Staatliche Definition nationaler Zugehörigkeit und ausschließende Verwaltungspraxis in der...

27
Staatliche Definition nationaler Zugehörigkeit und ausschließende Verwaltungspraxis in der Dominikanischen Republik T S In der Dominikanischen Republik, dem reichsten Land der Karibik, ist das nationale Selbstbild staatlicher Eliten im 19. und 20. Jahrhundert vielfach durch Bemühungen geprägt gewesen, sich vom haitianischen Nachbarn abzugrenzen. Entsprechend groß waren und sind die Restriktionen, die staatliche Institutionen gegenüber haitianischen Einwanderern einführ- ten und nach wie vor praktizieren. Dazu gehörte deren prekärer Aufent- haltsstatus, der an einen konkreten Arbeitsplatz geknüpft und nur »vorü- bergehend« erlaubt war. Dazu gehörte ebenso die polizeilich-militärische Kontrolle bei der Einreise und beim Rücktransport der Arbeitskräfte nach Haiti, die in den vergangenen zwei Dekaden in eine staatliche Abschiebe- politik transformiert wurde. Dieses Ausschlussregime verschärft sich seit Beginn des 21. Jahrhunderts durch die implizite Ausbürgerung von Do- minikanern haitianischer Herkunft – eine Praxis, die im Jahr 2010 durch die Änderung der dominikanischen Verfassung legalisiert und, wie zu be- fürchten ist, perpetuiert wurde. Durch die Aushöhlung des ius soli, des Territorialprinzips für den Erwerb der Staatsangehörigkeit, werden seit- dem im Inland Geborene nur dann noch als Staatsangehörige betrachtet, wenn mindestens ein Elternteil legal in der Dominikanischen Republik lebte. Die Nachkommen von »temporären Arbeitern«, also dem ganz über- wiegenden Teil aller Eingewanderten, gelten damit oziell nicht mehr als dominikanische Staatsangehörige. Am Beispiel der jüngsten Änderungen des dominikanischen Ein- wanderungsgesetzes und der Verfassung zeige ich in diesem Beitrag, wie bestimmte bürokratische Techniken Ausschlüsse verstärken, die in der nationalen policy of belonging der Dominikanischen Republik angelegt

Transcript of Staatliche Definition nationaler Zugehörigkeit und ausschließende Verwaltungspraxis in der...

Staatliche Definition nationaler Zugehörigkeit

und ausschließende Verwaltungspraxis

in der Dominikanischen Republik

Tobias Schwarz

In der Dominikanischen Republik, dem reichsten Land der Karibik, ist das nationale Selbstbild staatlicher Eliten im 19. und 20. Jahrhundert vielfach durch Bemühungen geprägt gewesen, sich vom haitianischen Nachbarn abzugrenzen. Entsprechend groß waren und sind die Restriktionen, die staatliche Institutionen gegenüber haitianischen Einwanderern einführ-ten und nach wie vor praktizieren. Dazu gehörte deren prekärer Aufent-haltsstatus, der an einen konkreten Arbeitsplatz geknüpft und nur »vorü-bergehend« erlaubt war. Dazu gehörte ebenso die polizeilich-militärische Kon trolle bei der Einreise und beim Rücktransport der Arbeitskräfte nach Haiti, die in den vergangenen zwei Dekaden in eine staatliche Abschiebe-politik transformiert wurde. Dieses Ausschlussregime verschärft sich seit Beginn des 21. Jahrhunderts durch die implizite Ausbürgerung von Do-minikanern haitianischer Herkunft – eine Praxis, die im Jahr 2010 durch die Änderung der dominikanischen Verfassung legalisiert und, wie zu be-fürchten ist, perpetuiert wurde. Durch die Aushöhlung des ius soli, des Territorialprinzips für den Erwerb der Staatsangehörigkeit, werden seit-dem im Inland Geborene nur dann noch als Staatsangehörige betrachtet, wenn mindestens ein Elternteil legal in der Dominikanischen Republik lebte. Die Nachkommen von »temporären Arbeitern«, also dem ganz über-wiegenden Teil aller Eingewanderten, gelten damit offiziell nicht mehr als dominikanische Staatsangehörige.

Am Beispiel der jüngsten Änderungen des dominikanischen Ein-wanderungsgesetzes und der Verfassung zeige ich in diesem Beitrag, wie bestimmte bürokratische Techniken Ausschlüsse verstärken, die in der nationalen policy of belonging der Dominikanischen Republik angelegt

TOBIAS SCHWARZ64

sind.1 Cris Shore und Susan Wright betonen die alltägliche Bedeutung von »policy«, ja bezeichnen diese als »fundamental ›organising principle‹ of society (…) around which people live their lives and structure their reali-ties« (Shore/Wright 2011: 2). Als ein derartig wirksames »Organisations-prinzip« verstehe ich die staatliche Kompetenz, das nationale Kollektiv zu denken und entsprechend zu formen – eine moderne Form der Macht, die Foucault biopouvoir (Biomacht) genannt hat (vgl. Foucault 1999). Die Nation ist demnach ein stets unvollständiges Projekt, das als kollektiver »focus of allegiance« (Shore/Wright 1997: 7) umstritten ist. Auch dessen praktische Konsequenzen müssen laufend neu gedeutet werden und spie-geln sich in der jeweiligen nationalen policy of belonging2 wieder. Unter dieser Perspektive nutzt meine Untersuchung empirisch zugängliche Ma-terialitäten des Rechts – Dokumente, Institutionen, Verwaltungspraktiken –, um die alltägliche Macht von Staatsangehörigkeitspolitiken darzustel-len. Eine Schlüsselfigur der dominikanischen Zugehörigkeitspolitik ist ein konkretes nationales »Anderes«: der haitianische Arbeitsmigrant. Daher beginne ich mit einem Blick zurück in die Geschichte der dominikani-schen Nationsbildung auf Vorstellungen nationaler Selbstbeschreibung in Abgrenzung vom Nachbarn Haiti.

ANTI-HAITIANISMUS IN DER DOMINIKANISCHEN GESCHICHTE

Die offizielle Selbstdarstellung des dominikanischen Staates ist seit der Nationalstaatsgründung im 19. Jahrhundert dadurch geprägt, die eige-

1 | Staatsangehörigkeit als Policy of Belonging thematisier t mein laufendes

Forschungsprojekt innerhalb des vom BMBF geförderten Kompetenznetz Latein-

amerika – Ethnicity, Citizenship, Belonging, aus dem das verwendete Material

stammt; siehe www.kompetenznetz-lateinamerika.de.

2 | Damit orientiere ich mich an den theoretischen Ansätzen zu politics of be-

longing bei Brubaker 2010 und Yuval-Davis 2006, betone aber die Ebene der

policies, da diese mehr noch als Herrschaftstechniken (politics) diskursive For-

mationen sind, durch die Klassifikationen hergestellt werden, die zur Legitima-

tion der herrschenden Verhältnisse notwendig sind (vgl. Shore/Wright 1997).

STAATLICHE DEFINITION NATIONALER ZUGEHÖRIGKEIT UND AUSSCHLIESSENDE VERWALTUNGSPRAXIS 65

ne Gesellschaft als »nicht Schwarz« darzustellen.3 Dies ist ein Anliegen, das unter den gebildeten Schichten in ganz Lateinamerika ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verbreitet war: die breite Masse der Bevölke-rung nicht als »minderwertig« wahrnehmen zu müssen, stellte doch der aufkommende »naturwissenschaftliche« Rassismus Weiße auf die höchs-te Stufe der Zivilisation und wertete Schwarze sowie »Eingeborene« ab (Appelbaum 2003: 5f.). Der Wunsch nationaler Eliten, das »Volk« nicht als Nachkommen von Ureinwohnern und Sklaven, die als rückständig gal-ten, zu betrachten, sondern mit dem gebildeten und modernen Europa der Weißen Oberschicht zu assoziierten, äußerte sich daher in der Regel entweder als Ideologie der »Bleichung« (blanqueamiento) oder in Form des positiven Bezugs auf »Mischungen« (mestizaje).4 In der Dominikanischen Republik wurden beide Ansätze verknüpft, und neben das blanqueamiento trat der Mythos, das dominikanische Volk wäre aus der Mischung zwischen Spaniern und Ureinwohnern hervorgegangen (Torres-Saillant 1998).

Expliziter Anti-Haitianismus, also die Bewertung des eigenen nationa-len Kollektivs als höherwertig als den haitianischen Nachbarn, wird meist

3 | Um Rassekonstruktionen beschreiben zu können verwende ich die Begrif fe

Schwarz und Weiß mit Majuskeln – sie indizieren nicht Hautfarben oder ver-

meintliche Herkunft, sondern geben wieder, wie Akteure bestimmte Gruppen

wahrnehmen und bezeichnen. Die zeitgenössischen bzw. umgangssprachlichen

Kategorisierungen wie »raza caucasica« oder »mulatos« sind wörtliche Zitate.

4 | Die Vorstellung, die Bevölkerung könnte mit der Zeit »weißer« werden, beruh-

te auf der Annahme, durch for tgesetzte Mischung würden das amerikanische und

das afrikanische Element zugunsten des europäischen nach und nach verdrängt

oder überlagert werden. Viele lateinamerikanische Staaten wollten durch euro-

päische Siedler und/oder durch Ermordung bzw. Assimilation der Ureinwohner

den Prozess der »Bleichung« beschleunigen. In Regionen mit großen indigenen

Bevölkerungsanteilen hingegen war der »mestizismo« er folgversprechender, der

gerade die Mischung zwischen Kolonialisatoren und lokaler Bevölkerung als be-

sonders positiv, als neuartige und bessere »Rasse« bewertete (prominentestes

Beispiel ist die »raza cósmica«, Vasconcelos 1927). So konnte die mestizische

Nation kontrafaktisch als »homogen gemischt« betrachtet werden, was gleichzei-

tig die reale Machtkonzentration bei einer europäisch orientier ten Oberschicht

überspielte sowie die Ausgrenzung der ländlichen indigenen Gruppen (als noch

nicht genügend assimilier t oder gar als zivilisationsresistent) zulässig erschei-

nen ließ (vgl. Graham et al. 1992, Torres/Whitten 1998, Wade 1997).

