Repetitorium Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler

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Repetitorium Mathematik für Wirtschaftswissenschaftler 1 Aussagenlogik Wahrheitstabellen für Grundverknüpfungen Konjunktion A B, Disjunktion A B, Implikation A = B und Äquivalenz A ⇐⇒ B Es muss bekannt sein: A w w f f B w f w f A B w f f f A B w w w f A B w f w w A B w f f w Nicht zu vergessen die Negation ¬A A w f ¬A f w Damit können nun kompliziertere Aussagen ausgewertet werden, etwa A w w w w f f f f B w w f f w w f f C w f w f w f w f ¬B f f w w f f w w A B w w w w w w f f ¬B C f f w f f f w f (A B) (¬B C ) f f w f f f w w A (B C ) w w w f f f f f (A B) (A C ) w w w f f f f f 1

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Repetitorium Mathematik fürWirtschaftswissenschaftler

1 Aussagenlogik

Wahrheitstabellen für Grundverknüpfungen

Konjunktion A ∧B, Disjunktion A ∨B, Implikation A =⇒ B und ÄquivalenzA⇐⇒ B

Es muss bekannt sein:A w w f fB w f w f

A ∧B w f f fA ∨B w w w fA⇒ B w f w wA⇔ B w f f w

Nicht zu vergessen die Negation ¬A

A w f

¬A f w

Damit können nun kompliziertere Aussagen ausgewertet werden, etwa

A w w w w f f f fB w w f f w w f fC w f w f w f w f

¬B f f w w f f w wA ∨B w w w w w w f f¬B ∧ C f f w f f f w f

(A ∨B)⇒ (¬B ∧ C) f f w f f f w wA ∧ (B ∨ C) w w w f f f f f

(A ∧B) ∨ (A ∧ C) w w w f f f f f

1

Falls nötig ein weiteres Beispiel

A w w f fB w f w f

¬A f f w w¬B f w f w¬A ∨B w f w w

(¬A ∨B)⇔ ¬B f f f w

2

2 Mengenlehre

Grundlegende Mengenoperationen

Definition.

• Zwei Mengen M1 und M2 heißen gleich, falls sie dieselben Elemente enthalten.

• M1 heißt Teilmenge von M2, in Zeichen M1 ⊆ M2, wenn für jedes x ∈ M1 auchx ∈M2 gilt.

• SeienM1 undM2 beliebige Mengen. Man nennt dannM1∪M2 = {x |x ∈M1 oder x ∈M2}die Vereinigung der Mengen M1 und M2.

• SeienM1 undM2 beliebige Mengen. Man nennt dannM1∩M2 = {x |x ∈M1 und x ∈M2}den Durchschnitt der Mengen M1 und M2.

• SeienM1 undM2 beliebige Mengen. Man nennt dannM2\M1 = {x |x ∈M2 aber x /∈M1}die Differenz der Mengen M2 und M2.

• SeienM1 undM2 beliebige Mengen. Besitzen die MengenM1 undM2 kein gemein-sames Element, so heißen M1, M2 disjunkte Mengen.

Satz. Zwei Mengen M1 und M2 sind gleich genau dann, wenn M1 ⊆M2 und M2 ⊆M1.

Aufgabe. Seien A,B,C beliebige Mengen. Dann gilt

A ∩ (B ∪ C) = (A ∩B) ∪ (A ∩ C) .

Beweis. Es gelten

x ∈ A ∩ (B ∪ C)⇔ x ∈ A ∧ x ∈ B ∪ C ⇔ x ∈ A ∧ (x ∈ B ∨ x ∈ C)

sowie

x ∈ (A ∩B)∪(A ∩ C)⇔ x ∈ (A ∩B)∨x ∈ (A ∩ C)⇔ (x ∈ A ∧ x ∈ B)∨(x ∈ A ∧ x ∈ C) .

Wegen dem Distributivgesetz gilt

x ∈ A ∧ (x ∈ B ∨ x ∈ C)⇔ (x ∈ A ∧ x ∈ B) ∨ (x ∈ A ∧ x ∈ C) ,

also haben wirx ∈ A ∩ (B ∪ C)⇔ x ∈ (A ∩B) ∪ (A ∩ C) .

Beispiel. Beweisen oder widerlegen Sie: Für Mengen A,B gilt

(A ∪B) \ (A ∩B) ⊆ A \B.

Lösung. Diese Aussage ist im Allgemeinen falsch. Betrachte etwa A = {1} und B = {2}.Dann gilt A ∪B = {1, 2} und A ∩B = ∅, also haben wir

(A ∪B) \ (A ∩B) = {1, 2} .

