber seine persoumlnliche Freiheit verloren hat [115]
Er sei darum nicht wie die Nichtjuden
den Fuumlrsten unterworfen und zu Steuerzahlungen verpflichtet Diese Konstruktionen erinnern stark
an die noch im 12 Jahrhundert in Frankreich vertretenen Rechtsauffassungen eines Itzchaq ben
Shmuel von Dampierre (gest ca 1185)[116]
der ebenfalls die Freiheit der Juden im Vergleich zu den
Nichtjuden hervorhebt ihre voumlllige Bewegungsfreiheit im Gegensatz zu an die Scholle gebundenen
Nichtjuden betont und die Juden ebenfalls aus der Rechtspraxis herausnimmt die dem
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger gestattet bei Abwanderung von Personen deren beweglichen
Besitz einzuziehen[117]
Nach juumldischer Auffassung folgten die Interaktionen zwischen Juden und
Christen nach Regeln die von beiden Seiten anerkannt waren Das jedoch sich dies Regelwerk zu
ungunsten der Juden verhaumlndert haben mochte daszlig die eigene Bewegungsfreiheit inzwischen mehr
und mehr eingeschraumlnkt wurde die besonderen Steuergesetzgebung seit den Aumluszligerungen des
Itzchak von Dampiegravere sich erheblich veraumlndern hatte und damit nach daszlig Verhaumlltnis zur christlichen
Umwelt nun erheblichen Umwaumlltzungen unterworfen war wurde wie die Aumluszligerung Meirs nahelegt
weder reflektiert noch einigermaszligen registriert
Das Verhalten der franzoumlsischen Juden Angesichts ihrer Vertreibung ist darum keinesfalls verwunderlich In
den wenigen juumldischen Selbstzeugnisse zur Vertreibung der franzoumlsischen Juden finden sich keine
Spuren die auf einen Prozess der Selbstreflexion schlieszligen lassen Die Frage der Motivation zur
Vertreibung der Juden wird soweit dies die Quellen erkennen lassen nicht diskutiert Der
offenkundige theologische Diskurs zur Unrechtmaumlszligigkeit des auf Zinsen geleisteten Geldverleihs
dem die juumldischen Gemeinschaft im franzoumlsischen Koumlnigreich letztlich zum Opfer fiel wird
nirgendwo rezipiert Man koumlnnte den Eindruck gewinnen dass sich den franzoumlsischen Juden die
Gefaumlhrlichkeit der Diskussion um den Wucher zu keinem Zeitpunkt erschloss Auch in den
konstruierten Narrativen der folgenden Generationen steht die auch fuumlr den einzelnen Juden
folgenreiche finanzielle Auspluumlnderung durch die franzoumlsische Krone im Vordergrund Allerdings
zeigt die Quelle aus dem rheinischen Kontext dass zumindest nach der Vertreibung aus dem
franzoumlsischen Koumlnigreich im Jahre 1306 unter den rheinischen Juden bestimmte Formen der
Geldleihe als Element der Selbstgefaumlhrdung wahrgenommen wurde Dabei macht die Uumlberlieferung
der Wormser Versammlung auch deutlich das die Zerruumlttung des Verhaumlltnisses von Juden und
Christen auch von juumldischer Seite nicht mehr geleugnet werden konnte Dass es sich dabei nicht nur
um eine wirtschaftliche Auseinandersetzung sondern zunaumlchst um einen christlichen theologischen
Diskurs handelte der sich gaumlnzlich juumldischem Handeln entzog scheint den Protagonisten der
Wormser Gemeinde nicht zugaumlnglich gewesen sein Ohne zu erkennen dass die Geldleihe und
somit die eigene wirtschaftliche Existenz gaumlnzlich in Frage gestellt werden koumlnnte versuchten die
Vertreter der Wormser Versammlung durch einzelne Maszlignahmen die Beziehungen zur christlichen
Umgebung zu entlassten um Gefahren von der eigenen Gemeinschaft abzuwenden Auf diese
Weise wurden die Juden im Westen Europas mehr und mehr wirtschaftlichen und theologischen
Dynamiken ausgesetzt die sich jenseits der juumldischen Wahrnehmung auszuformen begannen und
schlieszliglich in die Verdraumlngung der Juden muumlnden sollten die in der Vertreibung von England und
Frankreich ihren Anfang nahm
Rainer Barzen Lennart Guumlntzel
1 uarr Vgl zu Frankreich Chazan Jewry (1973) 154-207 Jordan Monarchy (1998) 177-261 Zu
England Hyams Jews (1996) 173-192 Mentgen Vertreibungen (1997) 11-53 Mundill England
(1998)
2 uarr Chazan Jewry (1973) 63-100 Ders Church (1980) 312f Jordan Monarchy (1998) 23-38
3 uarr Zur Geschichte der Juden unter Ludwig IX vgl Chazan Jewry (1973) 100-153
4 uarr Die Vorbildfunktion Ludwigs IX vor allem in Hinblick auf den Kampf gegen den Wucher erwaumlhnt
Cluse Zusammenhang (1999)135ndash163
5 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
6 uarr Chazan Church (1980) 313-317
7 uarr Florentii Wigorniensis 214f
8 uarr Ebd 212
9 uarr Chazan Church (1980) 317-319
10 uarr Aufstellung der Chroniken bei Abrahams Expulsion (1895) 449f
11 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
12 uarr Ordonnances 317
13 uarr Jordan nennt als Beispiel die Ortschaft Niort die ihre Juden vertreiben konnte Jordan Monarchy
(1998) 183
14 uarr Ebd 184f
15 uarr Ebd 184
16 uarr Ebd 183f
17 uarr Zu den Motiven Philipps IV siehe Mentgen Vertreibungen (1997) 46-49 Schwarzfuchs
Expulsion (1967) 485f
18 uarr Uumlber den generellen Wucherdiskurs siehe unten Kapitel V2
19 uarr Close Rolls Edward I 109
20 uarr Annales de Waverleia 409 ldquo(hellip) Judaeorum (hellip) quae per diversas urbes et castra regionis
Anglicanae per retroacta tempora habitabat confidenter procurante domina Alienora matre dicti
regis Angliae jussa est per edictum regium (hellip)rdquo
21 uarr Annales de Dunstaplia 361-362bdquo (hellip) propter blasphemias quas Judaei saepe faciebant fidei
Christianae statuit rex ut omnes Judaei cum semine suo et substancia ab Anglia pellerentur (hellip)rdquo
22 uarr Ebd bdquo(hellip) et concessit eis rex salvum conductum In ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt
submersi per vim et fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
23 uarr Zum Verhaumlltnis von Dominikanern und Juden zu dieser Zeit vgl Cohen Friars (1982) sowie
Ders Letters (1999)
24 uarr Florentii Wigoriensis 214
25 uarr Uumlber ein moumlgliches Interesse des Adels an der Vertreibung der Juden siehe Mentgen
Vertreibungen (1997) 27-30
26 uarr Annales de Dunstaplia 361-362 bdquoIn ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt submersi per vim et
fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
27 uarr Pierre de Langtoft II 186 bdquoThomas de Wilaund en baunk primer nomeacute par agarde de la court le
regne ad forjoreacute et en la terre de France sanz repairer aleacute Ses compayons ses clercs sunt pris e
meneacute a la thour de Loundres delivreacutes par moneacuteldquo
28 uarr Ebd 188 bdquoPur le quinzme dener al rays en ayeldquo
29 uarr Ebd bdquoOre sunt alez en France e en Pykardye Tutes lur dettes e lur manauntye Sunt salves al
ray dunt fere sa curtaysyeldquo
30 uarr Oumlsterreichische Reimchronik Verse 91239-91777 1186-1192ldquo die dritten vorderungdie an den
Franzois junctet der kunic Albrehter jach die Juden ze rehtgehocircren daz ricircche an und ander nieman
()ldquo Zu dieser Quelle vgl Ziwes Studien (1995) 33f Anm 16
31 uarr Prima Vita Clementis V 5
32 uarr Quarta Vita Clementis V 62bdquo Anno Domini MCCCVJ in festo sancte Marie Magdalene de
mandato et ordinatione regis Francie fuerunt capti omnes Judei ubique in regno Francie quasi
imperceptibiler una die et confiscata sunt bona ipsorum quecumque potuerunt inveniri fueruntque
a regno expulsi ulterius minime reversurirdquo Vgl auch Sexta Vita Clementis V 92-93bdquo Et etiam in
isto anno in die sancte Marie Magdalene omnes Judei de regno Francie congediati [congregati]
fuerunt et eorum bona omnia extiterunt confiscatardquo
33 uarr Continuatio Guilelmi de Nangis 59 bdquoMense Augusto Rex Philippus omnes Judaeos de Regno
Franciae penitus amp omnino fecit expelli certum regressionis terminum sub poena mortis praesigens
eisdemrdquo
34 uarr Florentii Wigoriensis 192 ldquoBarones cum Londoniensibus Judaismum Londoniae spoliaverunt
multis Judaeis interfectisldquo Siehe auch Mundill England (1998) 41
35 uarr Florentii Wigoriensis 210ldquo Rex die Sancte Calixti synagogam Judaeorum in villa Londoniensi
fratribus de Poenitentia contulit Jesu Christi ()ldquo
36 uarr Ebd 222bdquoApud Norhamtonam () puer quidam a Judaeis crucifixus estrdquo
37 uarr BennerReverchon Juden (2003) 181
38 uarr Rubin Tales (1999) 40-48
39 uarr Mentgen Vertreibungen (1997) 42-44
40 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 64f sieht den Muumlnzbeschneidungsskandal als Folge der Verarmung
der Juden Eine andere Meinung vertritt Mundill England (1998) 195-198 der vor allem auf eine
erfolgreiche Rolle der Juden im Wollhandel verweist
41 uarr Florentii Wigoriensis 221ldquo Rex omnes Judaeos et quosdam Christianos de retonsura aut alia
monetae falsatione convictos fecit suspensi Unde Londoniae CCLX et VII Judaei mortis judicium
subierunt Quidam autem relegati quidam etiam eorum perpetuo sunt carceri adjudicati et quidam
in Anglia remanseruntrdquo Vgl auch Mundill England (1998) 67f sowie uumlber die Zahl der Opfer weiter
oben Anmerkung 36
42 uarr Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 S 20
43 uarr Nach der chronikalischen Uumlberlieferung waren es 267 bzw 269 hingerichtete Juden Eine
Auswertung der auszligerchronikalischen Quellen ergab die Zahl von 298 erhaumlngten Juden Rokeacuteach
Monex I (198890) 98
44 uarr Jordan Monarchy (1989) 182f
45 uarr rdquoVos autre fuistis Engles qui exiverunt de terra eorum quia rotundabatis monetamrdquo in
Shatzmiller Schlomo Ibn Verga (1988) 355 Ders Solidariteacute (1986) 423
46 uarr Shlomo Ibn Verga Shevet Yehudah Teil I (hebr) Teil II (dt Uumlbersetzung)(Edit Wiener) Shevet
Yehudah (Edit Shochat)
47 uarr Zu Leben und Werk Shlomo Ibn Vergas Baer Hearot (1934) 152-179
48 uarr Shevet Yehudah Nr 18 (hebr S 42-43 dt Uumlbers S 84-85) Shevet Yehudah (Edit Shochat)
S 66
49 uarr Shevet Yehudah Nr 20 (hebr 43-45 dt Uumlbers 86-89)
50 uarr Zu Yosef ha-Kohen und seinem Werk Loeb Josef Hacohen (1888) XVI 28-56 211-235 XVII
74-95 247-271
51 uarr Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (dt
Uumlbersetzung Wiener)
52 uarr Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) 38-39 (Edit Wiener) 41-42
53 uarr Usque Nachum Israel III (1908) XI-XIII Auch bei Gedalyah Ibn Yachjah Shalshelet ha-
Kabbalah (nach Graetz Geschichte VII (1897) 429 weitere Quellen Graetz ebd 426-430)
54 uarr Siehe Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 20a
55 uarr ldquoSie [die Dominikaner] brachten sogar Muumlnzsorten herbei die sie selbst zuhause beschnitten
hattenldquo Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) S 38 (Edit Wiener) 41
56 uarr Fuumlr vielerlei Hinweise zur hebraumlischen Uumlberlieferung der Vertreibung der franzoumlsischen Juden sei
Dr Abraham David Jerusalem herzlich gedankt
57 uarr Schwarzfuchs History (2001) 269-274 Ben-Shalom Communication (1991) 171-225
58 uarr Abba Mari ben Mose von Lunel Sefer Minchat Qenaot Nr 120 in Shlomo Ibn Adret Tshuvot II
835-836
59 uarr BT Berachot 70a Gemeint ist hier die Philosophie griechischer Tradition die von Abba Mari
besonders bekaumlmpft wurde Shlomo Ibn Adret Teshuvot Bd 2 835 Anmerkung zu Zeile 1 Abba
Mari brachte die Vertreibung der suumldfranzoumlsischen Juden mit deren Hinwendung zur griechischen
Philosophie in Verbindung Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 832 Anmerkung zu Zeile 8
60 uarr Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 835-836 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001) 273
61 uarr Jordan French Monarchy (1989) 195196
62 uarr Saige Juifs (1881) 92
63 uarr Jordan French Monarchy (1989) 205 Saige Juifs (1881) 101-102 308-319 324-325
64 uarr Zu Leben und Werk sowie zu seinem Aufenhalt im Lande Israel siehe Schwarzfuchs History
261 Elbaum Estori ha-Parhi S 918f
65 uarr Zur Bedeutung des hebraumlischen Begriffes Prowentzah der neben der heutigen Provence auch
das Languedoc miteinschloss siehe Gross Gallia Judaica (1887) 489 In diesem Sinne entspricht
Prowentzah der roumlmischen Provincia Narbonnensis In Kontext der Vertreibung der Juden im
Jahre 1306 kann nur das Languedoc gemeint sein
66 uarr Eshtori haParchi Kaftor waFerach 218
67 uarr Schwarzfuchs History (2001) 276-278 Dahan Gersonide (1991)
68 uarr Levi ben Gershom Pirush al ha-Torah
69 uarr Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 153-154
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
Frankreich
Die Gruumlnde fuumlr die Vertreibung der Juden aus Frankreich 1306 durch Koumlnig Philipp IV sind nicht ohne
weiteres durch zeitgenoumlssische Uumlberlieferung zu erfahren Weder ist das Vertreibungsmandat uumlberliefert
noch nennen die Chronisten die uumlber das Ereignis berichten Gruumlnde fuumlr die Ausweisung Offensichtlich
gab es in der chronikalen Uumlberlieferung ein geringeres Interesse daran die Motive Philipps IV zu
hinterfragen Die zentrale Quelle fuumlr die Wahrnehmung und Begruumlndung der Vertreibung der franzoumlsischen
Juden entstand nicht im franzoumlsischen Gebiet sondern aus der fernen Steiermark In der von Ottokar von
der Steiermark dort bis 1321 geschriebenen Oumlsterreichischen Reimchronik wird beschrieben dass Albrecht
I von Habsburg einen Anspruch auf die franzoumlsischen Juden erhoben habe Dieser wurde so Ottokar von
Beratern Philipps IV gepruumlft und fuumlr rechtmaumlszligig erklaumlrt woraufhin der franzoumlsische Koumlnig voller Zorn die
Juden die ihm nun keinerlei Vorteile mehr bringen konnten aus seinem Koumlnigreich vertrieb[30]
Diese
einzige Quelle die etwas uumlber die Beweggruumlnde Philipps IV aussagen kann wurde als Geschichte der
Oumlsterreichischen Lande verfasst und stellt die Macht Albrechts I als unverhaumlltnismaumlszligig groszlig gegenuumlber
dem franzoumlsischen Koumlnig dar Es scheint undenkbar dass es tatsaumlchlich Verhandlungen zwischen den
beiden Herrschern um die franzoumlsischen Juden gegeben hat Die Chronik ist aber trotzdem interessant fuumlr
die Fragestellung zeigt sie doch dass ein Ereignis wie die Vertreibung der Juden aus Frankreich auch in
so weit entfernten Gebieten wie der Steiermark wahrgenommen wurde Weitere Nachrichten finden sich in
der von verschiedenen Autoren bis 1324 verfassten Vita des Papstes Clemens V (1305-1314) Dort heiszligt
es beispielsweise dass die Juden die sich nicht taufen lassen wollten das Land verlassen mussten wobei
viele auf der Reise starben Die Besitztuumlmer der Juden wurden vom Koumlnig beschlagnahmt[31]
Offensichtlich
wurden am Tag der Verkuumlndung der Ausweisung diverse Juden gefangen genommen so wird es
zumindest in der Vita Clemens V von Bernard Gui[32]
sowie der Fortsetzung der Chronik Wilhelms von
Nangis[33]
berichtet Uumlber Beweggruumlnde des Koumlnigs die Juden auszuweisen wird jedoch nichts gesagt
Resumee
Die genannten Chronisten liefern eine Fuumllle von Hinweisen auf Kulturbereiche deren Kompatibilitaumlt
zwischen Juden und Christen nicht mehr gewaumlhrleistet war und die im Zusammenspiel fuumlr die Ausweisung
der Juden verantwortlich sein koumlnnen In England und Frankreich herrschte in Bezug auf religioumlse Fragen
eine negative Atmosphaumlre zwischen Juden und Christen Intellektuell-theologisch zeigt sich diese primaumlr an
der Wucher- und der Talmuddiskussion Daneben waren die Juden immer haumlufiger mit Ritualmord- und
Hostienschaumlndungsvorwuumlrfen konfrontiert oder wurden aus nicht naumlher genannten Gruumlnden Opfer von
Gewalttaten Im Falle Englands berichtet die fortgefuumlhrte Chronik des Florence of Worcester fuumlr 1264 dass
Barone mit den Londoner Buumlrgern die Juden beraubten und einige umbrachten[34]
Im Jahre 1272 schenkte
der Koumlnig den Bruumldern der Poenitentia die Londoner Synagoge[35]
Zu 1279 berichtet die Chronik dass
einige Juden in der Naumlhe von Northampton ein christliches Kind gekreuzigt haumltten[36]
Schon erwaumlhnt wurde
der Konversionsfall des Robert von Reading der sich 1275 ereignete Aumlhnlich stellte sich die Situation in
Frankreich dar In der Champagne in Troyes wurden beispielsweise 13 Juden im Jahre 1288 wegen
Mordvorwuumlrfen hingerichtet[37]
1290 kam es in Paris zu einem Hostienschaumlndungsprozess der mit dem
Tod des Angeklagten endete[38]
Dieser angespannte religioumlse Diskurs wirkte sich auch auf den
Herrschaftsbereich aus Edward I soll als junger Mann tief beeindruckt von der Ritualmordaffaumlre um Hugh
von Lincoln im Jahre 1255 gewesen sein in deren Zusammenhang 19 Juden hingerichtet worden waren[39]
Daneben konnten sich die Herrscher nicht dem vorherrschenden Wucherdiskurs entziehen der sie als
Mitschuldige am suumlndhaften Wucher markierte da sie einen Nutzen aus dem juumldischen Wuchergeschaumlft
zogen Gerade Philipp IV der eine machtbewusste Politik auch gegenuumlber dem Papst verfolgte hatte sich
auch an seinem Groszligvater Ludwig IX und dessen bdquovorbildhafterldquo Politik in Bezug auf den Umgang mit den
Juden und dem Wucher zu messen Im wirtschaftlichen Zusammenleben aumlnderten sich ebenfalls die
Praumlmissen fuumlr den Umgang von Juden und Christen Das sbquoStatutum de Judeismorsquo markiert einen
Wendepunkt im Wirtschaftsleben Englands Es ist unklar in wie weit sich die Juden in von christlichen
bdquoMonopolenldquo dominierten Berufen etablieren konnten[40]
Mit der schwierigen wirtschaftlichen Situation der
Juden die durch das sbquoStatutum de Judeismorsquo geschaffen wurde kann moumlglicherweise der
Muumlnzbeschneidungsskandal von 1279 erklaumlrt werden in dem 267 Juden und einige Christen verurteilt und
hingerichtet wurden[41]
Daneben fuumlhrten sie will man dem Vertreibungsedikt Edwards I Glauben schenken
ihre Geldleihgeschaumlfte mit Zinsnahme im Verborgenen weiter Die Klagen der Barone und des Klerus die in
einigen Chroniken erwaumlhnt werden koumlnnten sich auf diese illegalen Taumltigkeiten beziehen Offensichtlich ist
es das Hauptargument Edwards in seinem Vertreibungsedikt Es ist deutlich geworden dass nicht nur einer
dieser Aspekte ausschlaggebend fuumlr die Ausweisungen der Juden war Vielmehr spielten viele Faktoren
zusammen in mehreren Kulturbereichen war das Miteinander gestoumlrt was schlieszliglich zur Vertreibung der
Juden fuumlhrte Zudem zeigte sich auch wie eng kaum von einander trennbar sich die Kulturbereiche -in
diesem Fall Recht Wirtschaft Herrschaft und Religion- darstellen
Die Vertreibung der Juden in den hebraumlischer Quellen
England
Die Vielschichtigkeit der Uumlberlieferung zur Vertreibung der Juden aus England lieszlige zunaumlchst eine ebenso
reiche Tradition in den hebraumlischen Quellen erwarten Allerdings ist das Gegenteil der Fall Die bekannte
Uumlberlieferung kennt keinen zeitgenoumlssischen hebraumlischen Eintrag zur Vertreibung der Juden weder in
einer hebraumlischen Chronik noch in direkten hebraumlischen verfaszligten Selbstzeugnissen englischer Juden
Dennoch sind aus dem weiteren Umfeld genauer gesagt aus Deutschland und Suumldfrankreich zeitnahe
Reaktionen auf die Geschehnisse in England uumlberliefert die zumindest einige Hinweise zur Einschaumltzung
der Ereignisse und ihrer Ursachen im innerjuumldischen Kontext liefern koumlnnen Zunaumlchst ist aus einem
Responsum des Meir ben Baruch von Rothenburg (gest 1293) eine diesbezuumlgliche Aumluszligerung uumlberliefert
Dort heiszligt es
bdquoWas die Muumlnzbeschneider betrifft so hacke ihnen wegen ihrer Vergehen die Hand ab
Wieviel Blut wurde wegen der Muumlnzenbeschneider vergossen Sie waren es die unsere Bruumlder
die Bewohner von Frankreich und der Insel (=England) ins Verderben stuumlrztenldquo[42]
Allerdings bleibt eine Datierung dieses Ausspruches schwierig Meir hat zur Zeit der Ausweisung der
Juden aus England noch gelebt Die Form der Uumlberlieferung gibt allerdings keinen Hinweis der
darauf schlieszligen laumlszligt daszlig das Responsum zur Zeit verfaszligt wurde als sich Meir nach 1286 bis zu
seinem Tode bereits in Gefangenschaft aufhielt Letzteres haumltte zumindest wahrscheinlich werden
lassen daszlig Meir sich auf die Ausweisung der Juden bezog So kann der Ausdruck bdquoins Verderben
stuumlrzenldquo auch lediglich den eigentlichen Prozeszlig zum Muumlnzenbeschneidungsvorwurf 1279 und die
Folgen ndash die Hinrichtung von etwas weniger als 300 Juden[43]
Allerdings weist die Aumluszligerung Meirs die
Muumlnzbeschneider haumltten das Elend der Juden in Frankreich und England heraufbeschworen
wiederum in eine andere Richtung Der groszlige Prozeszlig fand in England nicht in Frankreich statt Erste
Vertreibungen von Juden ereigneten sich jedoch zunaumlchst auf dem franzoumlsischen Festland
(Gasgogne 1287)[44]
nicht in England Es spricht somit vieles dafuumlr daszlig Meir gerade auf jene
Vertreibung anzuspielen scheint und in diesem Zusammenhang den Muumlnzbeschneidungsvorwurf als
Ausloumlser fuumlr die Verfolgungen der Juden in England und Frankreich ansah Die Vertreibung der Juden
im Jahre 1306 aus den direkt den franzoumlsischen Koumlnig unterstellten Territorien konnte Meir nicht
gemeint haben Zu dieser Zeit war Meir ben Baruch schon zehn Jahre nicht mehr am Leben
Ein in den Quellen eindeutiger zu fassender Hinweis zur innerjuumldischen Einschaumltzung der Ereignisse
ist uns im Rahmen eines Vorfalls innerhalb einer suumldfranzoumlsisch-provenccedilalischen Gemeinde
uumlberliefert In der Stadt Manosque hatten nach 1290 innerhalb der juumldischen Gemeinde vertriebene
Juden aus England Aufnahme gefunden Allerdings blieben die englischen Juden als eigene Gruppe
auch waumlhrend der naumlchsten 50 Jahre wahrnehmbar was sich offenbar auch in innerjuumldischen
bdquolandsmannschaftlichenldquo Spannungen niederschlug So kam es im Jahre 1338 zwischen dem
einheimischen Juden Aronetus und dem zugezogenen Juden Creysonus von Chartres zu heftigen
Auseinandersetzungen bei denen Aronetus dem Chreysonus zurief bdquoIhr anderen wart die Englaumlnder
die ihr Land verlassen mussten weil ihr die Muumlnzen beschnitten habtldquo[45]
Selbstredend wollte der
ehemalige Fluumlchtling diese Behauptung nicht auf sich sitzen lassen und strebte den Prozeszlig an
Allerdings macht diese Auseinandersetzung auch klar daszlig die Verquickung des
Muumlnzbeschneidungsprozesses mit der Tatsache der Vertreibung in innerjuumldischen Kontext keine
unuumlbliche Argumentation gewesen sein wird
Hatte sich bereits im 14 Jahrhundert dieses Erklaumlrungsmuster als Begruumlndung der Vertreibung im
innerjuumldischen Gedaumlchtnis durchgesetzt Zumindest sollte diese Begruumlndung auch in den
hebraumlischen Chroniken des fruumlhen 16 Jahrhunderts eine entscheidende Rolle einnehmen Folgende
Darstellungen sind durch sephardische Chronisten des 16 Jahrhunderts bekannt Im Shevet
Yehudah[46]
des Shlomo Ibn Verga[47]
(Erstdruck 1550) einer hebraumlischen Chronik die die juumldische
Geschichte als eine Kette von Leiden klassifiziert werden die Ereignisse in England in folgenden
Erzaumlhlrahmen eingeordnet Nach kurzer Einfuumlhrung in die englischen Verhaumlltnisse wird eine
geforderte Bekehrung zum Christentum erwaumlhnt die aus den Quellen des 13 Jahrhunderts nicht
verifiziert werden kann Nach der Zuruumlckweisung dieses Bekehrungsversuchs wird den Juden
vorgeworfen daszlig sie Muumlnzen beschnitten haumltten Dieser wirtschaftliche Betrug fuumlhrte schlieszliglich
durch den Einfluszlig der Dominikaner zur Ausweisung der Juden[48]
Zwei Abschnitte spaumlter wird von
einer Bekehrung zum Judentum eines englischen Dominikaners berichtet was zweifellos die
Geschichte des im 13 Jahrhundert zum Judentum uumlbergetretenen Robert Reading wiedergibt Dem
Chronisten erscheint diese Episode Anlaszlig genug eine Reihe von Anfeindungen auch von Seiten der
Koumlnigin anzufuumlhren die in ihrer Summe schlieszliglich zur Vertreibung der Juden aus dem englischen
Koumlnigreich fuumlhrten[49]
In der Chronik des Yosef ha-Kohen[50]
Emeq ha-Bachah[51]
aus dem Jahre
1558 finden wir dasselbe Material in veraumlnderter Weise angeordnet Ein Vertreter des Predigerordens
verliebt sich in ein juumldisches Maumldchen tritt zum Judentum uumlber und heiratet es Die Dominikaner
beschuldigen vor dem Koumlnig daraufhin die Juden die Muumlnzen zu beschneiden um die Schande des
Glaubensabfalls ihres ehemaligen Mitbruders abzuwenden[52]
Auch in anderen Werken juumldischer
Chronistik aus dem 16 Jahrhundert findet die Episode des zum Judentum konvertierenden
Dominikaners Erwaumlhnung[53]
Obwohl die Chroniken des 16 Jahrhunderts als Belege fuumlr das Geschehen des 13 Jahrhunderts
nicht herangezogen werden koumlnnen so repraumlsentieren sie dennoch eine Tendenz der innerjuumldischen
Wahrnehmung die sich bereits im 13 wie im 14 Jahrhundert ankuumlndigte Hatte noch die christlicher
Uumlberlieferungstradition als Grund fuumlr die Vertreibungen vor allem die theologische Komponente der
Auseinandersetzung betont aber auch die Intervention anderer Herrschaftstraumlger angefuumlhrt so
bildete sich unter den Juden ein voumlllig anderes Erklaumlrungsmuster heraus In den juumldischen
Traditionsstraumlngen wurden die theologische Argumentation nicht rezipiert Dies gilt vor allem fuumlr das
groszlige Feld des Wuchervorwurfs der im Ausweisungsedikt 1290 zum Hauptargument werden sollte
Innerhalb der hebraumlischen Uumlberlieferung muszligten die Ursachen der Vertreibung konkreter fassbar
gemacht werden Zwei Narrative boten sich an die der juumldischen Traditionsbildung schluumlssig
erschienen Hierzu gehoumlrt der historisch gesicherte Prozeszlig zum Muumlnzbeschneidungsvorwurf der in
zeitnahen Dokumenten als gerechtfertigt[54]
in den Traditionen des 16 Jahrhunderts als Verleumdung
angesehen wurde[55]
Demgegenuumlber scheint dieser Prozess fuumlr die Begruumlndung der Ausweisung von
Seiten der christlichen Herrschaftstraumlger keine explizite Rolle gespielt zu haben Die Einbeziehung der
Geschehnisse um den zum Judentum konvertierten Dominikaner nehmen vor allem in den spaumlten
juumldischen Traditionen einen groszligen Stellenwert ein ohne daszlig sie innerhalb des christlichen Kontextes
fuumlr die Begruumlndung der Vertreibung irgend eine Rolle gespielt haumltten So bleiben Christen wie Juden
sich nur in der Tatsache einig dass Ihr Verhaumlltnis zueinander immer groumlszligeren Erschuumltterungen
unterworfen war Die Ursachen dieser Zerwuumlrfnisse konnten dabei durchaus unterschiedlichen
Kontexten zugeordnet werden
Frankreich[56]
Auch die Vertreibung der franzoumlsischen Juden hat in der hebraumlischen Uumlberlieferung nur wenig Spuren
hinterlassen Kein Text ist bekannt der sich ausschlieszliglich auf die Ereignisse der Vertreibung
beziehen wuumlrde Wie im englischen Fall zeugen nur verstreute Bemerkungen im Werk einzelner
juumldischer Gelehrter uumlber eine Resonanz innerhalb der juumldischen Gemeinschaft Eines dieser
Zeugnisse ist aus der Hand des Abba Mari ben Moshe von Lunel uumlberliefert einem Gelehrten der um
1300 vor allem in den polemischen Auseinandersetzungen um die Rezeption des Schriften des
Maimonides und der Frage nach dem Stellenwert philosophischer Studien in Erscheinung getreten
war[57]
In einem Brief[58]
schreibt er
Im Jahre 5066 (1306) der Zaumlhlung dies ist das Jahr welches die Suumlnde hervorgebracht hat[59]
verbreitete sich die Verfolgung (Gezerah) des Koumlnigs von Frankreich (Tzarfat) uumlber alle Juden in
allen Landen seines Koumlnigreiches aus sie aus ihren Haumlusern zu holen und ihnen all ihren Besitz
abzunehmen Alle sollten an einem bestimmten Tag festgesetzt werden jung und alt Frauen und
Kinder und diese sollte am Freitag am zehnten des Monats Aw (22 Juli 1306) geschehen und
man vertrieb sie aus dem Land Die Juden die in der Stadt Montpellier lebten wurden im Jahre
5067 im Monat Marcheshwan vertrieben (10 Okt-7 Nov 1306) Einige von ihnen begaben sich in
die Stadt Perpignan da sie sich des Sieges des Koumlnigs von Mallorca sicher waren dass er ihnen
aus der Hand des Koumlnigs den Aufenthalt und die Versorgung gewaumlhren wuumlrde Wieder andere
zogen weiter in die Provence hellip Und ich nachdem ich mich in die Provence ins Exil begeben
hatte in die Stadt Arles fuhr von dort fort und begab mich von dort in ein zweites Exil in die Stadt
Perpignan Ich kam dort an am ersten des Monats Shwat dem vierten Monat unseres Exils (5 Jan
1307)[60]
Abba Mari beschreibt als Zeitzeuge den politischen Kontext der Vertreibung der Juden im
Suumlden des franzoumlsischen Koumlnigreiches Die Beschreibung bleibt an sein eigenes Schicksal
gebunden Die Ausweisung der Juden umfasst auch das Languedoc das ebenfalls Teil des
direkten Herrschaftsbereichs des franzoumlsischen Koumlnigs Philipp des Schoumlnen geworden war Die
Vertriebenen wandten sich nun benachbarten nichtfranzoumlsischen Herrschaften zu der
Provence die zur Zeit der Vertreibung noch ein Teil des roumlmisch-deutschen Reiches war sowie
den Besitzungen des Koumlnigs von Mallorca zu denen Perpignan und teilweise auch Montpellier
zaumlhlten[61]
Zunaumlchst hatte der Koumlnig von Mallorca die Vertreibung der Juden aus Montpellier in
Opposition zum franzoumlsischen Koumlnig abgelehnt[62]
Die Juden hofften wie Abba Mari betont
dass dieser Widerstand von Dauer sein koumlnnte wurden jedoch enttaumluscht Im Februar 1309
willigte nach langen Verhandlungen auch der mallorquinische Koumlnig ein der Vertreibung der
Juden zuzustimmen[63]
In Territorien in denen er uneingeschraumlnkt seine Herrschaft ausuumlben
konnte wie etwa in Perpignan war den Juden der Aufenthalt weiterhin erlaubt so dass dorthin
wie in die Provence die Juden der Stadt Montpellier weiterzogen Abba Mari beschreibt die
lokalen politischen Zusammenhaumlnge der Vertreibungen der am Mittelmeer gelegenen
Territorien Er hebt dabei den Einfluss des franzoumlsischen Koumlnigs auf Herrschaftstraumlger
auszligerhalb seines Koumlnigreiches hervor nennt jedoch keinen Grund der das Verhalten des
franzoumlsischen Koumlnigs erklaumlrt haumltte Warum die franzoumlsischen Juden ihr Stammland verlassen
mussten wird nicht diskutiert
Ein weiterer Autor des fruumlhen 14 Jahrhunderts Eshtori ha-Parchi[64]
beschreibt in seinem Werk
Kaftor wa-Ferach kurz seine am eigenen Leib erfahrene Vertreibung der Juden aus dem
Suumlden des franzoumlsischen Koumlnigreichs
bdquoAuch erinnere ich mich an das Datum der Zerstoumlrung des kleinen Heiligtums naumlmlich die
Zerstoumlrung der Lehrhaumluser und Synagogen in Tzarfat (Nordfrankreich) und teilweise auch in der
Prowentzah (Suumldfrankreich hier Languedoc)[65]
Ich floh vom Schlachtfeld hellip im Jahre 5066 und
zwar am 10 Aw (22 Juli 1306)ldquo[66]
Eshtori ha-Parchi der sich schlieszliglich im Jahre 1313 im Lande Israel niederliess nennt
keine Begruumlndung der Ereignisse Die Bezeichnung der Vertreibung als Zerstoumlrung des
kleinen Heiligtums macht dem Leser deutlich welche Bedeutung den franzoumlsischen
Gelehrtenzentren vom Autor zugesprochen wurde die in dieser Ruumlckschau als
unwiederbringlich verloren betrachtet werden Eine weitere zeitnahe Notiz zur Vertreibung
der franzoumlsischen Juden laumlsst sich im Tora-Kommentar des Gelehrten R Lewi ben
Gershom (Ralbag) (1288-1344) finden Der Gelehrte der unter seinen nichtjuumldischen
Zeitgenossen auch unter der Bezeichnung Maestre Leo de Bagnol oder auch Magister
Leo Hebraeus bekannt war[67]
schreibt zum Wochenabschnitt Bechukotei (Lev 26 3 -
27 34)
Und wenn es in der Schrift heiszligt sbquoIhr geht unter den Voumllkern zugrunde und das Land euerer
Feinde friszligt euch aufrsquo (Lev 26 38) bezog sich dies auf die groszligen Noumlte unseres Volkes in denen
viele umgekommen sind eingeschlossen das Hinschlachten einiger in den heiligen Gemeinden
und die Vertreibung der Juden aus dem Lande Zarfat Doppelt so viele starben an Hunger und
Pestilenz als beim Auszug aus Aumlgypten[68]
Interessanterweise erwaumlhnt Levi ben Gershom als erster Autor Todesopfer die
innerhalb der juumldischen Gemeinschaft als Folge der Vertreibung zu beklagen waren
Fast ein Jahrhundert spaumlter wohl in der ersten Haumllfte des 15 Jahrhunderts
beschreibt der in Spanien wohl in Tortosa lebende Mattityahu haYizhari ein
Nachkomme einer aus Suumldfrankreich stammenden Familie[69]
die Vertreibung der
Juden mit folgenden Worten
Es sprach Mattityahu Sohn des Moshe Sohn des Weisen Mattiyahu ha-Yizhari sein Andenken
sei zu Segen Viele Noumlte haben uns ereilt seit wir aus dem verheiszligenen Land vertrieben wurden
hellip tausende und zehntausende Juden hatten sich in Frankreich niedergelassen hellip und meine
Vorfahren siedelten in der Stadt Narbonne einer groszligen Stadt Gottes bis Verfehlungen zur
Vertreibung fuumlhrten Einige starben als Maumlrtyrer andere wurde uumlber die ganze Erde zerstreut und
das ganze Land Zarfat lag entbloumlszligt da [70]
Auch bei Levi ben Gershom steht die Zerstoumlrung der groszligen juumldischen Zentren
im Vordergrund Ein Grund fuumlr deren Untergang wird nicht eroumlrtert Ein
aumlhnliches Bild findet sich bei einem weiteren juumldischen Gelehrten aus dem
Beginn des 14 Jahrhunderts In seinem um das Jahr 1321 abgeschlossenen
Werk Even Bochan bemerkt der in Arles geborene juumldische Philosoph
Kalonymos ben Kalonymos (geb 1286)[71]
Als der Herrscher von der Stimmung erfasst wurde mein Volk ins Exil zu fuumlhren vor siebzehn
Jahren uumlberwand er sie in seinem Grimm und vertrieb sie mit starker Hand aus seinem Land
uumlberfuumlhrte sie in Staumldte nackt und mittellos die in ihren Palaumlsten viele Schaumltze von Gold besaszligen
um die Altehrwuumlrdigen ihrer Generation und ihre Prinzen zu vernichten und auszuloumlschen[72]
Die Erwaumlhnung der Enteignung der Juden durch die franzoumlsische Krone
verweist auf den tatsaumlchlichen Verlauf der Ausweisung und auf ihre
fiskalischen Motive[73]
Die auch vom Autor betonten finanziellen
Interessen des Herrschers werden jedoch nicht diskutiert Uumlberhaupt
bleiben die wenigen weiteren zeitgenoumlssischen Bemerkungen zur
Vertreibung sehr skizzenhaft und auch eng mit der Biographie ihrer
Verfasser verknuumlpft So schreibt R Menachem ha-Meiri (Vidal Salamon
Mayr) (geb 1249) der wenige Jahre nach der Vertreibung verstarb[74]
in
seiner Einleitung zur Auslegung des Traktates Avot
als Gott mich vom meinem Vaterhaus fortbrachte machte er meine Soumlhne zu Fluumlchtlingen und
meine Toumlchter fuumlhrte er in Gefangenschaft[75]
Die letzten bekannten Bemerkungen zur Vertreibung aus der
Generation der Zeitzeugen stammen aus der Feder des Dichters
und Philosophen Jedajah ben Abraham haPenini[76]
der in den
Staumldten Beacuteziers Montpellier und Perpignan lebte und um 1325
verstarb In einem Brief an den katalanischen Gelehrten Schlomo
Ibn Adret betonte der Autor wie sehr doch die Juden der Provence
ihre Tuumlren weit fuumlr die Exilierten geoumlffnet haumltten und viel dazu
beigetragen haumltten die Fluumlchtlinge aufzunehmen[77]
Auch in einem
Gedicht schloss der Autor Anspielungen zur Vertreibung der
franzoumlsischen Juden mit ein[78]
Hebraumlische Zeugnisse zur Vertreibung aus dem Norden des
franzoumlsischen Herrschaftsgebietes konnten bisher nicht
nachgewiesen werden Die hier aufgefuumlhrten hebraumlischen Quellen
zur Vertreibung der Juden aus den Herrschaftsgebieten des
franzoumlsischen Koumlnigs stammen ausschlieszliglich von Personen die
durch die Zerstoumlrung der juumldischen Zentren im suumldlichen Frankreich
betroffen waren Diese Uumlberlieferungen wurden schlieszliglich von der
hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts aufgenommen und in
ihre als Zyklen von Leiden und Verfolgung gestalteten Werken
eingearbeitet Itzchaq Abarbanel (gest vor 1550) scheint dabei der
entscheidende Protagonist bei der Schoumlpfung eines die Vertreibung
von 1306 beschreibenden juumldischen Narratives gewesen zu sein
auch wenn er sich nach seinen eigenen Angaben lediglich auf
Itzchak Profiat Duran genannt Efodi einen juumldisch-katalanischen
Autor des spaumlten 14 Jahrhunderts bezog So schreibt Abarbanel
bdquoIm Jahre 5066 (1306) der Zaumlhlung war die Vertreibung aus Frankreich Koumlnig Philipp war ein
grausamer und verfluchter Feind der alle Juden aus seinem Koumlnigreich vertrieb all ihren Besitz
enteignete und sie mittellos des Landes verwies Es gab dort viele groszlige Gemeinden doppelt so
viele (Juden) wie aus Aumlgypten auszogen hellip Und es war eine Zeit der groszligen Not fuumlr Israel hellip es
war im Monat Aw (13 Juli 1306-11 August 1306) und es war eine allumfassende Vertreibung hellipall
dies findet sich in der Schrift bdquoSichron ha-Shmadotldquo die von allen Zerstoumlrung berichtet die sich seit
der Zerstoumlrung des Tempels in Israel ereignet haben aufgeschrieben und redigiert von Efodildquo[79]
Der Autor weiszlig zu berichten unter welchem Koumlnig und in welchem Monat und Jahr die Vertreibung
stattfand Auf die Mittellosigkeit der juumldischen Fluumlchtlinge wird explizit hingewiesen die auf die
Auspluumlnderung durch den Koumlnig zuruumlckgefuumlhrt wird Auch eine Vorstellung von der Zahl der Exilierten
spiegelt sich im Text wider
Shlomo Ibn Verga uumlbernimmt den Text fast woumlrtlich fuumlr seine Chronik Shevet Yehudah und erweitert ihn
lediglich um die nicht belegbare Geschichte der Konversion der Gemeinde von Toulouse[80]
Ihm
folgen Samuel Usque[81]
und Yosef ha-Kohen[82]
So bieten die Erzaumlhltraditionen des 16
Jahrhunderts lediglich ein Geruumlst von Fakten die den Handlungsablauf der Vertreibung mit wenigen
Worten beschreiben Eine Begruumlndung der Vertreibung wird nicht genannt So entspricht die
Erzaumlhlarmut des Textes zur Vertreibung aus Frankreich innerhalb der hebraumlischen Chronistik des
16 Jahrhunderts der allgemeinen Quellenarmut der hebraumlischen Uumlberlieferungstradition zu diesem
Ereignis
Beziehung der Juden zum Herrscher
Anhand der Untersuchung von herrschaftlichen Bindungen der Juden soll im Folgenden verdeutlicht
werden wie sich ein ehemals funktionierendes Miteinander zu einem Zerbrechen eben dieses
Miteinanders mit dem Resultat der Vertreibung veraumlnderte Dazu werden die Herrschaftsstrukturen
mit ihren Veraumlnderungen zwischen dem Koumlnig beziehungsweise anderen christlichen
Herrschaftstraumlgern und den Juden in England und Frankreich analysiert In England siedelten sich
im Zuge der normannischen Eroberungen nach 1066 die ersten aus Frankreich stammenden Juden
an[83]
Seit dieser Zeit wurden sie in Dokumenten haumlufig als bdquoJuden des Koumlnigsldquo[84]
bezeichnet
Diesen exklusiven Anspruch konnte der Koumlnig bis zur Vertreibung durchsetzen auch wenn es
vereinzelt andere Herrschaftstraumlger gab die Macht uumlber Juden erlangten[85]
Die Juden waren dem
Koumlnig direkt unterstellt sie mussten ihm jede Geldforderung erfuumlllen im Gegenzug durften sie nach
ihrem Gesetz leben und ihren Wohnsitz frei waumlhlen[86]
Ein Privileg Richards I von 1190 erwaumlhnt
auszligerdem unter anderem das Recht der Juden auf Landbesitz und zollfreien Handel mit Wein[87]
Belastend fuumlr das Leben der Juden von England war das hohe Maszlig an Verwaltung das die
englischen Koumlnige geschaffen hatten um die Steuern effizient eintreiben zu koumlnnen Anlaumlsslich der
Kroumlnung Richards I im Jahre 1189 war es ausgehend von London zu Massakern an Juden in ganz
England gekommen Da die koumlnigliche Verwaltung nicht nachvollziehen konnte welche
Schuldscheine durch die Verfolgung vernichtet worden waren wurde als Reaktion 1194 ein
Archivsystem (archae) eingefuumlhrt das von nun an alle Geldgeschaumlfte sowie alle Juden mit ihrer
Finanzkraft verzeichnete[88]
Unter Heinrich III (1216-1272) aumlnderte sich der rechtliche Status der
Juden Im Jahr 1253 erlieszlig der Koumlnig ein Mandat das den Juden unter anderem verbot neue
Synagogen zu errichten christliche Bedienstete oder sexuelle Kontakte mit Christen zu haben und
Kirchen zu betreten Wichtigster Punkt war jedoch dass Juden nun ihren Wohnort nicht mehr frei
waumlhlen sondern nur noch dort leben durften wo bereits Juden ansaumlssig waren[89]
Viele der hier
formulierten Mandate waren im IV Laterankonzil von 1215 als verbindliche Verbote fuumlr die Juden in
der christlichen Welt festgelegt worden und fanden nun ihre Umsetzung Daneben stieg die
Besteuerung seit den 1240er Jahren stetig an wodurch die Finanzkraft der Juden bereits deutlich
geschwaumlcht wurde[90]
Im Falle Edwards I zeigte sich schlieszliglich dass die starke Bindung der Juden
an den Koumlnig die den Juden in fruumlheren Jahren zunaumlchst Unabhaumlngigkeit und Wohlstand gebracht
hatte nun ihren Ruin und schlieszliglich ihre Vertreibung bewirkte Der Koumlnig hatte bei Maszlignahmen die
die Juden betrafen kaum Widerspruch zu befuumlrchten zu eindeutig definiert war seine Machstellung
den Juden gegenuumlber In Frankreich unterstanden die Juden dem Herrn ihres jeweiligen Gebiets
der Koumlnig von Frankreich herrschte also nur in der Krondomaumlne uumlber die Juden des Koumlnigreiches[91]
Die Juden waren an ihr angestammtes Territorium gebunden und durften dieses nur mit der
Erlaubnis ihres Landesherrn verlassen Dieses Prinzip reicht bis in die Zeit von Philipp II August
(1180-1223) zuruumlck und wurde seit der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne 1198 in
verschiedenen Vereinbarungen mit anderen franzoumlsischen Territorialherren vertraglich fixiert[92]
Schon bei der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne kam es zu Irritationen da Philipp II
die 1182 vertriebenen Juden nach wie vor als bdquoseine Judenldquo ansah diese Auffassung aber
beispielsweise von Graf Theobald III von Campagne nicht geteilt wurde Er fuumlrchtete Steuerausfaumllle
und war der Meinung dass Juden die sich 1182 in der Champagne niedergelassen hatten nicht
mehr die Juden des Koumlnigs seien[93]
Auch andere Landesherren weigerten sich dem Wegzug ihrer
Juden in die Krondomaumlne zuzustimmen[94]
Auch erste Schritte eines buumlrokratischen Umgangs mit
den Geldgeschaumlften der Juden waren 1198 durch Philipp II August vorgenommen worden
moumlglicherweise beeinflusst durch die archae die in England 1194 unter Koumlnig Richard I eingerichtet
worden waren um die Geldgeschaumlfte und die Finanzkraft der Juden zu dokumentieren In jedem Ort
der Krondomaumlne gab es spezielle Beamte die die Kreditvertraumlge der Juden siegelten und so
kontrollierten wem die Juden welche Betraumlge an Geld liehen[95]
Auch den Juden konnte dieses
Verfahren als Sicherheit fuumlr ihre Geschaumlfte dienen Unter Ludwig VIII (1223-1226) kam es zum
ersten Eingriff in die Geldgeschaumlfte der Juden im franzoumlsischen Gebiet 1223 erlieszlig der Koumlnig
zusammen mit diversen Landesherren ein Statut in dem festgelegt wurde dass die Ruumlckzahlung
aller Schulden bei Juden an insgesamt neun Terminen an die koumlnigliche beziehungsweise
landesherrliche Schatzkammer erfolgen sollte Die Praxis des Siegelns von Urkunden uumlber
Darlehensvergaben wurde abgeschafft Erneut wurde festgehalten dass keiner der Herrscher Juden
eines anderen Herrschers bei sich aufnehmen duumlrfe wobei es bei diesem Punkt wieder zu
Unstimmigkeiten mit dem Grafen der Champagne kam der die Erklaumlrung nicht unterschrieb[96]
Bereits die ersten Jahre der Regierungszeit Ludwigs IX (1226-1270) brachten fuumlr die Juden weitere
Beschwerlichkeiten und erste direkte Aktionen gegen den Wucher Im Jahr 1227 kam es zu einer
erneuten Aneignung der ausstehenden Schulden bei Juden 1228 erging ein Mandat in dem Ludwig
IX befahl bei kuumlnftigen Geldgeschaumlften auf Zinsen zu verzichten Auszligerdem erklaumlrte der Koumlnig bei
Geldgeschaumlften die seit der Schuldentilgung ein Jahr zuvor geschlossen wurden alle Zinsen fuumlr
unguumlltig[97]
Auch die generelle Rechtsstellung der Juden wurde schon fruumlh in der Regierungszeit
Ludwigs IX definiert wobei es bei der alten Regelung blieb Im Statut von Melun hielten der Koumlnig
und die Landesherren daran fest dass die Juden tamquam proprii servi an das jeweilige Territorium
gebunden waren Christliche Schuldner wurden dazu aufgerufen ihre Schulden bei Juden zu
bezahlen nicht aber die Zinsen[98]
Die 1240er Jahre waren in Frankreich gepraumlgt vom Pariser
Talmudprozess in dem der Talmud als ketzerische Schrift verurteilt und danach oumlffentlich verbrannt
wurde[99]
Dies fuumlhrte unter anderem zu einer verstaumlrkten Auswanderung juumldischer Eliten aus
Nordfrankreich[100]
Insgesamt aumlnderte sich der rechtliche Status unter Ludwig IX nicht aber fruumlher
als die Herrscher in England nahm Ludwig IX der 1290 heilig gesprochen wurde den Kampf gegen
den Wucher auf Einige Aktionen Koumlnig Philipps IV (1285-1314) waumlhrend seiner ersten
Regierungsjahre in Bezug auf die Juden muumlssen vor dem Hintergrund der Vertreibungen gesehen
werden die sich in Regionen auszligerhalb der Krondomaumlne ereigneten so beispielsweise die
Ausweisung der juumldischen Fluumlchtlinge durch Philipp IV im Jahre 1291[101]
Daneben ist eine
konsequente Linie den Juden gegenuumlber nicht zu erkennen 1285 erneuerte er beispielsweise ein
Privileg zum Schutz von Synagogen und Friedhoumlfen zugleich bestaumltigte er die Pflicht der Juden ein
spezielles Abzeichen an ihrer Kleidung zu tragen[102]
Beides sind Zeichen dafuumlr dass der Koumlnig zu
dieser Zeit nicht daran dachte die Juden auszuweisen sondern das Leben der Juden rechtlich zu
definieren Vorrangiges Ziel Philipps IV war es zunaumlchst seine Oberherrschaft uumlber die Juden im
Suumlden zu sichern wo diese nicht von allen Baronen anerkannt wurde Die Herrschaft in der
Champagne hatte er sich durch Heirat bereits gesichert Dort in Troyes kam es 1288 zu einer
Mordanklage in deren Folge 13 Juden hingerichtet wurden wobei der Koumlnig ihre Besitztuumlmer
einzog[103]
Groumlszligeren Einfluss auf den Koumlnig scheint die Hostienschaumlndungbeschuldigung 1290 in
Paris gehabt zu haben Philipp IV warnte die Juden vor weiteren Hostienschaumlndungen und
spendete ein Haus neben der Kirche die zum Gedenken an den Fall errichtet worden war[104]
Wie
sein Groszligvater Ludwig IX setzte Philipp IV den Kampf gegen den Wucher fort verbot ihn 1299 und
1303 daneben wurde auch das Verbot des Neubaus von Synagogen sowie des Talmuds bei diesen
Gelegenheiten erneuert[105]
In einer konzentrierten und laumlnger vorbereiteten Aktion lieszlig Philipp IV
dann die Juden (oder jedenfalls die Familienvorstaumlnde) vermutlich am 22 Juli 1306 festsetzen Dies
diente dazu eine genaue Aufstellung der Judenguumlter vorzunehmen und um sich die ausstehenden
Schuldscheine zu sichern Gleichzeitig bedeutete es das Ende der juumldischen Siedlung in Frankreich
bis zu ihrer Wiederzulassung unter Ludwig X im Jahr 1315
Sowohl bei der Vertreibung aus England als auch der aus Frankreich zeigt sich die Gefahr die die
Abhaumlngigkeit der Juden vom Herrscher barg Vor allem in England hatte die privilegierte Position fuumlr
Wohlstand und ein groszliges Maszlig an innerer Autonomie etwa in der Rechtssprechnung oder in bezug
auf die Freizuumlgigkeit gesorgt[106]
Sie schuumltzte die Juden jedoch nicht immer vor Gealtakten wie den
seit der Mitte des 12 Jahrhunderts immer wieder vorkommenden Ritualmordvorwuumlrfen In
Frankreich verschlechterten sich ihre Lebensumstaumlnde mit der Ausbreitung der Krondomaumlne War
es 1182 noch ein geringes Problem fuumlr die Juden eine neue Heimat zu finden und von anderen
franzoumlsischen Landesherren wohlwollend aufgenommen zu werden war dies 1306 nicht mehr
moumlglich Die Herrscher nahmen die theologischen Diskurse uumlber den Wucher oder den Talmud auf
und wurden des weiteren beeinflusst durch antijuumldische Blut- und Hostienschaumlndungsvorwuumlrfe
Auch wirtschaftliche Uumlberlegungen haben eine Rolle gespielt ebenso mag es eine Dynamik
gegeben haben angestoszligen durch die weiteren Vertreibungen in dieser Umbruchszeit in der sich
jeder Herrscher damit profilieren wollte und konnte die Juden zu vertreiben
Die allgemeine Verurteilung des Wuchers
Obwohl gerade in der hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts verstaumlrkt die finanziellen Interessen vor
allem des franzoumlsischen Koumlnigs als Motiv der Vertreibung hervorgehoben wurde folgte die zeitnahe
Argumentation einer innerjuumldischen Perspektive anderen Erklaumlrungsmustern So gilt es zumindest
im Falle der Vertreibung aus England festzuhalten dass sich unter den Juden die Vorstellung
verbreitete das Fehlverhalten einzelner Juden haumltte die Ausweisung von 1290 wie auch andere
Vertreibungen mit verursacht Doch laumlsst sich im Wuchervorwurf gegenuumlber den Juden - dem
durchgaumlngigen Argument der Vertreibungen im 13 Jahrhundert - nicht etwa eine vordergruumlndige
falsche Praxis des Geldverleihs als ausloumlsendes Moment vermuten wie dies gelegentlich auch von
christlicher Seite von den Zeitgenossen vertreten wurde[107]
Vielmehr begann sich seit dem 12
Jahrhundert unter christlichen Gelehrten und weltlichen Herrschern ein theologisches Verstaumlndnis
bezuumlglich des Wuchers durchzusetzen das der wirtschaftlichen Taumltigkeit der Geldleihe auch in den
Haumlnden der Juden keine geduldeten Nische zuzuweisen bereit war[108]
Wucher wurde nun nicht
mehr als Suumlnde gegen den Naumlchsten aus mangelndem Mitgefuumlhl betrachtet und als turpe lucrum
(schaumlndlicher Profit) definiert sondern als Suumlnde gegen die iustitia[109]
Gemaumlszlig dieser Vorstellung
waren alle Wuchergewinne Diebesgut und muszligten zuruumlckgegeben werden Viel schwerer wog die
Feststellung daszlig sich die nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger durch ihre Besteuerung der Juden am
Wuchergewinn der Juden beteiligten und sich darum der gleichen Suumlnden schuldig machten[110]
Somit wurde auf demselben Wege der fuumlrstliche oder koumlnigliche Judenschutz die Legitimation
entzogen Die voumlllige Unterbindung des juumldischen Geldhandels schien darum fuumlr die meisten
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger der einzig richtige Weg wie dies bereits die im Namen Koumlnig
Ludwigs IX verkuumlndete ordenance von Melun 1230 forderte[111]
Als letzte Konsequenz blieb die
Ausweisung der Juden aus immer mehr Herrschaften des franzoumlsischen Koumlnigreiches und
schlieszliglich der Kronlande Das Zerbrechen des Miteinanders von Juden und Christen innerhalb des
franzoumlsischen Koumlnigreiches sowie die schrittweise Aufloumlsung bzw Zerschlagung des
jahrhundertealten juumldischen Siedlungsnetzes muszlig auf die juumldischen Gemeinschaften der
benachbarten Regionen so z B in den Rheinlanden verstoumlrend und beaumlngstigend gewirkt haben
Der dieser Vertreibung zugrundeliegende theologische Diskurs zu Geldhandel und Wucher und die
daraus resultierenden Folgen fuumlr die eigene juumldischen Existenz scheint jedoch nur einen geringen
Einfluszlig auf die Wahrnehmung ihrer eigenen Situation gehabt zu haben Im Zuge der Vertreibung der
franzoumlsischen Juden im Sommer und Herbst 1306 waren juumldische Fluumlchtlinge in die deutschen
Rheinlande gelangt[112]
Wohl wenige Monate spaumlter trafen in Worms die Delegierten des dortigen
Gemeindebezirkes die Vertreter der die Wormser Gemeinde und der sie umgebenden juumldischen
Niederlassungen auf einer Versammlung zusammen Auf diesem juumldischen Landtag sollte eine
Rechtssatzung eine Takkanah verabschiedet werden die die Praxis der juumldischen Geldleihe im
Einzugsgebiet der Gemeinde Worms sowie das Verhalten gegenuumlber hochverschuldeten Kunden
neu regelte[113]
In der Zusammenkunft der Haumlupter des Volkes im bdquoLand Wormsldquo im Jahr 67 des sechsten Jahrtausends
(10 Sept 1306 - 28 Augutst 1307) weil sich wegen unserer groszliger Verfehlungen die Noumlte der
Soumlhne unseres Volkes vermehrten durchforschten wir unsere Taten und fanden dass seit einiger
Zeit ein Schwert die Seele der Elenden und Reinen auffraszlig weil sie Vermoumlgen vermehrt hatten
durch Zins und Zinseszins von den Fuumlrsten der Nichtjuden Diese schuldeten ein Riesenvermoumlgen
den Familienvorstaumlnden Sie schmiedeten Raumlnke sich auf die Juden zu stuumlrzen und sie zu
uumlberfallen um sich von ihren Schulden zu befreien Wir haben beschlossen dass man keine
Erhoumlhung hinzufuumlgen darf und jedem Mann und jeder Frau nicht gestattet werden soll irgend einem
Nichtjuden einem einzelnen Schuldner mehr als 100 Pfund Hallisch zu leihen Und wenn der
Zeitpunkt der Schuldruumlckzahlung gekommen ist soll es nicht mehr gestattet sein die Zinsschuld der
Schuldsumme zuzuschlagen sondern man soll aus der Hand des Schuldners die ganze Schuld
einziehen Und wenn man nicht die ganze Schuld von ihm einziehen kann soll man sich nicht
hindern lassen wenigstens den Zins einzuziehen Nur soll man den Schuldner nicht mit List
uumlbervorteilen Und wenn es nicht gelingt irgend etwas einzuziehen dann soll man dies dem Rat
seiner Gemeinde mitteilen und nach deren Geheiszlig soll man handeln Was das Schuldgeschaumlft der
fuumlrstlichen Schuldner betrifft deren Schulden sich schon vermehrt haben und die niemand mehr
begleichen kann Die Glaumlubiger sollen sich huumlten sie mit hohen Zinsen zu belasten denn es sind
Komplotte zu befuumlrchten was Gott verhuumlten moumlge Schon einige Personen haben sich
zusammengeschlossen und dies gerade nicht bei den Fuumlrsten sondern bei den Klerikern und den
Buumlrgern [114]
Offenkundig standen den Delegierten die befuumlrchteten Konsequenzen der Geldleihe deutlich vor
Augen Wohl ebenso eingeschuumlchtert durch die in Frankreich vollzogene Vertreibung der Juden
wurden von seiten der Juden eigene Verfehlungen aber auch unguumlnstige Machtkonstellation
beobachtet die im Falle der franzoumlsischen Juden zu deren Untergang gefuumlhrt hatten Die
Beziehungen von Juden und Christen steckten auch in den Rheinlanden in den eingangs genannten
Bereichen von Wirtschaft Herrschaft und Religion in einer tieferen Krise Die auf dem
Versammlung von Worms beschlossenen Gegenmaszlignahmen blieben auf die juumldischen Teilnehmer
beschraumlnkt Zuruumlckhaltung gegenuumlber den christlichen Kunden Demut gegenuumlber Gott und das
Flehen um sein Erbarmen was mit guten Werken unterstuumltzt werden soll Eine direkte Verhandlung
mit den christlichen Herrschaftstraumlgern war nicht mehr vorgesehen Das gegenseitige Vertrauen
zwischen Juden und Christen war verschwunden in einer Zeit in der nicht mehr Koexistenz sondern
vor allem von Seiten der Juden die Sorge um die eigene Zukunft das eigene Handeln bestimmte
Zusammenfassung
Die Vertreibung der Juden aus England hatte innerhalb des juumldischen Kontextes noch zu Ansaumltzen der
Selbstreflexion gefuumlhrt die einen konkreten Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Vertretern
der juumldischen Seite und den politischen Entscheidungen der nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger
gegenuumlber der eigenen Gruppe erkennen mochten Dennoch waumlhnte man sich weiterhin in einem
rechtlich voumlllig abgesicherten Verhaumlltnis zur christlichen Umwelt Man war sich eines besonderen
Status innerhalb der christlichen Mehrheitsgesellschaft bewuszligt der in den Augen der Juden in
keiner Weise gefaumlhrdet schien Noch in der zweiten Haumllfte des 13 Jahrhunderts definierte Meir ben
Baruch (gest 1293) die Stellung der Juden im Reich als die eines freien Landbewohners der sein
Land nicht aber seine persoumlnliche Freiheit verloren hat [115]
Er sei darum nicht wie die Nichtjuden
den Fuumlrsten unterworfen und zu Steuerzahlungen verpflichtet Diese Konstruktionen erinnern stark
an die noch im 12 Jahrhundert in Frankreich vertretenen Rechtsauffassungen eines Itzchaq ben
Shmuel von Dampierre (gest ca 1185)[116]
der ebenfalls die Freiheit der Juden im Vergleich zu den
Nichtjuden hervorhebt ihre voumlllige Bewegungsfreiheit im Gegensatz zu an die Scholle gebundenen
Nichtjuden betont und die Juden ebenfalls aus der Rechtspraxis herausnimmt die dem
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger gestattet bei Abwanderung von Personen deren beweglichen
Besitz einzuziehen[117]
Nach juumldischer Auffassung folgten die Interaktionen zwischen Juden und
Christen nach Regeln die von beiden Seiten anerkannt waren Das jedoch sich dies Regelwerk zu
ungunsten der Juden verhaumlndert haben mochte daszlig die eigene Bewegungsfreiheit inzwischen mehr
und mehr eingeschraumlnkt wurde die besonderen Steuergesetzgebung seit den Aumluszligerungen des
Itzchak von Dampiegravere sich erheblich veraumlndern hatte und damit nach daszlig Verhaumlltnis zur christlichen
Umwelt nun erheblichen Umwaumlltzungen unterworfen war wurde wie die Aumluszligerung Meirs nahelegt
weder reflektiert noch einigermaszligen registriert
Das Verhalten der franzoumlsischen Juden Angesichts ihrer Vertreibung ist darum keinesfalls verwunderlich In
den wenigen juumldischen Selbstzeugnisse zur Vertreibung der franzoumlsischen Juden finden sich keine
Spuren die auf einen Prozess der Selbstreflexion schlieszligen lassen Die Frage der Motivation zur
Vertreibung der Juden wird soweit dies die Quellen erkennen lassen nicht diskutiert Der
offenkundige theologische Diskurs zur Unrechtmaumlszligigkeit des auf Zinsen geleisteten Geldverleihs
dem die juumldischen Gemeinschaft im franzoumlsischen Koumlnigreich letztlich zum Opfer fiel wird
nirgendwo rezipiert Man koumlnnte den Eindruck gewinnen dass sich den franzoumlsischen Juden die
Gefaumlhrlichkeit der Diskussion um den Wucher zu keinem Zeitpunkt erschloss Auch in den
konstruierten Narrativen der folgenden Generationen steht die auch fuumlr den einzelnen Juden
folgenreiche finanzielle Auspluumlnderung durch die franzoumlsische Krone im Vordergrund Allerdings
zeigt die Quelle aus dem rheinischen Kontext dass zumindest nach der Vertreibung aus dem
franzoumlsischen Koumlnigreich im Jahre 1306 unter den rheinischen Juden bestimmte Formen der
Geldleihe als Element der Selbstgefaumlhrdung wahrgenommen wurde Dabei macht die Uumlberlieferung
der Wormser Versammlung auch deutlich das die Zerruumlttung des Verhaumlltnisses von Juden und
Christen auch von juumldischer Seite nicht mehr geleugnet werden konnte Dass es sich dabei nicht nur
um eine wirtschaftliche Auseinandersetzung sondern zunaumlchst um einen christlichen theologischen
Diskurs handelte der sich gaumlnzlich juumldischem Handeln entzog scheint den Protagonisten der
Wormser Gemeinde nicht zugaumlnglich gewesen sein Ohne zu erkennen dass die Geldleihe und
somit die eigene wirtschaftliche Existenz gaumlnzlich in Frage gestellt werden koumlnnte versuchten die
Vertreter der Wormser Versammlung durch einzelne Maszlignahmen die Beziehungen zur christlichen
Umgebung zu entlassten um Gefahren von der eigenen Gemeinschaft abzuwenden Auf diese
Weise wurden die Juden im Westen Europas mehr und mehr wirtschaftlichen und theologischen
Dynamiken ausgesetzt die sich jenseits der juumldischen Wahrnehmung auszuformen begannen und
schlieszliglich in die Verdraumlngung der Juden muumlnden sollten die in der Vertreibung von England und
Frankreich ihren Anfang nahm
Rainer Barzen Lennart Guumlntzel
1 uarr Vgl zu Frankreich Chazan Jewry (1973) 154-207 Jordan Monarchy (1998) 177-261 Zu
England Hyams Jews (1996) 173-192 Mentgen Vertreibungen (1997) 11-53 Mundill England
(1998)
2 uarr Chazan Jewry (1973) 63-100 Ders Church (1980) 312f Jordan Monarchy (1998) 23-38
3 uarr Zur Geschichte der Juden unter Ludwig IX vgl Chazan Jewry (1973) 100-153
4 uarr Die Vorbildfunktion Ludwigs IX vor allem in Hinblick auf den Kampf gegen den Wucher erwaumlhnt
Cluse Zusammenhang (1999)135ndash163
5 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
6 uarr Chazan Church (1980) 313-317
7 uarr Florentii Wigorniensis 214f
8 uarr Ebd 212
9 uarr Chazan Church (1980) 317-319
10 uarr Aufstellung der Chroniken bei Abrahams Expulsion (1895) 449f
11 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
12 uarr Ordonnances 317
13 uarr Jordan nennt als Beispiel die Ortschaft Niort die ihre Juden vertreiben konnte Jordan Monarchy
(1998) 183
14 uarr Ebd 184f
15 uarr Ebd 184
16 uarr Ebd 183f
17 uarr Zu den Motiven Philipps IV siehe Mentgen Vertreibungen (1997) 46-49 Schwarzfuchs
Expulsion (1967) 485f
18 uarr Uumlber den generellen Wucherdiskurs siehe unten Kapitel V2
19 uarr Close Rolls Edward I 109
20 uarr Annales de Waverleia 409 ldquo(hellip) Judaeorum (hellip) quae per diversas urbes et castra regionis
Anglicanae per retroacta tempora habitabat confidenter procurante domina Alienora matre dicti
regis Angliae jussa est per edictum regium (hellip)rdquo
21 uarr Annales de Dunstaplia 361-362bdquo (hellip) propter blasphemias quas Judaei saepe faciebant fidei
Christianae statuit rex ut omnes Judaei cum semine suo et substancia ab Anglia pellerentur (hellip)rdquo
22 uarr Ebd bdquo(hellip) et concessit eis rex salvum conductum In ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt
submersi per vim et fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
23 uarr Zum Verhaumlltnis von Dominikanern und Juden zu dieser Zeit vgl Cohen Friars (1982) sowie
Ders Letters (1999)
24 uarr Florentii Wigoriensis 214
25 uarr Uumlber ein moumlgliches Interesse des Adels an der Vertreibung der Juden siehe Mentgen
Vertreibungen (1997) 27-30
26 uarr Annales de Dunstaplia 361-362 bdquoIn ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt submersi per vim et
fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
27 uarr Pierre de Langtoft II 186 bdquoThomas de Wilaund en baunk primer nomeacute par agarde de la court le
regne ad forjoreacute et en la terre de France sanz repairer aleacute Ses compayons ses clercs sunt pris e
meneacute a la thour de Loundres delivreacutes par moneacuteldquo
28 uarr Ebd 188 bdquoPur le quinzme dener al rays en ayeldquo
29 uarr Ebd bdquoOre sunt alez en France e en Pykardye Tutes lur dettes e lur manauntye Sunt salves al
ray dunt fere sa curtaysyeldquo
30 uarr Oumlsterreichische Reimchronik Verse 91239-91777 1186-1192ldquo die dritten vorderungdie an den
Franzois junctet der kunic Albrehter jach die Juden ze rehtgehocircren daz ricircche an und ander nieman
()ldquo Zu dieser Quelle vgl Ziwes Studien (1995) 33f Anm 16
31 uarr Prima Vita Clementis V 5