TOBIAS SCHWARZ66

mit der Diktatur von Rafael Leónidas Trujillo (1930-1961) in Verbindung gebracht. Während Trujillos Herrschaft wurde der Anti-Haitianismus zur Regierungspolitik. Dies basierte auf zwei Strategien: staatliche Propagan-da gegen und institutionalisierte Ausgrenzung von Haitianern. Gründend auf diffuser Feindschaft gegenüber Haiti, die seit dem 19. Jahrhundert gewachsen war, betonte die Propaganda Trujillos die Vorstellung einer »rassischen« Überlegenheit der Dominikaner und machte dies zur offi-ziellen Position der Regierung mit entsprechendem Niederschlag im Bil-dungswesen und den Massenmedien. Die historischen Unterschiede zwi-schen den beiden Nachbarländern wurden nun verstärkt als Unterschiede zwischen zwei auch biologisch abgrenzbaren »Völkern« gedeutet (Sagás 2000: 51). Gleichzeitig wurde die Gefahr einer erneuten haitianischen Invasion beschworen, diesmal jedoch als schleichende Unterwanderung der dominikanischen Gesellschaft durch bedrohlich hohe Einwanderung aus Haiti. Zum Schutz der Nation seien daher entsprechende Gesetze zu erlassen, darunter auch die selektive Einwanderungspolitik, auf die ich an-schließend eingehen werde. Das Praktizieren von Voodoo und anderen als »nicht-spanisch« oder explizit »haitianisch« bezeichneten afrikanischen Traditionen wurde verboten (vgl. Sagás 2000: 63), der Tanz Merengue wurde als »typisch spanisch« popularisiert (Sellers 2004: 93f.). Tausende Haitianer, Dominikaner mit haitianischen Vorfahren und Angehörige ge-mischter Familien, die in der dominikanischen Grenzregion lebten, wur-den 1937 auf Anordnung Trujillos von dominikanischen Milizen und dem Militär getötet, um den Staat als machtvoll genug erscheinen zu lassen, die Nation nach außen abschirmen und alle haitianischen Einflüsse abwehren zu können (vgl. Howard 2001: 29).5

Durch die verschiedenen Strategien der ideologischen Distanzierung vom »Schwarzsein« (das mit Haiti assoziiert wird) sehen sich viele Domi-nikaner bis heute als Nachfahren der spanischen Eroberer oder der präko-

5 | Vielfach wird von »mindestens« 12.000 oder 25.000 Toten der Massaker von

1937 gesprochen (vgl. Capdevila 2003, Wucker 2000). Laut einer Zusammen-

stellung bei Vega (1988: 386) reichen Schätzungen zur Anzahl der Getöteten

von 1.000 bis 35.000 Personen (vgl. auch Vega 1995). Vegas jüngste Schätzung

lag 2003 bei 6.000 ermordeten Dominiko-Haitianern (vgl. Wooding/Moseley-

Williams 2004: 20). Die deutlich geringere Anzahl sei laut Vega darauf zurückzu-

führen, dass sich wohl weit mehr Menschen als zuvor angenommen durch Flucht

über die Grenze vor ihrer Ermordung retten konnten.

STAATLICHE DEFINITION NATIONALER ZUGEHÖRIGKEIT UND AUSSCHLIESSENDE VERWALTUNGSPRAXIS 67

lumbischen Taino-Bevölkerung (die tatsächlich bereits im 16. Jahrhundert durch die Kolonialisierung nahezu ausgelöscht war) und betrachten das af-rikanische Erbe als unbedeutend.6 Die staatliche Abwehr der haitianischen Einwanderung bekam im Laufe des 20. Jahrhunderts für diese Identitäts-polarität wie bereits angedeutet eine bedeutende Funktion. Seit den letz-ten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wird die genannte Distanzie-rung durch eine rechtliche Formalisierung neu formuliert, wodurch sich bestimmte Ausschlüsse noch verstärken. Mit den Details dieser Politiken befasst sich die folgende Fallstudie.

DIE VORGESCHICHTE DER HEUTIGEN AUSSCHLÜSSE : LEGALE ENTRECHTUNG VON ARBEITSMIGRANTEN

Die Dominikanische Republik ist traditionell ein Einwanderungsland.7 Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden Landarbeitskräfte (primär für die Zuckerrohrernte) von den Plantagenbesitzern, zunächst in der anglophonen Karibik,8 später in Haiti, angeworben. Der Haupt-grund dafür war – neben einem generellen Arbeitskräftemangel durch das Wachstum der plantagenförmigen Zuckerrohrproduktion in großem Stil –, dass diese angeworbenen Arbeiter9 billiger waren als die einheimi-

6 | Die zunehmende Problematisierung der Selbstwahrnehmung der dominika-

nischen Gesellschaft als »nicht Schwarz« wird auf die Er fahrungen vieler domi-

nikanischer Emigranten zurückgeführt, die z.B. in den USA selbst als Schwarz

kategorisier t werden, was wiederum ihre Bewertung von blackness verändert

(vgl. Moya Pons 1982: 33, Howard 2001: 112).

7 | Dies änderte sich erst in den 1980er Jahren, als Auswanderung vor allem in

die USA deutlich zunahm. Heute sind die Rücküberweisungen der Auswanderer (re-

mesas) nach dem Tourismus die zweitwichtigsten Devisenquellen der Dominikani-

schen Republik (vgl. Centro de Estudios Monetarios Latinoamericanos 2010: 8).

8 | Die U.S.-amerikanischen Plantagenbesitzer konnten sich mit den Arbeitern

aus den Britischen Kolonien besser verständigen als mit den spanischsprachi-

gen Dominikanern. Erst im 20. Jh. wurden die cocolos (ein abwertender Begrif f

für englischsprachige Schwarze) durch Haitianer ersetzt.

9 | Zu dieser Zeit wurden tatsächlich nur Männer ver traglich verpflichtet, erst ab

dem 20. Jh. reisten einige von ihnen auch mit ihren Familien ein, was sich in den

1960er Jahren verstetigte (vgl. Ferguson 2003: 11).

TOBIAS SCHWARZ68

schen. Die Ernte des Zuckerrohrs ist eine schwere körperliche Arbeit, die zudem im Akkord bezahlt wird. Die Blätter des Zuckerrohrs schneiden in die Haut, Schutzkleidung ist unbekannt, und viele der Erntearbeiter, braceros genannt, verletzen sich schwer bei der stundenlangen Arbeit mit den Macheten. Weil sich für diese unbeliebteste und am schlechtesten be-zahlte agrarische Tätigkeit nicht genügend alteingesessene Dominikaner fanden, wurde sie von der Gruppe mit der geringsten Verhandlungsmacht übernommen, den Erntehelfern kreolischer Muttersprache. Nicht nur ihre Löhne waren geringer, auch ihre Arbeits- und Lebensbedingungen waren deutlich schlechter als die der dominikanischen Bauern oder Tagelöhner.

Die erste, sehr offene Phase der dominikanischen Einwanderungspoli-tik war bereits seit 1905 durch Überlegungen darüber ergänzt worden, wel-che Gruppen von der Einreise auszuschließen seien, darunter Kranke und Kriminelle.10 Mit dem Einwanderungsgesetz von 1912 wurde erstmals ex-plizit zwischen erwünschten Weißen und unerwünschten Schwarzen Ein-wanderern unterschieden.11 Dessen erster Artikel begann in der Tradition eines Landes, das Einwanderung benötigt, mit der Erklärung, die Republik sei »offen für die Einreise aller zivilisierten und gesunden Personen«.12 Der folgende Artikel enthielt eine Liste von Ausschlussgründen, die ähn-lich auch in anderen amerikanischen Ländern um 1900 zu finden sind: Kranke, Arbeitsunfähige, Verrückte, Anarchisten wurden als »schädlich« betrachtet und daher von der Einreise ausgeschlossen.13 Laut Artikel 3 war schließlich die ausdrückliche vorherige Erlaubnis nur im Falle der Ein-reise der in »den europäischen Kolonien in Amerika [d.h. die franz. und brit. Antillen, T.S.], Asien, Afrika, und Ozeanien« Geborenen sowie bei

10 | Das erste dominikanische Einwanderungsgesetz von 1879 legte noch kei-

nen Wert auf die Herkunft der Siedler, sondern sollte generell Einwanderung an-

ziehen (wie bereits in Dekreten der Jahre 1847 und 1852 geregelt). Es befreite

die »Kolonisierer« daher nicht nur vom Militärdienst, sondern schenkte ihnen

Ackerland und verlieh ihnen sofor t die Staatsangehörigkeit (Ley de inmigración

No. 1780, 05.06.1879). Erst die Resolution 4627 vom 05.11.1905 (Gaceta Ofi-

cial No. 1634) verschreibt sich der Abwehr »bösartiger« Einwanderer.

11 | Diese Explikation zweier unterschiedlicher Einwanderungsgruppen wird re-

konstruier t von Capdevila 2004.

12 | Ley de migración, 07.05.1912, Ar t. 1 (G.O. 2295).

13 | Die typischen Einreiseverbote ab ca. 1890 sind dargestellt in Schwarz

2013.