Ferner gilt A \B = {1} \ {2} = {1}, also ist

(A ∪B) \ (A ∩B) = {1, 2} * {1} = A \B.

3

Kartesisches Produkt

Definition. Seien A,B beliebige (nichtleere) Mengen. Man nennt dann

A×B := {(a, b) | a ∈ A, b ∈ B}

das kartesische Produkt von A und B. Falls A = ∅ oder B = ∅, dann gilt A×B = ∅.

Beispiel.

1) R2

2) {1, 2} × {1, 2, 3} = {(1, 1) , (1, 2) , (1, 3) , (2, 1) , (2, 2) , (2, 3)}.

Aufgabe. Seien A,B,C beliebige Mengen. Dann gilt

A× (B \ C) = (A×B) \ (A× C) .

Achtung. Es lautet etwa (x, y) ∈ A × (B \ C) mit x ∈ A und y ∈ B \ C statt x ∈A× (B \ C).

Beweis. Es gilt

(x, y) ∈ A× (B \ C)⇔ x ∈ A ∧ y ∈ (B \ C)⇔ x ∈ A ∧ y ∈ B ∧ y /∈ C

sowie(x, y) ∈ A× (B \ C)⇔ (x, y) ∈ (A×B) ∧ (x, y) /∈ (A× C)

⇔ x ∈ A ∧ y ∈ B ∧ ¬ (x ∈ A ∧ y ∈ C)⇔ x ∈ A ∧ y ∈ B ∧ (x /∈ A ∨ y /∈ C) .

Wegen x ∈ A kann nur y /∈ C eintreten, also gilt

x ∈ A ∧ y ∈ B ∧ (x /∈ A ∨ y /∈ C)⇔ x ∈ A ∧ y ∈ B ∧ y /∈ C,

das bedeutet(x, y) ∈ A× (B \ C)⇔ (x, y) ∈ A× (B \ C) .

Relation

Definition. Sei M eine nichtleere Menge. Man nennt jede Teilmenge R ⊆M ×M eineRelation.

Definition. Eine Relation R auf einer Menge M heißt:

(a) reflexiv, falls für jedes x ∈M gilt (x, x) ∈ R.

(b) symmetrisch, falls aus (x, y) ∈ R auch (y, x) ∈ R folgt.

(c) transitiv, falls aus mit (x, y) ∈ R und (y, z) ∈ R auch (x, z) ∈ R sein muss.

4

Beispiel. R1 ={(x, y) ∈ Z× Z

∣∣x2 ≤ y}.Reflexivität: Nein, da etwa (−1,−1) /∈ R1, denn (−1)2 = 1 6≤ −1.

Symmetrie: Nein, da etwa (0, 1) ∈ R1, denn 02 = 0 ≤ 1, aber 12 = 1 6≤ 0 und somit(1, 0) /∈ R1.

Transitivität: Ja, denn: Sind (a, b) ∈ R1 und (b, c) ∈ R1, so gelten a2 ≤ b und b2 ≤ c.Wegen b ∈ Z gilt stets b ≤ b2, damit folgt a2 ≤ b ≤ b2 ≤ c, also a2 ≤ c, dasbedeutet, (a, c) ∈ R1.

Aufgabe. Sind die folgenden Relationen reflexiv, symmetrisch oder transitiv?

(a) R2 = {(a, b) ∈ Q×Q | |a| ≤ |b|}.

(b) R3 = {(x, y) ∈ Z× Z | 3 teilt x− y}.

Lösung.

Zu (a): R2 ist reflexiv, denn offenbar gilt |a| ≤ |a| für jedes a ∈ Q. R2 ist nicht symme-trisch, denn es gilt |0| ≤ |1|, also (0, 1) ∈ R2, aber |1| 6≤ |0|, also (1, 0) /∈ R2. R2 isttransitiv, denn für a, b, c ∈ Q mit |a| ≤ |b| und |b| ≤ |c| folgt |a| ≤ |c|.

Zu (b): R3 ist reflexiv, denn für x ∈ Z ist x − x = 0 stets durch 3 teilbar. R3 istsymmetrisch, denn ist (x, y) ∈ R3, so ist x − y durch 3 teilbar, das bedeutet, esexistiert ein k ∈ Z mit x − y = 3k. Dann gilt y − x = − (x− y) = −3k = 3 (−k),also ist auch y − x durch 3 teilbar. R3 ist zudem transitiv, denn gelten (x, y) ∈ R3

und (y, z) ∈ R3, also existieren k,m ∈ Z mit x − y = 3k und y − z = 3m. Danngilt x− z = x− y + y − z = 3k + 3m = 3 (k +m), also ist x− z ebenfalls durch 3teilbar.

