Germanicus. Lehrling – Feldherr – Diplomat

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Ausbildung Der ante diem IX Kalendas Iunias im Konsulatsjahr von Livius Drusus Libo und Calpurnius Piso Frugi galt seit jeher als herausragender Kalendertag, an dem die Curiatskomitien über Adoptionen entschieden. Am gleichen Tag hatte früher der altrömische rex Volk und Heer versammelt. An diesem heilsbringen- den 24. Mai des Jahres 15 v. Chr. gebar Antonia minor einen Sohn – an einem Tag, an dem man annehmen konnte, dass große Feldherren geboren werden. Der Vater, Stiefsohn des Augustus, führte gerade seinen berühmten Alpenfeldzug. Wie sein Vater hieß auch der Sohn Nero Claudius Drusus. Erst 9 v. Chr. sollte er den seinem Vater postum verliehenen Ehrentitel Ger- manicus erben, unter dem er dann in die Geschichte einging. Mit seinen Geschwistern Livilla und Claudi- us wuchs er bei Augustus und dessen Ehefrau Livia auf, die ihn mit einer umfassenden Bildung auf ein öffentliches Leben vorbereiteten. Der römische Bio- graf Sueton rühmt seine griechische und lateinische Eloquenz und Gelehrsamkeit ebenso wie seine au- ßergewöhnliche Schönheit, Tapferkeit, Liebenswür- digkeit und Beliebtheit. Auf Augustus’ Veranlassung wurde Germanicus als 18-Jähriger am 26. oder 27. Juni 4 n.Chr. von Ti- berius Caesar adoptiert und hieß mit vollem Na- mensformular nun Germanicus Iulius Tiberii filius Augusti nepos divi pronepos Caesar (»Germanicus Iu- lius, Sohn des Tiberius, Enkel des Augustus, Urenkel des Vergöttlichten, Caesar«). Die Karrierestationen des Germanicus waren ra- sant – und sollten den Thronerben auf seine zukünf- tigen Aufgaben vorbereiten. Bereits frühzeitig durfte er die toga virilis – die Tracht des erwachsenen Man- nes – tragen. Das politische Amt des Quästoren be- kleidete Germanicus fünf Jahre vor dem gesetzlichen Mindestalter im Jahre 6 n.Chr. Seine militärische Schulung erhielt er unter Tiberius im Pannonischen Krieg; hier befehligte er 7 bis 8 n. Chr. kleine Heeres- abteilungen, um dann 9 n.Chr. den Oberbefehl zu er- halten. Anfangs errang Germanicus Erfolge bei der Niederwerfung der letzten Aufständischen. Sein mit- unter ungestümes Vorgehen und damit einhergehen- de hohe Verluste veranlassten Augustus dazu, erneut Tiberius als Oberkommandierenden zu entsenden, was den ersten Versuch, Germanicus als Feldherrn zu profilieren, beendete. Bis zur Einnahme der belager- ten Festung Andetrium blieb er Tiberius’ Heeres- gruppe direkt unterstellt. Erst danach durfte Germa- nicus eigenständig weitere Orte erobern und nach der endgültigen Kapitulation der illyrischen Aufrührer die Siegesmeldung nach Rom bringen. Der Senat ver- lieh ihm für seine militärischen Verdienste die orna- menta triumphalia und das Privileg einer vorzeitigen Bewerbung um das Konsulat unter Umgehung der Prätur. Nach der Varusniederlage sicherte Tiberius Gal- lien, ersetzte verlorene Truppen und vermehrte bis 10 n. Chr. die germanischen Legionen auf acht. Tibe- rius’ erste Gegenoffensive in Germanien diente 11 n. Chr. der militärischen Nachschulung und weite- ren Profilierung des Germanicus, der erstmals ein im- perium proconsulare unter eigenen Auspizien inne- hatte – und damit eigenverantwortlich handeln konnte. Beide operierten rechtsrheinisch bis zum 23. September, brachen, laut Velleius Paterculus, feindlichen Widerstand, verheerten das Land und öff- neten alte Einfallschneisen. Entgegen der verdienst- schmälernden Bewertung in Cassius Dios »Römi- scher Geschichte« war dies ein erster Erfolg in Germanien, der den militärisch Verantwortlichen ei- ne imperatorische Akklamation einbrachte – ein nach siegreicher Schlacht von den Truppen für den Feld- herrn vergebener Ehrentitel: Augustus erhielt als oberster Feldherr seinen zwanzigsten Imperatorenti- tel, Tiberius seinen sechsten und Germanicus endlich seinen ersten. Aus der Akklamation des Germanicus resultieren möglicherweise die Kontermarken IMP mit Lituus: Germanicus war nämlich der einzige kommandierende Augur vor Ort, dessen priester- liches Gerät der Lituus war. Es ist gut denkbar, dass Germanicus aus Dank für die Auszeichnung seinen Soldaten Geldgeschenke machte und die ausgege- benen Münzen mit diesem Gegenstempel schlagen ließ – damit jeder sehen konnte, wer Urheber des Ge- schenks war. Das ganze Jahr 12 hindurch amtierte Germanicus als Konsul in Rom. In dieser Zeit drang Tiberius er- neut in Germanien ein. In einer Schlacht besiegte er wohl die Brukterer, woraus Augustus’ letzte Akkla- mation (IMP XXI) und Tiberius’ siebte resultieren Germanicus Lehrling – Feldherr – Diplomat Stefan Burmeister und Peter Kehne | 60

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Ausbildung

Der ante diem IX Kalendas Iunias im Konsulatsjahrvon Livius Drusus Libo und Calpurnius Piso Frugigalt seit jeher als herausragender Kalendertag, an demdie Curiatskomitien über Adoptionen entschieden.Am gleichen Tag hatte früher der altrömische rexVolk und Heer versammelt. An diesem heilsbringen-den 24. Mai des Jahres 15 v. Chr. gebar Antonia minoreinen Sohn – an einem Tag, an dem man annehmenkonnte, dass große Feldherren geboren werden. DerVater, Stiefsohn des Augustus, führte gerade seinenberühmten Alpenfeldzug. Wie sein Vater hieß auchder Sohn Nero Claudius Drusus. Erst 9 v. Chr. sollte erden seinem Vater postum verliehenen Ehrentitel Ger-manicus erben, unter dem er dann in die Geschichteeinging. Mit seinen Geschwistern Livilla und Claudi-us wuchs er bei Augustus und dessen Ehefrau Liviaauf, die ihn mit einer umfassenden Bildung auf einöffentliches Leben vorbereiteten. Der römische Bio-graf Sueton rühmt seine griechische und lateinischeEloquenz und Gelehrsamkeit ebenso wie seine au-ßergewöhnliche Schönheit, Tapferkeit, Liebenswür-digkeit und Beliebtheit.

Auf Augustus’ Veranlassung wurde Germanicusals 18-Jähriger am 26. oder 27. Juni 4 n. Chr. von Ti-berius Caesar adoptiert und hieß mit vollem Na-mensformular nun Germanicus Iulius Tiberii filiusAugusti nepos divi pronepos Caesar (»Germanicus Iu-lius, Sohn des Tiberius, Enkel des Augustus, Urenkeldes Vergöttlichten, Caesar«).

Die Karrierestationen des Germanicus waren ra-sant – und sollten den Thronerben auf seine zukünf-tigen Aufgaben vorbereiten. Bereits frühzeitig durfteer die toga virilis – die Tracht des erwachsenen Man-nes – tragen. Das politische Amt des Quästoren be-kleidete Germanicus fünf Jahre vor dem gesetzlichenMindestalter im Jahre 6 n. Chr. Seine militärischeSchulung erhielt er unter Tiberius im PannonischenKrieg; hier befehligte er 7 bis 8 n. Chr. kleine Heeres-abteilungen, um dann 9 n. Chr. den Oberbefehl zu er-halten. Anfangs errang Germanicus Erfolge bei derNiederwerfung der letzten Aufständischen. Sein mit-unter ungestümes Vorgehen und damit einhergehen-de hohe Verluste veranlassten Augustus dazu, erneutTiberius als Oberkommandierenden zu entsenden,

was den ersten Versuch, Germanicus als Feldherrn zuprofilieren, beendete. Bis zur Einnahme der belager-ten Festung Andetrium blieb er Tiberius’ Heeres-gruppe direkt unterstellt. Erst danach durfte Germa-nicus eigenständig weitere Orte erobern und nach derendgültigen Kapitulation der illyrischen Aufrührerdie Siegesmeldung nach Rom bringen. Der Senat ver-lieh ihm für seine militärischen Verdienste die orna-menta triumphalia und das Privileg einer vorzeitigenBewerbung um das Konsulat unter Umgehung derPrätur.