STAATLICHE DEFINITION NATIONALER ZUGEHÖRIGKEIT UND AUSSCHLIESSENDE VERWALTUNGSPRAXIS 69

»Arbeitern anderer Rasse als der kaukasischen« erforderlich. Nun wurden ausländerrechtliche Kategorien also rassisch definiert, nur »kaukasische« Migranten brauchten keine gesonderte vorherige Erlaubnis zur Einreise. Diese Erlaubnis wurde an die »allgemeine Nützlichkeit« gebunden, wo-durch die Verwaltung frei über ihre Erteilung oder Verweigerung entschei-den konnte. Diese Struktur rassischen Ausschlusses wurde von der US-Militärverwaltung, der die Dominikanische Republik ab 1916 unterstand, aufrechterhalten. Die gesetzlichen Grundlagen des dominikanischen Mig-rationsregimes, die bis ins Jahr 2004 in etwa gleich blieben, stammten aus dieser Zeit des Zuckerbooms nach dem Ersten Weltkrieg.14 Als nach dem Zusammenbruch der Rübenindustrie in Europa der Weltmarktpreis des Zuckers sprunghaft anstieg, wuchs in der Dominikanischen Republik die Zuckerproduktion deutlich.15 Damit stieg auch der Bedarf an Arbeitskräf-ten an, was zur Anwerbung billiger Arbeitskräfte führte. Die Einwande-rung von schwarzen Landarbeitern (»braceros de cualquier raza que no sea la caucásica«) wurde aber ab 1919 als unzulässig definiert, sofern sie nicht ausdrücklich von der zuständigen Behörde genehmigt war.16 Die Regie-rung Trujillos setzte diese Anwendung von Rassenkategorien im Auslän-derrecht fort. Bereits nach dem Einwanderungsgesetz von 1932 mussten die rassisch definierten Gruppen unterschiedliche Einreise- und Aufent-haltsgebühren bezahlen, was 1934 und 1939 unter geringen Änderungen beibehalten wurde. Wer nicht der »mongolischen« oder der »schwarzen Rasse« angehörte erhielt den Aufenthaltstitel zu moderaten Gebühren, für »Individuen der mongolischen Rasse und auf dem afrikanischen Konti-nent Geborene, die nicht kaukasischer Rasse sind« war die Einreise von der Zahlung horrender Gebühren abhängig.17 Der selben Grundstruktur folgten die Gesetze von 1934 und von 1939, wobei in letzterem die Un-

14 | Die USA intervenier ten militärisch bereits 1905 und 1907 und sicher-

ten sich die Finanzverwaltung des Karibikstaates, die bis 1940 andauerte. Eine

regelrechte Besatzung begann 1916 und dauerte bis 1924 (vgl. Grundberger

2008). Da auch Haiti von 1915 bis 1934 unter US-Besatzung stand (Schmidt

1995), ließ sich der Austausch von Arbeitskräften über die Grenze hinweg ver-

waltungstechnisch leicht organisieren.

15 | Die Zuckerplantagen waren überwiegend in US-Besitz und 98% des produ-

zier ten Zuckers wurde in die USA »exportier t« (Ferguson 2003: 10).

16 | Orden ejecutiva No. 372, 16.12.1919 (G.O. 3075).

17 | Ley No. 279, 19.01.32, Ar t. 1 (G.O. 4435).

TOBIAS SCHWARZ70

terscheidung zwischen »inmigrantes« und »no inmigrantes« (in etwa als »dauerhafte« und »nicht dauerhafte« Einwanderer zu verstehen) ein-geführt wurde. Dies war verbunden mit einer geringen Gebühr von vier US-Dollar für die befristeten Genehmigungen aller »non inmigrantes« (was damit auch die angeworbenen Erntehelfer einschloss), einer ebenso günstigen Erlaubnis (sechs US-Dollar) für den unbefristeten Aufenthalt für alle »Kaukasier« sowie alle amerikanischen »Ureinwohner« (»predo-minantemente de origen caucásico o de las razas autóctonas de América«; Art. 2) und einer horrenden Gebühr von 500 US-Dollar für den unbefris-teten Aufenthalt von »Immigranten die nicht überwiegend kaukasischer Herkunft sind«.18

Die drei Gesetze verboten also die dauerhafte Einwanderung Schwarzer nicht pro forma, sondern machen sie de facto unmöglich, da ein Arbeiter, kleiner Händler oder Handwerker unmöglich den Betrag von mehreren hundert US-Dollar aufbringen konnte (die offizielle Währung der Domi-nikanischen Republik unter US-Verwaltung). Gleichzeitig waren alle von Plantagenunternehmen angeworbenen Arbeitskräfte nur zur Zahlung des selben geringen Betrags verpflichtet, unabhängig von der Rassenkategorie, in die sie eingeordnet wurden. Die Einreise von Schwarzen wurde also offiziell als unerwünscht dargestellt und deren dauerhafte Einwanderung nahezu unmöglich, gleichzeitig aber in Form temporärer Arbeitsmigrati-on auf die Zuckerplantagen sehr wohl möglich gemacht, da dort die Nach-frage groß war. Zudem waren die ausländischen braceros ab 1939 generell in der ausländerrechtlichen Kategorie der »non inmigrantes« eingeordnet (Art. 3 der Ley No. 95 von 1939), sodass keine Erwähnung der Hautfarbe mehr notwendig war, um sie von einem unbefristeten Aufenthalt auszu-schließen.

18 | Ley No. 279, 29.01.1932, Ar t. 1-3; Ley No. 739, 14.08.1934, G.O. 4710,

Ar t. 11; Ley No. 95, 21.03.1939, G.O. 5299, Ar t. 9. Der zuletzt genannte Passus

schloss auch die aus Europa fliehenden Juden und Jüdinnen ein, denn er fordert

die hohe Gebühr explizit auch für Menschen, »die der semitischen Rasse ange-

hören und nicht bereits drei Jahre lang ununterbrochen in Amerika gelebt haben,

als dieses Gesetz erlassen wurde« (Ar t. 9, b).

STAATLICHE DEFINITION NATIONALER ZUGEHÖRIGKEIT UND AUSSCHLIESSENDE VERWALTUNGSPRAXIS 71

DER PREKÄRE RECHTSSTATUS: EINE TECHNIK DER DISZIPLINARGESELLSCHAFT

Die Bedeutung der Zuckerindustrie nahm unter Trujillo weiter zu, weshalb in seiner Amtszeit eine Reihe bilateraler Abkommen mit Haiti geschlossen wurden (convenios), in denen die Einreise von Haitianern für bestimmte Zeiträume (vor allem die Zuckerrohrernte) geregelt wurde.19 Durch diese Abkommen, in Verbindung mit den entsprechenden Passagen des Geset-zes, war der Aufenthalt der Arbeitskräfte an die Tätigkeit auf den Plantagen gebunden. Ein typischer Anwerbevertrag erklärte beispielsweise, dass der Arbeiter, falls er »unfähig« wird weiterzuarbeiten oder wenn er die Plan-tage verlässt, auf Kosten des Unternehmens »heimgeführt« (»repatriar«) werden müsse.20 Zur Abwicklung der staatlichen Verträge wurde nicht nur die Einreise der braceros, sondern auch ihre »Rückführung« nach der Ernte direkt durch Polizei und Militär kontrolliert. Weil sie sich nur auf den ihnen zugewiesenen Plantagen und nur während des festgeleg-ten Zeitraums (z.B. während der Ernte) aufhalten durften, war ihr Aufent-haltsstatus innerhalb der Dominikanischen Republik prekär. Sobald das Unternehmen sie nicht mehr brauchte, wenn sie ihren Arbeitsplatz wech-selten oder schlicht nur die Plantage verließen, konnten sie rechtens von der Polizei festgehalten und abgeschoben werden. Damit waren sie vom sozialen Leben der dominikanischen Gesellschaft de facto ausgeschlos-sen. Diese rechtliche Diskriminierung führte zudem zum Ausschluss der braceros vom Arbeitsmarkt. Sie verringerte ganz entschieden ihre Macht, die Höhe der Löhne, die Arbeits- und Lebensbedingungen auszuhandeln, während sie den Arbeitgebern geringe Kosten garantierte und sicherstell-te, dass sich die Arbeiter nicht effektiv organisieren konnten (vgl. NCHR 1996: 36, Ferguson 2003: 14).21

19 | Untergebracht wurden die braceros in behelfsmäßigen Unterkünften auf

dem Land der Plantagenbesitzer in direkter Nähe der Zuckerrohrfelder und fern-

ab dominikanischer Infrastruktur, die als bateyes bezeichnet werden, vgl. Moya

Pons 1986.

20 | Vgl. Acuerdo sobre la contratación en Haití y la entrada en la República

Dominicana de jornaleros temporeros haitianos (G.O. 8435, 1959), zitier t in

Moya Pons 1986: 362.

21 | Diese Einschränkung des Aufenthaltsrechts wurde kombinier t mit einer

nationalistischen Abwehr-Propaganda (Dominicanizatón del trabajo), die es

TOBIAS SCHWARZ72

Der Tod Trujillos und der Übergang zu einer zivilen Regierung führte nicht zum Ende dieses Systems der engen staatlichen Kontrolle der Wan-derarbeiter. Die Zuckerplantagen in Privatbesitz profitieren weiterhin von der staatlichen Kooperation bei der Anwerbung ihrer Arbeitskräfte; Tru-jillos persönliche Plantagen wurden 1966 verstaatlicht und von da an di-rekt durch den Staat (durch den Consejo Estatal de Azúcar) verwaltet. Daher wurde die staatlich garantierte Rekrutierung und Rückführung von Mig-ranten, mit geringfügigen Änderungen, bis Mitte der 1980er Jahre (als die Zuckerindustrie an Bedeutung verlor und das Militärregime in Haiti stürz-te) weitergeführt (vgl. Ferguson 2003: 11). Erst in den letzen beiden Deka-den des 20. Jahrhunderts wandelte sich die direkte staatliche Kontrolle der Arbeitskräfteeinfuhr zu einer Kontrolle der »Ausreise« in Form kollektiver Abschiebungen durch Polizei oder Militär. Nach internationalen Protesten über Menschenrechtsverletzungen während der Zuckerrohrernte ordnete Präsident Balaguer im Jahr 1991 die »Repatriierung« (repatriación) aller in der Zuckerindustrie arbeitenden Ausländer an, die jünger als 16 und älter als 60 Jahre alt waren (Decreto N° 233, 13.06.1991). Dadurch wurden nach Schätzungen 35.000 Personen abgeschoben (Comisión Interamericana de Derechos Humanos 07.10.1999: 332), während gleichzeitig die benötigten Arbeitskräfte (also die Gruppe der 16- bis 60-Jährigen) nicht angetastet wurden.22

In der Dekade seit 2000 wurde über keine Massendeportationen mehr berichtet. Stattdessen führt die Polizei Abschiebekampagnen in kleinerem Stil durch, indem im urbanen Raum angebliche Haitianer ohne legalen Aufenthaltsstatus verhaftet und zu einem Grenzübergang transportiert werden. Die Anzahl dieser weniger öffentlichen, alltäglichen Abschiebun-

der Regierung ermöglichte, die haitianische Einwanderung weiterhin als Bedro-

hung darzustellen während sie sich als handlungsfähig präsentier te (vgl. Cuevas

1999: 128) sowie zugleich an der Ausstellung von »Sondererlaubnissen« zur

Arbeitskräfteanwerbung zu verdienen (vgl. Capdevila 2004: 448-451).