5

3 Vollständige Induktion

Beweisprinzip der vollständigen Induktion. Sei A (n) eine Aussage in Abhängigkeitvon n ∈ N. Die Aussage A (n) ist für alle n ∈ N richtig, falls (I) und (II) bewiesen werdenkönnen:

(I) A (1) ist richtig (Induktionsanfang).

(II) Für jedes n ∈ N, für das A (n) richtig ist, ist auch A (n+ 1) richtig (Induktions-schluss).

Beispiel. Für jedes n ∈ N gilt

n∑k=1

k =n (n+ 1)

2.

Beweis.

IA: Für n = 1 gilt

n∑k=1

k =1∑

k=1

k = 1 =2

2=

1 + 1

2=

1 · (1 + 1)

2=n (n+ 1)

2.

IV: Für ein n ∈ N gelten∑k=1

k =n (n+ 1)

2.

n→ n+ 1:

n+1∑k=1

k =n∑k=1

k + (n+ 1)IV=n (n+ 1)

2+ (n+ 1) =

n (n+ 1) + 2 (n+ 1)

2

=(n+ 1) (n+ 2)

2.

Aufgabe. Beweisen Sie mittels vollständiger Induktion:

(a) Es gilt∑n

k=1 (2k − 1) = n2.

(b) Sei q 6= 1. Es gilt∑n

k=0 qk = 1−qn+1

1−q .

Beweis.

Zu (a): n = 1 klar. IV klar. Ferner

n+1∑k=1

(2k − 1) =

n∑k=1

(2k − 1) + (2n+ 1)IV= n2 + 2n+ 1 = (n+ 1)2 .

6

Zu (b): n = 0 trivial. IV klar. Außerdem gilt

n+1∑k=0

qk =

n∑k=0

qk + qn+1 IV=

1− qn+1

1− q+ qn+1 =

1− qn+1 + qn+1 − qn+2

1− q=

1− qn+2

1− q.

7

4 Folgen

Definition. Unter einer Folge reeller Zahlen versteht man eine Abbildung N −→ Rgemäß n 7−→ an. Man schreibt dann kurz (an)n∈N.

Definition. Sei (an)n∈N eine Folge (reeller Zahlen). Man sagt:

• (an)n∈N konvergiert gegen a ∈ R, falls für jedes ε > 0 ein n0 = n0 (ε) ∈ N existiert,so dass für alle n ≥ n0 gilt |an − a| ≤ ε. Man schreibt dann limn→∞ an = a bzw.kürzer an −→ a.

• (an)n∈N ist nach oben bzw. unten beschränkt, falls ein C > 0 existiert, so dassan ≤ C bzw. an ≥ C für alle n ∈ N gilt.

• (an)n∈N ist monoton wachsend bzw. monoton fallend, falls für alle n ∈ N giltan ≤ an+1 bzw. an ≥ an+1. Die Folge heißt streng monoton wachsend bzw. fallend,falls die echten Ungleichungen gelten.

Beispiel.

(a) Ist an = 1np mit p ∈ N, so gilt an −→ 0.

(b) Ist an = n√n, so gilt an −→ 1.

(c) Ist an = npqn mit p ∈ N ∪ {0} und |q| < 1, so gilt an −→ 0.

(d) Ist an =(1 + 1

n

)n, so gilt an −→ e.

Satz. Seien (an)n∈N und (bn)n∈N konvergente Folge mit Grenzwerten a und b. Danngelten:

(a) limn→∞ (an ± bn) = limn→∞ an ± limn→∞ bn = a± b.

(b) limn→∞ (an · bn) = limn→∞ an · limn→∞ bn = a · b.

(c) Ist b 6= 0, so gilt auch

limn→∞

anbn

=limn→∞ anlimn→∞ bn

=a

b.

Satz. Sei (an)n∈N eine monoton wachsende bzw. fallende Folge. Ist (an)n∈N zudem nachoben bzw. unten beschränkt, so ist (an)n∈N sogar konvergent.

Bemerkung. Ist (an)n∈N eine Nullfolge und (bn)n∈N nach oben und unten beschränkt, soist auch (anbn)n∈N eine Nullfolge, das heißt, limn→∞ anbn = 0.

Beispiel. Sind die nachstehenden Folgen konvergent? Wenn ja, bestimmen Sie den je-weiligen Grenzwert.

(a) an = n2+2n(n+1)2

.

8

(b) bn =√n+ 1−

√n.

Lösung.

Zu (a): Es gilt

n2 + 2n

(n+ 1)2=

n2 + 2n

n2 + 2n+ 1=

n2(1 + 2

n

)n2(1 + 2

n + 1n2

) =1 + 2

n

1 + 2n + 1

n2

.