Nach der Varusniederlage sicherte Tiberius Gal-lien, ersetzte verlorene Truppen und vermehrte bis10 n. Chr. die germanischen Legionen auf acht. Tibe-ri us’ erste Gegenoffensive in Germanien diente11 n. Chr. der militärischen Nachschulung und weite -ren Profilierung des Germanicus, der erstmals ein im-perium proconsulare unter eigenen Auspizien inne-hat te – und damit eigenverantwortlich handelnkonnte. Beide operierten rechtsrheinisch bis zum23. September, brachen, laut Velleius Paterculus,feindlichen Widerstand, verheerten das Land und öff-neten alte Einfallschneisen. Entgegen der verdienst-schmälernden Bewertung in Cassius Dios »Römi-scher Geschichte« war dies ein erster Erfolg inGermanien, der den militärisch Verantwortlichen ei-ne imperatorische Akklamation einbrachte – ein nachsiegreicher Schlacht von den Truppen für den Feld-herrn vergebener Ehrentitel: Augustus erhielt alsoberster Feldherr seinen zwanzigsten Imperatorenti-tel, Tiberius seinen sechsten und Germanicus endlichseinen ersten. Aus der Akklamation des Germanicusresultieren möglicherweise die Kontermarken IMPmit Lituus: Germanicus war nämlich der einzigekommandierende Augur vor Ort, dessen priester -liches Gerät der Lituus war. Es ist gut denkbar, dassGermanicus aus Dank für die Auszeichnung seinenSoldaten Geldgeschenke machte und die ausgege -benen Münzen mit diesem Gegenstempel schlagenließ – damit jeder sehen konnte, wer Urheber des Ge-schenks war.

Das ganze Jahr 12 hindurch amtierte Germanicusals Konsul in Rom. In dieser Zeit drang Tiberius er-neut in Germanien ein. In einer Schlacht besiegte erwohl die Brukterer, woraus Augustus’ letzte Akkla-mation (IMP XXI) und Tiberius’ siebte resultieren

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ses andauernden bellum Germanicum wurden zahl-reiche Vermutungen geäußert: Tacitus betont die»Tilgung der Schande des mit Varus untergegange-nen Heeres« gegenüber »dem Wunsch zur Reichser-weiterung«. Doch bis zur Auffindung der Tabula Sia-rensis erschien der Forschung eine Reduzierung aufRache oder Tiberius’ Maxime einer VorfeldsicherungGalliens durch Vernichtung oder Vertreibung derGermanen zu minimalistisch; aber exakt dieses be-legt die Inschrift: Germanis bello superatis [...] a Gal-lia summotis ... et vindicata frau[dulenta clade?] exer-citus p. R (»… nachdem die Germanen im Kriegüberwunden, von Gallien entfernt, Feldzeichen zu-rückerhalten und die durch Verrat herbeigeführteNiederlage eines Heeres des römischen Volkes ge-rächt worden sind …«) (Abb. 2). Dieses bedeutetekeine resignative Beschränkung auf die Rheinlinieoder etwa Roms Verzicht auf die langfristig beab-

1 Gemma Augustea; römi-sche Staatskunst aus Anlassder erfolgreichen Nieder-schlagung des Aufstandes inPannonien und im Illyricum.Augustus – umgeben von derStadtgöttin Roma sowie denSymbolfiguren für die Erde,den bewohnten Erdkreis unddie Meere – begrüßt die sieg-reichen Heimkehrer. Tiberiussteigt von dem von Victoriagelenkten Wagen; Germani-cus steht neben ihm.

dürften. Der römischen Ehre und der Sicherung Gal-liens war somit nach der Varusniederlage vorerst Ge-nüge getan. Am 23. Oktober 12 n. Chr. feierte Tiberi-us seinen verschobenen Triumph über Illyrien, andem neben verdienten Kommandeuren auch Germa-nicus teilnahm. Die berühmte Gemma Augustea zeigtihn mit dem Triumphator Tiberius beim Empfangdurch Augustus (Abb. 1).

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Anfang 13 schickte Augustus Germanicus als Statthal -ter Galliens und zugleich als Oberkommandierendendes bereits in eine unter- und eine obergermanischeHeeresgruppe geteilten exercitus Germanicus an denRhein, um, laut Velleius, die »Reste desKrieges zu beenden«. Über Ziele die-

sichtigte Erneuerung politischer Kontrolle in Germa-nien. Das Konzept negierte aber den bisweilen ver-muteten Auftrag zur kriegsmäßigen Wiedererobe-rung Germaniens bis zur Elbe. Indizien für offensiveKriegshandlungen im Jahre 13 oder einen großenSieg des Germanicus noch zu Lebzeiten des Augus-tus fehlen. Vielmehr deuten die während des Jahres14 n. Chr. in Gallien abgehaltene Volkszählung zurErfassung der Steuerpflichtigen (census) und Müßig-gang bei den im Ubiergebiet zusammengezogenenvier Legionen auf eine Ruhephase. Nicht einmal derfolgende Herbstfeldzug ist nach der bestechendenAnalyse von Dieter Timpe als Wiederaufnahme derOffensive zu einer Rückeroberung Germaniens zuverstehen. Vom Zeitpunkt her wurde Germanicus’improvisierter Überfall auf die Marser zunächst al-lein durch die Meuterei bedingt, die Augustus’ Todam 19. August 14 und dessen Testament bei derRheinarmee auslöste.

Germanicus erfuhr davon beim Zensus belgischerStämme. Bis zu seiner Rückkehr ins untergermani-sche Sommerlager hatten die über lange Dienstzeiten,geringen Sold, harte Disziplin und diverse Schikanenverbitterten Legionäre bereits etliche Zenturionen ge-tötet. Ihr General Aulus Caecina versagte völlig. AuchGermanicus’ Rhetorik verpuffte; und die theatrali-

sche Freitoddrohung, mit der er den angeblich ange-tragenen Kaisertitel zurückwies, machte ihn nur lä-cherlich. Um des Chaos Herr zu werden, gestandGermanicus mittels eines gefälschten Tiberius-Briefesden Meuterern einige Forderungen zu, bewegte siedurch Verdoppelung der noch von Augustus verfüg-ten Geldzahlung zum Abmarsch in ihre Winterlagerund brachte das obergermanische Heer durch frei-willige Zugeständnisse mühelos zum Ablegen desLoyalitätseides gegenüber Tiberius. Bei der 1. und 20. Legion flammte in ihren Standorten beim heuti-gen Köln die Empörung noch einmal heftig auf, als Senatsgesandte Germanicus das von Tiberius am17. September beantragte imperium proconsulareüberbrachten und den Betrug mit Tiberius’ angebli-chen Zugeständnissen aufdeckten. Erneut wurdeGermanicus drangsaliert und wegen seiner Fehlent-scheidungen nun auch von seinem Stab gerügt. Erstals er diesem nachgebend seine schwangere Frau undseinen Sohn – das Truppenmaskottchen Caligula –bei den Treverern in Sicherheit bringen wollte, lenk-ten die Aufrührer schamvoll ein, lieferten die Rädels-führer aus und exekutierten sie sogleich vor der ver-sammelten Truppe. In Vetera, beim heutigen Xanten,löste Caecina das Loyalitätsproblem der weiterhin un-botmäßigen 5. und 21. Legion durch Ermordung der

2 Tabula Siarensis; Bronze -tafel, die die Senatsbeschlüs-se zu Ehren des verstorbenenGermanicus reichsweit be-kannt machte. Reste einerdieser Tafeln wurden in Süd-spanien gefunden.

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Rädelsführer, bevor Germanicus mit zwei Legionenund Hilfstruppen dort eintraf.

Um der Armee die von ihr geforderte Kriegsbe-währung zu bieten und die Meuterei vergessen zumachen, führte Germanicus 12 000 Legionäre, 26 Au-xiliarkohorten und acht Alen, also ca. 30 000 MannKampftruppe, noch im Herbst 14 auf einer Schiffs-brücke über den Rhein und dann ins Siedlungsgebietder Marser, die man nach ihrer nächtlichen Kultfeierniedermetzelte. Anschließend verheerten römischeSoldatengruppen längere Zeit das Land, zerstörtendas bedeutende Tanfana-Heiligtum und schlugen sichauf dem Rückmarsch aus einem Hinterhalt der Bruk-terer, Tubanten und Usipeter heraus. Im Senat lobteTiberius die Loyalität und den methodisch ganz inder Kontinuität seiner Straffeldzüge stehenden Siegdes Germanicus, missbilligte aber dessen Nachgie-bigkeit gegenüber den Meuterern (Abb. 3; 4).

