DiskursNetz. Wörterbuch der interdisziplinären Diskursforschung [Dictionary of interdisziplinary...

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Die Diskursforschung hat sich in den letzten Jahrzehnten auch im deut-schen Sprachraum als ein dynamisches Forschungsfeld etabliert. Ihre ter-minologische Vielfalt ist allerdings selbst für Spezialistinnen und Spezia-listen kaum mehr zu überblicken. Dieses Wörterbuch – das erste seiner Art – kommt dem steigenden Bedarf nach Verständigung über disziplinäre Grenzen hinweg nach. Mit seinen 554 Einträgen deckt es die Breite der Diskursforschung in Philosophie, Soziologie, Politikwissenschaft, Sprach-wissenschaft, Literaturwissenschaft, Medien- und Kommunikationswis-senschaft, Geschichtswissenschaft, Psychologie, Erziehungswissenschaft und Geographie ab. Ein unentbehrliches Kompendium für alle Diskurs-forscherInnen.

Daniel Wrana ist Professor für Selbstgesteuertes Lernen und Lernforschung an der Pädagogischen Hochschule der Nordwestschweiz in Basel.

Alexander Ziem ist Research Fellow am International Computer Science Institute/FrameNet in Berkeley sowie Professor am Institut für Germanis-tik der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Martin Reisigl ist Assistenzprofessor für Soziolinguistik am Institut für Germanistik und am Center for the Study of Language and Society an der Universität Bern.

Martin Nonhoff ist Juniorprofessor für Politische Theorie am Institut für Interkulturelle und Internationale Studien an der Universität Bremen.

Johannes Angermuller ist Professor of Discourse am Centre of Applied Linguistics an der University of Warwick und Forschungsgruppenleiter am CEMS/EHESS in Paris.

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DiskursNetzWörterbuch

der interdisziplinären DiskursforschungHerausgegeben von

Daniel Wrana, Alexander Ziem, Martin Reisigl, Martin Nonhoff,

Johannes Angermuller

Suhrkamp

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation

in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet

über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

suhrkamp taschenbuch wissenschaft 2097Erste Auflage 2014

© Suhrkamp Verlag Berlin 2014Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.

Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren)

ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Umschlag nach Entwürfen von Willy Fleckhaus und Rolf StaudtDruck: Druckhaus Nomos, Sinzheim

Printed in GermanyISBN 978-3-518-29697-4

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Inhalt

Einleitung 7Autorinnen und Autoren 11

Wörterbuch der interdisziplinären Diskursforschung. A bis Zweck 15

Literatur 449Die Herausgeber 560

Verzeichnis der Lemmata 562

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Einleitung

In den letzten zwei Jahrzehnten hat die Diskursforschung im deutschsprachigen Raum eine unübersehbare Konjunktur erlebt. Aus dem Zusammentreffen sozial- und sprachwissenschaftlicher Tendenzen ist ein dynamisches Forschungsfeld entstanden, das aufgrund der Vielfältigkeit seiner Ansätze und Terminologien auch für Spezialistinnen und Spezialisten schwer zu überblicken ist. Auf-grund überkommener Kommunikationsbarrieren zwischen spezia-lisierten Forschungsgebieten steigt der Bedarf nach Verständigung über disziplinäre, sprachkulturelle und nationale Grenzen hinweg.Nicht zuletzt die Rezeption des Werks von Michel Foucault hat maßgeblichen Anteil daran, dass mit Diskurs heute ein Untersu-chungsobjekt bezeichnet wird, das in verschiedensten Fachdiszip-linen auf Interesse stößt: in der qualitativ und quantitativ orien-tierten Sozialwissenschaft, die sich für das Verhältnis von Macht, Wissen und Subjekt interessiert, genauso wie in der Linguistik, die große schriftsprachliche Textkorpora, mündliche Interaktionen oder multimodale Kommunikation untersucht. Doch so produk-tiv diese Denkanstöße für die Etablierung der Diskursforschung waren, so wenig reichen sie aus, um den sich vielfältig ausdifferen-zierenden Bedürfnissen nach interdisziplinärer Verständigung in ganzer Breite zu entsprechen.Mit der Konsolidierung der Diskursforschung als Feld empirisch-theoretischer Forschung rückt die Frage nach dem begriffsanaly-tischen Instrumentarium in den Fokus der Aufmerksamkeit. Das vorliegende Wörterbuch basiert auf einem breiten Verständnis von Diskurs als einer sprachlich bzw. semiotisch vermittelten so-zialen Praxis im Kontext von Wissen und Macht. Es versammelt eine Vielzahl von Begriffen, die aus unterschiedlichen theoreti-schen, methodologischen und forschungspraktischen Traditio-nen stammen und die unterschiedlichen Dimensionen, Aspekte, Typen, Arten und Strategien von Diskursen beleuchten: Diskurs als Macht-Wissens-Ordnung, Diskurs als semantisch oder prag-matisch bestimmter Kommunikationszusammenhang, Diskurs als transphrastische bzw. transtextuelle Ordnung, Diskurs als ge-regeltes Sprechen in einer spezifischen Kommunikationssituation,

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Diskurs als kommunikativer Haushalt einer Diskursgemeinschaft, Diskurs als Sprachgebrauch im sozialen Zusammenhang, Diskurs als sprachlich vermittelte Subjektformierung usw.

Das Wörterbuch umfasst 554 Einträge, die das breite Spektrum der Diskursforschung in verschiedenen Disziplinen abbilden – da-runter der Philosophie, Soziologie, Politikwissenschaft, Sprachwis-senschaft, Literaturwissenschaft, Medien- und Kommunikations-wissenschaft, Anthropologie, Geschichtswissenschaft, Psychologie, Erziehungswissenschaft und (Human-)Geographie. Im Zentrum stehen die wichtigsten Begriffe der deutschsprachigen Debatten; es werden aber auch zahlreiche Termini behandelt, die insbesondere im anglophonen und frankophonen Sprachraum Verwendung fin-den. Die Einträge sollen etablierte Begriffsverwendungen erklären und Anregungen zur vertiefenden Lektüre geben. Wo parallel ge-brauchte Begriffe im Englischen oder Französischen keine einfach zu erschließenden Übersetzungen aufweisen, werden diese angege-ben. Wo etymologische Angaben erkenntnisbereichernd sind, wer-den diese ebenfalls angeführt. Verweise machen Bezüge zwischen den Einträgen sichtbar.