32 uarr Quarta Vita Clementis V 62bdquo Anno Domini MCCCVJ in festo sancte Marie Magdalene de
mandato et ordinatione regis Francie fuerunt capti omnes Judei ubique in regno Francie quasi
imperceptibiler una die et confiscata sunt bona ipsorum quecumque potuerunt inveniri fueruntque
a regno expulsi ulterius minime reversurirdquo Vgl auch Sexta Vita Clementis V 92-93bdquo Et etiam in
isto anno in die sancte Marie Magdalene omnes Judei de regno Francie congediati [congregati]
fuerunt et eorum bona omnia extiterunt confiscatardquo
33 uarr Continuatio Guilelmi de Nangis 59 bdquoMense Augusto Rex Philippus omnes Judaeos de Regno
Franciae penitus amp omnino fecit expelli certum regressionis terminum sub poena mortis praesigens
eisdemrdquo
34 uarr Florentii Wigoriensis 192 ldquoBarones cum Londoniensibus Judaismum Londoniae spoliaverunt
multis Judaeis interfectisldquo Siehe auch Mundill England (1998) 41
35 uarr Florentii Wigoriensis 210ldquo Rex die Sancte Calixti synagogam Judaeorum in villa Londoniensi
fratribus de Poenitentia contulit Jesu Christi ()ldquo
36 uarr Ebd 222bdquoApud Norhamtonam () puer quidam a Judaeis crucifixus estrdquo
37 uarr BennerReverchon Juden (2003) 181
38 uarr Rubin Tales (1999) 40-48
39 uarr Mentgen Vertreibungen (1997) 42-44
40 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 64f sieht den Muumlnzbeschneidungsskandal als Folge der Verarmung
der Juden Eine andere Meinung vertritt Mundill England (1998) 195-198 der vor allem auf eine
erfolgreiche Rolle der Juden im Wollhandel verweist
41 uarr Florentii Wigoriensis 221ldquo Rex omnes Judaeos et quosdam Christianos de retonsura aut alia
monetae falsatione convictos fecit suspensi Unde Londoniae CCLX et VII Judaei mortis judicium
subierunt Quidam autem relegati quidam etiam eorum perpetuo sunt carceri adjudicati et quidam
in Anglia remanseruntrdquo Vgl auch Mundill England (1998) 67f sowie uumlber die Zahl der Opfer weiter
oben Anmerkung 36
42 uarr Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 S 20
43 uarr Nach der chronikalischen Uumlberlieferung waren es 267 bzw 269 hingerichtete Juden Eine
Auswertung der auszligerchronikalischen Quellen ergab die Zahl von 298 erhaumlngten Juden Rokeacuteach
Monex I (198890) 98
44 uarr Jordan Monarchy (1989) 182f
45 uarr rdquoVos autre fuistis Engles qui exiverunt de terra eorum quia rotundabatis monetamrdquo in
Shatzmiller Schlomo Ibn Verga (1988) 355 Ders Solidariteacute (1986) 423
46 uarr Shlomo Ibn Verga Shevet Yehudah Teil I (hebr) Teil II (dt Uumlbersetzung)(Edit Wiener) Shevet
Yehudah (Edit Shochat)
47 uarr Zu Leben und Werk Shlomo Ibn Vergas Baer Hearot (1934) 152-179
48 uarr Shevet Yehudah Nr 18 (hebr S 42-43 dt Uumlbers S 84-85) Shevet Yehudah (Edit Shochat)
S 66
49 uarr Shevet Yehudah Nr 20 (hebr 43-45 dt Uumlbers 86-89)
50 uarr Zu Yosef ha-Kohen und seinem Werk Loeb Josef Hacohen (1888) XVI 28-56 211-235 XVII
74-95 247-271
51 uarr Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (dt
Uumlbersetzung Wiener)
52 uarr Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) 38-39 (Edit Wiener) 41-42
53 uarr Usque Nachum Israel III (1908) XI-XIII Auch bei Gedalyah Ibn Yachjah Shalshelet ha-
Kabbalah (nach Graetz Geschichte VII (1897) 429 weitere Quellen Graetz ebd 426-430)
54 uarr Siehe Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 20a
55 uarr ldquoSie [die Dominikaner] brachten sogar Muumlnzsorten herbei die sie selbst zuhause beschnitten
hattenldquo Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) S 38 (Edit Wiener) 41
56 uarr Fuumlr vielerlei Hinweise zur hebraumlischen Uumlberlieferung der Vertreibung der franzoumlsischen Juden sei
Dr Abraham David Jerusalem herzlich gedankt
57 uarr Schwarzfuchs History (2001) 269-274 Ben-Shalom Communication (1991) 171-225
58 uarr Abba Mari ben Mose von Lunel Sefer Minchat Qenaot Nr 120 in Shlomo Ibn Adret Tshuvot II
835-836
59 uarr BT Berachot 70a Gemeint ist hier die Philosophie griechischer Tradition die von Abba Mari
besonders bekaumlmpft wurde Shlomo Ibn Adret Teshuvot Bd 2 835 Anmerkung zu Zeile 1 Abba
Mari brachte die Vertreibung der suumldfranzoumlsischen Juden mit deren Hinwendung zur griechischen
Philosophie in Verbindung Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 832 Anmerkung zu Zeile 8
60 uarr Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 835-836 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001) 273
61 uarr Jordan French Monarchy (1989) 195196
62 uarr Saige Juifs (1881) 92
63 uarr Jordan French Monarchy (1989) 205 Saige Juifs (1881) 101-102 308-319 324-325
64 uarr Zu Leben und Werk sowie zu seinem Aufenhalt im Lande Israel siehe Schwarzfuchs History
261 Elbaum Estori ha-Parhi S 918f
65 uarr Zur Bedeutung des hebraumlischen Begriffes Prowentzah der neben der heutigen Provence auch
das Languedoc miteinschloss siehe Gross Gallia Judaica (1887) 489 In diesem Sinne entspricht
Prowentzah der roumlmischen Provincia Narbonnensis In Kontext der Vertreibung der Juden im
Jahre 1306 kann nur das Languedoc gemeint sein
66 uarr Eshtori haParchi Kaftor waFerach 218
67 uarr Schwarzfuchs History (2001) 276-278 Dahan Gersonide (1991)
68 uarr Levi ben Gershom Pirush al ha-Torah
69 uarr Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 153-154
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
Mordvorwuumlrfen hingerichtet[37]
1290 kam es in Paris zu einem Hostienschaumlndungsprozess der mit dem
Tod des Angeklagten endete[38]
Dieser angespannte religioumlse Diskurs wirkte sich auch auf den
Herrschaftsbereich aus Edward I soll als junger Mann tief beeindruckt von der Ritualmordaffaumlre um Hugh
von Lincoln im Jahre 1255 gewesen sein in deren Zusammenhang 19 Juden hingerichtet worden waren[39]
Daneben konnten sich die Herrscher nicht dem vorherrschenden Wucherdiskurs entziehen der sie als
Mitschuldige am suumlndhaften Wucher markierte da sie einen Nutzen aus dem juumldischen Wuchergeschaumlft
zogen Gerade Philipp IV der eine machtbewusste Politik auch gegenuumlber dem Papst verfolgte hatte sich
auch an seinem Groszligvater Ludwig IX und dessen bdquovorbildhafterldquo Politik in Bezug auf den Umgang mit den
Juden und dem Wucher zu messen Im wirtschaftlichen Zusammenleben aumlnderten sich ebenfalls die
Praumlmissen fuumlr den Umgang von Juden und Christen Das sbquoStatutum de Judeismorsquo markiert einen
Wendepunkt im Wirtschaftsleben Englands Es ist unklar in wie weit sich die Juden in von christlichen
bdquoMonopolenldquo dominierten Berufen etablieren konnten[40]
Mit der schwierigen wirtschaftlichen Situation der
Juden die durch das sbquoStatutum de Judeismorsquo geschaffen wurde kann moumlglicherweise der
Muumlnzbeschneidungsskandal von 1279 erklaumlrt werden in dem 267 Juden und einige Christen verurteilt und
hingerichtet wurden[41]
Daneben fuumlhrten sie will man dem Vertreibungsedikt Edwards I Glauben schenken
ihre Geldleihgeschaumlfte mit Zinsnahme im Verborgenen weiter Die Klagen der Barone und des Klerus die in
einigen Chroniken erwaumlhnt werden koumlnnten sich auf diese illegalen Taumltigkeiten beziehen Offensichtlich ist
es das Hauptargument Edwards in seinem Vertreibungsedikt Es ist deutlich geworden dass nicht nur einer
dieser Aspekte ausschlaggebend fuumlr die Ausweisungen der Juden war Vielmehr spielten viele Faktoren
zusammen in mehreren Kulturbereichen war das Miteinander gestoumlrt was schlieszliglich zur Vertreibung der
Juden fuumlhrte Zudem zeigte sich auch wie eng kaum von einander trennbar sich die Kulturbereiche -in
diesem Fall Recht Wirtschaft Herrschaft und Religion- darstellen
Die Vertreibung der Juden in den hebraumlischer Quellen
England
Die Vielschichtigkeit der Uumlberlieferung zur Vertreibung der Juden aus England lieszlige zunaumlchst eine ebenso
reiche Tradition in den hebraumlischen Quellen erwarten Allerdings ist das Gegenteil der Fall Die bekannte
Uumlberlieferung kennt keinen zeitgenoumlssischen hebraumlischen Eintrag zur Vertreibung der Juden weder in
einer hebraumlischen Chronik noch in direkten hebraumlischen verfaszligten Selbstzeugnissen englischer Juden
Dennoch sind aus dem weiteren Umfeld genauer gesagt aus Deutschland und Suumldfrankreich zeitnahe
Reaktionen auf die Geschehnisse in England uumlberliefert die zumindest einige Hinweise zur Einschaumltzung
der Ereignisse und ihrer Ursachen im innerjuumldischen Kontext liefern koumlnnen Zunaumlchst ist aus einem
Responsum des Meir ben Baruch von Rothenburg (gest 1293) eine diesbezuumlgliche Aumluszligerung uumlberliefert
Dort heiszligt es
bdquoWas die Muumlnzbeschneider betrifft so hacke ihnen wegen ihrer Vergehen die Hand ab
Wieviel Blut wurde wegen der Muumlnzenbeschneider vergossen Sie waren es die unsere Bruumlder
die Bewohner von Frankreich und der Insel (=England) ins Verderben stuumlrztenldquo[42]
Allerdings bleibt eine Datierung dieses Ausspruches schwierig Meir hat zur Zeit der Ausweisung der
Juden aus England noch gelebt Die Form der Uumlberlieferung gibt allerdings keinen Hinweis der
darauf schlieszligen laumlszligt daszlig das Responsum zur Zeit verfaszligt wurde als sich Meir nach 1286 bis zu
seinem Tode bereits in Gefangenschaft aufhielt Letzteres haumltte zumindest wahrscheinlich werden
lassen daszlig Meir sich auf die Ausweisung der Juden bezog So kann der Ausdruck bdquoins Verderben
stuumlrzenldquo auch lediglich den eigentlichen Prozeszlig zum Muumlnzenbeschneidungsvorwurf 1279 und die
Folgen ndash die Hinrichtung von etwas weniger als 300 Juden[43]
Allerdings weist die Aumluszligerung Meirs die
Muumlnzbeschneider haumltten das Elend der Juden in Frankreich und England heraufbeschworen
wiederum in eine andere Richtung Der groszlige Prozeszlig fand in England nicht in Frankreich statt Erste
Vertreibungen von Juden ereigneten sich jedoch zunaumlchst auf dem franzoumlsischen Festland
(Gasgogne 1287)[44]
nicht in England Es spricht somit vieles dafuumlr daszlig Meir gerade auf jene
Vertreibung anzuspielen scheint und in diesem Zusammenhang den Muumlnzbeschneidungsvorwurf als
Ausloumlser fuumlr die Verfolgungen der Juden in England und Frankreich ansah Die Vertreibung der Juden
im Jahre 1306 aus den direkt den franzoumlsischen Koumlnig unterstellten Territorien konnte Meir nicht
gemeint haben Zu dieser Zeit war Meir ben Baruch schon zehn Jahre nicht mehr am Leben
Ein in den Quellen eindeutiger zu fassender Hinweis zur innerjuumldischen Einschaumltzung der Ereignisse
ist uns im Rahmen eines Vorfalls innerhalb einer suumldfranzoumlsisch-provenccedilalischen Gemeinde
uumlberliefert In der Stadt Manosque hatten nach 1290 innerhalb der juumldischen Gemeinde vertriebene
Juden aus England Aufnahme gefunden Allerdings blieben die englischen Juden als eigene Gruppe
auch waumlhrend der naumlchsten 50 Jahre wahrnehmbar was sich offenbar auch in innerjuumldischen
bdquolandsmannschaftlichenldquo Spannungen niederschlug So kam es im Jahre 1338 zwischen dem
einheimischen Juden Aronetus und dem zugezogenen Juden Creysonus von Chartres zu heftigen
Auseinandersetzungen bei denen Aronetus dem Chreysonus zurief bdquoIhr anderen wart die Englaumlnder
die ihr Land verlassen mussten weil ihr die Muumlnzen beschnitten habtldquo[45]
Selbstredend wollte der
ehemalige Fluumlchtling diese Behauptung nicht auf sich sitzen lassen und strebte den Prozeszlig an
Allerdings macht diese Auseinandersetzung auch klar daszlig die Verquickung des
Muumlnzbeschneidungsprozesses mit der Tatsache der Vertreibung in innerjuumldischen Kontext keine
unuumlbliche Argumentation gewesen sein wird
Hatte sich bereits im 14 Jahrhundert dieses Erklaumlrungsmuster als Begruumlndung der Vertreibung im
innerjuumldischen Gedaumlchtnis durchgesetzt Zumindest sollte diese Begruumlndung auch in den
hebraumlischen Chroniken des fruumlhen 16 Jahrhunderts eine entscheidende Rolle einnehmen Folgende
Darstellungen sind durch sephardische Chronisten des 16 Jahrhunderts bekannt Im Shevet
Yehudah[46]
des Shlomo Ibn Verga[47]
(Erstdruck 1550) einer hebraumlischen Chronik die die juumldische
Geschichte als eine Kette von Leiden klassifiziert werden die Ereignisse in England in folgenden
Erzaumlhlrahmen eingeordnet Nach kurzer Einfuumlhrung in die englischen Verhaumlltnisse wird eine
geforderte Bekehrung zum Christentum erwaumlhnt die aus den Quellen des 13 Jahrhunderts nicht
verifiziert werden kann Nach der Zuruumlckweisung dieses Bekehrungsversuchs wird den Juden
vorgeworfen daszlig sie Muumlnzen beschnitten haumltten Dieser wirtschaftliche Betrug fuumlhrte schlieszliglich
durch den Einfluszlig der Dominikaner zur Ausweisung der Juden[48]
Zwei Abschnitte spaumlter wird von
einer Bekehrung zum Judentum eines englischen Dominikaners berichtet was zweifellos die
Geschichte des im 13 Jahrhundert zum Judentum uumlbergetretenen Robert Reading wiedergibt Dem
Chronisten erscheint diese Episode Anlaszlig genug eine Reihe von Anfeindungen auch von Seiten der
Koumlnigin anzufuumlhren die in ihrer Summe schlieszliglich zur Vertreibung der Juden aus dem englischen
Koumlnigreich fuumlhrten[49]
In der Chronik des Yosef ha-Kohen[50]
Emeq ha-Bachah[51]
aus dem Jahre
1558 finden wir dasselbe Material in veraumlnderter Weise angeordnet Ein Vertreter des Predigerordens
verliebt sich in ein juumldisches Maumldchen tritt zum Judentum uumlber und heiratet es Die Dominikaner
beschuldigen vor dem Koumlnig daraufhin die Juden die Muumlnzen zu beschneiden um die Schande des
Glaubensabfalls ihres ehemaligen Mitbruders abzuwenden[52]
Auch in anderen Werken juumldischer
Chronistik aus dem 16 Jahrhundert findet die Episode des zum Judentum konvertierenden
Dominikaners Erwaumlhnung[53]
Obwohl die Chroniken des 16 Jahrhunderts als Belege fuumlr das Geschehen des 13 Jahrhunderts
nicht herangezogen werden koumlnnen so repraumlsentieren sie dennoch eine Tendenz der innerjuumldischen
Wahrnehmung die sich bereits im 13 wie im 14 Jahrhundert ankuumlndigte Hatte noch die christlicher
Uumlberlieferungstradition als Grund fuumlr die Vertreibungen vor allem die theologische Komponente der
Auseinandersetzung betont aber auch die Intervention anderer Herrschaftstraumlger angefuumlhrt so
bildete sich unter den Juden ein voumlllig anderes Erklaumlrungsmuster heraus In den juumldischen
Traditionsstraumlngen wurden die theologische Argumentation nicht rezipiert Dies gilt vor allem fuumlr das
groszlige Feld des Wuchervorwurfs der im Ausweisungsedikt 1290 zum Hauptargument werden sollte
Innerhalb der hebraumlischen Uumlberlieferung muszligten die Ursachen der Vertreibung konkreter fassbar
gemacht werden Zwei Narrative boten sich an die der juumldischen Traditionsbildung schluumlssig
erschienen Hierzu gehoumlrt der historisch gesicherte Prozeszlig zum Muumlnzbeschneidungsvorwurf der in
zeitnahen Dokumenten als gerechtfertigt[54]
in den Traditionen des 16 Jahrhunderts als Verleumdung
angesehen wurde[55]
Demgegenuumlber scheint dieser Prozess fuumlr die Begruumlndung der Ausweisung von
Seiten der christlichen Herrschaftstraumlger keine explizite Rolle gespielt zu haben Die Einbeziehung der
Geschehnisse um den zum Judentum konvertierten Dominikaner nehmen vor allem in den spaumlten
juumldischen Traditionen einen groszligen Stellenwert ein ohne daszlig sie innerhalb des christlichen Kontextes
fuumlr die Begruumlndung der Vertreibung irgend eine Rolle gespielt haumltten So bleiben Christen wie Juden
sich nur in der Tatsache einig dass Ihr Verhaumlltnis zueinander immer groumlszligeren Erschuumltterungen
unterworfen war Die Ursachen dieser Zerwuumlrfnisse konnten dabei durchaus unterschiedlichen
Kontexten zugeordnet werden
Frankreich[56]
Auch die Vertreibung der franzoumlsischen Juden hat in der hebraumlischen Uumlberlieferung nur wenig Spuren
hinterlassen Kein Text ist bekannt der sich ausschlieszliglich auf die Ereignisse der Vertreibung
beziehen wuumlrde Wie im englischen Fall zeugen nur verstreute Bemerkungen im Werk einzelner
juumldischer Gelehrter uumlber eine Resonanz innerhalb der juumldischen Gemeinschaft Eines dieser
Zeugnisse ist aus der Hand des Abba Mari ben Moshe von Lunel uumlberliefert einem Gelehrten der um
1300 vor allem in den polemischen Auseinandersetzungen um die Rezeption des Schriften des
Maimonides und der Frage nach dem Stellenwert philosophischer Studien in Erscheinung getreten
war[57]
In einem Brief[58]
schreibt er
Im Jahre 5066 (1306) der Zaumlhlung dies ist das Jahr welches die Suumlnde hervorgebracht hat[59]
verbreitete sich die Verfolgung (Gezerah) des Koumlnigs von Frankreich (Tzarfat) uumlber alle Juden in
allen Landen seines Koumlnigreiches aus sie aus ihren Haumlusern zu holen und ihnen all ihren Besitz
abzunehmen Alle sollten an einem bestimmten Tag festgesetzt werden jung und alt Frauen und
Kinder und diese sollte am Freitag am zehnten des Monats Aw (22 Juli 1306) geschehen und
man vertrieb sie aus dem Land Die Juden die in der Stadt Montpellier lebten wurden im Jahre
5067 im Monat Marcheshwan vertrieben (10 Okt-7 Nov 1306) Einige von ihnen begaben sich in
die Stadt Perpignan da sie sich des Sieges des Koumlnigs von Mallorca sicher waren dass er ihnen
aus der Hand des Koumlnigs den Aufenthalt und die Versorgung gewaumlhren wuumlrde Wieder andere
zogen weiter in die Provence hellip Und ich nachdem ich mich in die Provence ins Exil begeben
hatte in die Stadt Arles fuhr von dort fort und begab mich von dort in ein zweites Exil in die Stadt
Perpignan Ich kam dort an am ersten des Monats Shwat dem vierten Monat unseres Exils (5 Jan
1307)[60]
Abba Mari beschreibt als Zeitzeuge den politischen Kontext der Vertreibung der Juden im
Suumlden des franzoumlsischen Koumlnigreiches Die Beschreibung bleibt an sein eigenes Schicksal
gebunden Die Ausweisung der Juden umfasst auch das Languedoc das ebenfalls Teil des
direkten Herrschaftsbereichs des franzoumlsischen Koumlnigs Philipp des Schoumlnen geworden war Die
Vertriebenen wandten sich nun benachbarten nichtfranzoumlsischen Herrschaften zu der
Provence die zur Zeit der Vertreibung noch ein Teil des roumlmisch-deutschen Reiches war sowie
den Besitzungen des Koumlnigs von Mallorca zu denen Perpignan und teilweise auch Montpellier
zaumlhlten[61]
Zunaumlchst hatte der Koumlnig von Mallorca die Vertreibung der Juden aus Montpellier in
Opposition zum franzoumlsischen Koumlnig abgelehnt[62]
Die Juden hofften wie Abba Mari betont
dass dieser Widerstand von Dauer sein koumlnnte wurden jedoch enttaumluscht Im Februar 1309
willigte nach langen Verhandlungen auch der mallorquinische Koumlnig ein der Vertreibung der
Juden zuzustimmen[63]
In Territorien in denen er uneingeschraumlnkt seine Herrschaft ausuumlben
konnte wie etwa in Perpignan war den Juden der Aufenthalt weiterhin erlaubt so dass dorthin
wie in die Provence die Juden der Stadt Montpellier weiterzogen Abba Mari beschreibt die
lokalen politischen Zusammenhaumlnge der Vertreibungen der am Mittelmeer gelegenen
Territorien Er hebt dabei den Einfluss des franzoumlsischen Koumlnigs auf Herrschaftstraumlger
auszligerhalb seines Koumlnigreiches hervor nennt jedoch keinen Grund der das Verhalten des
franzoumlsischen Koumlnigs erklaumlrt haumltte Warum die franzoumlsischen Juden ihr Stammland verlassen
mussten wird nicht diskutiert
Ein weiterer Autor des fruumlhen 14 Jahrhunderts Eshtori ha-Parchi[64]
beschreibt in seinem Werk
Kaftor wa-Ferach kurz seine am eigenen Leib erfahrene Vertreibung der Juden aus dem
Suumlden des franzoumlsischen Koumlnigreichs
bdquoAuch erinnere ich mich an das Datum der Zerstoumlrung des kleinen Heiligtums naumlmlich die
Zerstoumlrung der Lehrhaumluser und Synagogen in Tzarfat (Nordfrankreich) und teilweise auch in der
Prowentzah (Suumldfrankreich hier Languedoc)[65]
Ich floh vom Schlachtfeld hellip im Jahre 5066 und
zwar am 10 Aw (22 Juli 1306)ldquo[66]
Eshtori ha-Parchi der sich schlieszliglich im Jahre 1313 im Lande Israel niederliess nennt
keine Begruumlndung der Ereignisse Die Bezeichnung der Vertreibung als Zerstoumlrung des
kleinen Heiligtums macht dem Leser deutlich welche Bedeutung den franzoumlsischen
Gelehrtenzentren vom Autor zugesprochen wurde die in dieser Ruumlckschau als
unwiederbringlich verloren betrachtet werden Eine weitere zeitnahe Notiz zur Vertreibung
der franzoumlsischen Juden laumlsst sich im Tora-Kommentar des Gelehrten R Lewi ben
Gershom (Ralbag) (1288-1344) finden Der Gelehrte der unter seinen nichtjuumldischen
Zeitgenossen auch unter der Bezeichnung Maestre Leo de Bagnol oder auch Magister
Leo Hebraeus bekannt war[67]
schreibt zum Wochenabschnitt Bechukotei (Lev 26 3 -
27 34)
Und wenn es in der Schrift heiszligt sbquoIhr geht unter den Voumllkern zugrunde und das Land euerer
Feinde friszligt euch aufrsquo (Lev 26 38) bezog sich dies auf die groszligen Noumlte unseres Volkes in denen
viele umgekommen sind eingeschlossen das Hinschlachten einiger in den heiligen Gemeinden
und die Vertreibung der Juden aus dem Lande Zarfat Doppelt so viele starben an Hunger und
Pestilenz als beim Auszug aus Aumlgypten[68]
Interessanterweise erwaumlhnt Levi ben Gershom als erster Autor Todesopfer die
innerhalb der juumldischen Gemeinschaft als Folge der Vertreibung zu beklagen waren
Fast ein Jahrhundert spaumlter wohl in der ersten Haumllfte des 15 Jahrhunderts
beschreibt der in Spanien wohl in Tortosa lebende Mattityahu haYizhari ein
Nachkomme einer aus Suumldfrankreich stammenden Familie[69]
die Vertreibung der
Juden mit folgenden Worten
Es sprach Mattityahu Sohn des Moshe Sohn des Weisen Mattiyahu ha-Yizhari sein Andenken
sei zu Segen Viele Noumlte haben uns ereilt seit wir aus dem verheiszligenen Land vertrieben wurden
hellip tausende und zehntausende Juden hatten sich in Frankreich niedergelassen hellip und meine
Vorfahren siedelten in der Stadt Narbonne einer groszligen Stadt Gottes bis Verfehlungen zur
Vertreibung fuumlhrten Einige starben als Maumlrtyrer andere wurde uumlber die ganze Erde zerstreut und
das ganze Land Zarfat lag entbloumlszligt da [70]
Auch bei Levi ben Gershom steht die Zerstoumlrung der groszligen juumldischen Zentren
im Vordergrund Ein Grund fuumlr deren Untergang wird nicht eroumlrtert Ein
aumlhnliches Bild findet sich bei einem weiteren juumldischen Gelehrten aus dem
Beginn des 14 Jahrhunderts In seinem um das Jahr 1321 abgeschlossenen
Werk Even Bochan bemerkt der in Arles geborene juumldische Philosoph
Kalonymos ben Kalonymos (geb 1286)[71]
Als der Herrscher von der Stimmung erfasst wurde mein Volk ins Exil zu fuumlhren vor siebzehn
Jahren uumlberwand er sie in seinem Grimm und vertrieb sie mit starker Hand aus seinem Land
uumlberfuumlhrte sie in Staumldte nackt und mittellos die in ihren Palaumlsten viele Schaumltze von Gold besaszligen
um die Altehrwuumlrdigen ihrer Generation und ihre Prinzen zu vernichten und auszuloumlschen[72]
Die Erwaumlhnung der Enteignung der Juden durch die franzoumlsische Krone
verweist auf den tatsaumlchlichen Verlauf der Ausweisung und auf ihre
fiskalischen Motive[73]
Die auch vom Autor betonten finanziellen
Interessen des Herrschers werden jedoch nicht diskutiert Uumlberhaupt
bleiben die wenigen weiteren zeitgenoumlssischen Bemerkungen zur
Vertreibung sehr skizzenhaft und auch eng mit der Biographie ihrer
Verfasser verknuumlpft So schreibt R Menachem ha-Meiri (Vidal Salamon
Mayr) (geb 1249) der wenige Jahre nach der Vertreibung verstarb[74]
in
seiner Einleitung zur Auslegung des Traktates Avot
als Gott mich vom meinem Vaterhaus fortbrachte machte er meine Soumlhne zu Fluumlchtlingen und
meine Toumlchter fuumlhrte er in Gefangenschaft[75]
Die letzten bekannten Bemerkungen zur Vertreibung aus der
Generation der Zeitzeugen stammen aus der Feder des Dichters
und Philosophen Jedajah ben Abraham haPenini[76]
der in den
Staumldten Beacuteziers Montpellier und Perpignan lebte und um 1325
verstarb In einem Brief an den katalanischen Gelehrten Schlomo
Ibn Adret betonte der Autor wie sehr doch die Juden der Provence
ihre Tuumlren weit fuumlr die Exilierten geoumlffnet haumltten und viel dazu
beigetragen haumltten die Fluumlchtlinge aufzunehmen[77]
Auch in einem
Gedicht schloss der Autor Anspielungen zur Vertreibung der
franzoumlsischen Juden mit ein[78]
Hebraumlische Zeugnisse zur Vertreibung aus dem Norden des
franzoumlsischen Herrschaftsgebietes konnten bisher nicht
nachgewiesen werden Die hier aufgefuumlhrten hebraumlischen Quellen
zur Vertreibung der Juden aus den Herrschaftsgebieten des
franzoumlsischen Koumlnigs stammen ausschlieszliglich von Personen die
durch die Zerstoumlrung der juumldischen Zentren im suumldlichen Frankreich
betroffen waren Diese Uumlberlieferungen wurden schlieszliglich von der
hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts aufgenommen und in
ihre als Zyklen von Leiden und Verfolgung gestalteten Werken
eingearbeitet Itzchaq Abarbanel (gest vor 1550) scheint dabei der
entscheidende Protagonist bei der Schoumlpfung eines die Vertreibung
von 1306 beschreibenden juumldischen Narratives gewesen zu sein
auch wenn er sich nach seinen eigenen Angaben lediglich auf
Itzchak Profiat Duran genannt Efodi einen juumldisch-katalanischen
Autor des spaumlten 14 Jahrhunderts bezog So schreibt Abarbanel
bdquoIm Jahre 5066 (1306) der Zaumlhlung war die Vertreibung aus Frankreich Koumlnig Philipp war ein
grausamer und verfluchter Feind der alle Juden aus seinem Koumlnigreich vertrieb all ihren Besitz
enteignete und sie mittellos des Landes verwies Es gab dort viele groszlige Gemeinden doppelt so
viele (Juden) wie aus Aumlgypten auszogen hellip Und es war eine Zeit der groszligen Not fuumlr Israel hellip es
war im Monat Aw (13 Juli 1306-11 August 1306) und es war eine allumfassende Vertreibung hellipall
dies findet sich in der Schrift bdquoSichron ha-Shmadotldquo die von allen Zerstoumlrung berichtet die sich seit
der Zerstoumlrung des Tempels in Israel ereignet haben aufgeschrieben und redigiert von Efodildquo[79]
Der Autor weiszlig zu berichten unter welchem Koumlnig und in welchem Monat und Jahr die Vertreibung
stattfand Auf die Mittellosigkeit der juumldischen Fluumlchtlinge wird explizit hingewiesen die auf die
Auspluumlnderung durch den Koumlnig zuruumlckgefuumlhrt wird Auch eine Vorstellung von der Zahl der Exilierten
spiegelt sich im Text wider
Shlomo Ibn Verga uumlbernimmt den Text fast woumlrtlich fuumlr seine Chronik Shevet Yehudah und erweitert ihn
lediglich um die nicht belegbare Geschichte der Konversion der Gemeinde von Toulouse[80]
Ihm
folgen Samuel Usque[81]
und Yosef ha-Kohen[82]
So bieten die Erzaumlhltraditionen des 16
Jahrhunderts lediglich ein Geruumlst von Fakten die den Handlungsablauf der Vertreibung mit wenigen
Worten beschreiben Eine Begruumlndung der Vertreibung wird nicht genannt So entspricht die
Erzaumlhlarmut des Textes zur Vertreibung aus Frankreich innerhalb der hebraumlischen Chronistik des
16 Jahrhunderts der allgemeinen Quellenarmut der hebraumlischen Uumlberlieferungstradition zu diesem
Ereignis
Beziehung der Juden zum Herrscher
Anhand der Untersuchung von herrschaftlichen Bindungen der Juden soll im Folgenden verdeutlicht
werden wie sich ein ehemals funktionierendes Miteinander zu einem Zerbrechen eben dieses
Miteinanders mit dem Resultat der Vertreibung veraumlnderte Dazu werden die Herrschaftsstrukturen
mit ihren Veraumlnderungen zwischen dem Koumlnig beziehungsweise anderen christlichen
Herrschaftstraumlgern und den Juden in England und Frankreich analysiert In England siedelten sich
im Zuge der normannischen Eroberungen nach 1066 die ersten aus Frankreich stammenden Juden
an[83]
Seit dieser Zeit wurden sie in Dokumenten haumlufig als bdquoJuden des Koumlnigsldquo[84]
bezeichnet
Diesen exklusiven Anspruch konnte der Koumlnig bis zur Vertreibung durchsetzen auch wenn es
vereinzelt andere Herrschaftstraumlger gab die Macht uumlber Juden erlangten[85]
Die Juden waren dem
Koumlnig direkt unterstellt sie mussten ihm jede Geldforderung erfuumlllen im Gegenzug durften sie nach
ihrem Gesetz leben und ihren Wohnsitz frei waumlhlen[86]
Ein Privileg Richards I von 1190 erwaumlhnt
auszligerdem unter anderem das Recht der Juden auf Landbesitz und zollfreien Handel mit Wein[87]
Belastend fuumlr das Leben der Juden von England war das hohe Maszlig an Verwaltung das die
englischen Koumlnige geschaffen hatten um die Steuern effizient eintreiben zu koumlnnen Anlaumlsslich der
Kroumlnung Richards I im Jahre 1189 war es ausgehend von London zu Massakern an Juden in ganz
England gekommen Da die koumlnigliche Verwaltung nicht nachvollziehen konnte welche
Schuldscheine durch die Verfolgung vernichtet worden waren wurde als Reaktion 1194 ein
Archivsystem (archae) eingefuumlhrt das von nun an alle Geldgeschaumlfte sowie alle Juden mit ihrer
Finanzkraft verzeichnete[88]
Unter Heinrich III (1216-1272) aumlnderte sich der rechtliche Status der
Juden Im Jahr 1253 erlieszlig der Koumlnig ein Mandat das den Juden unter anderem verbot neue
Synagogen zu errichten christliche Bedienstete oder sexuelle Kontakte mit Christen zu haben und
Kirchen zu betreten Wichtigster Punkt war jedoch dass Juden nun ihren Wohnort nicht mehr frei
waumlhlen sondern nur noch dort leben durften wo bereits Juden ansaumlssig waren[89]
Viele der hier
formulierten Mandate waren im IV Laterankonzil von 1215 als verbindliche Verbote fuumlr die Juden in
der christlichen Welt festgelegt worden und fanden nun ihre Umsetzung Daneben stieg die
Besteuerung seit den 1240er Jahren stetig an wodurch die Finanzkraft der Juden bereits deutlich
geschwaumlcht wurde[90]
Im Falle Edwards I zeigte sich schlieszliglich dass die starke Bindung der Juden
an den Koumlnig die den Juden in fruumlheren Jahren zunaumlchst Unabhaumlngigkeit und Wohlstand gebracht
hatte nun ihren Ruin und schlieszliglich ihre Vertreibung bewirkte Der Koumlnig hatte bei Maszlignahmen die
die Juden betrafen kaum Widerspruch zu befuumlrchten zu eindeutig definiert war seine Machstellung
den Juden gegenuumlber In Frankreich unterstanden die Juden dem Herrn ihres jeweiligen Gebiets
der Koumlnig von Frankreich herrschte also nur in der Krondomaumlne uumlber die Juden des Koumlnigreiches[91]
Die Juden waren an ihr angestammtes Territorium gebunden und durften dieses nur mit der
Erlaubnis ihres Landesherrn verlassen Dieses Prinzip reicht bis in die Zeit von Philipp II August
(1180-1223) zuruumlck und wurde seit der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne 1198 in
verschiedenen Vereinbarungen mit anderen franzoumlsischen Territorialherren vertraglich fixiert[92]
Schon bei der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne kam es zu Irritationen da Philipp II
die 1182 vertriebenen Juden nach wie vor als bdquoseine Judenldquo ansah diese Auffassung aber
beispielsweise von Graf Theobald III von Campagne nicht geteilt wurde Er fuumlrchtete Steuerausfaumllle
und war der Meinung dass Juden die sich 1182 in der Champagne niedergelassen hatten nicht
mehr die Juden des Koumlnigs seien[93]
Auch andere Landesherren weigerten sich dem Wegzug ihrer
Juden in die Krondomaumlne zuzustimmen[94]
Auch erste Schritte eines buumlrokratischen Umgangs mit
den Geldgeschaumlften der Juden waren 1198 durch Philipp II August vorgenommen worden
moumlglicherweise beeinflusst durch die archae die in England 1194 unter Koumlnig Richard I eingerichtet
worden waren um die Geldgeschaumlfte und die Finanzkraft der Juden zu dokumentieren In jedem Ort
der Krondomaumlne gab es spezielle Beamte die die Kreditvertraumlge der Juden siegelten und so
kontrollierten wem die Juden welche Betraumlge an Geld liehen[95]
Auch den Juden konnte dieses
Verfahren als Sicherheit fuumlr ihre Geschaumlfte dienen Unter Ludwig VIII (1223-1226) kam es zum
ersten Eingriff in die Geldgeschaumlfte der Juden im franzoumlsischen Gebiet 1223 erlieszlig der Koumlnig
zusammen mit diversen Landesherren ein Statut in dem festgelegt wurde dass die Ruumlckzahlung
aller Schulden bei Juden an insgesamt neun Terminen an die koumlnigliche beziehungsweise
landesherrliche Schatzkammer erfolgen sollte Die Praxis des Siegelns von Urkunden uumlber
Darlehensvergaben wurde abgeschafft Erneut wurde festgehalten dass keiner der Herrscher Juden
eines anderen Herrschers bei sich aufnehmen duumlrfe wobei es bei diesem Punkt wieder zu
Unstimmigkeiten mit dem Grafen der Champagne kam der die Erklaumlrung nicht unterschrieb[96]
Bereits die ersten Jahre der Regierungszeit Ludwigs IX (1226-1270) brachten fuumlr die Juden weitere
Beschwerlichkeiten und erste direkte Aktionen gegen den Wucher Im Jahr 1227 kam es zu einer
erneuten Aneignung der ausstehenden Schulden bei Juden 1228 erging ein Mandat in dem Ludwig
IX befahl bei kuumlnftigen Geldgeschaumlften auf Zinsen zu verzichten Auszligerdem erklaumlrte der Koumlnig bei
Geldgeschaumlften die seit der Schuldentilgung ein Jahr zuvor geschlossen wurden alle Zinsen fuumlr
unguumlltig[97]
Auch die generelle Rechtsstellung der Juden wurde schon fruumlh in der Regierungszeit
Ludwigs IX definiert wobei es bei der alten Regelung blieb Im Statut von Melun hielten der Koumlnig
und die Landesherren daran fest dass die Juden tamquam proprii servi an das jeweilige Territorium
gebunden waren Christliche Schuldner wurden dazu aufgerufen ihre Schulden bei Juden zu
bezahlen nicht aber die Zinsen[98]
Die 1240er Jahre waren in Frankreich gepraumlgt vom Pariser
Talmudprozess in dem der Talmud als ketzerische Schrift verurteilt und danach oumlffentlich verbrannt
wurde[99]
Dies fuumlhrte unter anderem zu einer verstaumlrkten Auswanderung juumldischer Eliten aus
Nordfrankreich[100]
Insgesamt aumlnderte sich der rechtliche Status unter Ludwig IX nicht aber fruumlher
als die Herrscher in England nahm Ludwig IX der 1290 heilig gesprochen wurde den Kampf gegen
den Wucher auf Einige Aktionen Koumlnig Philipps IV (1285-1314) waumlhrend seiner ersten
Regierungsjahre in Bezug auf die Juden muumlssen vor dem Hintergrund der Vertreibungen gesehen
werden die sich in Regionen auszligerhalb der Krondomaumlne ereigneten so beispielsweise die
Ausweisung der juumldischen Fluumlchtlinge durch Philipp IV im Jahre 1291[101]
Daneben ist eine
konsequente Linie den Juden gegenuumlber nicht zu erkennen 1285 erneuerte er beispielsweise ein
Privileg zum Schutz von Synagogen und Friedhoumlfen zugleich bestaumltigte er die Pflicht der Juden ein
spezielles Abzeichen an ihrer Kleidung zu tragen[102]
Beides sind Zeichen dafuumlr dass der Koumlnig zu
dieser Zeit nicht daran dachte die Juden auszuweisen sondern das Leben der Juden rechtlich zu
definieren Vorrangiges Ziel Philipps IV war es zunaumlchst seine Oberherrschaft uumlber die Juden im
Suumlden zu sichern wo diese nicht von allen Baronen anerkannt wurde Die Herrschaft in der
Champagne hatte er sich durch Heirat bereits gesichert Dort in Troyes kam es 1288 zu einer
Mordanklage in deren Folge 13 Juden hingerichtet wurden wobei der Koumlnig ihre Besitztuumlmer
einzog[103]
Groumlszligeren Einfluss auf den Koumlnig scheint die Hostienschaumlndungbeschuldigung 1290 in
Paris gehabt zu haben Philipp IV warnte die Juden vor weiteren Hostienschaumlndungen und
spendete ein Haus neben der Kirche die zum Gedenken an den Fall errichtet worden war[104]
Wie
sein Groszligvater Ludwig IX setzte Philipp IV den Kampf gegen den Wucher fort verbot ihn 1299 und
1303 daneben wurde auch das Verbot des Neubaus von Synagogen sowie des Talmuds bei diesen
Gelegenheiten erneuert[105]
In einer konzentrierten und laumlnger vorbereiteten Aktion lieszlig Philipp IV
dann die Juden (oder jedenfalls die Familienvorstaumlnde) vermutlich am 22 Juli 1306 festsetzen Dies
diente dazu eine genaue Aufstellung der Judenguumlter vorzunehmen und um sich die ausstehenden
Schuldscheine zu sichern Gleichzeitig bedeutete es das Ende der juumldischen Siedlung in Frankreich
bis zu ihrer Wiederzulassung unter Ludwig X im Jahr 1315
Sowohl bei der Vertreibung aus England als auch der aus Frankreich zeigt sich die Gefahr die die
Abhaumlngigkeit der Juden vom Herrscher barg Vor allem in England hatte die privilegierte Position fuumlr
Wohlstand und ein groszliges Maszlig an innerer Autonomie etwa in der Rechtssprechnung oder in bezug
auf die Freizuumlgigkeit gesorgt[106]
Sie schuumltzte die Juden jedoch nicht immer vor Gealtakten wie den
seit der Mitte des 12 Jahrhunderts immer wieder vorkommenden Ritualmordvorwuumlrfen In
Frankreich verschlechterten sich ihre Lebensumstaumlnde mit der Ausbreitung der Krondomaumlne War
es 1182 noch ein geringes Problem fuumlr die Juden eine neue Heimat zu finden und von anderen
franzoumlsischen Landesherren wohlwollend aufgenommen zu werden war dies 1306 nicht mehr
moumlglich Die Herrscher nahmen die theologischen Diskurse uumlber den Wucher oder den Talmud auf
und wurden des weiteren beeinflusst durch antijuumldische Blut- und Hostienschaumlndungsvorwuumlrfe
Auch wirtschaftliche Uumlberlegungen haben eine Rolle gespielt ebenso mag es eine Dynamik
gegeben haben angestoszligen durch die weiteren Vertreibungen in dieser Umbruchszeit in der sich
jeder Herrscher damit profilieren wollte und konnte die Juden zu vertreiben
Die allgemeine Verurteilung des Wuchers
Obwohl gerade in der hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts verstaumlrkt die finanziellen Interessen vor
allem des franzoumlsischen Koumlnigs als Motiv der Vertreibung hervorgehoben wurde folgte die zeitnahe
Argumentation einer innerjuumldischen Perspektive anderen Erklaumlrungsmustern So gilt es zumindest
im Falle der Vertreibung aus England festzuhalten dass sich unter den Juden die Vorstellung
verbreitete das Fehlverhalten einzelner Juden haumltte die Ausweisung von 1290 wie auch andere
Vertreibungen mit verursacht Doch laumlsst sich im Wuchervorwurf gegenuumlber den Juden - dem
durchgaumlngigen Argument der Vertreibungen im 13 Jahrhundert - nicht etwa eine vordergruumlndige
falsche Praxis des Geldverleihs als ausloumlsendes Moment vermuten wie dies gelegentlich auch von
christlicher Seite von den Zeitgenossen vertreten wurde[107]
Vielmehr begann sich seit dem 12
Jahrhundert unter christlichen Gelehrten und weltlichen Herrschern ein theologisches Verstaumlndnis
bezuumlglich des Wuchers durchzusetzen das der wirtschaftlichen Taumltigkeit der Geldleihe auch in den
Haumlnden der Juden keine geduldeten Nische zuzuweisen bereit war[108]
Wucher wurde nun nicht
mehr als Suumlnde gegen den Naumlchsten aus mangelndem Mitgefuumlhl betrachtet und als turpe lucrum
(schaumlndlicher Profit) definiert sondern als Suumlnde gegen die iustitia[109]
Gemaumlszlig dieser Vorstellung
waren alle Wuchergewinne Diebesgut und muszligten zuruumlckgegeben werden Viel schwerer wog die
Feststellung daszlig sich die nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger durch ihre Besteuerung der Juden am
Wuchergewinn der Juden beteiligten und sich darum der gleichen Suumlnden schuldig machten[110]
Somit wurde auf demselben Wege der fuumlrstliche oder koumlnigliche Judenschutz die Legitimation
entzogen Die voumlllige Unterbindung des juumldischen Geldhandels schien darum fuumlr die meisten
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger der einzig richtige Weg wie dies bereits die im Namen Koumlnig
Ludwigs IX verkuumlndete ordenance von Melun 1230 forderte[111]
Als letzte Konsequenz blieb die
Ausweisung der Juden aus immer mehr Herrschaften des franzoumlsischen Koumlnigreiches und
schlieszliglich der Kronlande Das Zerbrechen des Miteinanders von Juden und Christen innerhalb des
franzoumlsischen Koumlnigreiches sowie die schrittweise Aufloumlsung bzw Zerschlagung des
jahrhundertealten juumldischen Siedlungsnetzes muszlig auf die juumldischen Gemeinschaften der
benachbarten Regionen so z B in den Rheinlanden verstoumlrend und beaumlngstigend gewirkt haben
Der dieser Vertreibung zugrundeliegende theologische Diskurs zu Geldhandel und Wucher und die
daraus resultierenden Folgen fuumlr die eigene juumldischen Existenz scheint jedoch nur einen geringen
Einfluszlig auf die Wahrnehmung ihrer eigenen Situation gehabt zu haben Im Zuge der Vertreibung der
franzoumlsischen Juden im Sommer und Herbst 1306 waren juumldische Fluumlchtlinge in die deutschen
Rheinlande gelangt[112]
Wohl wenige Monate spaumlter trafen in Worms die Delegierten des dortigen
Gemeindebezirkes die Vertreter der die Wormser Gemeinde und der sie umgebenden juumldischen
Niederlassungen auf einer Versammlung zusammen Auf diesem juumldischen Landtag sollte eine
Rechtssatzung eine Takkanah verabschiedet werden die die Praxis der juumldischen Geldleihe im
Einzugsgebiet der Gemeinde Worms sowie das Verhalten gegenuumlber hochverschuldeten Kunden
neu regelte[113]
In der Zusammenkunft der Haumlupter des Volkes im bdquoLand Wormsldquo im Jahr 67 des sechsten Jahrtausends
(10 Sept 1306 - 28 Augutst 1307) weil sich wegen unserer groszliger Verfehlungen die Noumlte der
Soumlhne unseres Volkes vermehrten durchforschten wir unsere Taten und fanden dass seit einiger
Zeit ein Schwert die Seele der Elenden und Reinen auffraszlig weil sie Vermoumlgen vermehrt hatten
durch Zins und Zinseszins von den Fuumlrsten der Nichtjuden Diese schuldeten ein Riesenvermoumlgen
den Familienvorstaumlnden Sie schmiedeten Raumlnke sich auf die Juden zu stuumlrzen und sie zu
uumlberfallen um sich von ihren Schulden zu befreien Wir haben beschlossen dass man keine
Erhoumlhung hinzufuumlgen darf und jedem Mann und jeder Frau nicht gestattet werden soll irgend einem
Nichtjuden einem einzelnen Schuldner mehr als 100 Pfund Hallisch zu leihen Und wenn der
Zeitpunkt der Schuldruumlckzahlung gekommen ist soll es nicht mehr gestattet sein die Zinsschuld der
Schuldsumme zuzuschlagen sondern man soll aus der Hand des Schuldners die ganze Schuld
einziehen Und wenn man nicht die ganze Schuld von ihm einziehen kann soll man sich nicht
hindern lassen wenigstens den Zins einzuziehen Nur soll man den Schuldner nicht mit List
uumlbervorteilen Und wenn es nicht gelingt irgend etwas einzuziehen dann soll man dies dem Rat
seiner Gemeinde mitteilen und nach deren Geheiszlig soll man handeln Was das Schuldgeschaumlft der
fuumlrstlichen Schuldner betrifft deren Schulden sich schon vermehrt haben und die niemand mehr
begleichen kann Die Glaumlubiger sollen sich huumlten sie mit hohen Zinsen zu belasten denn es sind
Komplotte zu befuumlrchten was Gott verhuumlten moumlge Schon einige Personen haben sich
zusammengeschlossen und dies gerade nicht bei den Fuumlrsten sondern bei den Klerikern und den
Buumlrgern [114]
Offenkundig standen den Delegierten die befuumlrchteten Konsequenzen der Geldleihe deutlich vor
Augen Wohl ebenso eingeschuumlchtert durch die in Frankreich vollzogene Vertreibung der Juden
wurden von seiten der Juden eigene Verfehlungen aber auch unguumlnstige Machtkonstellation
beobachtet die im Falle der franzoumlsischen Juden zu deren Untergang gefuumlhrt hatten Die
Beziehungen von Juden und Christen steckten auch in den Rheinlanden in den eingangs genannten
Bereichen von Wirtschaft Herrschaft und Religion in einer tieferen Krise Die auf dem
Versammlung von Worms beschlossenen Gegenmaszlignahmen blieben auf die juumldischen Teilnehmer
beschraumlnkt Zuruumlckhaltung gegenuumlber den christlichen Kunden Demut gegenuumlber Gott und das
Flehen um sein Erbarmen was mit guten Werken unterstuumltzt werden soll Eine direkte Verhandlung
mit den christlichen Herrschaftstraumlgern war nicht mehr vorgesehen Das gegenseitige Vertrauen
zwischen Juden und Christen war verschwunden in einer Zeit in der nicht mehr Koexistenz sondern
vor allem von Seiten der Juden die Sorge um die eigene Zukunft das eigene Handeln bestimmte
Zusammenfassung
Die Vertreibung der Juden aus England hatte innerhalb des juumldischen Kontextes noch zu Ansaumltzen der
Selbstreflexion gefuumlhrt die einen konkreten Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Vertretern
der juumldischen Seite und den politischen Entscheidungen der nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger
gegenuumlber der eigenen Gruppe erkennen mochten Dennoch waumlhnte man sich weiterhin in einem
rechtlich voumlllig abgesicherten Verhaumlltnis zur christlichen Umwelt Man war sich eines besonderen
Status innerhalb der christlichen Mehrheitsgesellschaft bewuszligt der in den Augen der Juden in
keiner Weise gefaumlhrdet schien Noch in der zweiten Haumllfte des 13 Jahrhunderts definierte Meir ben
Baruch (gest 1293) die Stellung der Juden im Reich als die eines freien Landbewohners der sein
Land nicht aber seine persoumlnliche Freiheit verloren hat [115]
Er sei darum nicht wie die Nichtjuden
den Fuumlrsten unterworfen und zu Steuerzahlungen verpflichtet Diese Konstruktionen erinnern stark
an die noch im 12 Jahrhundert in Frankreich vertretenen Rechtsauffassungen eines Itzchaq ben
Shmuel von Dampierre (gest ca 1185)[116]
der ebenfalls die Freiheit der Juden im Vergleich zu den
Nichtjuden hervorhebt ihre voumlllige Bewegungsfreiheit im Gegensatz zu an die Scholle gebundenen
Nichtjuden betont und die Juden ebenfalls aus der Rechtspraxis herausnimmt die dem
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger gestattet bei Abwanderung von Personen deren beweglichen
Besitz einzuziehen[117]
Nach juumldischer Auffassung folgten die Interaktionen zwischen Juden und
Christen nach Regeln die von beiden Seiten anerkannt waren Das jedoch sich dies Regelwerk zu
ungunsten der Juden verhaumlndert haben mochte daszlig die eigene Bewegungsfreiheit inzwischen mehr
und mehr eingeschraumlnkt wurde die besonderen Steuergesetzgebung seit den Aumluszligerungen des
Itzchak von Dampiegravere sich erheblich veraumlndern hatte und damit nach daszlig Verhaumlltnis zur christlichen
Umwelt nun erheblichen Umwaumlltzungen unterworfen war wurde wie die Aumluszligerung Meirs nahelegt
weder reflektiert noch einigermaszligen registriert
Das Verhalten der franzoumlsischen Juden Angesichts ihrer Vertreibung ist darum keinesfalls verwunderlich In
den wenigen juumldischen Selbstzeugnisse zur Vertreibung der franzoumlsischen Juden finden sich keine
Spuren die auf einen Prozess der Selbstreflexion schlieszligen lassen Die Frage der Motivation zur
Vertreibung der Juden wird soweit dies die Quellen erkennen lassen nicht diskutiert Der
offenkundige theologische Diskurs zur Unrechtmaumlszligigkeit des auf Zinsen geleisteten Geldverleihs
dem die juumldischen Gemeinschaft im franzoumlsischen Koumlnigreich letztlich zum Opfer fiel wird
nirgendwo rezipiert Man koumlnnte den Eindruck gewinnen dass sich den franzoumlsischen Juden die
Gefaumlhrlichkeit der Diskussion um den Wucher zu keinem Zeitpunkt erschloss Auch in den
konstruierten Narrativen der folgenden Generationen steht die auch fuumlr den einzelnen Juden
folgenreiche finanzielle Auspluumlnderung durch die franzoumlsische Krone im Vordergrund Allerdings
zeigt die Quelle aus dem rheinischen Kontext dass zumindest nach der Vertreibung aus dem
franzoumlsischen Koumlnigreich im Jahre 1306 unter den rheinischen Juden bestimmte Formen der
Geldleihe als Element der Selbstgefaumlhrdung wahrgenommen wurde Dabei macht die Uumlberlieferung
der Wormser Versammlung auch deutlich das die Zerruumlttung des Verhaumlltnisses von Juden und
Christen auch von juumldischer Seite nicht mehr geleugnet werden konnte Dass es sich dabei nicht nur
um eine wirtschaftliche Auseinandersetzung sondern zunaumlchst um einen christlichen theologischen
Diskurs handelte der sich gaumlnzlich juumldischem Handeln entzog scheint den Protagonisten der
Wormser Gemeinde nicht zugaumlnglich gewesen sein Ohne zu erkennen dass die Geldleihe und
somit die eigene wirtschaftliche Existenz gaumlnzlich in Frage gestellt werden koumlnnte versuchten die
Vertreter der Wormser Versammlung durch einzelne Maszlignahmen die Beziehungen zur christlichen
Umgebung zu entlassten um Gefahren von der eigenen Gemeinschaft abzuwenden Auf diese
Weise wurden die Juden im Westen Europas mehr und mehr wirtschaftlichen und theologischen
Dynamiken ausgesetzt die sich jenseits der juumldischen Wahrnehmung auszuformen begannen und
schlieszliglich in die Verdraumlngung der Juden muumlnden sollten die in der Vertreibung von England und
Frankreich ihren Anfang nahm
Rainer Barzen Lennart Guumlntzel
1 uarr Vgl zu Frankreich Chazan Jewry (1973) 154-207 Jordan Monarchy (1998) 177-261 Zu
England Hyams Jews (1996) 173-192 Mentgen Vertreibungen (1997) 11-53 Mundill England
(1998)
2 uarr Chazan Jewry (1973) 63-100 Ders Church (1980) 312f Jordan Monarchy (1998) 23-38
3 uarr Zur Geschichte der Juden unter Ludwig IX vgl Chazan Jewry (1973) 100-153
4 uarr Die Vorbildfunktion Ludwigs IX vor allem in Hinblick auf den Kampf gegen den Wucher erwaumlhnt
Cluse Zusammenhang (1999)135ndash163
5 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
6 uarr Chazan Church (1980) 313-317
7 uarr Florentii Wigorniensis 214f
8 uarr Ebd 212
9 uarr Chazan Church (1980) 317-319
10 uarr Aufstellung der Chroniken bei Abrahams Expulsion (1895) 449f
11 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
12 uarr Ordonnances 317
13 uarr Jordan nennt als Beispiel die Ortschaft Niort die ihre Juden vertreiben konnte Jordan Monarchy
(1998) 183
14 uarr Ebd 184f
15 uarr Ebd 184
16 uarr Ebd 183f
17 uarr Zu den Motiven Philipps IV siehe Mentgen Vertreibungen (1997) 46-49 Schwarzfuchs
Expulsion (1967) 485f
18 uarr Uumlber den generellen Wucherdiskurs siehe unten Kapitel V2
19 uarr Close Rolls Edward I 109
20 uarr Annales de Waverleia 409 ldquo(hellip) Judaeorum (hellip) quae per diversas urbes et castra regionis
Anglicanae per retroacta tempora habitabat confidenter procurante domina Alienora matre dicti
regis Angliae jussa est per edictum regium (hellip)rdquo
21 uarr Annales de Dunstaplia 361-362bdquo (hellip) propter blasphemias quas Judaei saepe faciebant fidei
Christianae statuit rex ut omnes Judaei cum semine suo et substancia ab Anglia pellerentur (hellip)rdquo
22 uarr Ebd bdquo(hellip) et concessit eis rex salvum conductum In ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt
submersi per vim et fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
23 uarr Zum Verhaumlltnis von Dominikanern und Juden zu dieser Zeit vgl Cohen Friars (1982) sowie
Ders Letters (1999)
24 uarr Florentii Wigoriensis 214
25 uarr Uumlber ein moumlgliches Interesse des Adels an der Vertreibung der Juden siehe Mentgen
Vertreibungen (1997) 27-30
26 uarr Annales de Dunstaplia 361-362 bdquoIn ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt submersi per vim et
fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
27 uarr Pierre de Langtoft II 186 bdquoThomas de Wilaund en baunk primer nomeacute par agarde de la court le
regne ad forjoreacute et en la terre de France sanz repairer aleacute Ses compayons ses clercs sunt pris e
meneacute a la thour de Loundres delivreacutes par moneacuteldquo
28 uarr Ebd 188 bdquoPur le quinzme dener al rays en ayeldquo
29 uarr Ebd bdquoOre sunt alez en France e en Pykardye Tutes lur dettes e lur manauntye Sunt salves al
ray dunt fere sa curtaysyeldquo
30 uarr Oumlsterreichische Reimchronik Verse 91239-91777 1186-1192ldquo die dritten vorderungdie an den
Franzois junctet der kunic Albrehter jach die Juden ze rehtgehocircren daz ricircche an und ander nieman
()ldquo Zu dieser Quelle vgl Ziwes Studien (1995) 33f Anm 16
31 uarr Prima Vita Clementis V 5
32 uarr Quarta Vita Clementis V 62bdquo Anno Domini MCCCVJ in festo sancte Marie Magdalene de
mandato et ordinatione regis Francie fuerunt capti omnes Judei ubique in regno Francie quasi
imperceptibiler una die et confiscata sunt bona ipsorum quecumque potuerunt inveniri fueruntque
a regno expulsi ulterius minime reversurirdquo Vgl auch Sexta Vita Clementis V 92-93bdquo Et etiam in
isto anno in die sancte Marie Magdalene omnes Judei de regno Francie congediati [congregati]
fuerunt et eorum bona omnia extiterunt confiscatardquo
33 uarr Continuatio Guilelmi de Nangis 59 bdquoMense Augusto Rex Philippus omnes Judaeos de Regno
Franciae penitus amp omnino fecit expelli certum regressionis terminum sub poena mortis praesigens
eisdemrdquo
34 uarr Florentii Wigoriensis 192 ldquoBarones cum Londoniensibus Judaismum Londoniae spoliaverunt
multis Judaeis interfectisldquo Siehe auch Mundill England (1998) 41
35 uarr Florentii Wigoriensis 210ldquo Rex die Sancte Calixti synagogam Judaeorum in villa Londoniensi
fratribus de Poenitentia contulit Jesu Christi ()ldquo
36 uarr Ebd 222bdquoApud Norhamtonam () puer quidam a Judaeis crucifixus estrdquo
37 uarr BennerReverchon Juden (2003) 181
38 uarr Rubin Tales (1999) 40-48
39 uarr Mentgen Vertreibungen (1997) 42-44
40 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 64f sieht den Muumlnzbeschneidungsskandal als Folge der Verarmung
der Juden Eine andere Meinung vertritt Mundill England (1998) 195-198 der vor allem auf eine
erfolgreiche Rolle der Juden im Wollhandel verweist
41 uarr Florentii Wigoriensis 221ldquo Rex omnes Judaeos et quosdam Christianos de retonsura aut alia
monetae falsatione convictos fecit suspensi Unde Londoniae CCLX et VII Judaei mortis judicium
subierunt Quidam autem relegati quidam etiam eorum perpetuo sunt carceri adjudicati et quidam
in Anglia remanseruntrdquo Vgl auch Mundill England (1998) 67f sowie uumlber die Zahl der Opfer weiter
oben Anmerkung 36
42 uarr Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 S 20
43 uarr Nach der chronikalischen Uumlberlieferung waren es 267 bzw 269 hingerichtete Juden Eine
Auswertung der auszligerchronikalischen Quellen ergab die Zahl von 298 erhaumlngten Juden Rokeacuteach
Monex I (198890) 98
44 uarr Jordan Monarchy (1989) 182f
45 uarr rdquoVos autre fuistis Engles qui exiverunt de terra eorum quia rotundabatis monetamrdquo in
Shatzmiller Schlomo Ibn Verga (1988) 355 Ders Solidariteacute (1986) 423
46 uarr Shlomo Ibn Verga Shevet Yehudah Teil I (hebr) Teil II (dt Uumlbersetzung)(Edit Wiener) Shevet
Yehudah (Edit Shochat)
47 uarr Zu Leben und Werk Shlomo Ibn Vergas Baer Hearot (1934) 152-179
48 uarr Shevet Yehudah Nr 18 (hebr S 42-43 dt Uumlbers S 84-85) Shevet Yehudah (Edit Shochat)
S 66
49 uarr Shevet Yehudah Nr 20 (hebr 43-45 dt Uumlbers 86-89)
50 uarr Zu Yosef ha-Kohen und seinem Werk Loeb Josef Hacohen (1888) XVI 28-56 211-235 XVII
74-95 247-271
51 uarr Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (dt
Uumlbersetzung Wiener)
52 uarr Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) 38-39 (Edit Wiener) 41-42
53 uarr Usque Nachum Israel III (1908) XI-XIII Auch bei Gedalyah Ibn Yachjah Shalshelet ha-
Kabbalah (nach Graetz Geschichte VII (1897) 429 weitere Quellen Graetz ebd 426-430)
54 uarr Siehe Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 20a
55 uarr ldquoSie [die Dominikaner] brachten sogar Muumlnzsorten herbei die sie selbst zuhause beschnitten
hattenldquo Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) S 38 (Edit Wiener) 41
56 uarr Fuumlr vielerlei Hinweise zur hebraumlischen Uumlberlieferung der Vertreibung der franzoumlsischen Juden sei
Dr Abraham David Jerusalem herzlich gedankt
57 uarr Schwarzfuchs History (2001) 269-274 Ben-Shalom Communication (1991) 171-225
58 uarr Abba Mari ben Mose von Lunel Sefer Minchat Qenaot Nr 120 in Shlomo Ibn Adret Tshuvot II
835-836
59 uarr BT Berachot 70a Gemeint ist hier die Philosophie griechischer Tradition die von Abba Mari
besonders bekaumlmpft wurde Shlomo Ibn Adret Teshuvot Bd 2 835 Anmerkung zu Zeile 1 Abba
Mari brachte die Vertreibung der suumldfranzoumlsischen Juden mit deren Hinwendung zur griechischen
Philosophie in Verbindung Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 832 Anmerkung zu Zeile 8
60 uarr Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 835-836 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001) 273
61 uarr Jordan French Monarchy (1989) 195196
62 uarr Saige Juifs (1881) 92
63 uarr Jordan French Monarchy (1989) 205 Saige Juifs (1881) 101-102 308-319 324-325
64 uarr Zu Leben und Werk sowie zu seinem Aufenhalt im Lande Israel siehe Schwarzfuchs History
261 Elbaum Estori ha-Parhi S 918f
65 uarr Zur Bedeutung des hebraumlischen Begriffes Prowentzah der neben der heutigen Provence auch
das Languedoc miteinschloss siehe Gross Gallia Judaica (1887) 489 In diesem Sinne entspricht
Prowentzah der roumlmischen Provincia Narbonnensis In Kontext der Vertreibung der Juden im
Jahre 1306 kann nur das Languedoc gemeint sein
66 uarr Eshtori haParchi Kaftor waFerach 218
67 uarr Schwarzfuchs History (2001) 276-278 Dahan Gersonide (1991)
68 uarr Levi ben Gershom Pirush al ha-Torah
69 uarr Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 153-154
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
Allerdings bleibt eine Datierung dieses Ausspruches schwierig Meir hat zur Zeit der Ausweisung der
Juden aus England noch gelebt Die Form der Uumlberlieferung gibt allerdings keinen Hinweis der
darauf schlieszligen laumlszligt daszlig das Responsum zur Zeit verfaszligt wurde als sich Meir nach 1286 bis zu
seinem Tode bereits in Gefangenschaft aufhielt Letzteres haumltte zumindest wahrscheinlich werden
lassen daszlig Meir sich auf die Ausweisung der Juden bezog So kann der Ausdruck bdquoins Verderben
stuumlrzenldquo auch lediglich den eigentlichen Prozeszlig zum Muumlnzenbeschneidungsvorwurf 1279 und die
Folgen ndash die Hinrichtung von etwas weniger als 300 Juden[43]
Allerdings weist die Aumluszligerung Meirs die
Muumlnzbeschneider haumltten das Elend der Juden in Frankreich und England heraufbeschworen
wiederum in eine andere Richtung Der groszlige Prozeszlig fand in England nicht in Frankreich statt Erste
Vertreibungen von Juden ereigneten sich jedoch zunaumlchst auf dem franzoumlsischen Festland
(Gasgogne 1287)[44]
nicht in England Es spricht somit vieles dafuumlr daszlig Meir gerade auf jene
Vertreibung anzuspielen scheint und in diesem Zusammenhang den Muumlnzbeschneidungsvorwurf als
Ausloumlser fuumlr die Verfolgungen der Juden in England und Frankreich ansah Die Vertreibung der Juden
im Jahre 1306 aus den direkt den franzoumlsischen Koumlnig unterstellten Territorien konnte Meir nicht
gemeint haben Zu dieser Zeit war Meir ben Baruch schon zehn Jahre nicht mehr am Leben
Ein in den Quellen eindeutiger zu fassender Hinweis zur innerjuumldischen Einschaumltzung der Ereignisse
ist uns im Rahmen eines Vorfalls innerhalb einer suumldfranzoumlsisch-provenccedilalischen Gemeinde
uumlberliefert In der Stadt Manosque hatten nach 1290 innerhalb der juumldischen Gemeinde vertriebene
Juden aus England Aufnahme gefunden Allerdings blieben die englischen Juden als eigene Gruppe
auch waumlhrend der naumlchsten 50 Jahre wahrnehmbar was sich offenbar auch in innerjuumldischen
bdquolandsmannschaftlichenldquo Spannungen niederschlug So kam es im Jahre 1338 zwischen dem
einheimischen Juden Aronetus und dem zugezogenen Juden Creysonus von Chartres zu heftigen
Auseinandersetzungen bei denen Aronetus dem Chreysonus zurief bdquoIhr anderen wart die Englaumlnder
die ihr Land verlassen mussten weil ihr die Muumlnzen beschnitten habtldquo[45]
Selbstredend wollte der
ehemalige Fluumlchtling diese Behauptung nicht auf sich sitzen lassen und strebte den Prozeszlig an
Allerdings macht diese Auseinandersetzung auch klar daszlig die Verquickung des
Muumlnzbeschneidungsprozesses mit der Tatsache der Vertreibung in innerjuumldischen Kontext keine
unuumlbliche Argumentation gewesen sein wird
Hatte sich bereits im 14 Jahrhundert dieses Erklaumlrungsmuster als Begruumlndung der Vertreibung im
innerjuumldischen Gedaumlchtnis durchgesetzt Zumindest sollte diese Begruumlndung auch in den
hebraumlischen Chroniken des fruumlhen 16 Jahrhunderts eine entscheidende Rolle einnehmen Folgende
Darstellungen sind durch sephardische Chronisten des 16 Jahrhunderts bekannt Im Shevet
Yehudah[46]
des Shlomo Ibn Verga[47]
(Erstdruck 1550) einer hebraumlischen Chronik die die juumldische
Geschichte als eine Kette von Leiden klassifiziert werden die Ereignisse in England in folgenden
Erzaumlhlrahmen eingeordnet Nach kurzer Einfuumlhrung in die englischen Verhaumlltnisse wird eine
geforderte Bekehrung zum Christentum erwaumlhnt die aus den Quellen des 13 Jahrhunderts nicht
verifiziert werden kann Nach der Zuruumlckweisung dieses Bekehrungsversuchs wird den Juden
vorgeworfen daszlig sie Muumlnzen beschnitten haumltten Dieser wirtschaftliche Betrug fuumlhrte schlieszliglich
durch den Einfluszlig der Dominikaner zur Ausweisung der Juden[48]
Zwei Abschnitte spaumlter wird von
einer Bekehrung zum Judentum eines englischen Dominikaners berichtet was zweifellos die
Geschichte des im 13 Jahrhundert zum Judentum uumlbergetretenen Robert Reading wiedergibt Dem
Chronisten erscheint diese Episode Anlaszlig genug eine Reihe von Anfeindungen auch von Seiten der
Koumlnigin anzufuumlhren die in ihrer Summe schlieszliglich zur Vertreibung der Juden aus dem englischen
Koumlnigreich fuumlhrten[49]
In der Chronik des Yosef ha-Kohen[50]
Emeq ha-Bachah[51]
aus dem Jahre
1558 finden wir dasselbe Material in veraumlnderter Weise angeordnet Ein Vertreter des Predigerordens
verliebt sich in ein juumldisches Maumldchen tritt zum Judentum uumlber und heiratet es Die Dominikaner
beschuldigen vor dem Koumlnig daraufhin die Juden die Muumlnzen zu beschneiden um die Schande des
Glaubensabfalls ihres ehemaligen Mitbruders abzuwenden[52]
Auch in anderen Werken juumldischer
Chronistik aus dem 16 Jahrhundert findet die Episode des zum Judentum konvertierenden
Dominikaners Erwaumlhnung[53]
Obwohl die Chroniken des 16 Jahrhunderts als Belege fuumlr das Geschehen des 13 Jahrhunderts
nicht herangezogen werden koumlnnen so repraumlsentieren sie dennoch eine Tendenz der innerjuumldischen
Wahrnehmung die sich bereits im 13 wie im 14 Jahrhundert ankuumlndigte Hatte noch die christlicher
Uumlberlieferungstradition als Grund fuumlr die Vertreibungen vor allem die theologische Komponente der