Anfang 15 wollte Germanicus seinen Vorjahreser-folg mit einem Überraschungsangriff auf die Chattenwiederholen und zugleich die obergermanischen Le-gionen wieder fest in den Griff bekommen. Zeitgleichsollten die untergermanischen Legionen RichtungWeser ziehen, um die Cherusker von Hilfeleistungenfür die Chatten abzuhalten. Die Chatten-Operationfolgte einer eingeübten Vorgehensweise: Eilmärscheder Expeditionstruppen von vorgeschobenen Basenzu chattischen Siedlungen, Tötung oder Gefangen-nahme der Nichtwehrfähigen, Verfolgung des Stam-mesaufgebots. Als Germanicus den Flüchtigen Frie-densbedingungen verweigerte, liefen Teile zu ihmüber; andere setzten sich ab und gaben ihr Land, des-sen Hauptort Mattium eingeäschert wurde, der Ver-wüstung preis.

Auf dem Rückmarsch bewog Germanicus ein Hil-fegesuch des von Arminius belagerten Segestes dazu,den Heereszug erneut Richtung Weser zu wendenund diesen Cheruskerfürsten nebst Gefolgschaft undSippe zu befreien, unter der sich die schwangereThusnelda befand. Nach der förmlichen Unterwer-fung dieses Stammesteils rechtfertigte sich Segestesvor Germanicus für seine Rolle bei der Rebellion gegen Varus und erlangte Verzeihung sowie neueWohnsitze am linken Rheinufer. Einerseits fördertedie gütige Aufnahme Zerfallsprozesse in der antirö-mischen Koalition, andererseits führten Roms Ver-nichtungszüge und Arminius’ verstärkte Agitationdieser neue Kräfte zu. Durch die römischen Offensi-ven waren Chatten und Marser paralysiert; undwenngleich eine wichtige Cheruskerfraktion nicht ge-gen Arminius stabilisiert, sondern nur aus der Frontder Feinde herausgebrochen wurde, würdigte Tiberi-us diese Erfolge durch Zuerkennung des Imperato-rentitels.

Der Sommerfeldzug 15 richtete sich gegen Stäm-me in der Emsregion. Caecina stieß mit vier Legio-nen durch das Bruktererland und vereinigte sich mitder von Germanicus befehligten Flotte, die die ober-germanischen Legionen zur Ems schiffte. Auf dieseWeise konnte nicht nur Nachschub direkt ins Opera-tionsgebiet transportiert werden, sondern wurdenauch die Küstenvölker gesichert, zumal Germanicusdas Kriegeraufgebot der Chauken als Quasi-Geiselndem Heereszug angliederte. Die angegriffenen Bruk-terer konnten sich dem Zugriff entziehen; und selbstStertinius’ Auxiliarkorps gelang es nicht, ihre Haupt-macht zu stellen – dafür fiel ihm der Adler einer Va-ruslegion in die Hände. Nach weiträumiger Verwüs-tung des Bruktererlandes bis zur oberen Lippe wollteGermanicus das unweit davon im Teutoburgiensis sal-tus gelegene Schlachtfeld der Varuslegionen aufsu-chen. Von den Resten ihres ersten nahe der Wesernoch regulär angelegten Lagers folgte man der Routedes Varus-Zuges. Als Nächstes entdeckte man die letz-

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3 Germanicus-Porträt mit Frisurenhelm, noch zu Leb -zeiten entstanden und einesder wenigen Motive des Feld-herrn mit militärischen Attri-buten. Germanicus trägt einen Fell- oder Frisurenhelm,was stilistisch älteren Darstel-lungen Alexanders des Gro-ßen ähnelt. Die meisten Fun-de realer Fell- oder Frisuren-helme stammen von denStandorten der römischen Legionen am Rhein.

te Verschanzung des mehrtägigen Marschgefechts undschließlich das offene Feld des finalen Widerstandessowie den Platz der germanischen Sieges opfer, wobeiÜberlebende der Katastrophe damalige Ereignisseschilderten. Diese Lokalität ist – laut Peter Kehne,Reinhard Wolters und anderen Althistorikern – kei-nesfalls mit dem seit 1987 ergrabenen germanicus-zeitlichen Kampfplatz bei Kalkriese identisch, u. a.weil dort die für eine Anwesenheit der Germanicus-Armee am Ort der clades Variana wichtigsten Krite-rien fehlen: erstens ein mehrtägiges Lager für acht Le-gionen und ebenso viele Auxiliarsoldaten, mithin dergrößte zentrierte archäologische Fundkomplex inGermanien überhaupt! Zweitens der über den einge-sammelten Gebeinen der Gefallenen errichtete Grab-hügel (tumulus), zu dem Germanicus die erste Ra-sensode selbst aushob. Drittens jene von Germanicusebenfalls besichtigten legendären Gruben, in denenlaut Tacitus römische Gefangene gemartert wurden.

Nachdem die Römer so die Toten der Varusschlachtbeerdigt hatten, suchte das Heer im wiederbelebtenRachedurst die Auseinandersetzung mit dem Gegner,dem es jedoch im Zurückweichen gelang, die römi-sche Vorhut in einen Hinterhalt zu locken, worauf-hin Germanicus den Vorstoß abbrach und RichtungEms marschierte. Die bis dato für Rom erfolgreicheFeldzugsbilanz verschlechterte sich, als es Arminiusgelang, Caecinas Armeekorps abzufangen, das gemäßGermanicus’ Befehl über die einst im Moorgebiet an-gelegten und inzwischen verfallenen pontes longi zu-rückmarschierte. Ständige germanische Attacken lös-ten schließlich die Flankensicherung auf, wasArminius den Durchbruch durch die römische For-mation und die Eroberung des Trosses ermöglichte.Die Erstürmung des improvisierten Lagers scheitertejedoch am Ausfall der Legionen, die die Angreiferzerstreuen und schwer angeschlagen nach Vetera zu-rückkehren konnten. Erwähnenswert ist, dass Taci-tus’ diesbezüglicher Bericht, laut Reinhard Wolters,auffällig zu topografischen Gegebenheiten und ar-chäologischen Befunden der Kalkrieser Niewedder-Senke passt.

Auch das an der unteren Ems eingeschiffte ober-germanische Korps hatte Verluste, als Germanicus ei-ne Flottenerkundung Richtung Weser unternahmund die zur Entlastung der Schiffe gelandeten Trup-pen in eine Springflut gerieten. Trotz dieser Rück-schläge endete das Feldzugsjahr 15, das mit der Ver-folgung des Arminius-Heeres einen operativen Kurs-wechsel gebracht hatte, in einem Triumphalbeschlussdes Senats für Germanicus und ornamenta trium-phalia für die wichtigsten Legaten. Tiberius brachtedamit unmissverständlich zum Ausdruck, dass er denGermanienkrieg, in der politischen Konzeptionslo-

sigkeit des risikofreudigen Germanicus, als beendetansah. Mit seinem kompromisslosen Unterwerfungs-krieg eiferte dieser allzu sehr seinem ebenso ruhm-süchtigen Vater Drusus nach. Entgegen direkter Auf-forderungen zur Einstellung der Offensive rüsteteGermanicus für 16 n. Chr. umso eifriger zum ent-scheidenden Schlag, was einer Zuwiderhandlung ge-gen den erklärten Willen des Kaisers gleichkam.

Während eine Flotte von 1000 Schiffen ausgerüs-tet wurde, unternahm der Legat des obergermani-schen Heeres im Frühjahr des Jahres 16 einen Streif-zug gegen die Chatten. Parallel dazu hob Germanicusmit sechs Legionen die Belagerung eines Lippekas-tells auf und ließ die Heerstraße zwischen dem Kas-tell Aliso und dem Rhein neu befestigen. Später trans-portierte die Flotte die gesamte Streitmacht und wohlauch den Nachschub über die Nordsee voraussicht-lich ins Mündungsgebiet der Weser. Von dort aus er-folgte der Vormarsch durch Gebiete der Chauken und

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4 Prunkhelm aus Xanten-Wardt. Dieser Reiterhelm hateinen Haardekor und gehörtzu den sog. Frisurenhelmen.Das Stirnmedaillon könnte Tiberius darstellen.

Angrivarier gegen die im Donar-Hain durch Zuzuganderer Stämme verstärkten Cherusker. Bei Idistavi-so gelang es Germanicus, seinen Gegner Arminius ineiner langgezogenen Umgehungs- und Verfolgungs-schlacht zu besiegen: Dass er Tiberius noch auf demSchlachtfeld zum imperator ausrufen ließ, kann manals Beschwichtigungsversuch werten. Der Wider-standsgeist der Germanen war damit jedoch keines-wegs gebrochen. Und auch in der bald darauf folgen-den Schlacht am – archäologisch bislang nicht ermit-telten – Angrivarierwall führte Germanicus’ persön-licher Einsatz nicht zu der dringend gewünschtenVernichtung der feindlichen Verbände. Das noch aufdem Schlachtfeld errichtete römische Siegesmal, des-sen Inschrift – laut Tacitus – die »militärische Nie-derwerfung [debellatio] der Stämme zwischen Rheinund Elbe« propagierte, trug weder den militärischennoch den politischen Gegebenheiten Rechnung. Dieantirömische Koalition hatte Germanicus auch mitdieser Invasion nicht zu zerschlagen vermocht; ledig-lich die Angrivarier zwang man zur förmlichen Un-terwerfung (Abb. 5).