Damit folgt

limn→∞

n2 + 2n

(n+ 1)2= lim

n→∞

1 + 2n

1 + 2n + 1

n2

=1 + 0

1 + 0 + 0= 1.

Zu (b): Wir haben

√n+ 1−

√n =

(√n+ 1−

√n)·√n+ 1 +

√n√

n+ 1 +√n=

n+ 1− n√n+ 1 +

√n=

1√n+ 1 +

√n

=1

√n(√

1 + 1n + 1

) ,also gilt

limn→∞

(√n+ 1−

√n)= lim

n→∞

1

√n︸︷︷︸

→∞

(√1 +

1

n︸ ︷︷ ︸→1

+1

) = 0.

Aufgabe. Sind die nachstehenden Folgen konvergent? Wenn ja, bestimmen Sie den je-weiligen Grenzwert.

(a) an = n3+n+24n2+1

.

(b) bn = (n+1)2−n2

n .

(c) cn =√9n2 + 2n+ 1− 3n.

(d) dn = sin(en)2n .

Lösung.

Zu (a): Es giltn3 + n+ 2

4n2 + 1=n2(n+ 1 + 2

n2

)n2(4 + 1

n2

) =n+ 1 + 2

n2

4 + 1n2

,

also ist

limn→∞

n3 + n+ 2

4n2 + 1= lim

n→∞

→∞︷ ︸︸ ︷n+ 1 +

2

n2

4 +1

n2︸ ︷︷ ︸→4

=∞.

9

Zu (b): Wir haben

(n+ 1)2 − n2

n=n2 + 2n+ 1− n2

n=

2n+ 1

n=n(2 + 1

n

)n

= 2 +1

n.

Es gilt daher

limn→∞

(n+ 1)2 − n2

n= lim

n→∞

(2 +

1

n

)= 2.

Zu (c): Es gilt

√9n2 + 2n+ 1− 3n =

(√9n2 + 2n+ 1− 3n

) √9n2 + 2n+ 1 + 3n√9n2 + 2n+ 1 + 3n

=9n2 + 2n+ 1− 9n2√9n2 + 2n+ 1 + 3n

=2n+ 1√

9n2 + 2n+ 1 + 3n

=n(2 + 1

n

)n(√

9 + 2n + 1

n2 + 3) =

2 + 1n√

9 + 2n + 1

n2 + 3.

Damit ist

limn→∞

(√9n2 + 2n+ 1− 3n

)= lim

n→∞

→2︷ ︸︸ ︷2 +

1

n√9 +

2

n+

1

n2︸ ︷︷ ︸→√9=3

+3

=2

6=

1

3.

Zu (d): Für jedes n ∈ N gilt∣∣∣sin(en2

)∣∣∣ ≤ 1. Daher gilt

limn→∞

∈[−1,1]︷ ︸︸ ︷sin(en

2)

2n= 0,

vergleiche Bemerkung oben.

Rekursive Folgen

Für rekursive Folgen ist der vorher genannte Satz über monotone beschränkte Folgenvon großer Bedeutung.

Beispiel. Betrachte die rekursiv definierte Folge mit a1 = 32 und

an+1 =1

2an +

1

n+ 1.

10

Wir bestimmen zunächst mögliche Kandidaten für den Grenzwert. Es muss gelten

limn→∞

an+1 = limn→∞

(1

2an +

1

n+ 1

),

alsoa =

1

2a⇔ 2a = a⇔ a = 0.

Wenn der Grenzwert existiert, so kann dieser nur 0 sein. Wegen a1 = 2 liegt die Vermu-tung nahe, dass die Folge monoton fällt und nach unten durch 0 beschränkt ist. MittelsInduktion folgt an ≥ 0: Es gilt a1 ≥ 0. Gilt nun an ≥ 0 für ein n ∈ N, so folgt

an+1 =1

2an︸︷︷︸≥0

+1

n+ 1︸ ︷︷ ︸≥0

≥ 0.

Wir zeigen nun die Monotonie. Es gilt

a2 =1

2a1 +

1

1 + 1=

1

2· 32+

1

2=

3

4+

1

2=

5

4≤ 6

4=

3

2= a1.

Für ein n ∈ N gelte an ≥ an+1. Wir haben dann

an+2 =1

2an+1︸︷︷︸≤an

+1

n+ 2︸ ︷︷ ︸≤ 1

n+1

≤ 1

2an +

1

n+ 1= an+1.

Daher ist die Folge (an)n∈N monoton fallend und nach unten (durch 0) beschränkt. Alsokonvergiert an gegen 0.

Aufgabe. Bestimmen Sie die Grenzwerte der nachstehenden rekursiv definierten Folgen.

(a) a1 =14 und an+1 =

a2n2 + 1

4 (von oben beschränkt und monoton wachsend).