Das Wörterbuch ist aus der Arbeit von DiskursNetz hervorgegan-gen. Dieses interdisziplinäre und internationale Netzwerk wurde 2006 von Johannes Angermuller* initiiert und mit Martin Non-hoff, Alexander Ziem und Reiner Keller 2007 bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unter dem Titel »Methodologien und Methoden der Diskursanalyse« beantragt. Seit 2008 treffen sich die Mitglieder des DiskursNetzes zweimal jährlich, um an ge-meinsamen Publikationsprojekten zu arbeiten, die die vielfältigen Entwicklungen in der Diskursforschung erörtern und einem brei-ten wissenschaftlichen Publikum zugänglich machen. Neben dem Wörterbuch hat DiskursNetz ein zweibändiges Überblickswerk (Dis-kursforschung. Ein interdisziplinäres Handbuch, Bielefeld: transcript) her ausgegeben, das das Feld in seiner interdisziplinären Breite mit ei-nem besonderen Akzent auf methodische Ansätze und Probleme der Forschungspraxis darstellt. Das Netzwerk ist offen für alle Diskurs-forscherinnen und Diskursforscher. Auf der Webplattform ⟨www.diskursanalyse.net⟩, die in mehreren Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch, Portugiesisch und Spanisch sowie Türkisch, Niederlän-disch und Polnisch in Vorbereitung) existiert, können sich alle In-* Auf Grund seines Wechsels nach Großbritannien und Frankreich erscheinen Pub-

likationen von Johannes Angermuller seit 2012 ohne Umlaut im Namen.

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teressierten eintragen, die sich über die aktuellen Aktivitäten von DiskursNetz informieren und dessen Ressourcen nutzen möchten.

Mit der Webplattform ⟨www.diskursanalyse.net⟩ wurde ein Content-Tool bereitgestellt, mit dessen Hilfe die Lemmata des Wörterbuchs bearbeitet, begutachtet, von den Herausgebern ver-waltet und redigiert wurden. Seit 2008 haben etwa einhundert Au-torinnen und Autoren die Einträge geschrieben und kommentiert. Der über die Webseite organisierte Begutachtungsprozess, der po-tentiell die Perspektiven aller AutorInnen auf alle Artikel einschloss und somit auf die Berücksichtigung möglichst vieler relevanter dis-ziplinärer Blickwinkel abzielte, ermöglichte neue Formen der inter-disziplinären und multiperspektivischen Qualitätsentwicklung der Beiträge. Daniel Wrana, Alexander Ziem, Martin Reisigl, Martin Nonhoff und Johannes Angermuller haben im Auftrag von Dis-kursNetz den Prozess koordiniert, die Einträge gesammelt und für die vorliegende Buchpublikation redaktionell aufbereitet.

Die Reihenfolge der Namen der Herausgeber ist willkürlich  – mit einer Ausnahme: Daniel Wrana wird als erster Herausgeber ge-nannt, um symbolisch anzuerkennen, wer sich den größten redak-tionellen Arbeitsaufwand aufgebürdet hat. Es ist uns bewusst, dass gängige Zitierkonventionen den ab der zweiten Namensposition Genannten keine Gerechtigkeit widerfahren lassen (bei mehr als drei Autoren oder Herausgebern wird oft mit »u. a.« oder »et al.« ab-gekürzt). Daher laden wir die Leserinnen und Leser nicht nur dazu ein, beim Zitieren eines Lemmas aus dem Wörterbuch immer den jeweiligen Autor oder die jeweilige Autorin des zitierten Eintrags anzugeben, sondern auch dazu, mit der inzwischen leider üblichen Zitierweise zu brechen und alle fünf Herausgeber anzuführen. Dan-ken möchten wir den MitarbeiterInnen, die uns bei der redaktionel-len Arbeit unterstützt haben: Misha Burrows, Michael Seitzinger, Christian Leonhardt, Martin Seibert und Sabrina Schröder.

Wir hoffen, dass dieses Wörterbuch den geneigten Leserinnen und Lesern für eigene Diskursstudien Hilfe und Anregungen bie-tet. Wir wünschen eine erhellende und für die eigene Arbeit moti-vierende Lektüre!

Die Herausgeber: Daniel Wrana, Alexander Ziem, Martin Reisigl, Martin Nonhoff, Johannes Angermuller, Basel, Berkeley, Bern, Bremen und Birmingham im Oktober 2013

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Autorinnen und Autoren

Das Wörterbuch der interdisziplinären Diskursanalyse ist eine Ge-meinschaftsproduktion des DiskursNetzes. Die Beiträge sind von folgenden Autorinnen und Autoren verfasst worden.

AcL Achim LandwehrAD Arnulf DeppermannADP Alfonso Del PercioAK Amelie KutterAM Annika MattissekAN Andreas NiederbergerAnL Antje LangerAP Alexander PreisingerAS Adrian StaudacherAZ Alexander Ziem

BK Björn KreyBT Boris Traue

CB Christine BlättlerCE Christoph EngemannCM Christian MeyerCP Christian Pentzold

DB Dietrich BusseDBe Désirée BenderDGS Derya Gür-ŞekerDM Dominique MaingueneauDSB Daniel Schmidt-BrückenDW Daniel Wrana

EH Eva HerschingerEW Elisabeth Wehling

FA Frederick AttenboroughFH Franz Hundsnurscher

12 autorinnen und autoren

FM Felicitas MacgilchristFO Frank OberzaucherFV Frieder Vogelmann

GG Georg Glasze

HS Hilmar SchäferHW Hartmut Winkler

JA Johannes AngermullerJBe Johannes BeetzJBo James BondJBu Judith ButlerJG Jacques GuilhaumouJK Jan KrasniJL Jürgen LinkJMa Jens MaeßeJMe John MeyerJRZ Jeannine Richard-ZappellaJSc Julia SchleisiekJSt Jan StandkeJV Jef VerschuerenJW Juliette WedlJZ Jan Zienkowski

KJ Kerstin JergusKNH Kien Nghi Ha

LG Ludwig GasteigerLP Lisa PfahlLR Laurence Rosier

ME Maurice ErbMH Maarten HajerMJ Monika JäckleMM Mona MotakefMN Martin NonhoffMO Marion OttMR Martin ReisiglMSc Maren Schreier

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13autorinnen und autoren

MSou Miguel SouzaMT Malika TemmarMW Martin Wengeler

NB Noah Bubenhofer

OG Olga GalanovaOK Oliver Krüger

PB Pascale BrunnerPC Philipp CasulaPD Pascale DelormasPS Paul Siblot

RA Ruth AmossyRC Robin CelikatesRDB Rainer Diaz-BoneRF Robert FeustelRH Roger HäußlingRKe Reiner KellerRKu Reiner KüpperRM Reinhard MesserschmidtRS Ronny ScholzRW Ruth Wodak

SaHa Sabine HarkSaHi Sarah HitzlerSB Saša BosančićSE Sandra EckSKo Sandra KochSKr Susanne KrasmannSM Stefan MeierSN Sigrid NorrisSO Sven OpitzSaS Sabrina SchenkStHi Stefan HirschauerSZ Slavoj Žižek

