Anton Baumstark (1872–1948)

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Anton Baumstark (1872–1948) Predrag Bukovec Gleich zwei Disziplinen berufen sich auf Anton Baumstark als ihren Begründer: der Christliche Orient und die Vergleichende Liturgiewissenschaft. Während man beim ersten Fach etwas relativieren sollte, da das Forschungsfeld der christlich-orientalischen Studien älter ist und ältere Vorläufer hat, gilt dies für den Ansatz einer komparatistisch arbeitenden Liturgiegeschichtsforschung un- eingeschränkt. Es bleibt aber festzuhalten, daß der Christliche Orient als ei- genständiges universitäres Fach im deutschsprachigen Raum ohne Baum- starks Wirken sicherlich nur schwer vorstellbar wäre, zumal sich die meisten Vertreter vor ihm hauptsächlich mit anderen Themen beschäftigt haben und der Christliche Orient im Rahmen ihrer eigentlichen Fachzugehörigkeit inte- griert wurde – sei es die Kirchengeschichte, alt- oder neutestamentliche Ex- egese, Semitistik oder Ägyptologie. Die Spezialisierung Baumstarks auf die ebengenannten zwei Schwerpunkte ergab sich aus seinem Lebenslauf, ob- wohl auch er zunächst als Klassischer Philologe und Semitist sein akademi- 497

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Anton Baumstark (1872–1948)

Predrag Bukovec

Gleich zwei Disziplinen berufen sich auf Anton Baumstark als ihren Begründer:

der Christliche Orient und die Vergleichende Liturgiewissenschaft. Während

man beim ersten Fach etwas relativieren sollte, da das Forschungsfeld der

christlich-orientalischen Studien älter ist und ältere Vorläufer hat, gilt dies für

den Ansatz einer komparatistisch arbeitenden Liturgiegeschichtsforschung un-

eingeschränkt. Es bleibt aber festzuhalten, daß der Christliche Orient als ei-

genständiges universitäres Fach im deutschsprachigen Raum ohne Baum-

starks Wirken sicherlich nur schwer vorstellbar wäre, zumal sich die meisten

Vertreter vor ihm hauptsächlich mit anderen Themen beschäftigt haben und

der Christliche Orient im Rahmen ihrer eigentlichen Fachzugehörigkeit inte-

griert wurde – sei es die Kirchengeschichte, alt- oder neutestamentliche Ex-

egese, Semitistik oder Ägyptologie. Die Spezialisierung Baumstarks auf die

ebengenannten zwei Schwerpunkte ergab sich aus seinem Lebenslauf, ob-

wohl auch er zunächst als Klassischer Philologe und Semitist sein akademi-

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sches Leben begann. Eigene Interessen und die biographischen Umstände

führten ihn schon kurz vor der Jahrhundertwende zu den Themengebieten, die

sein – allein schon quantitativ – monumentales Œuvre bilden sollten.1 Auf-

grund seiner philologischen Ausbildung ist sein Ansatz des Faches Christlicher

Orient nicht als theologische Disziplin konzipiert und daher nicht mit der Ostkir-

chenkunde zu verwechseln; gleichwohl zeigt seine Zusammenarbeit mit füh-

renden Theologen (beispielsweise im Campo Santo oder in Maria Laach, aber

auch mit evangelischen Kollegen) wie auch sein tiefverwurzelter katholischer

Glaube die Offenheit für theologische Aspekte, die 1925 mit einem Ehrendok-

torat in Katholischer Theologie honoriert wurde. Mit der Begründung und fast

fünfzig Jahre währenden Betreuung des Publikationsorgans Oriens Christia-

nus etablierte Baumstark eine renommierte Stimme des Christlichen Orients in

der akademischen Öffentlichkeit;2 ihr Herausgeber selbst mußte jedoch lange

auf den Ruf an eine Universität warten, der in etwa zeitgleich (d. h. 1921) mit

der Veröffentlichung seiner wichtigen Geschichte der syrischen Literatur erfolg-

te.

Neben der Kunstgeschichte3 und den Diatessaron-Studien waren für Baum-

stark die orientalischen Liturgien das Spezialgebiet. Seine bis heute grundle-

genden Ergebnisse auf diesem Feld führten zur Bildung einer eigenen Schule

in der Liturgiegeschichtsforschung, der Vergleichenden Liturgiewissenschaft,

deren Vertreter (wie Hieronymus Engberding OSB und Peter Fritz Hamm) aus

dem Schülerkreis Baumstarks stammten.4 Er wirkte nach dem Ersten Welt-

krieg mit den Benediktinern von Maria Laach (Odo Casel, Kunibert Mohlberg,

Odilo Heiming)5 und beteiligte sich an der Schaffung von Reihen und Periodi-

1 Es finden sich mehrere Bibliographien Baumstarks: KILLY; WARD/ KOLLAMPARAMPIL 251–278; FEULNER (2001). Ein „unermüdlicher Arbeitsdrang“ (cf. (2011), 159) spricht aus dieser Quanti-tät. In LA NW 1039-B/9372 (Fragebogen Entnazifizierung vom 20.VII.1945) und LA NW 1049/53539 (Fragebogen Entnazifizierung vom 17.X.1946) befinden sich selbstverfaßte Bi-bliographien Baumstarks, die jedoch nichts Unbekanntes enthalten. Aus dem Gedächtnis nennt er ebd. noch drei Zeitungsartikel, die sich bislang als unauffindbar erwiesen haben: „Das Verhältnis des Nationalsozialismus zur christlichen Religion“, „Der deutsche Katholizis-mus am Ende des Parteienstaates“ und „Ehrlicher Bund zwischen Kirche und Staat“.2 Nach GRAF 3 sind „OrChr in der ersten Jahrhunderthälfte und A. Baumstark […] nahezu ein Begriff geworden“. Cf. auch KAUFHOLD (2012), 136.3 S. dazu jetzt R. BAUMSTARK (2013).4 Cf. WEST (1995), 28.5 Letzterer hat in Bonn bei Baumstark und Kahle studiert, cf. HÄUSSLING (2011), 461.

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ka,6 so daß auch in der dezidiert liturgiewissenschaftlichen Forschung sein An-

satz Anklang fand.7 Baumstarks Erbe für die Vergleichende Liturgiewissen-

schaft betrifft sowohl fundamentale Einsichten in die Verwandtschaftsverhält-

nisse der altkirchenlichen Liturgiefamilien als auch die methodische Grundle-

gung, die unter anderem in seinem Werk Liturgie comparée zusammengefaßt

ist und von seinen Schülern weiterentwickelt wurde.8 Die wichtigsten Kennzei-

chen dieses Ansatzes sind die streng induktive Herangehensweise an die Pri-

märquellen mit Hilfe der vergleichenden Analyse und Interpretation, sowie die

Entdeckung von Entwicklungstendenzen (Gesetzmäßigkeiten), die regelmäßig

beobachtet und daher klassifiziert werden können. Die hauptsächlich orientali-

schen Liturgien als Untersuchungsgegenstand Baumstarks sind bedingt durch

sein Interesse am Christlichen Orient; dies bedeutet jedoch nicht, daß der litur-

gievergleichende Ansatz nicht auch regional auf den Westen und historisch

auf die Neuzeit übertragbar wäre.9 Nicht zuletzt anhand der Fachterminologie

kann Baumstarks Einfluß erkannt werden: Auch wenn er wohl nicht der Erfin-

der des Wortes „Liturgiewissenschaft“ ist, findet sich die Bezeichnung der Dis-

ziplin zuerst in einer seiner Veröffentlichungen.10 In jedem Fall ist Baumstark

aber der Erfinder des Terminus „Hochgebet“, der in OC 3 (1903), 217 das er-

ste Mal erscheint.11

Baumstarks Forschung erschöpft sich nicht auf diese beiden Schwerpunkte. In

kleinerer Zahl und wenig beachtet sind seine Untersuchungen im Bereich der

Gräzistik, dem Alten Testament, der Islamwissenschaft, der Germanistik und

6 Cf. (1982), 4; LANGENBAHN.7 Er wirkte auch bei den Vertragsverhandlungen mit, cf. RÜPKE 37.8 A. BAUMSTARK (1953). Die in französischer Sprache erschienene Vortragsreihe wurde An-fang 1932 in Amay-sur-Meuse gehalten, cf. LANNE 147. Es existiert auch eine englische Über-setzung, cf. A. BAUMSTARK (1958). Baumstark selbst hat sich in (1939), 215 f. von diesem Werk partiell distanziert, da der französische Text inhaltliche Mißverständnisse aufweise, die er vor der Drucklegung nicht beheben konnte.9 Cf. FEULNER (2009), 249.10 Im Titel von A. BAUMSTARK (1919). In (1920) ist der Titel zu „Ein liturgiegeschichtliches Un-ternehmen [...]“ abgeändert worden. Nach LANGENBAHN 52 f. ergab sich der Begriff in einem Gespräch zwischen Guardini und Mohlberg; Baumstark erfuhr davon aus einem Brief Mohl-bergs. 11 Cf. FISCHER 144 f.

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der Mandäistik.12 Man kann begründet davon sprechen, daß die Vielfalt seiner

Forschung sein universales Konzept von Wissenschaft bezeugt.13

Dieses Porträt widmet sich primär dem Lebensweg Baumstarks und geht da-

her chronologisch vor. Die fachlichen Fragen werden zum jeweils gegebenen

Zeitpunkt angesprochen und durch die kontextuelle Verortung in seiner Vita

aus wissenschaftsgeschichtlicher Sicht verständlich gemacht.

1. Herkunft und schulische Ausbildung (bis 1890)

Anton14 Baumstark wurde am 4. August 1872 in Konstanz als einziges Kind

der Eheleute Klementine,15 geb. Beck, und Reinhold Ludwig Baumstark

(1831–1900) geboren.16 Der Vater studierte Jura in seiner Heimatstadt Frei-

burg i. Br. und wirkte als Einzelrichter in Triberg und Durlach (1857–1864), als

Kreisgerichtsrat in Konstanz (1864–1878), in Achern (1881–1884), als Landge-

richtsrat in Freiburg i. Br. von 1884 bis 1889 und dann als -direktor von 1891

bis 1894; in Waldshut war er Landsgerichtspräsident von 1894 bis 1897, da-

nach in Mannheim.17 Großväterlicherseits kam der junge Anton Baumstark be-

reits mit der Klassischen Philologie in Berührung, da sein gleichnamiger Groß-

vater in Freiburg i. Br. Universitätsprofessor für dieses Fach und Spezialist für

Tacitus war.18 Ein für das ganze Leben Baumstarks prägender Einfluß war die

12 Über die Mandäer hielt Baumstark im Jahr 1927 sogar eine Vorlesung, cf. LA NW 1049/ 53539 (Fragebogen Entnazifizierung vom 17.X.1946).13 Richtig stellt KLAUSER 186 fest: „In einem Zeitalter äusserster Spezialisierung war Baum-stark eine ungewöhnliche Erscheinung“.14 Der vollständige Name lautet Karl Anton Joseph Maria Dominikus Baumstark, cf. UA Bonn, PF-PA 646; LA NW 1049/53539 (Fragebogen Entnazifizierung vom 17.X.1946); LA NW 1039-B/9372 (Fragebogen Entnazifizierung vom 20.VII.1945). In der Todesanzeige steht die Schreibweise Carl, s. UA Münster, Best. 5, Nr. 520 (Todesanzeige vom 31.V.1948).15 Diese Schreibweise in A. BAUMSTARK (1900) im Widmungsblatt. In BDC-Baumstark 2633: Clementine Beck. In LA BW, G.L.A. 235, Nr. 1766 (Engerer Senat der Univ. Heidelberg vom 14.III.1898): Clementina geb. Beck aus Renzingen [sic, statt Kenzingen]. Die Ehe wurde 1855 geschlossen, cf. A. BAUMSTARK (1931), 6.16 Genauer: 24.VIII.1831 in Freiburg i.Br. – 29.I.1900 in Mannheim, cf. ebd., 6. Cf. auch SPIES (1967), 669. Er sei bis zu seiner Konversion Hegelianer gewesen, cf. W. MÜLLER 669; A. BAUMSTARK (1931), 6.17 Die ausführliche Biographie findet sich ebd. Diesen Zeitungsartikel hat Anton Baumstark seinem Vater zum 100. Geburtstag gewidmet.18 Anton Baumstark (1800–1876). Cf. ebd.; BERGER 3. Er war an der Reform des badischen Schulsystems 1835 beteiligt. Unter dem Pseudonym Hermann von Busche gab er liberale Schriften heraus, cf. ebd. Die Abneigung von Baumstarks Vater gegen den Liberalismus, der sich bei seinem Sohn fortsetzte, könnte daher auch innerfamiliäre Friktionen widerspiegeln.

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religiöse Erziehung im Haushalt der Eltern: Sein Vater Reinhold gehörte ur-

sprünglich zur evangelischen Kirche, konvertierte jedoch am 30. Juni 1869 un-

ter dem Eindruck des badischen Kulturkampfes zum Katholizismus und blieb

ein glühender Anhänger des Ultramontanismus.19 Er wirkte auch politisch und

saß 1869/1870 und 1879–1881 im Badischen Landtag;20 eine seiner dort ge-

haltenen flammenden Reden für das Papsttum aus dem Jahr 1881 wurde un-

ter dem Titel Plus ultra! veröffentlicht.21 Reinhold Baumstark verfaßte zum The-

ma noch weitere Schriften, unter anderem eine Rechtfertigung der eigenen

Konversion.22 Der Bruder des Vaters, Hermann Michael Baumstark,23 der

gleichfalls zur katholischen Kirche fand und gemeinsam mit Reinhold über sei-

ne Bekehrung schrieb,24 emigrierte schon in jungen Jahren in die USA und

wurde in St. Louis, Cincinnati, Universitätsprofessor am lutherischen Prediger-

seminar und nach seiner Konversion Zeitungsredakteur.25 Ein weiterer Oheim,

Eduard Baumstark, war Jurist und Kurator der Universität Greifswald sowie

Seine Memoiren hat sein Sohn – der Vater des hier Porträtierten – herausgegeben, s. R. BAUMSTARK (1876). Sie gehen ausführlich auf seine Rolle bei der badischen Schulreform ein, zeigen aber auch einen durchaus streitbaren Gelehrten. Zu seiner politischen Positionierung äußert sich Anton Baumstark (sen.) folgendermaßen, cf. ebd., 40: „Der Standpunkt des Wer-kes [= des von ihm herausgegebenen Staatslexikons; PB] ist der sogen. ,altliberale', dem ich stets huldigte, für den ich viel verfolgt wurde, und dem ich auch heute noch anhänge mitten in der Seekrankheit des Nationalliberalismus und seines wohlfeilen Salbaderns“. 19 Cf. A. BAUMSTARK (1931), 6; ROUSSEAU 156; WARD/ KOLLAMPARAMPIL 246. Entscheidend wa-ren ebenfalls die Kontakte zum Kloster Beuron und Abt Maurus Wolter, die Reinhold Baum-stark pflegte; er erwähnt auch die reichere liturgische Tradition des Katholizismus, cf. R. BAUMSTARK (1869), 7. Zuvor scheint er auch anderweitig auf religiöser Sinnsuche gewesen zu sein, cf. ebd., 4: „[...] eines Protestanten, der, als solcher geboren und erzogen, durch seine Lebensschicksale mit den allerverschiedensten religiösen Richtungen in nahe Berührung ge-kommen ist und jedenfalls das Bewußtsein religiösen Ernstes in sich trägt“.20 Cf. A. BAUMSTARK (1931), 6.21 Cf. (1883). Cf. auch UA Bonn, kl. Slg. 109 (Baumstark vom 21.X.1936).22 Dazu zählt auch die hier in elfter [!] Auflage erschienene Schrift R. BAUMSTARK (1869). Er verwendete die Pseudonyme Lukianos Dendrosthenes (als gräzisierte Form seines Na-mens), Klementine Beck [!] und Stabilis, cf. W. MÜLLER 669. Zur Bibliographie Reinhold Baumstarks, cf. ebd. Anton Baumstark deutet die Folgen der Konversion seines Vater so, cf. A. BAUMSTARK (1931), 6: „Denn Martyrium ist vieles gewesen an diesem Lebensschicksal“.23 Cf. W. MÜLLER 669. – Er hatte insgesamt fünf Brüder, cf. R. BAUMSTARK (1876), 45.24 Cf. die autobiographische Schrift R. BAUMSTARK/ H. BAUMSTARK.25 Cf. W. MÜLLER 669. Die Brüder heben in R. BAUMSTARK/ H. BAUMSTARK v hervor, daß sie von frühester Kindheit an getrennt aufwuchsen. Anton Baumstark erwähnt seinen Onkel in den frühen Testamenten (s. u.). Dieser ist 1876 gestorben, vier Wochen vor dem Großvater, cf. R. BAUMSTARK (1876), 47.