(b) b1 = 3 und bn+1 =7+3bn3+bn

(von unten beschränkt und monoton fallend).

Lösung.

Zu (a): Bestimmung der möglichen Grenzwerte: Falls der Grenzwert existiert, dann mussgelten

limn→∞

an+1 = limn→∞

(a2n2

+1

4

),

also

a =a2

2+

1

4⇔ a2 − 2a+

1

2= 0⇒ a1,2 = 1±

√1− 1

2= 1± 1√

2.

11

Es gilt 1 + 1√2≈ 1.707 und 1− 1√

2≈ 0.293. Wegen a1 = 1

4 = 0.25 haben wir daherzwei mögliche Kandidaten für eine obere Schranke. Wir probieren die kleinere Zahl.Es gilt a1 = 0.25 ≤ 1− 1√

2. Für ein n ∈ N gelte an ≤ 1− 1√

2. Wir haben

an+1 =a2n2

+1

4

IV≤

(1− 1√

2

)22

+1

4=

1− 2√2+ 1

2

2+

1

4=

1

2− 1√

2+

1

4+

1

4= 1− 1√

2.

Monotonie: Es gilt

a2 =a212︸︷︷︸≥0

+1

4≥ 1

4= a1.

Für ein n ∈ N gelte an ≤ an+1. Dann gilt

an+2 =a2n+1

2+

1

4

IV≥ a2n

2+

1

4= an+1.

Zu (b): Falls der Grenzwert existiert, muss gelten

limn→∞

bn+1 = limn→∞

7 + 3bn3 + bn

,

alsob =

7 + 3b

3 + b⇔ b2 + 3b = 7 + 3b⇔ b2 = 7⇔ b1,2 = ±

√7.

Es genügt als untere Schranke 0 zu betrachten. (klar) Zur Monotonie: Es gilt

7 + 3bn3 + bn

=9 + 3bn − 2

3 + bn= 3− 2

3 + bn.

Wir habenb2 = 3− 2

3 + b1= 3− 2

3 + 3= 3− 1

3≤ 3 = b1.

Es gelte für ein n ∈ N bn ≥ bn+1. Wir erhalten

bn+2 =7 + 3bn+1

3 + bn+1= 3− 2

3 + bn+1

IV≤ 3− 2

3 + bn= bn+1,

denn

3 + bn+1 ≤ 3 + bn ⇔2

3 + bn≤ 2

3 + bn+1⇔ − 2

3 + bn+1≤ − 2

3 + bn.

Wegen bn ≥ 0 für alle n ∈ N kann daher nur√7 der Grenzwert sein.

12

5 Reihen

Definition. Sei (an)n∈N eine Folge und

sn :=n∑k=1

ak, n ∈ N.

Wir sagen die Reihe∑∞

n=1 an konvergiert, falls s := limn→∞ sn existiert. Man setzt dann

∞∑n=1

an = s.

Gilt limn→∞ sn = ∞ oder limn→∞ sn = −∞, so nennt man∑∞

n=1 an (bestimmt) diver-gent.

Bemerkung. Falls limn→∞ sn nicht existiert, so nennt man die Reihe∑∞

n=1 an lediglichdivergent, für uns aber uninteressant.

Beispiel.

(a) Sei q ∈ (−1, 1). Dann gilt∞∑n=0

qn =1

1− q,

denn∞∑n=0

qn = limm→∞

m∑n=0

qn = limm→∞

1− qm+1

1− q=

1

1− q.

(b) Die Reihe∑∞

n=11n2 ist konvergent.

(c) Es gilt∞∑n=1

1

n=∞.

Satz. Seien∑∞

n=1 an und∑∞

n=1 bn konvergente Reihen. Dann gilt:

∞∑n=1

(an + bn) =∞∑n=1

an +∞∑n=1

bn.

Ferner gilt für jedes c ∈ R∞∑n=1

c · an = c ·∞∑n=1

an.

Satz. Seien∑∞

n=1 an und∑∞

n=1 bn Reihen. Dann gilt:

13

(a) Es gelte ab einen gewissen Index n0 ∈ N für jedes n ≥ n0 die Ungleichung |an| ≤ bn.Konvergiert

∑∞n=1 bn, so ist auch

∑∞n=1 an konvergent (sogar absolut konvergent).

(Majorantenkriterium)

(b) Sind die Folgenglieder an ≥ 0 für jedes n ∈ N und ist ab einen gewissen Indexn0 ∈ N für jedes n ≥ n0 die Ungleichung bn ≥ an erfüllt, so gilt: Ist

∑∞n=1 an =∞,

so ist auch∑∞

n=1 bn =∞. (Minorantenkriterium)

Beispiel.