22 | Nachdem der zitier te Bericht der Kommission 1999 veröffentlicht wurde,

schob die dominikanische Regierung erneut 10-20.000 Personen ab, um, wie sie

erklär te, der kritisier ten Misshandlung von haitianischen Arbeitsmigranten ent-

gegenzuwirken. Weitere umfangreiche Abschiebewellen sind in den Jahren 1996

und 1997 dokumentier t (vgl. Human Rights Watch 2002: 15-17, International

Human Rights Law Clinic 2002: 5-7).

STAATLICHE DEFINITION NATIONALER ZUGEHÖRIGKEIT UND AUSSCHLIESSENDE VERWALTUNGSPRAXIS 73

gen ist erheblich und reicht von 13.000 bis über 30.000 pro Jahr (Human Rights Watch 2002: 17, GARR 2009: 28).

Auch diese Ausschlusspolitik knüpft an die prekäre Rechtsstellung der braceros an. Diese diskriminierende Behandlung der »temporären Arbeits-kräfte« kommt einem umfassenden Kontrollsystem gleich, durch das ihre Beschäftigungskosten niedrig gehalten und ihre Beteiligung am gesell-schaftlichen Leben weitgehend verhindert wurden. Diese staatliche Kom-petenz, die Verteilung der Individuen im Raum zu regeln, hat Foucault »Disziplin« genannt. Im Inneren der Gesellschaft passiert dies durch Kon-trollinstitutionen, deren Prototypen die Fabrik, die Schule und das Gefäng-nis sind (vgl. Foucault 1975). Hinsichtlich internationaler Migration ist die staatliche Einwanderungskontrolle ein Element dieser Kontrollmacht. Sie zielt auf die einzelnen Körper ab, positioniert sie zueinander und gegen-über Objekten, etwa indem sie diese in Arbeitsabläufe eingliedert. Das staatliche Anwerbe- und Abschieberegime wäre demnach, ebenso wie die Plantage, eine Institution der Disziplinierung. Die gesellschaftliche Iso-lierung der braceros auf den Plantagen ebenso wie ihre massenhafte Ab-schiebung bedingen deren »sozialen Tod« (Foucault 1999: 292).

DIE UMETIKETTIERUNG DER WANDERARBEITER ZU »DURCHREISENDEN«

Es ist unmöglich genau zu sagen, wieweit die dominikanische Bevölke-rung heute Form und Inhalte des staatlichen Anti-Haitianimus gutheißt oder unterstützt und inwiefern ein solch kontrastives Weltbild in tatsächli-chen alltäglichen Interaktionen wirksam wird.23 Offensichtlich feststellbar hingegen sind die Veränderungen der offiziellen Umgangsweisen mit hai-tianischer Einwanderung. Nachdem die massenhafte Einfuhr von billigen Arbeitskräften für die Landwirtschaft nicht mehr nötig war, erschien auch

23 | Baud betont etwa, die im Alltag wirkenden »nuances, intermediate catego-

ries, anti-racist ideas« nicht zu übergehen (Baud 2002: 320); siehe außerdem

Fußnote 6. Andererseits ergab eine Zusammenfassung dominikanischer Mei-

nungsumfragen eine laufend abnehmende Bedeutung des Ideals der Gleichheit

aller Bürger und einen Trend, die Bürgerrechte von Nachkommen haitianischer

Eingewanderer zunehmend in Abrede zu stellen (vgl. Oficina de Desarrollo Huma-

no del PNUD 2010: 119-120).

TOBIAS SCHWARZ74

die kollektive Adressierung von Einwanderergruppen im Gesetz von 1939 nicht mehr zeitgemäß (Lozano 2008: 22). Zudem wandelte sich auch die Sichtbarkeit von Haitianern auf der dominikanischen Seite der Insel. Dies hatte möglicherweise noch gravierendere Folgen für die öffentliche Wahr-nehmung haitianischer Migration als rein ökonomische Faktoren. Von Be-ginn der starken Immigration in der zweiten Dekade des 20. Jahrhunderts an bis etwa zum ökonomischen Wandel der 1980er und 90er Jahre (als die Agrarproduktion diversifizierter wurde und der Tourismus an Bedeutung zunahm) war die Arbeitsmigration auf den ländlichen Raum begrenzt. Die braceros lebten auf den Plantagen, und Polizeikontrollen, die auf dem geschilderten rechtlichen Rahmen basierten, konnten diesen gesellschaft-lichen Ausschluss durchsetzen. Heutzutage ist der Anteil der Haitio-Do-minikaner an der Gesamtbevölkerung vermutlich nicht viel größer als vor den 1980ern, aber mehr Haitianer als jemals zuvor leben in Städten (vgl. Tejeda 2008: 303f., Lozano 2008: 155-167, Báez Evertsz/Lozano 2005). Nun arbeiten sie auf Baustellen und als Hausangestellte oder Sicherheitsperso-nal und sind damit in den urbanen und touristischen Zentren sichtbar. Das bedeutet, ihr Kontakt mit der sich »dominikanisch« fühlenden Bevöl-kerung ist viel direkter und alltäglicher geworden (vgl. Ferguson 2003: 15, Báez Evertsz/Lozano 2005).

Daher begannen in den 1990er Jahren verschiedene Regierungsstel-len über eine grundsätzliche Novellierung des Einwanderungsgesetzes zu beraten. Mehrere Gesetzgebungsanträge wurden eingebracht, zunächst jedoch keiner verabschiedet (vgl. Lozano 2008: 29-38). In diesem Prozess änderte sich nach und nach die Stoßrichtung staatlicher Exklusion. Heute liegt deren Schwerpunkt nicht auf dem Zugang zu einer Rechtsposition, die eines Tages zur formalen Aufenthaltsverfestigung führen könnte (wie etwa einem Anspruch auf ein Bleiberecht oder gar auf die Einbürgerung). In dieser früheren Ausschlussstrategie fungierte der ausgrenzende Cha-rakter des Ausländerrechts als wesentlicher Baustein der nationalen policy of belonging. Nun basiert Ausschluss direkt auf dem Einsatz der Nationa-lität (im rechtlichen Sinne) als limitierendes Prinzip, d.h. ganze Bevölke-rungsgruppen werden vom Zugang zur formalen Position der nationalen Zugehörigkeit ausgeschlossen. Seit 2004 ist dieser Wandel anhand der Novellierungen des Einwanderungsgesetzes sichtbar.

Wie bereits erwähnt, wurden die eingewanderten Arbeitskräfte mit dem Ausländergesetz von 1939 durch die Schaffung einer »no residen-tes« genannten Kategorie von einem Bleiberecht ausgeschlossen: Sie

STAATLICHE DEFINITION NATIONALER ZUGEHÖRIGKEIT UND AUSSCHLIESSENDE VERWALTUNGSPRAXIS 75

sollten eben nicht als Einwohner (»residentes«) betrachtet werden son-dern lediglich als »trabajadores temporeros«. Auch wenn sie Jahr für Jahr wiederkehrten, sich mehrere Monate in der Dominikanischen Republik aufhielten oder nach der Ernte das Land gar nicht verließen, wurde ihr Aufenthalt als kurzfristig wahrgenommen. Denn tatsächlich blieb ein Teil der »Ernte-Arbeiter« ganzjährig auf den Plantagen und die bateyes waren durchgehend bewohnt. Die weit abgelegene Unterbringung der braceros

auf dem Plantagenland trug aber dazu bei, ihre Präsenz in Abrede stellen zu können.

Eine derartige Wahrnehmung hat Auswirkungen auf das Konzept na-tionaler Zugehörigkeit. Denn in der Dominikanischen Republik ist die Staatsangehörigkeit von der Geburt im Inland abhängig, damit also bezo-gen auf die de-facto-Präsenz der eingewanderten Eltern zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes. Das ius soli (Recht des Bodens) ist ein konstitutionelles Prinzip nicht nur in der Dominikanischen Republik, sondern auch in fast allen unabhängigen Staaten auf dem amerikanischen Kontinent (mit Haiti als prominenter Ausnahme). Es wurde 1858 eingeführt und galt bis 1929 uneingeschränkt, als eine wichtige Qualifikation des Erwerbs der Staats-angehörigkeit durch Geburt eingeführt wurde. Seitdem ist das ius soli in zwei speziellen Umständen eingeschränkt: Wenn sich die Eltern im diplo-matischen Dienst für einen anderen Staat in der Republik aufhalten, oder wenn die Eltern nur auf der Durchreise sind (»de tránsito«), erhält das Kind nicht automatisch die dominikanische Staatsangehörigkeit bei der Geburt (Art. 8, Nr. 2 der Verfassung von 1929). Zu Beginn des 20. Jahr-hunderts war die erste dieser Einschränkungen auch in anderen Ländern verbreitet, die die Staatsangehörigkeit aufgrund des Prinzips der Geburt auf dem Territorium gewährten und ausländische Botschaften gewisser-maßen als exterritorialen Raum betrachteten. Die zweite Einschränkung nahmen ebenfalls viele Nationalstaaten vor, nämlich dass die Neugebore-nen nur dann »Inländer« sein sollen, wenn sich ihre Eltern mehr als nur kurzfristig im Land aufhalten.24 Offenbar war im Jahr 1929 die Formulie-rung »de tránsito« nicht umstritten und bezeichnete hinreichend präzise Durchreisende wie Touristen, Schiffsbesatzungen und dergleichen. Dass die Eltern einen Aufenthaltstitel besitzen müssten, um innerhalb des Lan-

24 | Die bekannteste Ausnahme macht der 14. Zusatzar tikel der US-Verfassung:

Er gewährt seit 1868 die Angehörigkeit uneingeschränkt sogar für Kinder von

Touristinnen, wenn sie innerhalb der USA geboren werden.