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Mitglied des Preußischen Herrenhauses und des Reichtstags.26 Im Kultur-

kampf arbeitete der Vater mit Franz Xaver Lender (1830–1913) zusammen,

der Antons Taufpate und späterer Arbeitgeber werden sollte (s. u.).27 Im Ge-

schichtsbild Reinhold Baumstarks, das nicht immer frei von antisemitischem

Gedankengut war,28 trug die Reformation die Hauptschuld an den Problemen

und der Zersplitterung der deutschen Nation;29 diese Ansicht muß im Hinblick

auf die spätestens seit 1848 virulente Frage eines deutschen Nationalstaats

und seiner konkreten Ausgestaltung gemäß der klein- bzw. großdeutschen Lö-

sung eingeordnet werden, wobei der Vater die ultramontane, an Rom orientier-

te und preußenkritische Position vertrat. Die Auseinandersetzung mit der Rolle

der katholischen Kirche in der deutschen Politik ebenso wie eine deutschnatio-

nale katholische Gesinnung werden Anton Baumstark sein Leben lang beglei-

ten;30 spätere Äußerungen bis hin zur Rechtfertigung seines Beitritts zur

NSDAP reflektieren das väterliche Erbe.

Anton Baumstark besuchte seit 1879 Schulen in Freiburg i. Br. (1879/1880 und

1884–1889), Achern (1880–1884) und Mannheim (1889/1890) und erwarb

1890 das Abitur.31 Sein äußeres Kennzeichen wurde der Vollbart, den er seit

seinem 17. Lebensjahr trug.32

26 Cf. A. BAUMSTARK (1931), 6.27 Cf. RÜCKER (1932a), 5; BERGER 1; GULDENFELS 96.28 Cf. R. BAUMSTARK (1869), 3, wo er das Cliché der jüdisch dominierten liberalistischen Pres-se wiedergibt: „Denn es versteht sich wohl von selbst, daß die von Juden geschriebene oder mit jüdischem Geld abgelohnte Tagesliteratur auf die Worte des Papstes Pius IX. [d. h. die Einladung zur Konversion; PB] keine andere Antwort haben kann, als Spott, Hohn und Schmähung“.29 Ebd., 9 sieht er die Reformation als „für unser deutsches Vaterland unzweifelhaft eine Quelle politischen Unglückes“ an, die letzten Endes revolutionäre Strömungen und Atheis-mus befördert habe und „dem Reiche des Satans“ (ebd., 12) zuzurechnen sei.30 So sieht sein Vater in ebd., 19 den großen Vorteil der päpstlichen Position darin, daß er von weltlicher Macht unabhängig sei. Cf. GULDENFELS 98; cf. auch SIEBLER 13: „Erzogen wur-de er [= Anton Baumstark; PB] im Geiste betont nationaler Haltung und streng kirchlicher Ge-sinnung“.31 Cf. LA NW 1049/53539 (Fragebogen Entnazifizierung vom 17.X.1946); LA NW 1039-B/9372 (Fragebogen Entnazifizierung vom 20.VII.1945).32 Cf. BERGER 3.

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2. Studium und akademische Qualifikationen (bis 1900)

Im Wintersemester 1890/1 schrieb sich Baumstark als Student der semiti-

schen und klassischen Philologie an der Universität Heidelberg ein,33 das

zweite Fach wählte er offenbar nach dem Vorbild seines Großvaters und auf

Anraten des Vaters, der befürchtete, daß Semitistik allein für seinen Sohn ein

berufliches Hindernis werden dürfte, da die schulische Laufbahn sonst wegfie-

le.34 Anton Baumstark studierte außer in Heidelberg (1890/1) in den Jahren

1891/2 auch in Freiburg im Breisgau und ab 1892 in Leipzig, ab 1894 dann

wieder in Freiburg.35 Bereits 1891 gewann er eine von der Philosophischen Fa-

kultät ausgeschriebene Preisfrage und bewies dadurch sein Talent.36 Seine er-

ste Publikation erfolgte 1893 in der Zeitung Münchner Neueste Nachrichten

und bestand aus einer Nachdichtung arabischer Poesie.37 Während seiner

Leipziger Studienzeit lernte er Engelbert Drerup (1871–1942) kennen,38 der

Jahrzehnte später klassischer Philologe und Rektor der Universität Nijmegen

werden sollte und Baumstark an seine Universität holte.39 Das Studium schloß

er mit der in lateinischer Sprache abgefaßten Dissertation Lucubrationes Syro-

Graecae im Jahr 1894 ab.40 Sie ist seinen Lehrern Otto Ribbeck (1827–1898)

und Albert Socin (1844–1899) gewidmet.41

Im Anschluß daran war Baumstark 1894/5 beim Militär, wurde von dort jedoch

bereits nach zwei Monaten entlassen.42 An die Universität Heidelberg zurück-

gekehrt, widmete er sich seiner Habilitation und besuchte in den Jahren 1896 33 Cf. UA Heidelberg, PA 1318 („Studien- und Sittenzeugniß“).34 Cf. BERGER 1; SIEBLER 13.35 Cf. LA NW 1049/53539 (Fragebogen Entnazifizierung vom 17.X.1946).36 Cf. LA BW, G.L.A. 235, Nr. 1766 (Engerer Senat der Univ. Heidelberg vom 14.III.1898).37 A. BAUMSTARK (1893). Um einen Eindruck von Baumstarks Übertragung zu vermitteln, seien hier die ersten zwei Strophen zitiert: „Wo die Fürsten und wo Alles,/ Was zusammen sie ge-bracht/ Und vereint an rothen Goldes/ Flüchtig eitler Erdenpracht;// Und an Lanzen, und an Speeren,/ Und an Schwertern gut und stark,/ Und an Kampfesrossen zierlich,/ Hoch gewach-sen und voll Mark!“. Es folgen dann Kostproben erotischer und religiöser Dichtung.38 Cf. KAUFHOLD (1989), 42. – Er war wie Baumstark Mitglied in der Görres-Gesellschaft, cf. ALLGEIER 11. 39 Drerup war auch bei der Berufung Baumstarks an die Universität Bonn beteiligt, cf. UA Freiburg C67/1078.40 Cf. A. BAUMSTARK (1894). Die Erlangung der Doktorwürde erfolgte am 27. August 1894, cf. UA Bonn, PF-PA 646. Den 3. März 1894 gibt BDC-Baumstark 2633 an.41 Cf. ebd., 353. Er ist der „Meister Ribbeck“, cf. R. BAUMSTARK/ KAUFHOLD 103. Er hatte die Bilder seiner beiden Lehrer auf seinem Schreibtisch stehen, cf. ebd.133.42 Cf. LA BW, G.L.A. 235, Nr. 1766 (Engerer Senat der Univ. Heidelberg vom 14.III.1898).

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und 1897 zweimal Rom, um dort in den Handschriften zu forschen.43 Er bezog

Wohnung im Campo Santo Teutonico und kam mit dessen Rektor Anton de

Waal (1836–1917) in Kontakt,44 der zu seinem Mentor werden sollte. In dieser

Zeit findet seine erste nachweisliche Beschäftigung mit orientalischen Liturgien

statt,45 da er einen Aufsatz über das westsyrische Kirchenjahr im Fachorgan

Römische Quartalsschrift im Jahrgang 1897 publizierte.46 Auf Vermittlung sei-

nes Lehrers Socin hin lernte Baumstark Ende 1896 Ignazio Guidi (1844–1935)

kennen.47 Seine Habilitationsarbeit über syrische und arabische Aristoteles-Bi-

ographien wurde 1898 angenommen;48 in der Antrittsvorlesung als Privatdo-

zent am 24. Juni 1898 referierte Baumstark über den Pessimismus in der grie-

chischen Lyrik; die Druckfassung des Vortrags ist Anton de Waal gewidmet.49

Neben der universitären Lehre schlug er die Schullaufbahn ein und wurde

Lehramtspraktikant in Karlsruhe und Heidelberg in den Jahren 1897–1899. 50

Unmittelbar nach seiner Habilitation kam es 1899 zu einem Skandal, der dazu

führte, daß Baumstark die Venia legendi entzogen wurde. Die Staatsanwalt-

43 Cf. LA BW, G.L.A. 235, Nr. 1766 (Engerer Senat der Univ. Heidelberg vom 14.III.1898): Ok-tober bis Dezember 1896 und Februar bis Juni 1897. 44 Das Ansuchen bei de Waal findet sich in ACST 15100 (Baumstark vom 28.IX.1896). Rein-hold Baumstark bedankt sich bei de Waal für die Aufnahme seines Sohnes, cf. ebd. (R. Baumstark vom 6.VII.1897); auch Anton Baumstark selbst tut dies, cf. ebd. (Baumstark vom 10.VII.1897).45 Cf. LA BW, G.L.A. 235, Nr. 1766 (Engerer Senat der Univ. Heidelberg vom 14.III.1898).46 Cf. ACST 15100 (Baumstark vom 10.VII.1897). Zur Gründung der RQ im Jahr 1887, cf. GATZ 70–76.47 Cf. A. BAUMSTARK (1935), 243. Das letzte Mal sah er Guidi 1929, als er mit seiner Frau Rom besuchte, cf. ebd.; LA NW 1049/53539 (Fragebogen Entnazifizierung vom 17.X.1946). 1935 nennt er ihn Lietzmann gegenüber seinen „väterlichen Freund“, cf. ALAND 827.48 Die Habilitation erfolgte für seine beiden Studienfächer, was unüblich war, cf. SIEBLER 13. Die Monographie hat er Erwin Rohde gewidmet, den er seinen „verehrten Lehrer“ nennt, cf. A. BAUMSTARK (1900) im Widmungsblatt; in (1898a) apostrophiert er Rohde als „der Unver-geßliche und Unvergleichliche“ (Rohde starb am 11. Januar 1898). Für die überarbeitete Druckfassung seiner Habilitationsarbeit gründete Baumstark eine eigene Reihe (Aristoteles bei den Syrern); es blieb allerdings bei dieser einen Nummer. Die Erstpublikation seiner Ha-bilitationsschrift erfolgte in (1898b). Aufgrund der Ereignisse und eigener Interessensver-schiebungen widmete sich Baumstark später nicht mehr dem Schnittfeld von klassischer Phi-lologie und Orientalistik.49 Die Einladung zur Antrittsvorlesung findet sich in UA Heidelberg, PA 1318. Cf. auch A. BAUMSTARK (1898a). In der Veröffentlichung wird Baumstark schon als Privatdozent in Heidel-berg geführt. Zum Datum der Antrittsvorlesung, cf. ebd., 5.50 Die Staatsprüfung absolvierte er bereits am 22.III.1895, cf. LA NW 1049/53539 (Fragebo-gen Entnazifizierung vom 17.X.1946).

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schaft ermittelte gegen den jungen Privatdozenten, die Untersuchungen wur-

den jedoch eingestellt. Da die Akten nicht mehr erhalten sind, kann man die

Vorwürfe nur aus der Presse,51 den Personalakten Baumstarks in Heidelberg

sowie aus späteren Stellungnahmen während des Nationalsozialismus er-

schließen (s. u.). Das Dekanat der Philosophischen Fakultät, das sich 1899/

1900 besonders intensiv gegen Anton Baumstark engagierte, spricht in den

Schriftstücken an den Engeren Senat der Universität und an das Justiz- und

Kultusministerium des Großherzogtums Baden von Verstößen gegen die sittli-

che Ordnung bzw. vom „unsittlichen, zum öffentlichen Ärgernis gereichenden

Lebenswandel“52 des Privatdozenten, der zwar nicht gerichtlich verfolgt wer-

den könne, aber dennoch dem Ruf der Universität Schaden zugefügt habe.53

Man muß berücksichtigen, daß die Presse über den Vorfall berichtet hat und

deswegen die inneruniversitären Kreise verlassen wurden. In seiner Apologie

gegenüber Adolf Eichmann wird Baumstark 35 Jahre später von einer „Ju-

gendsünde und Verirrung des Jugendalters sprechen“ und damit die Vorwürfe

des Verstoßes gegen den § 175 RStGB zugeben.54 Baumstark versuchte, sich

51 Der Pfälzer Bote berichtete am 30.IX.1899: „so verlautet als ein sicher verbürgtes Faktum, daß gegen den Lehrer am hiesigen Gymnasium und zugleich Privatdozent an der Universität Dr. Baumstark die Beschuldigung erhoben worden ist, wiederholt einem Bäckerburschen bei dessen Rundgange in der Morgenfrühe aufgelauert und ihm unzüchtige Handlungen ange-sonnen zu haben. Dr. Baumstark hat bereits, nachdem sein Benehmen Gegenstand der poli-zeilichen Untersuchung war, Heidelberg verlassen“. Dies wurde wörtlich aus der Frankfurter Zeitung vom Vortag (29.IX.1899, Abendblatt) übernommen, die also als erstes über die An-schuldigungen berichtet hatte.52 LA BW, G.L.A. 235, Nr. 1766 (Engerer Senat der Univ. Heidelberg vom 5.II.1900). Hier schreibt der Engere Senat vom Schreiben des Dekans Crusius ab, cf. UA Heidelberg, PA 1318 (Crusius vom 5.II.1900).53 Cf. auch der Dekan Crusius vom 26.X.1899: „Der Privatdozent Dr A. Baumstark soll sich, nach einer nicht widerrufenen Meldung hiesiger Blätter, eines Versuches unsittlicher Hand-lungen schlimmster Art schuldig gemacht haben und infolge dessen zur Einstellung seiner Lehrthätigkeit am Gymnasium veranlasst sein“ (LA BW, G.L.A. 235, Nr. 1766 (Engerer Senat der Univ. Heidelberg vom 14.III.1898)).54 BDC-Baumstark 2658: „Die schwere körperliche und geistige Inanspruchnahme meiner mit Arbeit überfüllten Ausbildungsjahre und der Doppeldienst am [sic] Gymnasium und Universi-tät ließen mein Nervensystem vollständig zusammenbrechen. In diesem Zustand habe ich mir eine sittliche Verfehlung zuschulden kommen lassen, die an – leider nur zu häufige – Verirrungen des männlichen Pubertätsalters anknüpfte. Die Sache, welche sehr wohl hätte können verborgen bleiben, wurde durch die Zentrumszeitung ,Pfälzer Bote' in die Öffentlich-keit gezogen und führte zu einer Voruntersuchung wegen Verfehlung gegen § 175 R.St.G.B., die indessen, da eine solche tatsächlich nicht vorlag, durch Entscheidung der Staatsanwalt-schaft vom 12. Februar 1900 eingestellt wurde. Immerhin wurde durch diese unglückliche

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der Verfolgung durch die Universität dadurch zu entziehen, daß er im Septem-

ber 1899 wieder nach Rom ging55 und sich für das Wintersemester 1899/1900

beurlauben ließ.56 Als Begründung gab er zum einen die schwache Gesundheit

und Überlastung durch die Lehre an der Universität und im Schuldienst an und

fügte dem Ansuchen ein ärztliches Attest bei;57 zum anderen ließ er sich für

weitere Forschungen an den römischen Handschriften von seinen Pflichten

entbinden. Die Fakultät stimmte beiden Beurlaubungsgesuchen zu und nutzte

die Zeit, um über den Engeren Senat den Beschluß bekräftigen zu lassen,

dem Privatdozenten die Venia legendi zu entziehen. Nachdem das Ministerium

im März 1900 dem Beschuldigten Anhörung gewährt hatte,58 stimmte es am

11. April dem Entschluß zu.59 Damit war Baumstark nicht mehr zur universitä-

ren Lehrtätigkeit zugelassen.

Weil Baumstark in Baden keine Zukunft mehr sah, entschied er sich dafür, den

Aufenthalt in Rom bis auf weiteres zu verlängern und dort dauerhaft zu leben.