TN Thomas NiehrTS Thomas Scheffer

14 autorinnen und autoren

TvL Theo van LeeuwenUB Ulrich BröcklingUT Ute Tellmann

VK Veronika Koller

WT Winfried ThielmannWV Willy Viehöver

YP Yannik PorschéYS Yannis Stavrakakis

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15 Aa

Wörterbuch der interdisziplinären Diskursforschung. A bis Zweck

A verweist in Lacans psychoanalytischer Theorie auf das zentrale Konzept des großen Anderen A (le grand Autre). Dieser Begriff durchläuft zu verschiedenen Zeitpunkten, manchmal aber auch gleichzeitig eine Reihe von Bedeutungen, die sich bisweilen gegen-sätzlich zueinander verhalten. Doch ist es wichtig, die Dinge nicht durch die Feststellung verschiedener Bedeutungen zu »klären«, sondern der inneren Logik Rechnung zu tragen, die von der einen zur anderen Bedeutung führt. Zunächst wird das große Andere als das andere Subjekt in seiner radikalen Alterität eingeführt, in Ab-grenzung zum einfachen Alter Ego oder meinem Nächsten, d. h. als der absolute Andere jenseits der sprachlichen Mauer, die zwischen Subjekten vermittelt und sie gleichzeitig auseinanderhält: Wer bist du, hinter dem irreführenden Schleier der Worte (Lacan 1991/1978: 311 f.)? Dann wird das große Andere zur unbewusst-anonymen Tex-tur der symbolischen Ordnung, die die Verhältnisse zwischen den Subjekten reguliert (Lacan 1996a/1981: 233). In seiner radikalsten, »strukturalistischsten« Phase unterwirft Lacan die Subjekte völlig dem großen Anderen: Subjekte sprechen nicht; das große Andere spricht durch diese; sie werden vom großen Anderen »gesprochen« (Lacan 1999a/1966: 125). In diesem Sinn ist das Unbewusste »der Diskurs des Anderen«. In der letzten Phase seiner Lehre richtet sich der Fokus auf den Mangel im/des Anderen. Das große An-dere (bzw. die symbolische Ordnung) ist inkonsistent, dezentriert, defizitär, gebrochen, um einen unmöglichen Kern eines Objekts herum strukturiert, das der Symbolisierung widersteht (Lacan 1996b/1973: 150). In seiner radikalsten Ausprägung ist dieses Ob-jekt das traumatisch-inzestuöse Ding. Lacan behauptet sogar, dass das große Andere gar nicht existiere. Der symbolische Raum sei eine bloße Chimäre (semblance), die uns erlaubt, unsere Distanz zum Ding aufrechtzuerhalten. Diese Wandlungen des großen An-deren korrelieren strikt mit den Wandlungen seines Gegenteils, des Begriffs des kleinen Anderen (le petit autre) oder später des kleinen Objekts a (l’objet petit a) (Lacan 1997/1981: 49) als des das Verlan-gen auslösenden Objekts. Der kleine Andere ist zunächst sowohl

16 abduktion

mein Ich als auch mein Alter Ego, die beide imaginäre Subjekte sind, aber ihrer eigenen symbolischen Überdeterminierung nicht bewusst sind. Sobald das große Andere als inkonsistent/gebrochen gefasst wird, wird das kleine Andere jedoch zum Riss (glitch) in der symbolischen Ordnung, d. h. zum Kern (kernel) des der Symboli-sierung widerstehenden Realen und zum Grund des Verlangens des Subjekts. In dieser Funktion ist es das verlorene Objekt, das, wo-nach das Subjekt sucht, aber was es niemals finden kann, da dessen Verlust einhergeht mit dem Eintritt des Subjekts in die symbolische Ordnung. [SZ, übersetzt von JA]→ Affekt → Alter(ität) → Begehren → Diskursanalyse, poststrukturalistische → Imaginäre, das → Mangel → Psychoanalyse → Reale, das → Symbolische, das → Wunsch

Abduktion [Synonym: Retroduktion; engl. abduction] bezeichnet in Peirce’ Semiotik und Wissenschaftstheorie (1993: 96) den ersten Schritt im gesamten Prozess des Folgerns, an den die Induktion und die Deduktion als weitere Verfahren des Schließens anknüpfen können. Der auf Julius Pacius (1967/1597) zurückgehende Begriff (Peirce 1993: 90) bezieht sich auf jenes kreative Moment im Bereich des Entdeckungszusammenhangs, bei dem eine mögliche Erklä-rung für eine überraschende Beobachtung oder Erfahrung als Hy-pothese mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit aufgestellt wird (sie-he auch Rellstab 2007: 271-276). Wer z. B. weiß, dass alle Bohnen, die sich in einem Sack befinden, weiß sind, und neben dem Sack ein Häufchen weißer Bohnen liegen sieht, kann abduktiv mutma-ßen, dass die neben dem Sack liegenden Bohnen aus dem Sack stammen (vgl. zu diesem von Peirce verwendeten Beispiel Nagl 1992: 113). Im Gegensatz zur Abduktion besteht die Deduktion in der Ableitung einer bestimmten Konsequenz aus allgemeinen Prä-missen oder in der Anwendung einer allgemeinen Regel auf einen Einzelfall. Die Induktion besteht dagegen in einer Folgerung, die aufgrund von Einzelsätzen oder Einzelbeobachtungen allgemeine Thesen aufstellt bzw. abduktiv gewonnene Hypothesen empirisch überprüft (vgl. dazu Peirce 1993: 89-98). Als Prozesse der Semiose sind Abduktion, Induktion und Deduktion komplexe »logische In-terpretanten«. In der Diskursforschung wird der Begriff u. a. in der Essex School (Glynos/Howarth 2007: 24-48), im Wiener Ansatz der Kritischen Diskursanalyse (vgl. Reisigl 2010: 95-97) und im Ol-denburger Ansatz (Harendarski 2012: 254-260; Harendarski/Gloy

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17 Aabschwächung

1996) verwendet, um kreative Momente der diskursiven Erkennt-nisgewinnung zu erfassen, die in positivistischen Wissenschaftsthe-orien vernachlässigt werden. [MR]→ Argumentation → Interpretant

Abschwächung [engl. mitigation, hedges] ist in der Diskursfor-schung ein Gegenbegriff zu Verstärkung oder Intensivierung. Er bezieht sich auf die Verringerung der illokutiven Kraft von Sprech-akten bzw. Sprechhandlungen. Relevant ist der Begriff in pragma-tisch orientierten Ansätzen der Diskursanalyse, namentlich in der feministischen Diskursanalyse, in der interaktionalen Soziolingu-istik und im Diskurshistorischen Ansatz (DHA) (z. B. Gräßel 1991: 82-84). Letzterer unterscheidet zwischen verschiedenen Gruppen von diskursiven Strategien, darunter den »Abschwächungs-« im Unterschied zu den Verstärkungsstrategien (vgl. Reisigl/Wodak 2001: 83-85). Abschwächungen erfüllen die Funktion der abtönen-den oder relativierenden Verharmlosung und der Distanzierung, aber auch der Kundgabe eines geringen Grades an Gewissheit, der als Kennzeichen nichtdominanten Sprachverhaltens interpre-tiert werden kann. Ihnen gilt das Augenmerk in der Analyse von Diskursen über problematische Vergangenheit und in Untersu-chungen von Unterschieden im Sprachgebrauch der Geschlechter. Sprachliche Mittel, die der Abschwächung dienen, sind Modali-sierungselemente wie Abtönungspartikeln, Diminutivendungen, Konditional- und Konzessivsätze, Konjunktiv, Euphemismen, Pa-raphrasen, Untertreibungen, Prokatalepsen (disclaimers), Rückver-sicherungsfragen (tag questions), metakommunikative Formeln und indirekte Sprechhandlungen. [MR]→ Akt, illokutiver → Diskurshistorischer Ansatz → Modalität → Pragmatik → Soziolinguistik → Strategien, diskursive