TOBIAS SCHWARZ76

des dominikanische Kinder auf die Welt zu bringen, wird jedenfalls von der Verfassung nicht gefordert.

Wie die ausländerrechtliche Norm anzuwenden sei, machten die ers-ten Durchführungsbestimmungen deutlich, die 1939 erlassen wurden. Dort heißt es unter der Überschrift »Transeuntes«, sinngemäß »Durch-reisende«: »Ausländische Staatsangehörige, die in die Republik mit dem Hauptzweck einreisen wollen, das Land mit externem Ziel zu durchque-ren, erhalten die Erlaubnis als Durchreisende. […] Eine Dauer von 10 Tagen wird in der Regel als ausreichend betrachtet, um die Republik zu durchreisen«.25 Die haitianischen braceros waren (und sind es heute noch) zwar ausländerrechtlich «no residentes«, ihre Kinder wurden jedoch, was die in der Verfassung geregelte Staatsangehörigkeit anging, nicht als Kin-der von »Durchreisenden« geboren und hatten damit pro forma die domi-nikanische Staatsangehörigkeit.

In den 1990er Jahren wurde allerdings deutlich, dass nicht alle dieses scheinbar evidente Verständnis von »tránsito« in der Verfassungsnorm zur Staatsangehörigkeit teilten. Tatsächlich wurde nun die Lesart hege-monial, nach der Kinder von »temporären« Migranten nicht länger die dominikanische Staatsbürgerschaft bei Geburt erwerben sollten. Nach den oben erwähnten zunächst vergeblichen Versuchen, das Einwanderungs-gesetz von 1939 zu novellieren, verabschiedeten Senat und Parlament im Jahr 2004 schließlich ein grundlegend modifiziertes Gesetz. Darin werden nun alle Formen der »no residentes« – einschließlich der »trabajadores temporeros« – als »en tránsito« hinsichtlich der Anwendung der verfas-sungsrechtlichen Staatsangehörigkeitsnorm definiert.26 Die bisher auslän-derrechtlich in die Kategorie der »temporären« Migranten eingeordneten braceros werden nun im Hinblick auf das Staatsangehörigkeitsrecht zudem als »Durchreisende« tituliert. Dadurch kommen ihre Kinder nicht mehr in den Genuss des ius soli-Prinzips, was einer impliziten Umgestaltung

25 | Reglamento de Inmigración, 12.05.1939 (G.O. 5313), Abschnitt 5. Das

reglamento schließt die »Tagelöhner« noch 1939 sogar explizit aus dieser allge-

meinen Kategorie transeuntes aus.

26 | Seit 2004 lautet der Ar t. 36, 10 der Ley de Migración: »Die No Residentes

werden als Durchreisende verstanden«, Ley No. 285-04 General de Migración,

27.08.2004 (G.O. 10291).

STAATLICHE DEFINITION NATIONALER ZUGEHÖRIGKEIT UND AUSSCHLIESSENDE VERWALTUNGSPRAXIS 77

im Sinne eines ius domicilli (Wohnortprinzips) gleichkommt.27 Diese aus-länderrechtliche Modifikation erklärt damit im Jahr 2004 eine diskrimi-nierende Praxis retrospektiv für rechtmäßig, die bereits seit den 1990er Jahren dokumentiert ist: der Ausschluss Neugeborener von der offiziellen Dokumentation.

DIE VORENTHALTUNG DER STAATSANGEHÖRIGKEIT : EINE TECHNIK DER BIOPOLITIK

In einem ius soli-System ist die Geburtsurkunde der wichtigste Nachweis der Staatsangehörigkeit (vgl. Wooding 2008: 368). Ein solches Dokument nicht zu besitzen macht es daher unmöglich, die eigene Staatsangehörig-keit nachzuweisen. In den bateyes wurden (und werden) Kinder zu Hause geboren und nicht in einem Krankenhaus. Die Geburtsurkunden für die Neugeborenen müssen die Eltern daher im Nachhinein erhalten. Dazu wenden sich diese an die zuständige Außenstelle der staatlichen Register-behörde (in der Dominikanischen Republik ist die Junta Central Electoral

(JCE) verantwortlich für die Pflege dieser Datenbank) und legen dort Be-weise dafür vor, dass ihr Kind im Inland geboren wurde. Dies war kein schwieriges Unterfangen solange die Registrierung der Neugeborenen haitianischer Wanderarbeiter noch nicht umstritten war, weder der Nach-weis der Identität der Eltern noch deren rechtliche Situation war besonders kompliziert. Im Gegenteil, die Behörde akzeptierte üblicherweise die fichas

der Arbeiter als Identitätsnachweis. Das waren Ausweispapiere, die durch den Arbeitgeber ausgestellt wurden und – durchaus vergleichbar mit den preußischen »Arbeiterlegitimationskarten« aus den ersten Dekaden des 20. Jahrhunderts (Bade 1984) – neben dem Namen des Arbeiters auch die Firma, die Plantage und die Dauer des Arbeitsverhältnisses benann-ten. Seit den 1980er Jahren begannen jedoch einige Außenstellen der JCE andere Identitätsnachweise zu verlangen, wie etwa gültige haitianische Reisepässe oder dominikanische Aufenthaltserlaubnisse (Open Society Foundations 2010: 5). Solche Dokumente besaßen die Antragsteller aber zumeist nicht oder konnten sie gar nicht besitzen, da sie ja als »trabajado-

27 | Das Wohnortprinzip wird auch in vielen Staaten der EU angewendet oder

wurde dort in jüngerer Zeit eingeführt; zu Deutschland vgl. Mertens 2004: 126,

zur Abschaffung des ius soli in Irland 2004 vgl. Mancini/Finlay 2008.

TOBIAS SCHWARZ78

res temporeros« von einem dauerhaften Aufenthaltsstatus ausgeschlossen waren. In solchen Fällen wurde die Ausstellung von Geburtsurkunden für ihre Kinder verweigert (ebd.). Im Laufe der 1990er Jahre nahm diese Be-hördenpraxis ein gravierendes Ausmaß an, wie Beschwerden von NGOs zeigen.28 Nun kam jedoch noch ein weiteres Element hinzu: Auch wenn Identitätsdokumente vorgelegt werden konnten, wurde die Registrierung der Kinder – und damit deren staatliche Anerkennung als dominikanisch – verweigert. Als Begründung dafür wird seit den 1990er Jahren genau diese logische Operation angeführt, die ich oben dargestellt habe: die ha-itianische Einwanderer gelten als »Durchreisende« ( ebd.). Als Erklärung dafür, in welchen Fällen die Behörden überhaupt nach dominikanischen Papieren fragten, führen die Beobachter an, dass die jeweiligen Antragstel-lenden entweder haitianische Nachnamen hätten, dass sie Spanisch mit Akzent sprächen oder ihre Kleidung bzw. ihr Hautfarbe den Beamten »ha-itianisch« erscheine (Wooding 2008: 369). Die genaue Anzahl derartiger

28 | Movimiento de Mujeres Dominico-Haitianas (MUDHA) 2000, Human Rights

Watch 2002: 22-26, Wooding/Moseley-Williams 2004: 83. Zu weiteren Bele-

gen siehe die Berichte der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte

(Comisión Interamericana de Derechos Humanos (Octubre 1999)) und der Ver-

einten Nationen (Human Rights Council 2008, Oficina de Desarrollo Humano del

PNUD 2010). Die o.g. Publikationen der Nichtregierungsorganisationen enthal-

ten auch Informationen, die durch Interviews mit Leitern oder Mitarbeitern der

Verwaltung erhoben wurden. Dies ist der einzige Zugang zu »offiziellen« Quellen,

da sich die dominikanischen Regierungsstellen nicht zu den Vorwürfen äußern,

sie würden Dominikanern die Staatsangehörigkeit vorenthalten. Ein Gespräch

mit dem Direktor der dominikanischen Einwanderungsbehörde, das ich im März

2011 in Santo Domingo führen wollte, kam nicht zustande. In einigen der ge-

nannten NGO-Berichte sind außerdem auch einige exemplarische individuelle

Fälle dokumentier t (Human Rights Watch 2002: 25), weitere Details über die

damalige Situation konnte ich in persönlichen Gesprächen mit Mitarbeiterin-

nen von MUDHA und OSF im März 2011 erheben. Als weitere Quellen dienen

Gerichtsakten. Am besten dokumentier t ist der Fall der Kinder Yean und Bosico

durch eine Klage vor dem Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshof (vgl.

Baluarte 2006), im Juni 2010 wandte sich Emildo Bueno Oguís in seinem vor

dem dominikanischen Verfassungsgericht anhängigen Fall vorenthaltener Doku-

mentation an die Kommission (siehe www.soros.org/initiatives/justice/litigati-

on/bueno/Petition%20Summary-20100601.pdf).

STAATLICHE DEFINITION NATIONALER ZUGEHÖRIGKEIT UND AUSSCHLIESSENDE VERWALTUNGSPRAXIS 79

Fälle ist nicht bekannt, aber in der Zukunft können alle Nachkommen von haitianischen Einwanderern davon potentiell betroffen sein.29

Noch weiter eskaliert wurde dieser behördliche Ausschluss von »uner-wünschten« Staatsangehörigen durch das im Gesetz von 2004 verankerte Verbot, den Kindern von Müttern ohne Aufenthaltstitel Geburtsurkunden auszustellen. Denn statt zur Ausstellung einer gültigen amtlichen Ge-burtsurkunde im Krankenhaus (Constancia de Nacimiento Oficial), mit dem die Mutter das Kind in dem oben beschriebenen Verfahren offiziell regist-rieren lassen könnte, sind die Krankenhäuser nun gesetzlich verpflichtet, den Kindern von »illegalen« Müttern nur eine bedeutungslose Constancia

de Nacimiento auszuhändigen, die zur nachfolgend notwendigen Registrie-rung nicht ausreicht.30 Um diesen Unterschied deutlich zu markieren, ist diese Pseudo-Bescheinigung rot eingefärbt, de color rosado, wodurch der Ausschluss des Kindes vom dominikanischen Kollektiv sinnlich erfahrbar wird. Um dem Vorwurf zuvorzukommen, die Kinder undokumentierter Eltern nicht ordnungsgemäß zu registrieren, erfand die Dominikanische Regierung im Zuge der Novellierung des Ausländerrechts ein neues Re-gister, das libro para extranjeros (Art. 28, 2 Ley No. 285-04), in das diese Neugeborenen aufzunehmen seien. Gehen deren Eltern im Anschluss zur Registerbehörde, erhalten sie dort einen Auszug aus diesem Register, der einer Geburtsurkunde zwar ähnlich sieht, allerdings keinerlei Rechtswir-kung hat.