Hinzu kamen noch andere Ereignisse, die auf den Einschnitt hinweisen, den

die Jahrhundertwende für ihn bedeutete: Nachdem bereits am 19. April 1898

seine Mutter gestorben war,60 verlor Baumstark weniger als zwei Jahre später,

am 29. Januar 1900, auch seinen Vater.61 Da für Anton Baumstark durch die

Entscheidung des badischen Kultusministeriums und durch den Tod beider El-

ternteile die Verbindungen zu seiner Heimat gekappt wurden, erscheint die

Emigration nach Italien verständlich.62 Die persönliche Unsicherheit kann dar-

an ersehen werden, daß er schon 1899 sein Testament verfertigt und dort sei-

Angelegenheit mein Lebensweg völlig abgebogen“. Cf. auch HEIBER 467. Hilfreich könnte ein Hinweis in BERGER 4 vorliegen, wonach Baumstarks Eltern ihn in der Jugend vom Umgang mit anderen Jungen fernhielten, was zu einer „Sehnsucht nach Freundschaft, die er dann in einigen kurzen Glücksfällen um so schwärmerischer erfüllte“, geführt habe. Sie kennt (ebd., 2) unveröffentlichte Memoiren Baumstarks aus dem Privatbesitz unter dem Titel Das Mario-nettentheater Gottes, deren „Erster Akt“ die Jahre 1872–1899 behandeln; ein kurzes Zitat aus diesen Aufzeichnungen wird bei R. BAUMSTARK (2013), 146 angeführt.55 Cf. ACST 15100 (Baumstark vom 29.IX.1899).56 Cf. UA Heidelberg, PA 1318 (Baumstark vom 15.X.1899). Sein Vater stellte sicherheitshal-ber ebenfalls den Antrag, cf. ebd. (R. Baumstark vom 18.X.1899). Beide Male wurden ge-sundheitliche Gründe geltend gemacht. Auch für das Sommersemester 1900 reicht Reinhold Baumstark den Folgeantrag ein, eines der letzten Schriftstücke vor seinem Tod, cf. ebd. (R. Baumstark vom 14.I.1900). Die Philosophische Fakultät befürwortet auch dieses Urlaubsge-such, cf. ebd. (vom 16.I.1900).57 Cf. UA Heidelberg, PA 1318 („Aerztliches Zeugniß“ vom 18.X.1899).

506

Anton Baumstark (1872–1948)

nen Vater als Universalerben eingesetzt hatte.63 Einige Jahre später sollte

Baumstark sein zweites Testament abfassen.64 Aus beiden geht hervor, daß er

schon lange mit dem Gedanken spielte, in den Dominikanerorden einzutre-

ten.65 Der Eintritt ins Kloster wurde spätestens 1909 durch seine Hochzeit hin-

fällig.

3. Die Jahre in Rom und im Nahen Osten (bis 1906)

Noch während der gegen ihn in Heidelberg erhobenen Vorwürfe ging Baum-

stark nach Rom. Aus dem Forschungsaufenthalt wurde ein dauerhafter neuer

Lebensmittelpunkt, dem er die für sein späteres wissenschaftliches Leben ent-

scheidenden Impulse verdankte. Wie schon 1896 und 1897 zog Baumstark ins

Campo Santo Teutonico neben dem Petersdom und lebte als Laie zu Gast im

Priesterkolleg.66 Nach dem Tod seines Vaters zehrte er finanziell vom Erbe,

hatte insgesamt aber wenig Geld zur Verfügung und versuchte, mit der Publi-

kation von Büchern seinen État aufzustocken.67 Den Verbleib seiner wenigen

Habseligkeiten regelte er für den Fall seines Todes in seinem zweiten Testa-

ment aus dem Jahr 1902, das aufgrund des Todes seines Vaters neu aufge-

setzt werden mußte.68 Die finanziellen Engpässe in Verbindung mit den per-

sönlichen Problemen wurden von Baumstark in seinem unter dem Pseudonym

58 LA BW, G.L.A. 235, Nr. 1766 (Badisches Kultusministerium vom 20.II.1900).59 LA BW, G.L.A. 235, Nr. 1766 (Badisches Kultusministerium vom 11.IV.1900) = UA Heidel-berg, PA 1318 (Badisches Kultusministerium vom 11.IV.1900).60 Cf. A. BAUMSTARK (1900) im Widmungsblatt. In A. BAUMSTARK (1931), 6 gibt er den 17.IV. als Todestag an.61 Cf. ebd. Auch seine beiden Lehrer Ribbeck und Socin waren 1898/9 gestorben.62 Er bedankt sich im Februar 1900 bei de Waal für das Requiem im Campo Santo und be-richtet vom Grab seiner Eltern in Kenzingen. Zu seiner Lage sagt er: „Damit sind alle Brük-ken hinter mir abgebrochen, die mich mit Kindheit und Jugend, viel reinem Glück, unsägli-cher Arbeitslast und tiefem Elend, verbinden“, cf. ACST 15100 (Baumstark vom 19.II.1900).63 Weitere namentlich genannte Erben sind sein Onkel Hermann Baumstark in den USA so-wie der Kirchengeschichtler Sebastian Merkle, den er während seiner Aufenthalte am Campo Santo kennengelernt hatte, sowie sein Schüler Wilhelm Schmidt. Das Testament ist erhalten geblieben in ACST 15100 (Baumstark vom 27.XI.1899).64 ACST 15100 („Letztwillige Verfügungen des Dr. A. Baumstark“ vom 14.I.1902).65 Cf. auch BERGER 1; KAUFHOLD (2001), 120.66 Cf. ebd., 124; GATZ 70. Die enge Verbundenheit zum Priesterkolleg zeigt sich beispielswei-se am Festgruß A. BAUMSTARK (1902).67 Cf. ACST 15100 (Baumstark vom 6.VIII.1902).68 Neu erwähnt werden Kaufmann und Merkle (s. u.). Sein Schüler Wilhelm Schmidt ist auch im zweiten Testament berücksichtigt.

507

Predrag Bukovec

Eremos verfaßten italienischen Tagebuchaufzeichnungen reflektiert. Dieses

1904 erschienene Buch beschreibt seinen langen Sommerurlaub, den er in

Anzio und den Albanerbergen verbrachte. Der Aufenthalt war als Kur gedacht

aufgrund von gesundheitlichen und psychischen Beschwerden („Nervosität“)69

und gewährt einen einmaligen Einblick in den Weltschmerz des jungen Baum-

stark.70 Nahezu leitmotivisch referenziert der klassische Philologe auf die Ge-

schichte des antiken und christlichen Rom und setzt sie mit seiner eigenen

Weltflucht in Relation. Romantisierende und nicht selten schwülstige Naturbe-

schreibungen und Charakterzeichnungen eröffnen dem Leser einen Zugang

zum Innenleben des Eremos, der von den Kindern auf dem Land als „profes-

sore tedesco“ bezeichnet wird.71 Der Wunsch, der Welt durch den Eintritt in

den Dominikanerorden zu entsagen, bildet den Schluß der Tagebuchaufzeich-

nungen.72 Baumstark entwickelte großes Mitgefühl für die finanziell schwierige

Situation seiner Gastgeber und führt sie in seinem zweiten Testament als Er-

69 Cf. EREMOS 18 f. Daß hinter dem Pseudonym Baumstark steckt, wurde leicht erkannt, cf. ULB Münster I,55 (Casel vom Karfreitag 1919). Die Identität geht auch aus einem Sonett hervor, das Baumstark unter diesem Pseudonym am 20.XII.1903 für den Campo Santo ver-faßt hatte, cf. ACST Bibl. O a 702. In LA NW 1039-B/9372 (Fragebogen Entnazifizierung vom 20.VII.1945) gibt er die Identität zu.70 Cf. z. B. EREMOS 89: „Leidenschaftlich sehnt sich mein Herz nach dem Tode, nach dem Nichtsein mehr als nach dem Tode, und das müde umgarnt aufs neue der trügerisch, [sic] schöne Schein des Lebens, und es verfällt seiner Lockung und verlangt nach Liebe, nach Glück“.71 In seinen Tagebuchaufzeichnungen äußert Baumstark auch deutschnationale Töne, le-senswert ist z. B. die Auseinandersetzung zwischen dem „deutschen Professor“ und seinen italienischen Gastgebern, bei denen er sehr empfindlich reagiert. Seine historische Perspek-tive wird in ebd., 115 deutlich: „[...] schritten hier auf einsamen Gräberfeldern noch fremd und unbekannt, wortlos und sonder Gruss die beiden Gewalten an einander vorüber, die zur Schöpfung einer neuen Welt berufen waren, der Glaube an den gekreuzigten Nazarener und die ungeknickte Volkskraft des germanischen Nordens“. Etwas präzisierend dann in A. BAUM-STARK (1925/6), 179: „Dabei ist ,Germanentum' selbstverständlich nicht mit ungebührlicher Verengung im Sinne von Deutschtum zu verstehen. Durch das Germanische in ihrer ganzen Wesensart mitbedingt, sind ja auch die romanischen Völker West- und Südeuropas aus den Stürmen der Völkerwanderung hervorgegangen“.72 Cf. EREMOS 235: „[...] dass ich im Begriffe stehe, es im wehen Herzen zu Asche zu verbren-nen, ein Flammenopfer dem Einen, in welchem die Menschenherzen Friede finden, dass ich beschlossen habe, die Welt zu verlassen, ihre Pracht und Lust mit einer stillen Zelle und mit dem lieben, weissen Kleide des heiligen Vaters Dominikus zu vertauschen“. Baumstark be-sucht dann aber die Camaldulenser in Camaldoli und unterzieht sich Exerzitien (ebd., 241.263).

508

Anton Baumstark (1872–1948)

ben an. Der kranken Tochter stellt er die Refinanzierung des Grabes in Aus-

sicht.73

Auf der anderen Seite war Baumstarks italienische Zeit im Rückblick sehr

wichtig für seine wissenschaftliche Entwicklung: Den Plan, eine griechische Li-

teraturgeschichte zu verfassen, ließ er endgültig fallen74 und konzentrierte sich

von nun an fast ausschließlich auf den Christlichen Orient und die antike Litur-

giegeschichte; schon 1903 entwickelte Baumstark einige Grundpfeiler der Ver-

gleichenden Liturgiewissenschaft und spricht beispielsweise von „Gesetzen“.75

Entscheidend für die Wende war der Austausch mit den Kollegen im Campo

Santo, das Haus nimmt damit für die Geschichte des Christlichen Orients eine

zentrale Stellung ein. Baumstark lernte seit seinem ersten Besuch junge Aka-

demiker kennen, die sich in benachbarten Disziplinen bewegten und ihn selbst

dauerhaft beeinflußten. Neben dem Kirchengeschichtler Sebastian Merkle

(1862–1945),76 Joseph Sauer (1872–1949)77 und dem Christlichen Archäolo-

gen Karl Maria Kaufmann (1872–1951)78 ist vor allem der Kunsthistoriker Josef

Strzygowski (1862–1941) zu nennen, der die spätantike und mittelalterliche

Kunst Europas auf orientalische Einflüsse zurückzuführen versuchte.79 Im An-

schluß an Strzygowskis Theorie engagierte sich nun auch Baumstark für die

christlich-orientalische Kunstgeschichte und veröffentlichte in seinem Werk

zahlreiche Aufsätze, vorrangig zu Handschriftenminiaturen (s. u.).80 Die jungen

73 Dieser Lisa ist EREMOS gewidmet.74 Cf. ACST 15100 (Baumstark vom 7.VIII.1902).75 Cf. A. BAUMSTARK (1903), 221.76 Cf. ACST 15100 (Baumstark vom 10.VII.1897). Er war Kaplan im Campo Santo, von 1898 bis 1933 dann Professor für Kirchengeschichte in Würzburg, cf. KAUFHOLD (2001), 128 f.77 Sauer war ebenfalls Mitglied in der Görres-Gesellschaft, cf. ALLGEIER 12; MORSEY (2002), 31 f.243.78 Cf. A. BAUMSTARK (1937), 9–11. Er genoß wie Baumstark das Protektorat de Waals, cf. KAUFMANN 36. GATZ 96 nennt de Waal einen „Wissenschaftsorganisator“. Kaufmann scheint nicht immer ein einfacher Charakter gewesen zu sein, jedenfalls äußert sich Joseph Sauer aus Anlaß der Bereinigung eines Streits zwischen Baumstark und Kaufmann im Jahr 1931 so: „Im übrigen wissen Sie so gut wie ich, wie unberechenbar und bis zu einem gewissen Grade darum auch unzurechnungsfähig unser Carl Maria war“, cf. ULB Münster V,95 (Sauer vom 27.VIII.1931).79 Cf. A. BAUMSTARK (1937), 13 f.; KUNZE 171; GRAF 2; FEULNER (2011), 159; WEST (2011), 9. Strzygowski wird von Baumstark als „der Meister“ bezeichnet, cf. A. BAUMSTARK (1906b), 137. Insgesamt ist dieser Aufsatz heranzuziehen, wenn man Baumstarks Wertschätzung für den Kunsthistoriker kennenlernen möchte.80 Seine Verehrung für Strzygowski tat Baumstark 1911 kund, als er einen eigenen Aufsatz

509

Predrag Bukovec

Pioniere im Campo Santo schlossen Freundschaft miteinander und bildeten

eine Clique,81 die gemeinsame Ausflüge in die Umgebung Roms unternahm

und dabei im wissenschaftlichen Eifer auch die Legalität zu verlassen wußte:

So entdeckten sie an der Via del Prato einen bislang unbekannten Katakom-

bentrakt und gingen hinein,82 ohne die staatlichen Behörden darüber in Kennt-

nis zu setzen. Dies verstieß gegen die Lex Pacca zum Schutz der italienischen

Kulturgüter und hatte zur Folge, daß Baumstark verhaftet und ins Gefängnis

gebracht wurde.83 Nach der Freilassung wurde ihm vom Rektor des Campo

Santo, Anton de Waal, ans Herz gelegt, das Priesterkolleg zu verlassen;84 dies

ist aber nicht als Bruch mit seinem wichtigsten Mentor zu verstehen, sondern

geschah einvernehmlich, zumal de Waal für die Orientreise Baumstarks finan-

zielle Unterstützung gewährte.85

Die wichtigste Förderung, die de Waal ihm angedeihen ließ, war jedoch die

Gründung einer eigenen Zeitschrift. Nachdem er bereits für Publikationen zur

orientalischen Liturgiegeschichte für die Römische Quartalschrift gewonnen

werden konnte, kam die Überlegung auf, ein bis dahin nicht geschlossenes

Desiderat in der deutschsprachigen Forschung zu füllen und ein Periodikum

über ihn schrieb: (1911). 1912 kam es zu einem Streit an einem Nebenschauplatz: Johannes Reil, der sich in Berlin für das Extraordinariat für Christliche Archäologie und kirchliche Kunst bewarb, wurde nicht berufen, weil er sich mit Baumstark verstritten und Bilder aus einem sy-rischen Evangeliar aus Baumstarks Material herausgegeben hatte, ohne diesen vorher um Erlaubnis gefragt zu haben, cf. KARPP 59–61.81 Davon weiß auch KAUFMANN 38 f. in seinen Erinnerungen zu berichten. Er erwähnt außer den soeben genannten Personen auch Gustav Piffl und Emmerich Herzig. Baumstarks Spitz-name in der Clique war „Sor Antonio“, cf. ebd. Die Stimmung beschreibt er wie folgt (ebd., 40): „Man lagerte, jungen Göttern gleich, unter der Laube Rebengewinden, wissensdurstig, aufgeschlossen für alles Wahre, Schöne und Gute und niemals abgeneigt dem von freundli-cher Hand um wenige Soldi kredenzten Purpursaft“.82 Cf. EREMOS 104 f., ausführlicher in KAUFMANN 45 f. Eine andere zusammen mit Baumstark entdeckte Katakombe an der Vigna Serafini (dem Coemeterium der hll. Felix und Adauctus) wird gleichsam wie eine Abenteuerreise in ebd., 49–56 beschrieben.83 Cf. BDC-Baumstark 2756 („Bericht über die in der Angelegenheit Baumstark in Holland zu-sammen mit Pg. Franke und in Begleitung des Rektors der Universität getroffenen Feststel-lungen am 9.8.1934“) wird eine andere Version für Baumstarks Gefängnisaufenthalt geschil-dert: „Am Abend vorher sei jedoch B[aumstark], nachdem er dem italienischen Wein etwas zu reichlich zugesprochen habe, durch unüberlegte Äusserungen in Krach mit Italienern über politische Meinungsverschiedenheiten gekommen, die zu seiner Festnahme geführt hätten“. Briefe aus den Carceri di Regina Coeli in italienischer Sprache finden sich in ACST 15100 (Baumstark vom 1.V.1903 und 5.V.1903).84 Cf. ebd. (Baumstark vom 23.IX.1903).85 Cf. ebd. (Baumstark vom 2.XI.1904).