Accomplishment [Synonym: achievement; dt. (aktive) Hervor-bringung, Vollzugswirklichkeit] ist ein Begriff aus der Ethnome-thodologie, in der soziale Wirklichkeit nicht als Gegebenheit begriffen wird, sondern als Vollzugswirklichkeit, als »an ongoing accomplishment of the concerted activities of daily life, with the ordinary, artful ways of that accomplishment being by members known, used, and taken for granted« (Garfinkel 1967: vii). Exter-ne soziale Tatsachen im Sinne Durkheims oder die Lebenswelt im Sinne Schütz’, wie sie dem Individuum als vermeintlich objektive

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Realitäten gegenübertreten, werden als aktive, situative und prak-tische Hervorbringungen durch den Menschen angesehen. Soziale Realität wird damit als etwas Fragiles begriffen, das immer wieder lokal, d. h. im Hier und Jetzt, hervorgebracht werden muss. Der Begriff des Accomplishment stellt damit die gelebte Geordnetheit sozialer Wirklichkeit in den Vordergrund. Soziale Rollen z. B. sind aus dieser Perspektive keine von allen Beteiligten im Vorhinein und durchgängig akzeptierten Zuschreibungen, sondern müssen im-mer wieder mit eigens dafür vorgesehenen und identifizierbaren Methoden erzeugt werden. Es handelt sich um »configurations in action« (Lynch 1997: 100, Hervorh. i. O.), die in jeder sozialen Si-tuation, in der sie relevant sind, auch relevant gemacht und aktiv konstituiert werden müssen. [CM]→ Aktsequenz → Diskursanalyse, ethnomethodologische → Interaktion → Kompetenz

Account [dt. Darstellung, auch praktische Erklärung] ist ein zentraler Theoriebaustein der Ethnomethodologie. Er bezeichnet zunächst alle sozialen Handlungen, die erklärenden Charakter haben (z. B. Rechtfertigungen) und damit einen Einblick in subjektive Hand-lungsorientierungen geben. Garfinkel (1967) erweiterte den Begriff zur accounting practice, um damit die Tatsache zu beschreiben, dass soziale Handlungen intrinsisch beobachtbar, verstehbar, beschreib-bar und erklärbar, also reflexiv, sind (Macbeth 2001). Da sich ge-sellschaftliche AkteurInnen selbst fortwährend beobachten, führen sie ihre eigenen Handlungen nicht einfach aus, sondern machen sie, simultan mit ihrem Tun, für andere ostentativ beobachtbar und verstehbar. Accounts sind daher gewissermaßen die »soziale Kom-ponente« der Handlung selbst. Der Begriff des Account verleiht der Ethnomethodologie eine epistemologische Fundierung: Indem er jede Handlung als genuin reflexiv beschreibt, löst er die Trennung zwischen Subjekt und Objekt auf und begreift den Menschen als ein durch sein In-der-Welt-Sein performatives, soziales und kom-munikatives Wesen (Mehan/Wood 1975). [SaHi/CM]→ Accomplishment → Diskursanalyse, ethnomethodologische → Ethnomethodologie → Indexikalität → Konversationsanalyse → Reflexion → rezipientInnenspezifischer Zuschnitt

Adjazenzpaar [Synonym: Paarsequenz; engl. adjacency pair] wur-de in den Anfängen der Konversationsanalyse als Begriff geprägt

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19 Aadjuvant

(Schegloff/Sacks 1973) und bezieht sich auf ein normatives (also nicht statistisches oder natürliches) Verhältnis von Äußerungsty-pen, die als zusammengehörig wahrgenommen werden und im Allgemeinen auch gemeinsam auftreten. Zu den Adjazenzpaaren gehören beispielsweise Gruß/Gegengruß oder Frage/Antwort. Das Ausbleiben eines zweiten Paarteils ist interaktiv als abwesend wahr-nehmbar (noticeably absent) und kann damit als erklärungsbedürf-tig (accountable) behandelt werden, was ausgedehnte Kompensati-onsbemühungen nach sich ziehen kann. Man spricht hier auch von konditioneller Relevanz (Schegloff 1968), die das erste Paarteil für ein zweites Paarteil eröffnet. Während grundsätzlich jede Art von Äußerung Erwartbarkeiten für eine Anschlussäußerung etabliert, sind die konditionellen Relevanzen im Fall des Adjazenzpaares besonders eindeutig und interaktiv zwingend. Adjazenzpaare sind insofern ein Ordnungsinstrument für Interaktionen, die einerseits Erwartbarkeiten für die Beteiligten vorstrukturieren und diese da-durch bezüglich der Verständigungssicherung entlasten, anderer-seits aber auch einen sozialen Zwangscharakter einbringen können (Schegloff 2007). [SaHi/CM]→ Interaktion → Konversationsanalyse → Präferenz → Reparatur → Teilnehmerkonstellation → turn-taking

Adjuvant → Aktanten

Adressant → Aktanten

Adressierung bezeichnet in verschiedenen Theorien die Relati-on von AdressatIn und AdressantIn. (1) In der poststrukturalisti-schen Äußerungstheorie bzw. Narrationstheorie gelten AdressatIn und AdressantIn als im Äußerungsakt erst konstituierte Instanzen (Benveniste 1974a/1958: 79 f.; Greimas 1971/1966). In diesem Sinn bezeichnet Adressabilität in der Systemtheorie die Instanzen als Punkte der Zurechnung von Kommunikation (Fuchs 1997). (2) In der Gesprächslinguistik ist Adressierung auf die Face-to-Face-In-teraktion bezogen und beschreibt die Ansprache der AdressatInnen im Zusammenspiel der Ebenen Körper-/Blickorientierung, sprach-liche Anrede und Gestaltung der Äußerungsform (Hartung 2000: 1348-1349). (3) Adressierungen sind im Kontext der Theorie der Anrufung/Subjektivation (Althusser 1977/1969; Butler 2001/1997: 101-123) soziale Zuschreibungen, die die Aufforderungen zu be-stimmten Verhaltens- und (Be-)Handlungsweisen vermitteln. Sie