Auseinandersetzung betont aber auch die Intervention anderer Herrschaftstraumlger angefuumlhrt so
bildete sich unter den Juden ein voumlllig anderes Erklaumlrungsmuster heraus In den juumldischen
Traditionsstraumlngen wurden die theologische Argumentation nicht rezipiert Dies gilt vor allem fuumlr das
groszlige Feld des Wuchervorwurfs der im Ausweisungsedikt 1290 zum Hauptargument werden sollte
Innerhalb der hebraumlischen Uumlberlieferung muszligten die Ursachen der Vertreibung konkreter fassbar
gemacht werden Zwei Narrative boten sich an die der juumldischen Traditionsbildung schluumlssig
erschienen Hierzu gehoumlrt der historisch gesicherte Prozeszlig zum Muumlnzbeschneidungsvorwurf der in
zeitnahen Dokumenten als gerechtfertigt[54]
in den Traditionen des 16 Jahrhunderts als Verleumdung
angesehen wurde[55]
Demgegenuumlber scheint dieser Prozess fuumlr die Begruumlndung der Ausweisung von
Seiten der christlichen Herrschaftstraumlger keine explizite Rolle gespielt zu haben Die Einbeziehung der
Geschehnisse um den zum Judentum konvertierten Dominikaner nehmen vor allem in den spaumlten
juumldischen Traditionen einen groszligen Stellenwert ein ohne daszlig sie innerhalb des christlichen Kontextes
fuumlr die Begruumlndung der Vertreibung irgend eine Rolle gespielt haumltten So bleiben Christen wie Juden
sich nur in der Tatsache einig dass Ihr Verhaumlltnis zueinander immer groumlszligeren Erschuumltterungen
unterworfen war Die Ursachen dieser Zerwuumlrfnisse konnten dabei durchaus unterschiedlichen
Kontexten zugeordnet werden
Frankreich[56]
Auch die Vertreibung der franzoumlsischen Juden hat in der hebraumlischen Uumlberlieferung nur wenig Spuren
hinterlassen Kein Text ist bekannt der sich ausschlieszliglich auf die Ereignisse der Vertreibung
beziehen wuumlrde Wie im englischen Fall zeugen nur verstreute Bemerkungen im Werk einzelner
juumldischer Gelehrter uumlber eine Resonanz innerhalb der juumldischen Gemeinschaft Eines dieser
Zeugnisse ist aus der Hand des Abba Mari ben Moshe von Lunel uumlberliefert einem Gelehrten der um
1300 vor allem in den polemischen Auseinandersetzungen um die Rezeption des Schriften des
Maimonides und der Frage nach dem Stellenwert philosophischer Studien in Erscheinung getreten
war[57]
In einem Brief[58]
schreibt er
Im Jahre 5066 (1306) der Zaumlhlung dies ist das Jahr welches die Suumlnde hervorgebracht hat[59]
verbreitete sich die Verfolgung (Gezerah) des Koumlnigs von Frankreich (Tzarfat) uumlber alle Juden in
allen Landen seines Koumlnigreiches aus sie aus ihren Haumlusern zu holen und ihnen all ihren Besitz
abzunehmen Alle sollten an einem bestimmten Tag festgesetzt werden jung und alt Frauen und
Kinder und diese sollte am Freitag am zehnten des Monats Aw (22 Juli 1306) geschehen und
man vertrieb sie aus dem Land Die Juden die in der Stadt Montpellier lebten wurden im Jahre
5067 im Monat Marcheshwan vertrieben (10 Okt-7 Nov 1306) Einige von ihnen begaben sich in
die Stadt Perpignan da sie sich des Sieges des Koumlnigs von Mallorca sicher waren dass er ihnen
aus der Hand des Koumlnigs den Aufenthalt und die Versorgung gewaumlhren wuumlrde Wieder andere
zogen weiter in die Provence hellip Und ich nachdem ich mich in die Provence ins Exil begeben
hatte in die Stadt Arles fuhr von dort fort und begab mich von dort in ein zweites Exil in die Stadt
Perpignan Ich kam dort an am ersten des Monats Shwat dem vierten Monat unseres Exils (5 Jan
1307)[60]
Abba Mari beschreibt als Zeitzeuge den politischen Kontext der Vertreibung der Juden im
Suumlden des franzoumlsischen Koumlnigreiches Die Beschreibung bleibt an sein eigenes Schicksal
gebunden Die Ausweisung der Juden umfasst auch das Languedoc das ebenfalls Teil des
direkten Herrschaftsbereichs des franzoumlsischen Koumlnigs Philipp des Schoumlnen geworden war Die
Vertriebenen wandten sich nun benachbarten nichtfranzoumlsischen Herrschaften zu der
Provence die zur Zeit der Vertreibung noch ein Teil des roumlmisch-deutschen Reiches war sowie
den Besitzungen des Koumlnigs von Mallorca zu denen Perpignan und teilweise auch Montpellier
zaumlhlten[61]
Zunaumlchst hatte der Koumlnig von Mallorca die Vertreibung der Juden aus Montpellier in
Opposition zum franzoumlsischen Koumlnig abgelehnt[62]
Die Juden hofften wie Abba Mari betont
dass dieser Widerstand von Dauer sein koumlnnte wurden jedoch enttaumluscht Im Februar 1309
willigte nach langen Verhandlungen auch der mallorquinische Koumlnig ein der Vertreibung der
Juden zuzustimmen[63]
In Territorien in denen er uneingeschraumlnkt seine Herrschaft ausuumlben
konnte wie etwa in Perpignan war den Juden der Aufenthalt weiterhin erlaubt so dass dorthin
wie in die Provence die Juden der Stadt Montpellier weiterzogen Abba Mari beschreibt die
lokalen politischen Zusammenhaumlnge der Vertreibungen der am Mittelmeer gelegenen
Territorien Er hebt dabei den Einfluss des franzoumlsischen Koumlnigs auf Herrschaftstraumlger
auszligerhalb seines Koumlnigreiches hervor nennt jedoch keinen Grund der das Verhalten des
franzoumlsischen Koumlnigs erklaumlrt haumltte Warum die franzoumlsischen Juden ihr Stammland verlassen
mussten wird nicht diskutiert
Ein weiterer Autor des fruumlhen 14 Jahrhunderts Eshtori ha-Parchi[64]
beschreibt in seinem Werk
Kaftor wa-Ferach kurz seine am eigenen Leib erfahrene Vertreibung der Juden aus dem
Suumlden des franzoumlsischen Koumlnigreichs
bdquoAuch erinnere ich mich an das Datum der Zerstoumlrung des kleinen Heiligtums naumlmlich die
Zerstoumlrung der Lehrhaumluser und Synagogen in Tzarfat (Nordfrankreich) und teilweise auch in der
Prowentzah (Suumldfrankreich hier Languedoc)[65]
Ich floh vom Schlachtfeld hellip im Jahre 5066 und
zwar am 10 Aw (22 Juli 1306)ldquo[66]
Eshtori ha-Parchi der sich schlieszliglich im Jahre 1313 im Lande Israel niederliess nennt
keine Begruumlndung der Ereignisse Die Bezeichnung der Vertreibung als Zerstoumlrung des
kleinen Heiligtums macht dem Leser deutlich welche Bedeutung den franzoumlsischen
Gelehrtenzentren vom Autor zugesprochen wurde die in dieser Ruumlckschau als
unwiederbringlich verloren betrachtet werden Eine weitere zeitnahe Notiz zur Vertreibung
der franzoumlsischen Juden laumlsst sich im Tora-Kommentar des Gelehrten R Lewi ben
Gershom (Ralbag) (1288-1344) finden Der Gelehrte der unter seinen nichtjuumldischen
Zeitgenossen auch unter der Bezeichnung Maestre Leo de Bagnol oder auch Magister
Leo Hebraeus bekannt war[67]
schreibt zum Wochenabschnitt Bechukotei (Lev 26 3 -
27 34)
Und wenn es in der Schrift heiszligt sbquoIhr geht unter den Voumllkern zugrunde und das Land euerer
Feinde friszligt euch aufrsquo (Lev 26 38) bezog sich dies auf die groszligen Noumlte unseres Volkes in denen
viele umgekommen sind eingeschlossen das Hinschlachten einiger in den heiligen Gemeinden
und die Vertreibung der Juden aus dem Lande Zarfat Doppelt so viele starben an Hunger und
Pestilenz als beim Auszug aus Aumlgypten[68]
Interessanterweise erwaumlhnt Levi ben Gershom als erster Autor Todesopfer die
innerhalb der juumldischen Gemeinschaft als Folge der Vertreibung zu beklagen waren
Fast ein Jahrhundert spaumlter wohl in der ersten Haumllfte des 15 Jahrhunderts
beschreibt der in Spanien wohl in Tortosa lebende Mattityahu haYizhari ein
Nachkomme einer aus Suumldfrankreich stammenden Familie[69]
die Vertreibung der
Juden mit folgenden Worten
Es sprach Mattityahu Sohn des Moshe Sohn des Weisen Mattiyahu ha-Yizhari sein Andenken
sei zu Segen Viele Noumlte haben uns ereilt seit wir aus dem verheiszligenen Land vertrieben wurden
hellip tausende und zehntausende Juden hatten sich in Frankreich niedergelassen hellip und meine
Vorfahren siedelten in der Stadt Narbonne einer groszligen Stadt Gottes bis Verfehlungen zur
Vertreibung fuumlhrten Einige starben als Maumlrtyrer andere wurde uumlber die ganze Erde zerstreut und
das ganze Land Zarfat lag entbloumlszligt da [70]
Auch bei Levi ben Gershom steht die Zerstoumlrung der groszligen juumldischen Zentren
im Vordergrund Ein Grund fuumlr deren Untergang wird nicht eroumlrtert Ein
aumlhnliches Bild findet sich bei einem weiteren juumldischen Gelehrten aus dem
Beginn des 14 Jahrhunderts In seinem um das Jahr 1321 abgeschlossenen
Werk Even Bochan bemerkt der in Arles geborene juumldische Philosoph
Kalonymos ben Kalonymos (geb 1286)[71]
Als der Herrscher von der Stimmung erfasst wurde mein Volk ins Exil zu fuumlhren vor siebzehn
Jahren uumlberwand er sie in seinem Grimm und vertrieb sie mit starker Hand aus seinem Land
uumlberfuumlhrte sie in Staumldte nackt und mittellos die in ihren Palaumlsten viele Schaumltze von Gold besaszligen
um die Altehrwuumlrdigen ihrer Generation und ihre Prinzen zu vernichten und auszuloumlschen[72]
Die Erwaumlhnung der Enteignung der Juden durch die franzoumlsische Krone
verweist auf den tatsaumlchlichen Verlauf der Ausweisung und auf ihre
fiskalischen Motive[73]
Die auch vom Autor betonten finanziellen
Interessen des Herrschers werden jedoch nicht diskutiert Uumlberhaupt
bleiben die wenigen weiteren zeitgenoumlssischen Bemerkungen zur
Vertreibung sehr skizzenhaft und auch eng mit der Biographie ihrer
Verfasser verknuumlpft So schreibt R Menachem ha-Meiri (Vidal Salamon
Mayr) (geb 1249) der wenige Jahre nach der Vertreibung verstarb[74]
in
seiner Einleitung zur Auslegung des Traktates Avot
als Gott mich vom meinem Vaterhaus fortbrachte machte er meine Soumlhne zu Fluumlchtlingen und
meine Toumlchter fuumlhrte er in Gefangenschaft[75]
Die letzten bekannten Bemerkungen zur Vertreibung aus der
Generation der Zeitzeugen stammen aus der Feder des Dichters
und Philosophen Jedajah ben Abraham haPenini[76]
der in den
Staumldten Beacuteziers Montpellier und Perpignan lebte und um 1325
verstarb In einem Brief an den katalanischen Gelehrten Schlomo
Ibn Adret betonte der Autor wie sehr doch die Juden der Provence
ihre Tuumlren weit fuumlr die Exilierten geoumlffnet haumltten und viel dazu
beigetragen haumltten die Fluumlchtlinge aufzunehmen[77]
Auch in einem
Gedicht schloss der Autor Anspielungen zur Vertreibung der
franzoumlsischen Juden mit ein[78]
Hebraumlische Zeugnisse zur Vertreibung aus dem Norden des
franzoumlsischen Herrschaftsgebietes konnten bisher nicht
nachgewiesen werden Die hier aufgefuumlhrten hebraumlischen Quellen
zur Vertreibung der Juden aus den Herrschaftsgebieten des
franzoumlsischen Koumlnigs stammen ausschlieszliglich von Personen die
durch die Zerstoumlrung der juumldischen Zentren im suumldlichen Frankreich
betroffen waren Diese Uumlberlieferungen wurden schlieszliglich von der
hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts aufgenommen und in
ihre als Zyklen von Leiden und Verfolgung gestalteten Werken
eingearbeitet Itzchaq Abarbanel (gest vor 1550) scheint dabei der
entscheidende Protagonist bei der Schoumlpfung eines die Vertreibung
von 1306 beschreibenden juumldischen Narratives gewesen zu sein
auch wenn er sich nach seinen eigenen Angaben lediglich auf
Itzchak Profiat Duran genannt Efodi einen juumldisch-katalanischen
Autor des spaumlten 14 Jahrhunderts bezog So schreibt Abarbanel
bdquoIm Jahre 5066 (1306) der Zaumlhlung war die Vertreibung aus Frankreich Koumlnig Philipp war ein
grausamer und verfluchter Feind der alle Juden aus seinem Koumlnigreich vertrieb all ihren Besitz
enteignete und sie mittellos des Landes verwies Es gab dort viele groszlige Gemeinden doppelt so
viele (Juden) wie aus Aumlgypten auszogen hellip Und es war eine Zeit der groszligen Not fuumlr Israel hellip es
war im Monat Aw (13 Juli 1306-11 August 1306) und es war eine allumfassende Vertreibung hellipall
dies findet sich in der Schrift bdquoSichron ha-Shmadotldquo die von allen Zerstoumlrung berichtet die sich seit
der Zerstoumlrung des Tempels in Israel ereignet haben aufgeschrieben und redigiert von Efodildquo[79]
Der Autor weiszlig zu berichten unter welchem Koumlnig und in welchem Monat und Jahr die Vertreibung
stattfand Auf die Mittellosigkeit der juumldischen Fluumlchtlinge wird explizit hingewiesen die auf die
Auspluumlnderung durch den Koumlnig zuruumlckgefuumlhrt wird Auch eine Vorstellung von der Zahl der Exilierten
spiegelt sich im Text wider
Shlomo Ibn Verga uumlbernimmt den Text fast woumlrtlich fuumlr seine Chronik Shevet Yehudah und erweitert ihn
lediglich um die nicht belegbare Geschichte der Konversion der Gemeinde von Toulouse[80]
Ihm
folgen Samuel Usque[81]
und Yosef ha-Kohen[82]
So bieten die Erzaumlhltraditionen des 16
Jahrhunderts lediglich ein Geruumlst von Fakten die den Handlungsablauf der Vertreibung mit wenigen
Worten beschreiben Eine Begruumlndung der Vertreibung wird nicht genannt So entspricht die
Erzaumlhlarmut des Textes zur Vertreibung aus Frankreich innerhalb der hebraumlischen Chronistik des
16 Jahrhunderts der allgemeinen Quellenarmut der hebraumlischen Uumlberlieferungstradition zu diesem
Ereignis
Beziehung der Juden zum Herrscher
Anhand der Untersuchung von herrschaftlichen Bindungen der Juden soll im Folgenden verdeutlicht
werden wie sich ein ehemals funktionierendes Miteinander zu einem Zerbrechen eben dieses
Miteinanders mit dem Resultat der Vertreibung veraumlnderte Dazu werden die Herrschaftsstrukturen
mit ihren Veraumlnderungen zwischen dem Koumlnig beziehungsweise anderen christlichen
Herrschaftstraumlgern und den Juden in England und Frankreich analysiert In England siedelten sich
im Zuge der normannischen Eroberungen nach 1066 die ersten aus Frankreich stammenden Juden
an[83]
Seit dieser Zeit wurden sie in Dokumenten haumlufig als bdquoJuden des Koumlnigsldquo[84]
bezeichnet
Diesen exklusiven Anspruch konnte der Koumlnig bis zur Vertreibung durchsetzen auch wenn es
vereinzelt andere Herrschaftstraumlger gab die Macht uumlber Juden erlangten[85]
Die Juden waren dem
Koumlnig direkt unterstellt sie mussten ihm jede Geldforderung erfuumlllen im Gegenzug durften sie nach
ihrem Gesetz leben und ihren Wohnsitz frei waumlhlen[86]
Ein Privileg Richards I von 1190 erwaumlhnt
auszligerdem unter anderem das Recht der Juden auf Landbesitz und zollfreien Handel mit Wein[87]
Belastend fuumlr das Leben der Juden von England war das hohe Maszlig an Verwaltung das die
englischen Koumlnige geschaffen hatten um die Steuern effizient eintreiben zu koumlnnen Anlaumlsslich der
Kroumlnung Richards I im Jahre 1189 war es ausgehend von London zu Massakern an Juden in ganz
England gekommen Da die koumlnigliche Verwaltung nicht nachvollziehen konnte welche
Schuldscheine durch die Verfolgung vernichtet worden waren wurde als Reaktion 1194 ein
Archivsystem (archae) eingefuumlhrt das von nun an alle Geldgeschaumlfte sowie alle Juden mit ihrer
Finanzkraft verzeichnete[88]
Unter Heinrich III (1216-1272) aumlnderte sich der rechtliche Status der
Juden Im Jahr 1253 erlieszlig der Koumlnig ein Mandat das den Juden unter anderem verbot neue
Synagogen zu errichten christliche Bedienstete oder sexuelle Kontakte mit Christen zu haben und
Kirchen zu betreten Wichtigster Punkt war jedoch dass Juden nun ihren Wohnort nicht mehr frei
waumlhlen sondern nur noch dort leben durften wo bereits Juden ansaumlssig waren[89]
Viele der hier
formulierten Mandate waren im IV Laterankonzil von 1215 als verbindliche Verbote fuumlr die Juden in
der christlichen Welt festgelegt worden und fanden nun ihre Umsetzung Daneben stieg die
Besteuerung seit den 1240er Jahren stetig an wodurch die Finanzkraft der Juden bereits deutlich
geschwaumlcht wurde[90]
Im Falle Edwards I zeigte sich schlieszliglich dass die starke Bindung der Juden
an den Koumlnig die den Juden in fruumlheren Jahren zunaumlchst Unabhaumlngigkeit und Wohlstand gebracht
hatte nun ihren Ruin und schlieszliglich ihre Vertreibung bewirkte Der Koumlnig hatte bei Maszlignahmen die
die Juden betrafen kaum Widerspruch zu befuumlrchten zu eindeutig definiert war seine Machstellung
den Juden gegenuumlber In Frankreich unterstanden die Juden dem Herrn ihres jeweiligen Gebiets
der Koumlnig von Frankreich herrschte also nur in der Krondomaumlne uumlber die Juden des Koumlnigreiches[91]
Die Juden waren an ihr angestammtes Territorium gebunden und durften dieses nur mit der
Erlaubnis ihres Landesherrn verlassen Dieses Prinzip reicht bis in die Zeit von Philipp II August
(1180-1223) zuruumlck und wurde seit der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne 1198 in
verschiedenen Vereinbarungen mit anderen franzoumlsischen Territorialherren vertraglich fixiert[92]
Schon bei der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne kam es zu Irritationen da Philipp II
die 1182 vertriebenen Juden nach wie vor als bdquoseine Judenldquo ansah diese Auffassung aber
beispielsweise von Graf Theobald III von Campagne nicht geteilt wurde Er fuumlrchtete Steuerausfaumllle
und war der Meinung dass Juden die sich 1182 in der Champagne niedergelassen hatten nicht
mehr die Juden des Koumlnigs seien[93]
Auch andere Landesherren weigerten sich dem Wegzug ihrer
Juden in die Krondomaumlne zuzustimmen[94]
Auch erste Schritte eines buumlrokratischen Umgangs mit
den Geldgeschaumlften der Juden waren 1198 durch Philipp II August vorgenommen worden
moumlglicherweise beeinflusst durch die archae die in England 1194 unter Koumlnig Richard I eingerichtet
worden waren um die Geldgeschaumlfte und die Finanzkraft der Juden zu dokumentieren In jedem Ort
der Krondomaumlne gab es spezielle Beamte die die Kreditvertraumlge der Juden siegelten und so
kontrollierten wem die Juden welche Betraumlge an Geld liehen[95]
Auch den Juden konnte dieses
Verfahren als Sicherheit fuumlr ihre Geschaumlfte dienen Unter Ludwig VIII (1223-1226) kam es zum
ersten Eingriff in die Geldgeschaumlfte der Juden im franzoumlsischen Gebiet 1223 erlieszlig der Koumlnig
zusammen mit diversen Landesherren ein Statut in dem festgelegt wurde dass die Ruumlckzahlung
aller Schulden bei Juden an insgesamt neun Terminen an die koumlnigliche beziehungsweise
landesherrliche Schatzkammer erfolgen sollte Die Praxis des Siegelns von Urkunden uumlber
Darlehensvergaben wurde abgeschafft Erneut wurde festgehalten dass keiner der Herrscher Juden
eines anderen Herrschers bei sich aufnehmen duumlrfe wobei es bei diesem Punkt wieder zu
Unstimmigkeiten mit dem Grafen der Champagne kam der die Erklaumlrung nicht unterschrieb[96]
Bereits die ersten Jahre der Regierungszeit Ludwigs IX (1226-1270) brachten fuumlr die Juden weitere
Beschwerlichkeiten und erste direkte Aktionen gegen den Wucher Im Jahr 1227 kam es zu einer
erneuten Aneignung der ausstehenden Schulden bei Juden 1228 erging ein Mandat in dem Ludwig
IX befahl bei kuumlnftigen Geldgeschaumlften auf Zinsen zu verzichten Auszligerdem erklaumlrte der Koumlnig bei
Geldgeschaumlften die seit der Schuldentilgung ein Jahr zuvor geschlossen wurden alle Zinsen fuumlr
unguumlltig[97]
Auch die generelle Rechtsstellung der Juden wurde schon fruumlh in der Regierungszeit
Ludwigs IX definiert wobei es bei der alten Regelung blieb Im Statut von Melun hielten der Koumlnig
und die Landesherren daran fest dass die Juden tamquam proprii servi an das jeweilige Territorium
gebunden waren Christliche Schuldner wurden dazu aufgerufen ihre Schulden bei Juden zu
bezahlen nicht aber die Zinsen[98]
Die 1240er Jahre waren in Frankreich gepraumlgt vom Pariser
Talmudprozess in dem der Talmud als ketzerische Schrift verurteilt und danach oumlffentlich verbrannt
wurde[99]
Dies fuumlhrte unter anderem zu einer verstaumlrkten Auswanderung juumldischer Eliten aus
Nordfrankreich[100]
Insgesamt aumlnderte sich der rechtliche Status unter Ludwig IX nicht aber fruumlher
als die Herrscher in England nahm Ludwig IX der 1290 heilig gesprochen wurde den Kampf gegen
den Wucher auf Einige Aktionen Koumlnig Philipps IV (1285-1314) waumlhrend seiner ersten
Regierungsjahre in Bezug auf die Juden muumlssen vor dem Hintergrund der Vertreibungen gesehen
werden die sich in Regionen auszligerhalb der Krondomaumlne ereigneten so beispielsweise die
Ausweisung der juumldischen Fluumlchtlinge durch Philipp IV im Jahre 1291[101]
Daneben ist eine
konsequente Linie den Juden gegenuumlber nicht zu erkennen 1285 erneuerte er beispielsweise ein
Privileg zum Schutz von Synagogen und Friedhoumlfen zugleich bestaumltigte er die Pflicht der Juden ein
spezielles Abzeichen an ihrer Kleidung zu tragen[102]
Beides sind Zeichen dafuumlr dass der Koumlnig zu
dieser Zeit nicht daran dachte die Juden auszuweisen sondern das Leben der Juden rechtlich zu
definieren Vorrangiges Ziel Philipps IV war es zunaumlchst seine Oberherrschaft uumlber die Juden im
Suumlden zu sichern wo diese nicht von allen Baronen anerkannt wurde Die Herrschaft in der
Champagne hatte er sich durch Heirat bereits gesichert Dort in Troyes kam es 1288 zu einer
Mordanklage in deren Folge 13 Juden hingerichtet wurden wobei der Koumlnig ihre Besitztuumlmer
einzog[103]
Groumlszligeren Einfluss auf den Koumlnig scheint die Hostienschaumlndungbeschuldigung 1290 in
Paris gehabt zu haben Philipp IV warnte die Juden vor weiteren Hostienschaumlndungen und
spendete ein Haus neben der Kirche die zum Gedenken an den Fall errichtet worden war[104]
Wie
sein Groszligvater Ludwig IX setzte Philipp IV den Kampf gegen den Wucher fort verbot ihn 1299 und
1303 daneben wurde auch das Verbot des Neubaus von Synagogen sowie des Talmuds bei diesen
Gelegenheiten erneuert[105]
In einer konzentrierten und laumlnger vorbereiteten Aktion lieszlig Philipp IV
dann die Juden (oder jedenfalls die Familienvorstaumlnde) vermutlich am 22 Juli 1306 festsetzen Dies
diente dazu eine genaue Aufstellung der Judenguumlter vorzunehmen und um sich die ausstehenden
Schuldscheine zu sichern Gleichzeitig bedeutete es das Ende der juumldischen Siedlung in Frankreich
bis zu ihrer Wiederzulassung unter Ludwig X im Jahr 1315
Sowohl bei der Vertreibung aus England als auch der aus Frankreich zeigt sich die Gefahr die die
Abhaumlngigkeit der Juden vom Herrscher barg Vor allem in England hatte die privilegierte Position fuumlr
Wohlstand und ein groszliges Maszlig an innerer Autonomie etwa in der Rechtssprechnung oder in bezug
auf die Freizuumlgigkeit gesorgt[106]
Sie schuumltzte die Juden jedoch nicht immer vor Gealtakten wie den
seit der Mitte des 12 Jahrhunderts immer wieder vorkommenden Ritualmordvorwuumlrfen In
Frankreich verschlechterten sich ihre Lebensumstaumlnde mit der Ausbreitung der Krondomaumlne War
es 1182 noch ein geringes Problem fuumlr die Juden eine neue Heimat zu finden und von anderen
franzoumlsischen Landesherren wohlwollend aufgenommen zu werden war dies 1306 nicht mehr
moumlglich Die Herrscher nahmen die theologischen Diskurse uumlber den Wucher oder den Talmud auf
und wurden des weiteren beeinflusst durch antijuumldische Blut- und Hostienschaumlndungsvorwuumlrfe
Auch wirtschaftliche Uumlberlegungen haben eine Rolle gespielt ebenso mag es eine Dynamik
gegeben haben angestoszligen durch die weiteren Vertreibungen in dieser Umbruchszeit in der sich
jeder Herrscher damit profilieren wollte und konnte die Juden zu vertreiben
Die allgemeine Verurteilung des Wuchers
Obwohl gerade in der hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts verstaumlrkt die finanziellen Interessen vor
allem des franzoumlsischen Koumlnigs als Motiv der Vertreibung hervorgehoben wurde folgte die zeitnahe
Argumentation einer innerjuumldischen Perspektive anderen Erklaumlrungsmustern So gilt es zumindest
im Falle der Vertreibung aus England festzuhalten dass sich unter den Juden die Vorstellung
verbreitete das Fehlverhalten einzelner Juden haumltte die Ausweisung von 1290 wie auch andere
Vertreibungen mit verursacht Doch laumlsst sich im Wuchervorwurf gegenuumlber den Juden - dem
durchgaumlngigen Argument der Vertreibungen im 13 Jahrhundert - nicht etwa eine vordergruumlndige
falsche Praxis des Geldverleihs als ausloumlsendes Moment vermuten wie dies gelegentlich auch von
christlicher Seite von den Zeitgenossen vertreten wurde[107]
Vielmehr begann sich seit dem 12
Jahrhundert unter christlichen Gelehrten und weltlichen Herrschern ein theologisches Verstaumlndnis
bezuumlglich des Wuchers durchzusetzen das der wirtschaftlichen Taumltigkeit der Geldleihe auch in den
Haumlnden der Juden keine geduldeten Nische zuzuweisen bereit war[108]
Wucher wurde nun nicht
mehr als Suumlnde gegen den Naumlchsten aus mangelndem Mitgefuumlhl betrachtet und als turpe lucrum
(schaumlndlicher Profit) definiert sondern als Suumlnde gegen die iustitia[109]
Gemaumlszlig dieser Vorstellung
waren alle Wuchergewinne Diebesgut und muszligten zuruumlckgegeben werden Viel schwerer wog die
Feststellung daszlig sich die nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger durch ihre Besteuerung der Juden am
Wuchergewinn der Juden beteiligten und sich darum der gleichen Suumlnden schuldig machten[110]
Somit wurde auf demselben Wege der fuumlrstliche oder koumlnigliche Judenschutz die Legitimation
entzogen Die voumlllige Unterbindung des juumldischen Geldhandels schien darum fuumlr die meisten
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger der einzig richtige Weg wie dies bereits die im Namen Koumlnig
Ludwigs IX verkuumlndete ordenance von Melun 1230 forderte[111]
Als letzte Konsequenz blieb die
Ausweisung der Juden aus immer mehr Herrschaften des franzoumlsischen Koumlnigreiches und
schlieszliglich der Kronlande Das Zerbrechen des Miteinanders von Juden und Christen innerhalb des
franzoumlsischen Koumlnigreiches sowie die schrittweise Aufloumlsung bzw Zerschlagung des
jahrhundertealten juumldischen Siedlungsnetzes muszlig auf die juumldischen Gemeinschaften der
benachbarten Regionen so z B in den Rheinlanden verstoumlrend und beaumlngstigend gewirkt haben
Der dieser Vertreibung zugrundeliegende theologische Diskurs zu Geldhandel und Wucher und die
daraus resultierenden Folgen fuumlr die eigene juumldischen Existenz scheint jedoch nur einen geringen
Einfluszlig auf die Wahrnehmung ihrer eigenen Situation gehabt zu haben Im Zuge der Vertreibung der
franzoumlsischen Juden im Sommer und Herbst 1306 waren juumldische Fluumlchtlinge in die deutschen
Rheinlande gelangt[112]
Wohl wenige Monate spaumlter trafen in Worms die Delegierten des dortigen
Gemeindebezirkes die Vertreter der die Wormser Gemeinde und der sie umgebenden juumldischen
Niederlassungen auf einer Versammlung zusammen Auf diesem juumldischen Landtag sollte eine
Rechtssatzung eine Takkanah verabschiedet werden die die Praxis der juumldischen Geldleihe im
Einzugsgebiet der Gemeinde Worms sowie das Verhalten gegenuumlber hochverschuldeten Kunden
neu regelte[113]
In der Zusammenkunft der Haumlupter des Volkes im bdquoLand Wormsldquo im Jahr 67 des sechsten Jahrtausends
(10 Sept 1306 - 28 Augutst 1307) weil sich wegen unserer groszliger Verfehlungen die Noumlte der
Soumlhne unseres Volkes vermehrten durchforschten wir unsere Taten und fanden dass seit einiger
Zeit ein Schwert die Seele der Elenden und Reinen auffraszlig weil sie Vermoumlgen vermehrt hatten
durch Zins und Zinseszins von den Fuumlrsten der Nichtjuden Diese schuldeten ein Riesenvermoumlgen
den Familienvorstaumlnden Sie schmiedeten Raumlnke sich auf die Juden zu stuumlrzen und sie zu
uumlberfallen um sich von ihren Schulden zu befreien Wir haben beschlossen dass man keine
Erhoumlhung hinzufuumlgen darf und jedem Mann und jeder Frau nicht gestattet werden soll irgend einem
Nichtjuden einem einzelnen Schuldner mehr als 100 Pfund Hallisch zu leihen Und wenn der
Zeitpunkt der Schuldruumlckzahlung gekommen ist soll es nicht mehr gestattet sein die Zinsschuld der
Schuldsumme zuzuschlagen sondern man soll aus der Hand des Schuldners die ganze Schuld
einziehen Und wenn man nicht die ganze Schuld von ihm einziehen kann soll man sich nicht
hindern lassen wenigstens den Zins einzuziehen Nur soll man den Schuldner nicht mit List
uumlbervorteilen Und wenn es nicht gelingt irgend etwas einzuziehen dann soll man dies dem Rat
seiner Gemeinde mitteilen und nach deren Geheiszlig soll man handeln Was das Schuldgeschaumlft der
fuumlrstlichen Schuldner betrifft deren Schulden sich schon vermehrt haben und die niemand mehr
begleichen kann Die Glaumlubiger sollen sich huumlten sie mit hohen Zinsen zu belasten denn es sind
Komplotte zu befuumlrchten was Gott verhuumlten moumlge Schon einige Personen haben sich
zusammengeschlossen und dies gerade nicht bei den Fuumlrsten sondern bei den Klerikern und den
Buumlrgern [114]
Offenkundig standen den Delegierten die befuumlrchteten Konsequenzen der Geldleihe deutlich vor
Augen Wohl ebenso eingeschuumlchtert durch die in Frankreich vollzogene Vertreibung der Juden
wurden von seiten der Juden eigene Verfehlungen aber auch unguumlnstige Machtkonstellation
beobachtet die im Falle der franzoumlsischen Juden zu deren Untergang gefuumlhrt hatten Die
Beziehungen von Juden und Christen steckten auch in den Rheinlanden in den eingangs genannten
Bereichen von Wirtschaft Herrschaft und Religion in einer tieferen Krise Die auf dem
Versammlung von Worms beschlossenen Gegenmaszlignahmen blieben auf die juumldischen Teilnehmer
beschraumlnkt Zuruumlckhaltung gegenuumlber den christlichen Kunden Demut gegenuumlber Gott und das
Flehen um sein Erbarmen was mit guten Werken unterstuumltzt werden soll Eine direkte Verhandlung
mit den christlichen Herrschaftstraumlgern war nicht mehr vorgesehen Das gegenseitige Vertrauen
zwischen Juden und Christen war verschwunden in einer Zeit in der nicht mehr Koexistenz sondern
vor allem von Seiten der Juden die Sorge um die eigene Zukunft das eigene Handeln bestimmte
Zusammenfassung
Die Vertreibung der Juden aus England hatte innerhalb des juumldischen Kontextes noch zu Ansaumltzen der
Selbstreflexion gefuumlhrt die einen konkreten Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Vertretern
der juumldischen Seite und den politischen Entscheidungen der nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger
gegenuumlber der eigenen Gruppe erkennen mochten Dennoch waumlhnte man sich weiterhin in einem
rechtlich voumlllig abgesicherten Verhaumlltnis zur christlichen Umwelt Man war sich eines besonderen
Status innerhalb der christlichen Mehrheitsgesellschaft bewuszligt der in den Augen der Juden in
keiner Weise gefaumlhrdet schien Noch in der zweiten Haumllfte des 13 Jahrhunderts definierte Meir ben
Baruch (gest 1293) die Stellung der Juden im Reich als die eines freien Landbewohners der sein
Land nicht aber seine persoumlnliche Freiheit verloren hat [115]
Er sei darum nicht wie die Nichtjuden
den Fuumlrsten unterworfen und zu Steuerzahlungen verpflichtet Diese Konstruktionen erinnern stark
an die noch im 12 Jahrhundert in Frankreich vertretenen Rechtsauffassungen eines Itzchaq ben
Shmuel von Dampierre (gest ca 1185)[116]
der ebenfalls die Freiheit der Juden im Vergleich zu den
Nichtjuden hervorhebt ihre voumlllige Bewegungsfreiheit im Gegensatz zu an die Scholle gebundenen
Nichtjuden betont und die Juden ebenfalls aus der Rechtspraxis herausnimmt die dem
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger gestattet bei Abwanderung von Personen deren beweglichen
Besitz einzuziehen[117]
Nach juumldischer Auffassung folgten die Interaktionen zwischen Juden und
Christen nach Regeln die von beiden Seiten anerkannt waren Das jedoch sich dies Regelwerk zu
ungunsten der Juden verhaumlndert haben mochte daszlig die eigene Bewegungsfreiheit inzwischen mehr
und mehr eingeschraumlnkt wurde die besonderen Steuergesetzgebung seit den Aumluszligerungen des
Itzchak von Dampiegravere sich erheblich veraumlndern hatte und damit nach daszlig Verhaumlltnis zur christlichen
Umwelt nun erheblichen Umwaumlltzungen unterworfen war wurde wie die Aumluszligerung Meirs nahelegt
weder reflektiert noch einigermaszligen registriert
Das Verhalten der franzoumlsischen Juden Angesichts ihrer Vertreibung ist darum keinesfalls verwunderlich In
den wenigen juumldischen Selbstzeugnisse zur Vertreibung der franzoumlsischen Juden finden sich keine
Spuren die auf einen Prozess der Selbstreflexion schlieszligen lassen Die Frage der Motivation zur
Vertreibung der Juden wird soweit dies die Quellen erkennen lassen nicht diskutiert Der
offenkundige theologische Diskurs zur Unrechtmaumlszligigkeit des auf Zinsen geleisteten Geldverleihs
dem die juumldischen Gemeinschaft im franzoumlsischen Koumlnigreich letztlich zum Opfer fiel wird
nirgendwo rezipiert Man koumlnnte den Eindruck gewinnen dass sich den franzoumlsischen Juden die
Gefaumlhrlichkeit der Diskussion um den Wucher zu keinem Zeitpunkt erschloss Auch in den
konstruierten Narrativen der folgenden Generationen steht die auch fuumlr den einzelnen Juden
folgenreiche finanzielle Auspluumlnderung durch die franzoumlsische Krone im Vordergrund Allerdings
zeigt die Quelle aus dem rheinischen Kontext dass zumindest nach der Vertreibung aus dem
franzoumlsischen Koumlnigreich im Jahre 1306 unter den rheinischen Juden bestimmte Formen der
Geldleihe als Element der Selbstgefaumlhrdung wahrgenommen wurde Dabei macht die Uumlberlieferung
der Wormser Versammlung auch deutlich das die Zerruumlttung des Verhaumlltnisses von Juden und
Christen auch von juumldischer Seite nicht mehr geleugnet werden konnte Dass es sich dabei nicht nur
um eine wirtschaftliche Auseinandersetzung sondern zunaumlchst um einen christlichen theologischen
Diskurs handelte der sich gaumlnzlich juumldischem Handeln entzog scheint den Protagonisten der
Wormser Gemeinde nicht zugaumlnglich gewesen sein Ohne zu erkennen dass die Geldleihe und
somit die eigene wirtschaftliche Existenz gaumlnzlich in Frage gestellt werden koumlnnte versuchten die
Vertreter der Wormser Versammlung durch einzelne Maszlignahmen die Beziehungen zur christlichen
Umgebung zu entlassten um Gefahren von der eigenen Gemeinschaft abzuwenden Auf diese
Weise wurden die Juden im Westen Europas mehr und mehr wirtschaftlichen und theologischen
Dynamiken ausgesetzt die sich jenseits der juumldischen Wahrnehmung auszuformen begannen und
schlieszliglich in die Verdraumlngung der Juden muumlnden sollten die in der Vertreibung von England und
Frankreich ihren Anfang nahm
Rainer Barzen Lennart Guumlntzel
1 uarr Vgl zu Frankreich Chazan Jewry (1973) 154-207 Jordan Monarchy (1998) 177-261 Zu
England Hyams Jews (1996) 173-192 Mentgen Vertreibungen (1997) 11-53 Mundill England
(1998)
2 uarr Chazan Jewry (1973) 63-100 Ders Church (1980) 312f Jordan Monarchy (1998) 23-38
3 uarr Zur Geschichte der Juden unter Ludwig IX vgl Chazan Jewry (1973) 100-153
4 uarr Die Vorbildfunktion Ludwigs IX vor allem in Hinblick auf den Kampf gegen den Wucher erwaumlhnt
Cluse Zusammenhang (1999)135ndash163
5 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
6 uarr Chazan Church (1980) 313-317
7 uarr Florentii Wigorniensis 214f
8 uarr Ebd 212
9 uarr Chazan Church (1980) 317-319
10 uarr Aufstellung der Chroniken bei Abrahams Expulsion (1895) 449f
11 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
12 uarr Ordonnances 317
13 uarr Jordan nennt als Beispiel die Ortschaft Niort die ihre Juden vertreiben konnte Jordan Monarchy
(1998) 183
14 uarr Ebd 184f
15 uarr Ebd 184
16 uarr Ebd 183f
17 uarr Zu den Motiven Philipps IV siehe Mentgen Vertreibungen (1997) 46-49 Schwarzfuchs
Expulsion (1967) 485f
18 uarr Uumlber den generellen Wucherdiskurs siehe unten Kapitel V2
19 uarr Close Rolls Edward I 109
20 uarr Annales de Waverleia 409 ldquo(hellip) Judaeorum (hellip) quae per diversas urbes et castra regionis
Anglicanae per retroacta tempora habitabat confidenter procurante domina Alienora matre dicti
regis Angliae jussa est per edictum regium (hellip)rdquo
21 uarr Annales de Dunstaplia 361-362bdquo (hellip) propter blasphemias quas Judaei saepe faciebant fidei
Christianae statuit rex ut omnes Judaei cum semine suo et substancia ab Anglia pellerentur (hellip)rdquo
22 uarr Ebd bdquo(hellip) et concessit eis rex salvum conductum In ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt
submersi per vim et fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
23 uarr Zum Verhaumlltnis von Dominikanern und Juden zu dieser Zeit vgl Cohen Friars (1982) sowie
Ders Letters (1999)
24 uarr Florentii Wigoriensis 214
25 uarr Uumlber ein moumlgliches Interesse des Adels an der Vertreibung der Juden siehe Mentgen
Vertreibungen (1997) 27-30
26 uarr Annales de Dunstaplia 361-362 bdquoIn ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt submersi per vim et
fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
27 uarr Pierre de Langtoft II 186 bdquoThomas de Wilaund en baunk primer nomeacute par agarde de la court le
regne ad forjoreacute et en la terre de France sanz repairer aleacute Ses compayons ses clercs sunt pris e
meneacute a la thour de Loundres delivreacutes par moneacuteldquo
28 uarr Ebd 188 bdquoPur le quinzme dener al rays en ayeldquo
29 uarr Ebd bdquoOre sunt alez en France e en Pykardye Tutes lur dettes e lur manauntye Sunt salves al
ray dunt fere sa curtaysyeldquo
30 uarr Oumlsterreichische Reimchronik Verse 91239-91777 1186-1192ldquo die dritten vorderungdie an den
Franzois junctet der kunic Albrehter jach die Juden ze rehtgehocircren daz ricircche an und ander nieman
()ldquo Zu dieser Quelle vgl Ziwes Studien (1995) 33f Anm 16
31 uarr Prima Vita Clementis V 5
32 uarr Quarta Vita Clementis V 62bdquo Anno Domini MCCCVJ in festo sancte Marie Magdalene de
mandato et ordinatione regis Francie fuerunt capti omnes Judei ubique in regno Francie quasi
imperceptibiler una die et confiscata sunt bona ipsorum quecumque potuerunt inveniri fueruntque
a regno expulsi ulterius minime reversurirdquo Vgl auch Sexta Vita Clementis V 92-93bdquo Et etiam in
isto anno in die sancte Marie Magdalene omnes Judei de regno Francie congediati [congregati]
fuerunt et eorum bona omnia extiterunt confiscatardquo
33 uarr Continuatio Guilelmi de Nangis 59 bdquoMense Augusto Rex Philippus omnes Judaeos de Regno
Franciae penitus amp omnino fecit expelli certum regressionis terminum sub poena mortis praesigens
eisdemrdquo
34 uarr Florentii Wigoriensis 192 ldquoBarones cum Londoniensibus Judaismum Londoniae spoliaverunt
multis Judaeis interfectisldquo Siehe auch Mundill England (1998) 41
35 uarr Florentii Wigoriensis 210ldquo Rex die Sancte Calixti synagogam Judaeorum in villa Londoniensi
fratribus de Poenitentia contulit Jesu Christi ()ldquo
36 uarr Ebd 222bdquoApud Norhamtonam () puer quidam a Judaeis crucifixus estrdquo
37 uarr BennerReverchon Juden (2003) 181
38 uarr Rubin Tales (1999) 40-48
39 uarr Mentgen Vertreibungen (1997) 42-44
40 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 64f sieht den Muumlnzbeschneidungsskandal als Folge der Verarmung
der Juden Eine andere Meinung vertritt Mundill England (1998) 195-198 der vor allem auf eine
erfolgreiche Rolle der Juden im Wollhandel verweist
41 uarr Florentii Wigoriensis 221ldquo Rex omnes Judaeos et quosdam Christianos de retonsura aut alia
monetae falsatione convictos fecit suspensi Unde Londoniae CCLX et VII Judaei mortis judicium
subierunt Quidam autem relegati quidam etiam eorum perpetuo sunt carceri adjudicati et quidam
in Anglia remanseruntrdquo Vgl auch Mundill England (1998) 67f sowie uumlber die Zahl der Opfer weiter
oben Anmerkung 36
42 uarr Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 S 20
43 uarr Nach der chronikalischen Uumlberlieferung waren es 267 bzw 269 hingerichtete Juden Eine
Auswertung der auszligerchronikalischen Quellen ergab die Zahl von 298 erhaumlngten Juden Rokeacuteach
Monex I (198890) 98
44 uarr Jordan Monarchy (1989) 182f
45 uarr rdquoVos autre fuistis Engles qui exiverunt de terra eorum quia rotundabatis monetamrdquo in
Shatzmiller Schlomo Ibn Verga (1988) 355 Ders Solidariteacute (1986) 423
46 uarr Shlomo Ibn Verga Shevet Yehudah Teil I (hebr) Teil II (dt Uumlbersetzung)(Edit Wiener) Shevet
Yehudah (Edit Shochat)
47 uarr Zu Leben und Werk Shlomo Ibn Vergas Baer Hearot (1934) 152-179
48 uarr Shevet Yehudah Nr 18 (hebr S 42-43 dt Uumlbers S 84-85) Shevet Yehudah (Edit Shochat)
S 66
49 uarr Shevet Yehudah Nr 20 (hebr 43-45 dt Uumlbers 86-89)
50 uarr Zu Yosef ha-Kohen und seinem Werk Loeb Josef Hacohen (1888) XVI 28-56 211-235 XVII
74-95 247-271
51 uarr Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (dt
Uumlbersetzung Wiener)
52 uarr Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) 38-39 (Edit Wiener) 41-42
53 uarr Usque Nachum Israel III (1908) XI-XIII Auch bei Gedalyah Ibn Yachjah Shalshelet ha-
Kabbalah (nach Graetz Geschichte VII (1897) 429 weitere Quellen Graetz ebd 426-430)
54 uarr Siehe Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 20a
55 uarr ldquoSie [die Dominikaner] brachten sogar Muumlnzsorten herbei die sie selbst zuhause beschnitten
hattenldquo Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) S 38 (Edit Wiener) 41
56 uarr Fuumlr vielerlei Hinweise zur hebraumlischen Uumlberlieferung der Vertreibung der franzoumlsischen Juden sei
Dr Abraham David Jerusalem herzlich gedankt
57 uarr Schwarzfuchs History (2001) 269-274 Ben-Shalom Communication (1991) 171-225
58 uarr Abba Mari ben Mose von Lunel Sefer Minchat Qenaot Nr 120 in Shlomo Ibn Adret Tshuvot II
835-836
59 uarr BT Berachot 70a Gemeint ist hier die Philosophie griechischer Tradition die von Abba Mari
besonders bekaumlmpft wurde Shlomo Ibn Adret Teshuvot Bd 2 835 Anmerkung zu Zeile 1 Abba
Mari brachte die Vertreibung der suumldfranzoumlsischen Juden mit deren Hinwendung zur griechischen
Philosophie in Verbindung Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 832 Anmerkung zu Zeile 8
60 uarr Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 835-836 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001) 273
61 uarr Jordan French Monarchy (1989) 195196
62 uarr Saige Juifs (1881) 92
63 uarr Jordan French Monarchy (1989) 205 Saige Juifs (1881) 101-102 308-319 324-325
64 uarr Zu Leben und Werk sowie zu seinem Aufenhalt im Lande Israel siehe Schwarzfuchs History
261 Elbaum Estori ha-Parhi S 918f
65 uarr Zur Bedeutung des hebraumlischen Begriffes Prowentzah der neben der heutigen Provence auch
das Languedoc miteinschloss siehe Gross Gallia Judaica (1887) 489 In diesem Sinne entspricht
Prowentzah der roumlmischen Provincia Narbonnensis In Kontext der Vertreibung der Juden im
Jahre 1306 kann nur das Languedoc gemeint sein
66 uarr Eshtori haParchi Kaftor waFerach 218
67 uarr Schwarzfuchs History (2001) 276-278 Dahan Gersonide (1991)
68 uarr Levi ben Gershom Pirush al ha-Torah
69 uarr Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 153-154
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
einer Bekehrung zum Judentum eines englischen Dominikaners berichtet was zweifellos die
Geschichte des im 13 Jahrhundert zum Judentum uumlbergetretenen Robert Reading wiedergibt Dem
Chronisten erscheint diese Episode Anlaszlig genug eine Reihe von Anfeindungen auch von Seiten der
Koumlnigin anzufuumlhren die in ihrer Summe schlieszliglich zur Vertreibung der Juden aus dem englischen
Koumlnigreich fuumlhrten[49]
In der Chronik des Yosef ha-Kohen[50]
Emeq ha-Bachah[51]
aus dem Jahre
1558 finden wir dasselbe Material in veraumlnderter Weise angeordnet Ein Vertreter des Predigerordens
verliebt sich in ein juumldisches Maumldchen tritt zum Judentum uumlber und heiratet es Die Dominikaner
beschuldigen vor dem Koumlnig daraufhin die Juden die Muumlnzen zu beschneiden um die Schande des
Glaubensabfalls ihres ehemaligen Mitbruders abzuwenden[52]
Auch in anderen Werken juumldischer
Chronistik aus dem 16 Jahrhundert findet die Episode des zum Judentum konvertierenden
Dominikaners Erwaumlhnung[53]
Obwohl die Chroniken des 16 Jahrhunderts als Belege fuumlr das Geschehen des 13 Jahrhunderts
nicht herangezogen werden koumlnnen so repraumlsentieren sie dennoch eine Tendenz der innerjuumldischen
Wahrnehmung die sich bereits im 13 wie im 14 Jahrhundert ankuumlndigte Hatte noch die christlicher
Uumlberlieferungstradition als Grund fuumlr die Vertreibungen vor allem die theologische Komponente der
Auseinandersetzung betont aber auch die Intervention anderer Herrschaftstraumlger angefuumlhrt so
bildete sich unter den Juden ein voumlllig anderes Erklaumlrungsmuster heraus In den juumldischen
Traditionsstraumlngen wurden die theologische Argumentation nicht rezipiert Dies gilt vor allem fuumlr das
groszlige Feld des Wuchervorwurfs der im Ausweisungsedikt 1290 zum Hauptargument werden sollte
Innerhalb der hebraumlischen Uumlberlieferung muszligten die Ursachen der Vertreibung konkreter fassbar
gemacht werden Zwei Narrative boten sich an die der juumldischen Traditionsbildung schluumlssig
erschienen Hierzu gehoumlrt der historisch gesicherte Prozeszlig zum Muumlnzbeschneidungsvorwurf der in
zeitnahen Dokumenten als gerechtfertigt[54]
in den Traditionen des 16 Jahrhunderts als Verleumdung
angesehen wurde[55]
Demgegenuumlber scheint dieser Prozess fuumlr die Begruumlndung der Ausweisung von
Seiten der christlichen Herrschaftstraumlger keine explizite Rolle gespielt zu haben Die Einbeziehung der
Geschehnisse um den zum Judentum konvertierten Dominikaner nehmen vor allem in den spaumlten
juumldischen Traditionen einen groszligen Stellenwert ein ohne daszlig sie innerhalb des christlichen Kontextes
fuumlr die Begruumlndung der Vertreibung irgend eine Rolle gespielt haumltten So bleiben Christen wie Juden
sich nur in der Tatsache einig dass Ihr Verhaumlltnis zueinander immer groumlszligeren Erschuumltterungen
unterworfen war Die Ursachen dieser Zerwuumlrfnisse konnten dabei durchaus unterschiedlichen
Kontexten zugeordnet werden
Frankreich[56]
Auch die Vertreibung der franzoumlsischen Juden hat in der hebraumlischen Uumlberlieferung nur wenig Spuren
hinterlassen Kein Text ist bekannt der sich ausschlieszliglich auf die Ereignisse der Vertreibung
beziehen wuumlrde Wie im englischen Fall zeugen nur verstreute Bemerkungen im Werk einzelner
juumldischer Gelehrter uumlber eine Resonanz innerhalb der juumldischen Gemeinschaft Eines dieser
Zeugnisse ist aus der Hand des Abba Mari ben Moshe von Lunel uumlberliefert einem Gelehrten der um
1300 vor allem in den polemischen Auseinandersetzungen um die Rezeption des Schriften des
Maimonides und der Frage nach dem Stellenwert philosophischer Studien in Erscheinung getreten
war[57]
In einem Brief[58]
schreibt er
Im Jahre 5066 (1306) der Zaumlhlung dies ist das Jahr welches die Suumlnde hervorgebracht hat[59]
verbreitete sich die Verfolgung (Gezerah) des Koumlnigs von Frankreich (Tzarfat) uumlber alle Juden in
allen Landen seines Koumlnigreiches aus sie aus ihren Haumlusern zu holen und ihnen all ihren Besitz
abzunehmen Alle sollten an einem bestimmten Tag festgesetzt werden jung und alt Frauen und
Kinder und diese sollte am Freitag am zehnten des Monats Aw (22 Juli 1306) geschehen und
man vertrieb sie aus dem Land Die Juden die in der Stadt Montpellier lebten wurden im Jahre
5067 im Monat Marcheshwan vertrieben (10 Okt-7 Nov 1306) Einige von ihnen begaben sich in
die Stadt Perpignan da sie sich des Sieges des Koumlnigs von Mallorca sicher waren dass er ihnen
aus der Hand des Koumlnigs den Aufenthalt und die Versorgung gewaumlhren wuumlrde Wieder andere
zogen weiter in die Provence hellip Und ich nachdem ich mich in die Provence ins Exil begeben
hatte in die Stadt Arles fuhr von dort fort und begab mich von dort in ein zweites Exil in die Stadt
Perpignan Ich kam dort an am ersten des Monats Shwat dem vierten Monat unseres Exils (5 Jan
1307)[60]
Abba Mari beschreibt als Zeitzeuge den politischen Kontext der Vertreibung der Juden im
Suumlden des franzoumlsischen Koumlnigreiches Die Beschreibung bleibt an sein eigenes Schicksal
gebunden Die Ausweisung der Juden umfasst auch das Languedoc das ebenfalls Teil des
direkten Herrschaftsbereichs des franzoumlsischen Koumlnigs Philipp des Schoumlnen geworden war Die
Vertriebenen wandten sich nun benachbarten nichtfranzoumlsischen Herrschaften zu der
Provence die zur Zeit der Vertreibung noch ein Teil des roumlmisch-deutschen Reiches war sowie
den Besitzungen des Koumlnigs von Mallorca zu denen Perpignan und teilweise auch Montpellier
zaumlhlten[61]
Zunaumlchst hatte der Koumlnig von Mallorca die Vertreibung der Juden aus Montpellier in
Opposition zum franzoumlsischen Koumlnig abgelehnt[62]
Die Juden hofften wie Abba Mari betont
dass dieser Widerstand von Dauer sein koumlnnte wurden jedoch enttaumluscht Im Februar 1309
willigte nach langen Verhandlungen auch der mallorquinische Koumlnig ein der Vertreibung der
Juden zuzustimmen[63]
In Territorien in denen er uneingeschraumlnkt seine Herrschaft ausuumlben
konnte wie etwa in Perpignan war den Juden der Aufenthalt weiterhin erlaubt so dass dorthin
wie in die Provence die Juden der Stadt Montpellier weiterzogen Abba Mari beschreibt die
lokalen politischen Zusammenhaumlnge der Vertreibungen der am Mittelmeer gelegenen
Territorien Er hebt dabei den Einfluss des franzoumlsischen Koumlnigs auf Herrschaftstraumlger
auszligerhalb seines Koumlnigreiches hervor nennt jedoch keinen Grund der das Verhalten des
franzoumlsischen Koumlnigs erklaumlrt haumltte Warum die franzoumlsischen Juden ihr Stammland verlassen
mussten wird nicht diskutiert
Ein weiterer Autor des fruumlhen 14 Jahrhunderts Eshtori ha-Parchi[64]
beschreibt in seinem Werk
Kaftor wa-Ferach kurz seine am eigenen Leib erfahrene Vertreibung der Juden aus dem
Suumlden des franzoumlsischen Koumlnigreichs
bdquoAuch erinnere ich mich an das Datum der Zerstoumlrung des kleinen Heiligtums naumlmlich die
Zerstoumlrung der Lehrhaumluser und Synagogen in Tzarfat (Nordfrankreich) und teilweise auch in der
Prowentzah (Suumldfrankreich hier Languedoc)[65]
Ich floh vom Schlachtfeld hellip im Jahre 5066 und
zwar am 10 Aw (22 Juli 1306)ldquo[66]
Eshtori ha-Parchi der sich schlieszliglich im Jahre 1313 im Lande Israel niederliess nennt
keine Begruumlndung der Ereignisse Die Bezeichnung der Vertreibung als Zerstoumlrung des
kleinen Heiligtums macht dem Leser deutlich welche Bedeutung den franzoumlsischen
Gelehrtenzentren vom Autor zugesprochen wurde die in dieser Ruumlckschau als
unwiederbringlich verloren betrachtet werden Eine weitere zeitnahe Notiz zur Vertreibung
der franzoumlsischen Juden laumlsst sich im Tora-Kommentar des Gelehrten R Lewi ben
Gershom (Ralbag) (1288-1344) finden Der Gelehrte der unter seinen nichtjuumldischen
Zeitgenossen auch unter der Bezeichnung Maestre Leo de Bagnol oder auch Magister
Leo Hebraeus bekannt war[67]
schreibt zum Wochenabschnitt Bechukotei (Lev 26 3 -
27 34)
Und wenn es in der Schrift heiszligt sbquoIhr geht unter den Voumllkern zugrunde und das Land euerer
Feinde friszligt euch aufrsquo (Lev 26 38) bezog sich dies auf die groszligen Noumlte unseres Volkes in denen
viele umgekommen sind eingeschlossen das Hinschlachten einiger in den heiligen Gemeinden
und die Vertreibung der Juden aus dem Lande Zarfat Doppelt so viele starben an Hunger und
Pestilenz als beim Auszug aus Aumlgypten[68]
Interessanterweise erwaumlhnt Levi ben Gershom als erster Autor Todesopfer die
innerhalb der juumldischen Gemeinschaft als Folge der Vertreibung zu beklagen waren
Fast ein Jahrhundert spaumlter wohl in der ersten Haumllfte des 15 Jahrhunderts
beschreibt der in Spanien wohl in Tortosa lebende Mattityahu haYizhari ein
Nachkomme einer aus Suumldfrankreich stammenden Familie[69]
die Vertreibung der
Juden mit folgenden Worten
Es sprach Mattityahu Sohn des Moshe Sohn des Weisen Mattiyahu ha-Yizhari sein Andenken
sei zu Segen Viele Noumlte haben uns ereilt seit wir aus dem verheiszligenen Land vertrieben wurden
hellip tausende und zehntausende Juden hatten sich in Frankreich niedergelassen hellip und meine
Vorfahren siedelten in der Stadt Narbonne einer groszligen Stadt Gottes bis Verfehlungen zur
Vertreibung fuumlhrten Einige starben als Maumlrtyrer andere wurde uumlber die ganze Erde zerstreut und
das ganze Land Zarfat lag entbloumlszligt da [70]
Auch bei Levi ben Gershom steht die Zerstoumlrung der groszligen juumldischen Zentren
im Vordergrund Ein Grund fuumlr deren Untergang wird nicht eroumlrtert Ein
aumlhnliches Bild findet sich bei einem weiteren juumldischen Gelehrten aus dem
Beginn des 14 Jahrhunderts In seinem um das Jahr 1321 abgeschlossenen
Werk Even Bochan bemerkt der in Arles geborene juumldische Philosoph
Kalonymos ben Kalonymos (geb 1286)[71]
Als der Herrscher von der Stimmung erfasst wurde mein Volk ins Exil zu fuumlhren vor siebzehn
Jahren uumlberwand er sie in seinem Grimm und vertrieb sie mit starker Hand aus seinem Land
uumlberfuumlhrte sie in Staumldte nackt und mittellos die in ihren Palaumlsten viele Schaumltze von Gold besaszligen
um die Altehrwuumlrdigen ihrer Generation und ihre Prinzen zu vernichten und auszuloumlschen[72]
Die Erwaumlhnung der Enteignung der Juden durch die franzoumlsische Krone
verweist auf den tatsaumlchlichen Verlauf der Ausweisung und auf ihre
fiskalischen Motive[73]
Die auch vom Autor betonten finanziellen
Interessen des Herrschers werden jedoch nicht diskutiert Uumlberhaupt
bleiben die wenigen weiteren zeitgenoumlssischen Bemerkungen zur
Vertreibung sehr skizzenhaft und auch eng mit der Biographie ihrer
Verfasser verknuumlpft So schreibt R Menachem ha-Meiri (Vidal Salamon
Mayr) (geb 1249) der wenige Jahre nach der Vertreibung verstarb[74]
in
seiner Einleitung zur Auslegung des Traktates Avot
als Gott mich vom meinem Vaterhaus fortbrachte machte er meine Soumlhne zu Fluumlchtlingen und
meine Toumlchter fuumlhrte er in Gefangenschaft[75]
Die letzten bekannten Bemerkungen zur Vertreibung aus der
Generation der Zeitzeugen stammen aus der Feder des Dichters
und Philosophen Jedajah ben Abraham haPenini[76]
der in den
Staumldten Beacuteziers Montpellier und Perpignan lebte und um 1325
verstarb In einem Brief an den katalanischen Gelehrten Schlomo
Ibn Adret betonte der Autor wie sehr doch die Juden der Provence
ihre Tuumlren weit fuumlr die Exilierten geoumlffnet haumltten und viel dazu
beigetragen haumltten die Fluumlchtlinge aufzunehmen[77]
Auch in einem
Gedicht schloss der Autor Anspielungen zur Vertreibung der
franzoumlsischen Juden mit ein[78]
Hebraumlische Zeugnisse zur Vertreibung aus dem Norden des
franzoumlsischen Herrschaftsgebietes konnten bisher nicht
nachgewiesen werden Die hier aufgefuumlhrten hebraumlischen Quellen
zur Vertreibung der Juden aus den Herrschaftsgebieten des
franzoumlsischen Koumlnigs stammen ausschlieszliglich von Personen die
durch die Zerstoumlrung der juumldischen Zentren im suumldlichen Frankreich
betroffen waren Diese Uumlberlieferungen wurden schlieszliglich von der
hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts aufgenommen und in
ihre als Zyklen von Leiden und Verfolgung gestalteten Werken
eingearbeitet Itzchaq Abarbanel (gest vor 1550) scheint dabei der
entscheidende Protagonist bei der Schoumlpfung eines die Vertreibung
von 1306 beschreibenden juumldischen Narratives gewesen zu sein
auch wenn er sich nach seinen eigenen Angaben lediglich auf
Itzchak Profiat Duran genannt Efodi einen juumldisch-katalanischen
Autor des spaumlten 14 Jahrhunderts bezog So schreibt Abarbanel
bdquoIm Jahre 5066 (1306) der Zaumlhlung war die Vertreibung aus Frankreich Koumlnig Philipp war ein
grausamer und verfluchter Feind der alle Juden aus seinem Koumlnigreich vertrieb all ihren Besitz
enteignete und sie mittellos des Landes verwies Es gab dort viele groszlige Gemeinden doppelt so
viele (Juden) wie aus Aumlgypten auszogen hellip Und es war eine Zeit der groszligen Not fuumlr Israel hellip es
war im Monat Aw (13 Juli 1306-11 August 1306) und es war eine allumfassende Vertreibung hellipall
dies findet sich in der Schrift bdquoSichron ha-Shmadotldquo die von allen Zerstoumlrung berichtet die sich seit
der Zerstoumlrung des Tempels in Israel ereignet haben aufgeschrieben und redigiert von Efodildquo[79]
Der Autor weiszlig zu berichten unter welchem Koumlnig und in welchem Monat und Jahr die Vertreibung
stattfand Auf die Mittellosigkeit der juumldischen Fluumlchtlinge wird explizit hingewiesen die auf die
Auspluumlnderung durch den Koumlnig zuruumlckgefuumlhrt wird Auch eine Vorstellung von der Zahl der Exilierten
spiegelt sich im Text wider
Shlomo Ibn Verga uumlbernimmt den Text fast woumlrtlich fuumlr seine Chronik Shevet Yehudah und erweitert ihn
lediglich um die nicht belegbare Geschichte der Konversion der Gemeinde von Toulouse[80]
Ihm
folgen Samuel Usque[81]
und Yosef ha-Kohen[82]
So bieten die Erzaumlhltraditionen des 16
Jahrhunderts lediglich ein Geruumlst von Fakten die den Handlungsablauf der Vertreibung mit wenigen
Worten beschreiben Eine Begruumlndung der Vertreibung wird nicht genannt So entspricht die
Erzaumlhlarmut des Textes zur Vertreibung aus Frankreich innerhalb der hebraumlischen Chronistik des
16 Jahrhunderts der allgemeinen Quellenarmut der hebraumlischen Uumlberlieferungstradition zu diesem
Ereignis
Beziehung der Juden zum Herrscher
Anhand der Untersuchung von herrschaftlichen Bindungen der Juden soll im Folgenden verdeutlicht
werden wie sich ein ehemals funktionierendes Miteinander zu einem Zerbrechen eben dieses
Miteinanders mit dem Resultat der Vertreibung veraumlnderte Dazu werden die Herrschaftsstrukturen
mit ihren Veraumlnderungen zwischen dem Koumlnig beziehungsweise anderen christlichen
Herrschaftstraumlgern und den Juden in England und Frankreich analysiert In England siedelten sich
im Zuge der normannischen Eroberungen nach 1066 die ersten aus Frankreich stammenden Juden
an[83]
Seit dieser Zeit wurden sie in Dokumenten haumlufig als bdquoJuden des Koumlnigsldquo[84]
bezeichnet
Diesen exklusiven Anspruch konnte der Koumlnig bis zur Vertreibung durchsetzen auch wenn es
vereinzelt andere Herrschaftstraumlger gab die Macht uumlber Juden erlangten[85]
Die Juden waren dem
Koumlnig direkt unterstellt sie mussten ihm jede Geldforderung erfuumlllen im Gegenzug durften sie nach
ihrem Gesetz leben und ihren Wohnsitz frei waumlhlen[86]
Ein Privileg Richards I von 1190 erwaumlhnt
auszligerdem unter anderem das Recht der Juden auf Landbesitz und zollfreien Handel mit Wein[87]
Belastend fuumlr das Leben der Juden von England war das hohe Maszlig an Verwaltung das die
englischen Koumlnige geschaffen hatten um die Steuern effizient eintreiben zu koumlnnen Anlaumlsslich der
Kroumlnung Richards I im Jahre 1189 war es ausgehend von London zu Massakern an Juden in ganz
England gekommen Da die koumlnigliche Verwaltung nicht nachvollziehen konnte welche
Schuldscheine durch die Verfolgung vernichtet worden waren wurde als Reaktion 1194 ein
Archivsystem (archae) eingefuumlhrt das von nun an alle Geldgeschaumlfte sowie alle Juden mit ihrer
Finanzkraft verzeichnete[88]
Unter Heinrich III (1216-1272) aumlnderte sich der rechtliche Status der
Juden Im Jahr 1253 erlieszlig der Koumlnig ein Mandat das den Juden unter anderem verbot neue
Synagogen zu errichten christliche Bedienstete oder sexuelle Kontakte mit Christen zu haben und
Kirchen zu betreten Wichtigster Punkt war jedoch dass Juden nun ihren Wohnort nicht mehr frei
waumlhlen sondern nur noch dort leben durften wo bereits Juden ansaumlssig waren[89]
Viele der hier
formulierten Mandate waren im IV Laterankonzil von 1215 als verbindliche Verbote fuumlr die Juden in
der christlichen Welt festgelegt worden und fanden nun ihre Umsetzung Daneben stieg die
Besteuerung seit den 1240er Jahren stetig an wodurch die Finanzkraft der Juden bereits deutlich
geschwaumlcht wurde[90]
Im Falle Edwards I zeigte sich schlieszliglich dass die starke Bindung der Juden
an den Koumlnig die den Juden in fruumlheren Jahren zunaumlchst Unabhaumlngigkeit und Wohlstand gebracht
hatte nun ihren Ruin und schlieszliglich ihre Vertreibung bewirkte Der Koumlnig hatte bei Maszlignahmen die
die Juden betrafen kaum Widerspruch zu befuumlrchten zu eindeutig definiert war seine Machstellung
den Juden gegenuumlber In Frankreich unterstanden die Juden dem Herrn ihres jeweiligen Gebiets
der Koumlnig von Frankreich herrschte also nur in der Krondomaumlne uumlber die Juden des Koumlnigreiches[91]
Die Juden waren an ihr angestammtes Territorium gebunden und durften dieses nur mit der
Erlaubnis ihres Landesherrn verlassen Dieses Prinzip reicht bis in die Zeit von Philipp II August
(1180-1223) zuruumlck und wurde seit der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne 1198 in
verschiedenen Vereinbarungen mit anderen franzoumlsischen Territorialherren vertraglich fixiert[92]
Schon bei der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne kam es zu Irritationen da Philipp II
die 1182 vertriebenen Juden nach wie vor als bdquoseine Judenldquo ansah diese Auffassung aber
beispielsweise von Graf Theobald III von Campagne nicht geteilt wurde Er fuumlrchtete Steuerausfaumllle
und war der Meinung dass Juden die sich 1182 in der Champagne niedergelassen hatten nicht
mehr die Juden des Koumlnigs seien[93]
Auch andere Landesherren weigerten sich dem Wegzug ihrer
Juden in die Krondomaumlne zuzustimmen[94]
Auch erste Schritte eines buumlrokratischen Umgangs mit
den Geldgeschaumlften der Juden waren 1198 durch Philipp II August vorgenommen worden
moumlglicherweise beeinflusst durch die archae die in England 1194 unter Koumlnig Richard I eingerichtet
worden waren um die Geldgeschaumlfte und die Finanzkraft der Juden zu dokumentieren In jedem Ort
der Krondomaumlne gab es spezielle Beamte die die Kreditvertraumlge der Juden siegelten und so
kontrollierten wem die Juden welche Betraumlge an Geld liehen[95]
Auch den Juden konnte dieses
Verfahren als Sicherheit fuumlr ihre Geschaumlfte dienen Unter Ludwig VIII (1223-1226) kam es zum
ersten Eingriff in die Geldgeschaumlfte der Juden im franzoumlsischen Gebiet 1223 erlieszlig der Koumlnig
zusammen mit diversen Landesherren ein Statut in dem festgelegt wurde dass die Ruumlckzahlung