Wie im Vorjahr traten Caecinas Legionen denRückzug zu Lande an, das übrige Heer fuhr auf demSeeweg zurück. Abermals stand die Rückführung derTruppen unter einem ungünstigen Stern: Die Flottegeriet auf der Nordsee in einen Orkan und erlitt viel-fachen Schiffbruch. Germanicus selbst konnte sicherim Chaukengebiet landen und Rettungsaktionen ein-leiten. Seine Verzweiflung über diesen fatalen Aus-gang lässt sich an der Verbissenheit ermessen, mit derer versuchte, die Katastrophe unmittelbar militärischzu kompensieren. Die noch verfügbaren obergerma-nischen Truppen ließ er in das Gebiet der Chatteneinfallen und attackierte selbst erneut die Marser.Dank eines Hinweises des kürzlich übergelaufenenFührers der Marser, Mallovendus, konnten die Römereinen weiteren Legionsadler bergen. Da sich die Fein-de nirgendwo stellten, blieb es bei nochmaligen Ver-wüstungen des Feindeslandes, was allgemein die Hilf-losigkeit von Germanicus’ Strategie charakte risiert.

Die Gesamtbilanz der dreijährigen Kraftanstren-gung wies militärisch zahlreiche Siege, aber auch Tref-fen mit starken Verlusten aus; und auch schwere Un-

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5 »Schwert des Tiberius« –das Schwert stammt aus demRhein bei Mainz und gehörtewohl einem verdienten Sol -daten bis zum Range einesZenturio. Das Mundblech desSchwertes (Detailbild) zeigt,wie Germanicus als Zeichendes Triumphes dem thronen-den Tiberius eine Victoriaüberreicht.

wetter forderten hohe Tribute auf römischer Seite –vermutlich verlor Germanicus in den drei Jahren einFünftel bis ein Viertel seiner Streitkräfte von ca.100 000 Mann. Die wiederholten römischen Vernich-tungsfeldzüge und die nachhaltige Verwüstung ihrerSiedlungsgebiete haben einige germanische Stämmeschwer geschädigt und weiter vom Rhein abgedrängt;die Kriegsgefolgschaften haben diese jedoch nichtentscheidend getroffen, da sie sich stets der Vernich-tung entziehen konnten. Wie wenig geschwächt dieKriegskoalition entgegen der taciteischen Rhetorik inWirklichkeit war, zeigt sich schon daran, dass Armi-nius und seine Verbündeten gleich im Folgejahr deninnergermanischen Rivalen Marbod angriffen undgegen dessen bedeutende Streitmacht das Schlacht-feld behaupteten. Politisch relevant blieben die end-gültige Sicherung Galliens und vorübergehend auchdie Rückgewinnung der römischen Kontrolle über ei-nige Nordseeküstenstämme. Die Unterwerfung ein-zelner Stammesfürsten zeigte immerhin diplomati-sche Alternativen zum Krieg gegen Rom auf.

In den Winterlagern 16/17 n. Chr. schürte Germa-nicus zwar noch Siegeshoffnungen, aber die Gedulddes Kaisers war hinlänglich erschöpft. Mochte Tibe-rius auch dasselbe Ziel verfolgen, so hatte er doch imGegensatz zu Germanicus erkannt, dass der germa-nische Widerstand mit der römischen Angriffsinten-sität zunahm. Unter den gegebenen Bedingungenmusste ein bloßer Vernichtungskrieg erfolglos blei-ben; er brachte enorme Verluste und barg angesichtsvon Germanicus’ beinahe schon besessenem Drauf-gängertum ständig die Gefahr einer zweiten Varus-katastrophe in sich. Energisch beorderte Tiberius sei-nen Adoptivsohn nun mit dem Hinweis auf dieUntauglichkeit von dessen Methoden und die ausrei-chende Rache zur Abhaltung des Triumphes zurück.

Diese Entscheidung des Kaisers wurde durch die po-litische Lage im Osten bestärkt, wo die Anwesenheiteines hochrangigen Repräsentanten, wenn auch nichtdringend, so doch zweckdienlich erschien. Dem -gegenüber konnte man die vergleichsweise unbedeu-tenden Germanen, von denen keine unmittelbare Gefahr für das Reich ausging, ihren inneren Streitig-keiten und dem Wirken einer subversiven römischenDiplomatie überlassen. Die nun vorgenommene de-fensive Ausrichtung der Rheinarmee dokumentiertdie neue Strategie, die keineswegs den ideologischenVerzicht auf bzw. die Einstellung außenpolitischerEinflussnahme in Germanien bedeutete, wohl aberdie Absage an eine militärische Wiedereroberung.Schlachtensiege, prominente Gefangene und wieder-erbeutete Legionsadler ermöglichten es Tiberius, sichohne Gesichtsverlust aus dem rechtsrheinischenRaum zurückzuziehen. Der römischen Rache- undSiegesideologie war Genüge getan. Dies wurde öf-fentlichkeitswirksam vermittelt, indem der Kaiser dieRückkehr auf seinen alten Kurs ganz bewusst am au-gusteischen Propagandavorbild für die einige Jahr-zehnte zuvor von den Parthern rückerstatteten Feld-zeichen ausrichtete, monumental verkörpert in dembeim Saturntempel in Rom Ende 16 n. Chr. eigens fürdie wiedererlangten Feldzeichen der Varus-Legionengeweihten Bogen und im handlichen Format auf ei-ner Gedenkmünze für Germanicus verewigt: SIGNISRECEPTIS – GERMANIS DEVICTIS (»Feldzeichenwiedererlangt – Germanen besiegt«) (Abb. 6).

Nachdem es Tiberius’ politischem Geschick somitgelungen war, die ineffektive und riskante Germa-nienoffensive zu beenden und Germanicus mit allenerdenklichen Opportunitätserwägungen sowie umden Preis höchster Auszeichnungen (u. a. eines zwei-ten Konsulats) von dem für Tiberius auch innenpoli-

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6a und 6b Dupondius (½ Ses-terz) zu Ehren von Germani-cus. Die Münze wurde wahr-scheinlich kurz nach seinemTod geprägt und thematisiertseine Erfolge in Germanien.Vorderseite: GERMANICVS/CAESAR; Rückseite: SIGNIS RECEPT/DEVICTIS GERM.

tisch brisanten Kommando über die stärkste Armeedes Reiches abzuziehen, schenkte er dem Volk in Ger-manicus’ Namen pro Kopf 300 Sesterzen und ließ ei-nen Triumph ex Germania organisieren. Diesen feier-te Germanicus am 26. Mai 17 n. Chr., wobei ihn seinefünf Kinder auf dem Triumphwagen begleiteten.

Diplomat

Im Jahre 17 n. Chr. begann auch die zweite Karrieredes Germanicus als Diplomat. Es wurde vielfach ge-mutmaßt, dass Tiberius ihn aus Germanien abberief,um Germanicus nicht zu mächtig werden zu lassen:Seine militärischen Erfolge, sein gesteigertes Ansehenbei den Truppen könnten eine Bedrohung für denKaiser dargestellt haben – wer die Gunst der Legio-nen und des römischen Volkes genoss, hatte denSchlüssel zur Macht im Reich. Schon Tacitus unter-stellte Tiberius, hierbei aus purem Neid gehandelt zuhaben. Das ist sicherlich kaum gerechtfertigt. Wieoben bereits ausgeführt, gab es gute Gründe, weitereAngriffe in Germanien zu unterbinden – und die Ge-schichte könnte Tiberius Recht geben: Fürs Erstedürfte er mit seiner defensiven und verstärkt auf Di-plomatie setzenden Germanienpolitik alles richtig ge-macht haben.

Die Mission, die Germanicus an der Ostgrenze desReiches erwartete, war von besonderer Brisanz. Hierdrohte der einzige wirklich ernst zu nehmende Geg-ner Roms. Mit dem Partherreich befand man sich seiteinigen Jahrzehnten in einem fragilen Gleichgewicht.Beide Mächte hatten in der Region ihre abhängigenPotentaten – freiwillig oder unter Zwang verpflichte-te Bündnispartner –, die mehr recht als schlecht denStatus quo garantierten. In dieser Zeit waren mehre-re Regionen unruhig, was politisches Handeln seitensder Hegemonialmacht Rom erforderte. Tiberius hat-te im Jahre 17 das große Kappadokien zur Provinz erklärt, sodass auch hier vor Ort weitere administra-tive Maßnahmen erforderlich waren. Die größte He-rausforderung bestand jedoch sicherlich in der Neu-besetzung des armenischen Königsthrons. Armenienwar lange zwischen den beiden Großmächten um-kämpft; erst unter Augustus gelang es, das armeni-sche Königreich dem römischen Einfluss unterzu-ordnen. Dies galt es zu sichern und einen Rom treuenKönig auf dem Thron zu installieren. Fast 40 Jahre zu-vor befand sich Tiberius in ähnlicher Mission im Ori-ent; und auch der ursprünglich von Augustus desig-nierte Thronfolger Gaius Caesar wurde 2 n. Chr. alsjunger Mann u. a. nach Armenien geschickt, um hierdie römischen Interessen durchzusetzen. Es kann al-so folglich keine Rede davon sein, dass die diploma-tische Mission, die Germanicus übertragen wurde, alsBeförderung ins politische Abseits zu werten ist. Auf-gaben dieser Art waren ein notwendiger und folge-richtiger Schritt in der Vorbereitung auf zukünftigeRegierungsaufgaben.