20 affekt

sind die eine Seite der Anrufung, auf die kontingente Formen ihrer (Nicht-)Anerkennung folgen. Sie werden durch institutionalisierte Settings vollzogen und sind zugleich diskursiv in gesellschaftlichen Institutionen, politischen Programmen und sozialen Konstellatio-nen enthalten. Komplexe Adressierungen sind als »Programme des Regierens« (Bröckling/Krasmann/Lemke 2004: 12) Gegenstand von Studien zur Gouvernementalität. Während diese die Ebene der (Wieder-)Erkennung subjektivierender Anrufungen teilweise ausblenden, werden Adressierungen praxisanalytisch als Subjekt-positionen konstituierende Praktiken in institutionellen Settings untersucht (z. B. Ott 2011; Reh 2011). [MO/DW]→ Anrufung → Subjektivierung

Affekt bezieht sich als Begriff auf körperliche Prozesse des Affizie-rens und Affiziert-Werdens, die sowohl von den individuellen Emo-tionen als auch von den Verkettungen der Signifikanten getrennt ablaufen (Deleuze/Guattari 1992/1980: 349-361). Diese These einer »Autonomie des Affekts« (Massumi 2002) hat innerhalb der aktu-ellen Debatte um einen »neuen Materialismus« an Bedeutung ge-wonnen (Clough/Halley/Jean 2007; Gregg/Seigworth 2010). Dabei stellt sich insbesondere die Frage nach dem Verhältnis zwischen Af-fekt und Diskurs. Butler (2009a: 49-52) zufolge ist die körperliche Responsivität durch interpretative Schemata strukturiert: Diskur-sive Regime formatieren Modi des Sehens, Hörens und Fühlens. Zugleich übersteigen affektive Reaktionen die Ordnung des Dis-kurses. Nach Laclau (2005: 110-117; Stäheli 2007) führt die Kraft des Affekts dagegen zur diskursiven Schließung: Gerade weil der leere Signifikant eine leidenschaftliche Verhaftung erzeugt, vermag er eine Hegemonie zu errichten. Für die Diskursanalyse stellt sich hier das Problem des empirischen Zugangs. Ein Ansatz besteht in der Fokussierung von Affekt-Technologien, die auf die Regulierung von Angst, Begeisterung oder Hoffnung zielen (Massumi 2010: 105 ff.). [SO]→ A → Begehren → Diskursanalyse, poststrukturalistische → Imaginäre, das → Mangel → Psychoanalyse → Reale, das → Symbolische, das → Wunsch

Agonismus bezeichnet zunächst eine Position in der politischen Theorie, die den positiven Wert von Konflikten hervorhebt; in der Demokratietheorie betont dies die Tradition des »agonisti-schen Pluralismus« (vgl. Connolly 2005). Aus diskurstheoretischer

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21 Aakt

Sicht ist die Position von Mouffe einschlägig, die von der ontolo-gischen Unüberwindbarkeit des Konfliktes in Demokratien aus-geht (1993, 2007). Zentral ist hier die Art der Konfliktaustragung: Entgegen Carl Schmitts Auffassung, den Kern des Politischen in der Unterscheidung zwischen Freund und Feind und den Feind als radikal Anderes zu sehen, der im Extremfall vernichtet werden kann, befürworten agonale Demokratietheorien eine Unterschei-dung zwischen Gegnern und Freunden (Mouffe 1993: 4). Da Gegner grundlegende Werte der demokratischen Ordnung teilen, kann ihre Bekämpfung auch nur nach den Regeln der demokra-tischen Konfliktaustragung erfolgen. So können befürwortende Kräfte für demokratische Modelle mobilisiert werden (Mouffe 2000). [EH]→ Antagonismus

Akt ist ein in der pragmatisch orientierten Diskursforschung ver-wendeter Begriff, der sich auf Aspekte sprachlichen Handelns be-zieht. In der Sprechakttheorie Austins und Searles wird der Ter-minus einerseits auf Typen von Sprechakten insgesamt (z. B. auf sogenannte repräsentative bzw. assertive Sprechakte), andererseits auf einzelne Subkomponenten dieser Sprechakte bezogen. So un-terscheidet Austin (2002/1962: 112-125) zwischen phonetischem Akt (Äußerung von Sprechlauten), phatischem Akt (grammatisch or-ganisierter Äußerung von Worten), rhetischem Akt (Aussage über etwas), illokutivem Akt (Indikation der performativen Qualität der Proposition) und perlokutivem Akt (intendierter Wirkung des Sprechakts). Searle (1994/1969: 39-43) übernimmt von Austin die Konzepte des illokutionären und perlokutionären Akts, benennt den rhetischen Akt in den propositionalen Akt um und fasst den pho-netischen und phatischen Akt zum Äußerungsakt zusammen. Die Funktionale Pragmatik enthebt die Sprechakttheorie ihrer Satzbe-zogenheit und führt eine terminologische Differenzierung zwischen Sprechhandlung und Akt ein. Eine Sprechhandlung gilt ihr als inte-grale sprachliche Handlungseinheit (z. B. als assertive Sprechhand-lung). Die drei von Searle übernommenen Akte (Äußerungsakt, propositionaler Akt, illokutiver Akt) siedelt sie »unterhalb« dieser Handlungsebene an (Ehlich 2007a: 22). Das theoretisch und em-pirisch kaum zu fassende Konzept des perlokutionären Aktes lehnt die Funktionale Pragmatik ab (Rehbein/Kameyama 2004: 557). Die Birmingham Group bestimmt Akt als funktionale Einheit der

22 akt, illokutiver

»untersten« von insgesamt fünf Stufen eines Diskurses. In diesem Ansatz entspricht ein Akt in etwa der grammatischen Einheit des Satzes oder Teilsatzes, wobei Akte nicht als grammatische, sondern als funktionale Einheiten betrachtet werden (Sinclair/Coulthard 1975: 27-29). Brown und Levinson (1987: 65) begreifen Akt inten-tionalistisch als das, was durch verbale oder nonverbale Kommu-nikation getan wird. In ihrer Theorie der positiven und negativen Höflichkeit unterscheiden sie in Anknüpfung an Goffman zwi-schen gesichtsbedrohenden und gesichtswahrenden Akten (Brown/Levinson 1987: 65-71). Mead kennzeichnet in seiner Theorie des symbolischen Interaktionismus social act (dt. soziale Handlung) als Handlung, bei der ein Invidivuum durch sein Handeln als Aus-lösereiz für die Reaktion eines anderen Individuums dient (Mead 1973/1934: 210). Aus evolutionärer Perspektive interessiert er sich für die Herausbildung von Gebärden (als Anfängen sozialer Akte) und symbolisch vermittelte soziale Akte (Mead 1973/1934: 210-221). Unter Rückgriff auf Austin konzeptualisiert Butler Geschlecht als eine durch performative Akte sozial konstitutierte Kategorie (Butler 1988). In ihrer Auseinandersetzung mit diskriminierender Sprache entwickelt sie eine Theorie der Performativität und des politischen Diskurses, die hate speech unter dem Gesichtspunkt performativer Akte begreift, denen nicht durch staatliche Zensur, sondern im Rahmen eines gesellschaftlichen und kulturellen Sprachkampfes entgegenzutreten sei (Butler 2006: 70). [MR]→ Akt, illokutiver → Akt, perlokutiver → Akt, propositionaler → Äußerungsakt → Birmingham Approach → Effekt, perlokutiver → Positionierung → Pragmatik, Funktionale