aller Schulden bei Juden an insgesamt neun Terminen an die koumlnigliche beziehungsweise
landesherrliche Schatzkammer erfolgen sollte Die Praxis des Siegelns von Urkunden uumlber
Darlehensvergaben wurde abgeschafft Erneut wurde festgehalten dass keiner der Herrscher Juden
eines anderen Herrschers bei sich aufnehmen duumlrfe wobei es bei diesem Punkt wieder zu
Unstimmigkeiten mit dem Grafen der Champagne kam der die Erklaumlrung nicht unterschrieb[96]
Bereits die ersten Jahre der Regierungszeit Ludwigs IX (1226-1270) brachten fuumlr die Juden weitere
Beschwerlichkeiten und erste direkte Aktionen gegen den Wucher Im Jahr 1227 kam es zu einer
erneuten Aneignung der ausstehenden Schulden bei Juden 1228 erging ein Mandat in dem Ludwig
IX befahl bei kuumlnftigen Geldgeschaumlften auf Zinsen zu verzichten Auszligerdem erklaumlrte der Koumlnig bei
Geldgeschaumlften die seit der Schuldentilgung ein Jahr zuvor geschlossen wurden alle Zinsen fuumlr
unguumlltig[97]
Auch die generelle Rechtsstellung der Juden wurde schon fruumlh in der Regierungszeit
Ludwigs IX definiert wobei es bei der alten Regelung blieb Im Statut von Melun hielten der Koumlnig
und die Landesherren daran fest dass die Juden tamquam proprii servi an das jeweilige Territorium
gebunden waren Christliche Schuldner wurden dazu aufgerufen ihre Schulden bei Juden zu
bezahlen nicht aber die Zinsen[98]
Die 1240er Jahre waren in Frankreich gepraumlgt vom Pariser
Talmudprozess in dem der Talmud als ketzerische Schrift verurteilt und danach oumlffentlich verbrannt
wurde[99]
Dies fuumlhrte unter anderem zu einer verstaumlrkten Auswanderung juumldischer Eliten aus
Nordfrankreich[100]
Insgesamt aumlnderte sich der rechtliche Status unter Ludwig IX nicht aber fruumlher
als die Herrscher in England nahm Ludwig IX der 1290 heilig gesprochen wurde den Kampf gegen
den Wucher auf Einige Aktionen Koumlnig Philipps IV (1285-1314) waumlhrend seiner ersten
Regierungsjahre in Bezug auf die Juden muumlssen vor dem Hintergrund der Vertreibungen gesehen
werden die sich in Regionen auszligerhalb der Krondomaumlne ereigneten so beispielsweise die
Ausweisung der juumldischen Fluumlchtlinge durch Philipp IV im Jahre 1291[101]
Daneben ist eine
konsequente Linie den Juden gegenuumlber nicht zu erkennen 1285 erneuerte er beispielsweise ein
Privileg zum Schutz von Synagogen und Friedhoumlfen zugleich bestaumltigte er die Pflicht der Juden ein
spezielles Abzeichen an ihrer Kleidung zu tragen[102]
Beides sind Zeichen dafuumlr dass der Koumlnig zu
dieser Zeit nicht daran dachte die Juden auszuweisen sondern das Leben der Juden rechtlich zu
definieren Vorrangiges Ziel Philipps IV war es zunaumlchst seine Oberherrschaft uumlber die Juden im
Suumlden zu sichern wo diese nicht von allen Baronen anerkannt wurde Die Herrschaft in der
Champagne hatte er sich durch Heirat bereits gesichert Dort in Troyes kam es 1288 zu einer
Mordanklage in deren Folge 13 Juden hingerichtet wurden wobei der Koumlnig ihre Besitztuumlmer
einzog[103]
Groumlszligeren Einfluss auf den Koumlnig scheint die Hostienschaumlndungbeschuldigung 1290 in
Paris gehabt zu haben Philipp IV warnte die Juden vor weiteren Hostienschaumlndungen und
spendete ein Haus neben der Kirche die zum Gedenken an den Fall errichtet worden war[104]
Wie
sein Groszligvater Ludwig IX setzte Philipp IV den Kampf gegen den Wucher fort verbot ihn 1299 und
1303 daneben wurde auch das Verbot des Neubaus von Synagogen sowie des Talmuds bei diesen
Gelegenheiten erneuert[105]
In einer konzentrierten und laumlnger vorbereiteten Aktion lieszlig Philipp IV
dann die Juden (oder jedenfalls die Familienvorstaumlnde) vermutlich am 22 Juli 1306 festsetzen Dies
diente dazu eine genaue Aufstellung der Judenguumlter vorzunehmen und um sich die ausstehenden
Schuldscheine zu sichern Gleichzeitig bedeutete es das Ende der juumldischen Siedlung in Frankreich
bis zu ihrer Wiederzulassung unter Ludwig X im Jahr 1315
Sowohl bei der Vertreibung aus England als auch der aus Frankreich zeigt sich die Gefahr die die
Abhaumlngigkeit der Juden vom Herrscher barg Vor allem in England hatte die privilegierte Position fuumlr
Wohlstand und ein groszliges Maszlig an innerer Autonomie etwa in der Rechtssprechnung oder in bezug
auf die Freizuumlgigkeit gesorgt[106]
Sie schuumltzte die Juden jedoch nicht immer vor Gealtakten wie den
seit der Mitte des 12 Jahrhunderts immer wieder vorkommenden Ritualmordvorwuumlrfen In
Frankreich verschlechterten sich ihre Lebensumstaumlnde mit der Ausbreitung der Krondomaumlne War
es 1182 noch ein geringes Problem fuumlr die Juden eine neue Heimat zu finden und von anderen
franzoumlsischen Landesherren wohlwollend aufgenommen zu werden war dies 1306 nicht mehr
moumlglich Die Herrscher nahmen die theologischen Diskurse uumlber den Wucher oder den Talmud auf
und wurden des weiteren beeinflusst durch antijuumldische Blut- und Hostienschaumlndungsvorwuumlrfe
Auch wirtschaftliche Uumlberlegungen haben eine Rolle gespielt ebenso mag es eine Dynamik
gegeben haben angestoszligen durch die weiteren Vertreibungen in dieser Umbruchszeit in der sich
jeder Herrscher damit profilieren wollte und konnte die Juden zu vertreiben
Die allgemeine Verurteilung des Wuchers
Obwohl gerade in der hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts verstaumlrkt die finanziellen Interessen vor
allem des franzoumlsischen Koumlnigs als Motiv der Vertreibung hervorgehoben wurde folgte die zeitnahe
Argumentation einer innerjuumldischen Perspektive anderen Erklaumlrungsmustern So gilt es zumindest
im Falle der Vertreibung aus England festzuhalten dass sich unter den Juden die Vorstellung
verbreitete das Fehlverhalten einzelner Juden haumltte die Ausweisung von 1290 wie auch andere
Vertreibungen mit verursacht Doch laumlsst sich im Wuchervorwurf gegenuumlber den Juden - dem
durchgaumlngigen Argument der Vertreibungen im 13 Jahrhundert - nicht etwa eine vordergruumlndige
falsche Praxis des Geldverleihs als ausloumlsendes Moment vermuten wie dies gelegentlich auch von
christlicher Seite von den Zeitgenossen vertreten wurde[107]
Vielmehr begann sich seit dem 12
Jahrhundert unter christlichen Gelehrten und weltlichen Herrschern ein theologisches Verstaumlndnis
bezuumlglich des Wuchers durchzusetzen das der wirtschaftlichen Taumltigkeit der Geldleihe auch in den
Haumlnden der Juden keine geduldeten Nische zuzuweisen bereit war[108]
Wucher wurde nun nicht
mehr als Suumlnde gegen den Naumlchsten aus mangelndem Mitgefuumlhl betrachtet und als turpe lucrum
(schaumlndlicher Profit) definiert sondern als Suumlnde gegen die iustitia[109]
Gemaumlszlig dieser Vorstellung
waren alle Wuchergewinne Diebesgut und muszligten zuruumlckgegeben werden Viel schwerer wog die
Feststellung daszlig sich die nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger durch ihre Besteuerung der Juden am
Wuchergewinn der Juden beteiligten und sich darum der gleichen Suumlnden schuldig machten[110]
Somit wurde auf demselben Wege der fuumlrstliche oder koumlnigliche Judenschutz die Legitimation
entzogen Die voumlllige Unterbindung des juumldischen Geldhandels schien darum fuumlr die meisten
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger der einzig richtige Weg wie dies bereits die im Namen Koumlnig
Ludwigs IX verkuumlndete ordenance von Melun 1230 forderte[111]
Als letzte Konsequenz blieb die
Ausweisung der Juden aus immer mehr Herrschaften des franzoumlsischen Koumlnigreiches und
schlieszliglich der Kronlande Das Zerbrechen des Miteinanders von Juden und Christen innerhalb des
franzoumlsischen Koumlnigreiches sowie die schrittweise Aufloumlsung bzw Zerschlagung des
jahrhundertealten juumldischen Siedlungsnetzes muszlig auf die juumldischen Gemeinschaften der
benachbarten Regionen so z B in den Rheinlanden verstoumlrend und beaumlngstigend gewirkt haben
Der dieser Vertreibung zugrundeliegende theologische Diskurs zu Geldhandel und Wucher und die
daraus resultierenden Folgen fuumlr die eigene juumldischen Existenz scheint jedoch nur einen geringen
Einfluszlig auf die Wahrnehmung ihrer eigenen Situation gehabt zu haben Im Zuge der Vertreibung der
franzoumlsischen Juden im Sommer und Herbst 1306 waren juumldische Fluumlchtlinge in die deutschen
Rheinlande gelangt[112]
Wohl wenige Monate spaumlter trafen in Worms die Delegierten des dortigen
Gemeindebezirkes die Vertreter der die Wormser Gemeinde und der sie umgebenden juumldischen
Niederlassungen auf einer Versammlung zusammen Auf diesem juumldischen Landtag sollte eine
Rechtssatzung eine Takkanah verabschiedet werden die die Praxis der juumldischen Geldleihe im
Einzugsgebiet der Gemeinde Worms sowie das Verhalten gegenuumlber hochverschuldeten Kunden
neu regelte[113]
In der Zusammenkunft der Haumlupter des Volkes im bdquoLand Wormsldquo im Jahr 67 des sechsten Jahrtausends
(10 Sept 1306 - 28 Augutst 1307) weil sich wegen unserer groszliger Verfehlungen die Noumlte der
Soumlhne unseres Volkes vermehrten durchforschten wir unsere Taten und fanden dass seit einiger
Zeit ein Schwert die Seele der Elenden und Reinen auffraszlig weil sie Vermoumlgen vermehrt hatten
durch Zins und Zinseszins von den Fuumlrsten der Nichtjuden Diese schuldeten ein Riesenvermoumlgen
den Familienvorstaumlnden Sie schmiedeten Raumlnke sich auf die Juden zu stuumlrzen und sie zu
uumlberfallen um sich von ihren Schulden zu befreien Wir haben beschlossen dass man keine
Erhoumlhung hinzufuumlgen darf und jedem Mann und jeder Frau nicht gestattet werden soll irgend einem
Nichtjuden einem einzelnen Schuldner mehr als 100 Pfund Hallisch zu leihen Und wenn der
Zeitpunkt der Schuldruumlckzahlung gekommen ist soll es nicht mehr gestattet sein die Zinsschuld der
Schuldsumme zuzuschlagen sondern man soll aus der Hand des Schuldners die ganze Schuld
einziehen Und wenn man nicht die ganze Schuld von ihm einziehen kann soll man sich nicht
hindern lassen wenigstens den Zins einzuziehen Nur soll man den Schuldner nicht mit List
uumlbervorteilen Und wenn es nicht gelingt irgend etwas einzuziehen dann soll man dies dem Rat
seiner Gemeinde mitteilen und nach deren Geheiszlig soll man handeln Was das Schuldgeschaumlft der
fuumlrstlichen Schuldner betrifft deren Schulden sich schon vermehrt haben und die niemand mehr
begleichen kann Die Glaumlubiger sollen sich huumlten sie mit hohen Zinsen zu belasten denn es sind
Komplotte zu befuumlrchten was Gott verhuumlten moumlge Schon einige Personen haben sich
zusammengeschlossen und dies gerade nicht bei den Fuumlrsten sondern bei den Klerikern und den
Buumlrgern [114]
Offenkundig standen den Delegierten die befuumlrchteten Konsequenzen der Geldleihe deutlich vor
Augen Wohl ebenso eingeschuumlchtert durch die in Frankreich vollzogene Vertreibung der Juden
wurden von seiten der Juden eigene Verfehlungen aber auch unguumlnstige Machtkonstellation
beobachtet die im Falle der franzoumlsischen Juden zu deren Untergang gefuumlhrt hatten Die
Beziehungen von Juden und Christen steckten auch in den Rheinlanden in den eingangs genannten
Bereichen von Wirtschaft Herrschaft und Religion in einer tieferen Krise Die auf dem
Versammlung von Worms beschlossenen Gegenmaszlignahmen blieben auf die juumldischen Teilnehmer
beschraumlnkt Zuruumlckhaltung gegenuumlber den christlichen Kunden Demut gegenuumlber Gott und das
Flehen um sein Erbarmen was mit guten Werken unterstuumltzt werden soll Eine direkte Verhandlung
mit den christlichen Herrschaftstraumlgern war nicht mehr vorgesehen Das gegenseitige Vertrauen
zwischen Juden und Christen war verschwunden in einer Zeit in der nicht mehr Koexistenz sondern
vor allem von Seiten der Juden die Sorge um die eigene Zukunft das eigene Handeln bestimmte
Zusammenfassung
Die Vertreibung der Juden aus England hatte innerhalb des juumldischen Kontextes noch zu Ansaumltzen der
Selbstreflexion gefuumlhrt die einen konkreten Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Vertretern
der juumldischen Seite und den politischen Entscheidungen der nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger
gegenuumlber der eigenen Gruppe erkennen mochten Dennoch waumlhnte man sich weiterhin in einem
rechtlich voumlllig abgesicherten Verhaumlltnis zur christlichen Umwelt Man war sich eines besonderen
Status innerhalb der christlichen Mehrheitsgesellschaft bewuszligt der in den Augen der Juden in
keiner Weise gefaumlhrdet schien Noch in der zweiten Haumllfte des 13 Jahrhunderts definierte Meir ben
Baruch (gest 1293) die Stellung der Juden im Reich als die eines freien Landbewohners der sein
Land nicht aber seine persoumlnliche Freiheit verloren hat [115]
Er sei darum nicht wie die Nichtjuden
den Fuumlrsten unterworfen und zu Steuerzahlungen verpflichtet Diese Konstruktionen erinnern stark
an die noch im 12 Jahrhundert in Frankreich vertretenen Rechtsauffassungen eines Itzchaq ben
Shmuel von Dampierre (gest ca 1185)[116]
der ebenfalls die Freiheit der Juden im Vergleich zu den
Nichtjuden hervorhebt ihre voumlllige Bewegungsfreiheit im Gegensatz zu an die Scholle gebundenen
Nichtjuden betont und die Juden ebenfalls aus der Rechtspraxis herausnimmt die dem
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger gestattet bei Abwanderung von Personen deren beweglichen
Besitz einzuziehen[117]
Nach juumldischer Auffassung folgten die Interaktionen zwischen Juden und
Christen nach Regeln die von beiden Seiten anerkannt waren Das jedoch sich dies Regelwerk zu
ungunsten der Juden verhaumlndert haben mochte daszlig die eigene Bewegungsfreiheit inzwischen mehr
und mehr eingeschraumlnkt wurde die besonderen Steuergesetzgebung seit den Aumluszligerungen des
Itzchak von Dampiegravere sich erheblich veraumlndern hatte und damit nach daszlig Verhaumlltnis zur christlichen
Umwelt nun erheblichen Umwaumlltzungen unterworfen war wurde wie die Aumluszligerung Meirs nahelegt
weder reflektiert noch einigermaszligen registriert
Das Verhalten der franzoumlsischen Juden Angesichts ihrer Vertreibung ist darum keinesfalls verwunderlich In
den wenigen juumldischen Selbstzeugnisse zur Vertreibung der franzoumlsischen Juden finden sich keine
Spuren die auf einen Prozess der Selbstreflexion schlieszligen lassen Die Frage der Motivation zur
Vertreibung der Juden wird soweit dies die Quellen erkennen lassen nicht diskutiert Der
offenkundige theologische Diskurs zur Unrechtmaumlszligigkeit des auf Zinsen geleisteten Geldverleihs
dem die juumldischen Gemeinschaft im franzoumlsischen Koumlnigreich letztlich zum Opfer fiel wird
nirgendwo rezipiert Man koumlnnte den Eindruck gewinnen dass sich den franzoumlsischen Juden die
Gefaumlhrlichkeit der Diskussion um den Wucher zu keinem Zeitpunkt erschloss Auch in den
konstruierten Narrativen der folgenden Generationen steht die auch fuumlr den einzelnen Juden
folgenreiche finanzielle Auspluumlnderung durch die franzoumlsische Krone im Vordergrund Allerdings
zeigt die Quelle aus dem rheinischen Kontext dass zumindest nach der Vertreibung aus dem
franzoumlsischen Koumlnigreich im Jahre 1306 unter den rheinischen Juden bestimmte Formen der
Geldleihe als Element der Selbstgefaumlhrdung wahrgenommen wurde Dabei macht die Uumlberlieferung
der Wormser Versammlung auch deutlich das die Zerruumlttung des Verhaumlltnisses von Juden und
Christen auch von juumldischer Seite nicht mehr geleugnet werden konnte Dass es sich dabei nicht nur
um eine wirtschaftliche Auseinandersetzung sondern zunaumlchst um einen christlichen theologischen
Diskurs handelte der sich gaumlnzlich juumldischem Handeln entzog scheint den Protagonisten der
Wormser Gemeinde nicht zugaumlnglich gewesen sein Ohne zu erkennen dass die Geldleihe und
somit die eigene wirtschaftliche Existenz gaumlnzlich in Frage gestellt werden koumlnnte versuchten die
Vertreter der Wormser Versammlung durch einzelne Maszlignahmen die Beziehungen zur christlichen
Umgebung zu entlassten um Gefahren von der eigenen Gemeinschaft abzuwenden Auf diese
Weise wurden die Juden im Westen Europas mehr und mehr wirtschaftlichen und theologischen
Dynamiken ausgesetzt die sich jenseits der juumldischen Wahrnehmung auszuformen begannen und
schlieszliglich in die Verdraumlngung der Juden muumlnden sollten die in der Vertreibung von England und
Frankreich ihren Anfang nahm
Rainer Barzen Lennart Guumlntzel
1 uarr Vgl zu Frankreich Chazan Jewry (1973) 154-207 Jordan Monarchy (1998) 177-261 Zu
England Hyams Jews (1996) 173-192 Mentgen Vertreibungen (1997) 11-53 Mundill England
(1998)
2 uarr Chazan Jewry (1973) 63-100 Ders Church (1980) 312f Jordan Monarchy (1998) 23-38
3 uarr Zur Geschichte der Juden unter Ludwig IX vgl Chazan Jewry (1973) 100-153
4 uarr Die Vorbildfunktion Ludwigs IX vor allem in Hinblick auf den Kampf gegen den Wucher erwaumlhnt
Cluse Zusammenhang (1999)135ndash163
5 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
6 uarr Chazan Church (1980) 313-317
7 uarr Florentii Wigorniensis 214f
8 uarr Ebd 212
9 uarr Chazan Church (1980) 317-319
10 uarr Aufstellung der Chroniken bei Abrahams Expulsion (1895) 449f
11 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
12 uarr Ordonnances 317
13 uarr Jordan nennt als Beispiel die Ortschaft Niort die ihre Juden vertreiben konnte Jordan Monarchy
(1998) 183
14 uarr Ebd 184f
15 uarr Ebd 184
16 uarr Ebd 183f
17 uarr Zu den Motiven Philipps IV siehe Mentgen Vertreibungen (1997) 46-49 Schwarzfuchs
Expulsion (1967) 485f
18 uarr Uumlber den generellen Wucherdiskurs siehe unten Kapitel V2
19 uarr Close Rolls Edward I 109
20 uarr Annales de Waverleia 409 ldquo(hellip) Judaeorum (hellip) quae per diversas urbes et castra regionis
Anglicanae per retroacta tempora habitabat confidenter procurante domina Alienora matre dicti
regis Angliae jussa est per edictum regium (hellip)rdquo
21 uarr Annales de Dunstaplia 361-362bdquo (hellip) propter blasphemias quas Judaei saepe faciebant fidei
Christianae statuit rex ut omnes Judaei cum semine suo et substancia ab Anglia pellerentur (hellip)rdquo
22 uarr Ebd bdquo(hellip) et concessit eis rex salvum conductum In ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt
submersi per vim et fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
23 uarr Zum Verhaumlltnis von Dominikanern und Juden zu dieser Zeit vgl Cohen Friars (1982) sowie
Ders Letters (1999)
24 uarr Florentii Wigoriensis 214
25 uarr Uumlber ein moumlgliches Interesse des Adels an der Vertreibung der Juden siehe Mentgen
Vertreibungen (1997) 27-30
26 uarr Annales de Dunstaplia 361-362 bdquoIn ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt submersi per vim et
fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
27 uarr Pierre de Langtoft II 186 bdquoThomas de Wilaund en baunk primer nomeacute par agarde de la court le
regne ad forjoreacute et en la terre de France sanz repairer aleacute Ses compayons ses clercs sunt pris e
meneacute a la thour de Loundres delivreacutes par moneacuteldquo
28 uarr Ebd 188 bdquoPur le quinzme dener al rays en ayeldquo
29 uarr Ebd bdquoOre sunt alez en France e en Pykardye Tutes lur dettes e lur manauntye Sunt salves al
ray dunt fere sa curtaysyeldquo
30 uarr Oumlsterreichische Reimchronik Verse 91239-91777 1186-1192ldquo die dritten vorderungdie an den
Franzois junctet der kunic Albrehter jach die Juden ze rehtgehocircren daz ricircche an und ander nieman
()ldquo Zu dieser Quelle vgl Ziwes Studien (1995) 33f Anm 16
31 uarr Prima Vita Clementis V 5
32 uarr Quarta Vita Clementis V 62bdquo Anno Domini MCCCVJ in festo sancte Marie Magdalene de
mandato et ordinatione regis Francie fuerunt capti omnes Judei ubique in regno Francie quasi
imperceptibiler una die et confiscata sunt bona ipsorum quecumque potuerunt inveniri fueruntque
a regno expulsi ulterius minime reversurirdquo Vgl auch Sexta Vita Clementis V 92-93bdquo Et etiam in
isto anno in die sancte Marie Magdalene omnes Judei de regno Francie congediati [congregati]
fuerunt et eorum bona omnia extiterunt confiscatardquo
33 uarr Continuatio Guilelmi de Nangis 59 bdquoMense Augusto Rex Philippus omnes Judaeos de Regno
Franciae penitus amp omnino fecit expelli certum regressionis terminum sub poena mortis praesigens
eisdemrdquo
34 uarr Florentii Wigoriensis 192 ldquoBarones cum Londoniensibus Judaismum Londoniae spoliaverunt
multis Judaeis interfectisldquo Siehe auch Mundill England (1998) 41
35 uarr Florentii Wigoriensis 210ldquo Rex die Sancte Calixti synagogam Judaeorum in villa Londoniensi
fratribus de Poenitentia contulit Jesu Christi ()ldquo
36 uarr Ebd 222bdquoApud Norhamtonam () puer quidam a Judaeis crucifixus estrdquo
37 uarr BennerReverchon Juden (2003) 181
38 uarr Rubin Tales (1999) 40-48
39 uarr Mentgen Vertreibungen (1997) 42-44
40 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 64f sieht den Muumlnzbeschneidungsskandal als Folge der Verarmung
der Juden Eine andere Meinung vertritt Mundill England (1998) 195-198 der vor allem auf eine
erfolgreiche Rolle der Juden im Wollhandel verweist
41 uarr Florentii Wigoriensis 221ldquo Rex omnes Judaeos et quosdam Christianos de retonsura aut alia
monetae falsatione convictos fecit suspensi Unde Londoniae CCLX et VII Judaei mortis judicium
subierunt Quidam autem relegati quidam etiam eorum perpetuo sunt carceri adjudicati et quidam
in Anglia remanseruntrdquo Vgl auch Mundill England (1998) 67f sowie uumlber die Zahl der Opfer weiter
oben Anmerkung 36
42 uarr Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 S 20
43 uarr Nach der chronikalischen Uumlberlieferung waren es 267 bzw 269 hingerichtete Juden Eine
Auswertung der auszligerchronikalischen Quellen ergab die Zahl von 298 erhaumlngten Juden Rokeacuteach
Monex I (198890) 98
44 uarr Jordan Monarchy (1989) 182f
45 uarr rdquoVos autre fuistis Engles qui exiverunt de terra eorum quia rotundabatis monetamrdquo in
Shatzmiller Schlomo Ibn Verga (1988) 355 Ders Solidariteacute (1986) 423
46 uarr Shlomo Ibn Verga Shevet Yehudah Teil I (hebr) Teil II (dt Uumlbersetzung)(Edit Wiener) Shevet
Yehudah (Edit Shochat)
47 uarr Zu Leben und Werk Shlomo Ibn Vergas Baer Hearot (1934) 152-179
48 uarr Shevet Yehudah Nr 18 (hebr S 42-43 dt Uumlbers S 84-85) Shevet Yehudah (Edit Shochat)
S 66
49 uarr Shevet Yehudah Nr 20 (hebr 43-45 dt Uumlbers 86-89)
50 uarr Zu Yosef ha-Kohen und seinem Werk Loeb Josef Hacohen (1888) XVI 28-56 211-235 XVII
74-95 247-271
51 uarr Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (dt
Uumlbersetzung Wiener)
52 uarr Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) 38-39 (Edit Wiener) 41-42
53 uarr Usque Nachum Israel III (1908) XI-XIII Auch bei Gedalyah Ibn Yachjah Shalshelet ha-
Kabbalah (nach Graetz Geschichte VII (1897) 429 weitere Quellen Graetz ebd 426-430)
54 uarr Siehe Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 20a
55 uarr ldquoSie [die Dominikaner] brachten sogar Muumlnzsorten herbei die sie selbst zuhause beschnitten
hattenldquo Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) S 38 (Edit Wiener) 41
56 uarr Fuumlr vielerlei Hinweise zur hebraumlischen Uumlberlieferung der Vertreibung der franzoumlsischen Juden sei
Dr Abraham David Jerusalem herzlich gedankt
57 uarr Schwarzfuchs History (2001) 269-274 Ben-Shalom Communication (1991) 171-225
58 uarr Abba Mari ben Mose von Lunel Sefer Minchat Qenaot Nr 120 in Shlomo Ibn Adret Tshuvot II
835-836
59 uarr BT Berachot 70a Gemeint ist hier die Philosophie griechischer Tradition die von Abba Mari
besonders bekaumlmpft wurde Shlomo Ibn Adret Teshuvot Bd 2 835 Anmerkung zu Zeile 1 Abba
Mari brachte die Vertreibung der suumldfranzoumlsischen Juden mit deren Hinwendung zur griechischen
Philosophie in Verbindung Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 832 Anmerkung zu Zeile 8
60 uarr Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 835-836 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001) 273
61 uarr Jordan French Monarchy (1989) 195196
62 uarr Saige Juifs (1881) 92
63 uarr Jordan French Monarchy (1989) 205 Saige Juifs (1881) 101-102 308-319 324-325
64 uarr Zu Leben und Werk sowie zu seinem Aufenhalt im Lande Israel siehe Schwarzfuchs History
261 Elbaum Estori ha-Parhi S 918f
65 uarr Zur Bedeutung des hebraumlischen Begriffes Prowentzah der neben der heutigen Provence auch
das Languedoc miteinschloss siehe Gross Gallia Judaica (1887) 489 In diesem Sinne entspricht
Prowentzah der roumlmischen Provincia Narbonnensis In Kontext der Vertreibung der Juden im
Jahre 1306 kann nur das Languedoc gemeint sein
66 uarr Eshtori haParchi Kaftor waFerach 218
67 uarr Schwarzfuchs History (2001) 276-278 Dahan Gersonide (1991)
68 uarr Levi ben Gershom Pirush al ha-Torah
69 uarr Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 153-154
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
1300 vor allem in den polemischen Auseinandersetzungen um die Rezeption des Schriften des
Maimonides und der Frage nach dem Stellenwert philosophischer Studien in Erscheinung getreten
war[57]
In einem Brief[58]
schreibt er
Im Jahre 5066 (1306) der Zaumlhlung dies ist das Jahr welches die Suumlnde hervorgebracht hat[59]
verbreitete sich die Verfolgung (Gezerah) des Koumlnigs von Frankreich (Tzarfat) uumlber alle Juden in
allen Landen seines Koumlnigreiches aus sie aus ihren Haumlusern zu holen und ihnen all ihren Besitz
abzunehmen Alle sollten an einem bestimmten Tag festgesetzt werden jung und alt Frauen und
Kinder und diese sollte am Freitag am zehnten des Monats Aw (22 Juli 1306) geschehen und
man vertrieb sie aus dem Land Die Juden die in der Stadt Montpellier lebten wurden im Jahre
5067 im Monat Marcheshwan vertrieben (10 Okt-7 Nov 1306) Einige von ihnen begaben sich in
die Stadt Perpignan da sie sich des Sieges des Koumlnigs von Mallorca sicher waren dass er ihnen
aus der Hand des Koumlnigs den Aufenthalt und die Versorgung gewaumlhren wuumlrde Wieder andere
zogen weiter in die Provence hellip Und ich nachdem ich mich in die Provence ins Exil begeben
hatte in die Stadt Arles fuhr von dort fort und begab mich von dort in ein zweites Exil in die Stadt
Perpignan Ich kam dort an am ersten des Monats Shwat dem vierten Monat unseres Exils (5 Jan
1307)[60]
Abba Mari beschreibt als Zeitzeuge den politischen Kontext der Vertreibung der Juden im
Suumlden des franzoumlsischen Koumlnigreiches Die Beschreibung bleibt an sein eigenes Schicksal
gebunden Die Ausweisung der Juden umfasst auch das Languedoc das ebenfalls Teil des
direkten Herrschaftsbereichs des franzoumlsischen Koumlnigs Philipp des Schoumlnen geworden war Die
Vertriebenen wandten sich nun benachbarten nichtfranzoumlsischen Herrschaften zu der
Provence die zur Zeit der Vertreibung noch ein Teil des roumlmisch-deutschen Reiches war sowie
den Besitzungen des Koumlnigs von Mallorca zu denen Perpignan und teilweise auch Montpellier
zaumlhlten[61]
Zunaumlchst hatte der Koumlnig von Mallorca die Vertreibung der Juden aus Montpellier in
Opposition zum franzoumlsischen Koumlnig abgelehnt[62]
Die Juden hofften wie Abba Mari betont
dass dieser Widerstand von Dauer sein koumlnnte wurden jedoch enttaumluscht Im Februar 1309
willigte nach langen Verhandlungen auch der mallorquinische Koumlnig ein der Vertreibung der
Juden zuzustimmen[63]
In Territorien in denen er uneingeschraumlnkt seine Herrschaft ausuumlben
konnte wie etwa in Perpignan war den Juden der Aufenthalt weiterhin erlaubt so dass dorthin
wie in die Provence die Juden der Stadt Montpellier weiterzogen Abba Mari beschreibt die
lokalen politischen Zusammenhaumlnge der Vertreibungen der am Mittelmeer gelegenen
Territorien Er hebt dabei den Einfluss des franzoumlsischen Koumlnigs auf Herrschaftstraumlger
auszligerhalb seines Koumlnigreiches hervor nennt jedoch keinen Grund der das Verhalten des
franzoumlsischen Koumlnigs erklaumlrt haumltte Warum die franzoumlsischen Juden ihr Stammland verlassen
mussten wird nicht diskutiert
Ein weiterer Autor des fruumlhen 14 Jahrhunderts Eshtori ha-Parchi[64]
beschreibt in seinem Werk
Kaftor wa-Ferach kurz seine am eigenen Leib erfahrene Vertreibung der Juden aus dem
Suumlden des franzoumlsischen Koumlnigreichs
bdquoAuch erinnere ich mich an das Datum der Zerstoumlrung des kleinen Heiligtums naumlmlich die
Zerstoumlrung der Lehrhaumluser und Synagogen in Tzarfat (Nordfrankreich) und teilweise auch in der
Prowentzah (Suumldfrankreich hier Languedoc)[65]
Ich floh vom Schlachtfeld hellip im Jahre 5066 und
zwar am 10 Aw (22 Juli 1306)ldquo[66]
Eshtori ha-Parchi der sich schlieszliglich im Jahre 1313 im Lande Israel niederliess nennt
keine Begruumlndung der Ereignisse Die Bezeichnung der Vertreibung als Zerstoumlrung des
kleinen Heiligtums macht dem Leser deutlich welche Bedeutung den franzoumlsischen
Gelehrtenzentren vom Autor zugesprochen wurde die in dieser Ruumlckschau als
unwiederbringlich verloren betrachtet werden Eine weitere zeitnahe Notiz zur Vertreibung
der franzoumlsischen Juden laumlsst sich im Tora-Kommentar des Gelehrten R Lewi ben
Gershom (Ralbag) (1288-1344) finden Der Gelehrte der unter seinen nichtjuumldischen
Zeitgenossen auch unter der Bezeichnung Maestre Leo de Bagnol oder auch Magister
Leo Hebraeus bekannt war[67]
schreibt zum Wochenabschnitt Bechukotei (Lev 26 3 -
27 34)
Und wenn es in der Schrift heiszligt sbquoIhr geht unter den Voumllkern zugrunde und das Land euerer
Feinde friszligt euch aufrsquo (Lev 26 38) bezog sich dies auf die groszligen Noumlte unseres Volkes in denen
viele umgekommen sind eingeschlossen das Hinschlachten einiger in den heiligen Gemeinden
und die Vertreibung der Juden aus dem Lande Zarfat Doppelt so viele starben an Hunger und
Pestilenz als beim Auszug aus Aumlgypten[68]
Interessanterweise erwaumlhnt Levi ben Gershom als erster Autor Todesopfer die
innerhalb der juumldischen Gemeinschaft als Folge der Vertreibung zu beklagen waren
Fast ein Jahrhundert spaumlter wohl in der ersten Haumllfte des 15 Jahrhunderts
beschreibt der in Spanien wohl in Tortosa lebende Mattityahu haYizhari ein
Nachkomme einer aus Suumldfrankreich stammenden Familie[69]
die Vertreibung der
Juden mit folgenden Worten
Es sprach Mattityahu Sohn des Moshe Sohn des Weisen Mattiyahu ha-Yizhari sein Andenken
sei zu Segen Viele Noumlte haben uns ereilt seit wir aus dem verheiszligenen Land vertrieben wurden
hellip tausende und zehntausende Juden hatten sich in Frankreich niedergelassen hellip und meine
Vorfahren siedelten in der Stadt Narbonne einer groszligen Stadt Gottes bis Verfehlungen zur
Vertreibung fuumlhrten Einige starben als Maumlrtyrer andere wurde uumlber die ganze Erde zerstreut und
das ganze Land Zarfat lag entbloumlszligt da [70]
Auch bei Levi ben Gershom steht die Zerstoumlrung der groszligen juumldischen Zentren
im Vordergrund Ein Grund fuumlr deren Untergang wird nicht eroumlrtert Ein
aumlhnliches Bild findet sich bei einem weiteren juumldischen Gelehrten aus dem
Beginn des 14 Jahrhunderts In seinem um das Jahr 1321 abgeschlossenen
Werk Even Bochan bemerkt der in Arles geborene juumldische Philosoph
Kalonymos ben Kalonymos (geb 1286)[71]
Als der Herrscher von der Stimmung erfasst wurde mein Volk ins Exil zu fuumlhren vor siebzehn
Jahren uumlberwand er sie in seinem Grimm und vertrieb sie mit starker Hand aus seinem Land
uumlberfuumlhrte sie in Staumldte nackt und mittellos die in ihren Palaumlsten viele Schaumltze von Gold besaszligen
um die Altehrwuumlrdigen ihrer Generation und ihre Prinzen zu vernichten und auszuloumlschen[72]
Die Erwaumlhnung der Enteignung der Juden durch die franzoumlsische Krone
verweist auf den tatsaumlchlichen Verlauf der Ausweisung und auf ihre
fiskalischen Motive[73]
Die auch vom Autor betonten finanziellen
Interessen des Herrschers werden jedoch nicht diskutiert Uumlberhaupt
bleiben die wenigen weiteren zeitgenoumlssischen Bemerkungen zur
Vertreibung sehr skizzenhaft und auch eng mit der Biographie ihrer
Verfasser verknuumlpft So schreibt R Menachem ha-Meiri (Vidal Salamon
Mayr) (geb 1249) der wenige Jahre nach der Vertreibung verstarb[74]
in
seiner Einleitung zur Auslegung des Traktates Avot
als Gott mich vom meinem Vaterhaus fortbrachte machte er meine Soumlhne zu Fluumlchtlingen und
meine Toumlchter fuumlhrte er in Gefangenschaft[75]
Die letzten bekannten Bemerkungen zur Vertreibung aus der
Generation der Zeitzeugen stammen aus der Feder des Dichters
und Philosophen Jedajah ben Abraham haPenini[76]
der in den
Staumldten Beacuteziers Montpellier und Perpignan lebte und um 1325
verstarb In einem Brief an den katalanischen Gelehrten Schlomo
Ibn Adret betonte der Autor wie sehr doch die Juden der Provence
ihre Tuumlren weit fuumlr die Exilierten geoumlffnet haumltten und viel dazu
beigetragen haumltten die Fluumlchtlinge aufzunehmen[77]
Auch in einem
Gedicht schloss der Autor Anspielungen zur Vertreibung der
franzoumlsischen Juden mit ein[78]
Hebraumlische Zeugnisse zur Vertreibung aus dem Norden des
franzoumlsischen Herrschaftsgebietes konnten bisher nicht
nachgewiesen werden Die hier aufgefuumlhrten hebraumlischen Quellen
zur Vertreibung der Juden aus den Herrschaftsgebieten des
franzoumlsischen Koumlnigs stammen ausschlieszliglich von Personen die
durch die Zerstoumlrung der juumldischen Zentren im suumldlichen Frankreich
betroffen waren Diese Uumlberlieferungen wurden schlieszliglich von der
hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts aufgenommen und in
ihre als Zyklen von Leiden und Verfolgung gestalteten Werken
eingearbeitet Itzchaq Abarbanel (gest vor 1550) scheint dabei der
entscheidende Protagonist bei der Schoumlpfung eines die Vertreibung
von 1306 beschreibenden juumldischen Narratives gewesen zu sein
auch wenn er sich nach seinen eigenen Angaben lediglich auf
Itzchak Profiat Duran genannt Efodi einen juumldisch-katalanischen
Autor des spaumlten 14 Jahrhunderts bezog So schreibt Abarbanel
bdquoIm Jahre 5066 (1306) der Zaumlhlung war die Vertreibung aus Frankreich Koumlnig Philipp war ein
grausamer und verfluchter Feind der alle Juden aus seinem Koumlnigreich vertrieb all ihren Besitz
enteignete und sie mittellos des Landes verwies Es gab dort viele groszlige Gemeinden doppelt so
viele (Juden) wie aus Aumlgypten auszogen hellip Und es war eine Zeit der groszligen Not fuumlr Israel hellip es
war im Monat Aw (13 Juli 1306-11 August 1306) und es war eine allumfassende Vertreibung hellipall
dies findet sich in der Schrift bdquoSichron ha-Shmadotldquo die von allen Zerstoumlrung berichtet die sich seit
der Zerstoumlrung des Tempels in Israel ereignet haben aufgeschrieben und redigiert von Efodildquo[79]
Der Autor weiszlig zu berichten unter welchem Koumlnig und in welchem Monat und Jahr die Vertreibung
stattfand Auf die Mittellosigkeit der juumldischen Fluumlchtlinge wird explizit hingewiesen die auf die
Auspluumlnderung durch den Koumlnig zuruumlckgefuumlhrt wird Auch eine Vorstellung von der Zahl der Exilierten
spiegelt sich im Text wider
Shlomo Ibn Verga uumlbernimmt den Text fast woumlrtlich fuumlr seine Chronik Shevet Yehudah und erweitert ihn
lediglich um die nicht belegbare Geschichte der Konversion der Gemeinde von Toulouse[80]
Ihm
folgen Samuel Usque[81]
und Yosef ha-Kohen[82]
So bieten die Erzaumlhltraditionen des 16
Jahrhunderts lediglich ein Geruumlst von Fakten die den Handlungsablauf der Vertreibung mit wenigen
Worten beschreiben Eine Begruumlndung der Vertreibung wird nicht genannt So entspricht die
Erzaumlhlarmut des Textes zur Vertreibung aus Frankreich innerhalb der hebraumlischen Chronistik des
16 Jahrhunderts der allgemeinen Quellenarmut der hebraumlischen Uumlberlieferungstradition zu diesem
Ereignis
Beziehung der Juden zum Herrscher
Anhand der Untersuchung von herrschaftlichen Bindungen der Juden soll im Folgenden verdeutlicht
werden wie sich ein ehemals funktionierendes Miteinander zu einem Zerbrechen eben dieses
Miteinanders mit dem Resultat der Vertreibung veraumlnderte Dazu werden die Herrschaftsstrukturen
mit ihren Veraumlnderungen zwischen dem Koumlnig beziehungsweise anderen christlichen
Herrschaftstraumlgern und den Juden in England und Frankreich analysiert In England siedelten sich
im Zuge der normannischen Eroberungen nach 1066 die ersten aus Frankreich stammenden Juden
an[83]
Seit dieser Zeit wurden sie in Dokumenten haumlufig als bdquoJuden des Koumlnigsldquo[84]
bezeichnet
Diesen exklusiven Anspruch konnte der Koumlnig bis zur Vertreibung durchsetzen auch wenn es
vereinzelt andere Herrschaftstraumlger gab die Macht uumlber Juden erlangten[85]
Die Juden waren dem
Koumlnig direkt unterstellt sie mussten ihm jede Geldforderung erfuumlllen im Gegenzug durften sie nach
ihrem Gesetz leben und ihren Wohnsitz frei waumlhlen[86]
Ein Privileg Richards I von 1190 erwaumlhnt
auszligerdem unter anderem das Recht der Juden auf Landbesitz und zollfreien Handel mit Wein[87]
Belastend fuumlr das Leben der Juden von England war das hohe Maszlig an Verwaltung das die
englischen Koumlnige geschaffen hatten um die Steuern effizient eintreiben zu koumlnnen Anlaumlsslich der
Kroumlnung Richards I im Jahre 1189 war es ausgehend von London zu Massakern an Juden in ganz
England gekommen Da die koumlnigliche Verwaltung nicht nachvollziehen konnte welche
Schuldscheine durch die Verfolgung vernichtet worden waren wurde als Reaktion 1194 ein
Archivsystem (archae) eingefuumlhrt das von nun an alle Geldgeschaumlfte sowie alle Juden mit ihrer
Finanzkraft verzeichnete[88]
Unter Heinrich III (1216-1272) aumlnderte sich der rechtliche Status der
Juden Im Jahr 1253 erlieszlig der Koumlnig ein Mandat das den Juden unter anderem verbot neue
Synagogen zu errichten christliche Bedienstete oder sexuelle Kontakte mit Christen zu haben und
Kirchen zu betreten Wichtigster Punkt war jedoch dass Juden nun ihren Wohnort nicht mehr frei
waumlhlen sondern nur noch dort leben durften wo bereits Juden ansaumlssig waren[89]
Viele der hier
formulierten Mandate waren im IV Laterankonzil von 1215 als verbindliche Verbote fuumlr die Juden in
der christlichen Welt festgelegt worden und fanden nun ihre Umsetzung Daneben stieg die
Besteuerung seit den 1240er Jahren stetig an wodurch die Finanzkraft der Juden bereits deutlich
geschwaumlcht wurde[90]
Im Falle Edwards I zeigte sich schlieszliglich dass die starke Bindung der Juden
an den Koumlnig die den Juden in fruumlheren Jahren zunaumlchst Unabhaumlngigkeit und Wohlstand gebracht
hatte nun ihren Ruin und schlieszliglich ihre Vertreibung bewirkte Der Koumlnig hatte bei Maszlignahmen die
die Juden betrafen kaum Widerspruch zu befuumlrchten zu eindeutig definiert war seine Machstellung
den Juden gegenuumlber In Frankreich unterstanden die Juden dem Herrn ihres jeweiligen Gebiets
der Koumlnig von Frankreich herrschte also nur in der Krondomaumlne uumlber die Juden des Koumlnigreiches[91]
Die Juden waren an ihr angestammtes Territorium gebunden und durften dieses nur mit der
Erlaubnis ihres Landesherrn verlassen Dieses Prinzip reicht bis in die Zeit von Philipp II August
(1180-1223) zuruumlck und wurde seit der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne 1198 in
verschiedenen Vereinbarungen mit anderen franzoumlsischen Territorialherren vertraglich fixiert[92]
Schon bei der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne kam es zu Irritationen da Philipp II
die 1182 vertriebenen Juden nach wie vor als bdquoseine Judenldquo ansah diese Auffassung aber
beispielsweise von Graf Theobald III von Campagne nicht geteilt wurde Er fuumlrchtete Steuerausfaumllle
und war der Meinung dass Juden die sich 1182 in der Champagne niedergelassen hatten nicht
mehr die Juden des Koumlnigs seien[93]
Auch andere Landesherren weigerten sich dem Wegzug ihrer
Juden in die Krondomaumlne zuzustimmen[94]
Auch erste Schritte eines buumlrokratischen Umgangs mit
den Geldgeschaumlften der Juden waren 1198 durch Philipp II August vorgenommen worden
moumlglicherweise beeinflusst durch die archae die in England 1194 unter Koumlnig Richard I eingerichtet
worden waren um die Geldgeschaumlfte und die Finanzkraft der Juden zu dokumentieren In jedem Ort
der Krondomaumlne gab es spezielle Beamte die die Kreditvertraumlge der Juden siegelten und so
kontrollierten wem die Juden welche Betraumlge an Geld liehen[95]
Auch den Juden konnte dieses
Verfahren als Sicherheit fuumlr ihre Geschaumlfte dienen Unter Ludwig VIII (1223-1226) kam es zum
ersten Eingriff in die Geldgeschaumlfte der Juden im franzoumlsischen Gebiet 1223 erlieszlig der Koumlnig
zusammen mit diversen Landesherren ein Statut in dem festgelegt wurde dass die Ruumlckzahlung
aller Schulden bei Juden an insgesamt neun Terminen an die koumlnigliche beziehungsweise
landesherrliche Schatzkammer erfolgen sollte Die Praxis des Siegelns von Urkunden uumlber
Darlehensvergaben wurde abgeschafft Erneut wurde festgehalten dass keiner der Herrscher Juden
eines anderen Herrschers bei sich aufnehmen duumlrfe wobei es bei diesem Punkt wieder zu
Unstimmigkeiten mit dem Grafen der Champagne kam der die Erklaumlrung nicht unterschrieb[96]
Bereits die ersten Jahre der Regierungszeit Ludwigs IX (1226-1270) brachten fuumlr die Juden weitere
Beschwerlichkeiten und erste direkte Aktionen gegen den Wucher Im Jahr 1227 kam es zu einer
erneuten Aneignung der ausstehenden Schulden bei Juden 1228 erging ein Mandat in dem Ludwig
IX befahl bei kuumlnftigen Geldgeschaumlften auf Zinsen zu verzichten Auszligerdem erklaumlrte der Koumlnig bei
Geldgeschaumlften die seit der Schuldentilgung ein Jahr zuvor geschlossen wurden alle Zinsen fuumlr
unguumlltig[97]
Auch die generelle Rechtsstellung der Juden wurde schon fruumlh in der Regierungszeit
Ludwigs IX definiert wobei es bei der alten Regelung blieb Im Statut von Melun hielten der Koumlnig
und die Landesherren daran fest dass die Juden tamquam proprii servi an das jeweilige Territorium
gebunden waren Christliche Schuldner wurden dazu aufgerufen ihre Schulden bei Juden zu
bezahlen nicht aber die Zinsen[98]
Die 1240er Jahre waren in Frankreich gepraumlgt vom Pariser
Talmudprozess in dem der Talmud als ketzerische Schrift verurteilt und danach oumlffentlich verbrannt
wurde[99]
Dies fuumlhrte unter anderem zu einer verstaumlrkten Auswanderung juumldischer Eliten aus
Nordfrankreich[100]
Insgesamt aumlnderte sich der rechtliche Status unter Ludwig IX nicht aber fruumlher
als die Herrscher in England nahm Ludwig IX der 1290 heilig gesprochen wurde den Kampf gegen
den Wucher auf Einige Aktionen Koumlnig Philipps IV (1285-1314) waumlhrend seiner ersten
Regierungsjahre in Bezug auf die Juden muumlssen vor dem Hintergrund der Vertreibungen gesehen
werden die sich in Regionen auszligerhalb der Krondomaumlne ereigneten so beispielsweise die
Ausweisung der juumldischen Fluumlchtlinge durch Philipp IV im Jahre 1291[101]
Daneben ist eine
konsequente Linie den Juden gegenuumlber nicht zu erkennen 1285 erneuerte er beispielsweise ein
Privileg zum Schutz von Synagogen und Friedhoumlfen zugleich bestaumltigte er die Pflicht der Juden ein
spezielles Abzeichen an ihrer Kleidung zu tragen[102]
Beides sind Zeichen dafuumlr dass der Koumlnig zu
dieser Zeit nicht daran dachte die Juden auszuweisen sondern das Leben der Juden rechtlich zu
definieren Vorrangiges Ziel Philipps IV war es zunaumlchst seine Oberherrschaft uumlber die Juden im
Suumlden zu sichern wo diese nicht von allen Baronen anerkannt wurde Die Herrschaft in der
Champagne hatte er sich durch Heirat bereits gesichert Dort in Troyes kam es 1288 zu einer
Mordanklage in deren Folge 13 Juden hingerichtet wurden wobei der Koumlnig ihre Besitztuumlmer
einzog[103]
Groumlszligeren Einfluss auf den Koumlnig scheint die Hostienschaumlndungbeschuldigung 1290 in
Paris gehabt zu haben Philipp IV warnte die Juden vor weiteren Hostienschaumlndungen und
spendete ein Haus neben der Kirche die zum Gedenken an den Fall errichtet worden war[104]
Wie
sein Groszligvater Ludwig IX setzte Philipp IV den Kampf gegen den Wucher fort verbot ihn 1299 und
1303 daneben wurde auch das Verbot des Neubaus von Synagogen sowie des Talmuds bei diesen
Gelegenheiten erneuert[105]
In einer konzentrierten und laumlnger vorbereiteten Aktion lieszlig Philipp IV
dann die Juden (oder jedenfalls die Familienvorstaumlnde) vermutlich am 22 Juli 1306 festsetzen Dies
diente dazu eine genaue Aufstellung der Judenguumlter vorzunehmen und um sich die ausstehenden
Schuldscheine zu sichern Gleichzeitig bedeutete es das Ende der juumldischen Siedlung in Frankreich
bis zu ihrer Wiederzulassung unter Ludwig X im Jahr 1315
Sowohl bei der Vertreibung aus England als auch der aus Frankreich zeigt sich die Gefahr die die
Abhaumlngigkeit der Juden vom Herrscher barg Vor allem in England hatte die privilegierte Position fuumlr
Wohlstand und ein groszliges Maszlig an innerer Autonomie etwa in der Rechtssprechnung oder in bezug
auf die Freizuumlgigkeit gesorgt[106]
Sie schuumltzte die Juden jedoch nicht immer vor Gealtakten wie den
seit der Mitte des 12 Jahrhunderts immer wieder vorkommenden Ritualmordvorwuumlrfen In
Frankreich verschlechterten sich ihre Lebensumstaumlnde mit der Ausbreitung der Krondomaumlne War
es 1182 noch ein geringes Problem fuumlr die Juden eine neue Heimat zu finden und von anderen
franzoumlsischen Landesherren wohlwollend aufgenommen zu werden war dies 1306 nicht mehr
moumlglich Die Herrscher nahmen die theologischen Diskurse uumlber den Wucher oder den Talmud auf
und wurden des weiteren beeinflusst durch antijuumldische Blut- und Hostienschaumlndungsvorwuumlrfe
Auch wirtschaftliche Uumlberlegungen haben eine Rolle gespielt ebenso mag es eine Dynamik
gegeben haben angestoszligen durch die weiteren Vertreibungen in dieser Umbruchszeit in der sich
jeder Herrscher damit profilieren wollte und konnte die Juden zu vertreiben
Die allgemeine Verurteilung des Wuchers
Obwohl gerade in der hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts verstaumlrkt die finanziellen Interessen vor
allem des franzoumlsischen Koumlnigs als Motiv der Vertreibung hervorgehoben wurde folgte die zeitnahe
Argumentation einer innerjuumldischen Perspektive anderen Erklaumlrungsmustern So gilt es zumindest
im Falle der Vertreibung aus England festzuhalten dass sich unter den Juden die Vorstellung
verbreitete das Fehlverhalten einzelner Juden haumltte die Ausweisung von 1290 wie auch andere
Vertreibungen mit verursacht Doch laumlsst sich im Wuchervorwurf gegenuumlber den Juden - dem
durchgaumlngigen Argument der Vertreibungen im 13 Jahrhundert - nicht etwa eine vordergruumlndige
falsche Praxis des Geldverleihs als ausloumlsendes Moment vermuten wie dies gelegentlich auch von
christlicher Seite von den Zeitgenossen vertreten wurde[107]
Vielmehr begann sich seit dem 12
Jahrhundert unter christlichen Gelehrten und weltlichen Herrschern ein theologisches Verstaumlndnis
bezuumlglich des Wuchers durchzusetzen das der wirtschaftlichen Taumltigkeit der Geldleihe auch in den
Haumlnden der Juden keine geduldeten Nische zuzuweisen bereit war[108]
Wucher wurde nun nicht
mehr als Suumlnde gegen den Naumlchsten aus mangelndem Mitgefuumlhl betrachtet und als turpe lucrum
(schaumlndlicher Profit) definiert sondern als Suumlnde gegen die iustitia[109]
Gemaumlszlig dieser Vorstellung
waren alle Wuchergewinne Diebesgut und muszligten zuruumlckgegeben werden Viel schwerer wog die
Feststellung daszlig sich die nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger durch ihre Besteuerung der Juden am
Wuchergewinn der Juden beteiligten und sich darum der gleichen Suumlnden schuldig machten[110]
Somit wurde auf demselben Wege der fuumlrstliche oder koumlnigliche Judenschutz die Legitimation
entzogen Die voumlllige Unterbindung des juumldischen Geldhandels schien darum fuumlr die meisten
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger der einzig richtige Weg wie dies bereits die im Namen Koumlnig
Ludwigs IX verkuumlndete ordenance von Melun 1230 forderte[111]
Als letzte Konsequenz blieb die
Ausweisung der Juden aus immer mehr Herrschaften des franzoumlsischen Koumlnigreiches und
schlieszliglich der Kronlande Das Zerbrechen des Miteinanders von Juden und Christen innerhalb des
franzoumlsischen Koumlnigreiches sowie die schrittweise Aufloumlsung bzw Zerschlagung des
jahrhundertealten juumldischen Siedlungsnetzes muszlig auf die juumldischen Gemeinschaften der
benachbarten Regionen so z B in den Rheinlanden verstoumlrend und beaumlngstigend gewirkt haben
Der dieser Vertreibung zugrundeliegende theologische Diskurs zu Geldhandel und Wucher und die
daraus resultierenden Folgen fuumlr die eigene juumldischen Existenz scheint jedoch nur einen geringen
Einfluszlig auf die Wahrnehmung ihrer eigenen Situation gehabt zu haben Im Zuge der Vertreibung der
franzoumlsischen Juden im Sommer und Herbst 1306 waren juumldische Fluumlchtlinge in die deutschen
Rheinlande gelangt[112]
Wohl wenige Monate spaumlter trafen in Worms die Delegierten des dortigen
Gemeindebezirkes die Vertreter der die Wormser Gemeinde und der sie umgebenden juumldischen
Niederlassungen auf einer Versammlung zusammen Auf diesem juumldischen Landtag sollte eine
Rechtssatzung eine Takkanah verabschiedet werden die die Praxis der juumldischen Geldleihe im
Einzugsgebiet der Gemeinde Worms sowie das Verhalten gegenuumlber hochverschuldeten Kunden
neu regelte[113]
In der Zusammenkunft der Haumlupter des Volkes im bdquoLand Wormsldquo im Jahr 67 des sechsten Jahrtausends
(10 Sept 1306 - 28 Augutst 1307) weil sich wegen unserer groszliger Verfehlungen die Noumlte der
Soumlhne unseres Volkes vermehrten durchforschten wir unsere Taten und fanden dass seit einiger
Zeit ein Schwert die Seele der Elenden und Reinen auffraszlig weil sie Vermoumlgen vermehrt hatten
durch Zins und Zinseszins von den Fuumlrsten der Nichtjuden Diese schuldeten ein Riesenvermoumlgen
den Familienvorstaumlnden Sie schmiedeten Raumlnke sich auf die Juden zu stuumlrzen und sie zu
uumlberfallen um sich von ihren Schulden zu befreien Wir haben beschlossen dass man keine
Erhoumlhung hinzufuumlgen darf und jedem Mann und jeder Frau nicht gestattet werden soll irgend einem
Nichtjuden einem einzelnen Schuldner mehr als 100 Pfund Hallisch zu leihen Und wenn der
Zeitpunkt der Schuldruumlckzahlung gekommen ist soll es nicht mehr gestattet sein die Zinsschuld der
Schuldsumme zuzuschlagen sondern man soll aus der Hand des Schuldners die ganze Schuld
einziehen Und wenn man nicht die ganze Schuld von ihm einziehen kann soll man sich nicht
hindern lassen wenigstens den Zins einzuziehen Nur soll man den Schuldner nicht mit List
uumlbervorteilen Und wenn es nicht gelingt irgend etwas einzuziehen dann soll man dies dem Rat
seiner Gemeinde mitteilen und nach deren Geheiszlig soll man handeln Was das Schuldgeschaumlft der
fuumlrstlichen Schuldner betrifft deren Schulden sich schon vermehrt haben und die niemand mehr
begleichen kann Die Glaumlubiger sollen sich huumlten sie mit hohen Zinsen zu belasten denn es sind
Komplotte zu befuumlrchten was Gott verhuumlten moumlge Schon einige Personen haben sich
zusammengeschlossen und dies gerade nicht bei den Fuumlrsten sondern bei den Klerikern und den
Buumlrgern [114]
Offenkundig standen den Delegierten die befuumlrchteten Konsequenzen der Geldleihe deutlich vor
Augen Wohl ebenso eingeschuumlchtert durch die in Frankreich vollzogene Vertreibung der Juden
wurden von seiten der Juden eigene Verfehlungen aber auch unguumlnstige Machtkonstellation
beobachtet die im Falle der franzoumlsischen Juden zu deren Untergang gefuumlhrt hatten Die
Beziehungen von Juden und Christen steckten auch in den Rheinlanden in den eingangs genannten
Bereichen von Wirtschaft Herrschaft und Religion in einer tieferen Krise Die auf dem
Versammlung von Worms beschlossenen Gegenmaszlignahmen blieben auf die juumldischen Teilnehmer
beschraumlnkt Zuruumlckhaltung gegenuumlber den christlichen Kunden Demut gegenuumlber Gott und das
Flehen um sein Erbarmen was mit guten Werken unterstuumltzt werden soll Eine direkte Verhandlung
mit den christlichen Herrschaftstraumlgern war nicht mehr vorgesehen Das gegenseitige Vertrauen
zwischen Juden und Christen war verschwunden in einer Zeit in der nicht mehr Koexistenz sondern
vor allem von Seiten der Juden die Sorge um die eigene Zukunft das eigene Handeln bestimmte
Zusammenfassung
Die Vertreibung der Juden aus England hatte innerhalb des juumldischen Kontextes noch zu Ansaumltzen der
Selbstreflexion gefuumlhrt die einen konkreten Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Vertretern
der juumldischen Seite und den politischen Entscheidungen der nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger
gegenuumlber der eigenen Gruppe erkennen mochten Dennoch waumlhnte man sich weiterhin in einem
rechtlich voumlllig abgesicherten Verhaumlltnis zur christlichen Umwelt Man war sich eines besonderen
Status innerhalb der christlichen Mehrheitsgesellschaft bewuszligt der in den Augen der Juden in
keiner Weise gefaumlhrdet schien Noch in der zweiten Haumllfte des 13 Jahrhunderts definierte Meir ben
Baruch (gest 1293) die Stellung der Juden im Reich als die eines freien Landbewohners der sein
Land nicht aber seine persoumlnliche Freiheit verloren hat [115]
Er sei darum nicht wie die Nichtjuden
den Fuumlrsten unterworfen und zu Steuerzahlungen verpflichtet Diese Konstruktionen erinnern stark
an die noch im 12 Jahrhundert in Frankreich vertretenen Rechtsauffassungen eines Itzchaq ben
Shmuel von Dampierre (gest ca 1185)[116]
der ebenfalls die Freiheit der Juden im Vergleich zu den
Nichtjuden hervorhebt ihre voumlllige Bewegungsfreiheit im Gegensatz zu an die Scholle gebundenen
Nichtjuden betont und die Juden ebenfalls aus der Rechtspraxis herausnimmt die dem
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger gestattet bei Abwanderung von Personen deren beweglichen
Besitz einzuziehen[117]
Nach juumldischer Auffassung folgten die Interaktionen zwischen Juden und
Christen nach Regeln die von beiden Seiten anerkannt waren Das jedoch sich dies Regelwerk zu
ungunsten der Juden verhaumlndert haben mochte daszlig die eigene Bewegungsfreiheit inzwischen mehr
und mehr eingeschraumlnkt wurde die besonderen Steuergesetzgebung seit den Aumluszligerungen des
Itzchak von Dampiegravere sich erheblich veraumlndern hatte und damit nach daszlig Verhaumlltnis zur christlichen
Umwelt nun erheblichen Umwaumlltzungen unterworfen war wurde wie die Aumluszligerung Meirs nahelegt
weder reflektiert noch einigermaszligen registriert
Das Verhalten der franzoumlsischen Juden Angesichts ihrer Vertreibung ist darum keinesfalls verwunderlich In
den wenigen juumldischen Selbstzeugnisse zur Vertreibung der franzoumlsischen Juden finden sich keine
Spuren die auf einen Prozess der Selbstreflexion schlieszligen lassen Die Frage der Motivation zur
Vertreibung der Juden wird soweit dies die Quellen erkennen lassen nicht diskutiert Der
offenkundige theologische Diskurs zur Unrechtmaumlszligigkeit des auf Zinsen geleisteten Geldverleihs
dem die juumldischen Gemeinschaft im franzoumlsischen Koumlnigreich letztlich zum Opfer fiel wird
nirgendwo rezipiert Man koumlnnte den Eindruck gewinnen dass sich den franzoumlsischen Juden die
Gefaumlhrlichkeit der Diskussion um den Wucher zu keinem Zeitpunkt erschloss Auch in den
konstruierten Narrativen der folgenden Generationen steht die auch fuumlr den einzelnen Juden
folgenreiche finanzielle Auspluumlnderung durch die franzoumlsische Krone im Vordergrund Allerdings
zeigt die Quelle aus dem rheinischen Kontext dass zumindest nach der Vertreibung aus dem
franzoumlsischen Koumlnigreich im Jahre 1306 unter den rheinischen Juden bestimmte Formen der
Geldleihe als Element der Selbstgefaumlhrdung wahrgenommen wurde Dabei macht die Uumlberlieferung
der Wormser Versammlung auch deutlich das die Zerruumlttung des Verhaumlltnisses von Juden und
Christen auch von juumldischer Seite nicht mehr geleugnet werden konnte Dass es sich dabei nicht nur
um eine wirtschaftliche Auseinandersetzung sondern zunaumlchst um einen christlichen theologischen
Diskurs handelte der sich gaumlnzlich juumldischem Handeln entzog scheint den Protagonisten der
Wormser Gemeinde nicht zugaumlnglich gewesen sein Ohne zu erkennen dass die Geldleihe und
somit die eigene wirtschaftliche Existenz gaumlnzlich in Frage gestellt werden koumlnnte versuchten die
Vertreter der Wormser Versammlung durch einzelne Maszlignahmen die Beziehungen zur christlichen
Umgebung zu entlassten um Gefahren von der eigenen Gemeinschaft abzuwenden Auf diese
Weise wurden die Juden im Westen Europas mehr und mehr wirtschaftlichen und theologischen
Dynamiken ausgesetzt die sich jenseits der juumldischen Wahrnehmung auszuformen begannen und
schlieszliglich in die Verdraumlngung der Juden muumlnden sollten die in der Vertreibung von England und
Frankreich ihren Anfang nahm
Rainer Barzen Lennart Guumlntzel
1 uarr Vgl zu Frankreich Chazan Jewry (1973) 154-207 Jordan Monarchy (1998) 177-261 Zu
England Hyams Jews (1996) 173-192 Mentgen Vertreibungen (1997) 11-53 Mundill England
(1998)
2 uarr Chazan Jewry (1973) 63-100 Ders Church (1980) 312f Jordan Monarchy (1998) 23-38
3 uarr Zur Geschichte der Juden unter Ludwig IX vgl Chazan Jewry (1973) 100-153
4 uarr Die Vorbildfunktion Ludwigs IX vor allem in Hinblick auf den Kampf gegen den Wucher erwaumlhnt
Cluse Zusammenhang (1999)135ndash163
5 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
6 uarr Chazan Church (1980) 313-317
7 uarr Florentii Wigorniensis 214f
8 uarr Ebd 212
9 uarr Chazan Church (1980) 317-319
10 uarr Aufstellung der Chroniken bei Abrahams Expulsion (1895) 449f
11 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
12 uarr Ordonnances 317
13 uarr Jordan nennt als Beispiel die Ortschaft Niort die ihre Juden vertreiben konnte Jordan Monarchy
(1998) 183
14 uarr Ebd 184f
15 uarr Ebd 184
16 uarr Ebd 183f
17 uarr Zu den Motiven Philipps IV siehe Mentgen Vertreibungen (1997) 46-49 Schwarzfuchs
Expulsion (1967) 485f
18 uarr Uumlber den generellen Wucherdiskurs siehe unten Kapitel V2
19 uarr Close Rolls Edward I 109
20 uarr Annales de Waverleia 409 ldquo(hellip) Judaeorum (hellip) quae per diversas urbes et castra regionis
Anglicanae per retroacta tempora habitabat confidenter procurante domina Alienora matre dicti
regis Angliae jussa est per edictum regium (hellip)rdquo
21 uarr Annales de Dunstaplia 361-362bdquo (hellip) propter blasphemias quas Judaei saepe faciebant fidei
Christianae statuit rex ut omnes Judaei cum semine suo et substancia ab Anglia pellerentur (hellip)rdquo
22 uarr Ebd bdquo(hellip) et concessit eis rex salvum conductum In ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt
submersi per vim et fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
23 uarr Zum Verhaumlltnis von Dominikanern und Juden zu dieser Zeit vgl Cohen Friars (1982) sowie
Ders Letters (1999)
24 uarr Florentii Wigoriensis 214
25 uarr Uumlber ein moumlgliches Interesse des Adels an der Vertreibung der Juden siehe Mentgen
Vertreibungen (1997) 27-30
26 uarr Annales de Dunstaplia 361-362 bdquoIn ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt submersi per vim et
fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
27 uarr Pierre de Langtoft II 186 bdquoThomas de Wilaund en baunk primer nomeacute par agarde de la court le
regne ad forjoreacute et en la terre de France sanz repairer aleacute Ses compayons ses clercs sunt pris e
meneacute a la thour de Loundres delivreacutes par moneacuteldquo
28 uarr Ebd 188 bdquoPur le quinzme dener al rays en ayeldquo
29 uarr Ebd bdquoOre sunt alez en France e en Pykardye Tutes lur dettes e lur manauntye Sunt salves al
ray dunt fere sa curtaysyeldquo
30 uarr Oumlsterreichische Reimchronik Verse 91239-91777 1186-1192ldquo die dritten vorderungdie an den
Franzois junctet der kunic Albrehter jach die Juden ze rehtgehocircren daz ricircche an und ander nieman
()ldquo Zu dieser Quelle vgl Ziwes Studien (1995) 33f Anm 16
31 uarr Prima Vita Clementis V 5
32 uarr Quarta Vita Clementis V 62bdquo Anno Domini MCCCVJ in festo sancte Marie Magdalene de
mandato et ordinatione regis Francie fuerunt capti omnes Judei ubique in regno Francie quasi
imperceptibiler una die et confiscata sunt bona ipsorum quecumque potuerunt inveniri fueruntque
a regno expulsi ulterius minime reversurirdquo Vgl auch Sexta Vita Clementis V 92-93bdquo Et etiam in
isto anno in die sancte Marie Magdalene omnes Judei de regno Francie congediati [congregati]
fuerunt et eorum bona omnia extiterunt confiscatardquo
33 uarr Continuatio Guilelmi de Nangis 59 bdquoMense Augusto Rex Philippus omnes Judaeos de Regno
Franciae penitus amp omnino fecit expelli certum regressionis terminum sub poena mortis praesigens
eisdemrdquo
34 uarr Florentii Wigoriensis 192 ldquoBarones cum Londoniensibus Judaismum Londoniae spoliaverunt
multis Judaeis interfectisldquo Siehe auch Mundill England (1998) 41
35 uarr Florentii Wigoriensis 210ldquo Rex die Sancte Calixti synagogam Judaeorum in villa Londoniensi
fratribus de Poenitentia contulit Jesu Christi ()ldquo
36 uarr Ebd 222bdquoApud Norhamtonam () puer quidam a Judaeis crucifixus estrdquo
37 uarr BennerReverchon Juden (2003) 181
38 uarr Rubin Tales (1999) 40-48
39 uarr Mentgen Vertreibungen (1997) 42-44
40 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 64f sieht den Muumlnzbeschneidungsskandal als Folge der Verarmung
der Juden Eine andere Meinung vertritt Mundill England (1998) 195-198 der vor allem auf eine
erfolgreiche Rolle der Juden im Wollhandel verweist
41 uarr Florentii Wigoriensis 221ldquo Rex omnes Judaeos et quosdam Christianos de retonsura aut alia
monetae falsatione convictos fecit suspensi Unde Londoniae CCLX et VII Judaei mortis judicium
subierunt Quidam autem relegati quidam etiam eorum perpetuo sunt carceri adjudicati et quidam