(a) Ist∑∞

n=1sin(en)

2n konvergent?

(b) Ist∑∞

n=1n

2n2−√2konvergent?

Lösung.

Zu (a): Es gilt ∣∣∣∣sin (en)2n

∣∣∣∣ = |sin (en)|2n≤ 1

2n=

(1

2

)n.

Wissen:∑∞

n=0 qn konvergiert, falls q ∈ (−1, 1). Nach Majorantenkriterium ist daher

auch∑∞

n=1sin(en)

2n konvergent.

Zu (b): Es giltn

2n2 −√2≥ n

2n2=

1

2n.

Nach Minorantenkriterium gilt daher

∞∑n=1

n

2n2 −√2≥∞∑n=1

1

2n.

Wegen

∞∑n=1

1

2n= lim

m→∞

m∑n=1

1

2n= lim

m→∞

1

2

m∑n=1

1

n=

1

2limm→∞

m∑n=1

1

n=∞,

ist daher∑∞

n=1n

2n2−√2divergent.

Aufgabe. Sind die folgenden Reihen konvergent?

(a)∑∞

n=1n

3n2+π.

(b)∑∞

n=0

(12n + (−1)n

3n

).

Lösung.

Zu (a): Es giltn

3n2 + π≥ n

3n2 + πn2=

1

n (3 + π)≥ 1

n (3 + 4)=

1

7n.

14

Zu (b): Es gilt, da∑∞

n=0

(12

)n und∑∞

n=0

(−1

3

)n konvergieren:

∞∑n=0

(1

2n+

(−1)n

3n

)=∞∑n=0

1

2n+∞∑n=0

(−1)n

3n=∞∑n=0

(1

2

)n+∞∑n=0

(−1

3

)n=

1

1− 12

+1

1 + 13

= 2 +3

4=

11

4.

Satz (Quotienten- und Wurzelkriterium). Sei∑∞

n=1 an eine Reihe.

(a) Hierbei wird vorausgesetzt, dass ab einen gewissen Punkt die an 6= 0 sind. Gilt nunab einen Index n0 stets ∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣ ≤ q < 1, für n ≥ n0,

so ist∑∞

n=1 an (absolut) konvergent. Gilt jedoch ab einen gewissen Index∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣ ≥ 1,

so ist∑∞

n=1 an divergent.

(b) Gilt nun ab einen Index n0 stets

n√|an| ≤ q < 1, für n ≥ n0,

so ist∑∞

n=1 an (absolut) konvergent. Gilt jedoch ab einen gewissen Index oder sogarnur unendlich oft (etwa für alle ungeraden Zahlen)

n√|an| ≥ 1,

so ist∑∞

n=1 an divergent.

Bemerkung. Gilt

limn→∞

∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣ < 1 oder limn→∞

n√|an| < 1,

so ist nach (a) bzw. (b)∑∞

n=1 an konvergent. Gilt jedoch

limn→∞

∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣ > 1 oder limn→∞

n√|an| > 1,

so ist nach (a) bzw. (b)∑∞

n=1 an divergent. Im Falle

limn→∞

∣∣∣∣an+1

an

∣∣∣∣ = 1 oder limn→∞

n√|an| = 1,

ist keine Aussage möglich.

15

Beispiel. Ist∑∞

n=1n!nn konvergent?

Lösung. Es gilt

(n+1)!

(n+1)n+1

n!nn

=

n!(n+1)n

n!nn

=nn

(n+ 1)n=

(n

n+ 1

)n=

(1n+1n

)n=

1(1 + 1

n

)n .Daher gilt

limn→∞

1(1 + 1

n

)n =1

limn→∞(1 + 1

n

)n =1

e< 1.

Nach Quotientenkriterium ist daher die Reihe konvergent.

Aufgabe. Sind die folgenden Reihen konvergent?

(a)∑∞

n=1

(nn+1

)n2

.

(b)∑∞

n=1n2

2n .

Lösung.

Zu (a): Es gilt

n

√√√√∣∣∣∣∣(

n

n+ 1

)n2∣∣∣∣∣ =

((n

n+ 1

)n2) 1

n

=

(n

n+ 1

)n2

n

=

(n

n+ 1

)n=

1(1 + 1

n

)n .Damit folgt

limn→∞

n

√(n

n+ 1

)n2

= limn→∞

1(1 + 1

n

)n =1

e< 1.

Nach dem Wurzelkriterium ist daher diese Reihe konvergent.

Zu (b): Wir haben ∣∣∣∣∣∣(n+1)2

2n+1

n2

2n

∣∣∣∣∣∣ = (n+ 1)2

2n2=n2(1 + 1

n

)2n2 · 2

=

(1 + 1

n

)22

,

also gilt

limn→∞

(n+1)2

2n+1

n2

2n

= limn→∞

(1 + 1

n

)22

=1

2.