Akt, illokutiver stellt in Austins (2002/1962) und Searles (1994/1969) Sprechakttheorie neben den lokutionären und perlo-kutionären Komponenten die kleinste Kommunikationseinheit und eine konstitutive Teilhandlung eines jeden Sprechaktes dar. Während sich der lokutionäre Sprechakt auf den propositionalen Gehalt bezieht und der perlokutionäre Sprechakt den Effekt be-zeichnet, den eine Äußerung auf GesprächspartnerInnen hat (z. B. jemand wird durch Argumente überzeugt oder gelangweilt), be-zeichnet der illokutionäre Sprechakt die vollzogene Handlung oder Kraft. Eine Sprechhandlung wie z. B. eine Behauptung, Warnung, Frage, Aufforderung oder Empfehlung, hängt dabei davon ab, mit welcher Intention der Sprecher eine Aussage tätigt bzw. wie sie ver-

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23 Aakt, perlokutiver

standen werden soll. Eine Äußerung muss laut Searle bestimmten Regeln folgen, damit sie für andere GesprächsteilnehmerInnen als illokutiver Akt erkennbar ist. [YP]→ Akt, perlokutiver → Akt, propositionaler → Äußerungsakt → Sprechakt(theorie)

Akt, perlokutiver [Synonym: perlokutionärer Akt; von lat. per »durch«, »mittels« und locutio »das Sprechen«] bezeichnet im Rahmen der Sprechakttheorie die mehr oder weniger erwartete Wirkung einer Äußerung auf »die Gefühle, Gedanken oder Hand-lungen des oder der Hörer, des Sprechers oder anderer Personen« (Austin 2002/1962: 118). Eine Behauptung kann beispielsweise auf den Hörer oder die Hörerin den Effekt des Überzeugtseins oder des Beleidigtseins haben. Der Terminus bleibt bei Austin letztlich schillernd. Austin sieht den Ausdruck perlokutionärer Akt für den Prozess des Vollziehens eines nichtkonventionalen Aktes vor, der ein perlokutionäres Ziel erreicht (überzeugen, überreden) oder ein nichtintendiertes perlokutives Nachspiel zeitigt (Austin 2002/1962: 134), während er vorschlägt, unter Perlokutionen die bereits voll-zogenen Akte zu verstehen (Austin 2002/1962: 119). Als nichtkon-ventionale Akte, die eine in der Situation intentional erwartete Wirkung haben können, aber nicht müssen, grenzt Austin die per-lokutionären Akte von den illukutionären Akten ab, die immer kraft Konvention festgelegte, »normale« Folgen haben, z. B. das Getauft-sein eines Schiffes nach dem verbalen Taufakt mit den Worten »Ich taufe dieses Schiff auf den Namen x« (Austin 2002/1962: 133). Der Versuch, Perlokutionsklassen (epistemisch, motivational, emotio-nal) zu erstellen, wurde in neueren Untersuchungen von Staffeldt (2006: 133) unternommen, um eine Einbeziehung der Perlokutio-nen in ein theoretisches Gesamtgerüst der Sprechakttheorie zu ge-währleisten. In der Diskursforschung werden Perlokutionen u. a. in der Interaktionsanalyse nach (Kerbrat-Orecchioni 2001) oder an-hand von Effekten, die (Medien-)Diskurse auf die Öffentlichkeit haben können (Charaudeau 1997: 88), untersucht. [PB]→ Akt, illokutiver → Effekt, perlokutiver → Interaktion → Sprechakt(theorie)

Akt, propositionaler ist nach Searle (1994/1969: 39 f.) einer von vier Teilakten von Sprechakten (Äußerungsakt, propositionaler Akt, illokutionärer Akt, perlokutionärer Akt). Der Vollzug eines propositionalen Aktes besteht aus Referenz und Prädikation, d. h.,

24 aktanten

der oder die SprecherIn verweist auf eine bestimmte Entität (Ob-jekte, Ereignisse usw.) und spricht dieser eine gewisse Eigenschaft zu. Referenz und Prädikation gelten in der Frame-Semantik (Ziem 2008a: 283-366) als sprachliche Grundfunktionen für kognitiv ori-entierte Diskursanalysen. Verschiedene illokutionäre Akte können den gleichen propositionalen Gehalt (Aussagegehalt) haben. So referiert in den Sätzen (1) John trinkt gewohnheitsmäßig und (2) Trinkt John gewohnheitsmäßig? der oder die SprecherIn jeweils auf ein bestimmtes Objekt John und schreibt diesem die Eigenschaft des »gewohnheitsmäßigen Trinkens« zu, vollzieht jedoch zwei unterschiedliche illokutionäre Akte (Behauptung, Frage). In der »propositionsorientierten Analyse« des DIMEAN-Modells (Warn-ke/Spitzmüller 2008a: 26) wird der Satzinhalt unter semantischen, syntaktischen und pragmatischen Aspekten behandelt, um Spre-cherInnenhaltungen und Diskurspositionen aufzuzeigen. [PB]→ Akt, illokutiver → Akt, perlokutiver → Effekt, perlokutiver → Prädikation → Proposition

Aktanten bilden in der narrativen Semantik eine narrative Struk-tur, die zwischen der Textoberfläche und der Tiefenstruktur von Texten vermittelt (Fiol 1990). Das Aktantenmodell ist von Greimas (1971/1966, 1987) im Anschluss an die Arbeiten von Propp (1975) entwickelt worden. Propp hatte die Struktur russischer Volksmär-chen im Hinblick auf die systematisch in diesen erscheinenden Funktionen (z. B. Verhinderung) und Rollenträger (Schurke, Held usw.) analysiert, Greimas reduziert und abstrahiert das Modell nochmals. Er unterscheidet sechs formale Aktantenrollen, d. h. Adressat (Sender, frz. destinateur), Adressant (Empfänger, frz. de-stinataire), Subjekt (Held, frz. sujet), Objekt (Zweck/Ziel, frz. ob-jet), Adjuvant (Helfer, frz. adjuvant), Opponent (Widersacher, frz. opposant), und ordnet diese den drei zentralen Analysekategorien der Kommunikation (Beziehung: Adressat – Adressant), des Be-gehrens (Beziehung: Subjekt – Objekt; Suche nach einer Person/Wert) und der Handlung (z. B. Beziehung: Adjuvant – Opponent) zu. Die Aktanten bilden eine Rollenstruktur, die nicht nur von menschlichen Figuren oder individuellen und kollektiven Akteu-ren ausgefüllt werden kann, sondern auch von abstrakten und kon-zeptuellen Elementen. Strittig ist in der Theorie des Narrativen, wie und wodurch die Aktantenstruktur in »Bewegung« gesetzt wird. Aus der Sicht Ricœurs (2007: I, 7) sorgt der diskursive Akt des