Die offensichtliche Diskriminierung von Kindern undokumentierter Mütter – sprich: haitianischer Herkunft – wurde rechtlich durch eine Klage vor dem dominikanischen Verfassungsgericht (Suprema Corte de Justicia,

29 | Über die Anzahl haitianischer Einwanderer in der Dominikanischen Republik

gibt es keine gesicherten Zahlen, denn das offizielle Register der Migrations-

behörde ist mangelhaft (vgl. Ferguson 2003: 10, del Castillo 2005: 19). Nach

Schätzungen verschiedener Organisationen (vgl. Oficina de Desarrollo Humano

del PNUD 2010: 82) kann um 2002 von etwa einer halben Million Dominiko-

Haitianern ausgegangen werden – 300.000 von ihnen sind selbst aus Haiti ein-

gewandert und haben seitdem im Inland etwa 200.000 Kinder bekommen, vgl.

FLACSO/OIM 2004, Báez Evertsz/Lozano 2005.

30 | Dies ist geregelt im Art. 28, 1 der Ley No. 285-04. Obwohl das Gesetz

dieses wertlose Dokument Constancia de Nacimiento nennt, erhalten die Papier-

losen tatsächlich eine Constancia de Nacido Vivo Extranjero, vgl. Open Society

Foundations 2010: 7.

TOBIAS SCHWARZ80

SCJ) angegriffen, mit der 14 verschiedene dominikanische NGOs die Ver-fassungswidrigkeit des neuen Migrationsgesetzes feststellen lassen woll-ten. Mit seiner Entscheidung Ende 2005 bestritt das höchste dominikani-sche Gericht jedoch, dass das neue Gesetz Neugeborene staatenlos mache, denn diese könnten ja weiterhin theoretisch die haitianische Staatsbürger-schaft erhalten, und befand alle beanstandeten Artikel als verfassungsge-mäß.31 Wenn die Verfassung allerdings nur dann die Staatsangehörigkeit vorsieht, wenn die eingewanderten Eltern der Betreffenden einen dau-erhaften Aufenthaltstitel besitzen, kann sich dieser Ausschluss von der nationalen Zugehörigkeit theoretisch auch »vererben«. Genau dieses Ver-ständnis setzte sich nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts von 2005 durch. Denn eines der Argumente, womit die Suprema Corte den Vorwurf der Verfassungswidrigkeit zurückwies, war die Behauptung, alle »Durchreisenden« seien bereits 1929 vom ius soli ausgeschlossen gewe-sen, als die Staatsangehörigkeit derart in der Verfassung formuliert wurde. Damit beugte das Gericht dem Vorwurf vor, es käme zu einer rückwirken-

den Anwendung der 2004 eingeführten Bestimmung (was die Verfassung explizit verbietet), indem es erklärte, dieser Ausschluss sei bereits seit der vorhergehenden Verfassungsänderung gängiges Rechtsverständnis.32 Doch wenn seit 1929 alle Nachkommen von haitianischen braceros keine dominikanischen Staatsangehörigen sind bzw. waren – bedeutet das, dass die Verwaltung auch die Staatsangehörigkeit von heute Erwachsenen in-frage stellen kann?

Tatsächlich führt das dominikanische Verwaltungshandeln etwa seit 2007 in zahlreichen Fällen dazu, Personen dadurch de facto auszubürgern, indem es ihnen unmöglich gemacht wird, ihre Staatsangehörigkeit nach-zuweisen. Um das nachvollziehen zu können, muss eine dominikanische Besonderheit erläutert werden: Geburtsurkunden werden in der Domi-nikanischen Republik nicht einmalig zu Beginn des Lebens ausgestellt, sondern müssen für den jeweiligen Zweck als offizieller Auszug aus dem

31 | Suprema Corte de Justicia, Ur teil vom 14.12.2005, Boletín Judicial No. 1141

(Dez. 2005), siehe http://www.suprema.gov.do/consultas/consultas_sentenci-

as/detalle_info_sentencias.aspx?ID=114110009, eingesehen am 10.01.2013.

32 | Die Verfassung nehme »seit ihrer Revision von 1929« die Kinder von denje-

nigen »auf Durchreise« von der dominikanischen Staatsangehörigkeit aus, wes-

halb von einer Diskriminierung aufgrund von »Rasse, Hautfarbe, Glaube oder

Herkunft« keine Rede sein könne (vgl. ebd.).

STAATLICHE DEFINITION NATIONALER ZUGEHÖRIGKEIT UND AUSSCHLIESSENDE VERWALTUNGSPRAXIS 81

registro ciliv (etwa vergleichbar mit dem Melderegister) erteilt werden. Be-nötigt eine Person beispielsweise eine cédula (Personalausweis), so muss sie sich dafür ein Certificado de declaración de nacimiento con fin de cédula (lit.: »Nachweis der Beurkundung der Geburt für einen Ausweis«) bei der zuständigen Außenstelle der Junta Central Electoral geben lassen. Daher werden fast alle volljährigen Staatsangehörigen früher oder später irgend-eine Art von Interaktion mit der JCE haben. Nach dem Verfassungsurteil von 2005 verlangte die Verwaltung auch von erwachsenen Bürgern, die für sich selbst oder für ihre Kinder einen Auszug aus dem Melderegister bean-tragten, den Aufenthaltsstaus ihrer Eltern bei ihrer Geburt nachzuweisen. Das bedeutet, bevor die Behörde den angeforderten Nachweis aus dem Re-gister ausstellte, fragte sie nach der Identität der Eltern oder Großeltern – oder genauer: nach deren ausländerrechtlichem Status. In diesen Fällen wurde unterstellt, diese seien lediglich »de tránsito« im Land gewesen, die beantragende Person sei also Kind von »Durchreisenden«, ergo nie rechtskräftig dominikanische Staatsangehörige gewesen. Dies kann auch Erwachsenen passieren, die in der Dominikanischen Republik geboren wurden und sich ihr ganzes Leben lang für »Dominikaner« hielten, bereits über offizielle dominikanische Dokumente (wie eine cédula) verfügten und nie Zweifel an ihrer Staatsangehörigkeit hatten.33

Die Behörde verweigert in diesen Fällen die Ausstellung der benötig-ten Kopien der Geburtsurkunde und macht es den Betroffenen damit un-möglich, ihre Staatsangehörigkeit nachzuweisen. Gerechtfertigt wird diese Weigerung mit der Behauptung, die »Integrität« des Originaldokuments (d.h. des Datensatzes im registro civil oder bereits ausgestellte Auszüge aus diesem) müsse »überprüft« werden. Auf diese Weise kann die Verwaltung

33 | Derar tige Fälle werden u.a. in Flugblättern der Organisation MUDHA dar-

gestellt, die dem Verfasser vorliegen. Durch eine gegenwärtig anhängige Be-

schwerde vor dem Dominikanischen Verfassungsgericht ist zudem folgender Fall

dokumentier t: Emildo Bueno, Sohn Haitianisher Eltern, hat ebenso bei Geburt

eine dominikanische Geburtsurkunde erhalten wie später dementsprechend

eine cédula und sogar einen dominikanischen Reisepass. Erst als Bueno im Jahr

2007 einen Auszug aus dem Geburtsregister beantragte wurde ihm dieser, unter

Bezug auf den Status seiner Eltern (»no residentes«) verwehrt. Damit ist er de

facto ausgebürgert (s. Fußnote 28).

TOBIAS SCHWARZ82

die Ausstellung jeder Art von Urkunde auf unbestimmte Dauer verwei-gern.34

Die Behörden bestreiten, dass sich dieses Verfahren dezidiert gegen DominikanerInnen mit haitianischen Vorfahren richtet, sondern behaup-ten, dass alle Anträge gleich behandelt würden.35 Doch selbst der UN-Son-derberichterstatter bestätigte 2008, dass

»the assumption is being made that if you have no documents and appear to

be or have a name that is Haitian, you are an illegal migrant. While the Govern-

ment reports that a large percentage of all Dominicans have no identification

documents, in practice, this presumption of illegality is applied only to people

with dark skins and Haitian features.« (Human Rights Council 2008: 62)

Vom Aufenthaltsrecht zur Staatsangehörigkeit: veränderte Konsequenzen der nationalen policy of belonging

Welche offizielle Begründung für dieses Verfahren auch immer gewählt wird, die historische Genese dieser rechtlichen Ungleichbehandlung ist of-fensichtlich. Zwei logische Operationen schließen als Bestandteile der nati-onalstaatlichen policy of belonging aneinander an: Im ersten Schritt wurden haitianische Arbeitskräfte – durch aufenthaltsrechtliche Kontrolle – ledig-lich als »no residentes« zugelassen. Für die gesamte Dauer des staatlich

34 | Dieses Vorgehen wird in einem circular (Rundbrief) der JCE vom März 2007

geregelt und mit darauffolgenden »Erklärungen« der Jahre 2007 und 2008 be-

kräftigt. Genannter circular hält die Beamten an, vor der Er teilung einer neuen

Bescheinigung die Einträge »sorgfältig zu prüfen«. Wenn irgendwann in der Ver-

gangenheit (was nicht weiter spezifizier t wird) eine »Unregelmäßigkeit« auftau-

che sei keine Bescheinigung auszuhändigen sondern die Akte sei zur Kammer der

Junta zu schicken, um dort geprüft zu werden. Die mögliche »Unregelmäßigkeit«

bestehe nach dem Wortlaut des Rundbriefs in »ausländischen Eltern, die ihren

Aufenthalts- oder Rechtsstatus nicht nachgewiesen haben« (JCE, Circular No.