Nach dem Quotientenkriterium ist daher diese Reihe konvergent.

Satz (Leibniz-Kriterium). Sei (an)∞n=1 eine monoton fallende Nullfolge, das heißt, es

gilt an ≥ an+1 für jedes n ∈ N und limn→∞ an = 0. Dann ist die alternierende Reihe∑∞n=1 (−1)

n an konvergent.

16

Aufgabe. Zeigen Sie:∑∞

n=2 (−1)n n

ln(nn) ist konvergent.

Lösung. Es giltn

ln (nn)=

n

n lnn=

1

lnn.

Da ln monoton wachsend, gilt lnn ≤ ln (n+ 1) für jedes n ∈ N mit n ≥ 2, das bedeutet,es gilt

1

ln (n+ 1)≤ 1

lnn.

Wegen

limn→∞

1

lnn= 0

folgt die Konvergenz aus dem Leibnizkriterium.

17

6 Funktionen

Definition. Seien X und Y beliebige nichtleere Mengen. Unter einer Abbildung f vonX nach Y versteht man eine Vorschrift, die jedem x ∈ X genau ein y ∈ Y zuordnet. Manbezeichnet dieses eindeutig bestimmte y dann mit f (x). Ferner nennt man die Menge Xden Definitionsbereich von f und Y den Wertebereich von f . Gilt X ⊆ R und Y ⊆ R, sonennt man f auch reelle Funktion.

Definition. Seien X,Y beliebige nichtleere Mengen und f : X −→ Y eine Abbildung.

(a) Man nennt f injektiv, falls für alle x1, x2 ∈ X gilt

x1 6= x2 =⇒ f (x1) 6= f (x2) .

(b) Man nennt f surjektiv, falls für jedes y ∈ Y ein x ∈ X existiert mit f (x) = y.

(c) Sei zusätzlich X,Y ⊆ R vorausgesetzt. Man nennt dann f

(I) monoton fallend, falls für x1, x2 ∈ X mit x1 ≤ x2 folgt f (x1) ≥ f (x2). Mannennt f streng monoton fallend, falls die echten Ungleichungen gelten.

(II) monoton wachsend, falls für x1, x2 ∈ X mit x1 ≤ x2 folgt f (x1) ≤ f (x2). Mannennt f streng monoton wachsend, falls die echten Ungleichungen gelten.

Bemerkung. Für Aufgaben sei auf die Probeklausur verwiesen.

Stetigkeit

Definition. Sei f : D −→ R eine reelle Funktion. Man nennt f in x0 ∈ D stetig, falls fürjede Folge (xn)n∈N mit xn ∈ D für alle n ∈ N und limn→∞ xn = x gilt

limn→∞

f (xn) = f(limn→∞

xn

)= f (x) .

Die Funktion f heißt stetig, falls sie in jedem Punkt x0 ∈ D stetig ist.

Beispiel.

(a) Sinus, Kosinus, ex, Polynome (anxn+ . . .+a1x+a0 mit n ∈ N0 und an, . . . , a1, a0 ∈R) sind allesamt stetige Funktionen.

(b) Sei x0 ∈ R. Betrachte

f (x) =

{1, falls x = x0,

0, sonst.

Dann ist f in x 6= x0 stetig, aber in x0 unstetig. Man schreibt abkürzend für f dannauch 1{x0} und nennt dies die Indikatorfunktion für die Menge {x0}. Allgemeiner

18

kann man auch eine beliebige Teilmenge A ⊆ R betrachten. Diese wird dann mit1A bezeichnet und ist definiert gemäß

1A (x) =

{1, falls x ∈ A,0, sonst.

Für A = Q erhält man die sogenannte Dirichlet-Funktion. Für diese gilt also

1Q (x) =

{1, falls x ∈ Q,0, falls x ∈ R \Q.

Diese Funktion ist in keinem Punkt stetig.

Differenzierbarkeit

Definition. Die Funktion f : D −→ R heißt im Punkt x0 ∈ D differenzierbar, falls derGrenzwert

limx→x0

f (x)− f (x0)x− x0

existiert. Im Falle der Existenz bezeichnet man diesen mit f ′ (x0).

Beispiel.

(a) (xα)′ = αxα−1 für α 6= 0.

(b) (sinx)′ = cosx, (cosx)′ = − sinx.

(c) (ex)′ = ex.

(d) (lnx)′ = 1x , für x > 0.