510

Anton Baumstark (1872–1948)

herauszugeben, das sich ausschließlich dem Christlichen Orient widmen soll-

te.86 1901 wurde der Oriens Christianus in das Programm des Verlagshauses

Harrassowitz aufgenommen.87 Demzufolge sollte sich der OC in voller Breite

den christlich-orientalischen Studien widmen und ebenfalls byzantinistische

und slavistische Beiträge aufnehmen – ein Ansinnen, das Baumstark schon

sehr früh in den Hintergrund treten ließ, aber als Zielbestimmung 1901 erwo-

gen hatte und als ein Plädoyer für einen radikal interdisziplinären Christlichen

Orient verstanden werden kann, der sich selbst in Zusammenarbeit mit den

Nachbarwissenschaften definiert.88 Der OC wurde in den ersten Jahren vom

Priesterkollegium des Campo Santo herausgegeben mit Anton Baumstark als

Redaktionsleiter; seit 1902 wurde die Zeitschrift von der Görres-Gesellschaft

finanziell unterstützt.89

Das Vorhaben einer längeren Orient-Reise warf die Frage auf, wie der OC

weiter am Leben erhalten werden könne. Auf Vorschlag Baumstarks hin wurde

der junge Orientalist und katholische Priester Franz Cöln (1873–1949) als

Nachfolger eingesetzt.90 Vom Hafen in Neapel fuhr Baumstark am 16. Novem-

ber 1904 in den Nahen Osten ab91 und hielt sich hauptsächlich in Palästina auf

(mehrheitlich in Jerusalem), besuchte aber auch die Handschriftenbestände in

Damaskus und in Kairo.92 Er trat in Kontakt mit den französischen Dominika-

86 Cf. GATZ 104. Baumstark erinnert sich an die Initiative de Waals, cf. A. BAUMSTARK (1916), 316: „Eines Morgens zu Anfang des Jahres 1901 ließ er den Unterzeichneten, der sich, ob-gleich Laie, einer dauernden Gastfreundschaft des Campo Santo erfreute, in sein anspruchs-loses Studierzimmerchen bitten, um ihm die Schriftleitung einer neuen auch für diesen Zweig der Beschäftigung mit christlicher Vergangenheit vom Priesterkollegium herauszugebenden Zeitschrift anzubieten“.87 Der OC wird als international und interkonfessionell angekündigt. Unter den Mitarbeitern finden sich Bruno Albers aus Maria Laach, Heinrich Goussen, Ignazio Guidi, Carl M. Kauf-mann, Eduard Sachau, Josef Strzygowski und Anton de Waal. – Der Vertrag ist in italieni-scher Sprache zugänglich in ULB Münster, IV,112.88 So auch HAMMERSCHMIDT 1.89 Es wurde zunächst eine Bezuschussung von 1200 RM gewährt, die 1906 verlängert wurde, cf. SPAEL 31 f. Zur Zusammenarbeit des Campo Santo mit der Görres-Gesellschaft, cf. GATZ 68 f.76–78. – Baumstark wurde erst 1910 Mitglied der Görres-Gesellschaft, der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft trat er hingegen bereits 1898 bei, cf. LA NW 1039-B/9372 (Fragebogen Entnazifizierung vom 20.VII.1945).90 Der Vertrag mit Cöln findet sich in ULB Münster, IV,113. Cf. schon ACST 15100 (Baum-stark vom 23.IX.1903).91 Cf. ebd. (Baumstark vom 22.X.1904).92 Cf. A. BAUMSTARK (1906b), 125 f.

511

Predrag Bukovec

nern in Jerusalem93 und konsultierte das griechisch-orthodoxe Patriarchat

ebenso wie die Armenier und Syrisch-Orthodoxen.94 Die Arbeitsschwerpunkte

seines Forschungsaufenthalts stellten neben kunstgeschichtlichen und christ-

lich-archäologischen Studien in erster Linie die Werkbestände und die Illustra-

tionen der Manuskripte dar; für seine nach dem Ersten Weltkrieg fertiggestellte

Geschichte der syrischen Literatur holte sich Baumstark die wichtigsten Infor-

mationen und konnte damit ein bis heute nicht überholtes Referenzwerk erstel-

len.95 Die Ausbeute seines knapp einjährigen Aufenthaltes präsentierte er in

den Folgejahren der akademischen Öffentlichkeit.96 Seine Rückreise trat er am

14. August 1905 an und kehrte nach Baden heim.97

4. Die Jahre in Sasbach (bis 1921)

Er nahm eine Stelle als Lehrer an der Lenderschen Lehranstalt in Sasbach

an,98 die von seinem Taufpaten und dem Freund seines verstorbenen Vaters,

Franz Xaver Lender, im Jahr 1875 gegründet wurde.99 Da Baumstark seinen

Lebensunterhalt durch umfangreiche Lehrverpflichtungen an dieser Privat-

schule bestritt,100 mußte er seine wissenschaftlichen Ambitionen zurückstek-

93 Cf. (1906a), V.94 Cf. (1906b), 177.181.95 Cf. (1922), V.96 Cf. (1906a); (1906b); (1915).97 Der ausführliche Bericht der Orientreise findet sich in ACST 15100 (Baumstark vom 19.XI. 1905).98 Sie wurde während des Kulturkampfes in Baden gegründet, um dem Priesternachwuchs zu gewährleisten. Es handelte sich dabei um ein Realgymnasium mit Internat, cf. GULDEN-FELS. Ursprünglich hätte Baumstark nur einen kranken Lehrer vertreten sollen, cf. SIEBLER 14.99 Cf. KAUFHOLD (1989), 3. – Von seinem ehemaligen Lehrer weiß Toni Merz viel später zu be-richten, daß man Baumstark als einen „bewußte[n] Einzelnen“ wahrnahm, cf. MERZ 42. Von einer Anekdote berichtet BERGER 1: „Er habe damals, so sagt er, mit großer Gewissenhaftig-keit viele Einzelnoten für die verschiedensten Teilgebiete seines Unterrichtsfachs verzeich-net, um nach mathematischen Regeln gerecht werten zu können und die Gefahr seiner so leicht entflammbaren persönlichen Sympathien auszugleichen – und schließlich sei ihm doch so oft nichts anderes übrig geblieben, ,als ein wenig Korrigieren des Schicksals zu spielen'“. Erwähnenswert scheint sein regelmäßiger Kommunionempfang gewesen zu sein, cf. MUK-KERMANN 342; HEIBER 466. Insgesamt war Baumstark ein „Lehrer von stärkster Ausstrahlung“, cf. GULDENFELS 96. Er schrieb wöchentliche Klassenarbeiten, cf. ebd., 105.100 Cf. BISCH Sauer (Baumstark vom 21.V.1906): Baumstark unterrichtete wöchentlich acht Stunden Latein, zwei Stunden Deutsch, drei Stunden Französisch, vier Stunden Griechisch und zwei Stunden Hebräisch. Über Arbeitsüberlastung klagt Baumstark des öfteren, cf. ARIGG I,2, Korrespondenz J. P. Kirsch (Baumstark vom 30. November 1907); GULDENFELS 107 f.

512

Anton Baumstark (1872–1948)

ken,101 zumal er keine Aussicht auf einen Universitätslehrstuhl mehr hatte.

Trotz mehrfacher Versuche, wieder ins akademische Arbeitsumfeld einzustei-

gen (s. u.), blieb er für die nächsten 15 Jahre Lehrer. Die Aufarbeitung seiner

Recherchen im Nahen Osten, die Leitung des OC und die weiteren For-

schungsinteressen konnten nicht auf Kosten des Schulunterrichts durchgeführt

werden, so daß sich Baumstark über lange Zeit gezwungen sah, in der Nacht

zu arbeiten und zeitweise nur drei Stunden Schlaf zu haben.102 Baumstark

fühlte sich an der Lehranstalt so lange abgesichert, wie Prälat Lender selbst

noch die Schule führte; für den Fall seines Todes bereiteten ihm seine Zu-

kunftsaussichten schwerwiegende Befürchtungen.103

Deswegen unternahm Baumstark in den ersten Jahren zwei Vorstöße, um an

eine wissenschaftliche Forschungsstelle zu gelangen: 1906/7 versuchte er in

der Hoffnung auf Unterstützung durch Adolf von Harnack (1851–1930) ein vom

Deutschen Reich finanziertes Institut für christlich-orientalische Studien in

Athen aufzubauen.104 In seinem Exposé begründet er die Notwendigkeit einer

solchen Einrichtung mit der Konkurrenzsituation mit den anderen europäi-

schen Nationalstaaten, die sich s. E. stärker für die archäologische und philo-

logische Erforschung der verschiedenen orientalistischen Zweige einsetzen.105

101 Er besuchte aber trotzdem Tagungen: die 27. Generalversammlung der Görres-Gesell-schaft 1907 in Paderborn, cf. MORSEY (1990), 163; die 32. Generalversammlung in Freiburg i. Br., cf. ebd., 165; die 33. Generalversammlung in Aschaffenburg, cf. ebd. – Aus dieser Zeit (ca. 1910) stammt der jetzt aus dem Nachlaß veröffentlichte Aufsatz A. BAUMSTARK (2013); die letzte Seite des Manuskripts ist verlorengegangen. In künftigen Bibliographien wäre die-ses Werk nachzutragen.102 Cf. A. BAUMSTARK (1921), VII; (1922), V. Auch in einem Brief an Lietzmann vom 10. Juni 1918 beklagt er sich über die Arbeitsumstände, cf. ALAND 399 f. Verschlimmert wurde die Si-tuation während des Ersten Weltkrieges, als noch das Heizen im Winter unmöglich wurde, cf. ebd. – Aus diesen Sasbacher Jahren stammen auch die bisher nicht bibliographisch erfaßten Artikel A. BAUMSTARK (1907); (1910).103 Cf. ARIGG I,2: Korrespondenz J. P. Kirsch (Baumstark vom 30.XII.1907): „Denn wie ich mich hier gar finden sollte, sobald Herr Praelat Lender die Augen schliesst, das weiss der All-wissende!“ Lender starb am 29. Juli 1913. Zuvor hatte er die Lendersche Lehranstalt GmbH gegründet, damit die Trägerschaft der Schule nach seinem Tod gesichert wäre, cf. GULDEN-FELS 114 f.104 Cf. BISCH Sauer (Baumstark vom 19.I.1906).105 Das Exposé findet sich in BISCH Sauer unter dem Titel Motive zur Schaffung einer Sekre-tärstelle für Kunde des christlichen Orients am kaiserl. Archäologischen Institut zu Athen. Dies betont er nochmals in A. BAUMSTARK (1918), 146. Gerade der deutschen Wissenschaft traut er „eine völkerversöhnende und völkerverbindende Kraft“ zu, cf. (1919), 898; (1937), 22.24.

513

Predrag Bukovec

Der Ruf der deutschen Orientalistik würde durch diese Stelle verbessert wer-

den und wieder Weltrang erreichen. Athen als Standort wird auch mit dem

griechischen König Georg I. (reg. 1863–1913) aus deutsch-dänischem Adels-

geschlecht zu tun gehabt haben und dürfte als Zwischenstation zwischen dem

Nahen Osten und Berlin gelten. Der Antrag verlief im Sande.106

Eine ähnliche Situation ergab sich zwischen 1907 und 1909, als das Jerusale-

mer Institut der Görres-Gesellschaft gegründet wurde und sich Baumstark auf

die vakante Stelle bewarb.107 Baumstark erhielt auch diese Stellung nicht und

blieb folglich bis 1921 in Sasbach.108

Er holte sich den OC von Franz Cöln wieder zurück, mit dem er seit 1905 in

permanenten Spannungen stand und sich von ihm betrogen fühlte; d. h. Cöln

zeichnete allein für die Bände 6–8 der ersten Folge verantwortlich. Hinter dem

Streit stand auch der Gedanke Baumstarks, daß die Zeitschrift sein Lebens-

werk sei, welches Cöln ihm streitig machen wolle; zudem mißtraute er der

Kompetenz seines Nachfolgers.109 Da Cöln 1907 anderweitig benötigt wur-

de,110 gelang es Baumstark durch Vermittlung de Waals, den OC wieder eigen-

verantwortlich herauszugeben. Bis zu seinem Tod blieb Baumstark der Her-

ausgeber; in der Görres-Gesellschaft wurde 1926 beschlossen, daß neben

dem Chefredakteur Baumstark als neue Redakteure des Oriens Christianus

noch Adolf Rücker (1880–1948) und Georg Graf (1875–1955) verantwortlich

sein sollten.111 1911 ging die Zeitschrift in die Verantwortung der Görres-Ge-

106 Baumstark vermutete, daß sich A. von Harnack von ihm abgewandt hätte, cf. BISCH Sau-er (Baumstark vom 29.III.1906).107 Große Hoffnungen hegte er nicht, cf. ARIGG I,2, Korrespondenz J. P. Kirsch (Baumstark vom 30.XII.1907). Guidi schrieb für ihn eine Empfehlung, cf. ULB Münster II,118 (vom 18.IX. 1908).108 Cf. SPAEL 64. Von 1912 bis 1914 sowie im Jahr 1926 war Rücker Stipendiat am Jerusale-mer Institut, cf. GRAF 3. Karl M. Kaufmann setzte sich für Baumstark ein, konnte aber die Ent-scheidung der Görres-Gesellschaft nicht weiter beeinflussen, cf. HEID 138.109 Der Streit ist partiell dokumentiert in der Korrespondenz zwischen den beiden, cf. ULB Münster I,76 (Cöln vom 12.XII.1905); 1,77 (Cöln vom 2.X.1907); 1,78 (Cöln vom 30.XI.1907). Cöln reagierte meistens defensiv auf die Anschuldigungen Baumstarks, der ihm auch mit ei-nem Gerichtsverfahren drohte. Die Schuld an der zerrütteten Beziehung gibt er Baumstark.110 Cf. GATZ 104427 und ULB Münster, VI, 92 (de Waal vom 14.VI.1908).111 Cf. SPAEL 44. Zur Person Grafs, cf. KAUFHOLD (1989), 10 f. Baumstark nahm an der 39. Ge-neralversammlung der Görres-Gesellschaft 1925 in Trier teil, cf. MORSEY (1990), 167; ebenso an der 40. Generalversammlung im Folgejahr in Koblenz, cf. ebd.; und an der 43. General-versammlung 1929 in Breslau, cf. ebd., 168.

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Anton Baumstark (1872–1948)

sellschaft über, da Anton de Waal im fortgeschrittenen Alter die Schirmherr-

schaft des Campo Santo nicht mehr für ratsam gehalten hatte.112 Baumstark,

der selbst Mitglied war, konnte die Interessen der Zeitschrift bis zuletzt geltend

machen.

Die Suche nach einem beruflichen Aufstieg ergab sich für Baumstark nicht nur

aus dem Wunsch der Rückkehr in die Wissenschaft: Sein Privatleben änderte

sich 1909, als er in Herzogenweiler die fast zwanzig Jahre jüngere Evangelin

Frieda Anna Tröndle (1891–1979) heiratete.113 Aus der Ehe sollte eine stattli-

che Anzahl von Kindern hervorgehen, für deren Unterhalt gesorgt werden

mußte und nach Baumstarks eigenen Aussagen große Mühe bereitete: Insge-

samt 14 Kinder brachte seine Frau im Lauf ihres Lebens zur Welt, von denen

jedoch leider einige bereits früh verstarben und andere im Zweiten Weltkrieg

an der Front fielen (s. u.).114 Doch auch der Erste Weltkrieg stellte für Baum-

stark, wie für viele Deutsche, ein traumatisches Ereignis dar,115 das als eine

Wurzel für seine politische Positionierung in bezug auf die anschließende jün-

gere deutsche Geschichte gelten kann.116 Baumstarks Lieblingsschüler ebenso

112 Anton de Waal starb am 24. Februar 1917. Baumstark veröffentlichte in A. BAUMSTARK (1916) einen Nachruf.113 In BDC-Baumstark 2633: Frida Tröndle, Trauung am 15.IV.1909. Cf. HEIBER 467; SPIES (1967), 669. MERZ 43 konnte die große Liebe zu seiner Braut miterleben. Seine Frau half ihm auch bei der wissenschaftlichen Arbeit und erstellte beispielsweise Register, cf. A. BAUMSTARK (1915), IX. Auch Schüler der Lehranstalt standen ihm zur Seite, cf. (1921), VIII; (1922), VIII. 114 Er verlor zwei Söhne und einen Schwiegersohn, cf. BERGER 4. Zur Zeit der Abfassung des ebengenannten Aufsatzes (d. h. 1954) waren zwei weitere Söhne noch vermißt. Die Namen der Kinder sind bzw. waren: Theodor (*12.XI.1911), Perpetua (*5.X.1912), Felicitas/ Felizitas (*15.IV.1914), Paul (*6.III.1915), Albert (*13.XII.1916), Gebhard (*13.XII.1918), Hedwig (*23. X.1919), Reinhold (*5.I.1921), Hildegard (*22.XII.1922), Anton (*3.VIII.1924), Hermann (*5.II. 1926), Fritz (*3.VIII.1927), Heinz (*3.VIII.1927) und Annemarie (*26.VII.1930), so laut der To-desanzeige in UA Münster, Best. 5, Nr. 520 (Todesanzeige vom 31.V.1948) und BDC-Baum-stark 2633. Ein Beileidsbrief stammt von Engelbert Drerup, cf. ULB Münster I,147 (Drerup vom 17.V.1915).115 Baumstark nahm aus gesundheitlichen Gründen nicht selbst am Krieg teil, cf. Baumstark vom 5.V.1946 (Privatbesitz Annegret Wolf), 6.116 Im Zusammenhang seiner Reflexion über die Lage der christlichen Orientalen nach dem Ersten Weltkrieg gibt Baumstark auch Einblick in seine Auffassungen zur Nahostpolitik: So kritisiert er in A. BAUMSTARK (1918), 148 f.151 die paternalistischen Aktivitäten der russisch-or-thodoxen Kirche im Zarenreich und kommt – verfrüht – zu einer positiven und schadenfrohen Evaluation des Umsturzes in Rußland, cf. ebd., 150: „Das neue demokratische Rußland […] hat begonnen, im eigenen Hause dem Katholizismus Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, ihm Luft und Licht zu gewähren“. Auch für die Autonomie der georgischen Kirche seien die Vorgänge zu befürworten, cf. ebd., 151. Einige Jahre später spricht er sich gegen die ortho-