in Anglia remanseruntrdquo Vgl auch Mundill England (1998) 67f sowie uumlber die Zahl der Opfer weiter
oben Anmerkung 36
42 uarr Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 S 20
43 uarr Nach der chronikalischen Uumlberlieferung waren es 267 bzw 269 hingerichtete Juden Eine
Auswertung der auszligerchronikalischen Quellen ergab die Zahl von 298 erhaumlngten Juden Rokeacuteach
Monex I (198890) 98
44 uarr Jordan Monarchy (1989) 182f
45 uarr rdquoVos autre fuistis Engles qui exiverunt de terra eorum quia rotundabatis monetamrdquo in
Shatzmiller Schlomo Ibn Verga (1988) 355 Ders Solidariteacute (1986) 423
46 uarr Shlomo Ibn Verga Shevet Yehudah Teil I (hebr) Teil II (dt Uumlbersetzung)(Edit Wiener) Shevet
Yehudah (Edit Shochat)
47 uarr Zu Leben und Werk Shlomo Ibn Vergas Baer Hearot (1934) 152-179
48 uarr Shevet Yehudah Nr 18 (hebr S 42-43 dt Uumlbers S 84-85) Shevet Yehudah (Edit Shochat)
S 66
49 uarr Shevet Yehudah Nr 20 (hebr 43-45 dt Uumlbers 86-89)
50 uarr Zu Yosef ha-Kohen und seinem Werk Loeb Josef Hacohen (1888) XVI 28-56 211-235 XVII
74-95 247-271
51 uarr Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (dt
Uumlbersetzung Wiener)
52 uarr Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) 38-39 (Edit Wiener) 41-42
53 uarr Usque Nachum Israel III (1908) XI-XIII Auch bei Gedalyah Ibn Yachjah Shalshelet ha-
Kabbalah (nach Graetz Geschichte VII (1897) 429 weitere Quellen Graetz ebd 426-430)
54 uarr Siehe Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 20a
55 uarr ldquoSie [die Dominikaner] brachten sogar Muumlnzsorten herbei die sie selbst zuhause beschnitten
hattenldquo Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) S 38 (Edit Wiener) 41
56 uarr Fuumlr vielerlei Hinweise zur hebraumlischen Uumlberlieferung der Vertreibung der franzoumlsischen Juden sei
Dr Abraham David Jerusalem herzlich gedankt
57 uarr Schwarzfuchs History (2001) 269-274 Ben-Shalom Communication (1991) 171-225
58 uarr Abba Mari ben Mose von Lunel Sefer Minchat Qenaot Nr 120 in Shlomo Ibn Adret Tshuvot II
835-836
59 uarr BT Berachot 70a Gemeint ist hier die Philosophie griechischer Tradition die von Abba Mari
besonders bekaumlmpft wurde Shlomo Ibn Adret Teshuvot Bd 2 835 Anmerkung zu Zeile 1 Abba
Mari brachte die Vertreibung der suumldfranzoumlsischen Juden mit deren Hinwendung zur griechischen
Philosophie in Verbindung Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 832 Anmerkung zu Zeile 8
60 uarr Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 835-836 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001) 273
61 uarr Jordan French Monarchy (1989) 195196
62 uarr Saige Juifs (1881) 92
63 uarr Jordan French Monarchy (1989) 205 Saige Juifs (1881) 101-102 308-319 324-325
64 uarr Zu Leben und Werk sowie zu seinem Aufenhalt im Lande Israel siehe Schwarzfuchs History
261 Elbaum Estori ha-Parhi S 918f
65 uarr Zur Bedeutung des hebraumlischen Begriffes Prowentzah der neben der heutigen Provence auch
das Languedoc miteinschloss siehe Gross Gallia Judaica (1887) 489 In diesem Sinne entspricht
Prowentzah der roumlmischen Provincia Narbonnensis In Kontext der Vertreibung der Juden im
Jahre 1306 kann nur das Languedoc gemeint sein
66 uarr Eshtori haParchi Kaftor waFerach 218
67 uarr Schwarzfuchs History (2001) 276-278 Dahan Gersonide (1991)
68 uarr Levi ben Gershom Pirush al ha-Torah
69 uarr Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 153-154
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
Ein weiterer Autor des fruumlhen 14 Jahrhunderts Eshtori ha-Parchi[64]
beschreibt in seinem Werk
Kaftor wa-Ferach kurz seine am eigenen Leib erfahrene Vertreibung der Juden aus dem
Suumlden des franzoumlsischen Koumlnigreichs
bdquoAuch erinnere ich mich an das Datum der Zerstoumlrung des kleinen Heiligtums naumlmlich die
Zerstoumlrung der Lehrhaumluser und Synagogen in Tzarfat (Nordfrankreich) und teilweise auch in der
Prowentzah (Suumldfrankreich hier Languedoc)[65]
Ich floh vom Schlachtfeld hellip im Jahre 5066 und
zwar am 10 Aw (22 Juli 1306)ldquo[66]
Eshtori ha-Parchi der sich schlieszliglich im Jahre 1313 im Lande Israel niederliess nennt
keine Begruumlndung der Ereignisse Die Bezeichnung der Vertreibung als Zerstoumlrung des
kleinen Heiligtums macht dem Leser deutlich welche Bedeutung den franzoumlsischen
Gelehrtenzentren vom Autor zugesprochen wurde die in dieser Ruumlckschau als
unwiederbringlich verloren betrachtet werden Eine weitere zeitnahe Notiz zur Vertreibung
der franzoumlsischen Juden laumlsst sich im Tora-Kommentar des Gelehrten R Lewi ben
Gershom (Ralbag) (1288-1344) finden Der Gelehrte der unter seinen nichtjuumldischen
Zeitgenossen auch unter der Bezeichnung Maestre Leo de Bagnol oder auch Magister
Leo Hebraeus bekannt war[67]
schreibt zum Wochenabschnitt Bechukotei (Lev 26 3 -
27 34)
Und wenn es in der Schrift heiszligt sbquoIhr geht unter den Voumllkern zugrunde und das Land euerer
Feinde friszligt euch aufrsquo (Lev 26 38) bezog sich dies auf die groszligen Noumlte unseres Volkes in denen
viele umgekommen sind eingeschlossen das Hinschlachten einiger in den heiligen Gemeinden
und die Vertreibung der Juden aus dem Lande Zarfat Doppelt so viele starben an Hunger und
Pestilenz als beim Auszug aus Aumlgypten[68]
Interessanterweise erwaumlhnt Levi ben Gershom als erster Autor Todesopfer die
innerhalb der juumldischen Gemeinschaft als Folge der Vertreibung zu beklagen waren
Fast ein Jahrhundert spaumlter wohl in der ersten Haumllfte des 15 Jahrhunderts
beschreibt der in Spanien wohl in Tortosa lebende Mattityahu haYizhari ein
Nachkomme einer aus Suumldfrankreich stammenden Familie[69]
die Vertreibung der
Juden mit folgenden Worten
Es sprach Mattityahu Sohn des Moshe Sohn des Weisen Mattiyahu ha-Yizhari sein Andenken
sei zu Segen Viele Noumlte haben uns ereilt seit wir aus dem verheiszligenen Land vertrieben wurden
hellip tausende und zehntausende Juden hatten sich in Frankreich niedergelassen hellip und meine
Vorfahren siedelten in der Stadt Narbonne einer groszligen Stadt Gottes bis Verfehlungen zur
Vertreibung fuumlhrten Einige starben als Maumlrtyrer andere wurde uumlber die ganze Erde zerstreut und
das ganze Land Zarfat lag entbloumlszligt da [70]
Auch bei Levi ben Gershom steht die Zerstoumlrung der groszligen juumldischen Zentren
im Vordergrund Ein Grund fuumlr deren Untergang wird nicht eroumlrtert Ein
aumlhnliches Bild findet sich bei einem weiteren juumldischen Gelehrten aus dem
Beginn des 14 Jahrhunderts In seinem um das Jahr 1321 abgeschlossenen
Werk Even Bochan bemerkt der in Arles geborene juumldische Philosoph
Kalonymos ben Kalonymos (geb 1286)[71]
Als der Herrscher von der Stimmung erfasst wurde mein Volk ins Exil zu fuumlhren vor siebzehn
Jahren uumlberwand er sie in seinem Grimm und vertrieb sie mit starker Hand aus seinem Land
uumlberfuumlhrte sie in Staumldte nackt und mittellos die in ihren Palaumlsten viele Schaumltze von Gold besaszligen
um die Altehrwuumlrdigen ihrer Generation und ihre Prinzen zu vernichten und auszuloumlschen[72]
Die Erwaumlhnung der Enteignung der Juden durch die franzoumlsische Krone
verweist auf den tatsaumlchlichen Verlauf der Ausweisung und auf ihre
fiskalischen Motive[73]
Die auch vom Autor betonten finanziellen
Interessen des Herrschers werden jedoch nicht diskutiert Uumlberhaupt
bleiben die wenigen weiteren zeitgenoumlssischen Bemerkungen zur
Vertreibung sehr skizzenhaft und auch eng mit der Biographie ihrer
Verfasser verknuumlpft So schreibt R Menachem ha-Meiri (Vidal Salamon
Mayr) (geb 1249) der wenige Jahre nach der Vertreibung verstarb[74]
in
seiner Einleitung zur Auslegung des Traktates Avot
als Gott mich vom meinem Vaterhaus fortbrachte machte er meine Soumlhne zu Fluumlchtlingen und
meine Toumlchter fuumlhrte er in Gefangenschaft[75]
Die letzten bekannten Bemerkungen zur Vertreibung aus der
Generation der Zeitzeugen stammen aus der Feder des Dichters
und Philosophen Jedajah ben Abraham haPenini[76]
der in den
Staumldten Beacuteziers Montpellier und Perpignan lebte und um 1325
verstarb In einem Brief an den katalanischen Gelehrten Schlomo
Ibn Adret betonte der Autor wie sehr doch die Juden der Provence
ihre Tuumlren weit fuumlr die Exilierten geoumlffnet haumltten und viel dazu
beigetragen haumltten die Fluumlchtlinge aufzunehmen[77]
Auch in einem
Gedicht schloss der Autor Anspielungen zur Vertreibung der
franzoumlsischen Juden mit ein[78]
Hebraumlische Zeugnisse zur Vertreibung aus dem Norden des
franzoumlsischen Herrschaftsgebietes konnten bisher nicht
nachgewiesen werden Die hier aufgefuumlhrten hebraumlischen Quellen
zur Vertreibung der Juden aus den Herrschaftsgebieten des
franzoumlsischen Koumlnigs stammen ausschlieszliglich von Personen die
durch die Zerstoumlrung der juumldischen Zentren im suumldlichen Frankreich
betroffen waren Diese Uumlberlieferungen wurden schlieszliglich von der
hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts aufgenommen und in
ihre als Zyklen von Leiden und Verfolgung gestalteten Werken
eingearbeitet Itzchaq Abarbanel (gest vor 1550) scheint dabei der
entscheidende Protagonist bei der Schoumlpfung eines die Vertreibung
von 1306 beschreibenden juumldischen Narratives gewesen zu sein
auch wenn er sich nach seinen eigenen Angaben lediglich auf
Itzchak Profiat Duran genannt Efodi einen juumldisch-katalanischen
Autor des spaumlten 14 Jahrhunderts bezog So schreibt Abarbanel
bdquoIm Jahre 5066 (1306) der Zaumlhlung war die Vertreibung aus Frankreich Koumlnig Philipp war ein
grausamer und verfluchter Feind der alle Juden aus seinem Koumlnigreich vertrieb all ihren Besitz
enteignete und sie mittellos des Landes verwies Es gab dort viele groszlige Gemeinden doppelt so
viele (Juden) wie aus Aumlgypten auszogen hellip Und es war eine Zeit der groszligen Not fuumlr Israel hellip es
war im Monat Aw (13 Juli 1306-11 August 1306) und es war eine allumfassende Vertreibung hellipall
dies findet sich in der Schrift bdquoSichron ha-Shmadotldquo die von allen Zerstoumlrung berichtet die sich seit
der Zerstoumlrung des Tempels in Israel ereignet haben aufgeschrieben und redigiert von Efodildquo[79]
Der Autor weiszlig zu berichten unter welchem Koumlnig und in welchem Monat und Jahr die Vertreibung
stattfand Auf die Mittellosigkeit der juumldischen Fluumlchtlinge wird explizit hingewiesen die auf die
Auspluumlnderung durch den Koumlnig zuruumlckgefuumlhrt wird Auch eine Vorstellung von der Zahl der Exilierten
spiegelt sich im Text wider
Shlomo Ibn Verga uumlbernimmt den Text fast woumlrtlich fuumlr seine Chronik Shevet Yehudah und erweitert ihn
lediglich um die nicht belegbare Geschichte der Konversion der Gemeinde von Toulouse[80]
Ihm
folgen Samuel Usque[81]
und Yosef ha-Kohen[82]
So bieten die Erzaumlhltraditionen des 16
Jahrhunderts lediglich ein Geruumlst von Fakten die den Handlungsablauf der Vertreibung mit wenigen
Worten beschreiben Eine Begruumlndung der Vertreibung wird nicht genannt So entspricht die
Erzaumlhlarmut des Textes zur Vertreibung aus Frankreich innerhalb der hebraumlischen Chronistik des
16 Jahrhunderts der allgemeinen Quellenarmut der hebraumlischen Uumlberlieferungstradition zu diesem
Ereignis
Beziehung der Juden zum Herrscher
Anhand der Untersuchung von herrschaftlichen Bindungen der Juden soll im Folgenden verdeutlicht
werden wie sich ein ehemals funktionierendes Miteinander zu einem Zerbrechen eben dieses
Miteinanders mit dem Resultat der Vertreibung veraumlnderte Dazu werden die Herrschaftsstrukturen
mit ihren Veraumlnderungen zwischen dem Koumlnig beziehungsweise anderen christlichen
Herrschaftstraumlgern und den Juden in England und Frankreich analysiert In England siedelten sich
im Zuge der normannischen Eroberungen nach 1066 die ersten aus Frankreich stammenden Juden
an[83]
Seit dieser Zeit wurden sie in Dokumenten haumlufig als bdquoJuden des Koumlnigsldquo[84]
bezeichnet
Diesen exklusiven Anspruch konnte der Koumlnig bis zur Vertreibung durchsetzen auch wenn es
vereinzelt andere Herrschaftstraumlger gab die Macht uumlber Juden erlangten[85]
Die Juden waren dem
Koumlnig direkt unterstellt sie mussten ihm jede Geldforderung erfuumlllen im Gegenzug durften sie nach
ihrem Gesetz leben und ihren Wohnsitz frei waumlhlen[86]
Ein Privileg Richards I von 1190 erwaumlhnt
auszligerdem unter anderem das Recht der Juden auf Landbesitz und zollfreien Handel mit Wein[87]
Belastend fuumlr das Leben der Juden von England war das hohe Maszlig an Verwaltung das die
englischen Koumlnige geschaffen hatten um die Steuern effizient eintreiben zu koumlnnen Anlaumlsslich der
Kroumlnung Richards I im Jahre 1189 war es ausgehend von London zu Massakern an Juden in ganz
England gekommen Da die koumlnigliche Verwaltung nicht nachvollziehen konnte welche
Schuldscheine durch die Verfolgung vernichtet worden waren wurde als Reaktion 1194 ein
Archivsystem (archae) eingefuumlhrt das von nun an alle Geldgeschaumlfte sowie alle Juden mit ihrer
Finanzkraft verzeichnete[88]
Unter Heinrich III (1216-1272) aumlnderte sich der rechtliche Status der
Juden Im Jahr 1253 erlieszlig der Koumlnig ein Mandat das den Juden unter anderem verbot neue
Synagogen zu errichten christliche Bedienstete oder sexuelle Kontakte mit Christen zu haben und
Kirchen zu betreten Wichtigster Punkt war jedoch dass Juden nun ihren Wohnort nicht mehr frei
waumlhlen sondern nur noch dort leben durften wo bereits Juden ansaumlssig waren[89]
Viele der hier
formulierten Mandate waren im IV Laterankonzil von 1215 als verbindliche Verbote fuumlr die Juden in
der christlichen Welt festgelegt worden und fanden nun ihre Umsetzung Daneben stieg die
Besteuerung seit den 1240er Jahren stetig an wodurch die Finanzkraft der Juden bereits deutlich
geschwaumlcht wurde[90]
Im Falle Edwards I zeigte sich schlieszliglich dass die starke Bindung der Juden
an den Koumlnig die den Juden in fruumlheren Jahren zunaumlchst Unabhaumlngigkeit und Wohlstand gebracht
hatte nun ihren Ruin und schlieszliglich ihre Vertreibung bewirkte Der Koumlnig hatte bei Maszlignahmen die
die Juden betrafen kaum Widerspruch zu befuumlrchten zu eindeutig definiert war seine Machstellung
den Juden gegenuumlber In Frankreich unterstanden die Juden dem Herrn ihres jeweiligen Gebiets
der Koumlnig von Frankreich herrschte also nur in der Krondomaumlne uumlber die Juden des Koumlnigreiches[91]
Die Juden waren an ihr angestammtes Territorium gebunden und durften dieses nur mit der
Erlaubnis ihres Landesherrn verlassen Dieses Prinzip reicht bis in die Zeit von Philipp II August
(1180-1223) zuruumlck und wurde seit der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne 1198 in
verschiedenen Vereinbarungen mit anderen franzoumlsischen Territorialherren vertraglich fixiert[92]
Schon bei der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne kam es zu Irritationen da Philipp II
die 1182 vertriebenen Juden nach wie vor als bdquoseine Judenldquo ansah diese Auffassung aber
beispielsweise von Graf Theobald III von Campagne nicht geteilt wurde Er fuumlrchtete Steuerausfaumllle
und war der Meinung dass Juden die sich 1182 in der Champagne niedergelassen hatten nicht
mehr die Juden des Koumlnigs seien[93]
Auch andere Landesherren weigerten sich dem Wegzug ihrer
Juden in die Krondomaumlne zuzustimmen[94]
Auch erste Schritte eines buumlrokratischen Umgangs mit
den Geldgeschaumlften der Juden waren 1198 durch Philipp II August vorgenommen worden
moumlglicherweise beeinflusst durch die archae die in England 1194 unter Koumlnig Richard I eingerichtet
worden waren um die Geldgeschaumlfte und die Finanzkraft der Juden zu dokumentieren In jedem Ort
der Krondomaumlne gab es spezielle Beamte die die Kreditvertraumlge der Juden siegelten und so
kontrollierten wem die Juden welche Betraumlge an Geld liehen[95]
Auch den Juden konnte dieses
Verfahren als Sicherheit fuumlr ihre Geschaumlfte dienen Unter Ludwig VIII (1223-1226) kam es zum
ersten Eingriff in die Geldgeschaumlfte der Juden im franzoumlsischen Gebiet 1223 erlieszlig der Koumlnig
zusammen mit diversen Landesherren ein Statut in dem festgelegt wurde dass die Ruumlckzahlung
aller Schulden bei Juden an insgesamt neun Terminen an die koumlnigliche beziehungsweise
landesherrliche Schatzkammer erfolgen sollte Die Praxis des Siegelns von Urkunden uumlber
Darlehensvergaben wurde abgeschafft Erneut wurde festgehalten dass keiner der Herrscher Juden
eines anderen Herrschers bei sich aufnehmen duumlrfe wobei es bei diesem Punkt wieder zu
Unstimmigkeiten mit dem Grafen der Champagne kam der die Erklaumlrung nicht unterschrieb[96]
Bereits die ersten Jahre der Regierungszeit Ludwigs IX (1226-1270) brachten fuumlr die Juden weitere
Beschwerlichkeiten und erste direkte Aktionen gegen den Wucher Im Jahr 1227 kam es zu einer
erneuten Aneignung der ausstehenden Schulden bei Juden 1228 erging ein Mandat in dem Ludwig
IX befahl bei kuumlnftigen Geldgeschaumlften auf Zinsen zu verzichten Auszligerdem erklaumlrte der Koumlnig bei
Geldgeschaumlften die seit der Schuldentilgung ein Jahr zuvor geschlossen wurden alle Zinsen fuumlr
unguumlltig[97]
Auch die generelle Rechtsstellung der Juden wurde schon fruumlh in der Regierungszeit
Ludwigs IX definiert wobei es bei der alten Regelung blieb Im Statut von Melun hielten der Koumlnig
und die Landesherren daran fest dass die Juden tamquam proprii servi an das jeweilige Territorium
gebunden waren Christliche Schuldner wurden dazu aufgerufen ihre Schulden bei Juden zu
bezahlen nicht aber die Zinsen[98]
Die 1240er Jahre waren in Frankreich gepraumlgt vom Pariser
Talmudprozess in dem der Talmud als ketzerische Schrift verurteilt und danach oumlffentlich verbrannt
wurde[99]
Dies fuumlhrte unter anderem zu einer verstaumlrkten Auswanderung juumldischer Eliten aus
Nordfrankreich[100]
Insgesamt aumlnderte sich der rechtliche Status unter Ludwig IX nicht aber fruumlher
als die Herrscher in England nahm Ludwig IX der 1290 heilig gesprochen wurde den Kampf gegen
den Wucher auf Einige Aktionen Koumlnig Philipps IV (1285-1314) waumlhrend seiner ersten
Regierungsjahre in Bezug auf die Juden muumlssen vor dem Hintergrund der Vertreibungen gesehen
werden die sich in Regionen auszligerhalb der Krondomaumlne ereigneten so beispielsweise die
Ausweisung der juumldischen Fluumlchtlinge durch Philipp IV im Jahre 1291[101]
Daneben ist eine
konsequente Linie den Juden gegenuumlber nicht zu erkennen 1285 erneuerte er beispielsweise ein
Privileg zum Schutz von Synagogen und Friedhoumlfen zugleich bestaumltigte er die Pflicht der Juden ein
spezielles Abzeichen an ihrer Kleidung zu tragen[102]
Beides sind Zeichen dafuumlr dass der Koumlnig zu
dieser Zeit nicht daran dachte die Juden auszuweisen sondern das Leben der Juden rechtlich zu
definieren Vorrangiges Ziel Philipps IV war es zunaumlchst seine Oberherrschaft uumlber die Juden im
Suumlden zu sichern wo diese nicht von allen Baronen anerkannt wurde Die Herrschaft in der
Champagne hatte er sich durch Heirat bereits gesichert Dort in Troyes kam es 1288 zu einer
Mordanklage in deren Folge 13 Juden hingerichtet wurden wobei der Koumlnig ihre Besitztuumlmer
einzog[103]
Groumlszligeren Einfluss auf den Koumlnig scheint die Hostienschaumlndungbeschuldigung 1290 in
Paris gehabt zu haben Philipp IV warnte die Juden vor weiteren Hostienschaumlndungen und
spendete ein Haus neben der Kirche die zum Gedenken an den Fall errichtet worden war[104]
Wie
sein Groszligvater Ludwig IX setzte Philipp IV den Kampf gegen den Wucher fort verbot ihn 1299 und
1303 daneben wurde auch das Verbot des Neubaus von Synagogen sowie des Talmuds bei diesen
Gelegenheiten erneuert[105]
In einer konzentrierten und laumlnger vorbereiteten Aktion lieszlig Philipp IV
dann die Juden (oder jedenfalls die Familienvorstaumlnde) vermutlich am 22 Juli 1306 festsetzen Dies
diente dazu eine genaue Aufstellung der Judenguumlter vorzunehmen und um sich die ausstehenden
Schuldscheine zu sichern Gleichzeitig bedeutete es das Ende der juumldischen Siedlung in Frankreich
bis zu ihrer Wiederzulassung unter Ludwig X im Jahr 1315
Sowohl bei der Vertreibung aus England als auch der aus Frankreich zeigt sich die Gefahr die die
Abhaumlngigkeit der Juden vom Herrscher barg Vor allem in England hatte die privilegierte Position fuumlr
Wohlstand und ein groszliges Maszlig an innerer Autonomie etwa in der Rechtssprechnung oder in bezug
auf die Freizuumlgigkeit gesorgt[106]
Sie schuumltzte die Juden jedoch nicht immer vor Gealtakten wie den
seit der Mitte des 12 Jahrhunderts immer wieder vorkommenden Ritualmordvorwuumlrfen In
Frankreich verschlechterten sich ihre Lebensumstaumlnde mit der Ausbreitung der Krondomaumlne War
es 1182 noch ein geringes Problem fuumlr die Juden eine neue Heimat zu finden und von anderen
franzoumlsischen Landesherren wohlwollend aufgenommen zu werden war dies 1306 nicht mehr
moumlglich Die Herrscher nahmen die theologischen Diskurse uumlber den Wucher oder den Talmud auf
und wurden des weiteren beeinflusst durch antijuumldische Blut- und Hostienschaumlndungsvorwuumlrfe
Auch wirtschaftliche Uumlberlegungen haben eine Rolle gespielt ebenso mag es eine Dynamik
gegeben haben angestoszligen durch die weiteren Vertreibungen in dieser Umbruchszeit in der sich
jeder Herrscher damit profilieren wollte und konnte die Juden zu vertreiben
Die allgemeine Verurteilung des Wuchers
Obwohl gerade in der hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts verstaumlrkt die finanziellen Interessen vor
allem des franzoumlsischen Koumlnigs als Motiv der Vertreibung hervorgehoben wurde folgte die zeitnahe
Argumentation einer innerjuumldischen Perspektive anderen Erklaumlrungsmustern So gilt es zumindest
im Falle der Vertreibung aus England festzuhalten dass sich unter den Juden die Vorstellung
verbreitete das Fehlverhalten einzelner Juden haumltte die Ausweisung von 1290 wie auch andere
Vertreibungen mit verursacht Doch laumlsst sich im Wuchervorwurf gegenuumlber den Juden - dem
durchgaumlngigen Argument der Vertreibungen im 13 Jahrhundert - nicht etwa eine vordergruumlndige
falsche Praxis des Geldverleihs als ausloumlsendes Moment vermuten wie dies gelegentlich auch von
christlicher Seite von den Zeitgenossen vertreten wurde[107]
Vielmehr begann sich seit dem 12
Jahrhundert unter christlichen Gelehrten und weltlichen Herrschern ein theologisches Verstaumlndnis
bezuumlglich des Wuchers durchzusetzen das der wirtschaftlichen Taumltigkeit der Geldleihe auch in den
Haumlnden der Juden keine geduldeten Nische zuzuweisen bereit war[108]
Wucher wurde nun nicht
mehr als Suumlnde gegen den Naumlchsten aus mangelndem Mitgefuumlhl betrachtet und als turpe lucrum
(schaumlndlicher Profit) definiert sondern als Suumlnde gegen die iustitia[109]
Gemaumlszlig dieser Vorstellung
waren alle Wuchergewinne Diebesgut und muszligten zuruumlckgegeben werden Viel schwerer wog die
Feststellung daszlig sich die nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger durch ihre Besteuerung der Juden am
Wuchergewinn der Juden beteiligten und sich darum der gleichen Suumlnden schuldig machten[110]
Somit wurde auf demselben Wege der fuumlrstliche oder koumlnigliche Judenschutz die Legitimation
entzogen Die voumlllige Unterbindung des juumldischen Geldhandels schien darum fuumlr die meisten
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger der einzig richtige Weg wie dies bereits die im Namen Koumlnig
Ludwigs IX verkuumlndete ordenance von Melun 1230 forderte[111]
Als letzte Konsequenz blieb die
Ausweisung der Juden aus immer mehr Herrschaften des franzoumlsischen Koumlnigreiches und
schlieszliglich der Kronlande Das Zerbrechen des Miteinanders von Juden und Christen innerhalb des
franzoumlsischen Koumlnigreiches sowie die schrittweise Aufloumlsung bzw Zerschlagung des
jahrhundertealten juumldischen Siedlungsnetzes muszlig auf die juumldischen Gemeinschaften der
benachbarten Regionen so z B in den Rheinlanden verstoumlrend und beaumlngstigend gewirkt haben
Der dieser Vertreibung zugrundeliegende theologische Diskurs zu Geldhandel und Wucher und die
daraus resultierenden Folgen fuumlr die eigene juumldischen Existenz scheint jedoch nur einen geringen
Einfluszlig auf die Wahrnehmung ihrer eigenen Situation gehabt zu haben Im Zuge der Vertreibung der
franzoumlsischen Juden im Sommer und Herbst 1306 waren juumldische Fluumlchtlinge in die deutschen
Rheinlande gelangt[112]
Wohl wenige Monate spaumlter trafen in Worms die Delegierten des dortigen
Gemeindebezirkes die Vertreter der die Wormser Gemeinde und der sie umgebenden juumldischen
Niederlassungen auf einer Versammlung zusammen Auf diesem juumldischen Landtag sollte eine
Rechtssatzung eine Takkanah verabschiedet werden die die Praxis der juumldischen Geldleihe im
Einzugsgebiet der Gemeinde Worms sowie das Verhalten gegenuumlber hochverschuldeten Kunden
neu regelte[113]
In der Zusammenkunft der Haumlupter des Volkes im bdquoLand Wormsldquo im Jahr 67 des sechsten Jahrtausends
(10 Sept 1306 - 28 Augutst 1307) weil sich wegen unserer groszliger Verfehlungen die Noumlte der
Soumlhne unseres Volkes vermehrten durchforschten wir unsere Taten und fanden dass seit einiger
Zeit ein Schwert die Seele der Elenden und Reinen auffraszlig weil sie Vermoumlgen vermehrt hatten
durch Zins und Zinseszins von den Fuumlrsten der Nichtjuden Diese schuldeten ein Riesenvermoumlgen
den Familienvorstaumlnden Sie schmiedeten Raumlnke sich auf die Juden zu stuumlrzen und sie zu
uumlberfallen um sich von ihren Schulden zu befreien Wir haben beschlossen dass man keine
Erhoumlhung hinzufuumlgen darf und jedem Mann und jeder Frau nicht gestattet werden soll irgend einem
Nichtjuden einem einzelnen Schuldner mehr als 100 Pfund Hallisch zu leihen Und wenn der
Zeitpunkt der Schuldruumlckzahlung gekommen ist soll es nicht mehr gestattet sein die Zinsschuld der
Schuldsumme zuzuschlagen sondern man soll aus der Hand des Schuldners die ganze Schuld
einziehen Und wenn man nicht die ganze Schuld von ihm einziehen kann soll man sich nicht
hindern lassen wenigstens den Zins einzuziehen Nur soll man den Schuldner nicht mit List
uumlbervorteilen Und wenn es nicht gelingt irgend etwas einzuziehen dann soll man dies dem Rat
seiner Gemeinde mitteilen und nach deren Geheiszlig soll man handeln Was das Schuldgeschaumlft der
fuumlrstlichen Schuldner betrifft deren Schulden sich schon vermehrt haben und die niemand mehr
begleichen kann Die Glaumlubiger sollen sich huumlten sie mit hohen Zinsen zu belasten denn es sind
Komplotte zu befuumlrchten was Gott verhuumlten moumlge Schon einige Personen haben sich
zusammengeschlossen und dies gerade nicht bei den Fuumlrsten sondern bei den Klerikern und den
Buumlrgern [114]
Offenkundig standen den Delegierten die befuumlrchteten Konsequenzen der Geldleihe deutlich vor
Augen Wohl ebenso eingeschuumlchtert durch die in Frankreich vollzogene Vertreibung der Juden
wurden von seiten der Juden eigene Verfehlungen aber auch unguumlnstige Machtkonstellation
beobachtet die im Falle der franzoumlsischen Juden zu deren Untergang gefuumlhrt hatten Die
Beziehungen von Juden und Christen steckten auch in den Rheinlanden in den eingangs genannten
Bereichen von Wirtschaft Herrschaft und Religion in einer tieferen Krise Die auf dem
Versammlung von Worms beschlossenen Gegenmaszlignahmen blieben auf die juumldischen Teilnehmer
beschraumlnkt Zuruumlckhaltung gegenuumlber den christlichen Kunden Demut gegenuumlber Gott und das
Flehen um sein Erbarmen was mit guten Werken unterstuumltzt werden soll Eine direkte Verhandlung
mit den christlichen Herrschaftstraumlgern war nicht mehr vorgesehen Das gegenseitige Vertrauen
zwischen Juden und Christen war verschwunden in einer Zeit in der nicht mehr Koexistenz sondern
vor allem von Seiten der Juden die Sorge um die eigene Zukunft das eigene Handeln bestimmte
Zusammenfassung
Die Vertreibung der Juden aus England hatte innerhalb des juumldischen Kontextes noch zu Ansaumltzen der
Selbstreflexion gefuumlhrt die einen konkreten Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Vertretern
der juumldischen Seite und den politischen Entscheidungen der nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger
gegenuumlber der eigenen Gruppe erkennen mochten Dennoch waumlhnte man sich weiterhin in einem
rechtlich voumlllig abgesicherten Verhaumlltnis zur christlichen Umwelt Man war sich eines besonderen
Status innerhalb der christlichen Mehrheitsgesellschaft bewuszligt der in den Augen der Juden in
keiner Weise gefaumlhrdet schien Noch in der zweiten Haumllfte des 13 Jahrhunderts definierte Meir ben
Baruch (gest 1293) die Stellung der Juden im Reich als die eines freien Landbewohners der sein
Land nicht aber seine persoumlnliche Freiheit verloren hat [115]
Er sei darum nicht wie die Nichtjuden
den Fuumlrsten unterworfen und zu Steuerzahlungen verpflichtet Diese Konstruktionen erinnern stark
an die noch im 12 Jahrhundert in Frankreich vertretenen Rechtsauffassungen eines Itzchaq ben
Shmuel von Dampierre (gest ca 1185)[116]
der ebenfalls die Freiheit der Juden im Vergleich zu den
Nichtjuden hervorhebt ihre voumlllige Bewegungsfreiheit im Gegensatz zu an die Scholle gebundenen
Nichtjuden betont und die Juden ebenfalls aus der Rechtspraxis herausnimmt die dem
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger gestattet bei Abwanderung von Personen deren beweglichen
Besitz einzuziehen[117]
Nach juumldischer Auffassung folgten die Interaktionen zwischen Juden und
Christen nach Regeln die von beiden Seiten anerkannt waren Das jedoch sich dies Regelwerk zu
ungunsten der Juden verhaumlndert haben mochte daszlig die eigene Bewegungsfreiheit inzwischen mehr
und mehr eingeschraumlnkt wurde die besonderen Steuergesetzgebung seit den Aumluszligerungen des
Itzchak von Dampiegravere sich erheblich veraumlndern hatte und damit nach daszlig Verhaumlltnis zur christlichen
Umwelt nun erheblichen Umwaumlltzungen unterworfen war wurde wie die Aumluszligerung Meirs nahelegt
weder reflektiert noch einigermaszligen registriert
Das Verhalten der franzoumlsischen Juden Angesichts ihrer Vertreibung ist darum keinesfalls verwunderlich In
den wenigen juumldischen Selbstzeugnisse zur Vertreibung der franzoumlsischen Juden finden sich keine
Spuren die auf einen Prozess der Selbstreflexion schlieszligen lassen Die Frage der Motivation zur
Vertreibung der Juden wird soweit dies die Quellen erkennen lassen nicht diskutiert Der
offenkundige theologische Diskurs zur Unrechtmaumlszligigkeit des auf Zinsen geleisteten Geldverleihs
dem die juumldischen Gemeinschaft im franzoumlsischen Koumlnigreich letztlich zum Opfer fiel wird
nirgendwo rezipiert Man koumlnnte den Eindruck gewinnen dass sich den franzoumlsischen Juden die
Gefaumlhrlichkeit der Diskussion um den Wucher zu keinem Zeitpunkt erschloss Auch in den
konstruierten Narrativen der folgenden Generationen steht die auch fuumlr den einzelnen Juden
folgenreiche finanzielle Auspluumlnderung durch die franzoumlsische Krone im Vordergrund Allerdings
zeigt die Quelle aus dem rheinischen Kontext dass zumindest nach der Vertreibung aus dem
franzoumlsischen Koumlnigreich im Jahre 1306 unter den rheinischen Juden bestimmte Formen der
Geldleihe als Element der Selbstgefaumlhrdung wahrgenommen wurde Dabei macht die Uumlberlieferung
der Wormser Versammlung auch deutlich das die Zerruumlttung des Verhaumlltnisses von Juden und
Christen auch von juumldischer Seite nicht mehr geleugnet werden konnte Dass es sich dabei nicht nur
um eine wirtschaftliche Auseinandersetzung sondern zunaumlchst um einen christlichen theologischen
Diskurs handelte der sich gaumlnzlich juumldischem Handeln entzog scheint den Protagonisten der
Wormser Gemeinde nicht zugaumlnglich gewesen sein Ohne zu erkennen dass die Geldleihe und
somit die eigene wirtschaftliche Existenz gaumlnzlich in Frage gestellt werden koumlnnte versuchten die
Vertreter der Wormser Versammlung durch einzelne Maszlignahmen die Beziehungen zur christlichen
Umgebung zu entlassten um Gefahren von der eigenen Gemeinschaft abzuwenden Auf diese
Weise wurden die Juden im Westen Europas mehr und mehr wirtschaftlichen und theologischen
Dynamiken ausgesetzt die sich jenseits der juumldischen Wahrnehmung auszuformen begannen und
schlieszliglich in die Verdraumlngung der Juden muumlnden sollten die in der Vertreibung von England und
Frankreich ihren Anfang nahm
Rainer Barzen Lennart Guumlntzel
1 uarr Vgl zu Frankreich Chazan Jewry (1973) 154-207 Jordan Monarchy (1998) 177-261 Zu
England Hyams Jews (1996) 173-192 Mentgen Vertreibungen (1997) 11-53 Mundill England
(1998)
2 uarr Chazan Jewry (1973) 63-100 Ders Church (1980) 312f Jordan Monarchy (1998) 23-38
3 uarr Zur Geschichte der Juden unter Ludwig IX vgl Chazan Jewry (1973) 100-153
4 uarr Die Vorbildfunktion Ludwigs IX vor allem in Hinblick auf den Kampf gegen den Wucher erwaumlhnt
Cluse Zusammenhang (1999)135ndash163
5 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
6 uarr Chazan Church (1980) 313-317
7 uarr Florentii Wigorniensis 214f
8 uarr Ebd 212
9 uarr Chazan Church (1980) 317-319
10 uarr Aufstellung der Chroniken bei Abrahams Expulsion (1895) 449f
11 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
12 uarr Ordonnances 317
13 uarr Jordan nennt als Beispiel die Ortschaft Niort die ihre Juden vertreiben konnte Jordan Monarchy
(1998) 183
14 uarr Ebd 184f
15 uarr Ebd 184
16 uarr Ebd 183f
17 uarr Zu den Motiven Philipps IV siehe Mentgen Vertreibungen (1997) 46-49 Schwarzfuchs
Expulsion (1967) 485f
18 uarr Uumlber den generellen Wucherdiskurs siehe unten Kapitel V2
19 uarr Close Rolls Edward I 109
20 uarr Annales de Waverleia 409 ldquo(hellip) Judaeorum (hellip) quae per diversas urbes et castra regionis
Anglicanae per retroacta tempora habitabat confidenter procurante domina Alienora matre dicti
regis Angliae jussa est per edictum regium (hellip)rdquo
21 uarr Annales de Dunstaplia 361-362bdquo (hellip) propter blasphemias quas Judaei saepe faciebant fidei
Christianae statuit rex ut omnes Judaei cum semine suo et substancia ab Anglia pellerentur (hellip)rdquo
22 uarr Ebd bdquo(hellip) et concessit eis rex salvum conductum In ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt
submersi per vim et fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
23 uarr Zum Verhaumlltnis von Dominikanern und Juden zu dieser Zeit vgl Cohen Friars (1982) sowie
Ders Letters (1999)
24 uarr Florentii Wigoriensis 214
25 uarr Uumlber ein moumlgliches Interesse des Adels an der Vertreibung der Juden siehe Mentgen
Vertreibungen (1997) 27-30
26 uarr Annales de Dunstaplia 361-362 bdquoIn ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt submersi per vim et
fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
27 uarr Pierre de Langtoft II 186 bdquoThomas de Wilaund en baunk primer nomeacute par agarde de la court le
regne ad forjoreacute et en la terre de France sanz repairer aleacute Ses compayons ses clercs sunt pris e
meneacute a la thour de Loundres delivreacutes par moneacuteldquo
28 uarr Ebd 188 bdquoPur le quinzme dener al rays en ayeldquo
29 uarr Ebd bdquoOre sunt alez en France e en Pykardye Tutes lur dettes e lur manauntye Sunt salves al
ray dunt fere sa curtaysyeldquo
30 uarr Oumlsterreichische Reimchronik Verse 91239-91777 1186-1192ldquo die dritten vorderungdie an den
Franzois junctet der kunic Albrehter jach die Juden ze rehtgehocircren daz ricircche an und ander nieman
()ldquo Zu dieser Quelle vgl Ziwes Studien (1995) 33f Anm 16
31 uarr Prima Vita Clementis V 5
32 uarr Quarta Vita Clementis V 62bdquo Anno Domini MCCCVJ in festo sancte Marie Magdalene de
mandato et ordinatione regis Francie fuerunt capti omnes Judei ubique in regno Francie quasi
imperceptibiler una die et confiscata sunt bona ipsorum quecumque potuerunt inveniri fueruntque
a regno expulsi ulterius minime reversurirdquo Vgl auch Sexta Vita Clementis V 92-93bdquo Et etiam in
isto anno in die sancte Marie Magdalene omnes Judei de regno Francie congediati [congregati]
fuerunt et eorum bona omnia extiterunt confiscatardquo
33 uarr Continuatio Guilelmi de Nangis 59 bdquoMense Augusto Rex Philippus omnes Judaeos de Regno
Franciae penitus amp omnino fecit expelli certum regressionis terminum sub poena mortis praesigens
eisdemrdquo
34 uarr Florentii Wigoriensis 192 ldquoBarones cum Londoniensibus Judaismum Londoniae spoliaverunt
multis Judaeis interfectisldquo Siehe auch Mundill England (1998) 41
35 uarr Florentii Wigoriensis 210ldquo Rex die Sancte Calixti synagogam Judaeorum in villa Londoniensi
fratribus de Poenitentia contulit Jesu Christi ()ldquo
36 uarr Ebd 222bdquoApud Norhamtonam () puer quidam a Judaeis crucifixus estrdquo
37 uarr BennerReverchon Juden (2003) 181
38 uarr Rubin Tales (1999) 40-48
39 uarr Mentgen Vertreibungen (1997) 42-44
40 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 64f sieht den Muumlnzbeschneidungsskandal als Folge der Verarmung
der Juden Eine andere Meinung vertritt Mundill England (1998) 195-198 der vor allem auf eine
erfolgreiche Rolle der Juden im Wollhandel verweist
41 uarr Florentii Wigoriensis 221ldquo Rex omnes Judaeos et quosdam Christianos de retonsura aut alia
monetae falsatione convictos fecit suspensi Unde Londoniae CCLX et VII Judaei mortis judicium
subierunt Quidam autem relegati quidam etiam eorum perpetuo sunt carceri adjudicati et quidam
in Anglia remanseruntrdquo Vgl auch Mundill England (1998) 67f sowie uumlber die Zahl der Opfer weiter
oben Anmerkung 36
42 uarr Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 S 20
43 uarr Nach der chronikalischen Uumlberlieferung waren es 267 bzw 269 hingerichtete Juden Eine
Auswertung der auszligerchronikalischen Quellen ergab die Zahl von 298 erhaumlngten Juden Rokeacuteach
Monex I (198890) 98
44 uarr Jordan Monarchy (1989) 182f
45 uarr rdquoVos autre fuistis Engles qui exiverunt de terra eorum quia rotundabatis monetamrdquo in
Shatzmiller Schlomo Ibn Verga (1988) 355 Ders Solidariteacute (1986) 423
46 uarr Shlomo Ibn Verga Shevet Yehudah Teil I (hebr) Teil II (dt Uumlbersetzung)(Edit Wiener) Shevet
Yehudah (Edit Shochat)
47 uarr Zu Leben und Werk Shlomo Ibn Vergas Baer Hearot (1934) 152-179
48 uarr Shevet Yehudah Nr 18 (hebr S 42-43 dt Uumlbers S 84-85) Shevet Yehudah (Edit Shochat)
S 66
49 uarr Shevet Yehudah Nr 20 (hebr 43-45 dt Uumlbers 86-89)
50 uarr Zu Yosef ha-Kohen und seinem Werk Loeb Josef Hacohen (1888) XVI 28-56 211-235 XVII
74-95 247-271
51 uarr Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (dt
Uumlbersetzung Wiener)
52 uarr Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) 38-39 (Edit Wiener) 41-42
53 uarr Usque Nachum Israel III (1908) XI-XIII Auch bei Gedalyah Ibn Yachjah Shalshelet ha-
Kabbalah (nach Graetz Geschichte VII (1897) 429 weitere Quellen Graetz ebd 426-430)
54 uarr Siehe Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 20a
55 uarr ldquoSie [die Dominikaner] brachten sogar Muumlnzsorten herbei die sie selbst zuhause beschnitten
hattenldquo Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) S 38 (Edit Wiener) 41
56 uarr Fuumlr vielerlei Hinweise zur hebraumlischen Uumlberlieferung der Vertreibung der franzoumlsischen Juden sei
Dr Abraham David Jerusalem herzlich gedankt
57 uarr Schwarzfuchs History (2001) 269-274 Ben-Shalom Communication (1991) 171-225
58 uarr Abba Mari ben Mose von Lunel Sefer Minchat Qenaot Nr 120 in Shlomo Ibn Adret Tshuvot II
835-836
59 uarr BT Berachot 70a Gemeint ist hier die Philosophie griechischer Tradition die von Abba Mari
besonders bekaumlmpft wurde Shlomo Ibn Adret Teshuvot Bd 2 835 Anmerkung zu Zeile 1 Abba
Mari brachte die Vertreibung der suumldfranzoumlsischen Juden mit deren Hinwendung zur griechischen
Philosophie in Verbindung Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 832 Anmerkung zu Zeile 8
60 uarr Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 835-836 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001) 273
61 uarr Jordan French Monarchy (1989) 195196
62 uarr Saige Juifs (1881) 92
63 uarr Jordan French Monarchy (1989) 205 Saige Juifs (1881) 101-102 308-319 324-325
64 uarr Zu Leben und Werk sowie zu seinem Aufenhalt im Lande Israel siehe Schwarzfuchs History
261 Elbaum Estori ha-Parhi S 918f
65 uarr Zur Bedeutung des hebraumlischen Begriffes Prowentzah der neben der heutigen Provence auch
das Languedoc miteinschloss siehe Gross Gallia Judaica (1887) 489 In diesem Sinne entspricht
Prowentzah der roumlmischen Provincia Narbonnensis In Kontext der Vertreibung der Juden im
Jahre 1306 kann nur das Languedoc gemeint sein
66 uarr Eshtori haParchi Kaftor waFerach 218
67 uarr Schwarzfuchs History (2001) 276-278 Dahan Gersonide (1991)
68 uarr Levi ben Gershom Pirush al ha-Torah
69 uarr Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 153-154
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
Auch bei Levi ben Gershom steht die Zerstoumlrung der groszligen juumldischen Zentren
im Vordergrund Ein Grund fuumlr deren Untergang wird nicht eroumlrtert Ein
aumlhnliches Bild findet sich bei einem weiteren juumldischen Gelehrten aus dem
Beginn des 14 Jahrhunderts In seinem um das Jahr 1321 abgeschlossenen
Werk Even Bochan bemerkt der in Arles geborene juumldische Philosoph
Kalonymos ben Kalonymos (geb 1286)[71]
Als der Herrscher von der Stimmung erfasst wurde mein Volk ins Exil zu fuumlhren vor siebzehn
Jahren uumlberwand er sie in seinem Grimm und vertrieb sie mit starker Hand aus seinem Land
uumlberfuumlhrte sie in Staumldte nackt und mittellos die in ihren Palaumlsten viele Schaumltze von Gold besaszligen
um die Altehrwuumlrdigen ihrer Generation und ihre Prinzen zu vernichten und auszuloumlschen[72]
Die Erwaumlhnung der Enteignung der Juden durch die franzoumlsische Krone
verweist auf den tatsaumlchlichen Verlauf der Ausweisung und auf ihre
fiskalischen Motive[73]
Die auch vom Autor betonten finanziellen
Interessen des Herrschers werden jedoch nicht diskutiert Uumlberhaupt
bleiben die wenigen weiteren zeitgenoumlssischen Bemerkungen zur
Vertreibung sehr skizzenhaft und auch eng mit der Biographie ihrer
Verfasser verknuumlpft So schreibt R Menachem ha-Meiri (Vidal Salamon
Mayr) (geb 1249) der wenige Jahre nach der Vertreibung verstarb[74]
in
seiner Einleitung zur Auslegung des Traktates Avot
als Gott mich vom meinem Vaterhaus fortbrachte machte er meine Soumlhne zu Fluumlchtlingen und
meine Toumlchter fuumlhrte er in Gefangenschaft[75]
Die letzten bekannten Bemerkungen zur Vertreibung aus der
Generation der Zeitzeugen stammen aus der Feder des Dichters
und Philosophen Jedajah ben Abraham haPenini[76]
der in den
Staumldten Beacuteziers Montpellier und Perpignan lebte und um 1325
verstarb In einem Brief an den katalanischen Gelehrten Schlomo
Ibn Adret betonte der Autor wie sehr doch die Juden der Provence
ihre Tuumlren weit fuumlr die Exilierten geoumlffnet haumltten und viel dazu
beigetragen haumltten die Fluumlchtlinge aufzunehmen[77]
Auch in einem
Gedicht schloss der Autor Anspielungen zur Vertreibung der
franzoumlsischen Juden mit ein[78]
Hebraumlische Zeugnisse zur Vertreibung aus dem Norden des
franzoumlsischen Herrschaftsgebietes konnten bisher nicht
nachgewiesen werden Die hier aufgefuumlhrten hebraumlischen Quellen
zur Vertreibung der Juden aus den Herrschaftsgebieten des
franzoumlsischen Koumlnigs stammen ausschlieszliglich von Personen die
durch die Zerstoumlrung der juumldischen Zentren im suumldlichen Frankreich
betroffen waren Diese Uumlberlieferungen wurden schlieszliglich von der
hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts aufgenommen und in
ihre als Zyklen von Leiden und Verfolgung gestalteten Werken
eingearbeitet Itzchaq Abarbanel (gest vor 1550) scheint dabei der
entscheidende Protagonist bei der Schoumlpfung eines die Vertreibung
von 1306 beschreibenden juumldischen Narratives gewesen zu sein
auch wenn er sich nach seinen eigenen Angaben lediglich auf
Itzchak Profiat Duran genannt Efodi einen juumldisch-katalanischen
Autor des spaumlten 14 Jahrhunderts bezog So schreibt Abarbanel
bdquoIm Jahre 5066 (1306) der Zaumlhlung war die Vertreibung aus Frankreich Koumlnig Philipp war ein
grausamer und verfluchter Feind der alle Juden aus seinem Koumlnigreich vertrieb all ihren Besitz
enteignete und sie mittellos des Landes verwies Es gab dort viele groszlige Gemeinden doppelt so
viele (Juden) wie aus Aumlgypten auszogen hellip Und es war eine Zeit der groszligen Not fuumlr Israel hellip es
war im Monat Aw (13 Juli 1306-11 August 1306) und es war eine allumfassende Vertreibung hellipall
dies findet sich in der Schrift bdquoSichron ha-Shmadotldquo die von allen Zerstoumlrung berichtet die sich seit
der Zerstoumlrung des Tempels in Israel ereignet haben aufgeschrieben und redigiert von Efodildquo[79]
Der Autor weiszlig zu berichten unter welchem Koumlnig und in welchem Monat und Jahr die Vertreibung
stattfand Auf die Mittellosigkeit der juumldischen Fluumlchtlinge wird explizit hingewiesen die auf die
Auspluumlnderung durch den Koumlnig zuruumlckgefuumlhrt wird Auch eine Vorstellung von der Zahl der Exilierten
spiegelt sich im Text wider
Shlomo Ibn Verga uumlbernimmt den Text fast woumlrtlich fuumlr seine Chronik Shevet Yehudah und erweitert ihn
lediglich um die nicht belegbare Geschichte der Konversion der Gemeinde von Toulouse[80]
Ihm
folgen Samuel Usque[81]
und Yosef ha-Kohen[82]
So bieten die Erzaumlhltraditionen des 16
Jahrhunderts lediglich ein Geruumlst von Fakten die den Handlungsablauf der Vertreibung mit wenigen
Worten beschreiben Eine Begruumlndung der Vertreibung wird nicht genannt So entspricht die
Erzaumlhlarmut des Textes zur Vertreibung aus Frankreich innerhalb der hebraumlischen Chronistik des
16 Jahrhunderts der allgemeinen Quellenarmut der hebraumlischen Uumlberlieferungstradition zu diesem
Ereignis
Beziehung der Juden zum Herrscher
Anhand der Untersuchung von herrschaftlichen Bindungen der Juden soll im Folgenden verdeutlicht
werden wie sich ein ehemals funktionierendes Miteinander zu einem Zerbrechen eben dieses
Miteinanders mit dem Resultat der Vertreibung veraumlnderte Dazu werden die Herrschaftsstrukturen
mit ihren Veraumlnderungen zwischen dem Koumlnig beziehungsweise anderen christlichen
Herrschaftstraumlgern und den Juden in England und Frankreich analysiert In England siedelten sich
im Zuge der normannischen Eroberungen nach 1066 die ersten aus Frankreich stammenden Juden
an[83]
Seit dieser Zeit wurden sie in Dokumenten haumlufig als bdquoJuden des Koumlnigsldquo[84]
bezeichnet
Diesen exklusiven Anspruch konnte der Koumlnig bis zur Vertreibung durchsetzen auch wenn es
vereinzelt andere Herrschaftstraumlger gab die Macht uumlber Juden erlangten[85]
Die Juden waren dem
Koumlnig direkt unterstellt sie mussten ihm jede Geldforderung erfuumlllen im Gegenzug durften sie nach
ihrem Gesetz leben und ihren Wohnsitz frei waumlhlen[86]
Ein Privileg Richards I von 1190 erwaumlhnt
auszligerdem unter anderem das Recht der Juden auf Landbesitz und zollfreien Handel mit Wein[87]
Belastend fuumlr das Leben der Juden von England war das hohe Maszlig an Verwaltung das die
englischen Koumlnige geschaffen hatten um die Steuern effizient eintreiben zu koumlnnen Anlaumlsslich der
Kroumlnung Richards I im Jahre 1189 war es ausgehend von London zu Massakern an Juden in ganz
England gekommen Da die koumlnigliche Verwaltung nicht nachvollziehen konnte welche
Schuldscheine durch die Verfolgung vernichtet worden waren wurde als Reaktion 1194 ein
Archivsystem (archae) eingefuumlhrt das von nun an alle Geldgeschaumlfte sowie alle Juden mit ihrer
Finanzkraft verzeichnete[88]
Unter Heinrich III (1216-1272) aumlnderte sich der rechtliche Status der
Juden Im Jahr 1253 erlieszlig der Koumlnig ein Mandat das den Juden unter anderem verbot neue
Synagogen zu errichten christliche Bedienstete oder sexuelle Kontakte mit Christen zu haben und
Kirchen zu betreten Wichtigster Punkt war jedoch dass Juden nun ihren Wohnort nicht mehr frei
waumlhlen sondern nur noch dort leben durften wo bereits Juden ansaumlssig waren[89]
Viele der hier
formulierten Mandate waren im IV Laterankonzil von 1215 als verbindliche Verbote fuumlr die Juden in
der christlichen Welt festgelegt worden und fanden nun ihre Umsetzung Daneben stieg die
Besteuerung seit den 1240er Jahren stetig an wodurch die Finanzkraft der Juden bereits deutlich
geschwaumlcht wurde[90]
Im Falle Edwards I zeigte sich schlieszliglich dass die starke Bindung der Juden
an den Koumlnig die den Juden in fruumlheren Jahren zunaumlchst Unabhaumlngigkeit und Wohlstand gebracht
hatte nun ihren Ruin und schlieszliglich ihre Vertreibung bewirkte Der Koumlnig hatte bei Maszlignahmen die
die Juden betrafen kaum Widerspruch zu befuumlrchten zu eindeutig definiert war seine Machstellung
den Juden gegenuumlber In Frankreich unterstanden die Juden dem Herrn ihres jeweiligen Gebiets
der Koumlnig von Frankreich herrschte also nur in der Krondomaumlne uumlber die Juden des Koumlnigreiches[91]
Die Juden waren an ihr angestammtes Territorium gebunden und durften dieses nur mit der
Erlaubnis ihres Landesherrn verlassen Dieses Prinzip reicht bis in die Zeit von Philipp II August
(1180-1223) zuruumlck und wurde seit der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne 1198 in
verschiedenen Vereinbarungen mit anderen franzoumlsischen Territorialherren vertraglich fixiert[92]
Schon bei der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne kam es zu Irritationen da Philipp II
die 1182 vertriebenen Juden nach wie vor als bdquoseine Judenldquo ansah diese Auffassung aber
beispielsweise von Graf Theobald III von Campagne nicht geteilt wurde Er fuumlrchtete Steuerausfaumllle
und war der Meinung dass Juden die sich 1182 in der Champagne niedergelassen hatten nicht
mehr die Juden des Koumlnigs seien[93]
Auch andere Landesherren weigerten sich dem Wegzug ihrer
Juden in die Krondomaumlne zuzustimmen[94]
Auch erste Schritte eines buumlrokratischen Umgangs mit
den Geldgeschaumlften der Juden waren 1198 durch Philipp II August vorgenommen worden
moumlglicherweise beeinflusst durch die archae die in England 1194 unter Koumlnig Richard I eingerichtet
worden waren um die Geldgeschaumlfte und die Finanzkraft der Juden zu dokumentieren In jedem Ort
der Krondomaumlne gab es spezielle Beamte die die Kreditvertraumlge der Juden siegelten und so
kontrollierten wem die Juden welche Betraumlge an Geld liehen[95]
Auch den Juden konnte dieses
Verfahren als Sicherheit fuumlr ihre Geschaumlfte dienen Unter Ludwig VIII (1223-1226) kam es zum
ersten Eingriff in die Geldgeschaumlfte der Juden im franzoumlsischen Gebiet 1223 erlieszlig der Koumlnig
zusammen mit diversen Landesherren ein Statut in dem festgelegt wurde dass die Ruumlckzahlung
aller Schulden bei Juden an insgesamt neun Terminen an die koumlnigliche beziehungsweise
landesherrliche Schatzkammer erfolgen sollte Die Praxis des Siegelns von Urkunden uumlber
Darlehensvergaben wurde abgeschafft Erneut wurde festgehalten dass keiner der Herrscher Juden
eines anderen Herrschers bei sich aufnehmen duumlrfe wobei es bei diesem Punkt wieder zu
Unstimmigkeiten mit dem Grafen der Champagne kam der die Erklaumlrung nicht unterschrieb[96]
Bereits die ersten Jahre der Regierungszeit Ludwigs IX (1226-1270) brachten fuumlr die Juden weitere
Beschwerlichkeiten und erste direkte Aktionen gegen den Wucher Im Jahr 1227 kam es zu einer
erneuten Aneignung der ausstehenden Schulden bei Juden 1228 erging ein Mandat in dem Ludwig
IX befahl bei kuumlnftigen Geldgeschaumlften auf Zinsen zu verzichten Auszligerdem erklaumlrte der Koumlnig bei
Geldgeschaumlften die seit der Schuldentilgung ein Jahr zuvor geschlossen wurden alle Zinsen fuumlr
unguumlltig[97]
Auch die generelle Rechtsstellung der Juden wurde schon fruumlh in der Regierungszeit
Ludwigs IX definiert wobei es bei der alten Regelung blieb Im Statut von Melun hielten der Koumlnig
und die Landesherren daran fest dass die Juden tamquam proprii servi an das jeweilige Territorium
gebunden waren Christliche Schuldner wurden dazu aufgerufen ihre Schulden bei Juden zu
bezahlen nicht aber die Zinsen[98]
Die 1240er Jahre waren in Frankreich gepraumlgt vom Pariser
Talmudprozess in dem der Talmud als ketzerische Schrift verurteilt und danach oumlffentlich verbrannt
wurde[99]
Dies fuumlhrte unter anderem zu einer verstaumlrkten Auswanderung juumldischer Eliten aus
Nordfrankreich[100]
Insgesamt aumlnderte sich der rechtliche Status unter Ludwig IX nicht aber fruumlher
als die Herrscher in England nahm Ludwig IX der 1290 heilig gesprochen wurde den Kampf gegen
den Wucher auf Einige Aktionen Koumlnig Philipps IV (1285-1314) waumlhrend seiner ersten
Regierungsjahre in Bezug auf die Juden muumlssen vor dem Hintergrund der Vertreibungen gesehen
werden die sich in Regionen auszligerhalb der Krondomaumlne ereigneten so beispielsweise die
Ausweisung der juumldischen Fluumlchtlinge durch Philipp IV im Jahre 1291[101]
Daneben ist eine
konsequente Linie den Juden gegenuumlber nicht zu erkennen 1285 erneuerte er beispielsweise ein
Privileg zum Schutz von Synagogen und Friedhoumlfen zugleich bestaumltigte er die Pflicht der Juden ein
spezielles Abzeichen an ihrer Kleidung zu tragen[102]
Beides sind Zeichen dafuumlr dass der Koumlnig zu
dieser Zeit nicht daran dachte die Juden auszuweisen sondern das Leben der Juden rechtlich zu
definieren Vorrangiges Ziel Philipps IV war es zunaumlchst seine Oberherrschaft uumlber die Juden im
Suumlden zu sichern wo diese nicht von allen Baronen anerkannt wurde Die Herrschaft in der
Champagne hatte er sich durch Heirat bereits gesichert Dort in Troyes kam es 1288 zu einer
Mordanklage in deren Folge 13 Juden hingerichtet wurden wobei der Koumlnig ihre Besitztuumlmer
einzog[103]
Groumlszligeren Einfluss auf den Koumlnig scheint die Hostienschaumlndungbeschuldigung 1290 in
Paris gehabt zu haben Philipp IV warnte die Juden vor weiteren Hostienschaumlndungen und
spendete ein Haus neben der Kirche die zum Gedenken an den Fall errichtet worden war[104]
Wie
sein Groszligvater Ludwig IX setzte Philipp IV den Kampf gegen den Wucher fort verbot ihn 1299 und
1303 daneben wurde auch das Verbot des Neubaus von Synagogen sowie des Talmuds bei diesen
Gelegenheiten erneuert[105]
In einer konzentrierten und laumlnger vorbereiteten Aktion lieszlig Philipp IV
dann die Juden (oder jedenfalls die Familienvorstaumlnde) vermutlich am 22 Juli 1306 festsetzen Dies
diente dazu eine genaue Aufstellung der Judenguumlter vorzunehmen und um sich die ausstehenden
Schuldscheine zu sichern Gleichzeitig bedeutete es das Ende der juumldischen Siedlung in Frankreich
bis zu ihrer Wiederzulassung unter Ludwig X im Jahr 1315
Sowohl bei der Vertreibung aus England als auch der aus Frankreich zeigt sich die Gefahr die die
Abhaumlngigkeit der Juden vom Herrscher barg Vor allem in England hatte die privilegierte Position fuumlr
Wohlstand und ein groszliges Maszlig an innerer Autonomie etwa in der Rechtssprechnung oder in bezug
auf die Freizuumlgigkeit gesorgt[106]
Sie schuumltzte die Juden jedoch nicht immer vor Gealtakten wie den
seit der Mitte des 12 Jahrhunderts immer wieder vorkommenden Ritualmordvorwuumlrfen In
Frankreich verschlechterten sich ihre Lebensumstaumlnde mit der Ausbreitung der Krondomaumlne War
es 1182 noch ein geringes Problem fuumlr die Juden eine neue Heimat zu finden und von anderen
franzoumlsischen Landesherren wohlwollend aufgenommen zu werden war dies 1306 nicht mehr
moumlglich Die Herrscher nahmen die theologischen Diskurse uumlber den Wucher oder den Talmud auf
und wurden des weiteren beeinflusst durch antijuumldische Blut- und Hostienschaumlndungsvorwuumlrfe
Auch wirtschaftliche Uumlberlegungen haben eine Rolle gespielt ebenso mag es eine Dynamik
gegeben haben angestoszligen durch die weiteren Vertreibungen in dieser Umbruchszeit in der sich
jeder Herrscher damit profilieren wollte und konnte die Juden zu vertreiben
Die allgemeine Verurteilung des Wuchers
Obwohl gerade in der hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts verstaumlrkt die finanziellen Interessen vor
allem des franzoumlsischen Koumlnigs als Motiv der Vertreibung hervorgehoben wurde folgte die zeitnahe
Argumentation einer innerjuumldischen Perspektive anderen Erklaumlrungsmustern So gilt es zumindest
im Falle der Vertreibung aus England festzuhalten dass sich unter den Juden die Vorstellung
verbreitete das Fehlverhalten einzelner Juden haumltte die Ausweisung von 1290 wie auch andere
Vertreibungen mit verursacht Doch laumlsst sich im Wuchervorwurf gegenuumlber den Juden - dem
durchgaumlngigen Argument der Vertreibungen im 13 Jahrhundert - nicht etwa eine vordergruumlndige
falsche Praxis des Geldverleihs als ausloumlsendes Moment vermuten wie dies gelegentlich auch von
christlicher Seite von den Zeitgenossen vertreten wurde[107]
Vielmehr begann sich seit dem 12
Jahrhundert unter christlichen Gelehrten und weltlichen Herrschern ein theologisches Verstaumlndnis
bezuumlglich des Wuchers durchzusetzen das der wirtschaftlichen Taumltigkeit der Geldleihe auch in den
Haumlnden der Juden keine geduldeten Nische zuzuweisen bereit war[108]
Wucher wurde nun nicht
mehr als Suumlnde gegen den Naumlchsten aus mangelndem Mitgefuumlhl betrachtet und als turpe lucrum
(schaumlndlicher Profit) definiert sondern als Suumlnde gegen die iustitia[109]
Gemaumlszlig dieser Vorstellung
waren alle Wuchergewinne Diebesgut und muszligten zuruumlckgegeben werden Viel schwerer wog die
Feststellung daszlig sich die nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger durch ihre Besteuerung der Juden am
Wuchergewinn der Juden beteiligten und sich darum der gleichen Suumlnden schuldig machten[110]
Somit wurde auf demselben Wege der fuumlrstliche oder koumlnigliche Judenschutz die Legitimation
entzogen Die voumlllige Unterbindung des juumldischen Geldhandels schien darum fuumlr die meisten
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger der einzig richtige Weg wie dies bereits die im Namen Koumlnig
Ludwigs IX verkuumlndete ordenance von Melun 1230 forderte[111]
Als letzte Konsequenz blieb die
Ausweisung der Juden aus immer mehr Herrschaften des franzoumlsischen Koumlnigreiches und
schlieszliglich der Kronlande Das Zerbrechen des Miteinanders von Juden und Christen innerhalb des
franzoumlsischen Koumlnigreiches sowie die schrittweise Aufloumlsung bzw Zerschlagung des
jahrhundertealten juumldischen Siedlungsnetzes muszlig auf die juumldischen Gemeinschaften der
benachbarten Regionen so z B in den Rheinlanden verstoumlrend und beaumlngstigend gewirkt haben
Der dieser Vertreibung zugrundeliegende theologische Diskurs zu Geldhandel und Wucher und die
daraus resultierenden Folgen fuumlr die eigene juumldischen Existenz scheint jedoch nur einen geringen
Einfluszlig auf die Wahrnehmung ihrer eigenen Situation gehabt zu haben Im Zuge der Vertreibung der
franzoumlsischen Juden im Sommer und Herbst 1306 waren juumldische Fluumlchtlinge in die deutschen
Rheinlande gelangt[112]
Wohl wenige Monate spaumlter trafen in Worms die Delegierten des dortigen
Gemeindebezirkes die Vertreter der die Wormser Gemeinde und der sie umgebenden juumldischen
Niederlassungen auf einer Versammlung zusammen Auf diesem juumldischen Landtag sollte eine
Rechtssatzung eine Takkanah verabschiedet werden die die Praxis der juumldischen Geldleihe im
Einzugsgebiet der Gemeinde Worms sowie das Verhalten gegenuumlber hochverschuldeten Kunden
neu regelte[113]
In der Zusammenkunft der Haumlupter des Volkes im bdquoLand Wormsldquo im Jahr 67 des sechsten Jahrtausends
(10 Sept 1306 - 28 Augutst 1307) weil sich wegen unserer groszliger Verfehlungen die Noumlte der
Soumlhne unseres Volkes vermehrten durchforschten wir unsere Taten und fanden dass seit einiger
Zeit ein Schwert die Seele der Elenden und Reinen auffraszlig weil sie Vermoumlgen vermehrt hatten
durch Zins und Zinseszins von den Fuumlrsten der Nichtjuden Diese schuldeten ein Riesenvermoumlgen
den Familienvorstaumlnden Sie schmiedeten Raumlnke sich auf die Juden zu stuumlrzen und sie zu
uumlberfallen um sich von ihren Schulden zu befreien Wir haben beschlossen dass man keine
Erhoumlhung hinzufuumlgen darf und jedem Mann und jeder Frau nicht gestattet werden soll irgend einem
Nichtjuden einem einzelnen Schuldner mehr als 100 Pfund Hallisch zu leihen Und wenn der
Zeitpunkt der Schuldruumlckzahlung gekommen ist soll es nicht mehr gestattet sein die Zinsschuld der
Schuldsumme zuzuschlagen sondern man soll aus der Hand des Schuldners die ganze Schuld
einziehen Und wenn man nicht die ganze Schuld von ihm einziehen kann soll man sich nicht
hindern lassen wenigstens den Zins einzuziehen Nur soll man den Schuldner nicht mit List
uumlbervorteilen Und wenn es nicht gelingt irgend etwas einzuziehen dann soll man dies dem Rat
seiner Gemeinde mitteilen und nach deren Geheiszlig soll man handeln Was das Schuldgeschaumlft der
fuumlrstlichen Schuldner betrifft deren Schulden sich schon vermehrt haben und die niemand mehr
begleichen kann Die Glaumlubiger sollen sich huumlten sie mit hohen Zinsen zu belasten denn es sind
Komplotte zu befuumlrchten was Gott verhuumlten moumlge Schon einige Personen haben sich
zusammengeschlossen und dies gerade nicht bei den Fuumlrsten sondern bei den Klerikern und den
Buumlrgern [114]
Offenkundig standen den Delegierten die befuumlrchteten Konsequenzen der Geldleihe deutlich vor
Augen Wohl ebenso eingeschuumlchtert durch die in Frankreich vollzogene Vertreibung der Juden
wurden von seiten der Juden eigene Verfehlungen aber auch unguumlnstige Machtkonstellation
beobachtet die im Falle der franzoumlsischen Juden zu deren Untergang gefuumlhrt hatten Die
Beziehungen von Juden und Christen steckten auch in den Rheinlanden in den eingangs genannten