Die Details und Daten der Reiseroute nach Klein-asien sind nur punktuell überliefert. Wann Germani-cus seine Reise antrat, wissen wir nicht – sicher ist

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7 Die jüngste Germanicus-Tochter Livilla kam auf Lesboszur Welt.

nur: im Jahre 17, nach seinem Triumph im Mai. Inden Siegerlisten der 199. Olympiade, die im Sommerdes Jahres stattfand, wird er als Sieger beim Tethrip-pon geführt, dem Wagenrennen mit Viergespann.Ausgezeichnet wurde jedoch nicht der Fahrer, son-dern der Besitzer des Gespanns. Germanicus hättediesen Sieg folglich auch aus der Ferne einfahren kön-nen. Doch es erstaunte schon, dass er, der ständig dieÖffentlichkeit suchte, die Gelegenheit nicht genutzthaben soll, sich leibhaftig als Olympionike zu prä-sentieren. Da er auf seinem Weg nach Griechenlandnoch seinen Adoptivbruder Drusus in Dalmatien be-suchte, hätte er bereits im Frühsommer Rom verlas-sen müssen, um bereits im August/ September auf derPeleponnes zu sein.

Germanicus reiste mit großem Gefolge. Neben ei-ner militärischen Eskorte begleiteten ihn zahlreicheBeamte und Würdenträger sowie ein erweiterterFreundeskreis – und sicherlich auch eine zahlreiche

Schar an Bediensteten, die für das Wohlergehen derReisegesellschaft sorgte. Von anderen Delegationendieser Art weiß man, dass sie durchaus Legionsstär-ke erreichen konnten. Mit dabei war auch seineschwangere Frau Agrippina, die die jüngste TochterLivilla (Abb. 7) während der Reise auf Lesbos gebar,sowie der fünfjährige Caligula.

Es fällt auf, dass Germanicus sich auf seltsamen,aber sicherlich bewusst gewählten Umwegen demZiel seiner Mission näherte (Abb. 8). Er nutzte diezahlreichen Zwischenstopps in Griechenland, um antike Stätten und andere für ihn bedeutende histo-rische Orte zu besuchen. Auch in Kleinasien be-stimmten zahlreiche touristische Abstecher seine Rei-seroute. Man wird ihm mangelnde Zielstrebigkeit inder Erfüllung seiner Mission vorhalten können, dochdie antiken Berichte halten sich hier zu sehr bedeckt,als dass man sich wirklich ein Bild von seinen Akti-vitäten machen könnte, um diese zu beurteilen. Viel-

| Germanicus68Tigris

Euphrat

Po

Donau

Nil

S c h w a r z e s M e e r

M i t t e l m e e r

R o t e s Me e r

Triumph am26. Mai 17 n. Chr.

Treffen mit Drusus

Besuch des Schlacht-feldes von Actium

Teilnahme an denOlympischen Spielen

im Sommer 17 n. Chr.?

Geburt vonJulia Livilla

18 n. Chr.

19 n. Chr.

Krönung vonArtaxias III.

Winterlager der römischenLegionen in Syrien

Tod am 10. Oktober 19 n. Chr.

Rückreise nachAntiochia

Brundisium

ROM

Nicopolis

Dyrrhachium

Olympia

Athen Euböa

Lesbos

Assos

Ilium

PerinthusByzantium

ApameaMyrleia

Nicaea

Nakoleia

SynnadaEumeneia

Colophon

Samos Aphrodisias

Apollonia

Iasos

KamirosLindos

Patara

Andriake/Myra

Perge Alexandreia

Artaxata

Cyrrhus

Antiochia

AlexandriaKanopos

Memphis

Theben

ElephantineSyene

KilikienLykien

KAPPADOKIEN

KOMMAGENE

Armenien

ILLYRICUMITALIA

CORSICA

SICILIA

CRETA

CYRENEAFRICA

AEGYPTUS

ACHAEA

MACEDONIA

ASIA GALATIA

CYPRUS

SYRIA

IUDAEA

BITHYNIAPONTUS

SUPERIUS

GALATIA

Reiseweg 17–19 n. Chr. mit Stationen:

Die Orientreise des Germanicus

zur See

über Land

Provinzname300 km

8 Orientreise des Germanicus.

leicht war der Weg das eigentliche Ziel des Germani-cus. Seine Reise war eine ausgesprochene, auf öffent-liche Wirkung ausgelegte Demonstration, die vor al-lem dazu diente, sein Ansehen zu steigern und sichins Bewusstsein der regionalen Bevölkerung zu bren-nen. Tacitus meldet knapp, dass Germanicus nebenseinem touristischen Programm zugleich versuchte,»den durch innere Streitigkeiten oder durch dieÜbergriffe der Beamten Not leidenden Provinzen zuhelfen.« Sein Ruf und die Kunde seiner nahenden An-kunft eilten ihm voraus. Die städtischen Honoratio-ren erwarteten seinen Besuch und schickten ihm Begrüßungskomitees entgegen – die öffentliche Auf-merksamkeit hätte kaum größer sein können. Ein zü-giger Durchmarsch zu den eigentlichen Brennpunk-ten seiner Mission hätte diesen Effekt sicherlich nichtgehabt. Anhaltspunkte über einzelne Stationen derReise erhalten wir durch die zahlreichen Ehrenbe-zeugungen in den Provinzen Asia und Galatia. In In-schriften wird Germanicus als »Retter und Wohl -täter« ausgewiesen; Münzen wurden ihm zu Ehrengeprägt oder – auch das eine Facette der Reise – lokaleHonoratioren wurden gepriesen, weil sie die not -wendigen Vorkehrungen für seinen Besuch getroffenhatten.

Im Laufe des Jahres 18 n. Chr. kam Germanicusdann endlich in Artaxata, der Hauptstadt Armeniens,an. Die Wahl für den armenischen König war auf Zenon gefallen, den Sohn des Königs Polemus vonPontus. Ihn krönte Germanicus als Artaxias III. Fürdas notorisch widerständige Armenien war die zwi-schen Rom, dem armenischen Volk und vor allemdem einflussreichen armenischen Adel einvernehm-liche Wahl des Thronfolgers die notwendige Voraus-setzung politischer Stabilität in der Region. InwieweitGermanicus hier noch diplomatisches Geschick be-weisen musste, bleibt unklar. Tiberius war die politi-sche Lösung in Armenien jedenfalls einen kleinenTriumph wert, den er den römischen Senat Germa-nicus hierfür zusprechen ließ (Abb. 9).

Parallel wurden die Verhältnisse in Kappadokienund Kommagene neu geordnet und beide Regionenadministrativ in den Status einer römischen Provinzüberführt. Dafür hatte Germanicus seine Beamten,sodass er selbst nicht vor Ort sein musste. Und Taci-tus schließt: »So waren nun alle bundesgenössischenAngelegenheiten glücklich geordnet.« Ende des Jah-res 18 hatte Germanicus seine Mission erfolgreich ab-geschlossen und konnte sich seinen persönlichen In-teressen widmen.

Zu Jahresbeginn 19 n. Chr. reiste Germanicus nachÄgypten. Über Alexandria im Oberen Delta fuhr erden Nil bis nach Elephantine hinauf und besuchte dieauf der Strecke liegenden Denkmäler der altägypti-

schen Hochkultur. Seine Stationen werden im We-sentlichen jenen heutiger Ägyptentouristen entspro-chen haben. Er ließ sich vor Ort die Denkmäler er-läutern, die Hieroglyphen übersetzen und von derGröße der alten Pharaonen berichten. Als Ausdruckseiner Wertschätzung finanzierte er in Theben die Be-seitigung von Hochwasserschäden an einigen der al-ten Tempelanlagen (Abb. 10).