515

Predrag Bukovec

wie sein Schwiegervater, denen er später ein Buch widmen sollte,117 fielen im

Krieg selbst oder starben an den Folgen. Baumstark selbst nahm eine

deutschnationale und gegenüber dem Weimarer Staat distanzierte Position

ein, die letzten Endes auf den väterlichen Einfluß zurückgeht (s. o.), während

des Ersten Weltkrieges aber verstärkt wurde. In einigen Veröffentlichungen

aus der unmittelbaren Nachkriegszeit rezipiert er das Verständnis des Ersten

Weltkriegs als Demütigung Deutschlands und Versailles' als „Schanddiktat“.118

Nach dem Krieg kam Baumstark mit der Liturgischen Bewegung in Berührung

und dort vor allem mit den Aktivitäten des 1892 neu gestifteten Klosters Maria

Laach.119 Er pflegte mit Kunibert Mohlberg (1878–1963),120 Odo Casel (1886–

1948), Ildefons Herwegen (1874–1946) und Odilo Heiming Kontakte und hielt

sich zwischen 1918 und 1920 einige Male im Kloster auf, um dort zu forschen

und seine Geschichte der syrischen Literatur fertigzustellen.121 Seine innere

Nähe zum Kloster kann auch daran ersehen werden, daß Baumstark in den

doxe Kirchenverfassung autokephaler Glieder aus und sieht, seinen Vater rezipierend, Ge-fahren, cf. (1925/6), 182: „Wird […] der Weg nach Rom nicht gefunden, so unterliegt es im-mer mehr dem sein innerstes geschichtliches Wesen zersetzenden Einfluß des liberalen Pro-testantismus, der durch das Studium zahlreicher orthodoxer und armenischer junger Theolo-gen an evangelisch-theologischen Fakultäten Deutschlands angebahnt wurde“. Dafür müßte sich auch die katholische Kirche wieder dem Erbe der Patristik öffnen, cf. ebd.: „Vielleicht darf man aber doch auch umgekehrt vor einer Verengung katholischen Wesens warnen, bei der kein Raum mehr für ein Verständnis des religiösen Ethos der morgenländischen Ortho-doxie bliebe, auch wo dieses legitime Erbgut des gleichmäßig hinter dem heutigen Ost und West liegenden Altertums ist“.117 Die Studie (1915) wurde Eduard Stetter gewidmet: „Dem Andenken des ersten meiner im Kampfe für das Vaterland gefallenen ehemaligen Sasbacher Schüler Eduard Stetter aus Mannheim“. Dieser starb „für den Heldentod auf dem Felde der Ehre“ (ebd., IX). Baumstark pflegte zu ihm ein freundschaftliches Verhältnis und trauerte sehr über seinen Tod, zumal Stetter kriegsbegeistert war und sich freiwillig als Soldat gemeldet hatte. – Joseph Tröndle ist (1922) gewidmet. Er starb im Ersten Weltkrieg in Murayewow.118 Cf. (1919), 897: „Der große Krieg hat mit der großen Katastrophe des alten Deutschland geendet. Von allem, was dessen Stolz bildete, hat fast nur die deutsche Wissenschaft unge-brochen den furchtbaren Zusammensturz überdauert“. Im Parallelaufsatz (1920), 132 spricht er vom „tragische[n] Augenblick eines unerhörten Zusammenbruches deutscher Macht und Weltgeltung“. Der Erste Weltkrieg sei der „Heldenkampf unseres Volkes“ gewesen, cf. (1921), VII. Cf. (1928a), 49: „Unerbittlich waren die Diktate der siegreichen Feinde“. Das Er-gebnis des Ersten Weltkrieges sei eine „nationale Katastrophe“, cf. (1921), VIII, und das „Un-glück Deutschlands“, cf. ebd., IX. In (1927), 357 spricht er von der „Katastrophe von 1918“.119 Cf. (1921), VII; (1922), VII f. Er hielt im September 1921 in Maria Laach auch zwei Vorträ-ge zur Geschichte des römischen Ritus, cf. (1923), vii. Cf. auch WINKLER/ MESSNER 232.120 Ihn bezeichnet er in (1921), VIII zusammen mit Adolf Rücker als „meine lieben Freunde“.121 (1922). Auch (1921) stellte er in Maria Laach fertig, cf. ebd., VII.

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Anton Baumstark (1872–1948)

dritten Orden der Benediktiner eintrat und Oblate wurde,122 damit zugleich sei-

nen lang gehegten Wunsch nach dem Eintritt in eine Ordensgemeinschaft trotz

seiner Ehe teilweise verwirklichen konnte. Seine eigenen Arbeiten zur westli-

chen Liturgiegeschichte dürften auf den Einfluß der Benediktiner in Maria

Laach zurückzuführen sein, auch wenn er gegenüber Mohlberg zu divergie-

renden Ergebnissen kommen sollte.123 Die fruchtbare Zusammenarbeit kulmi-

nierte 1920/1 in der Mitwirkung an der Gründung liturgiewissenschaftlicher Pe-

riodika – den Liturgiegeschichtlichen Quellen, den Liturgiegeschichtlichen For-

schungen und dem Archiv für Liturgiegeschichte;124 Baumstark erscheint bis

zum Zerwürfnis mit Casel im Dritten Reich (s. u.) als Mitherausgeber.125

5. Der Bonner Lehrstuhl und die Berufung in Münster (bis 1933 ein-

schließlich)

Auch hatten die Benediktinermönche von Maria Laach einen Anteil an der be-

ruflichen Wende, die Baumstarks Übernahme des apl. Lehrstuhles am Orien-

talischen Seminar der Universität Bonn darstellte.126 Über die nicht ganz einfa-

chen und wohl auch irregulären Berufungsverhandlungen war beispielsweise

Odilo Heiming gut unterrichtet und erstatte Baumstark regelmäßig Bericht. Das

Hauptverdienst aber kommt dem preußischen Kultusminister Carl H. Becker

(1846–1933) zu,127 der die Berufungskommission zur Wahl Baumstarks dräng-

122 Cf. HEIMING (1957), 1; LA NW 1049/53539 (Baumstark vom 13.VI.1945). WILSDORF 87 ist hingegen nicht richtig informiert, wenn er sagt: „Daß er [= Angelicus Kropp OP; PB] erwähnt, auch zu Antonius [sic] Baumstark Verbindung gesucht und gefunden zu haben, ist begreif-lich, denn auch dieser war aus einem katholischen Orden auf dornigen Wegen zur staatli-chen Professur gekommen“.123 Cf. A. BAUMSTARK (1929), 4.124 Cf. (1919), 899; (1920), 133. Er schrieb mit (1921) den dritten Band der Liturgiegeschicht-lichen Forschungen, deren Initiative einen „bewundernswerte[n] Wagemut“ (ebd., VII) be-weist.125 In RÜCKER (1932b) ist Casel noch als Gratulant genannt. Gleiches gilt für Mohlberg. Hamm fehlt in der Festschrift. Das Zerwürfnis hatte mit Baumstarks Sympathien für den Nationalso-zialismus zu tun, cf. HÄUSSLING (1982), 731.126 Casel wußte über die internen Vorgänge genauestens Bescheid, cf. ULB Münster I,57 (Casel vom 16.XI.1920); I,60 (Casel vom 4.III.1921); I,63 (Casel vom 12.VI.1921); I,65 (Ca-sel vom 1.VII.1921).127 Bei der Reichsregierung insistierten zahlreiche Kollegen Baumstarks mit Hilfe eines Ket-tenbriefs, der von J. Sauer in Freiburg i. Br. koordiniert wurde, s. UA Freiburg C67/1078. Die gleichlautenden Petitionen in dieser Akte weisen darauf hin, daß sich nach dem Ersten Welt-krieg leider das Personal an den Universitäten gelichtet habe und daher ein derart qualifizier-

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Predrag Bukovec

te. Becker selbst war in den 1890er Jahren Schüler des Privatdozenten Baum-

stark und lernte bei ihm Syrisch.128 1921 ergab sich schließlich die Gelegen-

heit, seinen ehemaligen Lehrer wieder an die Universität zurückzuholen. An

der Berufung waren aber auch andere Fachkollegen in unterschiedlichem Aus-

maß beteiligt:129 So weiß man von der Unterstützung Hans Lietzmanns130 und

Enno Littmanns131 für Baumstark. Die außerordentliche Professur für „Ge-

schichte und Kultur des christlichen Orients und orientalische Liturgie“ wurde

Baumstark am 26. Mai 1921 nach einigem Hin und Her tatsächlich erteilt;132

die Besoldung wurde von Becker dadurch gelöst, daß er Baumstark als per-

manent für die universitäre Lehre beurlaubten Studienrat berief.133 Nach 15

Jahren Ausübung des Schuldienstes gelang Baumstark endlich die Rückkehr

ins akademische Umfeld.134 Die verhaltene Reaktion der Fakultät auf seine

Kandidatur zeigt sich später auch daran,135 daß man ihm die Übertragung des

ter Akademiker wie Baumstark aus dem Schuldienst an die Hochschule wechseln könne. Zu den Unterzeichnern zählen u. a.: Gustaf Dalman (1855–1941), Engelbert Drerup, Adolf von Harnack, Enno Littmann, Alfred Rahlfs (1865–1935), Adolf Rücker, Eduard Sachau (1845–1930), Joseph Schmidlin und Hans Lietzmann.128 Cf. BDC-Baumstark 2661. Er soll auch in Rom bei Baumstark gewesen sein, cf. BERGER 5.129 KLAUSER 186 spricht von den „einflussreiche[n] Freunden“.130 Cf. auch HILDEBRANDT 657. Lietzmann regte auch die Publikation von Baumstarks Ge-schichte der syrischen Literatur an, cf. A. BAUMSTARK (1922), V. Von den Berufungsverhand-lungen und der Involvierung Lietzmanns erfahren wir aus einem Brief von K. Holl an H. Lietz-mann vom 1. Februar 1921, wo der Absender seine Bedenken äußert (ALAND 438 f.): „Baum-starks Brief habe ich an Becker weitergegeben und einige unterstützende Worte dazu ge-schrieben. Ich kann nicht verhehlen, daß mir das innerlich etwas schwer fiel. Denn was für eine Rolle er mit seinen menschlichen Eigenschaften an einer Universität spielen würde, ist mir auch nicht zweifelhaft“.131 Cf. A. BAUMSTARK (1922), VI.132 Cf. UA Bonn, PF-PA 646. Seit dem 1. Juli 1921 war er jedoch schon preußischer Studien-rat, cf. ebd. Die Bekanntgabe erfolgte am 26. Mai 1921, cf. ebd.133 Die zuständigen Gymnasien waren in Siegburg, später in Köln und Koblenz, cf. BERGER 1.134 Cf. HEIMING 161, der rückblickend sagt: „daarna leidde hij een lang en geleerd zigeunersle-ven vol wederwaardigheden in Rome en Palestina“. Seine ersten Lehrveranstaltungen waren „Aramäisches Christentum und Hellenismus“ und „Quellen und Probleme der orientalischen Liturgiegeschichte“, cf. UA Bonn, PF-PA 646 (Baumstark vom 24.VI.1921).135 An der Katholisch-Theologischen Fakultät wirkten gleichfalls christliche Orientalisten, so Heinrich Goussen (1863–1927), der im OC mitwirkte. Goussen wurde 1888 zum Priester ge-weiht und interessierte sich v. a. für die orientalischen Bibelübersetzungen, cf. A. BAUMSTARK (1927), 356. Er war aber eher ein Sammler als ein publizierender Gelehrter, cf. ebd., 357. Baumstark kreidet ihm in diesem Nachruf seine Säumigkeit an. Cf. auch KAUFHOLD (1997).

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Anton Baumstark (1872–1948)

freigewordenen ordentlichen Lehrstuhles für Orientalistik im Jahr 1923 verwei-

gerte und an seiner Stelle Paul Kahle (1875–1964) berief.136

Das Gehalt eines Studienrates reichte für die kinderreiche Familie offenbar

nicht aus, so daß sich Baumstark nach Nebentätigkeiten umsehen mußte.137

Die erste Möglichkeit bot sich ihm, als in Nijmegen am 17. Oktober 1923 die

Katholische Universität eröffnet wurde138 und sein Studienfreund Engelbert

Drerup (s. o.) den Ruf erhielt. Auf seine Vermittlung hin konnte Baumstark –

auf seine Person zugeschnitten – ab dem 1. Oktober 1923 die Fächer Semiti-

stik und Vergleichende Liturgiewissenschaft unterrichten.139 Hierfür fuhr er

während der Vorlesungszeit alle zwei Wochen in die Niederlande und las en

bloc, bis 1928 freitags und samstags, danach auch donnerstags.

Dasselbe tat Baumstark ab 1925 in Utrecht, wo er Islamkunde unterrichtete.140

Die Betrauung mit diesem Themenfeld konnte erst erfolgen, nachdem er eine

Sondergenehmigung der niederländischen Krone erhielt, weil er nicht in der Is-

lamwissenschaft promoviert hatte.141

In den knapp zehn Jahren in Bonn konnte Baumstark einige seiner wichtigsten

Monographien vorlegen. Dazu zählt die monumentale Geschichte der syri-

schen Literatur, die bislang nicht als überholt gelten kann;142 neben einer um-

136 Cf. UA Bonn, PF-PA 646 (Philosophische Fakultät vom 24.X.1922): „Die Sektion be-schließt, […] sich gegen die Ernennung von Baumstark auszusprechen“. Aus der Kollegen-schaft mit Kahle sind viele Impulse für die exegetischen Schriften Baumstarks zurückzufüh-ren, cf. FEULNER (2011), 160.137 Zum Gehalt in Bonn, cf. UA Bonn, PF-PA 646 (Becker vom 27.IX.1923). In den Niederlan-den verdiente er nach dem Währungskurs von 1933 umgerechnet 13.025 RM jährlich, davon 8800 RM in Nijmegen und 4225 RM im Utrecht, cf. GSPK I. HA Rep. 76 Va Nr. 10636, 119r–120v. Das Gehalt in Nijmegen wurde quartalsweise ausgezahlt, cf. ULB Münster I,154 (Dre-rup vom 4.X.1923).138 Cf. ULB Münster I,154 (Drerup vom 4.X.1923).139 Cf. UA Bonn, PF-PA 646 (Baumstark vom 15.I.1924). Er war Buitengewoon Hoogleraar, d. h. apl. Professor. Seine Vorlesungen seien sehr trocken gewesen, cf. ROGIER 30; andere Erfahrungen hat KLAUSER 187 gemacht. Aus seinen dortigen Vorlesungen entstand seine Mo-nographie zum Missale Romanum, cf. A. BAUMSTARK (1929), 4. Drerup kündigte ihm seine Bemühungen um die Nijmegener Stelle bereits am Jahresende 1921 an, cf. ULB Münster I,151 (Drerup vom 30.XII.1921). Die Berufung wäre jedoch an den Gehaltsverhandlungen fast gescheitert, cf. ULB Münster I,152 (Drerup vom 3.VIII.1923).140 Baumstarks Verhältnis zum Islam ist gespalten, cf. A. BAUMSTARK (1937), 18.141 So die Auskunft von Leen J. Dorsman von der Universität Utrecht; Baumstark durfte auf Deutsch unterrichten, weil auf das Erlernen des Niederländischen aufgrund seines fortge-schrittenen Alters verzichtet wurde.142 Nach HAMMERSCHMIDT 5 handelt es sich bei diesem Werk um einen „Markenstein“. Sie wur-

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Predrag Bukovec

fassenden Kenntnis des syrischen Schrifttums vermittelt Baumstark hier nicht

zuletzt die Katalogisierung eines Großteils der zu seiner Zeit bekannten Hand-

schriften. Für die Syrologie zählt dieses Werk zu den Standardhilfsmitteln bei

der Recherche und Klassifizierung auch selten verwendeter Literatur. Im Fol-

gejahr brachte Baumstark für Maria Laach sein liturgiegeschichtliches Stan-

dardwerk Vom geschichtlichen Werden der Liturgie heraus,143 in dem er um-

fassend auf die liturgievergleichenden Ergebnisse seiner bisherigen For-

schung rekurriert und sie zu systematisieren versucht; neben seiner jüngeren

Liturgie comparée gilt dieses Buch als resümierende Grundlegung seines An-

satzes und gleichzeitig als Einstiegslektüre. Gerade die Vergleichende Litur-

giewissenschaft, die sich oft in weitverzweigte und komplexe Spezialprobleme

auffächert, hat mit diesen beiden Monographien eine Auslese der wichtigsten

Erkenntnisse anzubieten.