Bereichen von Wirtschaft Herrschaft und Religion in einer tieferen Krise Die auf dem
Versammlung von Worms beschlossenen Gegenmaszlignahmen blieben auf die juumldischen Teilnehmer
beschraumlnkt Zuruumlckhaltung gegenuumlber den christlichen Kunden Demut gegenuumlber Gott und das
Flehen um sein Erbarmen was mit guten Werken unterstuumltzt werden soll Eine direkte Verhandlung
mit den christlichen Herrschaftstraumlgern war nicht mehr vorgesehen Das gegenseitige Vertrauen
zwischen Juden und Christen war verschwunden in einer Zeit in der nicht mehr Koexistenz sondern
vor allem von Seiten der Juden die Sorge um die eigene Zukunft das eigene Handeln bestimmte
Zusammenfassung
Die Vertreibung der Juden aus England hatte innerhalb des juumldischen Kontextes noch zu Ansaumltzen der
Selbstreflexion gefuumlhrt die einen konkreten Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Vertretern
der juumldischen Seite und den politischen Entscheidungen der nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger
gegenuumlber der eigenen Gruppe erkennen mochten Dennoch waumlhnte man sich weiterhin in einem
rechtlich voumlllig abgesicherten Verhaumlltnis zur christlichen Umwelt Man war sich eines besonderen
Status innerhalb der christlichen Mehrheitsgesellschaft bewuszligt der in den Augen der Juden in
keiner Weise gefaumlhrdet schien Noch in der zweiten Haumllfte des 13 Jahrhunderts definierte Meir ben
Baruch (gest 1293) die Stellung der Juden im Reich als die eines freien Landbewohners der sein
Land nicht aber seine persoumlnliche Freiheit verloren hat [115]
Er sei darum nicht wie die Nichtjuden
den Fuumlrsten unterworfen und zu Steuerzahlungen verpflichtet Diese Konstruktionen erinnern stark
an die noch im 12 Jahrhundert in Frankreich vertretenen Rechtsauffassungen eines Itzchaq ben
Shmuel von Dampierre (gest ca 1185)[116]
der ebenfalls die Freiheit der Juden im Vergleich zu den
Nichtjuden hervorhebt ihre voumlllige Bewegungsfreiheit im Gegensatz zu an die Scholle gebundenen
Nichtjuden betont und die Juden ebenfalls aus der Rechtspraxis herausnimmt die dem
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger gestattet bei Abwanderung von Personen deren beweglichen
Besitz einzuziehen[117]
Nach juumldischer Auffassung folgten die Interaktionen zwischen Juden und
Christen nach Regeln die von beiden Seiten anerkannt waren Das jedoch sich dies Regelwerk zu
ungunsten der Juden verhaumlndert haben mochte daszlig die eigene Bewegungsfreiheit inzwischen mehr
und mehr eingeschraumlnkt wurde die besonderen Steuergesetzgebung seit den Aumluszligerungen des
Itzchak von Dampiegravere sich erheblich veraumlndern hatte und damit nach daszlig Verhaumlltnis zur christlichen
Umwelt nun erheblichen Umwaumlltzungen unterworfen war wurde wie die Aumluszligerung Meirs nahelegt
weder reflektiert noch einigermaszligen registriert
Das Verhalten der franzoumlsischen Juden Angesichts ihrer Vertreibung ist darum keinesfalls verwunderlich In
den wenigen juumldischen Selbstzeugnisse zur Vertreibung der franzoumlsischen Juden finden sich keine
Spuren die auf einen Prozess der Selbstreflexion schlieszligen lassen Die Frage der Motivation zur
Vertreibung der Juden wird soweit dies die Quellen erkennen lassen nicht diskutiert Der
offenkundige theologische Diskurs zur Unrechtmaumlszligigkeit des auf Zinsen geleisteten Geldverleihs
dem die juumldischen Gemeinschaft im franzoumlsischen Koumlnigreich letztlich zum Opfer fiel wird
nirgendwo rezipiert Man koumlnnte den Eindruck gewinnen dass sich den franzoumlsischen Juden die
Gefaumlhrlichkeit der Diskussion um den Wucher zu keinem Zeitpunkt erschloss Auch in den
konstruierten Narrativen der folgenden Generationen steht die auch fuumlr den einzelnen Juden
folgenreiche finanzielle Auspluumlnderung durch die franzoumlsische Krone im Vordergrund Allerdings
zeigt die Quelle aus dem rheinischen Kontext dass zumindest nach der Vertreibung aus dem
franzoumlsischen Koumlnigreich im Jahre 1306 unter den rheinischen Juden bestimmte Formen der
Geldleihe als Element der Selbstgefaumlhrdung wahrgenommen wurde Dabei macht die Uumlberlieferung
der Wormser Versammlung auch deutlich das die Zerruumlttung des Verhaumlltnisses von Juden und
Christen auch von juumldischer Seite nicht mehr geleugnet werden konnte Dass es sich dabei nicht nur
um eine wirtschaftliche Auseinandersetzung sondern zunaumlchst um einen christlichen theologischen
Diskurs handelte der sich gaumlnzlich juumldischem Handeln entzog scheint den Protagonisten der
Wormser Gemeinde nicht zugaumlnglich gewesen sein Ohne zu erkennen dass die Geldleihe und
somit die eigene wirtschaftliche Existenz gaumlnzlich in Frage gestellt werden koumlnnte versuchten die
Vertreter der Wormser Versammlung durch einzelne Maszlignahmen die Beziehungen zur christlichen
Umgebung zu entlassten um Gefahren von der eigenen Gemeinschaft abzuwenden Auf diese
Weise wurden die Juden im Westen Europas mehr und mehr wirtschaftlichen und theologischen
Dynamiken ausgesetzt die sich jenseits der juumldischen Wahrnehmung auszuformen begannen und
schlieszliglich in die Verdraumlngung der Juden muumlnden sollten die in der Vertreibung von England und
Frankreich ihren Anfang nahm
Rainer Barzen Lennart Guumlntzel
1 uarr Vgl zu Frankreich Chazan Jewry (1973) 154-207 Jordan Monarchy (1998) 177-261 Zu
England Hyams Jews (1996) 173-192 Mentgen Vertreibungen (1997) 11-53 Mundill England
(1998)
2 uarr Chazan Jewry (1973) 63-100 Ders Church (1980) 312f Jordan Monarchy (1998) 23-38
3 uarr Zur Geschichte der Juden unter Ludwig IX vgl Chazan Jewry (1973) 100-153
4 uarr Die Vorbildfunktion Ludwigs IX vor allem in Hinblick auf den Kampf gegen den Wucher erwaumlhnt
Cluse Zusammenhang (1999)135ndash163
5 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
6 uarr Chazan Church (1980) 313-317
7 uarr Florentii Wigorniensis 214f
8 uarr Ebd 212
9 uarr Chazan Church (1980) 317-319
10 uarr Aufstellung der Chroniken bei Abrahams Expulsion (1895) 449f
11 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
12 uarr Ordonnances 317
13 uarr Jordan nennt als Beispiel die Ortschaft Niort die ihre Juden vertreiben konnte Jordan Monarchy
(1998) 183
14 uarr Ebd 184f
15 uarr Ebd 184
16 uarr Ebd 183f
17 uarr Zu den Motiven Philipps IV siehe Mentgen Vertreibungen (1997) 46-49 Schwarzfuchs
Expulsion (1967) 485f
18 uarr Uumlber den generellen Wucherdiskurs siehe unten Kapitel V2
19 uarr Close Rolls Edward I 109
20 uarr Annales de Waverleia 409 ldquo(hellip) Judaeorum (hellip) quae per diversas urbes et castra regionis
Anglicanae per retroacta tempora habitabat confidenter procurante domina Alienora matre dicti
regis Angliae jussa est per edictum regium (hellip)rdquo
21 uarr Annales de Dunstaplia 361-362bdquo (hellip) propter blasphemias quas Judaei saepe faciebant fidei
Christianae statuit rex ut omnes Judaei cum semine suo et substancia ab Anglia pellerentur (hellip)rdquo
22 uarr Ebd bdquo(hellip) et concessit eis rex salvum conductum In ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt
submersi per vim et fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
23 uarr Zum Verhaumlltnis von Dominikanern und Juden zu dieser Zeit vgl Cohen Friars (1982) sowie
Ders Letters (1999)
24 uarr Florentii Wigoriensis 214
25 uarr Uumlber ein moumlgliches Interesse des Adels an der Vertreibung der Juden siehe Mentgen
Vertreibungen (1997) 27-30
26 uarr Annales de Dunstaplia 361-362 bdquoIn ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt submersi per vim et
fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
27 uarr Pierre de Langtoft II 186 bdquoThomas de Wilaund en baunk primer nomeacute par agarde de la court le
regne ad forjoreacute et en la terre de France sanz repairer aleacute Ses compayons ses clercs sunt pris e
meneacute a la thour de Loundres delivreacutes par moneacuteldquo
28 uarr Ebd 188 bdquoPur le quinzme dener al rays en ayeldquo
29 uarr Ebd bdquoOre sunt alez en France e en Pykardye Tutes lur dettes e lur manauntye Sunt salves al
ray dunt fere sa curtaysyeldquo
30 uarr Oumlsterreichische Reimchronik Verse 91239-91777 1186-1192ldquo die dritten vorderungdie an den
Franzois junctet der kunic Albrehter jach die Juden ze rehtgehocircren daz ricircche an und ander nieman
()ldquo Zu dieser Quelle vgl Ziwes Studien (1995) 33f Anm 16
31 uarr Prima Vita Clementis V 5
32 uarr Quarta Vita Clementis V 62bdquo Anno Domini MCCCVJ in festo sancte Marie Magdalene de
mandato et ordinatione regis Francie fuerunt capti omnes Judei ubique in regno Francie quasi
imperceptibiler una die et confiscata sunt bona ipsorum quecumque potuerunt inveniri fueruntque
a regno expulsi ulterius minime reversurirdquo Vgl auch Sexta Vita Clementis V 92-93bdquo Et etiam in
isto anno in die sancte Marie Magdalene omnes Judei de regno Francie congediati [congregati]
fuerunt et eorum bona omnia extiterunt confiscatardquo
33 uarr Continuatio Guilelmi de Nangis 59 bdquoMense Augusto Rex Philippus omnes Judaeos de Regno
Franciae penitus amp omnino fecit expelli certum regressionis terminum sub poena mortis praesigens
eisdemrdquo
34 uarr Florentii Wigoriensis 192 ldquoBarones cum Londoniensibus Judaismum Londoniae spoliaverunt
multis Judaeis interfectisldquo Siehe auch Mundill England (1998) 41
35 uarr Florentii Wigoriensis 210ldquo Rex die Sancte Calixti synagogam Judaeorum in villa Londoniensi
fratribus de Poenitentia contulit Jesu Christi ()ldquo
36 uarr Ebd 222bdquoApud Norhamtonam () puer quidam a Judaeis crucifixus estrdquo
37 uarr BennerReverchon Juden (2003) 181
38 uarr Rubin Tales (1999) 40-48
39 uarr Mentgen Vertreibungen (1997) 42-44
40 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 64f sieht den Muumlnzbeschneidungsskandal als Folge der Verarmung
der Juden Eine andere Meinung vertritt Mundill England (1998) 195-198 der vor allem auf eine
erfolgreiche Rolle der Juden im Wollhandel verweist
41 uarr Florentii Wigoriensis 221ldquo Rex omnes Judaeos et quosdam Christianos de retonsura aut alia
monetae falsatione convictos fecit suspensi Unde Londoniae CCLX et VII Judaei mortis judicium
subierunt Quidam autem relegati quidam etiam eorum perpetuo sunt carceri adjudicati et quidam
in Anglia remanseruntrdquo Vgl auch Mundill England (1998) 67f sowie uumlber die Zahl der Opfer weiter
oben Anmerkung 36
42 uarr Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 S 20
43 uarr Nach der chronikalischen Uumlberlieferung waren es 267 bzw 269 hingerichtete Juden Eine
Auswertung der auszligerchronikalischen Quellen ergab die Zahl von 298 erhaumlngten Juden Rokeacuteach
Monex I (198890) 98
44 uarr Jordan Monarchy (1989) 182f
45 uarr rdquoVos autre fuistis Engles qui exiverunt de terra eorum quia rotundabatis monetamrdquo in
Shatzmiller Schlomo Ibn Verga (1988) 355 Ders Solidariteacute (1986) 423
46 uarr Shlomo Ibn Verga Shevet Yehudah Teil I (hebr) Teil II (dt Uumlbersetzung)(Edit Wiener) Shevet
Yehudah (Edit Shochat)
47 uarr Zu Leben und Werk Shlomo Ibn Vergas Baer Hearot (1934) 152-179
48 uarr Shevet Yehudah Nr 18 (hebr S 42-43 dt Uumlbers S 84-85) Shevet Yehudah (Edit Shochat)
S 66
49 uarr Shevet Yehudah Nr 20 (hebr 43-45 dt Uumlbers 86-89)
50 uarr Zu Yosef ha-Kohen und seinem Werk Loeb Josef Hacohen (1888) XVI 28-56 211-235 XVII
74-95 247-271
51 uarr Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (dt
Uumlbersetzung Wiener)
52 uarr Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) 38-39 (Edit Wiener) 41-42
53 uarr Usque Nachum Israel III (1908) XI-XIII Auch bei Gedalyah Ibn Yachjah Shalshelet ha-
Kabbalah (nach Graetz Geschichte VII (1897) 429 weitere Quellen Graetz ebd 426-430)
54 uarr Siehe Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 20a
55 uarr ldquoSie [die Dominikaner] brachten sogar Muumlnzsorten herbei die sie selbst zuhause beschnitten
hattenldquo Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) S 38 (Edit Wiener) 41
56 uarr Fuumlr vielerlei Hinweise zur hebraumlischen Uumlberlieferung der Vertreibung der franzoumlsischen Juden sei
Dr Abraham David Jerusalem herzlich gedankt
57 uarr Schwarzfuchs History (2001) 269-274 Ben-Shalom Communication (1991) 171-225
58 uarr Abba Mari ben Mose von Lunel Sefer Minchat Qenaot Nr 120 in Shlomo Ibn Adret Tshuvot II
835-836
59 uarr BT Berachot 70a Gemeint ist hier die Philosophie griechischer Tradition die von Abba Mari
besonders bekaumlmpft wurde Shlomo Ibn Adret Teshuvot Bd 2 835 Anmerkung zu Zeile 1 Abba
Mari brachte die Vertreibung der suumldfranzoumlsischen Juden mit deren Hinwendung zur griechischen
Philosophie in Verbindung Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 832 Anmerkung zu Zeile 8
60 uarr Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 835-836 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001) 273
61 uarr Jordan French Monarchy (1989) 195196
62 uarr Saige Juifs (1881) 92
63 uarr Jordan French Monarchy (1989) 205 Saige Juifs (1881) 101-102 308-319 324-325
64 uarr Zu Leben und Werk sowie zu seinem Aufenhalt im Lande Israel siehe Schwarzfuchs History
261 Elbaum Estori ha-Parhi S 918f
65 uarr Zur Bedeutung des hebraumlischen Begriffes Prowentzah der neben der heutigen Provence auch
das Languedoc miteinschloss siehe Gross Gallia Judaica (1887) 489 In diesem Sinne entspricht
Prowentzah der roumlmischen Provincia Narbonnensis In Kontext der Vertreibung der Juden im
Jahre 1306 kann nur das Languedoc gemeint sein
66 uarr Eshtori haParchi Kaftor waFerach 218
67 uarr Schwarzfuchs History (2001) 276-278 Dahan Gersonide (1991)
68 uarr Levi ben Gershom Pirush al ha-Torah
69 uarr Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 153-154
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
franzoumlsischen Koumlnigs stammen ausschlieszliglich von Personen die
durch die Zerstoumlrung der juumldischen Zentren im suumldlichen Frankreich
betroffen waren Diese Uumlberlieferungen wurden schlieszliglich von der
hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts aufgenommen und in
ihre als Zyklen von Leiden und Verfolgung gestalteten Werken
eingearbeitet Itzchaq Abarbanel (gest vor 1550) scheint dabei der
entscheidende Protagonist bei der Schoumlpfung eines die Vertreibung
von 1306 beschreibenden juumldischen Narratives gewesen zu sein
auch wenn er sich nach seinen eigenen Angaben lediglich auf
Itzchak Profiat Duran genannt Efodi einen juumldisch-katalanischen
Autor des spaumlten 14 Jahrhunderts bezog So schreibt Abarbanel
bdquoIm Jahre 5066 (1306) der Zaumlhlung war die Vertreibung aus Frankreich Koumlnig Philipp war ein
grausamer und verfluchter Feind der alle Juden aus seinem Koumlnigreich vertrieb all ihren Besitz
enteignete und sie mittellos des Landes verwies Es gab dort viele groszlige Gemeinden doppelt so
viele (Juden) wie aus Aumlgypten auszogen hellip Und es war eine Zeit der groszligen Not fuumlr Israel hellip es
war im Monat Aw (13 Juli 1306-11 August 1306) und es war eine allumfassende Vertreibung hellipall
dies findet sich in der Schrift bdquoSichron ha-Shmadotldquo die von allen Zerstoumlrung berichtet die sich seit
der Zerstoumlrung des Tempels in Israel ereignet haben aufgeschrieben und redigiert von Efodildquo[79]
Der Autor weiszlig zu berichten unter welchem Koumlnig und in welchem Monat und Jahr die Vertreibung
stattfand Auf die Mittellosigkeit der juumldischen Fluumlchtlinge wird explizit hingewiesen die auf die
Auspluumlnderung durch den Koumlnig zuruumlckgefuumlhrt wird Auch eine Vorstellung von der Zahl der Exilierten
spiegelt sich im Text wider
Shlomo Ibn Verga uumlbernimmt den Text fast woumlrtlich fuumlr seine Chronik Shevet Yehudah und erweitert ihn
lediglich um die nicht belegbare Geschichte der Konversion der Gemeinde von Toulouse[80]
Ihm
folgen Samuel Usque[81]
und Yosef ha-Kohen[82]
So bieten die Erzaumlhltraditionen des 16
Jahrhunderts lediglich ein Geruumlst von Fakten die den Handlungsablauf der Vertreibung mit wenigen
Worten beschreiben Eine Begruumlndung der Vertreibung wird nicht genannt So entspricht die
Erzaumlhlarmut des Textes zur Vertreibung aus Frankreich innerhalb der hebraumlischen Chronistik des
16 Jahrhunderts der allgemeinen Quellenarmut der hebraumlischen Uumlberlieferungstradition zu diesem
Ereignis
Beziehung der Juden zum Herrscher
Anhand der Untersuchung von herrschaftlichen Bindungen der Juden soll im Folgenden verdeutlicht
werden wie sich ein ehemals funktionierendes Miteinander zu einem Zerbrechen eben dieses
Miteinanders mit dem Resultat der Vertreibung veraumlnderte Dazu werden die Herrschaftsstrukturen
mit ihren Veraumlnderungen zwischen dem Koumlnig beziehungsweise anderen christlichen
Herrschaftstraumlgern und den Juden in England und Frankreich analysiert In England siedelten sich
im Zuge der normannischen Eroberungen nach 1066 die ersten aus Frankreich stammenden Juden
an[83]
Seit dieser Zeit wurden sie in Dokumenten haumlufig als bdquoJuden des Koumlnigsldquo[84]
bezeichnet
Diesen exklusiven Anspruch konnte der Koumlnig bis zur Vertreibung durchsetzen auch wenn es
vereinzelt andere Herrschaftstraumlger gab die Macht uumlber Juden erlangten[85]
Die Juden waren dem
Koumlnig direkt unterstellt sie mussten ihm jede Geldforderung erfuumlllen im Gegenzug durften sie nach
ihrem Gesetz leben und ihren Wohnsitz frei waumlhlen[86]
Ein Privileg Richards I von 1190 erwaumlhnt
auszligerdem unter anderem das Recht der Juden auf Landbesitz und zollfreien Handel mit Wein[87]
Belastend fuumlr das Leben der Juden von England war das hohe Maszlig an Verwaltung das die
englischen Koumlnige geschaffen hatten um die Steuern effizient eintreiben zu koumlnnen Anlaumlsslich der
Kroumlnung Richards I im Jahre 1189 war es ausgehend von London zu Massakern an Juden in ganz
England gekommen Da die koumlnigliche Verwaltung nicht nachvollziehen konnte welche
Schuldscheine durch die Verfolgung vernichtet worden waren wurde als Reaktion 1194 ein
Archivsystem (archae) eingefuumlhrt das von nun an alle Geldgeschaumlfte sowie alle Juden mit ihrer
Finanzkraft verzeichnete[88]
Unter Heinrich III (1216-1272) aumlnderte sich der rechtliche Status der
Juden Im Jahr 1253 erlieszlig der Koumlnig ein Mandat das den Juden unter anderem verbot neue
Synagogen zu errichten christliche Bedienstete oder sexuelle Kontakte mit Christen zu haben und
Kirchen zu betreten Wichtigster Punkt war jedoch dass Juden nun ihren Wohnort nicht mehr frei
waumlhlen sondern nur noch dort leben durften wo bereits Juden ansaumlssig waren[89]
Viele der hier
formulierten Mandate waren im IV Laterankonzil von 1215 als verbindliche Verbote fuumlr die Juden in
der christlichen Welt festgelegt worden und fanden nun ihre Umsetzung Daneben stieg die
Besteuerung seit den 1240er Jahren stetig an wodurch die Finanzkraft der Juden bereits deutlich
geschwaumlcht wurde[90]
Im Falle Edwards I zeigte sich schlieszliglich dass die starke Bindung der Juden
an den Koumlnig die den Juden in fruumlheren Jahren zunaumlchst Unabhaumlngigkeit und Wohlstand gebracht
hatte nun ihren Ruin und schlieszliglich ihre Vertreibung bewirkte Der Koumlnig hatte bei Maszlignahmen die
die Juden betrafen kaum Widerspruch zu befuumlrchten zu eindeutig definiert war seine Machstellung
den Juden gegenuumlber In Frankreich unterstanden die Juden dem Herrn ihres jeweiligen Gebiets
der Koumlnig von Frankreich herrschte also nur in der Krondomaumlne uumlber die Juden des Koumlnigreiches[91]
Die Juden waren an ihr angestammtes Territorium gebunden und durften dieses nur mit der
Erlaubnis ihres Landesherrn verlassen Dieses Prinzip reicht bis in die Zeit von Philipp II August
(1180-1223) zuruumlck und wurde seit der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne 1198 in
verschiedenen Vereinbarungen mit anderen franzoumlsischen Territorialherren vertraglich fixiert[92]
Schon bei der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne kam es zu Irritationen da Philipp II
die 1182 vertriebenen Juden nach wie vor als bdquoseine Judenldquo ansah diese Auffassung aber
beispielsweise von Graf Theobald III von Campagne nicht geteilt wurde Er fuumlrchtete Steuerausfaumllle
und war der Meinung dass Juden die sich 1182 in der Champagne niedergelassen hatten nicht
mehr die Juden des Koumlnigs seien[93]
Auch andere Landesherren weigerten sich dem Wegzug ihrer
Juden in die Krondomaumlne zuzustimmen[94]
Auch erste Schritte eines buumlrokratischen Umgangs mit
den Geldgeschaumlften der Juden waren 1198 durch Philipp II August vorgenommen worden
moumlglicherweise beeinflusst durch die archae die in England 1194 unter Koumlnig Richard I eingerichtet
worden waren um die Geldgeschaumlfte und die Finanzkraft der Juden zu dokumentieren In jedem Ort
der Krondomaumlne gab es spezielle Beamte die die Kreditvertraumlge der Juden siegelten und so
kontrollierten wem die Juden welche Betraumlge an Geld liehen[95]
Auch den Juden konnte dieses
Verfahren als Sicherheit fuumlr ihre Geschaumlfte dienen Unter Ludwig VIII (1223-1226) kam es zum
ersten Eingriff in die Geldgeschaumlfte der Juden im franzoumlsischen Gebiet 1223 erlieszlig der Koumlnig
zusammen mit diversen Landesherren ein Statut in dem festgelegt wurde dass die Ruumlckzahlung
aller Schulden bei Juden an insgesamt neun Terminen an die koumlnigliche beziehungsweise
landesherrliche Schatzkammer erfolgen sollte Die Praxis des Siegelns von Urkunden uumlber
Darlehensvergaben wurde abgeschafft Erneut wurde festgehalten dass keiner der Herrscher Juden
eines anderen Herrschers bei sich aufnehmen duumlrfe wobei es bei diesem Punkt wieder zu
Unstimmigkeiten mit dem Grafen der Champagne kam der die Erklaumlrung nicht unterschrieb[96]
Bereits die ersten Jahre der Regierungszeit Ludwigs IX (1226-1270) brachten fuumlr die Juden weitere
Beschwerlichkeiten und erste direkte Aktionen gegen den Wucher Im Jahr 1227 kam es zu einer
erneuten Aneignung der ausstehenden Schulden bei Juden 1228 erging ein Mandat in dem Ludwig
IX befahl bei kuumlnftigen Geldgeschaumlften auf Zinsen zu verzichten Auszligerdem erklaumlrte der Koumlnig bei
Geldgeschaumlften die seit der Schuldentilgung ein Jahr zuvor geschlossen wurden alle Zinsen fuumlr
unguumlltig[97]
Auch die generelle Rechtsstellung der Juden wurde schon fruumlh in der Regierungszeit
Ludwigs IX definiert wobei es bei der alten Regelung blieb Im Statut von Melun hielten der Koumlnig
und die Landesherren daran fest dass die Juden tamquam proprii servi an das jeweilige Territorium
gebunden waren Christliche Schuldner wurden dazu aufgerufen ihre Schulden bei Juden zu
bezahlen nicht aber die Zinsen[98]
Die 1240er Jahre waren in Frankreich gepraumlgt vom Pariser
Talmudprozess in dem der Talmud als ketzerische Schrift verurteilt und danach oumlffentlich verbrannt
wurde[99]
Dies fuumlhrte unter anderem zu einer verstaumlrkten Auswanderung juumldischer Eliten aus
Nordfrankreich[100]
Insgesamt aumlnderte sich der rechtliche Status unter Ludwig IX nicht aber fruumlher
als die Herrscher in England nahm Ludwig IX der 1290 heilig gesprochen wurde den Kampf gegen
den Wucher auf Einige Aktionen Koumlnig Philipps IV (1285-1314) waumlhrend seiner ersten
Regierungsjahre in Bezug auf die Juden muumlssen vor dem Hintergrund der Vertreibungen gesehen
werden die sich in Regionen auszligerhalb der Krondomaumlne ereigneten so beispielsweise die
Ausweisung der juumldischen Fluumlchtlinge durch Philipp IV im Jahre 1291[101]
Daneben ist eine
konsequente Linie den Juden gegenuumlber nicht zu erkennen 1285 erneuerte er beispielsweise ein
Privileg zum Schutz von Synagogen und Friedhoumlfen zugleich bestaumltigte er die Pflicht der Juden ein
spezielles Abzeichen an ihrer Kleidung zu tragen[102]
Beides sind Zeichen dafuumlr dass der Koumlnig zu
dieser Zeit nicht daran dachte die Juden auszuweisen sondern das Leben der Juden rechtlich zu
definieren Vorrangiges Ziel Philipps IV war es zunaumlchst seine Oberherrschaft uumlber die Juden im
Suumlden zu sichern wo diese nicht von allen Baronen anerkannt wurde Die Herrschaft in der
Champagne hatte er sich durch Heirat bereits gesichert Dort in Troyes kam es 1288 zu einer
Mordanklage in deren Folge 13 Juden hingerichtet wurden wobei der Koumlnig ihre Besitztuumlmer
einzog[103]
Groumlszligeren Einfluss auf den Koumlnig scheint die Hostienschaumlndungbeschuldigung 1290 in
Paris gehabt zu haben Philipp IV warnte die Juden vor weiteren Hostienschaumlndungen und
spendete ein Haus neben der Kirche die zum Gedenken an den Fall errichtet worden war[104]
Wie
sein Groszligvater Ludwig IX setzte Philipp IV den Kampf gegen den Wucher fort verbot ihn 1299 und
1303 daneben wurde auch das Verbot des Neubaus von Synagogen sowie des Talmuds bei diesen
Gelegenheiten erneuert[105]
In einer konzentrierten und laumlnger vorbereiteten Aktion lieszlig Philipp IV
dann die Juden (oder jedenfalls die Familienvorstaumlnde) vermutlich am 22 Juli 1306 festsetzen Dies
diente dazu eine genaue Aufstellung der Judenguumlter vorzunehmen und um sich die ausstehenden
Schuldscheine zu sichern Gleichzeitig bedeutete es das Ende der juumldischen Siedlung in Frankreich
bis zu ihrer Wiederzulassung unter Ludwig X im Jahr 1315
Sowohl bei der Vertreibung aus England als auch der aus Frankreich zeigt sich die Gefahr die die
Abhaumlngigkeit der Juden vom Herrscher barg Vor allem in England hatte die privilegierte Position fuumlr
Wohlstand und ein groszliges Maszlig an innerer Autonomie etwa in der Rechtssprechnung oder in bezug
auf die Freizuumlgigkeit gesorgt[106]
Sie schuumltzte die Juden jedoch nicht immer vor Gealtakten wie den
seit der Mitte des 12 Jahrhunderts immer wieder vorkommenden Ritualmordvorwuumlrfen In
Frankreich verschlechterten sich ihre Lebensumstaumlnde mit der Ausbreitung der Krondomaumlne War
es 1182 noch ein geringes Problem fuumlr die Juden eine neue Heimat zu finden und von anderen
franzoumlsischen Landesherren wohlwollend aufgenommen zu werden war dies 1306 nicht mehr
moumlglich Die Herrscher nahmen die theologischen Diskurse uumlber den Wucher oder den Talmud auf
und wurden des weiteren beeinflusst durch antijuumldische Blut- und Hostienschaumlndungsvorwuumlrfe
Auch wirtschaftliche Uumlberlegungen haben eine Rolle gespielt ebenso mag es eine Dynamik
gegeben haben angestoszligen durch die weiteren Vertreibungen in dieser Umbruchszeit in der sich
jeder Herrscher damit profilieren wollte und konnte die Juden zu vertreiben
Die allgemeine Verurteilung des Wuchers
Obwohl gerade in der hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts verstaumlrkt die finanziellen Interessen vor
allem des franzoumlsischen Koumlnigs als Motiv der Vertreibung hervorgehoben wurde folgte die zeitnahe
Argumentation einer innerjuumldischen Perspektive anderen Erklaumlrungsmustern So gilt es zumindest
im Falle der Vertreibung aus England festzuhalten dass sich unter den Juden die Vorstellung
verbreitete das Fehlverhalten einzelner Juden haumltte die Ausweisung von 1290 wie auch andere
Vertreibungen mit verursacht Doch laumlsst sich im Wuchervorwurf gegenuumlber den Juden - dem
durchgaumlngigen Argument der Vertreibungen im 13 Jahrhundert - nicht etwa eine vordergruumlndige
falsche Praxis des Geldverleihs als ausloumlsendes Moment vermuten wie dies gelegentlich auch von
christlicher Seite von den Zeitgenossen vertreten wurde[107]
Vielmehr begann sich seit dem 12
Jahrhundert unter christlichen Gelehrten und weltlichen Herrschern ein theologisches Verstaumlndnis
bezuumlglich des Wuchers durchzusetzen das der wirtschaftlichen Taumltigkeit der Geldleihe auch in den
Haumlnden der Juden keine geduldeten Nische zuzuweisen bereit war[108]
Wucher wurde nun nicht
mehr als Suumlnde gegen den Naumlchsten aus mangelndem Mitgefuumlhl betrachtet und als turpe lucrum
(schaumlndlicher Profit) definiert sondern als Suumlnde gegen die iustitia[109]
Gemaumlszlig dieser Vorstellung
waren alle Wuchergewinne Diebesgut und muszligten zuruumlckgegeben werden Viel schwerer wog die
Feststellung daszlig sich die nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger durch ihre Besteuerung der Juden am
Wuchergewinn der Juden beteiligten und sich darum der gleichen Suumlnden schuldig machten[110]
Somit wurde auf demselben Wege der fuumlrstliche oder koumlnigliche Judenschutz die Legitimation
entzogen Die voumlllige Unterbindung des juumldischen Geldhandels schien darum fuumlr die meisten
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger der einzig richtige Weg wie dies bereits die im Namen Koumlnig
Ludwigs IX verkuumlndete ordenance von Melun 1230 forderte[111]
Als letzte Konsequenz blieb die
Ausweisung der Juden aus immer mehr Herrschaften des franzoumlsischen Koumlnigreiches und
schlieszliglich der Kronlande Das Zerbrechen des Miteinanders von Juden und Christen innerhalb des
franzoumlsischen Koumlnigreiches sowie die schrittweise Aufloumlsung bzw Zerschlagung des
jahrhundertealten juumldischen Siedlungsnetzes muszlig auf die juumldischen Gemeinschaften der
benachbarten Regionen so z B in den Rheinlanden verstoumlrend und beaumlngstigend gewirkt haben
Der dieser Vertreibung zugrundeliegende theologische Diskurs zu Geldhandel und Wucher und die
daraus resultierenden Folgen fuumlr die eigene juumldischen Existenz scheint jedoch nur einen geringen
Einfluszlig auf die Wahrnehmung ihrer eigenen Situation gehabt zu haben Im Zuge der Vertreibung der
franzoumlsischen Juden im Sommer und Herbst 1306 waren juumldische Fluumlchtlinge in die deutschen
Rheinlande gelangt[112]
Wohl wenige Monate spaumlter trafen in Worms die Delegierten des dortigen
Gemeindebezirkes die Vertreter der die Wormser Gemeinde und der sie umgebenden juumldischen
Niederlassungen auf einer Versammlung zusammen Auf diesem juumldischen Landtag sollte eine
Rechtssatzung eine Takkanah verabschiedet werden die die Praxis der juumldischen Geldleihe im
Einzugsgebiet der Gemeinde Worms sowie das Verhalten gegenuumlber hochverschuldeten Kunden
neu regelte[113]
In der Zusammenkunft der Haumlupter des Volkes im bdquoLand Wormsldquo im Jahr 67 des sechsten Jahrtausends
(10 Sept 1306 - 28 Augutst 1307) weil sich wegen unserer groszliger Verfehlungen die Noumlte der
Soumlhne unseres Volkes vermehrten durchforschten wir unsere Taten und fanden dass seit einiger
Zeit ein Schwert die Seele der Elenden und Reinen auffraszlig weil sie Vermoumlgen vermehrt hatten
durch Zins und Zinseszins von den Fuumlrsten der Nichtjuden Diese schuldeten ein Riesenvermoumlgen
den Familienvorstaumlnden Sie schmiedeten Raumlnke sich auf die Juden zu stuumlrzen und sie zu
uumlberfallen um sich von ihren Schulden zu befreien Wir haben beschlossen dass man keine
Erhoumlhung hinzufuumlgen darf und jedem Mann und jeder Frau nicht gestattet werden soll irgend einem
Nichtjuden einem einzelnen Schuldner mehr als 100 Pfund Hallisch zu leihen Und wenn der
Zeitpunkt der Schuldruumlckzahlung gekommen ist soll es nicht mehr gestattet sein die Zinsschuld der
Schuldsumme zuzuschlagen sondern man soll aus der Hand des Schuldners die ganze Schuld
einziehen Und wenn man nicht die ganze Schuld von ihm einziehen kann soll man sich nicht
hindern lassen wenigstens den Zins einzuziehen Nur soll man den Schuldner nicht mit List
uumlbervorteilen Und wenn es nicht gelingt irgend etwas einzuziehen dann soll man dies dem Rat
seiner Gemeinde mitteilen und nach deren Geheiszlig soll man handeln Was das Schuldgeschaumlft der
fuumlrstlichen Schuldner betrifft deren Schulden sich schon vermehrt haben und die niemand mehr
begleichen kann Die Glaumlubiger sollen sich huumlten sie mit hohen Zinsen zu belasten denn es sind
Komplotte zu befuumlrchten was Gott verhuumlten moumlge Schon einige Personen haben sich
zusammengeschlossen und dies gerade nicht bei den Fuumlrsten sondern bei den Klerikern und den
Buumlrgern [114]
Offenkundig standen den Delegierten die befuumlrchteten Konsequenzen der Geldleihe deutlich vor
Augen Wohl ebenso eingeschuumlchtert durch die in Frankreich vollzogene Vertreibung der Juden
wurden von seiten der Juden eigene Verfehlungen aber auch unguumlnstige Machtkonstellation
beobachtet die im Falle der franzoumlsischen Juden zu deren Untergang gefuumlhrt hatten Die
Beziehungen von Juden und Christen steckten auch in den Rheinlanden in den eingangs genannten
Bereichen von Wirtschaft Herrschaft und Religion in einer tieferen Krise Die auf dem
Versammlung von Worms beschlossenen Gegenmaszlignahmen blieben auf die juumldischen Teilnehmer
beschraumlnkt Zuruumlckhaltung gegenuumlber den christlichen Kunden Demut gegenuumlber Gott und das
Flehen um sein Erbarmen was mit guten Werken unterstuumltzt werden soll Eine direkte Verhandlung
mit den christlichen Herrschaftstraumlgern war nicht mehr vorgesehen Das gegenseitige Vertrauen
zwischen Juden und Christen war verschwunden in einer Zeit in der nicht mehr Koexistenz sondern
vor allem von Seiten der Juden die Sorge um die eigene Zukunft das eigene Handeln bestimmte
Zusammenfassung
Die Vertreibung der Juden aus England hatte innerhalb des juumldischen Kontextes noch zu Ansaumltzen der
Selbstreflexion gefuumlhrt die einen konkreten Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Vertretern
der juumldischen Seite und den politischen Entscheidungen der nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger
gegenuumlber der eigenen Gruppe erkennen mochten Dennoch waumlhnte man sich weiterhin in einem
rechtlich voumlllig abgesicherten Verhaumlltnis zur christlichen Umwelt Man war sich eines besonderen
Status innerhalb der christlichen Mehrheitsgesellschaft bewuszligt der in den Augen der Juden in
keiner Weise gefaumlhrdet schien Noch in der zweiten Haumllfte des 13 Jahrhunderts definierte Meir ben
Baruch (gest 1293) die Stellung der Juden im Reich als die eines freien Landbewohners der sein
Land nicht aber seine persoumlnliche Freiheit verloren hat [115]
Er sei darum nicht wie die Nichtjuden
den Fuumlrsten unterworfen und zu Steuerzahlungen verpflichtet Diese Konstruktionen erinnern stark
an die noch im 12 Jahrhundert in Frankreich vertretenen Rechtsauffassungen eines Itzchaq ben
Shmuel von Dampierre (gest ca 1185)[116]
der ebenfalls die Freiheit der Juden im Vergleich zu den
Nichtjuden hervorhebt ihre voumlllige Bewegungsfreiheit im Gegensatz zu an die Scholle gebundenen
Nichtjuden betont und die Juden ebenfalls aus der Rechtspraxis herausnimmt die dem
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger gestattet bei Abwanderung von Personen deren beweglichen
Besitz einzuziehen[117]
Nach juumldischer Auffassung folgten die Interaktionen zwischen Juden und
Christen nach Regeln die von beiden Seiten anerkannt waren Das jedoch sich dies Regelwerk zu
ungunsten der Juden verhaumlndert haben mochte daszlig die eigene Bewegungsfreiheit inzwischen mehr
und mehr eingeschraumlnkt wurde die besonderen Steuergesetzgebung seit den Aumluszligerungen des
Itzchak von Dampiegravere sich erheblich veraumlndern hatte und damit nach daszlig Verhaumlltnis zur christlichen
Umwelt nun erheblichen Umwaumlltzungen unterworfen war wurde wie die Aumluszligerung Meirs nahelegt
weder reflektiert noch einigermaszligen registriert
Das Verhalten der franzoumlsischen Juden Angesichts ihrer Vertreibung ist darum keinesfalls verwunderlich In
den wenigen juumldischen Selbstzeugnisse zur Vertreibung der franzoumlsischen Juden finden sich keine
Spuren die auf einen Prozess der Selbstreflexion schlieszligen lassen Die Frage der Motivation zur
Vertreibung der Juden wird soweit dies die Quellen erkennen lassen nicht diskutiert Der
offenkundige theologische Diskurs zur Unrechtmaumlszligigkeit des auf Zinsen geleisteten Geldverleihs
dem die juumldischen Gemeinschaft im franzoumlsischen Koumlnigreich letztlich zum Opfer fiel wird
nirgendwo rezipiert Man koumlnnte den Eindruck gewinnen dass sich den franzoumlsischen Juden die
Gefaumlhrlichkeit der Diskussion um den Wucher zu keinem Zeitpunkt erschloss Auch in den
konstruierten Narrativen der folgenden Generationen steht die auch fuumlr den einzelnen Juden
folgenreiche finanzielle Auspluumlnderung durch die franzoumlsische Krone im Vordergrund Allerdings
zeigt die Quelle aus dem rheinischen Kontext dass zumindest nach der Vertreibung aus dem
franzoumlsischen Koumlnigreich im Jahre 1306 unter den rheinischen Juden bestimmte Formen der
Geldleihe als Element der Selbstgefaumlhrdung wahrgenommen wurde Dabei macht die Uumlberlieferung
der Wormser Versammlung auch deutlich das die Zerruumlttung des Verhaumlltnisses von Juden und
Christen auch von juumldischer Seite nicht mehr geleugnet werden konnte Dass es sich dabei nicht nur
um eine wirtschaftliche Auseinandersetzung sondern zunaumlchst um einen christlichen theologischen
Diskurs handelte der sich gaumlnzlich juumldischem Handeln entzog scheint den Protagonisten der
Wormser Gemeinde nicht zugaumlnglich gewesen sein Ohne zu erkennen dass die Geldleihe und
somit die eigene wirtschaftliche Existenz gaumlnzlich in Frage gestellt werden koumlnnte versuchten die
Vertreter der Wormser Versammlung durch einzelne Maszlignahmen die Beziehungen zur christlichen
Umgebung zu entlassten um Gefahren von der eigenen Gemeinschaft abzuwenden Auf diese
Weise wurden die Juden im Westen Europas mehr und mehr wirtschaftlichen und theologischen
Dynamiken ausgesetzt die sich jenseits der juumldischen Wahrnehmung auszuformen begannen und
schlieszliglich in die Verdraumlngung der Juden muumlnden sollten die in der Vertreibung von England und
Frankreich ihren Anfang nahm
Rainer Barzen Lennart Guumlntzel
1 uarr Vgl zu Frankreich Chazan Jewry (1973) 154-207 Jordan Monarchy (1998) 177-261 Zu
England Hyams Jews (1996) 173-192 Mentgen Vertreibungen (1997) 11-53 Mundill England
(1998)
2 uarr Chazan Jewry (1973) 63-100 Ders Church (1980) 312f Jordan Monarchy (1998) 23-38
3 uarr Zur Geschichte der Juden unter Ludwig IX vgl Chazan Jewry (1973) 100-153
4 uarr Die Vorbildfunktion Ludwigs IX vor allem in Hinblick auf den Kampf gegen den Wucher erwaumlhnt
Cluse Zusammenhang (1999)135ndash163
5 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
6 uarr Chazan Church (1980) 313-317
7 uarr Florentii Wigorniensis 214f
8 uarr Ebd 212
9 uarr Chazan Church (1980) 317-319
10 uarr Aufstellung der Chroniken bei Abrahams Expulsion (1895) 449f
11 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
12 uarr Ordonnances 317
13 uarr Jordan nennt als Beispiel die Ortschaft Niort die ihre Juden vertreiben konnte Jordan Monarchy
(1998) 183
14 uarr Ebd 184f
15 uarr Ebd 184
16 uarr Ebd 183f
17 uarr Zu den Motiven Philipps IV siehe Mentgen Vertreibungen (1997) 46-49 Schwarzfuchs
Expulsion (1967) 485f
18 uarr Uumlber den generellen Wucherdiskurs siehe unten Kapitel V2
19 uarr Close Rolls Edward I 109
20 uarr Annales de Waverleia 409 ldquo(hellip) Judaeorum (hellip) quae per diversas urbes et castra regionis
Anglicanae per retroacta tempora habitabat confidenter procurante domina Alienora matre dicti
regis Angliae jussa est per edictum regium (hellip)rdquo
21 uarr Annales de Dunstaplia 361-362bdquo (hellip) propter blasphemias quas Judaei saepe faciebant fidei
Christianae statuit rex ut omnes Judaei cum semine suo et substancia ab Anglia pellerentur (hellip)rdquo
22 uarr Ebd bdquo(hellip) et concessit eis rex salvum conductum In ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt
submersi per vim et fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
23 uarr Zum Verhaumlltnis von Dominikanern und Juden zu dieser Zeit vgl Cohen Friars (1982) sowie
Ders Letters (1999)
24 uarr Florentii Wigoriensis 214
25 uarr Uumlber ein moumlgliches Interesse des Adels an der Vertreibung der Juden siehe Mentgen
Vertreibungen (1997) 27-30
26 uarr Annales de Dunstaplia 361-362 bdquoIn ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt submersi per vim et
fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
27 uarr Pierre de Langtoft II 186 bdquoThomas de Wilaund en baunk primer nomeacute par agarde de la court le
regne ad forjoreacute et en la terre de France sanz repairer aleacute Ses compayons ses clercs sunt pris e
meneacute a la thour de Loundres delivreacutes par moneacuteldquo
28 uarr Ebd 188 bdquoPur le quinzme dener al rays en ayeldquo
29 uarr Ebd bdquoOre sunt alez en France e en Pykardye Tutes lur dettes e lur manauntye Sunt salves al
ray dunt fere sa curtaysyeldquo
30 uarr Oumlsterreichische Reimchronik Verse 91239-91777 1186-1192ldquo die dritten vorderungdie an den
Franzois junctet der kunic Albrehter jach die Juden ze rehtgehocircren daz ricircche an und ander nieman
()ldquo Zu dieser Quelle vgl Ziwes Studien (1995) 33f Anm 16
31 uarr Prima Vita Clementis V 5
32 uarr Quarta Vita Clementis V 62bdquo Anno Domini MCCCVJ in festo sancte Marie Magdalene de
mandato et ordinatione regis Francie fuerunt capti omnes Judei ubique in regno Francie quasi
imperceptibiler una die et confiscata sunt bona ipsorum quecumque potuerunt inveniri fueruntque
a regno expulsi ulterius minime reversurirdquo Vgl auch Sexta Vita Clementis V 92-93bdquo Et etiam in
isto anno in die sancte Marie Magdalene omnes Judei de regno Francie congediati [congregati]
fuerunt et eorum bona omnia extiterunt confiscatardquo
33 uarr Continuatio Guilelmi de Nangis 59 bdquoMense Augusto Rex Philippus omnes Judaeos de Regno
Franciae penitus amp omnino fecit expelli certum regressionis terminum sub poena mortis praesigens
eisdemrdquo
34 uarr Florentii Wigoriensis 192 ldquoBarones cum Londoniensibus Judaismum Londoniae spoliaverunt
multis Judaeis interfectisldquo Siehe auch Mundill England (1998) 41
35 uarr Florentii Wigoriensis 210ldquo Rex die Sancte Calixti synagogam Judaeorum in villa Londoniensi
fratribus de Poenitentia contulit Jesu Christi ()ldquo
36 uarr Ebd 222bdquoApud Norhamtonam () puer quidam a Judaeis crucifixus estrdquo
37 uarr BennerReverchon Juden (2003) 181
38 uarr Rubin Tales (1999) 40-48
39 uarr Mentgen Vertreibungen (1997) 42-44
40 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 64f sieht den Muumlnzbeschneidungsskandal als Folge der Verarmung
der Juden Eine andere Meinung vertritt Mundill England (1998) 195-198 der vor allem auf eine
erfolgreiche Rolle der Juden im Wollhandel verweist
41 uarr Florentii Wigoriensis 221ldquo Rex omnes Judaeos et quosdam Christianos de retonsura aut alia
monetae falsatione convictos fecit suspensi Unde Londoniae CCLX et VII Judaei mortis judicium
subierunt Quidam autem relegati quidam etiam eorum perpetuo sunt carceri adjudicati et quidam
in Anglia remanseruntrdquo Vgl auch Mundill England (1998) 67f sowie uumlber die Zahl der Opfer weiter
oben Anmerkung 36
42 uarr Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 S 20
43 uarr Nach der chronikalischen Uumlberlieferung waren es 267 bzw 269 hingerichtete Juden Eine
Auswertung der auszligerchronikalischen Quellen ergab die Zahl von 298 erhaumlngten Juden Rokeacuteach
Monex I (198890) 98
44 uarr Jordan Monarchy (1989) 182f
45 uarr rdquoVos autre fuistis Engles qui exiverunt de terra eorum quia rotundabatis monetamrdquo in
Shatzmiller Schlomo Ibn Verga (1988) 355 Ders Solidariteacute (1986) 423
46 uarr Shlomo Ibn Verga Shevet Yehudah Teil I (hebr) Teil II (dt Uumlbersetzung)(Edit Wiener) Shevet
Yehudah (Edit Shochat)
47 uarr Zu Leben und Werk Shlomo Ibn Vergas Baer Hearot (1934) 152-179
48 uarr Shevet Yehudah Nr 18 (hebr S 42-43 dt Uumlbers S 84-85) Shevet Yehudah (Edit Shochat)
S 66
49 uarr Shevet Yehudah Nr 20 (hebr 43-45 dt Uumlbers 86-89)
50 uarr Zu Yosef ha-Kohen und seinem Werk Loeb Josef Hacohen (1888) XVI 28-56 211-235 XVII
74-95 247-271
51 uarr Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (dt
Uumlbersetzung Wiener)
52 uarr Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) 38-39 (Edit Wiener) 41-42
53 uarr Usque Nachum Israel III (1908) XI-XIII Auch bei Gedalyah Ibn Yachjah Shalshelet ha-
Kabbalah (nach Graetz Geschichte VII (1897) 429 weitere Quellen Graetz ebd 426-430)
54 uarr Siehe Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 20a
55 uarr ldquoSie [die Dominikaner] brachten sogar Muumlnzsorten herbei die sie selbst zuhause beschnitten
hattenldquo Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) S 38 (Edit Wiener) 41
56 uarr Fuumlr vielerlei Hinweise zur hebraumlischen Uumlberlieferung der Vertreibung der franzoumlsischen Juden sei
Dr Abraham David Jerusalem herzlich gedankt
57 uarr Schwarzfuchs History (2001) 269-274 Ben-Shalom Communication (1991) 171-225
58 uarr Abba Mari ben Mose von Lunel Sefer Minchat Qenaot Nr 120 in Shlomo Ibn Adret Tshuvot II
835-836
59 uarr BT Berachot 70a Gemeint ist hier die Philosophie griechischer Tradition die von Abba Mari
besonders bekaumlmpft wurde Shlomo Ibn Adret Teshuvot Bd 2 835 Anmerkung zu Zeile 1 Abba
Mari brachte die Vertreibung der suumldfranzoumlsischen Juden mit deren Hinwendung zur griechischen
Philosophie in Verbindung Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 832 Anmerkung zu Zeile 8
60 uarr Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 835-836 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001) 273
61 uarr Jordan French Monarchy (1989) 195196
62 uarr Saige Juifs (1881) 92
63 uarr Jordan French Monarchy (1989) 205 Saige Juifs (1881) 101-102 308-319 324-325
64 uarr Zu Leben und Werk sowie zu seinem Aufenhalt im Lande Israel siehe Schwarzfuchs History
261 Elbaum Estori ha-Parhi S 918f
65 uarr Zur Bedeutung des hebraumlischen Begriffes Prowentzah der neben der heutigen Provence auch
das Languedoc miteinschloss siehe Gross Gallia Judaica (1887) 489 In diesem Sinne entspricht
Prowentzah der roumlmischen Provincia Narbonnensis In Kontext der Vertreibung der Juden im
Jahre 1306 kann nur das Languedoc gemeint sein
66 uarr Eshtori haParchi Kaftor waFerach 218
67 uarr Schwarzfuchs History (2001) 276-278 Dahan Gersonide (1991)
68 uarr Levi ben Gershom Pirush al ha-Torah
69 uarr Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 153-154
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
im Zuge der normannischen Eroberungen nach 1066 die ersten aus Frankreich stammenden Juden
an[83]
Seit dieser Zeit wurden sie in Dokumenten haumlufig als bdquoJuden des Koumlnigsldquo[84]
bezeichnet
Diesen exklusiven Anspruch konnte der Koumlnig bis zur Vertreibung durchsetzen auch wenn es
vereinzelt andere Herrschaftstraumlger gab die Macht uumlber Juden erlangten[85]
Die Juden waren dem
Koumlnig direkt unterstellt sie mussten ihm jede Geldforderung erfuumlllen im Gegenzug durften sie nach
ihrem Gesetz leben und ihren Wohnsitz frei waumlhlen[86]
Ein Privileg Richards I von 1190 erwaumlhnt
auszligerdem unter anderem das Recht der Juden auf Landbesitz und zollfreien Handel mit Wein[87]
Belastend fuumlr das Leben der Juden von England war das hohe Maszlig an Verwaltung das die
englischen Koumlnige geschaffen hatten um die Steuern effizient eintreiben zu koumlnnen Anlaumlsslich der
Kroumlnung Richards I im Jahre 1189 war es ausgehend von London zu Massakern an Juden in ganz
England gekommen Da die koumlnigliche Verwaltung nicht nachvollziehen konnte welche
Schuldscheine durch die Verfolgung vernichtet worden waren wurde als Reaktion 1194 ein
Archivsystem (archae) eingefuumlhrt das von nun an alle Geldgeschaumlfte sowie alle Juden mit ihrer
Finanzkraft verzeichnete[88]
Unter Heinrich III (1216-1272) aumlnderte sich der rechtliche Status der
Juden Im Jahr 1253 erlieszlig der Koumlnig ein Mandat das den Juden unter anderem verbot neue
Synagogen zu errichten christliche Bedienstete oder sexuelle Kontakte mit Christen zu haben und
Kirchen zu betreten Wichtigster Punkt war jedoch dass Juden nun ihren Wohnort nicht mehr frei
waumlhlen sondern nur noch dort leben durften wo bereits Juden ansaumlssig waren[89]
Viele der hier
formulierten Mandate waren im IV Laterankonzil von 1215 als verbindliche Verbote fuumlr die Juden in
der christlichen Welt festgelegt worden und fanden nun ihre Umsetzung Daneben stieg die
Besteuerung seit den 1240er Jahren stetig an wodurch die Finanzkraft der Juden bereits deutlich
geschwaumlcht wurde[90]
Im Falle Edwards I zeigte sich schlieszliglich dass die starke Bindung der Juden
an den Koumlnig die den Juden in fruumlheren Jahren zunaumlchst Unabhaumlngigkeit und Wohlstand gebracht
hatte nun ihren Ruin und schlieszliglich ihre Vertreibung bewirkte Der Koumlnig hatte bei Maszlignahmen die
die Juden betrafen kaum Widerspruch zu befuumlrchten zu eindeutig definiert war seine Machstellung
den Juden gegenuumlber In Frankreich unterstanden die Juden dem Herrn ihres jeweiligen Gebiets
der Koumlnig von Frankreich herrschte also nur in der Krondomaumlne uumlber die Juden des Koumlnigreiches[91]
Die Juden waren an ihr angestammtes Territorium gebunden und durften dieses nur mit der
Erlaubnis ihres Landesherrn verlassen Dieses Prinzip reicht bis in die Zeit von Philipp II August
(1180-1223) zuruumlck und wurde seit der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne 1198 in
verschiedenen Vereinbarungen mit anderen franzoumlsischen Territorialherren vertraglich fixiert[92]
Schon bei der Wiederzulassung der Juden in der Krondomaumlne kam es zu Irritationen da Philipp II
die 1182 vertriebenen Juden nach wie vor als bdquoseine Judenldquo ansah diese Auffassung aber
beispielsweise von Graf Theobald III von Campagne nicht geteilt wurde Er fuumlrchtete Steuerausfaumllle
und war der Meinung dass Juden die sich 1182 in der Champagne niedergelassen hatten nicht
mehr die Juden des Koumlnigs seien[93]
Auch andere Landesherren weigerten sich dem Wegzug ihrer
Juden in die Krondomaumlne zuzustimmen[94]
Auch erste Schritte eines buumlrokratischen Umgangs mit
den Geldgeschaumlften der Juden waren 1198 durch Philipp II August vorgenommen worden
moumlglicherweise beeinflusst durch die archae die in England 1194 unter Koumlnig Richard I eingerichtet
worden waren um die Geldgeschaumlfte und die Finanzkraft der Juden zu dokumentieren In jedem Ort
der Krondomaumlne gab es spezielle Beamte die die Kreditvertraumlge der Juden siegelten und so
kontrollierten wem die Juden welche Betraumlge an Geld liehen[95]
Auch den Juden konnte dieses
Verfahren als Sicherheit fuumlr ihre Geschaumlfte dienen Unter Ludwig VIII (1223-1226) kam es zum
ersten Eingriff in die Geldgeschaumlfte der Juden im franzoumlsischen Gebiet 1223 erlieszlig der Koumlnig
zusammen mit diversen Landesherren ein Statut in dem festgelegt wurde dass die Ruumlckzahlung
aller Schulden bei Juden an insgesamt neun Terminen an die koumlnigliche beziehungsweise
landesherrliche Schatzkammer erfolgen sollte Die Praxis des Siegelns von Urkunden uumlber
Darlehensvergaben wurde abgeschafft Erneut wurde festgehalten dass keiner der Herrscher Juden
eines anderen Herrschers bei sich aufnehmen duumlrfe wobei es bei diesem Punkt wieder zu
Unstimmigkeiten mit dem Grafen der Champagne kam der die Erklaumlrung nicht unterschrieb[96]
Bereits die ersten Jahre der Regierungszeit Ludwigs IX (1226-1270) brachten fuumlr die Juden weitere
Beschwerlichkeiten und erste direkte Aktionen gegen den Wucher Im Jahr 1227 kam es zu einer
erneuten Aneignung der ausstehenden Schulden bei Juden 1228 erging ein Mandat in dem Ludwig
IX befahl bei kuumlnftigen Geldgeschaumlften auf Zinsen zu verzichten Auszligerdem erklaumlrte der Koumlnig bei
Geldgeschaumlften die seit der Schuldentilgung ein Jahr zuvor geschlossen wurden alle Zinsen fuumlr
unguumlltig[97]
Auch die generelle Rechtsstellung der Juden wurde schon fruumlh in der Regierungszeit
Ludwigs IX definiert wobei es bei der alten Regelung blieb Im Statut von Melun hielten der Koumlnig
und die Landesherren daran fest dass die Juden tamquam proprii servi an das jeweilige Territorium
gebunden waren Christliche Schuldner wurden dazu aufgerufen ihre Schulden bei Juden zu
bezahlen nicht aber die Zinsen[98]
Die 1240er Jahre waren in Frankreich gepraumlgt vom Pariser
Talmudprozess in dem der Talmud als ketzerische Schrift verurteilt und danach oumlffentlich verbrannt
wurde[99]
Dies fuumlhrte unter anderem zu einer verstaumlrkten Auswanderung juumldischer Eliten aus
Nordfrankreich[100]
Insgesamt aumlnderte sich der rechtliche Status unter Ludwig IX nicht aber fruumlher
als die Herrscher in England nahm Ludwig IX der 1290 heilig gesprochen wurde den Kampf gegen
den Wucher auf Einige Aktionen Koumlnig Philipps IV (1285-1314) waumlhrend seiner ersten
Regierungsjahre in Bezug auf die Juden muumlssen vor dem Hintergrund der Vertreibungen gesehen
werden die sich in Regionen auszligerhalb der Krondomaumlne ereigneten so beispielsweise die
Ausweisung der juumldischen Fluumlchtlinge durch Philipp IV im Jahre 1291[101]
Daneben ist eine
konsequente Linie den Juden gegenuumlber nicht zu erkennen 1285 erneuerte er beispielsweise ein
Privileg zum Schutz von Synagogen und Friedhoumlfen zugleich bestaumltigte er die Pflicht der Juden ein
spezielles Abzeichen an ihrer Kleidung zu tragen[102]
Beides sind Zeichen dafuumlr dass der Koumlnig zu
dieser Zeit nicht daran dachte die Juden auszuweisen sondern das Leben der Juden rechtlich zu
definieren Vorrangiges Ziel Philipps IV war es zunaumlchst seine Oberherrschaft uumlber die Juden im
Suumlden zu sichern wo diese nicht von allen Baronen anerkannt wurde Die Herrschaft in der
Champagne hatte er sich durch Heirat bereits gesichert Dort in Troyes kam es 1288 zu einer
Mordanklage in deren Folge 13 Juden hingerichtet wurden wobei der Koumlnig ihre Besitztuumlmer
einzog[103]
Groumlszligeren Einfluss auf den Koumlnig scheint die Hostienschaumlndungbeschuldigung 1290 in
Paris gehabt zu haben Philipp IV warnte die Juden vor weiteren Hostienschaumlndungen und
spendete ein Haus neben der Kirche die zum Gedenken an den Fall errichtet worden war[104]
Wie
sein Groszligvater Ludwig IX setzte Philipp IV den Kampf gegen den Wucher fort verbot ihn 1299 und
1303 daneben wurde auch das Verbot des Neubaus von Synagogen sowie des Talmuds bei diesen
Gelegenheiten erneuert[105]
In einer konzentrierten und laumlnger vorbereiteten Aktion lieszlig Philipp IV
dann die Juden (oder jedenfalls die Familienvorstaumlnde) vermutlich am 22 Juli 1306 festsetzen Dies
diente dazu eine genaue Aufstellung der Judenguumlter vorzunehmen und um sich die ausstehenden
Schuldscheine zu sichern Gleichzeitig bedeutete es das Ende der juumldischen Siedlung in Frankreich
bis zu ihrer Wiederzulassung unter Ludwig X im Jahr 1315
Sowohl bei der Vertreibung aus England als auch der aus Frankreich zeigt sich die Gefahr die die
Abhaumlngigkeit der Juden vom Herrscher barg Vor allem in England hatte die privilegierte Position fuumlr
Wohlstand und ein groszliges Maszlig an innerer Autonomie etwa in der Rechtssprechnung oder in bezug
auf die Freizuumlgigkeit gesorgt[106]
Sie schuumltzte die Juden jedoch nicht immer vor Gealtakten wie den
seit der Mitte des 12 Jahrhunderts immer wieder vorkommenden Ritualmordvorwuumlrfen In
Frankreich verschlechterten sich ihre Lebensumstaumlnde mit der Ausbreitung der Krondomaumlne War
es 1182 noch ein geringes Problem fuumlr die Juden eine neue Heimat zu finden und von anderen
franzoumlsischen Landesherren wohlwollend aufgenommen zu werden war dies 1306 nicht mehr
moumlglich Die Herrscher nahmen die theologischen Diskurse uumlber den Wucher oder den Talmud auf
und wurden des weiteren beeinflusst durch antijuumldische Blut- und Hostienschaumlndungsvorwuumlrfe
Auch wirtschaftliche Uumlberlegungen haben eine Rolle gespielt ebenso mag es eine Dynamik
gegeben haben angestoszligen durch die weiteren Vertreibungen in dieser Umbruchszeit in der sich
jeder Herrscher damit profilieren wollte und konnte die Juden zu vertreiben
Die allgemeine Verurteilung des Wuchers
Obwohl gerade in der hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts verstaumlrkt die finanziellen Interessen vor
allem des franzoumlsischen Koumlnigs als Motiv der Vertreibung hervorgehoben wurde folgte die zeitnahe
Argumentation einer innerjuumldischen Perspektive anderen Erklaumlrungsmustern So gilt es zumindest
im Falle der Vertreibung aus England festzuhalten dass sich unter den Juden die Vorstellung
verbreitete das Fehlverhalten einzelner Juden haumltte die Ausweisung von 1290 wie auch andere
Vertreibungen mit verursacht Doch laumlsst sich im Wuchervorwurf gegenuumlber den Juden - dem
durchgaumlngigen Argument der Vertreibungen im 13 Jahrhundert - nicht etwa eine vordergruumlndige
falsche Praxis des Geldverleihs als ausloumlsendes Moment vermuten wie dies gelegentlich auch von
christlicher Seite von den Zeitgenossen vertreten wurde[107]
Vielmehr begann sich seit dem 12
Jahrhundert unter christlichen Gelehrten und weltlichen Herrschern ein theologisches Verstaumlndnis
bezuumlglich des Wuchers durchzusetzen das der wirtschaftlichen Taumltigkeit der Geldleihe auch in den
Haumlnden der Juden keine geduldeten Nische zuzuweisen bereit war[108]
Wucher wurde nun nicht
mehr als Suumlnde gegen den Naumlchsten aus mangelndem Mitgefuumlhl betrachtet und als turpe lucrum
(schaumlndlicher Profit) definiert sondern als Suumlnde gegen die iustitia[109]
Gemaumlszlig dieser Vorstellung
waren alle Wuchergewinne Diebesgut und muszligten zuruumlckgegeben werden Viel schwerer wog die
Feststellung daszlig sich die nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger durch ihre Besteuerung der Juden am
Wuchergewinn der Juden beteiligten und sich darum der gleichen Suumlnden schuldig machten[110]
Somit wurde auf demselben Wege der fuumlrstliche oder koumlnigliche Judenschutz die Legitimation
entzogen Die voumlllige Unterbindung des juumldischen Geldhandels schien darum fuumlr die meisten
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger der einzig richtige Weg wie dies bereits die im Namen Koumlnig
Ludwigs IX verkuumlndete ordenance von Melun 1230 forderte[111]
Als letzte Konsequenz blieb die
Ausweisung der Juden aus immer mehr Herrschaften des franzoumlsischen Koumlnigreiches und
schlieszliglich der Kronlande Das Zerbrechen des Miteinanders von Juden und Christen innerhalb des
franzoumlsischen Koumlnigreiches sowie die schrittweise Aufloumlsung bzw Zerschlagung des
jahrhundertealten juumldischen Siedlungsnetzes muszlig auf die juumldischen Gemeinschaften der
benachbarten Regionen so z B in den Rheinlanden verstoumlrend und beaumlngstigend gewirkt haben
Der dieser Vertreibung zugrundeliegende theologische Diskurs zu Geldhandel und Wucher und die
daraus resultierenden Folgen fuumlr die eigene juumldischen Existenz scheint jedoch nur einen geringen
Einfluszlig auf die Wahrnehmung ihrer eigenen Situation gehabt zu haben Im Zuge der Vertreibung der
franzoumlsischen Juden im Sommer und Herbst 1306 waren juumldische Fluumlchtlinge in die deutschen
Rheinlande gelangt[112]
Wohl wenige Monate spaumlter trafen in Worms die Delegierten des dortigen
Gemeindebezirkes die Vertreter der die Wormser Gemeinde und der sie umgebenden juumldischen
Niederlassungen auf einer Versammlung zusammen Auf diesem juumldischen Landtag sollte eine
Rechtssatzung eine Takkanah verabschiedet werden die die Praxis der juumldischen Geldleihe im
Einzugsgebiet der Gemeinde Worms sowie das Verhalten gegenuumlber hochverschuldeten Kunden
neu regelte[113]
In der Zusammenkunft der Haumlupter des Volkes im bdquoLand Wormsldquo im Jahr 67 des sechsten Jahrtausends
(10 Sept 1306 - 28 Augutst 1307) weil sich wegen unserer groszliger Verfehlungen die Noumlte der
Soumlhne unseres Volkes vermehrten durchforschten wir unsere Taten und fanden dass seit einiger
Zeit ein Schwert die Seele der Elenden und Reinen auffraszlig weil sie Vermoumlgen vermehrt hatten
durch Zins und Zinseszins von den Fuumlrsten der Nichtjuden Diese schuldeten ein Riesenvermoumlgen
den Familienvorstaumlnden Sie schmiedeten Raumlnke sich auf die Juden zu stuumlrzen und sie zu
uumlberfallen um sich von ihren Schulden zu befreien Wir haben beschlossen dass man keine
Erhoumlhung hinzufuumlgen darf und jedem Mann und jeder Frau nicht gestattet werden soll irgend einem
Nichtjuden einem einzelnen Schuldner mehr als 100 Pfund Hallisch zu leihen Und wenn der
Zeitpunkt der Schuldruumlckzahlung gekommen ist soll es nicht mehr gestattet sein die Zinsschuld der
Schuldsumme zuzuschlagen sondern man soll aus der Hand des Schuldners die ganze Schuld
einziehen Und wenn man nicht die ganze Schuld von ihm einziehen kann soll man sich nicht
hindern lassen wenigstens den Zins einzuziehen Nur soll man den Schuldner nicht mit List
uumlbervorteilen Und wenn es nicht gelingt irgend etwas einzuziehen dann soll man dies dem Rat
seiner Gemeinde mitteilen und nach deren Geheiszlig soll man handeln Was das Schuldgeschaumlft der
fuumlrstlichen Schuldner betrifft deren Schulden sich schon vermehrt haben und die niemand mehr
begleichen kann Die Glaumlubiger sollen sich huumlten sie mit hohen Zinsen zu belasten denn es sind
Komplotte zu befuumlrchten was Gott verhuumlten moumlge Schon einige Personen haben sich
zusammengeschlossen und dies gerade nicht bei den Fuumlrsten sondern bei den Klerikern und den
Buumlrgern [114]
Offenkundig standen den Delegierten die befuumlrchteten Konsequenzen der Geldleihe deutlich vor
Augen Wohl ebenso eingeschuumlchtert durch die in Frankreich vollzogene Vertreibung der Juden
wurden von seiten der Juden eigene Verfehlungen aber auch unguumlnstige Machtkonstellation
beobachtet die im Falle der franzoumlsischen Juden zu deren Untergang gefuumlhrt hatten Die
Beziehungen von Juden und Christen steckten auch in den Rheinlanden in den eingangs genannten
Bereichen von Wirtschaft Herrschaft und Religion in einer tieferen Krise Die auf dem
Versammlung von Worms beschlossenen Gegenmaszlignahmen blieben auf die juumldischen Teilnehmer
beschraumlnkt Zuruumlckhaltung gegenuumlber den christlichen Kunden Demut gegenuumlber Gott und das
Flehen um sein Erbarmen was mit guten Werken unterstuumltzt werden soll Eine direkte Verhandlung