Satz. Seien f, g : D −→ R in x0 ∈ D differenzierbar. Dann gelten:

(a) (f ± g)′ (x0) = f ′ (x0) ± g′ (x0) und für alle c ∈ R gilt außerdem (c · f)′ (x0) =c · f ′ (x0).

(b) (f · g)′ (x0) = f ′ (x0) · g (x0) + f (x0) · g′ (x0). (Produktregel)

(c)(fg

)′(x0) =

f ′(x0)g(x0)−f(x0)·g′(x0)(g(x0))

2 . (Quotientenregel)

Satz (Kettenregel). Seien f : D1 −→ R und g : D2 −→ R. Es sei g in x0 differenzierbar,g (x0) ∈ D1 und f in g (x0) differenzierbar. Dann gilt

(f (g (x0)))′ = f ′ (g (x0)) · g′ (x0) .

Beispiel. Berechnen Sie die Ableitung der folgenden Funktionen

19

(a)

f (x) =3

x5−√x+

x3

3√x, x > 0.

(b)g (x) = xcosx.

Lösung.

Zu (a): Es gilt

3

x5−√x+

x3

3√x= 3 · x−5 − x

12 +

x3

x13

= 3 · x−5 − x12 + x

83 ,

also erhalten wir

f ′ (x) = 3 · (−5)x−5−1 − 1

2· x

12−1 +

8

3x

83−1 = −15

x6− 1

2√x+

8

3x

53 .

Zu (b): Es giltxcosx = ecosx lnx,

also folgt nach der Kettenregel(ecosx lnx

)′= ecosx lnx · (cosx lnx)′ .

Nun gilt

(cosx lnx)′ = − sinx lnx+ cosx · 1x,

also haben wirg′ (x) = ecosx lnx

(− sinx lnx+ cosx · 1

x

).

Aufgabe. Berechnen Sie die folgenden Ableitungen:

(a) f1 (x) = arctan (lnx). Hinweis: (arctanx) = 11+x2

.

(b) f2 (x) = ln√1 + cosx, x 6= (2k − 1)π, k ∈ Z.

(c) f3 (x) = ln (x lnx), x > 1.

(d) f4 (x) =ex

2−1ex2+1

.

(e) f5 (x) = sin(ex

5).

Lösung.

20

Zu (a):

f ′1 (x) =1

1 + (lnx)2· (lnx)′ = 1

1 + (lnx)2· 1x=

1

x+ x (lnx)2.

Zu (b):

f ′2 (x) =1√

1 + cosx·(√

1 + cosx)′=

1√1 + cosx

· 1

2√1 + cosx

· (1 + cosx)′

=1

2 (1 + cosx)· (− sinx) = − sinx

2 + 2 cosx.

Bemerkung: Eventuell auch über logarithmisches Differenzieren:

(ln f (x))′ =f ′ (x)

f (x).

Zu (c):

f ′3 (x) =1

x lnx· (x lnx)′ = 1

x lnx·(lnx+ x · 1

x

)=

1 + lnx

x lnx=

1

x lnx+

1

x.

Zu (d):

f ′4 (x) =

(ex

2 − 1)′ (

ex2+ 1)−(ex

2 − 1)(

ex2+ 1)′

(ex2 + 1

)2=

ex2 ·(x2)′ (

ex2+ 1)−(ex

2 − 1)ex

2 (x2)′(

ex2 + 1)2

=2xex

2(ex

2+ 1)−(ex

2 − 1)2xex

2(ex2 + 1

)2 =2xex

2[(

ex2+ 1)−(ex

2 − 1)]

(ex2 + 1

)2=

4xex2(

ex2 + 1)2 .

Zu (e):

f ′5 (x) = cos(ex

5)(

ex5)′

= cos(ex

5)ex

5 (x5)′= cos

(ex

5)ex

5 · 5x4.

Satz (Mittelwertsatz). Sei f : [a, b] −→ R stetig und in (a, b) differenzierbar. Dannexistiert ein ξ ∈ (a, b), so dass gilt

f ′ (ξ) =f (b)− f (a)

b− a.

21

Beispiel (Nochmal die Berechnung von limn→∞(√n+ 1−

√n)). Die Funktion f (x) =√

x ist für jedes n ∈ N auf jedem der Intervalle [n, n+ 1] stetig und in (n, n+ 1) diffe-renzierbar. Nach dem Mittelwertsatz existiert daher zu jedem n ∈ N ein xn ∈ (n, n+ 1)mit

(√xn)′ =

√n+ 1−

√n

(n+ 1)− n,

also1

2√xn

=√n+ 1−

√n.

Wegen xn ∈ (n, n+ 1) und n −→∞ gilt auch xn −→∞. Somit folgt

limn→∞

(√n+ 1−

√n)= lim

n→∞

1

2√xn

= 0.

22