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25 Aakteurin

emplotment hierbei für die Konfiguration der Aktanten und ihrer Handlungen bzw. Handlungsprogramme. Zur Konfiguration des narrativen Plots gehören auch die Isotopien der Zeit, die die in der Erzählung stattfindenden Handlungen durch diskursive Be-züge auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft temporalisieren, sowie die Isotopien des Raumes, die die Handlungsumwelten der in der Geschichte agierenden Figuren bilden (Greimas 1971/1966). Latour hat den Begriff von Greimas in der Actor-Network Theory rezipiert, um komplexe Verknüpfungen von menschlichen und nichtmenschlichen Akteuren in Serien und Netzwerken zu kenn-zeichnen. Dem Aktanten als Zusammenhang kommen Aktivität und Agency zu (Latour 2007/2005: 96). [WV]→ Differenz → Diskursanalyse, narrative → Diskursanalyse, strukturale → Mythos → Narration → Plot → Semiologie → Semiotik → Semiotik, narrative → Signifikant → Signifikat → Struktur → Strukturalismus → Synchronie → Tiefenstruktur → Viereck, semiotisches

AkteurIn bzw. AkteurInnen bezeichnet in den Sozialwissenschaf-ten gemeinhin individuell oder kollektiv Handelnde, die bestimmte Ressourcen (etwa Geld oder Macht) mobilisieren, um Ziele zu er-reichen (etwa die angestrebten sozialen Positionen einzunehmen). Akteure seien dabei weder vollkommen frei, noch seien ihnen die sozialen Kräfte und Zwänge notwendig bewusst, die auf ihr Han-deln wirken. So begreift die akteurszentrierte Sozialwissenschaft seit Weber (1984/1913) soziale Ordnung gemeinhin als einen nichtinten-tionalen Effekt, der aus dem intentionalen Handeln verschiedener Akteure resultiert. Gegenüber makrosoziologischen Strukturmo-dellen von Gesellschaft werden Akteure insbesondere von qualitativ orientierten MikrosoziologInnen als praktische Problemlösungs- und Wissensinstanzen stark gemacht, die soziale Ordnung nicht als eine völlig konstituierte vorfinden, sondern diese immer zunächst aushandeln, konstruieren und aneignen müssen (vgl. etwa Mead 1973/1934). Nicht zuletzt im Licht der poststrukturalistischen Sub-jektkritik (Foucault 2001a/1969) werden akteurszentrierte Ansätze, insofern sie den Akteuren einen ursprünglich gemeinten Sinn zu-rechnen, in der sozialwissenschaftlichen Diskursforschung zumeist kritisch gesehen. Dem Akteur zugerechnete Funktionen und Di-mensionen werden allerdings in Begriffen wie Agency, Selbstprak-tiken, Reflexivität, Widerstand oder Eigensinn reformuliert (z. B. Butler 2001/1997; Wrana 2006; Graefe 2010). In Abgrenzung von

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»rekonstruktiven« Ansätzen der verstehenden Diskursforschung begreifen insbesondere »dekonstruktive« Tendenzen die Akteure als nach diskursiven Regeln produzierte Konstrukte und eben nicht als ursprüngliche Verstehensinstanzen (vgl. z. B. Angermüller 2005a). Doch gerade sofern die Kontingenz, Heterogenität und Dynamik des Diskurses betont werden, bleibt die Problematik des Akteurs auch in der Diskursforschung aktuell, müssen die Diskursteilneh-merInnen doch immer wieder ihre praktische interpretative Kom-petenz unter Beweis stellen (vgl. Angermüller 2010). [JA]→ Handlung → Praktiken/Praxis → Subjekt

Aktsequenz bezeichnet in der Ethnographie des Sprechens und in der Ethnomethodologie die Ordnung und Form eines Sprechereig-nisses als Abfolge von aufeinander bezogenen Akten oder Zügen im Sinne eines turn-taking. Die Bestimmung der Aktsequenz ist relevant, um eine Sprechhandlung gemäß der Teilnehmerorientie-rung zu kontextualisieren. Das Gesagte gewinnt hier Bedeutung im Rückgriff auf vorherige Akte (etwa als Antwort auf eine Frage) und im Vorgriff auf anschließende Akte (etwa auf eine kritische Nach-frage) in einer Interaktion. Bestimmte Aktsequenzen entsprechen rituellen Ablaufschemata. Andere ergeben sich aus Formalien oder Programmen zur Herstellung gültiger Sprechakte. Gleichwohl sind sie nicht determiniert. TeilnehmerInnen realisieren sie unter loka-len, situativen Bedingungen. Der Begriff geht auf Hymes zurück (1962), der das Sprechhandeln in der jeweiligen kulturellen Ausprä-gung mit Mitteln der Ethnographie beforschte. Hymes begründete mit seiner Mikroanalyse der Formen und der Abläufe sprachlicher Interaktion die Ethnographie der Kommunikation. Neuere eth-nographische Studien verbinden die innere Sequenzanalyse von kommunikativen Ereignissen mit der äußeren Sequenzanalyse von Ereignisreihen oder Prozessen (Scheffer 2008). [TS]→ Ethnographie der Kommunikation → Gesprächszug → turn-taking

Akzeptabilität → Textualität

Alethurgie → Ethik des Selbst → Veridiktion → Wahrheitsspiel

Alltagsdiskurs [engl. everyday discourse] ist ein schillernder Begriff zur typisierenden Bezeichnung von Diskursen, die gewohnheits-mäßig, privat und mehr oder weniger routinisiert in lebensweltlich

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27 Aalter(ität)

nahen sozialen Handlungsfeldern hervorgebracht werden und für die Alltagssprache kennzeichnend ist. Die Ambiguität des Begriffs rührt daher, dass die soziologischen Kategorien des Alltags und des Außeralltäglichen schwer zu fassen sind, da je nach Perspektive von DiskursteilnehmerInnen und DiskursanalytikerInnen stark vari-iert, was jeweils als alltäglich oder außeralltäglich angesehen wird. Der Begriff wird vor allem in der Kritischen Diskursforschung verwendet. Im Duisburger Ansatz gilt der Alltagsdiskurs als Dis-kursebene, das heißt als ein spezifischer sozialer Ort, von dem aus gesprochen, zum Teil aber auch geschrieben wird (Jäger 2009/1993: 163 f.). Als charakteristisch für den Alltagsdiskurs wird angesehen, dass er sich durch Spontaneität der Rede und direkte Reaktionen auf das Gesagte auszeichnet und dass sich die Beteiligten als Privat-personen einbringen (Jäger 1996: 64). Der unverstellte analytische Zugang zum Alltagsdiskurs gestaltet sich aufgrund des Beobach-terparadoxons und aufgrund ethischer Bedenken gegen verdeckte Aufnahmen als schwer. Jäger (1996) optiert in ihrer Untersuchung der alltäglichen Ethnisierung von Sexismus für die Durchführung nichtstandardisierter Interviews, die eine große Nähe zu Tiefenin-terviews aufweisen. Gegenstand der kritischen Analyse von Alltags-diskursen sind häufig diskriminierende (z. B. rassistische, antise-mitische) Vorurteile und Stereotype (vgl. van Dijk 1987; Wodak/Nowak/Pelikan/Gruber/de Cillia/Mitten 1990). [MR]→ Diskursanalyse, Duisburger → Diskursanalyse, Kritische → Diskursebene → Interview