mit den christlichen Herrschaftstraumlgern war nicht mehr vorgesehen Das gegenseitige Vertrauen
zwischen Juden und Christen war verschwunden in einer Zeit in der nicht mehr Koexistenz sondern
vor allem von Seiten der Juden die Sorge um die eigene Zukunft das eigene Handeln bestimmte
Zusammenfassung
Die Vertreibung der Juden aus England hatte innerhalb des juumldischen Kontextes noch zu Ansaumltzen der
Selbstreflexion gefuumlhrt die einen konkreten Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Vertretern
der juumldischen Seite und den politischen Entscheidungen der nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger
gegenuumlber der eigenen Gruppe erkennen mochten Dennoch waumlhnte man sich weiterhin in einem
rechtlich voumlllig abgesicherten Verhaumlltnis zur christlichen Umwelt Man war sich eines besonderen
Status innerhalb der christlichen Mehrheitsgesellschaft bewuszligt der in den Augen der Juden in
keiner Weise gefaumlhrdet schien Noch in der zweiten Haumllfte des 13 Jahrhunderts definierte Meir ben
Baruch (gest 1293) die Stellung der Juden im Reich als die eines freien Landbewohners der sein
Land nicht aber seine persoumlnliche Freiheit verloren hat [115]
Er sei darum nicht wie die Nichtjuden
den Fuumlrsten unterworfen und zu Steuerzahlungen verpflichtet Diese Konstruktionen erinnern stark
an die noch im 12 Jahrhundert in Frankreich vertretenen Rechtsauffassungen eines Itzchaq ben
Shmuel von Dampierre (gest ca 1185)[116]
der ebenfalls die Freiheit der Juden im Vergleich zu den
Nichtjuden hervorhebt ihre voumlllige Bewegungsfreiheit im Gegensatz zu an die Scholle gebundenen
Nichtjuden betont und die Juden ebenfalls aus der Rechtspraxis herausnimmt die dem
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger gestattet bei Abwanderung von Personen deren beweglichen
Besitz einzuziehen[117]
Nach juumldischer Auffassung folgten die Interaktionen zwischen Juden und
Christen nach Regeln die von beiden Seiten anerkannt waren Das jedoch sich dies Regelwerk zu
ungunsten der Juden verhaumlndert haben mochte daszlig die eigene Bewegungsfreiheit inzwischen mehr
und mehr eingeschraumlnkt wurde die besonderen Steuergesetzgebung seit den Aumluszligerungen des
Itzchak von Dampiegravere sich erheblich veraumlndern hatte und damit nach daszlig Verhaumlltnis zur christlichen
Umwelt nun erheblichen Umwaumlltzungen unterworfen war wurde wie die Aumluszligerung Meirs nahelegt
weder reflektiert noch einigermaszligen registriert
Das Verhalten der franzoumlsischen Juden Angesichts ihrer Vertreibung ist darum keinesfalls verwunderlich In
den wenigen juumldischen Selbstzeugnisse zur Vertreibung der franzoumlsischen Juden finden sich keine
Spuren die auf einen Prozess der Selbstreflexion schlieszligen lassen Die Frage der Motivation zur
Vertreibung der Juden wird soweit dies die Quellen erkennen lassen nicht diskutiert Der
offenkundige theologische Diskurs zur Unrechtmaumlszligigkeit des auf Zinsen geleisteten Geldverleihs
dem die juumldischen Gemeinschaft im franzoumlsischen Koumlnigreich letztlich zum Opfer fiel wird
nirgendwo rezipiert Man koumlnnte den Eindruck gewinnen dass sich den franzoumlsischen Juden die
Gefaumlhrlichkeit der Diskussion um den Wucher zu keinem Zeitpunkt erschloss Auch in den
konstruierten Narrativen der folgenden Generationen steht die auch fuumlr den einzelnen Juden
folgenreiche finanzielle Auspluumlnderung durch die franzoumlsische Krone im Vordergrund Allerdings
zeigt die Quelle aus dem rheinischen Kontext dass zumindest nach der Vertreibung aus dem
franzoumlsischen Koumlnigreich im Jahre 1306 unter den rheinischen Juden bestimmte Formen der
Geldleihe als Element der Selbstgefaumlhrdung wahrgenommen wurde Dabei macht die Uumlberlieferung
der Wormser Versammlung auch deutlich das die Zerruumlttung des Verhaumlltnisses von Juden und
Christen auch von juumldischer Seite nicht mehr geleugnet werden konnte Dass es sich dabei nicht nur
um eine wirtschaftliche Auseinandersetzung sondern zunaumlchst um einen christlichen theologischen
Diskurs handelte der sich gaumlnzlich juumldischem Handeln entzog scheint den Protagonisten der
Wormser Gemeinde nicht zugaumlnglich gewesen sein Ohne zu erkennen dass die Geldleihe und
somit die eigene wirtschaftliche Existenz gaumlnzlich in Frage gestellt werden koumlnnte versuchten die
Vertreter der Wormser Versammlung durch einzelne Maszlignahmen die Beziehungen zur christlichen
Umgebung zu entlassten um Gefahren von der eigenen Gemeinschaft abzuwenden Auf diese
Weise wurden die Juden im Westen Europas mehr und mehr wirtschaftlichen und theologischen
Dynamiken ausgesetzt die sich jenseits der juumldischen Wahrnehmung auszuformen begannen und
schlieszliglich in die Verdraumlngung der Juden muumlnden sollten die in der Vertreibung von England und
Frankreich ihren Anfang nahm
Rainer Barzen Lennart Guumlntzel
1 uarr Vgl zu Frankreich Chazan Jewry (1973) 154-207 Jordan Monarchy (1998) 177-261 Zu
England Hyams Jews (1996) 173-192 Mentgen Vertreibungen (1997) 11-53 Mundill England
(1998)
2 uarr Chazan Jewry (1973) 63-100 Ders Church (1980) 312f Jordan Monarchy (1998) 23-38
3 uarr Zur Geschichte der Juden unter Ludwig IX vgl Chazan Jewry (1973) 100-153
4 uarr Die Vorbildfunktion Ludwigs IX vor allem in Hinblick auf den Kampf gegen den Wucher erwaumlhnt
Cluse Zusammenhang (1999)135ndash163
5 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
6 uarr Chazan Church (1980) 313-317
7 uarr Florentii Wigorniensis 214f
8 uarr Ebd 212
9 uarr Chazan Church (1980) 317-319
10 uarr Aufstellung der Chroniken bei Abrahams Expulsion (1895) 449f
11 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
12 uarr Ordonnances 317
13 uarr Jordan nennt als Beispiel die Ortschaft Niort die ihre Juden vertreiben konnte Jordan Monarchy
(1998) 183
14 uarr Ebd 184f
15 uarr Ebd 184
16 uarr Ebd 183f
17 uarr Zu den Motiven Philipps IV siehe Mentgen Vertreibungen (1997) 46-49 Schwarzfuchs
Expulsion (1967) 485f
18 uarr Uumlber den generellen Wucherdiskurs siehe unten Kapitel V2
19 uarr Close Rolls Edward I 109
20 uarr Annales de Waverleia 409 ldquo(hellip) Judaeorum (hellip) quae per diversas urbes et castra regionis
Anglicanae per retroacta tempora habitabat confidenter procurante domina Alienora matre dicti
regis Angliae jussa est per edictum regium (hellip)rdquo
21 uarr Annales de Dunstaplia 361-362bdquo (hellip) propter blasphemias quas Judaei saepe faciebant fidei
Christianae statuit rex ut omnes Judaei cum semine suo et substancia ab Anglia pellerentur (hellip)rdquo
22 uarr Ebd bdquo(hellip) et concessit eis rex salvum conductum In ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt
submersi per vim et fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
23 uarr Zum Verhaumlltnis von Dominikanern und Juden zu dieser Zeit vgl Cohen Friars (1982) sowie
Ders Letters (1999)
24 uarr Florentii Wigoriensis 214
25 uarr Uumlber ein moumlgliches Interesse des Adels an der Vertreibung der Juden siehe Mentgen
Vertreibungen (1997) 27-30
26 uarr Annales de Dunstaplia 361-362 bdquoIn ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt submersi per vim et
fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
27 uarr Pierre de Langtoft II 186 bdquoThomas de Wilaund en baunk primer nomeacute par agarde de la court le
regne ad forjoreacute et en la terre de France sanz repairer aleacute Ses compayons ses clercs sunt pris e
meneacute a la thour de Loundres delivreacutes par moneacuteldquo
28 uarr Ebd 188 bdquoPur le quinzme dener al rays en ayeldquo
29 uarr Ebd bdquoOre sunt alez en France e en Pykardye Tutes lur dettes e lur manauntye Sunt salves al
ray dunt fere sa curtaysyeldquo
30 uarr Oumlsterreichische Reimchronik Verse 91239-91777 1186-1192ldquo die dritten vorderungdie an den
Franzois junctet der kunic Albrehter jach die Juden ze rehtgehocircren daz ricircche an und ander nieman
()ldquo Zu dieser Quelle vgl Ziwes Studien (1995) 33f Anm 16
31 uarr Prima Vita Clementis V 5
32 uarr Quarta Vita Clementis V 62bdquo Anno Domini MCCCVJ in festo sancte Marie Magdalene de
mandato et ordinatione regis Francie fuerunt capti omnes Judei ubique in regno Francie quasi
imperceptibiler una die et confiscata sunt bona ipsorum quecumque potuerunt inveniri fueruntque
a regno expulsi ulterius minime reversurirdquo Vgl auch Sexta Vita Clementis V 92-93bdquo Et etiam in
isto anno in die sancte Marie Magdalene omnes Judei de regno Francie congediati [congregati]
fuerunt et eorum bona omnia extiterunt confiscatardquo
33 uarr Continuatio Guilelmi de Nangis 59 bdquoMense Augusto Rex Philippus omnes Judaeos de Regno
Franciae penitus amp omnino fecit expelli certum regressionis terminum sub poena mortis praesigens
eisdemrdquo
34 uarr Florentii Wigoriensis 192 ldquoBarones cum Londoniensibus Judaismum Londoniae spoliaverunt
multis Judaeis interfectisldquo Siehe auch Mundill England (1998) 41
35 uarr Florentii Wigoriensis 210ldquo Rex die Sancte Calixti synagogam Judaeorum in villa Londoniensi
fratribus de Poenitentia contulit Jesu Christi ()ldquo
36 uarr Ebd 222bdquoApud Norhamtonam () puer quidam a Judaeis crucifixus estrdquo
37 uarr BennerReverchon Juden (2003) 181
38 uarr Rubin Tales (1999) 40-48
39 uarr Mentgen Vertreibungen (1997) 42-44
40 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 64f sieht den Muumlnzbeschneidungsskandal als Folge der Verarmung
der Juden Eine andere Meinung vertritt Mundill England (1998) 195-198 der vor allem auf eine
erfolgreiche Rolle der Juden im Wollhandel verweist
41 uarr Florentii Wigoriensis 221ldquo Rex omnes Judaeos et quosdam Christianos de retonsura aut alia
monetae falsatione convictos fecit suspensi Unde Londoniae CCLX et VII Judaei mortis judicium
subierunt Quidam autem relegati quidam etiam eorum perpetuo sunt carceri adjudicati et quidam
in Anglia remanseruntrdquo Vgl auch Mundill England (1998) 67f sowie uumlber die Zahl der Opfer weiter
oben Anmerkung 36
42 uarr Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 S 20
43 uarr Nach der chronikalischen Uumlberlieferung waren es 267 bzw 269 hingerichtete Juden Eine
Auswertung der auszligerchronikalischen Quellen ergab die Zahl von 298 erhaumlngten Juden Rokeacuteach
Monex I (198890) 98
44 uarr Jordan Monarchy (1989) 182f
45 uarr rdquoVos autre fuistis Engles qui exiverunt de terra eorum quia rotundabatis monetamrdquo in
Shatzmiller Schlomo Ibn Verga (1988) 355 Ders Solidariteacute (1986) 423
46 uarr Shlomo Ibn Verga Shevet Yehudah Teil I (hebr) Teil II (dt Uumlbersetzung)(Edit Wiener) Shevet
Yehudah (Edit Shochat)
47 uarr Zu Leben und Werk Shlomo Ibn Vergas Baer Hearot (1934) 152-179
48 uarr Shevet Yehudah Nr 18 (hebr S 42-43 dt Uumlbers S 84-85) Shevet Yehudah (Edit Shochat)
S 66
49 uarr Shevet Yehudah Nr 20 (hebr 43-45 dt Uumlbers 86-89)
50 uarr Zu Yosef ha-Kohen und seinem Werk Loeb Josef Hacohen (1888) XVI 28-56 211-235 XVII
74-95 247-271
51 uarr Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (dt
Uumlbersetzung Wiener)
52 uarr Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) 38-39 (Edit Wiener) 41-42
53 uarr Usque Nachum Israel III (1908) XI-XIII Auch bei Gedalyah Ibn Yachjah Shalshelet ha-
Kabbalah (nach Graetz Geschichte VII (1897) 429 weitere Quellen Graetz ebd 426-430)
54 uarr Siehe Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 20a
55 uarr ldquoSie [die Dominikaner] brachten sogar Muumlnzsorten herbei die sie selbst zuhause beschnitten
hattenldquo Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) S 38 (Edit Wiener) 41
56 uarr Fuumlr vielerlei Hinweise zur hebraumlischen Uumlberlieferung der Vertreibung der franzoumlsischen Juden sei
Dr Abraham David Jerusalem herzlich gedankt
57 uarr Schwarzfuchs History (2001) 269-274 Ben-Shalom Communication (1991) 171-225
58 uarr Abba Mari ben Mose von Lunel Sefer Minchat Qenaot Nr 120 in Shlomo Ibn Adret Tshuvot II
835-836
59 uarr BT Berachot 70a Gemeint ist hier die Philosophie griechischer Tradition die von Abba Mari
besonders bekaumlmpft wurde Shlomo Ibn Adret Teshuvot Bd 2 835 Anmerkung zu Zeile 1 Abba
Mari brachte die Vertreibung der suumldfranzoumlsischen Juden mit deren Hinwendung zur griechischen
Philosophie in Verbindung Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 832 Anmerkung zu Zeile 8
60 uarr Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 835-836 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001) 273
61 uarr Jordan French Monarchy (1989) 195196
62 uarr Saige Juifs (1881) 92
63 uarr Jordan French Monarchy (1989) 205 Saige Juifs (1881) 101-102 308-319 324-325
64 uarr Zu Leben und Werk sowie zu seinem Aufenhalt im Lande Israel siehe Schwarzfuchs History
261 Elbaum Estori ha-Parhi S 918f
65 uarr Zur Bedeutung des hebraumlischen Begriffes Prowentzah der neben der heutigen Provence auch
das Languedoc miteinschloss siehe Gross Gallia Judaica (1887) 489 In diesem Sinne entspricht
Prowentzah der roumlmischen Provincia Narbonnensis In Kontext der Vertreibung der Juden im
Jahre 1306 kann nur das Languedoc gemeint sein
66 uarr Eshtori haParchi Kaftor waFerach 218
67 uarr Schwarzfuchs History (2001) 276-278 Dahan Gersonide (1991)
68 uarr Levi ben Gershom Pirush al ha-Torah
69 uarr Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 153-154
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
worden waren um die Geldgeschaumlfte und die Finanzkraft der Juden zu dokumentieren In jedem Ort
der Krondomaumlne gab es spezielle Beamte die die Kreditvertraumlge der Juden siegelten und so
kontrollierten wem die Juden welche Betraumlge an Geld liehen[95]
Auch den Juden konnte dieses
Verfahren als Sicherheit fuumlr ihre Geschaumlfte dienen Unter Ludwig VIII (1223-1226) kam es zum
ersten Eingriff in die Geldgeschaumlfte der Juden im franzoumlsischen Gebiet 1223 erlieszlig der Koumlnig
zusammen mit diversen Landesherren ein Statut in dem festgelegt wurde dass die Ruumlckzahlung
aller Schulden bei Juden an insgesamt neun Terminen an die koumlnigliche beziehungsweise
landesherrliche Schatzkammer erfolgen sollte Die Praxis des Siegelns von Urkunden uumlber
Darlehensvergaben wurde abgeschafft Erneut wurde festgehalten dass keiner der Herrscher Juden
eines anderen Herrschers bei sich aufnehmen duumlrfe wobei es bei diesem Punkt wieder zu
Unstimmigkeiten mit dem Grafen der Champagne kam der die Erklaumlrung nicht unterschrieb[96]
Bereits die ersten Jahre der Regierungszeit Ludwigs IX (1226-1270) brachten fuumlr die Juden weitere
Beschwerlichkeiten und erste direkte Aktionen gegen den Wucher Im Jahr 1227 kam es zu einer
erneuten Aneignung der ausstehenden Schulden bei Juden 1228 erging ein Mandat in dem Ludwig
IX befahl bei kuumlnftigen Geldgeschaumlften auf Zinsen zu verzichten Auszligerdem erklaumlrte der Koumlnig bei
Geldgeschaumlften die seit der Schuldentilgung ein Jahr zuvor geschlossen wurden alle Zinsen fuumlr
unguumlltig[97]
Auch die generelle Rechtsstellung der Juden wurde schon fruumlh in der Regierungszeit
Ludwigs IX definiert wobei es bei der alten Regelung blieb Im Statut von Melun hielten der Koumlnig
und die Landesherren daran fest dass die Juden tamquam proprii servi an das jeweilige Territorium
gebunden waren Christliche Schuldner wurden dazu aufgerufen ihre Schulden bei Juden zu
bezahlen nicht aber die Zinsen[98]
Die 1240er Jahre waren in Frankreich gepraumlgt vom Pariser
Talmudprozess in dem der Talmud als ketzerische Schrift verurteilt und danach oumlffentlich verbrannt
wurde[99]
Dies fuumlhrte unter anderem zu einer verstaumlrkten Auswanderung juumldischer Eliten aus
Nordfrankreich[100]
Insgesamt aumlnderte sich der rechtliche Status unter Ludwig IX nicht aber fruumlher
als die Herrscher in England nahm Ludwig IX der 1290 heilig gesprochen wurde den Kampf gegen
den Wucher auf Einige Aktionen Koumlnig Philipps IV (1285-1314) waumlhrend seiner ersten
Regierungsjahre in Bezug auf die Juden muumlssen vor dem Hintergrund der Vertreibungen gesehen
werden die sich in Regionen auszligerhalb der Krondomaumlne ereigneten so beispielsweise die
Ausweisung der juumldischen Fluumlchtlinge durch Philipp IV im Jahre 1291[101]
Daneben ist eine
konsequente Linie den Juden gegenuumlber nicht zu erkennen 1285 erneuerte er beispielsweise ein
Privileg zum Schutz von Synagogen und Friedhoumlfen zugleich bestaumltigte er die Pflicht der Juden ein
spezielles Abzeichen an ihrer Kleidung zu tragen[102]
Beides sind Zeichen dafuumlr dass der Koumlnig zu
dieser Zeit nicht daran dachte die Juden auszuweisen sondern das Leben der Juden rechtlich zu
definieren Vorrangiges Ziel Philipps IV war es zunaumlchst seine Oberherrschaft uumlber die Juden im
Suumlden zu sichern wo diese nicht von allen Baronen anerkannt wurde Die Herrschaft in der
Champagne hatte er sich durch Heirat bereits gesichert Dort in Troyes kam es 1288 zu einer
Mordanklage in deren Folge 13 Juden hingerichtet wurden wobei der Koumlnig ihre Besitztuumlmer
einzog[103]
Groumlszligeren Einfluss auf den Koumlnig scheint die Hostienschaumlndungbeschuldigung 1290 in
Paris gehabt zu haben Philipp IV warnte die Juden vor weiteren Hostienschaumlndungen und
spendete ein Haus neben der Kirche die zum Gedenken an den Fall errichtet worden war[104]
Wie
sein Groszligvater Ludwig IX setzte Philipp IV den Kampf gegen den Wucher fort verbot ihn 1299 und
1303 daneben wurde auch das Verbot des Neubaus von Synagogen sowie des Talmuds bei diesen
Gelegenheiten erneuert[105]
In einer konzentrierten und laumlnger vorbereiteten Aktion lieszlig Philipp IV
dann die Juden (oder jedenfalls die Familienvorstaumlnde) vermutlich am 22 Juli 1306 festsetzen Dies
diente dazu eine genaue Aufstellung der Judenguumlter vorzunehmen und um sich die ausstehenden
Schuldscheine zu sichern Gleichzeitig bedeutete es das Ende der juumldischen Siedlung in Frankreich
bis zu ihrer Wiederzulassung unter Ludwig X im Jahr 1315
Sowohl bei der Vertreibung aus England als auch der aus Frankreich zeigt sich die Gefahr die die
Abhaumlngigkeit der Juden vom Herrscher barg Vor allem in England hatte die privilegierte Position fuumlr
Wohlstand und ein groszliges Maszlig an innerer Autonomie etwa in der Rechtssprechnung oder in bezug
auf die Freizuumlgigkeit gesorgt[106]
Sie schuumltzte die Juden jedoch nicht immer vor Gealtakten wie den
seit der Mitte des 12 Jahrhunderts immer wieder vorkommenden Ritualmordvorwuumlrfen In
Frankreich verschlechterten sich ihre Lebensumstaumlnde mit der Ausbreitung der Krondomaumlne War
es 1182 noch ein geringes Problem fuumlr die Juden eine neue Heimat zu finden und von anderen
franzoumlsischen Landesherren wohlwollend aufgenommen zu werden war dies 1306 nicht mehr
moumlglich Die Herrscher nahmen die theologischen Diskurse uumlber den Wucher oder den Talmud auf
und wurden des weiteren beeinflusst durch antijuumldische Blut- und Hostienschaumlndungsvorwuumlrfe
Auch wirtschaftliche Uumlberlegungen haben eine Rolle gespielt ebenso mag es eine Dynamik
gegeben haben angestoszligen durch die weiteren Vertreibungen in dieser Umbruchszeit in der sich
jeder Herrscher damit profilieren wollte und konnte die Juden zu vertreiben
Die allgemeine Verurteilung des Wuchers
Obwohl gerade in der hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts verstaumlrkt die finanziellen Interessen vor
allem des franzoumlsischen Koumlnigs als Motiv der Vertreibung hervorgehoben wurde folgte die zeitnahe
Argumentation einer innerjuumldischen Perspektive anderen Erklaumlrungsmustern So gilt es zumindest
im Falle der Vertreibung aus England festzuhalten dass sich unter den Juden die Vorstellung
verbreitete das Fehlverhalten einzelner Juden haumltte die Ausweisung von 1290 wie auch andere
Vertreibungen mit verursacht Doch laumlsst sich im Wuchervorwurf gegenuumlber den Juden - dem
durchgaumlngigen Argument der Vertreibungen im 13 Jahrhundert - nicht etwa eine vordergruumlndige
falsche Praxis des Geldverleihs als ausloumlsendes Moment vermuten wie dies gelegentlich auch von
christlicher Seite von den Zeitgenossen vertreten wurde[107]
Vielmehr begann sich seit dem 12
Jahrhundert unter christlichen Gelehrten und weltlichen Herrschern ein theologisches Verstaumlndnis
bezuumlglich des Wuchers durchzusetzen das der wirtschaftlichen Taumltigkeit der Geldleihe auch in den
Haumlnden der Juden keine geduldeten Nische zuzuweisen bereit war[108]
Wucher wurde nun nicht
mehr als Suumlnde gegen den Naumlchsten aus mangelndem Mitgefuumlhl betrachtet und als turpe lucrum
(schaumlndlicher Profit) definiert sondern als Suumlnde gegen die iustitia[109]
Gemaumlszlig dieser Vorstellung
waren alle Wuchergewinne Diebesgut und muszligten zuruumlckgegeben werden Viel schwerer wog die
Feststellung daszlig sich die nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger durch ihre Besteuerung der Juden am
Wuchergewinn der Juden beteiligten und sich darum der gleichen Suumlnden schuldig machten[110]
Somit wurde auf demselben Wege der fuumlrstliche oder koumlnigliche Judenschutz die Legitimation
entzogen Die voumlllige Unterbindung des juumldischen Geldhandels schien darum fuumlr die meisten
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger der einzig richtige Weg wie dies bereits die im Namen Koumlnig
Ludwigs IX verkuumlndete ordenance von Melun 1230 forderte[111]
Als letzte Konsequenz blieb die
Ausweisung der Juden aus immer mehr Herrschaften des franzoumlsischen Koumlnigreiches und
schlieszliglich der Kronlande Das Zerbrechen des Miteinanders von Juden und Christen innerhalb des
franzoumlsischen Koumlnigreiches sowie die schrittweise Aufloumlsung bzw Zerschlagung des
jahrhundertealten juumldischen Siedlungsnetzes muszlig auf die juumldischen Gemeinschaften der
benachbarten Regionen so z B in den Rheinlanden verstoumlrend und beaumlngstigend gewirkt haben
Der dieser Vertreibung zugrundeliegende theologische Diskurs zu Geldhandel und Wucher und die
daraus resultierenden Folgen fuumlr die eigene juumldischen Existenz scheint jedoch nur einen geringen
Einfluszlig auf die Wahrnehmung ihrer eigenen Situation gehabt zu haben Im Zuge der Vertreibung der
franzoumlsischen Juden im Sommer und Herbst 1306 waren juumldische Fluumlchtlinge in die deutschen
Rheinlande gelangt[112]
Wohl wenige Monate spaumlter trafen in Worms die Delegierten des dortigen
Gemeindebezirkes die Vertreter der die Wormser Gemeinde und der sie umgebenden juumldischen
Niederlassungen auf einer Versammlung zusammen Auf diesem juumldischen Landtag sollte eine
Rechtssatzung eine Takkanah verabschiedet werden die die Praxis der juumldischen Geldleihe im
Einzugsgebiet der Gemeinde Worms sowie das Verhalten gegenuumlber hochverschuldeten Kunden
neu regelte[113]
In der Zusammenkunft der Haumlupter des Volkes im bdquoLand Wormsldquo im Jahr 67 des sechsten Jahrtausends
(10 Sept 1306 - 28 Augutst 1307) weil sich wegen unserer groszliger Verfehlungen die Noumlte der
Soumlhne unseres Volkes vermehrten durchforschten wir unsere Taten und fanden dass seit einiger
Zeit ein Schwert die Seele der Elenden und Reinen auffraszlig weil sie Vermoumlgen vermehrt hatten
durch Zins und Zinseszins von den Fuumlrsten der Nichtjuden Diese schuldeten ein Riesenvermoumlgen
den Familienvorstaumlnden Sie schmiedeten Raumlnke sich auf die Juden zu stuumlrzen und sie zu
uumlberfallen um sich von ihren Schulden zu befreien Wir haben beschlossen dass man keine
Erhoumlhung hinzufuumlgen darf und jedem Mann und jeder Frau nicht gestattet werden soll irgend einem
Nichtjuden einem einzelnen Schuldner mehr als 100 Pfund Hallisch zu leihen Und wenn der
Zeitpunkt der Schuldruumlckzahlung gekommen ist soll es nicht mehr gestattet sein die Zinsschuld der
Schuldsumme zuzuschlagen sondern man soll aus der Hand des Schuldners die ganze Schuld
einziehen Und wenn man nicht die ganze Schuld von ihm einziehen kann soll man sich nicht
hindern lassen wenigstens den Zins einzuziehen Nur soll man den Schuldner nicht mit List
uumlbervorteilen Und wenn es nicht gelingt irgend etwas einzuziehen dann soll man dies dem Rat
seiner Gemeinde mitteilen und nach deren Geheiszlig soll man handeln Was das Schuldgeschaumlft der
fuumlrstlichen Schuldner betrifft deren Schulden sich schon vermehrt haben und die niemand mehr
begleichen kann Die Glaumlubiger sollen sich huumlten sie mit hohen Zinsen zu belasten denn es sind
Komplotte zu befuumlrchten was Gott verhuumlten moumlge Schon einige Personen haben sich
zusammengeschlossen und dies gerade nicht bei den Fuumlrsten sondern bei den Klerikern und den
Buumlrgern [114]
Offenkundig standen den Delegierten die befuumlrchteten Konsequenzen der Geldleihe deutlich vor
Augen Wohl ebenso eingeschuumlchtert durch die in Frankreich vollzogene Vertreibung der Juden
wurden von seiten der Juden eigene Verfehlungen aber auch unguumlnstige Machtkonstellation
beobachtet die im Falle der franzoumlsischen Juden zu deren Untergang gefuumlhrt hatten Die
Beziehungen von Juden und Christen steckten auch in den Rheinlanden in den eingangs genannten
Bereichen von Wirtschaft Herrschaft und Religion in einer tieferen Krise Die auf dem
Versammlung von Worms beschlossenen Gegenmaszlignahmen blieben auf die juumldischen Teilnehmer
beschraumlnkt Zuruumlckhaltung gegenuumlber den christlichen Kunden Demut gegenuumlber Gott und das
Flehen um sein Erbarmen was mit guten Werken unterstuumltzt werden soll Eine direkte Verhandlung
mit den christlichen Herrschaftstraumlgern war nicht mehr vorgesehen Das gegenseitige Vertrauen
zwischen Juden und Christen war verschwunden in einer Zeit in der nicht mehr Koexistenz sondern
vor allem von Seiten der Juden die Sorge um die eigene Zukunft das eigene Handeln bestimmte
Zusammenfassung
Die Vertreibung der Juden aus England hatte innerhalb des juumldischen Kontextes noch zu Ansaumltzen der
Selbstreflexion gefuumlhrt die einen konkreten Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Vertretern
der juumldischen Seite und den politischen Entscheidungen der nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger
gegenuumlber der eigenen Gruppe erkennen mochten Dennoch waumlhnte man sich weiterhin in einem
rechtlich voumlllig abgesicherten Verhaumlltnis zur christlichen Umwelt Man war sich eines besonderen
Status innerhalb der christlichen Mehrheitsgesellschaft bewuszligt der in den Augen der Juden in
keiner Weise gefaumlhrdet schien Noch in der zweiten Haumllfte des 13 Jahrhunderts definierte Meir ben
Baruch (gest 1293) die Stellung der Juden im Reich als die eines freien Landbewohners der sein
Land nicht aber seine persoumlnliche Freiheit verloren hat [115]
Er sei darum nicht wie die Nichtjuden
den Fuumlrsten unterworfen und zu Steuerzahlungen verpflichtet Diese Konstruktionen erinnern stark
an die noch im 12 Jahrhundert in Frankreich vertretenen Rechtsauffassungen eines Itzchaq ben
Shmuel von Dampierre (gest ca 1185)[116]
der ebenfalls die Freiheit der Juden im Vergleich zu den
Nichtjuden hervorhebt ihre voumlllige Bewegungsfreiheit im Gegensatz zu an die Scholle gebundenen
Nichtjuden betont und die Juden ebenfalls aus der Rechtspraxis herausnimmt die dem
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger gestattet bei Abwanderung von Personen deren beweglichen
Besitz einzuziehen[117]
Nach juumldischer Auffassung folgten die Interaktionen zwischen Juden und
Christen nach Regeln die von beiden Seiten anerkannt waren Das jedoch sich dies Regelwerk zu
ungunsten der Juden verhaumlndert haben mochte daszlig die eigene Bewegungsfreiheit inzwischen mehr
und mehr eingeschraumlnkt wurde die besonderen Steuergesetzgebung seit den Aumluszligerungen des
Itzchak von Dampiegravere sich erheblich veraumlndern hatte und damit nach daszlig Verhaumlltnis zur christlichen
Umwelt nun erheblichen Umwaumlltzungen unterworfen war wurde wie die Aumluszligerung Meirs nahelegt
weder reflektiert noch einigermaszligen registriert
Das Verhalten der franzoumlsischen Juden Angesichts ihrer Vertreibung ist darum keinesfalls verwunderlich In
den wenigen juumldischen Selbstzeugnisse zur Vertreibung der franzoumlsischen Juden finden sich keine
Spuren die auf einen Prozess der Selbstreflexion schlieszligen lassen Die Frage der Motivation zur
Vertreibung der Juden wird soweit dies die Quellen erkennen lassen nicht diskutiert Der
offenkundige theologische Diskurs zur Unrechtmaumlszligigkeit des auf Zinsen geleisteten Geldverleihs
dem die juumldischen Gemeinschaft im franzoumlsischen Koumlnigreich letztlich zum Opfer fiel wird
nirgendwo rezipiert Man koumlnnte den Eindruck gewinnen dass sich den franzoumlsischen Juden die
Gefaumlhrlichkeit der Diskussion um den Wucher zu keinem Zeitpunkt erschloss Auch in den
konstruierten Narrativen der folgenden Generationen steht die auch fuumlr den einzelnen Juden
folgenreiche finanzielle Auspluumlnderung durch die franzoumlsische Krone im Vordergrund Allerdings
zeigt die Quelle aus dem rheinischen Kontext dass zumindest nach der Vertreibung aus dem
franzoumlsischen Koumlnigreich im Jahre 1306 unter den rheinischen Juden bestimmte Formen der
Geldleihe als Element der Selbstgefaumlhrdung wahrgenommen wurde Dabei macht die Uumlberlieferung
der Wormser Versammlung auch deutlich das die Zerruumlttung des Verhaumlltnisses von Juden und
Christen auch von juumldischer Seite nicht mehr geleugnet werden konnte Dass es sich dabei nicht nur
um eine wirtschaftliche Auseinandersetzung sondern zunaumlchst um einen christlichen theologischen
Diskurs handelte der sich gaumlnzlich juumldischem Handeln entzog scheint den Protagonisten der
Wormser Gemeinde nicht zugaumlnglich gewesen sein Ohne zu erkennen dass die Geldleihe und
somit die eigene wirtschaftliche Existenz gaumlnzlich in Frage gestellt werden koumlnnte versuchten die
Vertreter der Wormser Versammlung durch einzelne Maszlignahmen die Beziehungen zur christlichen
Umgebung zu entlassten um Gefahren von der eigenen Gemeinschaft abzuwenden Auf diese
Weise wurden die Juden im Westen Europas mehr und mehr wirtschaftlichen und theologischen
Dynamiken ausgesetzt die sich jenseits der juumldischen Wahrnehmung auszuformen begannen und
schlieszliglich in die Verdraumlngung der Juden muumlnden sollten die in der Vertreibung von England und
Frankreich ihren Anfang nahm
Rainer Barzen Lennart Guumlntzel
1 uarr Vgl zu Frankreich Chazan Jewry (1973) 154-207 Jordan Monarchy (1998) 177-261 Zu
England Hyams Jews (1996) 173-192 Mentgen Vertreibungen (1997) 11-53 Mundill England
(1998)
2 uarr Chazan Jewry (1973) 63-100 Ders Church (1980) 312f Jordan Monarchy (1998) 23-38
3 uarr Zur Geschichte der Juden unter Ludwig IX vgl Chazan Jewry (1973) 100-153
4 uarr Die Vorbildfunktion Ludwigs IX vor allem in Hinblick auf den Kampf gegen den Wucher erwaumlhnt
Cluse Zusammenhang (1999)135ndash163
5 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
6 uarr Chazan Church (1980) 313-317
7 uarr Florentii Wigorniensis 214f
8 uarr Ebd 212
9 uarr Chazan Church (1980) 317-319
10 uarr Aufstellung der Chroniken bei Abrahams Expulsion (1895) 449f
11 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
12 uarr Ordonnances 317
13 uarr Jordan nennt als Beispiel die Ortschaft Niort die ihre Juden vertreiben konnte Jordan Monarchy
(1998) 183
14 uarr Ebd 184f
15 uarr Ebd 184
16 uarr Ebd 183f
17 uarr Zu den Motiven Philipps IV siehe Mentgen Vertreibungen (1997) 46-49 Schwarzfuchs
Expulsion (1967) 485f
18 uarr Uumlber den generellen Wucherdiskurs siehe unten Kapitel V2
19 uarr Close Rolls Edward I 109
20 uarr Annales de Waverleia 409 ldquo(hellip) Judaeorum (hellip) quae per diversas urbes et castra regionis
Anglicanae per retroacta tempora habitabat confidenter procurante domina Alienora matre dicti
regis Angliae jussa est per edictum regium (hellip)rdquo
21 uarr Annales de Dunstaplia 361-362bdquo (hellip) propter blasphemias quas Judaei saepe faciebant fidei
Christianae statuit rex ut omnes Judaei cum semine suo et substancia ab Anglia pellerentur (hellip)rdquo
22 uarr Ebd bdquo(hellip) et concessit eis rex salvum conductum In ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt
submersi per vim et fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
23 uarr Zum Verhaumlltnis von Dominikanern und Juden zu dieser Zeit vgl Cohen Friars (1982) sowie
Ders Letters (1999)
24 uarr Florentii Wigoriensis 214
25 uarr Uumlber ein moumlgliches Interesse des Adels an der Vertreibung der Juden siehe Mentgen
Vertreibungen (1997) 27-30
26 uarr Annales de Dunstaplia 361-362 bdquoIn ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt submersi per vim et
fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
27 uarr Pierre de Langtoft II 186 bdquoThomas de Wilaund en baunk primer nomeacute par agarde de la court le
regne ad forjoreacute et en la terre de France sanz repairer aleacute Ses compayons ses clercs sunt pris e
meneacute a la thour de Loundres delivreacutes par moneacuteldquo
28 uarr Ebd 188 bdquoPur le quinzme dener al rays en ayeldquo
29 uarr Ebd bdquoOre sunt alez en France e en Pykardye Tutes lur dettes e lur manauntye Sunt salves al
ray dunt fere sa curtaysyeldquo
30 uarr Oumlsterreichische Reimchronik Verse 91239-91777 1186-1192ldquo die dritten vorderungdie an den
Franzois junctet der kunic Albrehter jach die Juden ze rehtgehocircren daz ricircche an und ander nieman
()ldquo Zu dieser Quelle vgl Ziwes Studien (1995) 33f Anm 16
31 uarr Prima Vita Clementis V 5
32 uarr Quarta Vita Clementis V 62bdquo Anno Domini MCCCVJ in festo sancte Marie Magdalene de
mandato et ordinatione regis Francie fuerunt capti omnes Judei ubique in regno Francie quasi
imperceptibiler una die et confiscata sunt bona ipsorum quecumque potuerunt inveniri fueruntque
a regno expulsi ulterius minime reversurirdquo Vgl auch Sexta Vita Clementis V 92-93bdquo Et etiam in
isto anno in die sancte Marie Magdalene omnes Judei de regno Francie congediati [congregati]
fuerunt et eorum bona omnia extiterunt confiscatardquo
33 uarr Continuatio Guilelmi de Nangis 59 bdquoMense Augusto Rex Philippus omnes Judaeos de Regno
Franciae penitus amp omnino fecit expelli certum regressionis terminum sub poena mortis praesigens
eisdemrdquo
34 uarr Florentii Wigoriensis 192 ldquoBarones cum Londoniensibus Judaismum Londoniae spoliaverunt
multis Judaeis interfectisldquo Siehe auch Mundill England (1998) 41
35 uarr Florentii Wigoriensis 210ldquo Rex die Sancte Calixti synagogam Judaeorum in villa Londoniensi
fratribus de Poenitentia contulit Jesu Christi ()ldquo
36 uarr Ebd 222bdquoApud Norhamtonam () puer quidam a Judaeis crucifixus estrdquo
37 uarr BennerReverchon Juden (2003) 181
38 uarr Rubin Tales (1999) 40-48
39 uarr Mentgen Vertreibungen (1997) 42-44
40 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 64f sieht den Muumlnzbeschneidungsskandal als Folge der Verarmung
der Juden Eine andere Meinung vertritt Mundill England (1998) 195-198 der vor allem auf eine
erfolgreiche Rolle der Juden im Wollhandel verweist
41 uarr Florentii Wigoriensis 221ldquo Rex omnes Judaeos et quosdam Christianos de retonsura aut alia
monetae falsatione convictos fecit suspensi Unde Londoniae CCLX et VII Judaei mortis judicium
subierunt Quidam autem relegati quidam etiam eorum perpetuo sunt carceri adjudicati et quidam
in Anglia remanseruntrdquo Vgl auch Mundill England (1998) 67f sowie uumlber die Zahl der Opfer weiter
oben Anmerkung 36
42 uarr Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 S 20
43 uarr Nach der chronikalischen Uumlberlieferung waren es 267 bzw 269 hingerichtete Juden Eine
Auswertung der auszligerchronikalischen Quellen ergab die Zahl von 298 erhaumlngten Juden Rokeacuteach
Monex I (198890) 98
44 uarr Jordan Monarchy (1989) 182f
45 uarr rdquoVos autre fuistis Engles qui exiverunt de terra eorum quia rotundabatis monetamrdquo in
Shatzmiller Schlomo Ibn Verga (1988) 355 Ders Solidariteacute (1986) 423
46 uarr Shlomo Ibn Verga Shevet Yehudah Teil I (hebr) Teil II (dt Uumlbersetzung)(Edit Wiener) Shevet
Yehudah (Edit Shochat)
47 uarr Zu Leben und Werk Shlomo Ibn Vergas Baer Hearot (1934) 152-179
48 uarr Shevet Yehudah Nr 18 (hebr S 42-43 dt Uumlbers S 84-85) Shevet Yehudah (Edit Shochat)
S 66
49 uarr Shevet Yehudah Nr 20 (hebr 43-45 dt Uumlbers 86-89)
50 uarr Zu Yosef ha-Kohen und seinem Werk Loeb Josef Hacohen (1888) XVI 28-56 211-235 XVII
74-95 247-271
51 uarr Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (dt
Uumlbersetzung Wiener)
52 uarr Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) 38-39 (Edit Wiener) 41-42
53 uarr Usque Nachum Israel III (1908) XI-XIII Auch bei Gedalyah Ibn Yachjah Shalshelet ha-
Kabbalah (nach Graetz Geschichte VII (1897) 429 weitere Quellen Graetz ebd 426-430)
54 uarr Siehe Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 20a
55 uarr ldquoSie [die Dominikaner] brachten sogar Muumlnzsorten herbei die sie selbst zuhause beschnitten
hattenldquo Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) S 38 (Edit Wiener) 41
56 uarr Fuumlr vielerlei Hinweise zur hebraumlischen Uumlberlieferung der Vertreibung der franzoumlsischen Juden sei
Dr Abraham David Jerusalem herzlich gedankt
57 uarr Schwarzfuchs History (2001) 269-274 Ben-Shalom Communication (1991) 171-225
58 uarr Abba Mari ben Mose von Lunel Sefer Minchat Qenaot Nr 120 in Shlomo Ibn Adret Tshuvot II
835-836
59 uarr BT Berachot 70a Gemeint ist hier die Philosophie griechischer Tradition die von Abba Mari
besonders bekaumlmpft wurde Shlomo Ibn Adret Teshuvot Bd 2 835 Anmerkung zu Zeile 1 Abba
Mari brachte die Vertreibung der suumldfranzoumlsischen Juden mit deren Hinwendung zur griechischen
Philosophie in Verbindung Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 832 Anmerkung zu Zeile 8
60 uarr Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 835-836 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001) 273
61 uarr Jordan French Monarchy (1989) 195196
62 uarr Saige Juifs (1881) 92
63 uarr Jordan French Monarchy (1989) 205 Saige Juifs (1881) 101-102 308-319 324-325
64 uarr Zu Leben und Werk sowie zu seinem Aufenhalt im Lande Israel siehe Schwarzfuchs History
261 Elbaum Estori ha-Parhi S 918f
65 uarr Zur Bedeutung des hebraumlischen Begriffes Prowentzah der neben der heutigen Provence auch
das Languedoc miteinschloss siehe Gross Gallia Judaica (1887) 489 In diesem Sinne entspricht
Prowentzah der roumlmischen Provincia Narbonnensis In Kontext der Vertreibung der Juden im
Jahre 1306 kann nur das Languedoc gemeint sein
66 uarr Eshtori haParchi Kaftor waFerach 218
67 uarr Schwarzfuchs History (2001) 276-278 Dahan Gersonide (1991)
68 uarr Levi ben Gershom Pirush al ha-Torah
69 uarr Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 153-154
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
spendete ein Haus neben der Kirche die zum Gedenken an den Fall errichtet worden war[104]
Wie
sein Groszligvater Ludwig IX setzte Philipp IV den Kampf gegen den Wucher fort verbot ihn 1299 und
1303 daneben wurde auch das Verbot des Neubaus von Synagogen sowie des Talmuds bei diesen
Gelegenheiten erneuert[105]
In einer konzentrierten und laumlnger vorbereiteten Aktion lieszlig Philipp IV
dann die Juden (oder jedenfalls die Familienvorstaumlnde) vermutlich am 22 Juli 1306 festsetzen Dies
diente dazu eine genaue Aufstellung der Judenguumlter vorzunehmen und um sich die ausstehenden
Schuldscheine zu sichern Gleichzeitig bedeutete es das Ende der juumldischen Siedlung in Frankreich
bis zu ihrer Wiederzulassung unter Ludwig X im Jahr 1315
Sowohl bei der Vertreibung aus England als auch der aus Frankreich zeigt sich die Gefahr die die
Abhaumlngigkeit der Juden vom Herrscher barg Vor allem in England hatte die privilegierte Position fuumlr
Wohlstand und ein groszliges Maszlig an innerer Autonomie etwa in der Rechtssprechnung oder in bezug
auf die Freizuumlgigkeit gesorgt[106]
Sie schuumltzte die Juden jedoch nicht immer vor Gealtakten wie den
seit der Mitte des 12 Jahrhunderts immer wieder vorkommenden Ritualmordvorwuumlrfen In
Frankreich verschlechterten sich ihre Lebensumstaumlnde mit der Ausbreitung der Krondomaumlne War
es 1182 noch ein geringes Problem fuumlr die Juden eine neue Heimat zu finden und von anderen
franzoumlsischen Landesherren wohlwollend aufgenommen zu werden war dies 1306 nicht mehr
moumlglich Die Herrscher nahmen die theologischen Diskurse uumlber den Wucher oder den Talmud auf
und wurden des weiteren beeinflusst durch antijuumldische Blut- und Hostienschaumlndungsvorwuumlrfe
Auch wirtschaftliche Uumlberlegungen haben eine Rolle gespielt ebenso mag es eine Dynamik
gegeben haben angestoszligen durch die weiteren Vertreibungen in dieser Umbruchszeit in der sich
jeder Herrscher damit profilieren wollte und konnte die Juden zu vertreiben
Die allgemeine Verurteilung des Wuchers
Obwohl gerade in der hebraumlischen Chronistik des 16 Jahrhunderts verstaumlrkt die finanziellen Interessen vor
allem des franzoumlsischen Koumlnigs als Motiv der Vertreibung hervorgehoben wurde folgte die zeitnahe
Argumentation einer innerjuumldischen Perspektive anderen Erklaumlrungsmustern So gilt es zumindest
im Falle der Vertreibung aus England festzuhalten dass sich unter den Juden die Vorstellung
verbreitete das Fehlverhalten einzelner Juden haumltte die Ausweisung von 1290 wie auch andere
Vertreibungen mit verursacht Doch laumlsst sich im Wuchervorwurf gegenuumlber den Juden - dem
durchgaumlngigen Argument der Vertreibungen im 13 Jahrhundert - nicht etwa eine vordergruumlndige
falsche Praxis des Geldverleihs als ausloumlsendes Moment vermuten wie dies gelegentlich auch von
christlicher Seite von den Zeitgenossen vertreten wurde[107]
Vielmehr begann sich seit dem 12
Jahrhundert unter christlichen Gelehrten und weltlichen Herrschern ein theologisches Verstaumlndnis
bezuumlglich des Wuchers durchzusetzen das der wirtschaftlichen Taumltigkeit der Geldleihe auch in den
Haumlnden der Juden keine geduldeten Nische zuzuweisen bereit war[108]
Wucher wurde nun nicht
mehr als Suumlnde gegen den Naumlchsten aus mangelndem Mitgefuumlhl betrachtet und als turpe lucrum
(schaumlndlicher Profit) definiert sondern als Suumlnde gegen die iustitia[109]
Gemaumlszlig dieser Vorstellung
waren alle Wuchergewinne Diebesgut und muszligten zuruumlckgegeben werden Viel schwerer wog die
Feststellung daszlig sich die nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger durch ihre Besteuerung der Juden am
Wuchergewinn der Juden beteiligten und sich darum der gleichen Suumlnden schuldig machten[110]
Somit wurde auf demselben Wege der fuumlrstliche oder koumlnigliche Judenschutz die Legitimation
entzogen Die voumlllige Unterbindung des juumldischen Geldhandels schien darum fuumlr die meisten
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger der einzig richtige Weg wie dies bereits die im Namen Koumlnig
Ludwigs IX verkuumlndete ordenance von Melun 1230 forderte[111]
Als letzte Konsequenz blieb die
Ausweisung der Juden aus immer mehr Herrschaften des franzoumlsischen Koumlnigreiches und
schlieszliglich der Kronlande Das Zerbrechen des Miteinanders von Juden und Christen innerhalb des
franzoumlsischen Koumlnigreiches sowie die schrittweise Aufloumlsung bzw Zerschlagung des
jahrhundertealten juumldischen Siedlungsnetzes muszlig auf die juumldischen Gemeinschaften der
benachbarten Regionen so z B in den Rheinlanden verstoumlrend und beaumlngstigend gewirkt haben
Der dieser Vertreibung zugrundeliegende theologische Diskurs zu Geldhandel und Wucher und die
daraus resultierenden Folgen fuumlr die eigene juumldischen Existenz scheint jedoch nur einen geringen
Einfluszlig auf die Wahrnehmung ihrer eigenen Situation gehabt zu haben Im Zuge der Vertreibung der
franzoumlsischen Juden im Sommer und Herbst 1306 waren juumldische Fluumlchtlinge in die deutschen
Rheinlande gelangt[112]
Wohl wenige Monate spaumlter trafen in Worms die Delegierten des dortigen
Gemeindebezirkes die Vertreter der die Wormser Gemeinde und der sie umgebenden juumldischen
Niederlassungen auf einer Versammlung zusammen Auf diesem juumldischen Landtag sollte eine
Rechtssatzung eine Takkanah verabschiedet werden die die Praxis der juumldischen Geldleihe im
Einzugsgebiet der Gemeinde Worms sowie das Verhalten gegenuumlber hochverschuldeten Kunden
neu regelte[113]
In der Zusammenkunft der Haumlupter des Volkes im bdquoLand Wormsldquo im Jahr 67 des sechsten Jahrtausends
(10 Sept 1306 - 28 Augutst 1307) weil sich wegen unserer groszliger Verfehlungen die Noumlte der
Soumlhne unseres Volkes vermehrten durchforschten wir unsere Taten und fanden dass seit einiger
Zeit ein Schwert die Seele der Elenden und Reinen auffraszlig weil sie Vermoumlgen vermehrt hatten
durch Zins und Zinseszins von den Fuumlrsten der Nichtjuden Diese schuldeten ein Riesenvermoumlgen
den Familienvorstaumlnden Sie schmiedeten Raumlnke sich auf die Juden zu stuumlrzen und sie zu
uumlberfallen um sich von ihren Schulden zu befreien Wir haben beschlossen dass man keine
Erhoumlhung hinzufuumlgen darf und jedem Mann und jeder Frau nicht gestattet werden soll irgend einem
Nichtjuden einem einzelnen Schuldner mehr als 100 Pfund Hallisch zu leihen Und wenn der
Zeitpunkt der Schuldruumlckzahlung gekommen ist soll es nicht mehr gestattet sein die Zinsschuld der
Schuldsumme zuzuschlagen sondern man soll aus der Hand des Schuldners die ganze Schuld
einziehen Und wenn man nicht die ganze Schuld von ihm einziehen kann soll man sich nicht
hindern lassen wenigstens den Zins einzuziehen Nur soll man den Schuldner nicht mit List
uumlbervorteilen Und wenn es nicht gelingt irgend etwas einzuziehen dann soll man dies dem Rat
seiner Gemeinde mitteilen und nach deren Geheiszlig soll man handeln Was das Schuldgeschaumlft der
fuumlrstlichen Schuldner betrifft deren Schulden sich schon vermehrt haben und die niemand mehr
begleichen kann Die Glaumlubiger sollen sich huumlten sie mit hohen Zinsen zu belasten denn es sind
Komplotte zu befuumlrchten was Gott verhuumlten moumlge Schon einige Personen haben sich
zusammengeschlossen und dies gerade nicht bei den Fuumlrsten sondern bei den Klerikern und den
Buumlrgern [114]
Offenkundig standen den Delegierten die befuumlrchteten Konsequenzen der Geldleihe deutlich vor
Augen Wohl ebenso eingeschuumlchtert durch die in Frankreich vollzogene Vertreibung der Juden
wurden von seiten der Juden eigene Verfehlungen aber auch unguumlnstige Machtkonstellation
beobachtet die im Falle der franzoumlsischen Juden zu deren Untergang gefuumlhrt hatten Die
Beziehungen von Juden und Christen steckten auch in den Rheinlanden in den eingangs genannten
Bereichen von Wirtschaft Herrschaft und Religion in einer tieferen Krise Die auf dem
Versammlung von Worms beschlossenen Gegenmaszlignahmen blieben auf die juumldischen Teilnehmer
beschraumlnkt Zuruumlckhaltung gegenuumlber den christlichen Kunden Demut gegenuumlber Gott und das
Flehen um sein Erbarmen was mit guten Werken unterstuumltzt werden soll Eine direkte Verhandlung
mit den christlichen Herrschaftstraumlgern war nicht mehr vorgesehen Das gegenseitige Vertrauen
zwischen Juden und Christen war verschwunden in einer Zeit in der nicht mehr Koexistenz sondern
vor allem von Seiten der Juden die Sorge um die eigene Zukunft das eigene Handeln bestimmte
Zusammenfassung
Die Vertreibung der Juden aus England hatte innerhalb des juumldischen Kontextes noch zu Ansaumltzen der
Selbstreflexion gefuumlhrt die einen konkreten Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Vertretern
der juumldischen Seite und den politischen Entscheidungen der nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger
gegenuumlber der eigenen Gruppe erkennen mochten Dennoch waumlhnte man sich weiterhin in einem
rechtlich voumlllig abgesicherten Verhaumlltnis zur christlichen Umwelt Man war sich eines besonderen
Status innerhalb der christlichen Mehrheitsgesellschaft bewuszligt der in den Augen der Juden in
keiner Weise gefaumlhrdet schien Noch in der zweiten Haumllfte des 13 Jahrhunderts definierte Meir ben
Baruch (gest 1293) die Stellung der Juden im Reich als die eines freien Landbewohners der sein
Land nicht aber seine persoumlnliche Freiheit verloren hat [115]
Er sei darum nicht wie die Nichtjuden
den Fuumlrsten unterworfen und zu Steuerzahlungen verpflichtet Diese Konstruktionen erinnern stark
an die noch im 12 Jahrhundert in Frankreich vertretenen Rechtsauffassungen eines Itzchaq ben
Shmuel von Dampierre (gest ca 1185)[116]
der ebenfalls die Freiheit der Juden im Vergleich zu den
Nichtjuden hervorhebt ihre voumlllige Bewegungsfreiheit im Gegensatz zu an die Scholle gebundenen
Nichtjuden betont und die Juden ebenfalls aus der Rechtspraxis herausnimmt die dem
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger gestattet bei Abwanderung von Personen deren beweglichen
Besitz einzuziehen[117]
Nach juumldischer Auffassung folgten die Interaktionen zwischen Juden und
Christen nach Regeln die von beiden Seiten anerkannt waren Das jedoch sich dies Regelwerk zu
ungunsten der Juden verhaumlndert haben mochte daszlig die eigene Bewegungsfreiheit inzwischen mehr
und mehr eingeschraumlnkt wurde die besonderen Steuergesetzgebung seit den Aumluszligerungen des
Itzchak von Dampiegravere sich erheblich veraumlndern hatte und damit nach daszlig Verhaumlltnis zur christlichen
Umwelt nun erheblichen Umwaumlltzungen unterworfen war wurde wie die Aumluszligerung Meirs nahelegt
weder reflektiert noch einigermaszligen registriert
Das Verhalten der franzoumlsischen Juden Angesichts ihrer Vertreibung ist darum keinesfalls verwunderlich In
den wenigen juumldischen Selbstzeugnisse zur Vertreibung der franzoumlsischen Juden finden sich keine
Spuren die auf einen Prozess der Selbstreflexion schlieszligen lassen Die Frage der Motivation zur
Vertreibung der Juden wird soweit dies die Quellen erkennen lassen nicht diskutiert Der
offenkundige theologische Diskurs zur Unrechtmaumlszligigkeit des auf Zinsen geleisteten Geldverleihs
dem die juumldischen Gemeinschaft im franzoumlsischen Koumlnigreich letztlich zum Opfer fiel wird
nirgendwo rezipiert Man koumlnnte den Eindruck gewinnen dass sich den franzoumlsischen Juden die
Gefaumlhrlichkeit der Diskussion um den Wucher zu keinem Zeitpunkt erschloss Auch in den
konstruierten Narrativen der folgenden Generationen steht die auch fuumlr den einzelnen Juden
folgenreiche finanzielle Auspluumlnderung durch die franzoumlsische Krone im Vordergrund Allerdings
zeigt die Quelle aus dem rheinischen Kontext dass zumindest nach der Vertreibung aus dem
franzoumlsischen Koumlnigreich im Jahre 1306 unter den rheinischen Juden bestimmte Formen der
Geldleihe als Element der Selbstgefaumlhrdung wahrgenommen wurde Dabei macht die Uumlberlieferung
der Wormser Versammlung auch deutlich das die Zerruumlttung des Verhaumlltnisses von Juden und
Christen auch von juumldischer Seite nicht mehr geleugnet werden konnte Dass es sich dabei nicht nur
um eine wirtschaftliche Auseinandersetzung sondern zunaumlchst um einen christlichen theologischen
Diskurs handelte der sich gaumlnzlich juumldischem Handeln entzog scheint den Protagonisten der
Wormser Gemeinde nicht zugaumlnglich gewesen sein Ohne zu erkennen dass die Geldleihe und
somit die eigene wirtschaftliche Existenz gaumlnzlich in Frage gestellt werden koumlnnte versuchten die
Vertreter der Wormser Versammlung durch einzelne Maszlignahmen die Beziehungen zur christlichen
Umgebung zu entlassten um Gefahren von der eigenen Gemeinschaft abzuwenden Auf diese
Weise wurden die Juden im Westen Europas mehr und mehr wirtschaftlichen und theologischen
Dynamiken ausgesetzt die sich jenseits der juumldischen Wahrnehmung auszuformen begannen und
schlieszliglich in die Verdraumlngung der Juden muumlnden sollten die in der Vertreibung von England und
Frankreich ihren Anfang nahm
Rainer Barzen Lennart Guumlntzel
1 uarr Vgl zu Frankreich Chazan Jewry (1973) 154-207 Jordan Monarchy (1998) 177-261 Zu
England Hyams Jews (1996) 173-192 Mentgen Vertreibungen (1997) 11-53 Mundill England
(1998)
2 uarr Chazan Jewry (1973) 63-100 Ders Church (1980) 312f Jordan Monarchy (1998) 23-38
3 uarr Zur Geschichte der Juden unter Ludwig IX vgl Chazan Jewry (1973) 100-153
4 uarr Die Vorbildfunktion Ludwigs IX vor allem in Hinblick auf den Kampf gegen den Wucher erwaumlhnt
Cluse Zusammenhang (1999)135ndash163
5 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
6 uarr Chazan Church (1980) 313-317
7 uarr Florentii Wigorniensis 214f
8 uarr Ebd 212
9 uarr Chazan Church (1980) 317-319
10 uarr Aufstellung der Chroniken bei Abrahams Expulsion (1895) 449f
11 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
12 uarr Ordonnances 317
13 uarr Jordan nennt als Beispiel die Ortschaft Niort die ihre Juden vertreiben konnte Jordan Monarchy
(1998) 183
14 uarr Ebd 184f
15 uarr Ebd 184
16 uarr Ebd 183f
17 uarr Zu den Motiven Philipps IV siehe Mentgen Vertreibungen (1997) 46-49 Schwarzfuchs
Expulsion (1967) 485f
18 uarr Uumlber den generellen Wucherdiskurs siehe unten Kapitel V2
19 uarr Close Rolls Edward I 109
20 uarr Annales de Waverleia 409 ldquo(hellip) Judaeorum (hellip) quae per diversas urbes et castra regionis
Anglicanae per retroacta tempora habitabat confidenter procurante domina Alienora matre dicti
regis Angliae jussa est per edictum regium (hellip)rdquo
21 uarr Annales de Dunstaplia 361-362bdquo (hellip) propter blasphemias quas Judaei saepe faciebant fidei
Christianae statuit rex ut omnes Judaei cum semine suo et substancia ab Anglia pellerentur (hellip)rdquo
22 uarr Ebd bdquo(hellip) et concessit eis rex salvum conductum In ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt
submersi per vim et fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
23 uarr Zum Verhaumlltnis von Dominikanern und Juden zu dieser Zeit vgl Cohen Friars (1982) sowie
Ders Letters (1999)
24 uarr Florentii Wigoriensis 214
25 uarr Uumlber ein moumlgliches Interesse des Adels an der Vertreibung der Juden siehe Mentgen
Vertreibungen (1997) 27-30
26 uarr Annales de Dunstaplia 361-362 bdquoIn ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt submersi per vim et
fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
27 uarr Pierre de Langtoft II 186 bdquoThomas de Wilaund en baunk primer nomeacute par agarde de la court le
regne ad forjoreacute et en la terre de France sanz repairer aleacute Ses compayons ses clercs sunt pris e
meneacute a la thour de Loundres delivreacutes par moneacuteldquo
28 uarr Ebd 188 bdquoPur le quinzme dener al rays en ayeldquo
29 uarr Ebd bdquoOre sunt alez en France e en Pykardye Tutes lur dettes e lur manauntye Sunt salves al
ray dunt fere sa curtaysyeldquo
30 uarr Oumlsterreichische Reimchronik Verse 91239-91777 1186-1192ldquo die dritten vorderungdie an den
Franzois junctet der kunic Albrehter jach die Juden ze rehtgehocircren daz ricircche an und ander nieman
()ldquo Zu dieser Quelle vgl Ziwes Studien (1995) 33f Anm 16
31 uarr Prima Vita Clementis V 5
32 uarr Quarta Vita Clementis V 62bdquo Anno Domini MCCCVJ in festo sancte Marie Magdalene de
mandato et ordinatione regis Francie fuerunt capti omnes Judei ubique in regno Francie quasi
imperceptibiler una die et confiscata sunt bona ipsorum quecumque potuerunt inveniri fueruntque
a regno expulsi ulterius minime reversurirdquo Vgl auch Sexta Vita Clementis V 92-93bdquo Et etiam in
isto anno in die sancte Marie Magdalene omnes Judei de regno Francie congediati [congregati]
fuerunt et eorum bona omnia extiterunt confiscatardquo
33 uarr Continuatio Guilelmi de Nangis 59 bdquoMense Augusto Rex Philippus omnes Judaeos de Regno
Franciae penitus amp omnino fecit expelli certum regressionis terminum sub poena mortis praesigens
eisdemrdquo
34 uarr Florentii Wigoriensis 192 ldquoBarones cum Londoniensibus Judaismum Londoniae spoliaverunt
multis Judaeis interfectisldquo Siehe auch Mundill England (1998) 41
35 uarr Florentii Wigoriensis 210ldquo Rex die Sancte Calixti synagogam Judaeorum in villa Londoniensi
fratribus de Poenitentia contulit Jesu Christi ()ldquo
36 uarr Ebd 222bdquoApud Norhamtonam () puer quidam a Judaeis crucifixus estrdquo
37 uarr BennerReverchon Juden (2003) 181
38 uarr Rubin Tales (1999) 40-48
39 uarr Mentgen Vertreibungen (1997) 42-44
40 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 64f sieht den Muumlnzbeschneidungsskandal als Folge der Verarmung
der Juden Eine andere Meinung vertritt Mundill England (1998) 195-198 der vor allem auf eine
erfolgreiche Rolle der Juden im Wollhandel verweist
41 uarr Florentii Wigoriensis 221ldquo Rex omnes Judaeos et quosdam Christianos de retonsura aut alia
monetae falsatione convictos fecit suspensi Unde Londoniae CCLX et VII Judaei mortis judicium
subierunt Quidam autem relegati quidam etiam eorum perpetuo sunt carceri adjudicati et quidam
in Anglia remanseruntrdquo Vgl auch Mundill England (1998) 67f sowie uumlber die Zahl der Opfer weiter
oben Anmerkung 36
42 uarr Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 S 20
43 uarr Nach der chronikalischen Uumlberlieferung waren es 267 bzw 269 hingerichtete Juden Eine
Auswertung der auszligerchronikalischen Quellen ergab die Zahl von 298 erhaumlngten Juden Rokeacuteach
Monex I (198890) 98
44 uarr Jordan Monarchy (1989) 182f
45 uarr rdquoVos autre fuistis Engles qui exiverunt de terra eorum quia rotundabatis monetamrdquo in
Shatzmiller Schlomo Ibn Verga (1988) 355 Ders Solidariteacute (1986) 423
46 uarr Shlomo Ibn Verga Shevet Yehudah Teil I (hebr) Teil II (dt Uumlbersetzung)(Edit Wiener) Shevet
Yehudah (Edit Shochat)
47 uarr Zu Leben und Werk Shlomo Ibn Vergas Baer Hearot (1934) 152-179
48 uarr Shevet Yehudah Nr 18 (hebr S 42-43 dt Uumlbers S 84-85) Shevet Yehudah (Edit Shochat)
S 66
49 uarr Shevet Yehudah Nr 20 (hebr 43-45 dt Uumlbers 86-89)
50 uarr Zu Yosef ha-Kohen und seinem Werk Loeb Josef Hacohen (1888) XVI 28-56 211-235 XVII
74-95 247-271
51 uarr Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (dt
Uumlbersetzung Wiener)
52 uarr Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) 38-39 (Edit Wiener) 41-42
53 uarr Usque Nachum Israel III (1908) XI-XIII Auch bei Gedalyah Ibn Yachjah Shalshelet ha-
Kabbalah (nach Graetz Geschichte VII (1897) 429 weitere Quellen Graetz ebd 426-430)
54 uarr Siehe Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 20a
55 uarr ldquoSie [die Dominikaner] brachten sogar Muumlnzsorten herbei die sie selbst zuhause beschnitten
hattenldquo Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) S 38 (Edit Wiener) 41
56 uarr Fuumlr vielerlei Hinweise zur hebraumlischen Uumlberlieferung der Vertreibung der franzoumlsischen Juden sei
Dr Abraham David Jerusalem herzlich gedankt
57 uarr Schwarzfuchs History (2001) 269-274 Ben-Shalom Communication (1991) 171-225
58 uarr Abba Mari ben Mose von Lunel Sefer Minchat Qenaot Nr 120 in Shlomo Ibn Adret Tshuvot II
835-836
59 uarr BT Berachot 70a Gemeint ist hier die Philosophie griechischer Tradition die von Abba Mari
besonders bekaumlmpft wurde Shlomo Ibn Adret Teshuvot Bd 2 835 Anmerkung zu Zeile 1 Abba
Mari brachte die Vertreibung der suumldfranzoumlsischen Juden mit deren Hinwendung zur griechischen
Philosophie in Verbindung Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 832 Anmerkung zu Zeile 8
60 uarr Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 835-836 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001) 273
61 uarr Jordan French Monarchy (1989) 195196
62 uarr Saige Juifs (1881) 92
63 uarr Jordan French Monarchy (1989) 205 Saige Juifs (1881) 101-102 308-319 324-325
64 uarr Zu Leben und Werk sowie zu seinem Aufenhalt im Lande Israel siehe Schwarzfuchs History
261 Elbaum Estori ha-Parhi S 918f
65 uarr Zur Bedeutung des hebraumlischen Begriffes Prowentzah der neben der heutigen Provence auch
das Languedoc miteinschloss siehe Gross Gallia Judaica (1887) 489 In diesem Sinne entspricht
Prowentzah der roumlmischen Provincia Narbonnensis In Kontext der Vertreibung der Juden im
Jahre 1306 kann nur das Languedoc gemeint sein
66 uarr Eshtori haParchi Kaftor waFerach 218
67 uarr Schwarzfuchs History (2001) 276-278 Dahan Gersonide (1991)
68 uarr Levi ben Gershom Pirush al ha-Torah
69 uarr Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 153-154
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
Feststellung daszlig sich die nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger durch ihre Besteuerung der Juden am
Wuchergewinn der Juden beteiligten und sich darum der gleichen Suumlnden schuldig machten[110]
Somit wurde auf demselben Wege der fuumlrstliche oder koumlnigliche Judenschutz die Legitimation
entzogen Die voumlllige Unterbindung des juumldischen Geldhandels schien darum fuumlr die meisten
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger der einzig richtige Weg wie dies bereits die im Namen Koumlnig
Ludwigs IX verkuumlndete ordenance von Melun 1230 forderte[111]
Als letzte Konsequenz blieb die
Ausweisung der Juden aus immer mehr Herrschaften des franzoumlsischen Koumlnigreiches und
schlieszliglich der Kronlande Das Zerbrechen des Miteinanders von Juden und Christen innerhalb des
franzoumlsischen Koumlnigreiches sowie die schrittweise Aufloumlsung bzw Zerschlagung des
jahrhundertealten juumldischen Siedlungsnetzes muszlig auf die juumldischen Gemeinschaften der
benachbarten Regionen so z B in den Rheinlanden verstoumlrend und beaumlngstigend gewirkt haben
Der dieser Vertreibung zugrundeliegende theologische Diskurs zu Geldhandel und Wucher und die
daraus resultierenden Folgen fuumlr die eigene juumldischen Existenz scheint jedoch nur einen geringen
Einfluszlig auf die Wahrnehmung ihrer eigenen Situation gehabt zu haben Im Zuge der Vertreibung der
franzoumlsischen Juden im Sommer und Herbst 1306 waren juumldische Fluumlchtlinge in die deutschen
Rheinlande gelangt[112]
Wohl wenige Monate spaumlter trafen in Worms die Delegierten des dortigen
Gemeindebezirkes die Vertreter der die Wormser Gemeinde und der sie umgebenden juumldischen