Germanicus begeisterte sich für die griechischeAntike, und auch die alte ägyptische Kultur wird ihnnicht unberührt gelassen haben. Sicherlich entstandsein astronomisches, auf den Phainomena des Aratosvon Soloi basierendes Lehrgedicht in 725 Hexameternauf dieser Reise. Die Aratea des Germanicus war kei-ne bloße Übersetzung der griechischen Vorlage insLateinische, sondern eine Neubearbeitung, in dieauch Eindrücke seiner Ägyptenreise einflossen. Be-reits Caesar ließ sich bei seinem Ägyptenaufenthalt

Diplomat | 69

9a und 9b Didrachme zum Anlass der Krönung Arta-xias III. durch Germanicus. Vorderseite: GERMANICVSCAESAR/TI AVG F COS [II];Rückseite: [G]ERMANICVS/ARTAXIAS, Germanicus stehtrechts in Feldherrenrüstungmit einem Speer und bekröntArta xias III. als den neuen König von Armenien mit der Tiara.

durch den ägyptischen Sonnenkalender zu seiner Ka-lenderreform inspirieren.

So harmlos die Ägyptenreise des bildungsbeflisse-nen Germanicus erscheint, so sehr war sie ein Politi-kum, das ihm eine Beschwerde des Kaisers im römi-schen Senat einbrachte. Seit einer frühen Verfügungvon Augustus war Ägypten Privatdomäne des römi-schen Kaisers. Es war Senatoren untersagt, das Landohne Genehmigung des Kaiser zu besuchen – Ger-manicus war hiervon nicht ausgenommen. Vielleichthatte er die rechtlichen Befugnisse seines imperium

maius und seiner Orientmission so ausgelegt, dass erden Besuch Ägyptens hiervon abgedeckt sah. Dochdas spräche für seine besondere Naivität – Germani-cus hätte politisch erfahren genug gewesen sein müs-sen um zu wissen, dass dieser Abstecher Ärger ver-ursachen würde.

Doch damit nicht genug: Die ganze Orientreise ge-staltete sich als Affront gegen Tiberius. Bereits inGriechenland besichtigte er die Bucht von Actium –jenen Schlachtort, wo Augustus mit Mark Anton31 v. Chr. seinen letzten Kontrahenten um die Macht

| Germanicus70

10 Inschrift aus Theben; Tibe-rius als Pharao vor den ägyp -tischen Gottheiten Mut undChons. Der Inschrift zufolgelässt er Tempel mit Hoch -wasserschäden renovieren.Der ägyptischen Tradition zu-folge konnte diese Präsen -tation nur vom Kaiser ausge-hen; Tiberius selbst ist jedochnie in Ägypten gewesen – die Maßnahmen werden aufGermanicus zurückgehen.

im Staate ausgeschaltet hatte –, die von Augustus fürseinen Sieg errichteten Denkmäler sowie das Lagerdes Mark Anton. Mit den beiden Rivalen war Ger-manicus familiär eng verbunden. Da die östlichenProvinzen zur Partei des späteren Verlierers gehör-ten, hatte dieser Besuch eine starke propagandistischeWirkung, die in Rom anrüchig gewirkt haben könn-te. In Athen und später in Alexandria fiel Germanicusaus dem Rahmen des staatlichen Protokolls, indemer sich in Landestracht unter die städtische Bevölke-rung mischte und dabei auf die ihm gebührendenAmtsträger verzichtete. Die Athener wie auch die Ale-xandriner hatten sich in der Vergangenheit vielfachgegen Rom – und vor allem gegen Augustus – gestellt,weswegen römische Repräsentanten ihnen schroffund mit deklassierendem Ton begegneten. Der leut-selige, das Bad in der Menge suchende Germanicusverbündete sich hingegen mit ihnen und legte sämt-liche Überlegenheitsattitüden ab. Dafür liebte ihn dasVolk.

Die gesamte Orientreise war eine einzige Werbe-tour für Germanicus. Er gab sich als Helfer in der

Not, als Gönner (Abb. 11). Anfang des Jahres 19 n.Chr.soll es in Ägypten zu einer Hungersnot gekommensein. Germanicus ließ die Kornspeicher öffnen undGetreide an die Bevölkerung verteilen. So stellt es je-denfalls die römische Geschichtsschreibung dar. Esgibt jedoch berechtigte Zweifel, dass es eine gravie-rende Versorgungsnot gegeben hatte – zumal er dasGetreide nur an die freien Bürger von Alexandria aus-geben ließ, nicht jedoch an die Unfreien und die Ju-den. Letztlich wird es sich hierbei nur um eine popu-listische Aktion gehandelt haben, um sich denZuspruch der tonangebenden hellenisierten Ober-schicht Ägyptens zu sichern.

Zwei Verordnungen des Germanicus sind von sei-ner Ägyptenreise bekannt (Abb. 12): Mit der einenverwahrte er sich dagegen, dass ihn die Bevölkerungals Gott ansprach. Dies würde nur dem Kaiser Tibe-rius und seiner Mutter Livia gebühren. Das gibt inso-fern Einblick in Germanicus’ Selbstverständnis, als erdiese Verherrlichung nicht generell zurückwies, nurinsofern, dass sie ihm nicht zustünde – noch nicht,möchte man hinzufügen –, da er kein Kaiser sei. Ti-berius selbst wies solche Ehrungen seiner Person ge-nerell zurück, stünden sie doch keinem Sterblichenzu. In dem zweiten Edikt verfügte Germanicus, dassdie Beschlagnahmungen zur Versorgung seiner De-legation ein gewisses Maß nicht überschreiten soll-ten. Die Provinzbevölkerung hatte für Versorgungund Unterkunft seiner gesamten Reisegruppe aufzu-kommen. Da seine Reise nach Ägypten relativ spon-tan erfolgt zu sein schien, hatten die Ägypter kaumGelegenheit gehabt, die nötigen Vorkehrungen zutreffen. Es ist also gut vorstellbar, dass die geschilder-ten Versorgungsengpässe durch Germanicus selbstverursacht wurden – dann wäre die Öffnung derKornkammern eine staatliche Refinanzierung seinerReise gewesen.

An all diesen Aktionen nahm Tiberius im fernenRom Anstoß. Doch die Situation verschärfte sich fürGermanicus an einer anderen Front. Zu Beginn sei-ner Reise hatte Tiberius den Statthalter von Syrienausgetauscht und den Posten mit Gnaeus CalpurniusPiso besetzt – einem sehr eigenwilligen und auf seinePosition bedachten Mann. Die Kompetenzen schei-nen zwischen Germanicus und Piso nicht klar ge -regelt gewesen zu sein; wenngleich Germanicus auf-grund seines Mandats die weisungsgebenden Macht-befugnisse hatte. Es wurde schon von Zeitgenossengemutmaßt, dass Tiberius Piso nach Syrien entsandthatte, um Germanicus zu kontrollieren und letztlichin seinen Aktionen einzuschränken. Alleingänge wiein Germanien sollten nicht mehr vorkommen – einPlan, der nicht aufging. Es ist allerdings fraglich, obPiso wirklich nur der Kettenhund des Kaisers war.

Diplomat | 71

11 Fingerring aus Luxor mitGermanicus-Porträt. Der Ringselbst ist aus Bronze, das Porträt in Silber eingelegt. Bei dem Dargestellten han-delt es sich höchstwahr-scheinlich um Germanicus,der hier einen Feldherrn-mantel trägt. Der nichtallzu wertvolle Ringwar wahrscheinlichein Give-away, dasGermanicus aufseiner Reise ver-teilte – ein Vor -läufer der Auto-grammkarte?

Nicht lange zuvor hatte Piso eine Abstimmung im rö-mischen Senat gegen Tiberius durchgesetzt. Die Ei-genwilligkeit dieses Mannes ist in jedem Fall in Rech-nung zu stellen – eine Rechnung, die selbst derweitsichtige Kaiser so wohl nicht gemacht hatte. Pisoarbeitete offen gegen Germanicus: Der syrische Statt-halter hob die zuvor vom Caesar getroffenen Anord-nungen wieder auf. Als sich der Konflikt zwischenbeiden zuspitzte, erkrankte Germanicus. In seinenWohnräumen wurden magische Gegenstände aufge-funden, mit denen er angeblich verflucht werden soll-te. Für ihn waren Urheber und Ursache seiner Er-krankung offenkundig: Piso hatte ihn vergiftet. Am10. Oktober 19 n. Chr. starb Germanicus in seiner Re-sidenz in Syrien.

Es blieb nicht aus, dass Tiberius und Livia hinterdiesem vermeintlichen Anschlag vermutet wurden.Die Umstände des Todes wurden später im Senat un-ter Vorsitz des Kaisers untersucht – mit erwartbaremAusgang: Ein Fremdverschulden konnte nicht nach-gewiesen werden. Gleichwohl wurde Piso zum Selbst-mord genötigt, was letztlich eine Form von innenpo-litischem Kompromiss darstellte.

Lichtgestalt oder Blender?