Alter(ität) bezeichnet die Andere, den Anderen, das Andere bzw. Andersheit. Anders als in der Philosophie, die das Verhältnis zum Anderen a als ein ethisch-ontologisches fasst (Buber 2006/1954; Levinas 2003/1980; Ricœur 2005a/1990), begreifen Ansätze der Diskursforschung das Verhältnis von Ego (Ich) und Alter als eine Grundstruktur kommunikativer Prozesse, insbesondere in handlungstheoretischen Kommunikationstheorien (Habermas 1997/1981) oder auch in der Äußerungstheorie, für die jede Aus-sage von einem Lokutor L gegenüber einem (oder mehreren) Allokutor(en) A hervorgebracht wird (Ducrot 1984). Während Mead die Ego-Alter-Beziehung mit dem generalisierten Anderen um ein Drittes erweitert (1973/1934: 196), unterscheidet Lacan in seinem L-Modell sogar vier Positionen: das Subjekt $ erkennt sich demnach mit Hilfe des Signifikanten S in einem imaginären

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Anderen a in einer vom großen Anderen A instituierten Ordnung (Lacan 1999b/1966: 81 f.). Bei Lacan bezeichnet a das (»imaginäre«) Gegenüber in einer Kommunikationssituation und A das Andere im Sinne einer systemischen Andersheit. [JA]→ A → Diskursethik → Hegemonie → Lokutor/Allokutor

Ambiguität [Synonym: Ambivalenz, Mehrdeutigkeit, Vieldeutig-keit] liegt dann vor, wenn einem Ausdruck (Signifikant) gleichzei-tig mehrere Bedeutungen (Signifikate) zugeschrieben werden kön-nen. Von einer Homonymie spricht man, wenn die Bedeutungen gleicher Ausdrucksformen sich nicht im gleichen inhaltlichen Refe-renzfeld befinden. Davon abzugrenzen ist die Synonymie, die eine Bedeutungsgleichheit bei verschiedenen Ausdrücken meint. Ambig bzw. mehrdeutig ist beispielsweise das Wort Aufzug. Erst in Abglei-chung mit dem Kontext oder dem kommunikativen Handlungszu-sammenhang lässt sich erschließen, ob der Ausdruck im Sinne von »Fahrstuhl«, »Aufmachung« oder »Akt in einer Bühnenaufführung« gemeint ist. Diskursanalytisch ist Ambiguität relevant, wenn un-terschiedliche SprecherInnen in einem Diskurs den gleichen Aus-druck unterschiedlich verwenden. Dies spitzt sich bei polysemen Ausdrücken zu, die per definitionem vage Bedeutungen haben und in einem unkonkreteren Referenzfeld verortet sind. Hierbei kann es zu semantischen Kämpfen kommen, wenn bestimmte AkteurIn-nen bzw. diskursive Positionen eine hegemoniale bzw. dominante Bedeutung eines bestimmten Ausdrucks oder Begriffes durchzuset-zen versuchen (vgl. Böke/Liedtke/Wengeler 1991; Felder 2006). Ein weiteres sprachstrategisches Vorgehen, das häufig in populistischen Praktiken zur Anwendung kommt, bildet das Prinzip der kalku-lierten Ambivalenz (Klein 1996: 206 f.). Dabei werden absichtlich zweideutige, z. T. einander widersprechende Botschaften ausgesen-det, um unterschiedliche Gruppen von AdressatInnen anzuspre-chen, die angeregt werden sollen, diese semantischen Leerstellen nach ihren kommunikativen Interessen zu füllen (vgl. Januschek 1993; Reisigl 2002a: 168, 171). [SM]→ Adressierung → Polysemie → Relationen, semantische → Semantik → Signifikant → Signifikat

Analytik, interpretative [engl. interpretive/interpretative analy-tics] bezeichnet die methodologische Position der Foucaultschen Diskursanalyse sowie die Anlage diskursanalytischer Erklärungen.

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29 Aanapher

Die Bezeichnung findet sich nicht in den Foucaultschen Schrif-ten, sondern wurde von Dreyfus und Rabinow (1994) eingeführt und fand im Anschluss hieran große Verbreitung. Die Foucaultsche Methodologie untersucht die Regeln und soziokognitiven Tiefen-strukturen (Episteme) der diskursiven Praxis in ihren historischen und institutionellen Kontexten (Foucault 1974/1966). Die inter-pretative Analytik unterscheidet sich sowohl von hermeneutischen als auch von strukturalistischen Positionen. Im Unterschied zur Hermeneutik geht es nicht um die Rekonstruktion des subjektiv gemeinten Sinns historisch situierter sozialer AkteurInnen (Fou-cault 1973a/1969). Die Tiefenstrukturen der diskursiven Praxis sind damit keine Sinnstrukturen von historischen AlltagsakteurInnen. Im Unterschied zum Strukturalismus reduziert die interpretative Analytik die diskursiven Tiefenstrukturen nicht auf universale bi-näre Oppositionen, denn sie werden als soziohistorische Strukturen gedacht, die Diskursen als kollektive Praxisformen eingelagert sind. Als Anlage für diskursanalytische Erklärungen bezeichnet die in-terpretative Analytik eine analytische Strategie, die die diskursiven Regeln (und Tiefenstrukturen) in Beziehung setzt zu Dispositiven und Institutionen, mit denen sie in einem historisch spezifischen und wechselseitigen Ermöglichungszusammenhang stehen (Diaz-Bone 2005). [RDB]→ Bruch → Diskurshermeneutik → Episteme → Strukturalismus → Tiefenstruktur

Anapher [von gr. anapherein »hinauftragen« und gr. anaphora »das Zurückführen«] ist ein textlinguistischer Terminus, mit dem die textuelle Eigenschaft sprachlicher Zeichen benannt wird, auf einen bereits eingeführten Diskursreferenten (Antezedens) zurückzuver-weisen. Im Fall eines Vorwärtsbezuges spricht man von »Kataphern« (de Beaugrande/Dressler 1981: 65). Beide dienen zur Herstellung von textueller Kohärenz, gelten als Pro-Formen und werden mit-unter den rhetorischen Figuren zugerechnet. Zu unterscheiden ist zwischen pronominalen Anaphern – wenn etwa das Personalpro-nomen er auf eine eingeführte männliche Person verweist – und sogenannten »indirekten« oder »assoziativen Anaphern« (Schwarz 2000; Ziem 2012). Bei Letzteren liegt nur ein indirekter Bezug zwi-schen dem jeweiligen Referenten der Anapher und ihrem Ante-zedens vor, z. B. »Heidi erreichte das Haus (Antezedens); die Tür (assoziative Anapher) stand offen«. Anaphern wurden diskursana-