Niederlassungen auf einer Versammlung zusammen Auf diesem juumldischen Landtag sollte eine
Rechtssatzung eine Takkanah verabschiedet werden die die Praxis der juumldischen Geldleihe im
Einzugsgebiet der Gemeinde Worms sowie das Verhalten gegenuumlber hochverschuldeten Kunden
neu regelte[113]
In der Zusammenkunft der Haumlupter des Volkes im bdquoLand Wormsldquo im Jahr 67 des sechsten Jahrtausends
(10 Sept 1306 - 28 Augutst 1307) weil sich wegen unserer groszliger Verfehlungen die Noumlte der
Soumlhne unseres Volkes vermehrten durchforschten wir unsere Taten und fanden dass seit einiger
Zeit ein Schwert die Seele der Elenden und Reinen auffraszlig weil sie Vermoumlgen vermehrt hatten
durch Zins und Zinseszins von den Fuumlrsten der Nichtjuden Diese schuldeten ein Riesenvermoumlgen
den Familienvorstaumlnden Sie schmiedeten Raumlnke sich auf die Juden zu stuumlrzen und sie zu
uumlberfallen um sich von ihren Schulden zu befreien Wir haben beschlossen dass man keine
Erhoumlhung hinzufuumlgen darf und jedem Mann und jeder Frau nicht gestattet werden soll irgend einem
Nichtjuden einem einzelnen Schuldner mehr als 100 Pfund Hallisch zu leihen Und wenn der
Zeitpunkt der Schuldruumlckzahlung gekommen ist soll es nicht mehr gestattet sein die Zinsschuld der
Schuldsumme zuzuschlagen sondern man soll aus der Hand des Schuldners die ganze Schuld
einziehen Und wenn man nicht die ganze Schuld von ihm einziehen kann soll man sich nicht
hindern lassen wenigstens den Zins einzuziehen Nur soll man den Schuldner nicht mit List
uumlbervorteilen Und wenn es nicht gelingt irgend etwas einzuziehen dann soll man dies dem Rat
seiner Gemeinde mitteilen und nach deren Geheiszlig soll man handeln Was das Schuldgeschaumlft der
fuumlrstlichen Schuldner betrifft deren Schulden sich schon vermehrt haben und die niemand mehr
begleichen kann Die Glaumlubiger sollen sich huumlten sie mit hohen Zinsen zu belasten denn es sind
Komplotte zu befuumlrchten was Gott verhuumlten moumlge Schon einige Personen haben sich
zusammengeschlossen und dies gerade nicht bei den Fuumlrsten sondern bei den Klerikern und den
Buumlrgern [114]
Offenkundig standen den Delegierten die befuumlrchteten Konsequenzen der Geldleihe deutlich vor
Augen Wohl ebenso eingeschuumlchtert durch die in Frankreich vollzogene Vertreibung der Juden
wurden von seiten der Juden eigene Verfehlungen aber auch unguumlnstige Machtkonstellation
beobachtet die im Falle der franzoumlsischen Juden zu deren Untergang gefuumlhrt hatten Die
Beziehungen von Juden und Christen steckten auch in den Rheinlanden in den eingangs genannten
Bereichen von Wirtschaft Herrschaft und Religion in einer tieferen Krise Die auf dem
Versammlung von Worms beschlossenen Gegenmaszlignahmen blieben auf die juumldischen Teilnehmer
beschraumlnkt Zuruumlckhaltung gegenuumlber den christlichen Kunden Demut gegenuumlber Gott und das
Flehen um sein Erbarmen was mit guten Werken unterstuumltzt werden soll Eine direkte Verhandlung
mit den christlichen Herrschaftstraumlgern war nicht mehr vorgesehen Das gegenseitige Vertrauen
zwischen Juden und Christen war verschwunden in einer Zeit in der nicht mehr Koexistenz sondern
vor allem von Seiten der Juden die Sorge um die eigene Zukunft das eigene Handeln bestimmte
Zusammenfassung
Die Vertreibung der Juden aus England hatte innerhalb des juumldischen Kontextes noch zu Ansaumltzen der
Selbstreflexion gefuumlhrt die einen konkreten Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Vertretern
der juumldischen Seite und den politischen Entscheidungen der nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger
gegenuumlber der eigenen Gruppe erkennen mochten Dennoch waumlhnte man sich weiterhin in einem
rechtlich voumlllig abgesicherten Verhaumlltnis zur christlichen Umwelt Man war sich eines besonderen
Status innerhalb der christlichen Mehrheitsgesellschaft bewuszligt der in den Augen der Juden in
keiner Weise gefaumlhrdet schien Noch in der zweiten Haumllfte des 13 Jahrhunderts definierte Meir ben
Baruch (gest 1293) die Stellung der Juden im Reich als die eines freien Landbewohners der sein
Land nicht aber seine persoumlnliche Freiheit verloren hat [115]
Er sei darum nicht wie die Nichtjuden
den Fuumlrsten unterworfen und zu Steuerzahlungen verpflichtet Diese Konstruktionen erinnern stark
an die noch im 12 Jahrhundert in Frankreich vertretenen Rechtsauffassungen eines Itzchaq ben
Shmuel von Dampierre (gest ca 1185)[116]
der ebenfalls die Freiheit der Juden im Vergleich zu den
Nichtjuden hervorhebt ihre voumlllige Bewegungsfreiheit im Gegensatz zu an die Scholle gebundenen
Nichtjuden betont und die Juden ebenfalls aus der Rechtspraxis herausnimmt die dem
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger gestattet bei Abwanderung von Personen deren beweglichen
Besitz einzuziehen[117]
Nach juumldischer Auffassung folgten die Interaktionen zwischen Juden und
Christen nach Regeln die von beiden Seiten anerkannt waren Das jedoch sich dies Regelwerk zu
ungunsten der Juden verhaumlndert haben mochte daszlig die eigene Bewegungsfreiheit inzwischen mehr
und mehr eingeschraumlnkt wurde die besonderen Steuergesetzgebung seit den Aumluszligerungen des
Itzchak von Dampiegravere sich erheblich veraumlndern hatte und damit nach daszlig Verhaumlltnis zur christlichen
Umwelt nun erheblichen Umwaumlltzungen unterworfen war wurde wie die Aumluszligerung Meirs nahelegt
weder reflektiert noch einigermaszligen registriert
Das Verhalten der franzoumlsischen Juden Angesichts ihrer Vertreibung ist darum keinesfalls verwunderlich In
den wenigen juumldischen Selbstzeugnisse zur Vertreibung der franzoumlsischen Juden finden sich keine
Spuren die auf einen Prozess der Selbstreflexion schlieszligen lassen Die Frage der Motivation zur
Vertreibung der Juden wird soweit dies die Quellen erkennen lassen nicht diskutiert Der
offenkundige theologische Diskurs zur Unrechtmaumlszligigkeit des auf Zinsen geleisteten Geldverleihs
dem die juumldischen Gemeinschaft im franzoumlsischen Koumlnigreich letztlich zum Opfer fiel wird
nirgendwo rezipiert Man koumlnnte den Eindruck gewinnen dass sich den franzoumlsischen Juden die
Gefaumlhrlichkeit der Diskussion um den Wucher zu keinem Zeitpunkt erschloss Auch in den
konstruierten Narrativen der folgenden Generationen steht die auch fuumlr den einzelnen Juden
folgenreiche finanzielle Auspluumlnderung durch die franzoumlsische Krone im Vordergrund Allerdings
zeigt die Quelle aus dem rheinischen Kontext dass zumindest nach der Vertreibung aus dem
franzoumlsischen Koumlnigreich im Jahre 1306 unter den rheinischen Juden bestimmte Formen der
Geldleihe als Element der Selbstgefaumlhrdung wahrgenommen wurde Dabei macht die Uumlberlieferung
der Wormser Versammlung auch deutlich das die Zerruumlttung des Verhaumlltnisses von Juden und
Christen auch von juumldischer Seite nicht mehr geleugnet werden konnte Dass es sich dabei nicht nur
um eine wirtschaftliche Auseinandersetzung sondern zunaumlchst um einen christlichen theologischen
Diskurs handelte der sich gaumlnzlich juumldischem Handeln entzog scheint den Protagonisten der
Wormser Gemeinde nicht zugaumlnglich gewesen sein Ohne zu erkennen dass die Geldleihe und
somit die eigene wirtschaftliche Existenz gaumlnzlich in Frage gestellt werden koumlnnte versuchten die
Vertreter der Wormser Versammlung durch einzelne Maszlignahmen die Beziehungen zur christlichen
Umgebung zu entlassten um Gefahren von der eigenen Gemeinschaft abzuwenden Auf diese
Weise wurden die Juden im Westen Europas mehr und mehr wirtschaftlichen und theologischen
Dynamiken ausgesetzt die sich jenseits der juumldischen Wahrnehmung auszuformen begannen und
schlieszliglich in die Verdraumlngung der Juden muumlnden sollten die in der Vertreibung von England und
Frankreich ihren Anfang nahm
Rainer Barzen Lennart Guumlntzel
1 uarr Vgl zu Frankreich Chazan Jewry (1973) 154-207 Jordan Monarchy (1998) 177-261 Zu
England Hyams Jews (1996) 173-192 Mentgen Vertreibungen (1997) 11-53 Mundill England
(1998)
2 uarr Chazan Jewry (1973) 63-100 Ders Church (1980) 312f Jordan Monarchy (1998) 23-38
3 uarr Zur Geschichte der Juden unter Ludwig IX vgl Chazan Jewry (1973) 100-153
4 uarr Die Vorbildfunktion Ludwigs IX vor allem in Hinblick auf den Kampf gegen den Wucher erwaumlhnt
Cluse Zusammenhang (1999)135ndash163
5 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
6 uarr Chazan Church (1980) 313-317
7 uarr Florentii Wigorniensis 214f
8 uarr Ebd 212
9 uarr Chazan Church (1980) 317-319
10 uarr Aufstellung der Chroniken bei Abrahams Expulsion (1895) 449f
11 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
12 uarr Ordonnances 317
13 uarr Jordan nennt als Beispiel die Ortschaft Niort die ihre Juden vertreiben konnte Jordan Monarchy
(1998) 183
14 uarr Ebd 184f
15 uarr Ebd 184
16 uarr Ebd 183f
17 uarr Zu den Motiven Philipps IV siehe Mentgen Vertreibungen (1997) 46-49 Schwarzfuchs
Expulsion (1967) 485f
18 uarr Uumlber den generellen Wucherdiskurs siehe unten Kapitel V2
19 uarr Close Rolls Edward I 109
20 uarr Annales de Waverleia 409 ldquo(hellip) Judaeorum (hellip) quae per diversas urbes et castra regionis
Anglicanae per retroacta tempora habitabat confidenter procurante domina Alienora matre dicti
regis Angliae jussa est per edictum regium (hellip)rdquo
21 uarr Annales de Dunstaplia 361-362bdquo (hellip) propter blasphemias quas Judaei saepe faciebant fidei
Christianae statuit rex ut omnes Judaei cum semine suo et substancia ab Anglia pellerentur (hellip)rdquo
22 uarr Ebd bdquo(hellip) et concessit eis rex salvum conductum In ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt
submersi per vim et fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
23 uarr Zum Verhaumlltnis von Dominikanern und Juden zu dieser Zeit vgl Cohen Friars (1982) sowie
Ders Letters (1999)
24 uarr Florentii Wigoriensis 214
25 uarr Uumlber ein moumlgliches Interesse des Adels an der Vertreibung der Juden siehe Mentgen
Vertreibungen (1997) 27-30
26 uarr Annales de Dunstaplia 361-362 bdquoIn ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt submersi per vim et
fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
27 uarr Pierre de Langtoft II 186 bdquoThomas de Wilaund en baunk primer nomeacute par agarde de la court le
regne ad forjoreacute et en la terre de France sanz repairer aleacute Ses compayons ses clercs sunt pris e
meneacute a la thour de Loundres delivreacutes par moneacuteldquo
28 uarr Ebd 188 bdquoPur le quinzme dener al rays en ayeldquo
29 uarr Ebd bdquoOre sunt alez en France e en Pykardye Tutes lur dettes e lur manauntye Sunt salves al
ray dunt fere sa curtaysyeldquo
30 uarr Oumlsterreichische Reimchronik Verse 91239-91777 1186-1192ldquo die dritten vorderungdie an den
Franzois junctet der kunic Albrehter jach die Juden ze rehtgehocircren daz ricircche an und ander nieman
()ldquo Zu dieser Quelle vgl Ziwes Studien (1995) 33f Anm 16
31 uarr Prima Vita Clementis V 5
32 uarr Quarta Vita Clementis V 62bdquo Anno Domini MCCCVJ in festo sancte Marie Magdalene de
mandato et ordinatione regis Francie fuerunt capti omnes Judei ubique in regno Francie quasi
imperceptibiler una die et confiscata sunt bona ipsorum quecumque potuerunt inveniri fueruntque
a regno expulsi ulterius minime reversurirdquo Vgl auch Sexta Vita Clementis V 92-93bdquo Et etiam in
isto anno in die sancte Marie Magdalene omnes Judei de regno Francie congediati [congregati]
fuerunt et eorum bona omnia extiterunt confiscatardquo
33 uarr Continuatio Guilelmi de Nangis 59 bdquoMense Augusto Rex Philippus omnes Judaeos de Regno
Franciae penitus amp omnino fecit expelli certum regressionis terminum sub poena mortis praesigens
eisdemrdquo
34 uarr Florentii Wigoriensis 192 ldquoBarones cum Londoniensibus Judaismum Londoniae spoliaverunt
multis Judaeis interfectisldquo Siehe auch Mundill England (1998) 41
35 uarr Florentii Wigoriensis 210ldquo Rex die Sancte Calixti synagogam Judaeorum in villa Londoniensi
fratribus de Poenitentia contulit Jesu Christi ()ldquo
36 uarr Ebd 222bdquoApud Norhamtonam () puer quidam a Judaeis crucifixus estrdquo
37 uarr BennerReverchon Juden (2003) 181
38 uarr Rubin Tales (1999) 40-48
39 uarr Mentgen Vertreibungen (1997) 42-44
40 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 64f sieht den Muumlnzbeschneidungsskandal als Folge der Verarmung
der Juden Eine andere Meinung vertritt Mundill England (1998) 195-198 der vor allem auf eine
erfolgreiche Rolle der Juden im Wollhandel verweist
41 uarr Florentii Wigoriensis 221ldquo Rex omnes Judaeos et quosdam Christianos de retonsura aut alia
monetae falsatione convictos fecit suspensi Unde Londoniae CCLX et VII Judaei mortis judicium
subierunt Quidam autem relegati quidam etiam eorum perpetuo sunt carceri adjudicati et quidam
in Anglia remanseruntrdquo Vgl auch Mundill England (1998) 67f sowie uumlber die Zahl der Opfer weiter
oben Anmerkung 36
42 uarr Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 S 20
43 uarr Nach der chronikalischen Uumlberlieferung waren es 267 bzw 269 hingerichtete Juden Eine
Auswertung der auszligerchronikalischen Quellen ergab die Zahl von 298 erhaumlngten Juden Rokeacuteach
Monex I (198890) 98
44 uarr Jordan Monarchy (1989) 182f
45 uarr rdquoVos autre fuistis Engles qui exiverunt de terra eorum quia rotundabatis monetamrdquo in
Shatzmiller Schlomo Ibn Verga (1988) 355 Ders Solidariteacute (1986) 423
46 uarr Shlomo Ibn Verga Shevet Yehudah Teil I (hebr) Teil II (dt Uumlbersetzung)(Edit Wiener) Shevet
Yehudah (Edit Shochat)
47 uarr Zu Leben und Werk Shlomo Ibn Vergas Baer Hearot (1934) 152-179
48 uarr Shevet Yehudah Nr 18 (hebr S 42-43 dt Uumlbers S 84-85) Shevet Yehudah (Edit Shochat)
S 66
49 uarr Shevet Yehudah Nr 20 (hebr 43-45 dt Uumlbers 86-89)
50 uarr Zu Yosef ha-Kohen und seinem Werk Loeb Josef Hacohen (1888) XVI 28-56 211-235 XVII
74-95 247-271
51 uarr Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (dt
Uumlbersetzung Wiener)
52 uarr Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) 38-39 (Edit Wiener) 41-42
53 uarr Usque Nachum Israel III (1908) XI-XIII Auch bei Gedalyah Ibn Yachjah Shalshelet ha-
Kabbalah (nach Graetz Geschichte VII (1897) 429 weitere Quellen Graetz ebd 426-430)
54 uarr Siehe Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 20a
55 uarr ldquoSie [die Dominikaner] brachten sogar Muumlnzsorten herbei die sie selbst zuhause beschnitten
hattenldquo Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) S 38 (Edit Wiener) 41
56 uarr Fuumlr vielerlei Hinweise zur hebraumlischen Uumlberlieferung der Vertreibung der franzoumlsischen Juden sei
Dr Abraham David Jerusalem herzlich gedankt
57 uarr Schwarzfuchs History (2001) 269-274 Ben-Shalom Communication (1991) 171-225
58 uarr Abba Mari ben Mose von Lunel Sefer Minchat Qenaot Nr 120 in Shlomo Ibn Adret Tshuvot II
835-836
59 uarr BT Berachot 70a Gemeint ist hier die Philosophie griechischer Tradition die von Abba Mari
besonders bekaumlmpft wurde Shlomo Ibn Adret Teshuvot Bd 2 835 Anmerkung zu Zeile 1 Abba
Mari brachte die Vertreibung der suumldfranzoumlsischen Juden mit deren Hinwendung zur griechischen
Philosophie in Verbindung Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 832 Anmerkung zu Zeile 8
60 uarr Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 835-836 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001) 273
61 uarr Jordan French Monarchy (1989) 195196
62 uarr Saige Juifs (1881) 92
63 uarr Jordan French Monarchy (1989) 205 Saige Juifs (1881) 101-102 308-319 324-325
64 uarr Zu Leben und Werk sowie zu seinem Aufenhalt im Lande Israel siehe Schwarzfuchs History
261 Elbaum Estori ha-Parhi S 918f
65 uarr Zur Bedeutung des hebraumlischen Begriffes Prowentzah der neben der heutigen Provence auch
das Languedoc miteinschloss siehe Gross Gallia Judaica (1887) 489 In diesem Sinne entspricht
Prowentzah der roumlmischen Provincia Narbonnensis In Kontext der Vertreibung der Juden im
Jahre 1306 kann nur das Languedoc gemeint sein
66 uarr Eshtori haParchi Kaftor waFerach 218
67 uarr Schwarzfuchs History (2001) 276-278 Dahan Gersonide (1991)
68 uarr Levi ben Gershom Pirush al ha-Torah
69 uarr Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 153-154
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
zusammengeschlossen und dies gerade nicht bei den Fuumlrsten sondern bei den Klerikern und den
Buumlrgern [114]
Offenkundig standen den Delegierten die befuumlrchteten Konsequenzen der Geldleihe deutlich vor
Augen Wohl ebenso eingeschuumlchtert durch die in Frankreich vollzogene Vertreibung der Juden
wurden von seiten der Juden eigene Verfehlungen aber auch unguumlnstige Machtkonstellation
beobachtet die im Falle der franzoumlsischen Juden zu deren Untergang gefuumlhrt hatten Die
Beziehungen von Juden und Christen steckten auch in den Rheinlanden in den eingangs genannten
Bereichen von Wirtschaft Herrschaft und Religion in einer tieferen Krise Die auf dem
Versammlung von Worms beschlossenen Gegenmaszlignahmen blieben auf die juumldischen Teilnehmer
beschraumlnkt Zuruumlckhaltung gegenuumlber den christlichen Kunden Demut gegenuumlber Gott und das
Flehen um sein Erbarmen was mit guten Werken unterstuumltzt werden soll Eine direkte Verhandlung
mit den christlichen Herrschaftstraumlgern war nicht mehr vorgesehen Das gegenseitige Vertrauen
zwischen Juden und Christen war verschwunden in einer Zeit in der nicht mehr Koexistenz sondern
vor allem von Seiten der Juden die Sorge um die eigene Zukunft das eigene Handeln bestimmte
Zusammenfassung
Die Vertreibung der Juden aus England hatte innerhalb des juumldischen Kontextes noch zu Ansaumltzen der
Selbstreflexion gefuumlhrt die einen konkreten Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Vertretern
der juumldischen Seite und den politischen Entscheidungen der nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger
gegenuumlber der eigenen Gruppe erkennen mochten Dennoch waumlhnte man sich weiterhin in einem
rechtlich voumlllig abgesicherten Verhaumlltnis zur christlichen Umwelt Man war sich eines besonderen
Status innerhalb der christlichen Mehrheitsgesellschaft bewuszligt der in den Augen der Juden in
keiner Weise gefaumlhrdet schien Noch in der zweiten Haumllfte des 13 Jahrhunderts definierte Meir ben
Baruch (gest 1293) die Stellung der Juden im Reich als die eines freien Landbewohners der sein
Land nicht aber seine persoumlnliche Freiheit verloren hat [115]
Er sei darum nicht wie die Nichtjuden
den Fuumlrsten unterworfen und zu Steuerzahlungen verpflichtet Diese Konstruktionen erinnern stark
an die noch im 12 Jahrhundert in Frankreich vertretenen Rechtsauffassungen eines Itzchaq ben
Shmuel von Dampierre (gest ca 1185)[116]
der ebenfalls die Freiheit der Juden im Vergleich zu den
Nichtjuden hervorhebt ihre voumlllige Bewegungsfreiheit im Gegensatz zu an die Scholle gebundenen
Nichtjuden betont und die Juden ebenfalls aus der Rechtspraxis herausnimmt die dem
nichtjuumldischen Herrschaftstraumlger gestattet bei Abwanderung von Personen deren beweglichen
Besitz einzuziehen[117]
Nach juumldischer Auffassung folgten die Interaktionen zwischen Juden und
Christen nach Regeln die von beiden Seiten anerkannt waren Das jedoch sich dies Regelwerk zu
ungunsten der Juden verhaumlndert haben mochte daszlig die eigene Bewegungsfreiheit inzwischen mehr
und mehr eingeschraumlnkt wurde die besonderen Steuergesetzgebung seit den Aumluszligerungen des
Itzchak von Dampiegravere sich erheblich veraumlndern hatte und damit nach daszlig Verhaumlltnis zur christlichen
Umwelt nun erheblichen Umwaumlltzungen unterworfen war wurde wie die Aumluszligerung Meirs nahelegt
weder reflektiert noch einigermaszligen registriert
Das Verhalten der franzoumlsischen Juden Angesichts ihrer Vertreibung ist darum keinesfalls verwunderlich In
den wenigen juumldischen Selbstzeugnisse zur Vertreibung der franzoumlsischen Juden finden sich keine
Spuren die auf einen Prozess der Selbstreflexion schlieszligen lassen Die Frage der Motivation zur
Vertreibung der Juden wird soweit dies die Quellen erkennen lassen nicht diskutiert Der
offenkundige theologische Diskurs zur Unrechtmaumlszligigkeit des auf Zinsen geleisteten Geldverleihs
dem die juumldischen Gemeinschaft im franzoumlsischen Koumlnigreich letztlich zum Opfer fiel wird
nirgendwo rezipiert Man koumlnnte den Eindruck gewinnen dass sich den franzoumlsischen Juden die
Gefaumlhrlichkeit der Diskussion um den Wucher zu keinem Zeitpunkt erschloss Auch in den
konstruierten Narrativen der folgenden Generationen steht die auch fuumlr den einzelnen Juden
folgenreiche finanzielle Auspluumlnderung durch die franzoumlsische Krone im Vordergrund Allerdings
zeigt die Quelle aus dem rheinischen Kontext dass zumindest nach der Vertreibung aus dem
franzoumlsischen Koumlnigreich im Jahre 1306 unter den rheinischen Juden bestimmte Formen der
Geldleihe als Element der Selbstgefaumlhrdung wahrgenommen wurde Dabei macht die Uumlberlieferung
der Wormser Versammlung auch deutlich das die Zerruumlttung des Verhaumlltnisses von Juden und
Christen auch von juumldischer Seite nicht mehr geleugnet werden konnte Dass es sich dabei nicht nur
um eine wirtschaftliche Auseinandersetzung sondern zunaumlchst um einen christlichen theologischen
Diskurs handelte der sich gaumlnzlich juumldischem Handeln entzog scheint den Protagonisten der
Wormser Gemeinde nicht zugaumlnglich gewesen sein Ohne zu erkennen dass die Geldleihe und
somit die eigene wirtschaftliche Existenz gaumlnzlich in Frage gestellt werden koumlnnte versuchten die
Vertreter der Wormser Versammlung durch einzelne Maszlignahmen die Beziehungen zur christlichen
Umgebung zu entlassten um Gefahren von der eigenen Gemeinschaft abzuwenden Auf diese
Weise wurden die Juden im Westen Europas mehr und mehr wirtschaftlichen und theologischen
Dynamiken ausgesetzt die sich jenseits der juumldischen Wahrnehmung auszuformen begannen und
schlieszliglich in die Verdraumlngung der Juden muumlnden sollten die in der Vertreibung von England und
Frankreich ihren Anfang nahm
Rainer Barzen Lennart Guumlntzel
1 uarr Vgl zu Frankreich Chazan Jewry (1973) 154-207 Jordan Monarchy (1998) 177-261 Zu
England Hyams Jews (1996) 173-192 Mentgen Vertreibungen (1997) 11-53 Mundill England
(1998)
2 uarr Chazan Jewry (1973) 63-100 Ders Church (1980) 312f Jordan Monarchy (1998) 23-38
3 uarr Zur Geschichte der Juden unter Ludwig IX vgl Chazan Jewry (1973) 100-153
4 uarr Die Vorbildfunktion Ludwigs IX vor allem in Hinblick auf den Kampf gegen den Wucher erwaumlhnt
Cluse Zusammenhang (1999)135ndash163
5 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
6 uarr Chazan Church (1980) 313-317
7 uarr Florentii Wigorniensis 214f
8 uarr Ebd 212
9 uarr Chazan Church (1980) 317-319
10 uarr Aufstellung der Chroniken bei Abrahams Expulsion (1895) 449f
11 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
12 uarr Ordonnances 317
13 uarr Jordan nennt als Beispiel die Ortschaft Niort die ihre Juden vertreiben konnte Jordan Monarchy
(1998) 183
14 uarr Ebd 184f
15 uarr Ebd 184
16 uarr Ebd 183f
17 uarr Zu den Motiven Philipps IV siehe Mentgen Vertreibungen (1997) 46-49 Schwarzfuchs
Expulsion (1967) 485f
18 uarr Uumlber den generellen Wucherdiskurs siehe unten Kapitel V2
19 uarr Close Rolls Edward I 109
20 uarr Annales de Waverleia 409 ldquo(hellip) Judaeorum (hellip) quae per diversas urbes et castra regionis
Anglicanae per retroacta tempora habitabat confidenter procurante domina Alienora matre dicti
regis Angliae jussa est per edictum regium (hellip)rdquo
21 uarr Annales de Dunstaplia 361-362bdquo (hellip) propter blasphemias quas Judaei saepe faciebant fidei
Christianae statuit rex ut omnes Judaei cum semine suo et substancia ab Anglia pellerentur (hellip)rdquo
22 uarr Ebd bdquo(hellip) et concessit eis rex salvum conductum In ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt
submersi per vim et fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
23 uarr Zum Verhaumlltnis von Dominikanern und Juden zu dieser Zeit vgl Cohen Friars (1982) sowie
Ders Letters (1999)
24 uarr Florentii Wigoriensis 214
25 uarr Uumlber ein moumlgliches Interesse des Adels an der Vertreibung der Juden siehe Mentgen
Vertreibungen (1997) 27-30
26 uarr Annales de Dunstaplia 361-362 bdquoIn ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt submersi per vim et
fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
27 uarr Pierre de Langtoft II 186 bdquoThomas de Wilaund en baunk primer nomeacute par agarde de la court le
regne ad forjoreacute et en la terre de France sanz repairer aleacute Ses compayons ses clercs sunt pris e
meneacute a la thour de Loundres delivreacutes par moneacuteldquo
28 uarr Ebd 188 bdquoPur le quinzme dener al rays en ayeldquo
29 uarr Ebd bdquoOre sunt alez en France e en Pykardye Tutes lur dettes e lur manauntye Sunt salves al
ray dunt fere sa curtaysyeldquo
30 uarr Oumlsterreichische Reimchronik Verse 91239-91777 1186-1192ldquo die dritten vorderungdie an den
Franzois junctet der kunic Albrehter jach die Juden ze rehtgehocircren daz ricircche an und ander nieman
()ldquo Zu dieser Quelle vgl Ziwes Studien (1995) 33f Anm 16
31 uarr Prima Vita Clementis V 5
32 uarr Quarta Vita Clementis V 62bdquo Anno Domini MCCCVJ in festo sancte Marie Magdalene de
mandato et ordinatione regis Francie fuerunt capti omnes Judei ubique in regno Francie quasi
imperceptibiler una die et confiscata sunt bona ipsorum quecumque potuerunt inveniri fueruntque
a regno expulsi ulterius minime reversurirdquo Vgl auch Sexta Vita Clementis V 92-93bdquo Et etiam in
isto anno in die sancte Marie Magdalene omnes Judei de regno Francie congediati [congregati]
fuerunt et eorum bona omnia extiterunt confiscatardquo
33 uarr Continuatio Guilelmi de Nangis 59 bdquoMense Augusto Rex Philippus omnes Judaeos de Regno
Franciae penitus amp omnino fecit expelli certum regressionis terminum sub poena mortis praesigens
eisdemrdquo
34 uarr Florentii Wigoriensis 192 ldquoBarones cum Londoniensibus Judaismum Londoniae spoliaverunt
multis Judaeis interfectisldquo Siehe auch Mundill England (1998) 41
35 uarr Florentii Wigoriensis 210ldquo Rex die Sancte Calixti synagogam Judaeorum in villa Londoniensi
fratribus de Poenitentia contulit Jesu Christi ()ldquo
36 uarr Ebd 222bdquoApud Norhamtonam () puer quidam a Judaeis crucifixus estrdquo
37 uarr BennerReverchon Juden (2003) 181
38 uarr Rubin Tales (1999) 40-48
39 uarr Mentgen Vertreibungen (1997) 42-44
40 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 64f sieht den Muumlnzbeschneidungsskandal als Folge der Verarmung
der Juden Eine andere Meinung vertritt Mundill England (1998) 195-198 der vor allem auf eine
erfolgreiche Rolle der Juden im Wollhandel verweist
41 uarr Florentii Wigoriensis 221ldquo Rex omnes Judaeos et quosdam Christianos de retonsura aut alia
monetae falsatione convictos fecit suspensi Unde Londoniae CCLX et VII Judaei mortis judicium
subierunt Quidam autem relegati quidam etiam eorum perpetuo sunt carceri adjudicati et quidam
in Anglia remanseruntrdquo Vgl auch Mundill England (1998) 67f sowie uumlber die Zahl der Opfer weiter
oben Anmerkung 36
42 uarr Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 S 20
43 uarr Nach der chronikalischen Uumlberlieferung waren es 267 bzw 269 hingerichtete Juden Eine
Auswertung der auszligerchronikalischen Quellen ergab die Zahl von 298 erhaumlngten Juden Rokeacuteach
Monex I (198890) 98
44 uarr Jordan Monarchy (1989) 182f
45 uarr rdquoVos autre fuistis Engles qui exiverunt de terra eorum quia rotundabatis monetamrdquo in
Shatzmiller Schlomo Ibn Verga (1988) 355 Ders Solidariteacute (1986) 423
46 uarr Shlomo Ibn Verga Shevet Yehudah Teil I (hebr) Teil II (dt Uumlbersetzung)(Edit Wiener) Shevet
Yehudah (Edit Shochat)
47 uarr Zu Leben und Werk Shlomo Ibn Vergas Baer Hearot (1934) 152-179
48 uarr Shevet Yehudah Nr 18 (hebr S 42-43 dt Uumlbers S 84-85) Shevet Yehudah (Edit Shochat)
S 66
49 uarr Shevet Yehudah Nr 20 (hebr 43-45 dt Uumlbers 86-89)
50 uarr Zu Yosef ha-Kohen und seinem Werk Loeb Josef Hacohen (1888) XVI 28-56 211-235 XVII
74-95 247-271
51 uarr Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (dt
Uumlbersetzung Wiener)
52 uarr Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) 38-39 (Edit Wiener) 41-42
53 uarr Usque Nachum Israel III (1908) XI-XIII Auch bei Gedalyah Ibn Yachjah Shalshelet ha-
Kabbalah (nach Graetz Geschichte VII (1897) 429 weitere Quellen Graetz ebd 426-430)
54 uarr Siehe Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 20a
55 uarr ldquoSie [die Dominikaner] brachten sogar Muumlnzsorten herbei die sie selbst zuhause beschnitten
hattenldquo Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) S 38 (Edit Wiener) 41
56 uarr Fuumlr vielerlei Hinweise zur hebraumlischen Uumlberlieferung der Vertreibung der franzoumlsischen Juden sei
Dr Abraham David Jerusalem herzlich gedankt
57 uarr Schwarzfuchs History (2001) 269-274 Ben-Shalom Communication (1991) 171-225
58 uarr Abba Mari ben Mose von Lunel Sefer Minchat Qenaot Nr 120 in Shlomo Ibn Adret Tshuvot II
835-836
59 uarr BT Berachot 70a Gemeint ist hier die Philosophie griechischer Tradition die von Abba Mari
besonders bekaumlmpft wurde Shlomo Ibn Adret Teshuvot Bd 2 835 Anmerkung zu Zeile 1 Abba
Mari brachte die Vertreibung der suumldfranzoumlsischen Juden mit deren Hinwendung zur griechischen
Philosophie in Verbindung Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 832 Anmerkung zu Zeile 8
60 uarr Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 835-836 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001) 273
61 uarr Jordan French Monarchy (1989) 195196
62 uarr Saige Juifs (1881) 92
63 uarr Jordan French Monarchy (1989) 205 Saige Juifs (1881) 101-102 308-319 324-325
64 uarr Zu Leben und Werk sowie zu seinem Aufenhalt im Lande Israel siehe Schwarzfuchs History
261 Elbaum Estori ha-Parhi S 918f
65 uarr Zur Bedeutung des hebraumlischen Begriffes Prowentzah der neben der heutigen Provence auch
das Languedoc miteinschloss siehe Gross Gallia Judaica (1887) 489 In diesem Sinne entspricht
Prowentzah der roumlmischen Provincia Narbonnensis In Kontext der Vertreibung der Juden im
Jahre 1306 kann nur das Languedoc gemeint sein
66 uarr Eshtori haParchi Kaftor waFerach 218
67 uarr Schwarzfuchs History (2001) 276-278 Dahan Gersonide (1991)
68 uarr Levi ben Gershom Pirush al ha-Torah
69 uarr Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 153-154
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
Umwelt nun erheblichen Umwaumlltzungen unterworfen war wurde wie die Aumluszligerung Meirs nahelegt
weder reflektiert noch einigermaszligen registriert
Das Verhalten der franzoumlsischen Juden Angesichts ihrer Vertreibung ist darum keinesfalls verwunderlich In
den wenigen juumldischen Selbstzeugnisse zur Vertreibung der franzoumlsischen Juden finden sich keine
Spuren die auf einen Prozess der Selbstreflexion schlieszligen lassen Die Frage der Motivation zur
Vertreibung der Juden wird soweit dies die Quellen erkennen lassen nicht diskutiert Der
offenkundige theologische Diskurs zur Unrechtmaumlszligigkeit des auf Zinsen geleisteten Geldverleihs
dem die juumldischen Gemeinschaft im franzoumlsischen Koumlnigreich letztlich zum Opfer fiel wird
nirgendwo rezipiert Man koumlnnte den Eindruck gewinnen dass sich den franzoumlsischen Juden die
Gefaumlhrlichkeit der Diskussion um den Wucher zu keinem Zeitpunkt erschloss Auch in den
konstruierten Narrativen der folgenden Generationen steht die auch fuumlr den einzelnen Juden
folgenreiche finanzielle Auspluumlnderung durch die franzoumlsische Krone im Vordergrund Allerdings
zeigt die Quelle aus dem rheinischen Kontext dass zumindest nach der Vertreibung aus dem
franzoumlsischen Koumlnigreich im Jahre 1306 unter den rheinischen Juden bestimmte Formen der
Geldleihe als Element der Selbstgefaumlhrdung wahrgenommen wurde Dabei macht die Uumlberlieferung
der Wormser Versammlung auch deutlich das die Zerruumlttung des Verhaumlltnisses von Juden und
Christen auch von juumldischer Seite nicht mehr geleugnet werden konnte Dass es sich dabei nicht nur
um eine wirtschaftliche Auseinandersetzung sondern zunaumlchst um einen christlichen theologischen
Diskurs handelte der sich gaumlnzlich juumldischem Handeln entzog scheint den Protagonisten der
Wormser Gemeinde nicht zugaumlnglich gewesen sein Ohne zu erkennen dass die Geldleihe und
somit die eigene wirtschaftliche Existenz gaumlnzlich in Frage gestellt werden koumlnnte versuchten die
Vertreter der Wormser Versammlung durch einzelne Maszlignahmen die Beziehungen zur christlichen
Umgebung zu entlassten um Gefahren von der eigenen Gemeinschaft abzuwenden Auf diese
Weise wurden die Juden im Westen Europas mehr und mehr wirtschaftlichen und theologischen
Dynamiken ausgesetzt die sich jenseits der juumldischen Wahrnehmung auszuformen begannen und
schlieszliglich in die Verdraumlngung der Juden muumlnden sollten die in der Vertreibung von England und
Frankreich ihren Anfang nahm
Rainer Barzen Lennart Guumlntzel
1 uarr Vgl zu Frankreich Chazan Jewry (1973) 154-207 Jordan Monarchy (1998) 177-261 Zu
England Hyams Jews (1996) 173-192 Mentgen Vertreibungen (1997) 11-53 Mundill England
(1998)
2 uarr Chazan Jewry (1973) 63-100 Ders Church (1980) 312f Jordan Monarchy (1998) 23-38
3 uarr Zur Geschichte der Juden unter Ludwig IX vgl Chazan Jewry (1973) 100-153
4 uarr Die Vorbildfunktion Ludwigs IX vor allem in Hinblick auf den Kampf gegen den Wucher erwaumlhnt
Cluse Zusammenhang (1999)135ndash163
5 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
6 uarr Chazan Church (1980) 313-317
7 uarr Florentii Wigorniensis 214f
8 uarr Ebd 212
9 uarr Chazan Church (1980) 317-319
10 uarr Aufstellung der Chroniken bei Abrahams Expulsion (1895) 449f
11 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
12 uarr Ordonnances 317
13 uarr Jordan nennt als Beispiel die Ortschaft Niort die ihre Juden vertreiben konnte Jordan Monarchy
(1998) 183
14 uarr Ebd 184f
15 uarr Ebd 184
16 uarr Ebd 183f
17 uarr Zu den Motiven Philipps IV siehe Mentgen Vertreibungen (1997) 46-49 Schwarzfuchs
Expulsion (1967) 485f
18 uarr Uumlber den generellen Wucherdiskurs siehe unten Kapitel V2
19 uarr Close Rolls Edward I 109
20 uarr Annales de Waverleia 409 ldquo(hellip) Judaeorum (hellip) quae per diversas urbes et castra regionis
Anglicanae per retroacta tempora habitabat confidenter procurante domina Alienora matre dicti
regis Angliae jussa est per edictum regium (hellip)rdquo
21 uarr Annales de Dunstaplia 361-362bdquo (hellip) propter blasphemias quas Judaei saepe faciebant fidei
Christianae statuit rex ut omnes Judaei cum semine suo et substancia ab Anglia pellerentur (hellip)rdquo
22 uarr Ebd bdquo(hellip) et concessit eis rex salvum conductum In ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt
submersi per vim et fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
23 uarr Zum Verhaumlltnis von Dominikanern und Juden zu dieser Zeit vgl Cohen Friars (1982) sowie
Ders Letters (1999)
24 uarr Florentii Wigoriensis 214
25 uarr Uumlber ein moumlgliches Interesse des Adels an der Vertreibung der Juden siehe Mentgen
Vertreibungen (1997) 27-30
26 uarr Annales de Dunstaplia 361-362 bdquoIn ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt submersi per vim et
fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
27 uarr Pierre de Langtoft II 186 bdquoThomas de Wilaund en baunk primer nomeacute par agarde de la court le
regne ad forjoreacute et en la terre de France sanz repairer aleacute Ses compayons ses clercs sunt pris e
meneacute a la thour de Loundres delivreacutes par moneacuteldquo
28 uarr Ebd 188 bdquoPur le quinzme dener al rays en ayeldquo
29 uarr Ebd bdquoOre sunt alez en France e en Pykardye Tutes lur dettes e lur manauntye Sunt salves al
ray dunt fere sa curtaysyeldquo
30 uarr Oumlsterreichische Reimchronik Verse 91239-91777 1186-1192ldquo die dritten vorderungdie an den
Franzois junctet der kunic Albrehter jach die Juden ze rehtgehocircren daz ricircche an und ander nieman
()ldquo Zu dieser Quelle vgl Ziwes Studien (1995) 33f Anm 16
31 uarr Prima Vita Clementis V 5
32 uarr Quarta Vita Clementis V 62bdquo Anno Domini MCCCVJ in festo sancte Marie Magdalene de
mandato et ordinatione regis Francie fuerunt capti omnes Judei ubique in regno Francie quasi
imperceptibiler una die et confiscata sunt bona ipsorum quecumque potuerunt inveniri fueruntque
a regno expulsi ulterius minime reversurirdquo Vgl auch Sexta Vita Clementis V 92-93bdquo Et etiam in
isto anno in die sancte Marie Magdalene omnes Judei de regno Francie congediati [congregati]
fuerunt et eorum bona omnia extiterunt confiscatardquo
33 uarr Continuatio Guilelmi de Nangis 59 bdquoMense Augusto Rex Philippus omnes Judaeos de Regno
Franciae penitus amp omnino fecit expelli certum regressionis terminum sub poena mortis praesigens
eisdemrdquo
34 uarr Florentii Wigoriensis 192 ldquoBarones cum Londoniensibus Judaismum Londoniae spoliaverunt
multis Judaeis interfectisldquo Siehe auch Mundill England (1998) 41
35 uarr Florentii Wigoriensis 210ldquo Rex die Sancte Calixti synagogam Judaeorum in villa Londoniensi
fratribus de Poenitentia contulit Jesu Christi ()ldquo
36 uarr Ebd 222bdquoApud Norhamtonam () puer quidam a Judaeis crucifixus estrdquo
37 uarr BennerReverchon Juden (2003) 181
38 uarr Rubin Tales (1999) 40-48
39 uarr Mentgen Vertreibungen (1997) 42-44
40 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 64f sieht den Muumlnzbeschneidungsskandal als Folge der Verarmung
der Juden Eine andere Meinung vertritt Mundill England (1998) 195-198 der vor allem auf eine
erfolgreiche Rolle der Juden im Wollhandel verweist
41 uarr Florentii Wigoriensis 221ldquo Rex omnes Judaeos et quosdam Christianos de retonsura aut alia
monetae falsatione convictos fecit suspensi Unde Londoniae CCLX et VII Judaei mortis judicium
subierunt Quidam autem relegati quidam etiam eorum perpetuo sunt carceri adjudicati et quidam
in Anglia remanseruntrdquo Vgl auch Mundill England (1998) 67f sowie uumlber die Zahl der Opfer weiter
oben Anmerkung 36
42 uarr Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 S 20
43 uarr Nach der chronikalischen Uumlberlieferung waren es 267 bzw 269 hingerichtete Juden Eine
Auswertung der auszligerchronikalischen Quellen ergab die Zahl von 298 erhaumlngten Juden Rokeacuteach
Monex I (198890) 98
44 uarr Jordan Monarchy (1989) 182f
45 uarr rdquoVos autre fuistis Engles qui exiverunt de terra eorum quia rotundabatis monetamrdquo in
Shatzmiller Schlomo Ibn Verga (1988) 355 Ders Solidariteacute (1986) 423
46 uarr Shlomo Ibn Verga Shevet Yehudah Teil I (hebr) Teil II (dt Uumlbersetzung)(Edit Wiener) Shevet
Yehudah (Edit Shochat)
47 uarr Zu Leben und Werk Shlomo Ibn Vergas Baer Hearot (1934) 152-179
48 uarr Shevet Yehudah Nr 18 (hebr S 42-43 dt Uumlbers S 84-85) Shevet Yehudah (Edit Shochat)
S 66
49 uarr Shevet Yehudah Nr 20 (hebr 43-45 dt Uumlbers 86-89)
50 uarr Zu Yosef ha-Kohen und seinem Werk Loeb Josef Hacohen (1888) XVI 28-56 211-235 XVII
74-95 247-271
51 uarr Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (dt
Uumlbersetzung Wiener)
52 uarr Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) 38-39 (Edit Wiener) 41-42
53 uarr Usque Nachum Israel III (1908) XI-XIII Auch bei Gedalyah Ibn Yachjah Shalshelet ha-
Kabbalah (nach Graetz Geschichte VII (1897) 429 weitere Quellen Graetz ebd 426-430)
54 uarr Siehe Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 20a
55 uarr ldquoSie [die Dominikaner] brachten sogar Muumlnzsorten herbei die sie selbst zuhause beschnitten
hattenldquo Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) S 38 (Edit Wiener) 41
56 uarr Fuumlr vielerlei Hinweise zur hebraumlischen Uumlberlieferung der Vertreibung der franzoumlsischen Juden sei
Dr Abraham David Jerusalem herzlich gedankt
57 uarr Schwarzfuchs History (2001) 269-274 Ben-Shalom Communication (1991) 171-225
58 uarr Abba Mari ben Mose von Lunel Sefer Minchat Qenaot Nr 120 in Shlomo Ibn Adret Tshuvot II
835-836
59 uarr BT Berachot 70a Gemeint ist hier die Philosophie griechischer Tradition die von Abba Mari
besonders bekaumlmpft wurde Shlomo Ibn Adret Teshuvot Bd 2 835 Anmerkung zu Zeile 1 Abba
Mari brachte die Vertreibung der suumldfranzoumlsischen Juden mit deren Hinwendung zur griechischen
Philosophie in Verbindung Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 832 Anmerkung zu Zeile 8
60 uarr Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 835-836 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001) 273
61 uarr Jordan French Monarchy (1989) 195196
62 uarr Saige Juifs (1881) 92
63 uarr Jordan French Monarchy (1989) 205 Saige Juifs (1881) 101-102 308-319 324-325
64 uarr Zu Leben und Werk sowie zu seinem Aufenhalt im Lande Israel siehe Schwarzfuchs History
261 Elbaum Estori ha-Parhi S 918f
65 uarr Zur Bedeutung des hebraumlischen Begriffes Prowentzah der neben der heutigen Provence auch
das Languedoc miteinschloss siehe Gross Gallia Judaica (1887) 489 In diesem Sinne entspricht
Prowentzah der roumlmischen Provincia Narbonnensis In Kontext der Vertreibung der Juden im
Jahre 1306 kann nur das Languedoc gemeint sein
66 uarr Eshtori haParchi Kaftor waFerach 218
67 uarr Schwarzfuchs History (2001) 276-278 Dahan Gersonide (1991)
68 uarr Levi ben Gershom Pirush al ha-Torah
69 uarr Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 153-154
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
6 uarr Chazan Church (1980) 313-317
7 uarr Florentii Wigorniensis 214f
8 uarr Ebd 212
9 uarr Chazan Church (1980) 317-319
10 uarr Aufstellung der Chroniken bei Abrahams Expulsion (1895) 449f
11 uarr Jordan Monarchy (1998) 182f
12 uarr Ordonnances 317
13 uarr Jordan nennt als Beispiel die Ortschaft Niort die ihre Juden vertreiben konnte Jordan Monarchy
(1998) 183
14 uarr Ebd 184f
15 uarr Ebd 184
16 uarr Ebd 183f
17 uarr Zu den Motiven Philipps IV siehe Mentgen Vertreibungen (1997) 46-49 Schwarzfuchs
Expulsion (1967) 485f
18 uarr Uumlber den generellen Wucherdiskurs siehe unten Kapitel V2
19 uarr Close Rolls Edward I 109
20 uarr Annales de Waverleia 409 ldquo(hellip) Judaeorum (hellip) quae per diversas urbes et castra regionis
Anglicanae per retroacta tempora habitabat confidenter procurante domina Alienora matre dicti
regis Angliae jussa est per edictum regium (hellip)rdquo
21 uarr Annales de Dunstaplia 361-362bdquo (hellip) propter blasphemias quas Judaei saepe faciebant fidei
Christianae statuit rex ut omnes Judaei cum semine suo et substancia ab Anglia pellerentur (hellip)rdquo
22 uarr Ebd bdquo(hellip) et concessit eis rex salvum conductum In ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt
submersi per vim et fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
23 uarr Zum Verhaumlltnis von Dominikanern und Juden zu dieser Zeit vgl Cohen Friars (1982) sowie
Ders Letters (1999)
24 uarr Florentii Wigoriensis 214
25 uarr Uumlber ein moumlgliches Interesse des Adels an der Vertreibung der Juden siehe Mentgen
Vertreibungen (1997) 27-30
26 uarr Annales de Dunstaplia 361-362 bdquoIn ipso eorum passagio plurimi ex eis sunt submersi per vim et
fraudem nautarum propter quod quidam ex ipsis nautis sunt suspensirdquo
27 uarr Pierre de Langtoft II 186 bdquoThomas de Wilaund en baunk primer nomeacute par agarde de la court le
regne ad forjoreacute et en la terre de France sanz repairer aleacute Ses compayons ses clercs sunt pris e
meneacute a la thour de Loundres delivreacutes par moneacuteldquo
28 uarr Ebd 188 bdquoPur le quinzme dener al rays en ayeldquo
29 uarr Ebd bdquoOre sunt alez en France e en Pykardye Tutes lur dettes e lur manauntye Sunt salves al
ray dunt fere sa curtaysyeldquo
30 uarr Oumlsterreichische Reimchronik Verse 91239-91777 1186-1192ldquo die dritten vorderungdie an den
Franzois junctet der kunic Albrehter jach die Juden ze rehtgehocircren daz ricircche an und ander nieman
()ldquo Zu dieser Quelle vgl Ziwes Studien (1995) 33f Anm 16
31 uarr Prima Vita Clementis V 5
32 uarr Quarta Vita Clementis V 62bdquo Anno Domini MCCCVJ in festo sancte Marie Magdalene de
mandato et ordinatione regis Francie fuerunt capti omnes Judei ubique in regno Francie quasi
imperceptibiler una die et confiscata sunt bona ipsorum quecumque potuerunt inveniri fueruntque
a regno expulsi ulterius minime reversurirdquo Vgl auch Sexta Vita Clementis V 92-93bdquo Et etiam in
isto anno in die sancte Marie Magdalene omnes Judei de regno Francie congediati [congregati]
fuerunt et eorum bona omnia extiterunt confiscatardquo
33 uarr Continuatio Guilelmi de Nangis 59 bdquoMense Augusto Rex Philippus omnes Judaeos de Regno
Franciae penitus amp omnino fecit expelli certum regressionis terminum sub poena mortis praesigens
eisdemrdquo
34 uarr Florentii Wigoriensis 192 ldquoBarones cum Londoniensibus Judaismum Londoniae spoliaverunt
multis Judaeis interfectisldquo Siehe auch Mundill England (1998) 41
35 uarr Florentii Wigoriensis 210ldquo Rex die Sancte Calixti synagogam Judaeorum in villa Londoniensi
fratribus de Poenitentia contulit Jesu Christi ()ldquo
36 uarr Ebd 222bdquoApud Norhamtonam () puer quidam a Judaeis crucifixus estrdquo
37 uarr BennerReverchon Juden (2003) 181
38 uarr Rubin Tales (1999) 40-48
39 uarr Mentgen Vertreibungen (1997) 42-44
40 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 64f sieht den Muumlnzbeschneidungsskandal als Folge der Verarmung
der Juden Eine andere Meinung vertritt Mundill England (1998) 195-198 der vor allem auf eine
erfolgreiche Rolle der Juden im Wollhandel verweist
41 uarr Florentii Wigoriensis 221ldquo Rex omnes Judaeos et quosdam Christianos de retonsura aut alia
monetae falsatione convictos fecit suspensi Unde Londoniae CCLX et VII Judaei mortis judicium
subierunt Quidam autem relegati quidam etiam eorum perpetuo sunt carceri adjudicati et quidam
in Anglia remanseruntrdquo Vgl auch Mundill England (1998) 67f sowie uumlber die Zahl der Opfer weiter
oben Anmerkung 36
42 uarr Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 S 20
43 uarr Nach der chronikalischen Uumlberlieferung waren es 267 bzw 269 hingerichtete Juden Eine
Auswertung der auszligerchronikalischen Quellen ergab die Zahl von 298 erhaumlngten Juden Rokeacuteach
Monex I (198890) 98
44 uarr Jordan Monarchy (1989) 182f
45 uarr rdquoVos autre fuistis Engles qui exiverunt de terra eorum quia rotundabatis monetamrdquo in
Shatzmiller Schlomo Ibn Verga (1988) 355 Ders Solidariteacute (1986) 423
46 uarr Shlomo Ibn Verga Shevet Yehudah Teil I (hebr) Teil II (dt Uumlbersetzung)(Edit Wiener) Shevet
Yehudah (Edit Shochat)
47 uarr Zu Leben und Werk Shlomo Ibn Vergas Baer Hearot (1934) 152-179
48 uarr Shevet Yehudah Nr 18 (hebr S 42-43 dt Uumlbers S 84-85) Shevet Yehudah (Edit Shochat)
S 66
49 uarr Shevet Yehudah Nr 20 (hebr 43-45 dt Uumlbers 86-89)
50 uarr Zu Yosef ha-Kohen und seinem Werk Loeb Josef Hacohen (1888) XVI 28-56 211-235 XVII
74-95 247-271
51 uarr Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (dt
Uumlbersetzung Wiener)
52 uarr Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) 38-39 (Edit Wiener) 41-42
53 uarr Usque Nachum Israel III (1908) XI-XIII Auch bei Gedalyah Ibn Yachjah Shalshelet ha-
Kabbalah (nach Graetz Geschichte VII (1897) 429 weitere Quellen Graetz ebd 426-430)
54 uarr Siehe Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 20a
55 uarr ldquoSie [die Dominikaner] brachten sogar Muumlnzsorten herbei die sie selbst zuhause beschnitten
hattenldquo Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) S 38 (Edit Wiener) 41
56 uarr Fuumlr vielerlei Hinweise zur hebraumlischen Uumlberlieferung der Vertreibung der franzoumlsischen Juden sei
Dr Abraham David Jerusalem herzlich gedankt
57 uarr Schwarzfuchs History (2001) 269-274 Ben-Shalom Communication (1991) 171-225
58 uarr Abba Mari ben Mose von Lunel Sefer Minchat Qenaot Nr 120 in Shlomo Ibn Adret Tshuvot II
835-836
59 uarr BT Berachot 70a Gemeint ist hier die Philosophie griechischer Tradition die von Abba Mari
besonders bekaumlmpft wurde Shlomo Ibn Adret Teshuvot Bd 2 835 Anmerkung zu Zeile 1 Abba
Mari brachte die Vertreibung der suumldfranzoumlsischen Juden mit deren Hinwendung zur griechischen
Philosophie in Verbindung Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 832 Anmerkung zu Zeile 8
60 uarr Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 835-836 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001) 273
61 uarr Jordan French Monarchy (1989) 195196
62 uarr Saige Juifs (1881) 92
63 uarr Jordan French Monarchy (1989) 205 Saige Juifs (1881) 101-102 308-319 324-325
64 uarr Zu Leben und Werk sowie zu seinem Aufenhalt im Lande Israel siehe Schwarzfuchs History
261 Elbaum Estori ha-Parhi S 918f
65 uarr Zur Bedeutung des hebraumlischen Begriffes Prowentzah der neben der heutigen Provence auch
das Languedoc miteinschloss siehe Gross Gallia Judaica (1887) 489 In diesem Sinne entspricht
Prowentzah der roumlmischen Provincia Narbonnensis In Kontext der Vertreibung der Juden im
Jahre 1306 kann nur das Languedoc gemeint sein
66 uarr Eshtori haParchi Kaftor waFerach 218
67 uarr Schwarzfuchs History (2001) 276-278 Dahan Gersonide (1991)
68 uarr Levi ben Gershom Pirush al ha-Torah
69 uarr Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 153-154
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
30 uarr Oumlsterreichische Reimchronik Verse 91239-91777 1186-1192ldquo die dritten vorderungdie an den
Franzois junctet der kunic Albrehter jach die Juden ze rehtgehocircren daz ricircche an und ander nieman
()ldquo Zu dieser Quelle vgl Ziwes Studien (1995) 33f Anm 16
31 uarr Prima Vita Clementis V 5
32 uarr Quarta Vita Clementis V 62bdquo Anno Domini MCCCVJ in festo sancte Marie Magdalene de
mandato et ordinatione regis Francie fuerunt capti omnes Judei ubique in regno Francie quasi
imperceptibiler una die et confiscata sunt bona ipsorum quecumque potuerunt inveniri fueruntque
a regno expulsi ulterius minime reversurirdquo Vgl auch Sexta Vita Clementis V 92-93bdquo Et etiam in
isto anno in die sancte Marie Magdalene omnes Judei de regno Francie congediati [congregati]
fuerunt et eorum bona omnia extiterunt confiscatardquo
33 uarr Continuatio Guilelmi de Nangis 59 bdquoMense Augusto Rex Philippus omnes Judaeos de Regno
Franciae penitus amp omnino fecit expelli certum regressionis terminum sub poena mortis praesigens
eisdemrdquo
34 uarr Florentii Wigoriensis 192 ldquoBarones cum Londoniensibus Judaismum Londoniae spoliaverunt
multis Judaeis interfectisldquo Siehe auch Mundill England (1998) 41
35 uarr Florentii Wigoriensis 210ldquo Rex die Sancte Calixti synagogam Judaeorum in villa Londoniensi
fratribus de Poenitentia contulit Jesu Christi ()ldquo
36 uarr Ebd 222bdquoApud Norhamtonam () puer quidam a Judaeis crucifixus estrdquo
37 uarr BennerReverchon Juden (2003) 181
38 uarr Rubin Tales (1999) 40-48
39 uarr Mentgen Vertreibungen (1997) 42-44
40 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 64f sieht den Muumlnzbeschneidungsskandal als Folge der Verarmung
der Juden Eine andere Meinung vertritt Mundill England (1998) 195-198 der vor allem auf eine
erfolgreiche Rolle der Juden im Wollhandel verweist
41 uarr Florentii Wigoriensis 221ldquo Rex omnes Judaeos et quosdam Christianos de retonsura aut alia
monetae falsatione convictos fecit suspensi Unde Londoniae CCLX et VII Judaei mortis judicium
subierunt Quidam autem relegati quidam etiam eorum perpetuo sunt carceri adjudicati et quidam
in Anglia remanseruntrdquo Vgl auch Mundill England (1998) 67f sowie uumlber die Zahl der Opfer weiter
oben Anmerkung 36
42 uarr Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 S 20
43 uarr Nach der chronikalischen Uumlberlieferung waren es 267 bzw 269 hingerichtete Juden Eine
Auswertung der auszligerchronikalischen Quellen ergab die Zahl von 298 erhaumlngten Juden Rokeacuteach
Monex I (198890) 98
44 uarr Jordan Monarchy (1989) 182f
45 uarr rdquoVos autre fuistis Engles qui exiverunt de terra eorum quia rotundabatis monetamrdquo in
Shatzmiller Schlomo Ibn Verga (1988) 355 Ders Solidariteacute (1986) 423
46 uarr Shlomo Ibn Verga Shevet Yehudah Teil I (hebr) Teil II (dt Uumlbersetzung)(Edit Wiener) Shevet
Yehudah (Edit Shochat)
47 uarr Zu Leben und Werk Shlomo Ibn Vergas Baer Hearot (1934) 152-179
48 uarr Shevet Yehudah Nr 18 (hebr S 42-43 dt Uumlbers S 84-85) Shevet Yehudah (Edit Shochat)
S 66
49 uarr Shevet Yehudah Nr 20 (hebr 43-45 dt Uumlbers 86-89)
50 uarr Zu Yosef ha-Kohen und seinem Werk Loeb Josef Hacohen (1888) XVI 28-56 211-235 XVII
74-95 247-271
51 uarr Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (dt
Uumlbersetzung Wiener)
52 uarr Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) 38-39 (Edit Wiener) 41-42
53 uarr Usque Nachum Israel III (1908) XI-XIII Auch bei Gedalyah Ibn Yachjah Shalshelet ha-
Kabbalah (nach Graetz Geschichte VII (1897) 429 weitere Quellen Graetz ebd 426-430)
54 uarr Siehe Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 20a
55 uarr ldquoSie [die Dominikaner] brachten sogar Muumlnzsorten herbei die sie selbst zuhause beschnitten
hattenldquo Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) S 38 (Edit Wiener) 41
56 uarr Fuumlr vielerlei Hinweise zur hebraumlischen Uumlberlieferung der Vertreibung der franzoumlsischen Juden sei
Dr Abraham David Jerusalem herzlich gedankt
57 uarr Schwarzfuchs History (2001) 269-274 Ben-Shalom Communication (1991) 171-225
58 uarr Abba Mari ben Mose von Lunel Sefer Minchat Qenaot Nr 120 in Shlomo Ibn Adret Tshuvot II
835-836
59 uarr BT Berachot 70a Gemeint ist hier die Philosophie griechischer Tradition die von Abba Mari
besonders bekaumlmpft wurde Shlomo Ibn Adret Teshuvot Bd 2 835 Anmerkung zu Zeile 1 Abba
Mari brachte die Vertreibung der suumldfranzoumlsischen Juden mit deren Hinwendung zur griechischen
Philosophie in Verbindung Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 832 Anmerkung zu Zeile 8
60 uarr Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 835-836 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001) 273
61 uarr Jordan French Monarchy (1989) 195196
62 uarr Saige Juifs (1881) 92
63 uarr Jordan French Monarchy (1989) 205 Saige Juifs (1881) 101-102 308-319 324-325
64 uarr Zu Leben und Werk sowie zu seinem Aufenhalt im Lande Israel siehe Schwarzfuchs History
261 Elbaum Estori ha-Parhi S 918f
65 uarr Zur Bedeutung des hebraumlischen Begriffes Prowentzah der neben der heutigen Provence auch
das Languedoc miteinschloss siehe Gross Gallia Judaica (1887) 489 In diesem Sinne entspricht
Prowentzah der roumlmischen Provincia Narbonnensis In Kontext der Vertreibung der Juden im
Jahre 1306 kann nur das Languedoc gemeint sein
66 uarr Eshtori haParchi Kaftor waFerach 218
67 uarr Schwarzfuchs History (2001) 276-278 Dahan Gersonide (1991)
68 uarr Levi ben Gershom Pirush al ha-Torah
69 uarr Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 153-154
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
47 uarr Zu Leben und Werk Shlomo Ibn Vergas Baer Hearot (1934) 152-179
48 uarr Shevet Yehudah Nr 18 (hebr S 42-43 dt Uumlbers S 84-85) Shevet Yehudah (Edit Shochat)
S 66
49 uarr Shevet Yehudah Nr 20 (hebr 43-45 dt Uumlbers 86-89)
50 uarr Zu Yosef ha-Kohen und seinem Werk Loeb Josef Hacohen (1888) XVI 28-56 211-235 XVII
74-95 247-271
51 uarr Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) Yosef ha-Kohen Emeq ha-Bachah (dt
Uumlbersetzung Wiener)
52 uarr Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) 38-39 (Edit Wiener) 41-42
53 uarr Usque Nachum Israel III (1908) XI-XIII Auch bei Gedalyah Ibn Yachjah Shalshelet ha-
Kabbalah (nach Graetz Geschichte VII (1897) 429 weitere Quellen Graetz ebd 426-430)
54 uarr Siehe Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Lemberg) Nr 246 20a
55 uarr ldquoSie [die Dominikaner] brachten sogar Muumlnzsorten herbei die sie selbst zuhause beschnitten
hattenldquo Emeq ha-Bachah (Edit Almbladh) S 38 (Edit Wiener) 41
56 uarr Fuumlr vielerlei Hinweise zur hebraumlischen Uumlberlieferung der Vertreibung der franzoumlsischen Juden sei
Dr Abraham David Jerusalem herzlich gedankt
57 uarr Schwarzfuchs History (2001) 269-274 Ben-Shalom Communication (1991) 171-225
58 uarr Abba Mari ben Mose von Lunel Sefer Minchat Qenaot Nr 120 in Shlomo Ibn Adret Tshuvot II
835-836
59 uarr BT Berachot 70a Gemeint ist hier die Philosophie griechischer Tradition die von Abba Mari
besonders bekaumlmpft wurde Shlomo Ibn Adret Teshuvot Bd 2 835 Anmerkung zu Zeile 1 Abba
Mari brachte die Vertreibung der suumldfranzoumlsischen Juden mit deren Hinwendung zur griechischen
Philosophie in Verbindung Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 832 Anmerkung zu Zeile 8
60 uarr Shlomo Ibn Adret Tshuvot II 835-836 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001) 273
61 uarr Jordan French Monarchy (1989) 195196
62 uarr Saige Juifs (1881) 92
63 uarr Jordan French Monarchy (1989) 205 Saige Juifs (1881) 101-102 308-319 324-325
64 uarr Zu Leben und Werk sowie zu seinem Aufenhalt im Lande Israel siehe Schwarzfuchs History
261 Elbaum Estori ha-Parhi S 918f
65 uarr Zur Bedeutung des hebraumlischen Begriffes Prowentzah der neben der heutigen Provence auch
das Languedoc miteinschloss siehe Gross Gallia Judaica (1887) 489 In diesem Sinne entspricht
Prowentzah der roumlmischen Provincia Narbonnensis In Kontext der Vertreibung der Juden im
Jahre 1306 kann nur das Languedoc gemeint sein
66 uarr Eshtori haParchi Kaftor waFerach 218
67 uarr Schwarzfuchs History (2001) 276-278 Dahan Gersonide (1991)
68 uarr Levi ben Gershom Pirush al ha-Torah
69 uarr Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 153-154
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
70 uarr Einleitung zu Pirqe Avot abgedruckt in Loeb Mattatya ha-Yiccedilhari (1883) 154-155 Mattityah
ha-Yizharh Perush 67
71 uarr Schwarzfuchs History (2001) 236
72 uarr Kalonymos ben Kalonymos Even Bochan 102 Zitiert auch bei Schwarzfuchs History (2001)
241
73 uarr Siehe hierzu Schwarzfuchs Expulsion (1967) 482-489 Ders History (2001) 261-262 Jordan
French Monarchy (1989) 200-213 Chazan Medieval Jewry (1973) 191-201
74 uarr Schwarzfuchs History (2001) 273-74
75 uarr Zobel Kezat (1947) 91
76 uarr Schwarzfuchs History (2001) 235 279 mit weiteren Angaben
77 uarr Shlomo Ibn Adret Teshuvot (Edit Wien) Nr 418
78 uarr SchirmannFleischer Hebrew Poetry (1997) 513
79 uarr Itzchak Abarbanel Yeshuot Meshicho fol 46a-b
80 uarr Ibn Verga Schevet Jehuda Nr 21 (hebr 45 dt Uumlbers 89)
81 uarr Usque Nachum Israel III (1903) 21 mit Abweichung in der Datierung und der Erwaumlhnung des
Uumlbertritts eines groszligen Teils der Gemeinde von Toulouse zum Christentum
82 uarr Emek habachah (Almbladh) 42 (Wiener) 46 mit Erwaumlhnung der Bekehrung eines Teils der
Gemeinde von Toulouse
83 uarr Vgl allgemein zur Geschichte der Juden von England Roth History (1989)
84 uarr Hyams interpretiert die Titulierung der Juden als lsquodes Koumlnigsrsquo in erster Linie als Zeichen des
Koumlnigs um Anspruumlche des uumlbrigen Adels abzuwehren Hyams Jews (1996) 182
85 uarr Eleonore von der Provence die Mutter Edwards I konnte 1275 die Juden aus Marlborough
Gloucester Worcester und Cambridge vertreiben ohne dass der Koumlnig nachweislich an dieser
Entscheidung beteiligt war
86 uarr Mundill England (1998) 54-56
87 uarr Ebd 56
88 uarr Ebd 56
89 uarr Ebd 58
90 uarr Hyams Jews (1996) 185
91 uarr Zu den Rechten an den Juden des franzoumlsischen Koumlnigreichs vgl Jordan Jews (1998) 1-16
92 uarr Patschovsky Rechtsverhaumlltnis (1993) 348f
93 uarr BennerReverchon Juden (2003) 184
94 uarr Jordan Monarchy (1996) 38-43
95 uarr Ebd 96
96 uarr Chazan Church (1980) 211f Vgl auch Jordan Monarchy (1989) 94-104 Ders Jews 6f sowie
BennerReverchon Juden (2003) 186
97 uarr Jordan Monarchy (1989) 129-131
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a
98 uarr Layettes No 2083 Uumlbersetzung bei Chazan Church (1980) 213-215 Siehe auch Jordan Jews
1998 3f In den folgenden Jahren verschaumlrfte Ludwig IX durch diverse Anordnungen seine
Bemuumlhungen gegen den Wucher so 1234 als er von den Juden verlangte ohne Wucher zu
arbeiten Vgl Chazan Church (1980) 216f Ebenso ist sein schon oben erwaumlhnter Befehl vom
sechsten Kreuzzug 1254 zu verstehen
99 uarr Yuval Nations 283f
100 uarr Jordan Monarchy (1989) 137-141
101 uarr Uumlber die Vertreibungen der Juden aus den anderen Regionen siehe oben Kapitel II
102 uarr Jordan Monarchy (1989) 187 Die Juden wurden 1269 das erste Mal von Ludwig IX
aufgefordert ein Abzeichen zu tragen Dies wurde 1271 von Philipp III bestaumltigt Vgl Chazan Jewry
(1973) 149-155
103 uarr Ebd 190
104 uarr Ebd 192-194
105 uarr Ebd 198f
106 uarr Hyams Jews (1996) 182f Abulafia Servitude (2000) 691
107 uarr Shatzmiller Shylock (1990) 62-65
108 uarr Gilomen Wucher (1990) 276-283
109 uarr Cluse Zusammenhang (1999) 141
110 uarr Ebd 143
111 uarr Jordan Monarchy (1989) 131f
112 uarr Holtmann Juifs de France (2004) 227-240 Ziwes Studien (1995) 181-193 Burgard Migration
(1992) 50-52 57
113 uarr Guggenheim Gemeinde (2002) 96 Barzen Regionalorganisation (2002) 252Die Edition des
hebraumlischen Textes zukuumlnftig als Teil einer Gesamtedition aller rheinischen Rechtssatzungen in
Rainer Barzen Takkanot Kehillot Schum Die Rechtssatzungen der Gemeinden von Mainz Worms
und Speyer im hohen und spaumlteren Mittelalter
114 uarr Ms Hamburg Staats- und Universitaumltsbibliothek Cod hebr 297 fol 14b-16a
115 uarr Agus Rabbi Meir I (1947) 141 Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 1001
116 uarr Zu Leben und Werk siehe Urbach Baalei ha-Tosafot II (1986) 226-260
117 uarr Agus ebd Meir ben Baruch Tshuvot (Edit Prag-Budapest) Nr 661 Tosafot zu BT Baba Kama
58a