Es ist völlig unmöglich, Persönlichkeit und Charakterdes historischen Germanicus unter den vielschichti-gen Bildern der römischen Geschichtsschreibungauszumachen. Gerade in der nachtiberiuszeitlichenBerichterstattung kristallisierte sich eine den Kaiserngegenüber sehr negative Darstellung heraus. Germa-nicus und Tiberius werden in einen rhetorischenKontrast gesetzt, der den vorbildlichen römischenThronfolger als Gegenbild zum personifizierten düs-teren Despoten Tiberius stilisiert. Kaum eine Text-passage des Tacitus zu Germanicus ist frei davon.

Die Bewertung von Leistungen und Qualitäten desGermanicus führten daher zwangsläufig zu extremunterschiedlichen Einschätzungen. Für die Quellen-gläubigen ist er ein hervorragender Politiker, Stratege,eine Lichtgestalt und ein »Nationalheld«. Für Kriti-ker ist er eine auf Außenwirkung zielende, zwar be-liebte, politisch und militärisch aber nur mittelmäßi-ge Person. Es ist von daher nur schwer möglich, sichdem historischen Germanicus anzunähern. Ein paarGrundzüge seiner Person lassen sich aber dennochherausfiltern. Unbenommen scheint er auf seine Mit-menschen einen enormen Eindruck gemacht zu ha-ben. Ob er wirklich von strahlender Schönheit, An-mut und beeindruckender Eloquenz war, mag dahingestellt bleiben; in jedem Falle scheint er eine charis-matische Person gewesen zu sein. In Konfliktsitua-

| Germanicus72

tionen hatte sein Charisma ihm jedoch des Öfterennicht weitergeholfen – vor den meuternden Soldatenmachte er eine jämmerliche Figur und hatte jedeÜberzeugungskraft eingebüßt.

Seine Aktionen lassen oftmals nicht die nötigeWeitsicht erkennen; Entscheidungen schien Germa-nicus mehr aus der Situation heraus getroffen zu ha-ben – damit stand er in deutlichem Gegensatz zu demStrategen Tiberius. Seine militärischen Operationen

führte er eher mit der Brechstange durch – auch sei-nem Vater Drusus wurde ein ungestümes Vorgehennachgesagt. Alles in allem ergibt sich das Bild einesMannes, der sich volksnah gab und auf öffentlicheAnerkennung zielte. Unpopuläre Entscheidungenschien Germanicus jedenfalls gemieden zu haben. Eswurden große Hoffnungen auf ihn als Thronfolgergesetzt. Den Beweis, dass er dieser Aufgabe gewach-sen war, konnte er jedoch nicht mehr erbringen.

Lichtgestalt oder Blender? | 73

12 Papyrus mit zwei Edik-ten des Germanicus. Die Verordnungen wurden vonGermanicus erlassen, hand-schriftlich kopiert und andie Lokalbehörden in Ägyp-ten verteilt – eine dieser Abschriften hat sich hier erhalten.

Literatur

Bruno Gallotta, Germanico (Rom 1987).

Dieter Hennig, Zur Ägyptenreise des Germanicus. Chi-ron 2, 1972, 349– 365.

Peter Kehne, Stichwort »Germanicus«. In: Hoops Reallexi-kon der Germanischen Altertumskunde 11 (Berlin, NewYork 1998), 438– 448 [mit den antiken Belegstellen].

Peter Kehne, Lokalisierung der Varusschlacht? Vielesspricht gegen Mommsen – alles gegen Kalkriese. Lippi-sche Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde 78,2009, 135– 180.

Dietmar Kienast, Augustus. Prinzeps und Monarch (Darm-stadt 1982).

Erich Köstermann, Der Pannonisch-Dalmatinische Krieg6–9 n. Chr. Hermes 81,1953, 345– 378.

Erich Köstermann, Die Feldzüge des Germanicus14–16 n. Chr. Historia 6, 1957, 429– 479.

Erich Köstermann, Die Mission des Germanicus im Orient.Historia 7, 1958, 331– 375.

Barbara Levick, Tiberius the Politician (London 1976).

Christopher B. R. Pelling, Tacitus and Germanicus. In: Tor-rey J. Luce/ Anthony J. Woodmann (Hrsg.), Tacitus and theTacitean Tradition (Princeton 1993), 59–85.

Sencer Şahin, Studien zu den Inschriften von Perge I. Ger-manicus in Perge. Epigraphica Anatolica 24, 1995, 21–36.

Dieter Timpe, Der Triumph des Germanicus. Untersu-chungen zu den Feldzügen der Jahre 14–16 n. Chr. in Ger-manien. Antiquitas 1, Abhandlungen zur Alten Geschich-te 16 (Bonn 1968).

Dieter Georg Weingärtner, Die Ägyptenreise des Germa-nicus (Bonn 1969).

Reinhard Wolters, Hermeneutik des Hinterhalts: die anti-ken Berichte zur Varuskatastrophe und der Fundplatz vonKalkriese. Klio 85, 2003, 131– 170.

www.aid-magazin.de

I N D E U T S C H L A N DArchäologie

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AiDDer römische Feldherr Germanicus zog mit acht Legionen und 1000 Kriegsschiffen in Nord -

westdeutschland ein. Rache nehmen, Feldzeichen zurückgewinnen, Arminius stellen und German ien erobern – so lautete seine Mission. Seine Stellung als Feldherr, Augur, Thronanwärter, Familienmensch und Liebling des Volkes zeichnet das Porträt einer ungewöhnlichen Person und gewährt Einblick in eine römische Kaiserfamilie, die vor nichts zurückschreckte. Doch washat sich vor 2000 Jahren in Germanien abgespielt? Eine Rekonstruktion der Feldzüge offenbartdie Organisation römischer Kriegsführung und beleuchtet die Ursachen für den Misserfolg.

Die HerausgeberDer Archäologe Dr. Stefan Burmeister ist Kurator der Sonderausstellung »Ich Germanicus« imMuseum Kalkriese.Dr. Joseph Rottmann ist Geschäftsführer des Museums und des Archäologischen Parks Kalkriese.

Roms Scheitern in Germanien

ISBN 978-3-8062-3142-7

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Umschlagabbildung Titelseite: © Ny Carlsberg Glyptotek Kopenhagen/Ana Cecilia Gonzalez; grafische Bearbeitung Gabriele Dlubatz, VARUSSCHLACHT im Osnabrücker Land gGmbH

Rückseite: links Metallfragmente von pila, gefunden auf dem »Oberesch« (© VARUSSCHLACHT im Osnabrücker Land gGmbH/Christian Grovermann); Mitte: Prunkhelm aus Xanten-Wardt (© LVR-LandesMuseum Bonn/Stefanie Taubmann); rechts Kopf des Germanicus aus Béziers (© Musée Saint- Raymond Toulouse/ Jean-François Peiré).

Frontispiz: Kopf des Germanicus aus Béziers (© Musée Saint-Raymond Toulouse/ Jean-François Peiré)

Cover Buchhandelsausgabe: Jutta Schneider, Frankfurt am Main

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der DeutschenNationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.d-nb.de abrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertungist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Verviel-fältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in undVerarbeitung durch elektronische Systeme.

Der Konrad Theiss Verlag ist ein Imprint der WBG

© 2015 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), DarmstadtDie Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht.Gestaltung und Produktion: Verlagsbüro Wais & Partner, StuttgartGedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem PapierPrinted in Germany

Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de

Sonderheft 08/2015Jahrgang 02/2015der Zeitschrift »Archäologie in Deutschland«

Anlässlich der Internationalen Sonderausstellung

»ICH GERMANICUS! Feldherr Priester Superstar« vom 20. Juni bis 1. November 2015 in Museum und Park Kalkriese

6 Grußwort der Schirmherrin Ursula von der Leyen

7 Geleitwort

9 Roms Kampf im NordenDie Eroberung Germaniens

Stefan Burmeister

17 Die Örtlichkeit der VarusschlachtEine anhaltende Kontroverse

Stefan Burmeister

24 Infrastruktur am RheinRömisches Militär und die provinziale Administration

Werner Eck

29 Nachschub und VerpflegungWie römische Heereslogistik funktionierte

Armin Becker

35 Zwischen Wissen und HypothesenbildungDie römischen Militäroperationen in Germanien 10 bis 16 n. Chr.

Stefan Burmeister und Roland Kaestner

43 Germanicus am Ort der VarusschlachtZwischen historischer Quelle und archäo logischem Befund

Achim Rost und Susanne Wilbers-Rost

49 »Krummstäbe«Rätselhafte Fundstücke aus Kalkriese

Rainer Wiegels

53 Stämme, Stammesführer, KriegerGermanen der frühen Römischen Kaiserzeitzwischen Rhein, Weser und Elbe

Hans-Ulrich Voß

60 GermanicusLehrling – Feldherr – Diplomat

Stefan Burmeister und Peter Kehne

74 Tod des GermanicusTrauerhysterie und der Prozess gegen Piso

Werner Eck

79 Patchworkfamilie und aristokratische FamilienpolitikImmer das große Ganze im Blick

Christiane Kunst

88 Bilder des GermanicusDie römische Staatskunst als Instrument kaiserlicher Selbstdarstellung

Dietrich Boschung

98 Germanicus CaesarZur Inszenierung eines Nachkommen im Medium der Münzen zwischen 4 und 19 n. Chr.

Bernhard Weisser

105 PolitikwechselEine neue Doktrin der römischen Germanienpolitik

Stefan Burmeister

109 Impressum zur Sonderausstellung

110 Leihgeber und Sponsoren

111 Autoren

112 Bildnachweis

Inhalt

Umschlag – © Ny Carlsberg Glyptotek Kopenhagen / Ana Ce-cilia Gonzalez / grafische Bearbeitung Gabriele Dlubatz, VARUS -SCHLACHT im Osnabrücker Land gGmbH

Frontispiz – © Musée Saint-Raymond Toulouse, Jean-Fran-çois Peiré; S. 6 Bundesministerium der Verteidigung; S. 8 ©LVR-LandesMuseum Bonn, Stefanie Taubmann.