Baumstarks Verdienste um die Liturgie wurden am 20. Juni 1925 gewürdigt,

als er von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Bonner Universität „an-

läßlich der Jahrtausendfeier der Zugehörigkeit des Rheinlandes zum Deut-

schen Reiche“ die Ehrenpromotion erhielt.144 Zum Dank für diese Ehrung wid-

mete er ihr 1929 sein Missale Romanum.145

Am 1. April 1930 wechselt Baumstark an die Wilhelms-Universität Münster.146

Auch diese Berufungsverhandlungen sind nicht reibungsfrei verlaufen, da die

Berufungskommission Vorbehalte gegenüber dem Kandidaten äußerte, denn

es existierte bereits ein Ordinariat, das den Christlichen Orient betreute, aller-

dings an der Katholisch-Theologischen Fakultät;147 seit 1923 hatte Baumstarks

Kollege Adolf Rücker diese Stelle inne.148 Rücker war es schließlich auch, der

de 1954 von Rücker aktualisiert (in HO III 168–204).143 BAUMSTARK (1923).144 Cf. AKTF Bonn III 9/10 (Album Promoti): Er wurde zusammen mit Joseph Hammels (Weihbischof in Köln), Anton Heinen (Priester in Mönchengladbach), Joseph Könn (Pfarrer bei St. Aposteln, Köln) und Wilhelm Marx geehrt; cf. auch UA Bonn, PF-PA 646.145 A. BAUMSTARK (1929).146 Cf. LA NW 1049/53539 (Fragebogen Entnazifizierung vom 17.X.1946).147 Der Lehrstuhl bestand seit 1916, cf. VON BEEKERATH 426.148 Er wurde Nachfolger von Paul Karge auf dem Lehrstuhl für Christlichen Orient, seit 1927 war er auch zuständig für Alte Kirchengeschichte, Patrologie und Dogmengeschichte an der Katholisch-Theologischen Fakultät, cf. TAESCHNER 159. Zur Person Rückers, cf. KAUFHOLD (1989), 9 f.

520

Anton Baumstark (1872–1948)

Baumstark zu seinem sechzigsten Geburtstag eine Festschrift überreichte.149

Letzten Endes konnte auf Druck des preußischen Kultusministers Becker der

Ruf an Baumstark an den Lehrstuhl für Orientalische Philologie und altorienta-

lische Geschichte ergehen, der damit zum Nachfolger Hubert Grimmes (1864–

1942) wurde.150 Damit erhielt er im fortgeschrittenen Alter von 57 Jahren seine

erste (und einzige) ordentliche Professur.151 Zwar konnte er dadurch das Bon-

ner Extraordinariat aufgeben, doch bezog er weiterhin Nebeneinkünfte aus Ut-

recht und Nijmegen. Angesichts der Größe seiner Familie und der Aussicht auf

zusätzliche Pensionszahlungen aus den Niederlanden war es für Baumstark

ein wichtiger Verhandlungsgegenstand.152 Nijmegen mußte er jedoch 1930

aufgeben, da es dort zu Schwierigkeiten kam (s. u.),153 während er in Utrecht

bis 1939 unterrichten konnte.154

6. Baumstark während des Nationalsozialimus (1933–1945)

Seine rechtsgerichtete, nationale Ausrichtung ist auch während der Weimarer

Republik zu erkennen. Baumstark erwog 1921 eine Kandidatur für den Reichs-

149 RÜCKER (1932b). Eine geplante Festschrift erwähnt auch E. Peterson in einem Brief an H. Lietzmann vom 15. Februar 1932, cf. ALAND 696.150 Cf. VON BEEKERATH 426. Die erste Liste, die man dem Wissenschaftsministerium vorgelegt hatte, wurde in Berlin zurückgewiesen und mit der Anfrage versehen, ob Baumstark als Kan-didat in Frage käme. Die ablehnende Haltung der Berufungskommission führte zum Ruf, der an Joseph Schacht aus Freiburg i. Br. erging. Dieser lehnte jedoch ab, so daß der Weg für Baumstark frei wurde, cf. HEINE 21 f.151 Die Vereinbarung zwischen dem Preußischen Wissenschaftsministerium und Baumstark findet sich in GSPK I. HA Rep. 76 Va Sekt. 13 Tit. IV Nr. 3 Bd 17, 24–26. Sein Grundgehalt betrug 13.000 RM jährlich zuzüglich der Zuschläge. Die Nebentätigkeiten in den Niederlan-den wurden genehmigt. Zum Dienstantritt erhält er 1000 RM Büchergeld. Während seines Entnazifizierungsverfahrens mußte Baumstarks sein jährliches Einkommen für jedes Jahr zwischen 1931 und 1945 angeben; es belief sich im Schnitt auf 15.000 RM, cf. LA NW 1049/53539 (Fragebogen Entnazifizierung vom 17.X.1946). – Im WS 1932/3 hielt Baumstark in Münster eine Vorlesung über die „Buchmalerei des christlichen Orients“; das Manuskript befindet sich im Privatnachlaß, cf. R. BAUMSTARK (2013), 27.152 Der Hinweis kam von Drerup, cf. ULB Münster I,156 (Drerup vom 15.XII.1929).153 Rektor Drerup kaschiert die Umstände, cf. DRERUP 184. BERGER 3 schreibt unrichtig, daß Baumstark nach seiner Emeritierung noch in Nijmegen weiter unterrichtet hätte. Ebenfalls falsch ist die Angabe in WARD/ KOLLAMPARAMPIL 248, wonach Baumstark in Nijmegen bis 1940 unterrichtet hätte.154 HEIBER 471 f. Laut eigenen Angaben verlor er die Lehrerlaubnis in Utrecht bei Kriegsbe-ginn, cf. LA NW 1049/53539 (Fragebogen Entnazifizierung vom 17.X.1946). Unrichtig ist die Angabe in WARD/ KOLLAMPARAMPIL 248, derzufolge Baumstark in Utrecht bis 1935 tätig gewe-sen sei.

521

Predrag Bukovec

tag, gab diese Idee aber auf, als sich die Berufung in Bonn abzeichnete.155 Für

katholische Burschenschafter hielt er 1928 zwei Reden,156 in welchen er sich

zu weltanschaulichen Fragen äußerte: Seine Distanz zur Republik führt er auf

den Versailler Vertrag zurück, den er – wie viele nationalkonservative Intellek-

tuelle seiner Generation – als nationale Demütigung empfand;157 bezeichnend

ist, daß Baumstark trotz aller Verehrung158 auch gegenüber der Bismarckschen

Politik Kritik übt, da sie die großdeutsche Lösung des deutschen National-

staats hintertrieb.159 Als Grundproblem der deutschen Geschichte sieht er im

Gefolge seines Vaters den Konfessionsriß zwischen der katholischen und den

evangelischen Kirchen, der geheilt werden müßte.160 Die Verbindung aus klein-

155 Cf. ULB Münster I,65 (Casel vom 1.VII.1921). Baumstark war Mitglied der Deutschnatio-nalen Partei DNVP, cf. BDC-Baumstark 2633; LA NW 1049/53539 (Fragebogen Entnazifizie-rung vom 17.X.1946); SIEBLER 15; GRÜTTNER 19. Das geht auch aus einem Abwehrschreiben des dem Zentrum nahestehenden Blattes Badischer Beobachter vom 2.VII.1920 hervor. Hier wird gegen den Artikel „Kampf der Lüge“, erschienen am 29.VI.1920 (Badische Rundschau der Süddeutschen Zeitung), der anonym von einem „K.“ verfaßt wurde, aber von Baumstark stammt, da er sich im UA Freiburg in seiner Personalakte befindet. Inhaltlich verweist auf Baumstark, daß sein Vater Reinhold und sein Taufpate und Arbeitgeber Franz Xaver Lender als politisch einflußreiche Badener geschildert werden, die von der Zentrumspresse verfolgt worden seien. Baumstark spricht auch von einer Vorstandssitzung des Bezirksvereins der Deutschnationalen Partei in Achern, die mehrheitlich aus Katholiken bestehe; dem Zentrum wird demgegenüber vorgeworfen, „daß die Erhaltung bezw. Erneuerung und Stärkung des christlichen Einschlages in unserm Volks- und Staatsleben nicht mehr zu den Aufgaben und Zielen des Zentrums gehöre“.156 Baumstark war Ehrenmitglied der Burschenschaften Siegfridia (Bonn), Nibelungia (Mün-ster) und Suevia auf dem Waldhof (Graz), cf. LA NW 1049/53539 (Fragebogen Entnazifizie-rung vom 17.X.1946).157 Cf. A. BAUMSTARK (1928a), 49, wo er von „des deutschen Volkes großem Leid und seiner tiefen Schmach“ spricht.158 Cf. (1928b), 91. Sie zeigt sich etwa daran, daß er seine Geschichte der syrischen Litera-tur an den ehemaligen Kaiser Wilhelm II. (und dem Papst) überreichen ließ, cf. SPIES (1970), 348.159 Cf. A. BAUMSTARK (1928a), 50: „daß auch jenes Reich [= das Kaiserreich; PB] die letzte und höchste Forderung deutscher Einheit nicht erfüllt hatte, daß diese Forderung nicht erfüllt ist und nicht erfüllt sein kann, solange von uns die heilige Ostmark Deutschlands getrennt ist […] daß es für die Tochter keine Ruhe und kein Glück gibt, bis sie ruht an der Brust der ge-meinsamen großen Mutter Germania“. Diese Trennung sei von den Feinden gewollt (ebd.). Ebd. f. überhöht Baumstark die Anschlußfrage als Pflicht katholischen Glaubens, cf. auch (1928b), 91: „Und dieser ,Anschluß', durch feindliches Diktat heute noch verweigert, er-scheint selbst nur als eines, wenn auch als ein besonders wichtiges Einzelproblem der gro-ßen Gesamtfrage deutscher Wiedererstehung aus dem Zusammenbruch von Weltkrieg und Revolution“. Baumstarks Vater war bis zur Ausrufung des Kaiserreiches großdeutsch orien-tiert gewesen, wurde danach aber glühender Anhänger Bismarcks, cf. W. MÜLLER 669.160 Cf. A. BAUMSTARK (1928a), 50; HEINE 22.

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Anton Baumstark (1872–1948)

und großdeutscher Option sowie den getrennten Kirchen macht Baumstark zu-

folge die besonders schwierige deutsche Ausgangslage aus. Seine Hoffnun-

gen setzt er in die Jugend, für die er schreibt;161 freilich spricht er einen be-

grenzten Kreis Jugendlicher an, der für dieses Gedankengut empfänglich war.

Bedeutsam ist aus der Rückschau, daß die politischen Überzeugungen Baum-

starks bereits in dieser Zeit gefestigt waren und bis in seine früheren Jahre in

Rom und die Einflüsse des Vaters zurückverfolgt werden können. Sein auffällig

früher Eintritt in die NSDAP im Jahr 1932 und seine „sympathies exagérées“162

für den Nationalsozialismus können so nachvollzogen werden, da er in dieser

Bewegung die ersehnte Auflösung der deutschen Probleme zu finden hoffte:

Die „geistesgeschichtliche Zeitenwende“, die er sah und um die er sich eifrigst

bemühte, versprach aus seiner Sicht die Nivellierung der konfessionellen Spal-

tung;163 auch die großdeutsche Lösung wurde von Hitler bereits in Mein Kampf

propagiert und 1938 durch den „Anschluß“ Realität. Der Zugang Baumstarks –

ein religiöser und zugleich ein nationalistischer – bezeugt eine Facette der

Sympathien, die dem Regime entgegengebracht wurden; die Bedeutung, die

er der Lösung der oben genannten Fragen beimaß, zeigt sich nicht zuletzt an

dem fanatischen Eifer, mit dem er den Nationalsozialismus fördern sollte. Sein

temperamentvoller, bisweilen offenbar cholerischer Charakter, von dem Kolle-

161 Cf. (1928a), 49: „[...] in der Seele deutscher Jugend der feste Glaube an Deutschlands Zu-kunft, die heilige Hoffnung auf neue deutsche Größe, die heiße, glühende Liebe zu deutscher Freiheit und Einheit“. In einem in LA NW 1049/53539 (Fragebogen Entnazifizierung vom 17.X.1946) erhaltenen Zitat aus einem Zeitungsartikel, dessen Titel Baumstark jedoch nicht mitteilt, wird die Doppelmitgliedschaft der Jugendlichen in HJ (bzw. BDM) und einer Mariani-schen Kongregation als Ideal herausgestellt.162 ROUSSEAU 157. Daß Baumstark „ein hoffender Anhänger des Nationalsozialismus“ gewe-sen sei, weiß KUNZE 171 zu berichten. Die Relativierung Baumstarks in BERGER 4 als „ein ver-ständlicher Irrtum“ ist höchstens ein Dokument der Abfassungszeit des Aufsatzes (d. h. 1954) und mangelnder Bereitschaft zur Aufarbeitung. Zudem hat sich auch das Antiquariat Ludwig Röhrscheid, das diesen Artikel Bergers drucken ließ, schon früh während der NS-Zeit für die neuen Machthaber interessiert, cf. die Annonce in A. BAUMSTARK (1933), 2: „Sonder-ausstellung von nationalsozialistischem Schrifttum und Wehrsportbüchern“ (die Anzeige ist in Baumstarks Text eingeschaltet).163 Man beachte, daß sich die Fuldaer Bischofskonferenz im August 1932 gegen die Verein-barkeit von katholischer Kirche und NSDAP aussprach, cf. GRESCHAT/ KRUMWIEDE 67 f., und damit eine andere Auffassung vertrat als Baumstark, der in etwa zur gleichen Zeit Parteimit-glied wurde.

523

Predrag Bukovec

gen berichten und welcher aus Baumstarks oft vernichtenden Rezensionen er-

sichtlich wird, kommt als nicht unwesentlicher Aspekt hinzu.164

Einen Tag nach der Reichstagswahl vom 31. Juli 1932, bei der die NSDAP mit

37,3 % die stärkste Fraktion im Reichstag werden sollte, entschloß sich Baum-

stark am 1. August 1932, der Partei beizutreten; er erhielt die Mitgliedsnummer

Pg. 1265421.165 Der frühe Termin – noch vor der Wahl im Januar 1933 und der

Kanzlerschaft Adolf Hitlers in einer Koalition mit den rechtsbürgerlichen Partei-

en im Reichstag – spricht gegen die später oftmals auch von Baumstark selbst

geäußerte Begründung, er habe dies allein aus Sorge um die Absicherung sei-

ner kinderreichen Familie getan.166 Eine ideologische Motivation kommt gewiß

hinzu, die sich aus seinem bisherigen Leben eruieren läßt (s. o.). Baumstark

verband mit dem neuen Regime bestimmte politische und gesellschaftliche Er-

wartungen, die er auch schriftlich festhalten sollte. In jedem Fall kann man ihn

nicht zu den opportunistischen „Märzgefallenen“ zählen, die ab März 1933 ver-

suchten, sich mit dem NS-Staat zu arrangieren;167 vielmehr war er ein Partei-

mitglied der ersten Stunde und der erste Nationalsozialist im Professorium der

Universität.168 Schon im Novemberwahlkampf 1932 unterstützte er die Partei in

öffentlichen Kundgebungen und hielt am 1. März 1933 eine Propagandarede

164 Cf. HEIMING 161, der von „zijn vulkanische natuur“ und ebd., 162 von „zijn heftig tempera-ment“ spricht. Als Schullehrer in Sasbach schien Baumstark ähnlich gewesen zu sein, cf. MERZ 43: „sein Äußeres erinnerte mich an ein Jupiterähnliches; er konnte grollend donnern und protegierend väterlich die wärmsten Herztöne anschlagen“. MUCKERMANN 343 berichtet: „er war unausgeglichen und zugleich brutal in seinem Wesen“. Auch gegenüber seinen Fami-lienangehörigen konnte Baumstark gnadenlos sein: So scheint er z. B. Ende 1936 mit sei-nem Sohn Theodor derart unzufrieden gewesen zu sein, daß sich der Kommissarische Uni-versitätskurator in Münster, Curt Beyer, für ihn verwenden mußte, damit er zum Weihnachts-fest („Fest des Friedens“ im Brief entsprechend dem Nazi-Jargon) nach Bonn kommen dürfe, cf. ULB Münster I,36 (Beyer vom 22.XII.1936). Theodor durfte offenbar erscheinen, ohne daß der Streit jedoch geschlichtet werden konnte, cf. ULB Münster I,37 (Beyer vom 3.II.1937). Spies nennt Baumstark in seiner Erinnerung einen „verrückte[n] Kauz“, cf. UA Bonn, kl. Slg. 109 (Spies vom 6.I.1962).165 Cf. UA Bonn, kl. Slg. 109 (Baumstark vom 21.X.1936); UA Münster, Best. 9, Nr. 862.166 Cf. A. BAUMSTARK (1937), 34: „[...] sobald dies für einen mit der Sorge für 12 damals noch ausnahmslos minderjährige Kinder belasteten preußischen Staatsbeamten tunlich war, als erster ordentlicher Professor der Westfälischen Wilhelm-Universität meinen Eintritt in die NSDAP. vollzogen hatte, um alsbald mich aufs leidenschaftlichste in den letzten entscheiden-den Wahlkämpfen einzusetzen“.167 Cf. ELLINGER 35; KATER 58 f. Laut ebd., 62 waren vor der „Machtübernahme“ weniger die Ordinarien geneigt, der NSDAP beizutreten, als jüngere Dozenten.168 Er war auch der erste NS-Aktivist in der Görres-Gesellschaft, cf. MORSEY (2002), 30.