17, 29.03.2007, No. 2). Dies bedeutet, dass jede Angabe der Vorsprechenden,

die darauf hinweist, dass ihre (Groß-)Eltern lediglich mit einem befristeten Auf-

enthaltstitel in der Dominikanischen Republik gelebt haben, dazu führen kann,

dass es zu einer »sorgfältigen Prüfung« der Unterlagen kommt und damit die

beantragten Beurkundungen verweigert werden.

35 | Die Resolución del Pleno de la Junta Central Electoral (16.07.2008) ver-

weist diesbezüglich auf die o.g. Entscheidung des Verfassungsgerichts.

STAATLICHE DEFINITION NATIONALER ZUGEHÖRIGKEIT UND AUSSCHLIESSENDE VERWALTUNGSPRAXIS 83

gelenkten Imports billiger Arbeitskräfte aus dem benachbarten Haiti vom Zuckerboom in den 1920ern bis zum Rückgang der Plantagenwirtschaft in den 1980ern wurden diese Personen in einer gegenüber dauerhaften Einwanderern (und erst Recht gegenüber eigenen Staatsangehörigen) ver-minderten Rechtsposition gehalten. Sie wurden zu »illegal people« (Hu-man Rights Watch 2002), jegliche nationale Inkorporation wurde normativ ausgeschlossen. Ihr möglicher nationaler Mitgliedschaftsstatus wurde aus der Sicht der dominikanischen Verwaltung nicht einmal erwogen.

Im zweiten Schritt erbten die Nachkommen die prekäre Rechtsstellung ihrer Eltern und sogar ihrer Großeltern, d.h. deren unter Gesichtspunkten der Staatsangehörigkeit wertlosen aufenthaltsrechtlichen Status. Dieser Formalstatus wurde damit also bedeutsam hinsichtlich der nationalen Mit-gliedschaftsdefinition, er fungiert nun als Element einer bio-politischen Regelung von Zugehörigkeit. Denn wird der ausländerrechtliche Formal-status für die Legitimation nationaler (Nicht-)Zugehörigkeit relevant, kann Ausschluss von Mitgliedschaft über vererbte rechtliche Ungleichheit legi-timiert werden.36

Der dominikanische Staat verfolgt damit gegenwärtig eine policy of be-longing, die am tradierten System der rechtlichen Ungleichbehandlung von eingewanderten Arbeitskräften anknüpft und dieses unter dem Blick-winkel staatlicher Zugehörigkeitspolitik interpretiert. Diese enge Bindung der Staatsangehörigkeits- an die Migrationspolitik »passiert« in den und durch die Praktiken der Verwaltung. Zunächst wird durch verwaltungs-praktische Materialitäten die Notwendigkeit, sich als Staatsangehöriger zu identifizieren, überhaupt erst erzeugt. Erst wenn es im Alltag tatsächlich einen Unterschied macht, ob eine Person sich ausweisen kann oder nicht – also wenn an das Identitätsdokument reale Rechte geknüpft sind –, macht sich das Fehlen hoheitlicher Dokumentation für die davon Betroffenen

36 | Eine praktische Folge davon ist, dass jeder Versuch, das Recht auf die

Staatsangehörigkeit dadurch zu unterstreichen, die ficha der Eltern vorzuweisen,

wiederum formalen Ausschluss legitimier t. Denn dieses Dokument beweist, dass

sich der Vater aus Sicht des Staates nur aus einem Grund in der Dominikani-

schen Republik aufhielt: um auf einer Plantage zu arbeiten. Nach der Logik des

Staates sollten die braceros nicht im Land leben und dort (dominikanische) Kin-

der bekommen. Dieser Ausschluss von der nationalen Zugehörigkeit wird durch

die heutige Verweigerung der Staatsangehörigkeit ihrer Kinder und Kindeskinder

for tgesetzt.

TOBIAS SCHWARZ84

bemerkbar. Der explizite Ausschluss von staatlichen Dokumenten wurde erst nötig, als sich im Laufe der 1990er Jahre zeigte, dass die Dokumentati-on der Nachkommen von »irregulär« Eingewanderten regelungsbedürftig war. Als es noch keine nennenswerte staatliche Dokumentation gab, war diese auch nicht für eine bestimmte Gruppe schwerer zu erlangen als für andere. Erst wenn der »Bürger« im Alltag tatsächlich relevante Rechte für sich in Anspruch nehmen will, zeigt es sich, dass diese Rechte Vorrechte des Staatsbürgers sind und Nicht-Staatsangehörige davon ausgeschlossen bleiben können oder sollen. Diese spezifische Relevanz staatlicher Zuge-hörigkeit wurde im konkreten Fall durch spezifische Verfahrensweisen herausgestellt, nämlich durch die Anweisung an die Verwaltungsstellen, die Akten »sorgfältig« auf »Unregelmäßigkeiten« zu prüfen. Die daran anschließende Deutung des Aufenthaltstitels der Vorfahren als nationale Nicht-Zugehörigkeit legitimiert wiederum bestimmte Markierungen (an-dersfarbige Urkunden oder einbehaltene Dokumente). Gleichzeitig wird das Konzept der staatlichen, scheinbar formalen Zugehörigkeit fortlaufend angewendet, indem nur bei bestimmten Antragstellern eine gesonderte »Prüfung« vorgenommen wird. Dieses Verwaltungshandeln zeigt eine Deutung des Dominikanisch-Seins als Nicht-Schwarz-Sein, also eine rassiali-sierte Qualifizierung von nationaler Zugehörigkeit.

Die Dokumente, Institutionen und Verfahrensweisen der staatlichen Verwaltung fixieren, zumindest vorübergehend, den Prozess des stetigen Aushandelns der policy of belonging und zeigen deren normative Wirkung. Ein Vergleich verschiedener Phasen der Staatsangehörigkeitspolitik und besonders die Analyse umstrittener Leseweisen von vermeintlich formalen Definitionen zeigen, dass das zentrale Konzept der dominikanischen Zu-gehörigkeit eine historisch gewordene Bedeutung hat, die sich auch weiter wandelt. Die Normativität staatlicher Zugehörigkeitspolitiken kann so an-hand ihrer materiellen Bestandteile untersucht werden.

Im Januar 2010 verabschiedete das Parlament der Dominikanischen Republik eine überarbeitete Verfassung, die deren Wortlaut an die ad-ministrative Praxis anpasste. Die Staatsangehörigkeitsdefinition, die Durchreisende und Diplomaten ausschließt, wurde durch folgende Worte ergänzt: »oder wer sich unerlaubt auf dominikanischem Territorium auf-hält« (Art. 18, Nr. 3).37 Dies war der bisher letzte Schritt, um das ius soli

37 | Darüber hinaus wurde hinzugefügt, dass alle Ausländer oder Ausländerin-

nen, die gesetzlich als »Person in transit« definier t wurden, auch für die Verfas-

STAATLICHE DEFINITION NATIONALER ZUGEHÖRIGKEIT UND AUSSCHLIESSENDE VERWALTUNGSPRAXIS 85

zurückzudrängen und den Erwerb der Staatsangehörigkeit bei Geburt nur noch vom erlaubten Wohnsitz der Eltern im Hoheitsgebiet abzuleiten.

In diesem Rechtsakt wird eine Verbindung von Kontroll- und Biomacht vollzogen, die für moderne Einwanderungsregime typisch ist. Auf die Deutung der prekären Rechtsstellung der braceros im Sinne der foucault-schen Disziplinarmacht wurde oben bereits hingewiesen. Das Staatsan-gehörigkeitsrecht hingegen ist ein Element, um die Zusammensetzung der Bevölkerung zu beeinflussen. Die staatliche Kompetenz, das nationale Kollektiv zu konzipieren und es durch entsprechende staatliche Praktiken hervorzubringen, zu formen und zu pflegen, hat Foucault biopouvoir (Bio-macht) genannt (vgl. Foucault 1999). Kontroll- und Biomacht können als die beiden zentralen Funktionsmechanismen von Macht in der Moderne verstanden werden. Sie sind also keine Gegensätze, sondern eher »zwei durch ein Bündel von Zwischenbeziehungen verbundene Pole« (Foucault 1977: 166). Im ersten Strang verfügt die Kontrollmacht über den Aufent-halt der Individuen: Der Zugang Einzelner zum Staatsgebiet wird regu-liert, bestimmte Positionen werden zugewiesen, das einzelne Individuum wird nutzbar gemacht. Im zweiten widmet sich die Biomacht den Gebur-ten- oder Sterblichkeitsraten, den Fortpflanzungsquoten, dem Gesund-heitsniveau. Indem definiert wird, wer zur Nation dazugehören soll, ist eine langfristige »Regulierung der Bevölkerung« (ebd.) begründet.

Die jüngste Entwicklung in der Dominikanischen Republik basiert auf der Verschränkung dieser beiden Machtstränge. Durch den Bezug auf die im Kontrollregime der Arbeitsmigration als »Durchreisende« markierten Haitianischen Landarbeitskräfte lassen sich heute deren Nachkommen aus dem dominikanischen Kollektiv herausdefinieren. Letzteres ist ein biopolitischer Einsatz der Staatsangehörigkeit als Technik hoheitlichen »blanqueamientos«, also der Versuch, die Zusammensetzung der Bevölke-rung so zu beeinflussen, dass diese Weißer werde.

LITERATURVERZEICHNIS

Appelbaum, Nancy P./Macpherson, Anne S./Rosemblatt, Karin Alejandra (2003): »Introduction. Racial Nations«, in: Dies. (Hg.), Race and Nation

sung als solche gelten, wodurch die 2004 in einem einfachen Gesetz eingeführte

Neuerung Verfassungsrang erhielt.

TOBIAS SCHWARZ86

in Modern Latin America, Chapel Hill, London: University of North Carolina Press, S. 1-31.

Bade, Klaus J. (1984): »›Preußengänger‹ und ›Abwehrpolitik‹. Ausländer-beschäftigung, Ausländerpolitik und Ausländerkontrolle auf dem Ar-beitsmarkt in Preußen vor dem ersten Weltkrieg«, in: Archiv für Sozial-geschichte 24, S. 91-162.