Roms Kampf im Norden – 1: © bpk/ RMN – Grand Palais, Sté-phane Maréchalle; 2, 5: © VARUSSCHLACHT im OsnabrückerLand gGmbH / Dirk Fabian, ingraphis; 3: © akg / Bildarchiv Steffens; 4: © The Trustees of the British Museum; 6: © Rö-misch-Germanische Kommission, Heinz-Jürgen Köhler; 7: © Römisch-Germanische Kommission, Jürgen Bahlo.

Die Örtlichkeit der Varusschlacht – 1–3: © VARUSSCHLACHTim Osnabrücker Land gGmbH, Christian Grovermann; 4: © VARUSSCHLACHT im Osnabrücker Land gGmbH, Dave Ziegenhagen; 5: © LWL-Archäologie für Westfalen, StefanBrentführer; 6–7: © VARUSSCHLACHT im Osnabrücker LandgGmbH / Dirk Fabian, ingraphis.

Infrastruktur am Rhein – 1: © GDKE – Landesmuseum Mainz,Ursula Rudischer; 2: © Werner Eck, Köln; 3: © Kommission fürAlte Geschichte und Epigraphik des DAI/DFG-Projekt »Cor-pus der römischen Bleibarren«, Norbert Hanel, Köln / JulianHollaender, München; 4–5: © Werner Eck, Köln.

Nachschub und Verpflegung – 1, 7: © VARUSSCHLACHT imOsnabrücker Land gGmbH, Christian Grovermann; 2–3, 5: © LWL-Archäologie für Westfalen, Stefan Brentführer; 4: © VA-RUSSCHLACHT im Osnabrücker Land gGmbH / Dirk Fabian, ingraphis; nach: Kurt Brüning (Bearb.), Atlas Niedersachsen(Oldenburg 1934), Blatt 11; 6: © Römisch-Germanisches Zen-tralmuseum Mainz, René Müller / Volker Iserhardt.

Zwischen Wissen und Hypothesenbildung – 1–3: © VARUS-SCHLACHT im Osnabrücker Land gGmbH / Dirk Fabian, ingra-phis.

Germanicus am Ort der Varusschlacht –1: © VARUSSCHLACHTim Osnabrücker Land gGmbH, Klaus Fehrs; 2–3: © VARUS-SCHLACHT im Osnabrücker Land gGmbH; 4–5: © VARUS-SCHLACHT im Osnabrücker Land gGmbH, Christian Grover-mann.

»Krummstäbe« – 1, 3: © VARUSSCHLACHT im OsnabrückerLand gGmbH, Dave Ziegenhagen; 2: © VARUSSCHLACHT imOsnabrücker Land gGmbH, Klaus Fehrs; 4: © VARUSSCHLACHTim Osnabrücker Land gGmbH, Christian Grovermann.

Stämme, Stammesführer, Krieger – 1.1 – nach Bruno Krüger(Leiter Autorenkollektiv), Die Germanen. Ein Handbuch 1(Berlin 1983), Karte 3; 1.2 – Mathias Seidel, Zur Besiedlungs-geschichte Hessens in der spätesten Latène- und frühen Rö-mischen Kaiserzeit. In: Vladimir Salač/Jan Bemmann (Hrsg.),Mitteleuropa zur Zeit Marbods. Grundprobleme der frühge-schichtlichen Entwicklung im mittleren Donauraum 19 (Bonn2009), Abb. 3; 1.3 – Georg Eggenstein, Das Siedlungswesender jüngeren vorrömischen Eisenzeit und der frühen römi-schen Kaiserzeit im Lippebereich. Bodenaltertümer West -falens 40 (Mainz 2002), Beilage 1; 2: © Dänisches National-museum Kopenhagen, Lennart Larsen; 3: © Badisches Landes-

museum Karlsruhe, Thomas Goldschmidt; 4: © LVR-Archäo-logischer Park Xanten / LVR-RömerMuseum; 5: © Archäologi-sches Museum Hamburg, Klaus Elle; 6: © ArchäologischesMuseum Hamburg, Torsten Weise.

Germanicus – 1: © Kunsthistorisches Museum Wien; 2: © Mu-seo Arqueológico de Sevilla; 3: © Verwaltung der StaatlichenSchlösser und Gärten Hessen, Schloss Erbach im Odenwald,Michael C. Bender; 4: © LVR-LandesMuseum Bonn, StefanieTaubmann; 5, 10: © The Trustees of the British Museum; 6: © Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußi-scher Kulturbesitz, Dirk Sonnenwald; 7: © Kulturstiftung desHauses Hessen, Museum Schloss Fasanerie, Eichenzell bei Ful-da; 8: © VARUSSCHLACHT im Osnabrücker Land gGmbH / DirkFabian, ingraphis; 9: © Münzkabinett der Staatlichen Museenzu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Lutz-Jürgen Lübke; 11:© Royal Ontario Museum, Brian Boyle; 12: © Ägyptisches Mu-seum und Papyrussammlung der Staatlichen Museen zu Ber-lin – Preußischer Kulturbesitz, Sandra Steiß.

Tod des Germanicus – 1: © Musée Saint-Raymond Toulouse,Jean-François Peiré; 2: © Museum August Kestner Hannover;3: © Römisch-Germanisches Museum der Stadt Köln / Rheini-sches Bildarchiv.

Patchworkfamilie und aristokratische Familienpolitik – 1,4: © Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hes-sen, Schloss Erbach im Odenwald, Michael C. Bender; 2: © VA-RUSSCHLACHT im Osnabrücker Land gGmbH, Norman Schu-mann; 3, 5: © bpk / RMN – Grand Palais, Hervé Lewandowski;6: © bpk / Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Ber-lin – Preußischer Kulturbesitz, Jürgen Liepe; 7: © Römisch-Germanisches Museum der Stadt Köln / Rheinisches Bild -archiv; 8: © Gerhard Schmidt; 9: © Ny Carlsberg GlyptotekKopenhagen, Ana Cecilia Gonzalez; 10: © Staatliche Antiken-sammlungen und Glyptothek München, Renate Kühling.

Bilder des Germanicus – 1: © Römisch-Germanisches Muse-um der Stadt Köln / Rheinisches Bildarchiv, Anja Wegner; 2: © CoDArchLab, Universität zu Köln, Mal1083-02, www.arach-ne.uni-koeln.de, Barbara Malter; 3: © The Trustees of the Bri-tish Museum; 4: © Musée Saint-Raymond Toulouse, Jean-François Peiré; 5–6: © Ny Carlsberg Glyptotek Kopenhagen,Ana Cecilia Gonzalez; 7: © Landesmuseum WürttembergStuttgart, Hendrik Zwietasch; 8: © Kulturstiftung des HausesHessen, Museum Schloss Fasanerie, Eichenzell bei Fulda; 9: © bpk / RMN – Grand Palais, Thierry Ollivier; 10: © Verwaltungder Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen, Schloss Erbachim Odenwald, Michael C. Bender; 11: © Staatliche Antiken-sammlungen und Glyptothek München, Renate Kühling; 12:© Gerhard Schmidt; 13: © bpk / RMN – Grand Palais, Hervé Le-wandowski; 14: © Landesmuseum Württemberg Stuttgart,Peter Frankenstein / Hendrik Zwietasch.

Germanicus Caesar – 1: © VARUSSCHLACHT im OsnabrückerLand gGmbH / Dirk Fabian, ingraphis; 2–9: © Münzkabinettder Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz.

Politikwechsel – 1: © bpk / RMN – Grand Palais, Stéphane Maré -challe; 2: © Dänisches Nationalmuseum Kopenhagen; 3: © Mu-seumslandschaft Hessen Kassel, Antikensammlung, Kassel.

Bildnachweis

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