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Anton Baumstark (1872–1948)

in Paderborn, von der die örtliche Presse Notiz nahm.169 Drei Tage später

schloß er sich einer Unterstützungserklärung deutscher Hochschullehrer in der

Zeitung Völkischer Beobachter an.170

Baumstarks Beitritt in die NSDAP und sein parteipolitisches Wirken wurden

von seinen liturgiewissenschaftlichen Kollegen nicht positiv aufgenommen: Die

Benediktiner aus Maria Laach distanzierten sich frühzeitig von Baumstark, wo-

bei auch persönliche Zerwürfnisse eine Rolle gespielt haben dürften. So ließ

Odo Casel ihn 1935 aus dem Mitarbeiterkreis der LQF streichen und ersetzte

ihn durch Odilo Heiming, nachdem Baumstark bereits seit 1928 nicht mehr für

das Periodikum geschrieben hatte.171 Auch die Freundschaft zu Kunibert Mohl-169 Davon berichtete die Kölnische Volkszeitung am 4.III.1933: Baumstark schalte sich in den Wahlkampf der NSDAP ein und „reist in den westfälischen Gauen umher und betritt, geleitet von SS- und SA-Männern, mit zum Hitlergruß erhobener Hand die Wahlversammlungen der NSDAP“. Der Artikel reflektiert über die Gefährlichkeit seiner Tätigkeit, da die Parteimitglieder nun einen angesehenen katholischen Gelehrten in ihren Reihen hätten, weil der Hauptgeg-ner seiner „prophetischen Verkündigung“ und „Predigt“ das Zentrum sei, das von Baumstark diskreditiert werde: „Unheilvoll ist darum die Verwirrung, die von dieser bedauernswerten Agitation ausgehen kann“. Vier Tage später erzwang Baumstark eine Berichtigung; dort stellt er fest, daß er nicht verlangt hätte, einen bestimmten Prälaten aus Deutschland auszuwei-sen, und daß niemand in der Versammlung dessen Hinrichtung gefordert hätte. Im Anschluß an diese Berichtigung veröffentlichte das Blatt den Leserbrief einer anonym bleibenden Per-son, die aber Baumstark persönlich sehr gut kennen dürfte („von gut unterrichteter Seite“) und welche Baumstarks Haß auf das Zentrum erklärt: „Denn seine leidenschaftliche Offensi-ve gegen das Zentrum konnte niemand überraschen, der den Vorzug hat, Herrn Baumstark uns seine Gesinnung gegenüber dem Zentrum von früher her einigermaßen zu kennen“, und weiter: „Prof. B. ist vielmehr von jeher gegen das Zentrum eingestellt gewesen, und zwar von Hause aus. Er hat die leidenschaftliche Abneigung gegen das Zentrum von seinem Vater, dem bekannten Konvertiten Reinhold Baumstark, der sie aus unangenehmen persönlichen Erlebnissen geschöpft haben mag, geerbt, und er hat dieses väterliche Erbe bewahrt“. Der Informant weiß auch von Baumstarks frühem Karriereende in Heidelberg zu berichten „aus Gründen, die in seiner Person lagen“, von seiner Tätigkeit „an einem badischen Privatgym-nasium“ und seiner Berufung in Bonn, die hier durch Einfluß eines nicht namentlich genann-ten Zentrumsabgeordneten auf den preußischen Kultusminister (als C. H. Becker) zustande gekommen sein soll. Cf. auch BDC-Baumstark 2667; BDC-Baumstark 2735 („Herr Reichs-statthalter Meyer erklärt“ vom 28.IX.1933).170 Völkischer Beobachter vom 4.III.1933, Zweites Beiblatt: „Die deutsche Geisteswelt für Li-ste 1: Erklärung von 300 deutschen Universitäts- und Hochschullehrern“.171 Casel drückt sich diplomatisch aus, cf. ULB Münster I,67 (Casel vom 28.III.1935): „Da Sie nun wegen Ihrer geschwächten Gesundheit sicher jetzt noch weniger daran denken können, neben dem Oriens christ. auch noch das Jahrbuch nach der orientalischen Seite zu betreu-en, wird es Ihnen sicher recht sein, wenn der Name Ihres Schülers auch offiziell auf dem Ti-telblatt als Vertreter der orientalischen Liturgiegeschichte erscheinen würde“. In I,68 (Casel vom 29.IV.1935) bedauert er, daß dieser Entschluß „bei Ihnen nicht jene Aufnahme gefunden hat, die ich mir gewünscht habe“; er beruft sich aber darauf, daß Baumstark seit 1928 fak-tisch nicht mehr mitgearbeitet hat. Für die Zukunft „steht natürlich die Mitarbeit am Jahrbuch

525

Predrag Bukovec

berg war zerrüttet.172 Andere Freundschaften blieben erhalten. Der christliche

Archäologe Carl Maria Kaufmann war beispielsweise mit Baumstark seit sei-

ner Zeit in Rom bekannt und der Taufpate seines ältesten Sohnes;173 1937 ver-

faßte Baumstark für ihn eine bio-bibliographische Gedenkschrift, in der auch

einiges an nationalsozialistischem Gedankengut eingeflossen ist:174 Die Schrift

beginnt mit einem Zitat aus Hitlers Mein Kampf175 und stellt Kaufmann als gro-

ßen deutschen Gelehrten dar, der der deutschen Wissenschaft zur Ehre gerei-

che – besonders angesichts der Konkurrenz, des „Judenmonopols“.176

Durch seinen frühen Beitritt in die Partei hatte Baumstark Kontakte zu den ört-

lichen Funktionären. Als am 7. April 1933 durch die Wiedereinführung des Be-

rufsbeamtentums per Gesetz die staatliche Verwaltung von Personen „gerei-

nigt“ werden sollte,177 die unter rassischen Gesichtspunkten als nicht-arisch

immer frei, so weit es der karge Raum gestattet“, was wohl indirekt eine Bitte ist, nicht mehr mitzuwirken. Heiming versuchte noch vergeblich zu vermitteln, cf. ULB Münster II,136 (Hei-ming vom 10.IX.1935).172 MOHLBERG 1319 spricht im Jahr 1946 von der Freundschaft mit Baumstark in der Vergan-genheitsform. Den Charakter des „Bonner Propheten“ bezeichnet er als arrogant und chole-risch, cf. ebd., 1326 f. Umso überraschender ist es, daß zwei Jahre später ein Artikel Baum-starks in Mohlbergs Festschrift erscheint, cf. A. BAUMSTARK (1948). Baumstark kündigt Lietz-mann in einem Brief vom 1. September 1935 an, sich von der westlichen Liturgiegeschichte zu verabschieden wegen „klerikale[r] Ressentiments“ seitens Casel und Herwegen, cf. ALAND 826. Der Abt Herwegen setzte sich im Dezember 1945 jedoch für die Pensionsansprüche Baumstarks ein, cf. MORSEY (2003), 124 f.173 Cf. A. BAUMSTARK (1937), 30.174 Baumstark konnte Kaufmann für den Nationalsozialismus gewinnen, cf. HEID 139. – Für die wissenschaftlichen Aufsätze ist aber dezidiert festzuhalten, daß sie frei von nationalsozia-listischem Gedankengut sind. Cf. WARD/ KOLLAMPARAMPIL 248: „Even if Baumstark's sympathy for some aspects at least of National Socialism has left a regrettable shadow over his civic persona, there can be no doubt at a distance of half a century about his industry, his stead-fast commitment to Catholic family life or the importance of his scholarly contribution“. Eben-so WINKLER/ TAFT 11: „It must be emphasized, however, that Baumstark's political preferences never tainted his scholarly publications as such: not a single shred of evidence of his political inclinations can be found reflected in the scholarly works of A. Baumstark, something that certaily was not true of the vast number of German intellectuals of that time“. Cf. auch FEUL-NER (2011), 161 f.175 Cf. A. BAUMSTARK (1937), 5. Allerdings schien Kaufmann selbst gegen Kriegsende Schwie-rigkeiten bekommen zu haben, da ihn die Gestapo aufsuchte, cf. Baumstark vom 5.V.1946 (Privatbesitz Annegret Wolf), 1; LA NW 1049/53539 (Baumstark vom 13.VI.1945).176 Cf. ebd., 16. Andererseits ist erwähnenswert, daß in Baumstarks Festschrift, cf. RÜCKER (1932b), ein Beitrag Edelmanns über synagogale Poesie enthalten ist und im OC auch jüdi-sche Kollegen Artikel verfaßt haben, z. B. Bruno Kirschner, Ignaz Goldziher und Isidor Schef-telowitz.177 Cf. KATER 51; RESPONDEK (1992), 24.

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Anton Baumstark (1872–1948)

oder als politisch schädlich galten, wurde diese Politik auch auf die Universitä-

ten angewandt.178 Für die Durchsetzung des neuen Gesetzes an der Universi-

tät Münster wurde die Gleichschaltungskommission eingesetzt, deren Leitung

Baumstark vom Gau Westfalen-Nord übertragen wurde.179 Unter Berufung auf

den Gauleiter Meyer,180 mit dem Baumstark in gutem Einvernehmen stand,

wollte er die Evaluation des Professoriums autonom vom Rektorat durchführen

und das Gutachten als für den Rektor bindend verstanden wissen. Im Zusam-

menschluß mit den anderen Kommissionsmitgliedern und insbesondere mit

nationalsozialistischen Studenten ließ Baumstark unliebsame Kollegen aus-

spionieren und denunzierte sie bei den zuständigen Stellen des neuen Re-

gimes;181 dabei ließ er es sich auch nicht nehmen, persönliche Feindschaften

unter dem Deckmantel der Gleichschaltung zu seinen Gunsten auszutragen.

So sind Baumstarks intensive Bemühungen gegen den Prälaten, Kirchenge-

schichtler und ehemaligen Reichstagsabgeordneten Georg Schreiber zu erklä-178 Der Zeitungsartikel A. BAUMSTARK (1933), der bisher in keine Bibliographie Baumstark auf-genommen wurde, läßt seine Enttäuschung über die späte und unengagierte Aktivität der deutschen Professorenschaft für den Nationalsozialismus erkennen. Sie hätte „versagt“ (ebd., 1) und die Gunst der Stunde nicht genutzt, v. a. nicht, um dem „liberalistischen Indivi-dualismus“ (ebd.) und der Zentrumspolitik (ebd., 2) zu begegnen.179 Nach BEHNKE 132 war Baumstark „die Urzelle des Nationalsozialismus in unserer Fakul-tät“. – Baumstark war von November 1933 bis Juli 1934 auch der Gaubeauftragte für die Ar-beitsgemeinschaft Katholischer Deutscher (AKD), einer NSDAP-nahen Vereinigung, die der „Sicherung eines harmonischen Verhältnisses zwischen Kirche und Staat in Deutschland“ dienen sollte, cf. Münsterischer Anzeiger (19.I.1934); LA NW 1049/53539 (Fragebogen Ent-nazifizierung vom 17.X.1946). In dieser Funktion sprach er auch am 14. März 1934 vor der NS-Frauenschaft in Beckum über die Rolle der Frau im Nationalsozialismus (Auszüge aus der Rede sind in Münsterischer Anzeiger (25.III.1934) überliefert): Die primäre gesellschaftli-che Funktion der Frau sei diejenige als Mutter, die als „Prototyp des heldischen Menschen“ ebensolche Kinder zur Welt bringt. Wie die unter dem Führer gestiegenen Geburtenziffern zeigen, bestehe die Aufgabe der Mutter in der Geburt und Erziehung möglichst vieler Kinder. Ihre Erziehung erstrecke sich bis zur Aufnahme des Sohnes in die Hitlerjugend und besteht aus emotialer, moralischer und religiöser Prägung. Das Morgen- und Abendgebet – mit einer Fürbitte für den Führer – soll obligatorisch sein. Als Ergänzung der letzten Bitte des Vaterun-sers schlägt Baumstark vor: „Erlöse uns von dem Erbübel der Deutschen, deutscher Unei-nigkeit, und von dem größten Übel, das wir Menschen uns selbst sind durch unsere Ich-sucht!“. – Weitere Mitgliedschaften: 1933–1936 NS-Lehrerbund, 1932–1945 Reichsbund deutscher Familie, cf. LA NW 1039-B/9372 (Fragebogen Entnazifizierung vom 20.VII.1945).180 Alfred Meyer wurde 1891 geboren und war Gauleiter in Westfalen-Nord von 1930 bis 1945; er beging 1945 Suizid, cf. ebd., 216. 181 Cf. RESPONDEK (1992), 25: „Zusammen mit der Studenten- und Dozentenschaftsführung und den NS-Größen des Gaues verfügte er [= Baumstark; PB] die Entfernung mißliebiger Professoren und Dozenten, die aus politischen oder aus rassischen Gründen an der Univer-sität Münster unerwünscht waren“.