Báez Evertsz, Franc/Lozano, Wilfredo (2005): »Los cambios de la inmigra-ción haitiana y la polémica de sus cifras«, in: Revista Dominicana de Política Exterior 1(1), S. 92-110.

Baluarte, David (2006): »Inter-American Justice Comes to the Dominican Republic«, in: Human Rights Brief 13(2), S. 25-28.

Baud, Michiel (2002): »Race and Nation in the Dominican Republic«, in: New West Indian Guide/Nieuwe West-Indische Gids 76 (3/4), S. 312-321.

Brubaker, Rogers (2010): »Migration, Membership, and the Modern Na-tion-State. Internal and External Dimensions of the Politics of Belon-ging«, in: Journal of Interdisciplinary History 41 (1), S. 61-78.

Capdevila, Lauro (2003): »Una novela-testimonio dominicana sobre la dictadura de Trujillo. El Masacre se pasa a pie‹ de Freddy Prestol Castil-lo«, in: Revue de Civilisation Contemporaine de l’Université de Bretag-ne Occidentale, septembre.

Capdevila, Lauro (2004): »Una discriminación organizada: las leyes de in-migración dominicana y la cuestión haitiana en el siglo XX«, in: Tebe-to. Anuario del Archivo Histórico Insular de Fuerteventura, Anexo 5, S. 438-454.

Centro de Estudios Monetarios Latinoamericanos (2010): Remesas Inter-nacionales en República Dominicana, México, D.F.

Comisión Interamericana de Derechos Humanos (Octubre 1999): Infor-me sobre la situación de los derechos humanos en la República Domi-nicana, OEA/Ser.L/V/II.104.

Cuevas, P./Héctor, E. (1999): El azúcar se ahogo en la melaza. Quinientos años de azúcar, Santo Domingo (R.D.): Inst. Tecnológico de Santo Do-mingo.

del Carmen Tamargo, Maria (2008): El Subregistro de Ciudadanos, Banco Interamericano de Desarrollo, Consultoria República Dominicana.

del Castillo, José (2005): »La migración haitiana en la República Dominica-na. Nuevas dimensiones de un viejo problema«, in: Revista Dominica-na de Política Exterior 1 (1), S. 13-25.

STAATLICHE DEFINITION NATIONALER ZUGEHÖRIGKEIT UND AUSSCHLIESSENDE VERWALTUNGSPRAXIS 87

Ferguson, James (2003): Migration in the Caribbean. Haiti, the Dominican Republic and Beyond ( = Minority Rights Group International Report), London: Minority Rights Group International.

FLACSO/OIM (2004): Encuesta sobre inmigrantes haitianos en la Repúbli-ca Dominicana, Santo Domingo (R.D.): Facultad Latinoamericana de Ciencias Sociales.

Foucault, Michel (1975): Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefäng-nisses, Frankfurt a.M.: Suhrkamp.

Foucault, Michel (1977): Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit 1, Frankfurt a.M.: Suhrkamp.

Foucault, Michel (1999): »Vorlesung vom 17. März 1976«, in: Michel Fou-cault/Michaela Ott (Hg.), In Verteidigung der Gesellschaft. Vorlesun-gen am Collège de France (1975-1976), Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 276-305.

Graham, Richard/Skidmore, Thomas E/Helg, Aline et al. (Hg.) (1992): The Idea of Race in Latin America, 1870-1940. 2.Aufl. (= Critical Reflections on Latin America Series), Austin: University of Texas Press.

GARR, Groupe d’Appui aux Refugies et Rapatries (2009): Rapport annuel sur la situation des droits humains des haïtiens/nes dans la migration et a la frontiere haïtiano-dominicaine en 2008, Port-au-Prince, Haiti.

Grundberger, Sebastian (2008): »Das politische System der Dominikani-schen Republik«, in: Klaus Stüwe/Stefan Rinke (Hg.), Die politischen Systeme in Nord- und Lateinamerika. Eine Einführung, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, S. 181-198.

Howard, David (2001): Coloring the Nation. Race and Ethnicity in the Do-minican Republic, Oxford: Signal u.a.

Human Rights Council (2008): Report of the Special Rapporteur on Con-temporary Forms of Racism, Racial Discrimination, Xenophobia and Related Intolerance, Doudou Diène, and the Independent Expert on Minority Issues, Gay McDougall, A/HRC/7/19/Add.5.

Human Rights Watch (2002): »›Illegal people‹. Haitians and Dominico-Haitians«, in: The Dominican Republic (= Human Rights Watch Re-ports 14, 1(B)).

International Human Rights Law Clinic (2002): Unwelcome Guests. A Study of Expulsions of Haitians and Dominicans of Haitian Descent from the Dominican Republic to Haiti, University of California, Boalt Hall School of Law: Berkeley.

TOBIAS SCHWARZ88

Lozano, Wilfredo (2008): La paradoja de las migraciones. El estado domi-nicano frente a la inmigración haitiana. Santo Domingo: Editorial UNI-BE, FLACSO, SJRM.

Mancini, J. M./Finlay, Graham (2008): »›Citizenship Matters‹. Lessons from the Irish Citizenship Referendum«, in: American Quarterly 60 (3), S. 575-599.

Mertens, Karsten (2004): Das neue deutsche Staatsangehörigkeitsrecht. Eine verfassungsrechtliche Untersuchung, Berlin: Tenea Verlag.

Movimiento de Mujeres Dominico-Haitianas (MUDHA) (2000): El Nomb-re y la Nacionalidad como Simbología de la Existencia.

Moya Pons, Frank (1982): »Dominican National Identity and Return Migra-tion«, in: Migration and Caribbean Cultural Identity. Selected Papers from Conference Celebrating the 50th Anniversary of the Center. Center for Latin American Studies, Gainesville: University of Florida, S. 25-33.

Moya Pons, Frank (1986): »El batey. Estudio socioeconómico de los bateyes del Consejo Estatal del Azúcar«, in: Santo Domingo República Domini-cana. Fondo para el Avance de las Ciencias Sociales.

NCHR (1996): »Beyond The Bateyes«, in: New York. National Coalition for Haitian Rights.

Oficina de Desarrollo Humano del PNUD (2010): Política social: capaci-dades y derechos. Análisis y propuestas de políticas sociales en Repúbli-ca Dominicana (Volumen III), Santo Domingo (R.D.).

Open Society Foundations (2010): Dominicans of Haitian Descent and the Compromised Right to Nationality. Report Presented to the Inter-American Commission on Human Rights on the Occasion of its 140th Session.

Sagás, Ernesto (2000): Race and Politics in the Dominican Republic, Gai-nesville: Univ. Press of Florida.

Schmidt, Hans (1995): The United States Occupation of Haiti. 1915-1934, New Brunswick (N.J): Rutgers Univ. Press.

Schwarz, Tobias (2013): »Políticas de inmigración en América Latina: El extranjero indeseable en las normas nacionales, de la independencia hasta las 1930s«, in: Procesos: revista ecuatoriana de historia 1.

Sellers, Julie A. (2004): Merengue and Dominican Identity. Music as a Na-tional Unifier, Jefferson (NC): McFarland.

Shore, Cris/Wright, Susan (1997): »Policy. A New Field of Anthropology«, in: Cris Shore/Susan Wright (Hg.), Anthropology of Policy. Critical Per-spectives on Governance and Power, London: Routledge, S. 3-39.

STAATLICHE DEFINITION NATIONALER ZUGEHÖRIGKEIT UND AUSSCHLIESSENDE VERWALTUNGSPRAXIS 89

Shore, Cris/Wright, Susan (2011): »Conceptualising Policy: Technologies of Governance and the Politics of Visibility«, in: Cris Shore/Susan Wright/Davide Però (Hg.), Policy Worlds. Anthropology and the Ana-lysis of Contemporary Power, New York, NY: Berghahn Books (EASA series, 14), S. 1-25.

Tejeda, Eddy (2008): »Migración haitiana y Ley de Migración en la Repúbli-ca Dominicana: Le Blocage«, in: Wilfredo Lozano/Bridget Wooding (Hg.), Los retos del desarrollo insular. Desarrollo sostenible, migraci-ones y derechos humanos en las relaciones domínico – haitianas en el siglo XXI, Santo Domingo (R.D.): FLACSO, CIES, UNIBE, S. 301-319.

Torres, Arlene/Whitten, Norman E. (1998): Blackness in Latin America and the Caribbean. Social Dynamics and Cultural Transformations, Bloomington, Indianapolis: Indiana University Press (Blacks in the Diaspora).

Torres-Saillant, Silvio (1998): »The Tribulations of Blackness. Stages in Dominican Racial Identity«, in: Latin American Perspectives 25 (3), S. 126-147.

Vasconcelos, José (1927): La raza cósmica. Misión de la raza iberoamerica-na; notas de viajes a la América del Sur, Paris/Madrid/Lisboa: Agencia Mundial de Libreria.

Vega, Bernardo (1988): Trujillo y Haití. Volumen I (1930-1937), Santo Do-mingo (R.D.): Fundación Cultural Dominicana.

Vega, Bernardo (1995): Trujillo y Haití. Volumen II (1937-1938), Santo Do-mingo (R.D.): Fundación Cultural Dominicana.

Wade, Peter (1997): Race and Ethnicity in Latin America (Critical Studies on Latin America), London: Pluto Press.

Wooding, Bridget (2008): »Contesting Dominican Discrimination and Sta-telessness«, in: Peace Review 20 (3), S. 366-375.

Wooding, Bridget/Moseley-Williams, Richard (2004): Inmigrantes haitia-nos y dominicanos de ascendencia haitiana en la República Dominica-na. Cooperación Internacional para el Desarrollo (CID). Servicio Jesuita a Refugiados y Migrantes (SJR).

Wucker, Michele (2000): Why the Cocks Fight. Dominicans, Haitians, and the Struggle for Hispaniola, New York: Hill & Wang Publishing.

Yuval-Davis, Nira (2006): »Belonging and the Politics of Belonging«, in: Patterns of Prejudice 40 (3), S. 197-214.