527

Predrag Bukovec

ren,182 die sich bis zum Zweiten Weltkrieg, d. h. über Baumstarks Emeritierung

hinaus, hinzogen und seine Abneigung gegen den politischen Katholizismus

des Zentrums an einer disponierten Figur aufzeigen. Aber auch gegen Kolle-

gen, mit denen er ehemals gut zusammenarbeiten konnte und sich in seiner

Forschung inspirieren ließ, ging Baumstark vor: Zu nennen ist hier insbeson-

dere der Alttestamentler und Orientalist Paul Kahle, der schließlich mit seiner

Familie nach England flüchtete.183 In den Fall des Missionstheologen Josef

Schmidlin war Baumstark gleichfalls involviert: Das Besondere an Schmidlin

war seine dezidierte Abneigung gegen die Nationalsozialisten, die sich darin

erwies, daß er an der Universität den Hitler-Gruß verweigerte und damit nicht

nur seine Laufbahn aufs Spiel setzte.184 Schmidlin wurde von Baumstark de-

nunziert, was letzten Endes die Emeritierung zur Folge hatte und ebenso ein

Ausreiseverbot einschloß. Darüber beschwerte er sich beim Wissenschaftsmi-

nister am 22. März 1934 und tat seine persönliche Geringschätzung des nicht

namentlich genannten Baumstark kund:185

182 Cf. RIBHEGGE 194. Schon im Gleichschaltungsausschuß meinte Baumstark von einer „Bei-mischung nichtarischen Blutes“ bei Prälat Schreiber zu wissen, so daß er entlassen werden müsse (BDC-Baumstark 2713). Rektor Naendrup reagiert darauf: „Gründe für einen Verdacht nichtarischer Abkunft, wie Kopf- und Gesichtsbildung oder Name sind nur bei einzelnen der genannten Herren vorhanden und auch bei diesen nicht so stark, wie bei Herrn Baumstark selbst, dessen ganze Erscheinung in erheblichem Masse [sic] den Verdacht nicht arischer Abkunft erregt. Ich muss daher beantragen, dass auch Herr Baumstark zur Führung des ak-tenmässigen Nachweises seiner reinarischen Abstammung veranlasst wird“ (BDC-Baum-stark 2720 f.)183 Cf. KATER 53. In einem Brief an Lietzmann vom 1. September 1935 nennt Baumstarks Paul Kahle seinen Freund, cf. ALAND 825. Im Jahr 1938 half Kahles Frau einer jüdischen Freundin beim Aufräumen ihres Geschäftes nach einer Sabotageaktion. Als dies öffentlich wurde, sah sich Kahle gezwungen, aus eigenem Antrieb die Emeritierung zu beantragen, cf. M. KAHLE 27, die Baumstark „Judas“ nennt; P. KAHLE 150; HEIBER 221. 1941 wurde der Flüch-tige ausgebürgert. M. KAHLE 27 wird präzisiert: So „soll jener Fachkollege Baumstark, den wir bereits in Münster als einzigen alten Nationalsozialisten der dortigen Universität erlebt haben und der sich auch in Bonn schon denunziatorisch gegen Kahle betätigt hatte, als angeblich bekehrter nunmehriger Anti-Nazi bei den Kahles sondiert haben, wie weit die Gegnerschaft des Kollegen wohl ging“. Kahle selbst unterzeichnete 1934 ein Bekenntnis zu Hitler, cf. ELLIN-GER 50, wohl um die DMG und seinen Fachbereich präventiv zu schützen. Bei seiner Entna-zifizierung meinte Baumstark, daß er Kahle während der NS-Zeit geholfen hätte, cf. LA NW 1049/53539 (Baumstark vom 13.XI.1947).184 Cf. RIBHEGGE 193; K. MÜLLER 273; HEIBER 168; STEVELING 313–315; FLAMMER 318 f.185 HEIBER 546669 berichtet von einem Gerücht, wonach Schmidlin gesagt haben solle, daß Baumstark mit seinen zwölf Kindern zu kastrieren sei. Untergriffige Anspielungen auf Baum-starks viele Kinder finden sich allenthalben, cf. ebd., 468. Auch Rektor Naendrup wird unter-griffig in seinem „Zur Persönlichkeit des Professors Baumstark“ (BDC-Baumstark 2701 f.):

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Anton Baumstark (1872–1948)

„Namentlich aber muß ich protestieren, daß mich ein bis zur Unzurechnungsfähig-keit anormaler Kollege der philosophischen Fakultät, der sich als Großinquisitor ohne Mandat hier aufwirft, mit derart unberechtigten und ihn nichts angehenden Begründungen und Forderungen angezeigt hat. Ich kann Sie überhaupt vor die-sem krankhaften Menschen nur warnen, mit dem ich früher mehr oder weniger be-freundet war, über den ich also ein kompetentes Urteil abgeben kann.“186

Später wurde Schmidlin entlassen und kam aufgrund weiterer verbaler Ausfäl-

le gegen das NS-Regime schließlich ins Konzentrationslager Schirmeck, wo er

1944 starb.187

Baumstarks Eifer erklärt sich aus seiner Befürchtung, daß ein erneuter Kultur-

kampf zwischen Staat und katholischer Kirche unter allen Umständen zu ver-

hindern sei und dabei die Politik des Zentrums eine eminente Gefahr darstel-

le.188 Seines Erachtens bietet der Nationalsozialismus die Möglichkeit, diesen

Konflikt ebenso wie die konfessionelle Spaltung Deutschlands zumindest poli-

tisch aufzuheben.189 Baumstark rechtfertigte sich am 21. Mai 1935 in einem

„Baumstark ist m. E. eine pathologische Persönlichkeit, was sich auch in krankhaften Störun-gen bei mehreren seiner Kinder zeigt“. Dasselbe sagt Drerup gegenüber Naendrup am 13.VII.1934 (BDC-Baumstark 2779). Die Enttäuschung Schmidlins kann man insofern verste-hen, weil er nach UA Freiburg C67/1078 einer der Bittsteller war, die sich nach dem Ersten Weltkrieg für eine Berufung Baumstarks an die Universität Bonn einsetzten. 186 K. MÜLLER 274. An dieser Stelle gilt es zu kritisieren, daß K. MÜLLER Baumstark an keiner Stelle namentlich erwähnt, sondern ihn immer unter dem Pseudonym „Astrein“ führt. Hierbei handelt es sich um eine Vorverurteilung, die nicht in eine wissenschaftliche Abhandlung ge-hört. Der Verfasser erklärt zwar apodiktisch diese Praxis (ebd., 273), aber begründet sie nicht. Auch im Personenindex (ebd., 434) ist Baumstark unter „Astrein“ zu finden. Besonders problematisch ist, daß sogar die zitierten Archivalien ohne Anmerkung geändert werden und jedesmal Baumstarks Name ersetzt wird. Für eine akademische Studie unpassend ist ferner die Aussage in ebd., 274 f., wo der „Problemfall“ „Astrein“ seinen Grund in Baumstarks (ver-meintlicher) Homosexualität finde, die sich aus den Vorgängen in den Niederlanden ergebe (s. u.). Der postulierte Konnex zeigt, daß Müller die Umstände der Ereignisse nicht kennt. Bei aller verständlichen Parteinahme für Schmidlins Schicksal ist einer wissenschaftsgeschichtli-chen Aufarbeitung damit nicht geholfen.187 Cf. HEIBER 169.188 Cf. ebd., 467. Dies deckt sich weitgehend mit den Ausführungen in Mein Kampf, cf. HITLER 294. Zum Einfluß des Zentrums in Münster Anfang der 1930er Jahre, cf. HÖRSTER-PHILIPPS/ VIETEN 77; RIBHEGGE 188. Auch die Benediktiner in Maria Laach sympathisierten nicht mit dem Zentrum, cf. ALBERT 22. Odo Casel schreibt Baumstark von seiner Zustimmung zu den Thesen in Reinhold Baumstarks Plus ultra!, cf. ULB Münster I,55 (Casel vom Karfreitag 1919). Die erste Vorlesung des Abtes Herwegen während der Salzburger Hochschulwochen 1931 weist Auffassungen des Verhältnisses von Germanentum und Christentum auf, die den Ausführungen Baumstarks in seinen italienischen Tagebuchaufzeichnungen nahestehen, cf. insbesondere HERWEGEN 7–24.189 Cf. seine Ausführungen über die „traurigen Irrwege des politischen Katholizismus“ und den Nationalsozialismus als Chance, die konfessionellen Grabenkämpfe und den Liberalis-mus zu überwinden in BHSA, MK 69713, Az. 5a 71a 23 (Baumstark vom 26.V.1934); Mün-

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Predrag Bukovec

langen Brief an Hitler über seine politische Position:190 Er habe sich in erster

Linie für einen „Ausgleich“ zwischen dem Nationalsozialismus und der katholi-

schen Kirche eingesetzt. Besonders das Zentrum löste bei ihm Argwohn aus,

was ihn die Erfahrungen seines Vaters gelehrt hätten.191 Es folgte ein autobio-

graphischer Abriß, in dem er auch auf die Ereignisse während seiner Zeit als

Privatdozent in Heidelberg eingeht.

In einem anderen Brief, diesmal an Alfred Rosenberg aus dem Jahr 1936, er-

klärt er sich und seine Position: Er verschrieb sich dem Kampf gegen den poli-

tischen Katholizismus und folgt damit den Erfahrungen, die sein Vater in Ba-

den gemacht hatte.192 In Münster, wo das katholische Milieu und damit der Ein-

fluß des Zentrums groß war, erkennt er im Bischof Clemens Graf von Galen ei -

nen Oppositionsführer gegen das Dritte Reich, dessen Wirken man eindäm-

men müsse und mit dem er bereits in Konflikt stand, als es darum ging, die

Studenten der Katholisch-Theologischen Fakultät zum Besuch eines HJ-Auf-

marsches zu bewegen.193 Seine Dienste stelle er weiterhin dem NS-Staat zur

Verfügung und möchte seine Vorlesung zur Bedeutung des „Nationalsozialis-

sterischer Anzeiger (19.I.1934). Seinen Beitritt in die NSDAP verbrämte er religiös, cf. GSPK, I. HA Rep. 76 Va Sekt. 1 Tit. IV Nr. 17 Beih. 198 (Baumstark vom 11.V.1934): „[…] wie mir – durch Gottes Gnade und ohne irgendwelches persönliche Verdienst –, gegeben war, den Weg zum Nationalsozialismus zu finden“.190 BDC-Baumstark 2655–2682.191 Ähnlich äußert sich Baumstark in einem Interview im Münsterischen Anzeiger (19.I.1934): Das Ziel seiner Politik liege „in der endgültigen Ueberwindung der letzten Reste einer See-lenhaltung, wie sie dem politischen Katholizismus eigen war und praktisch zu einem größe-ren Vertrauen auf irdische Macht als auf die göttliche Wirksamkeit geführt habe. Demgegen-über erblickt er [= Baumstark; PB] das Heil im völligen Sieg eines aus der übernatürlichen Quelle seiner eigensten Kraft gespeisten religiösen Katholizismus, wie ihn schon in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts sein Vater, Reinhold Baumstark, und Professor Franz Xa-ver Krauß in Freiburg i. Br. vertraten“. 192 UA Bonn, kl. Slg. 109 (Baumstark vom 21.X.1936). Cf. KLAUSER 185, der unterstreicht, daß Baumstark von seinem Vater die „streng kirchliche Gesinnung, betont nationale Haltung“ übernommen habe. Von öffentlichen Reden Baumstarks, die das Verhältnis von Kirche und NSDAP thematisieren, berichtet BEHNKE 131.193 Cf. UA Bonn, kl. Slg. 109 (Baumstark vom 21.X.1936): „[...] daß gerade dieser von unse-rem Standpunkte aus so sehr üble Kirchenfürst ihr eigentlich letzter Regisseur ist“. Cf. ULB Münster II,137 (Heiming vom 16.IX.1935), auch FLAMMER 326–332. Zu den Dokumenten, s. LÖFFLER.

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Anton Baumstark (1872–1948)

mus als zeitgeschichtlicher Wende“194 im Eher-Verlag publizieren und damit ei-

nem breiteren Publikum zugänglich machen.195

Zu der Zeit, als Baumstark diesen Brief schrieb, war er schon emeritiert wor-

den; der Vorgang, der dazu führte, hängt mit der universitätsinternen Gegner-

schaft zum Rektor zusammen und hat auch über die Universität hinausgreifen-

de Aspekte. Den Ruhestand trat Baumstark nicht ganz freiwillig an.196

Der Konflikt mit Naendrup zeichnete sich schon im Frühjahr 1933 ab, als die

nationalsozialistischen Machthaber zur Durchsetzung des Führerprinzips in ei-

nem ersten Schritt die Neuwahl des Rektors anordneten.197 Die miteinander

streitenden Gaue Westfalen-Nord und Westfalen-Süd konnten sich nicht dar-

194 Gehalten wurde die einstündige Vorlesung im Sommersemester 1934 für Hörer aller Fa-kultäten.195 UA Bonn, kl. Slk. 109 (Baumstark vom 21.X.1936); ULB Münster VI,58 (Taeschner vom 2.X.1934). Cf. auch ALBERT 2222. Die Vorlesung wurde nicht publiziert, aber laut LA NW 1049/53539 (Fragebogen Entnazifizierung vom 17.X.1946) sei eine Mitschrift erhalten geblie-ben. – Eine ähnliche Reflexion über das Verhältnis von Wissenschaft und Nationalsozialis-mus stellt seine 1933 (nicht genauer datierte) Rede dar, die sich in GSPK I. HA Rep. 76, Va

Sekt. 13 Tit. IV Nr. 1 Bd. 8 findet und die Überschrift Die Krisis der Wissenschaft im Lichte der nationalsozialistischen Seelenhaltung trägt; KILLY 204 verzeichnet in ihrer Bibliographie Baumstarks (gefolgt von FEULNER (2001), 55), daß diese Rede als Zeitungsartikel in der Westfälischen Landeszeitung im selben Jahr erschienen sei, allerdings konnte ich dies trotz größerer Anstrengungen nicht verifizieren, sondern erhielt von Fritz West den entscheiden-den Hinweis auf das GSPK. Baumstark sieht mit dem Nationalsozialismus die lang ersehnte Wende eintreten, die das Zeitalter der Aufklärung zugunsten „einer Seelenhaltung, die alles Wirkliche weiss aus den letzten, tiefsten Gründen des Lebens, aus der Gewalt ihres Gewalt-erlebens und aus einer spartanischen Härte ihres Willens“ (S. 123 f.) ablöst. Für ihn stellt sich nun die Frage, wie sich die universitäre Wissenschaft angesichts dieses Aufbruchs legi-timieren könne, besonders wenn sie wie die Philologie auf einem nicht-naturwissenschaftli-chen Wahrheitsbegriff beruht und „jener Forderung der Lebensnähe“ (S. 124) nicht zu genü-gen scheint. Um dieser Schwäche zu begegnen, ermahnt Baumstark die Wissenschaftler da-zu, in höchster und gleichsam mathematischer Präzision zu arbeiten, gleichwohl aber anzu-erkennen, daß der Primat beim Gemeinwohl des deutschen Volkes liege; er findet hierfür ein drastisches Beispiel: Gesetzt den Fall, es würde beschlossen werden, daß „[a]n einem be-stimmten Tag um 1 Uhr mittags“ (S. 130) die Forschung zu beenden sei: „Ich könnte mir so-gar theoretisch vorstellen, dass wir Vertreter des wissenschaftlichen Betriebes als so schäd-lich empfunden würden, dass wir unmittelbar nach jenem 1 Uhr mittags zu erschiessen wä-ren, und ich würde stolz sein, zu denen zu gehören, die dann erschossen würden, stolz auf einem doppelten Grunde: stolz darauf, der Wissenschaft bis zum letzten Augenblick gedient zu haben, noch stolzer darauf, für Deutschland sterben zu dürfen“.196 Krankheit als Grund für seine Emeritierung, wie VON BEEKERATH 426 angibt, ist irreführend.197 Dazu cf. REECE CONN 63; HÖRSTER-PHILIPPS/ VIETEN 89. Die Neuwahlen mußten durchge-führt werden, wenn der Rektor vor dem 1. Februar 1933 gewählt worden war. Der Erlaß wur-de am 21.IV.1933 der Universität Münster mitgeteilt, cf. UA Münster, Best. 4, Nr. 38 (Preußi-sches Wissenschaftsministerium vom 21.IV.1933).

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Predrag Bukovec

auf einigen, wer für die Universität Münster zuständig sei, und nominierten je-

weils einen eigenen Kandidaten: Für Westfalen-Süd stand Naendrup zur Wahl,

während der andere Gau unter dem Gauleiter Meyer – Anton Baumstark be-

stimmte.198 Baumstark scheint sich am Wahltag ungebührend verhalten und

seinen Kollegen mitgeteilt zu haben, daß die Wahl selbst eine Farce sei, da er

der rechtmäßige Kandidat des Gaues wäre und sie dies nur zu bestätigen

bräuchten:

„Denn nun stand in der Sitzung jemand auf, den wir bis dahin alle nur als ein Ku-riosum betrachtet hatten. Beinahe 60 Jahre alt, war er erst vor kurzer Zeit berufen worden. Er trug einen wallenden Bart, hatte ein durch viele Furchen so zerstörtes Gesicht, daß man nie in seinen Mienen lesen konnte, und pflegte immer sehr um-ständlich und weihevoll zu sprechen. ,Vater Abraham' nannten ihn die Studenten wegen seiner alttestamentlichen Ausdrucksweise. Früher kostete es Mühe, ernst zu bleiben, wenn er seine Stimme erhob und für die Fakultät unwichtige Sachen höchst umständlich vortrug. Nun verkündete er, daß nach dem Willen des allein zuständigen Gauleiters Westfalen-Nord (was schon im Sinne der Parteibürokratie fraglich war, da es bisher nur einen Gau Westfalen gegeben hatte), er das Rekto-rat zu bekommen habe. Er bäte nicht um die Stimmen der Kollegen, sondern ver-lange sie von jedem von uns, der im neuen Staat noch wirken wolle. Viele mein-ten, daß er darauf rechnen könne, nicht nur die Stimmen der damaligen wenigen Parteizugehörigen zu erhalten, sondern außerdem die der Frommen. Es wurde von ihm gesagt, daß er keinen Morgen die erste Messe versäumte. Nur gewöhne er es sich jetzt an, selbst die Monstranz mit ,Heil Hitler' zu grüßen.“199

198 Zur Konkurrenz der Gauleiter Alfred Meyer (Westfalen-Nord) und Josef Wagner (Westfa-len-Süd), cf. HÜTTENBERGER 62 f. Gauleiter Wagner (*1898) war von 1931 bis 1941 im Amt, cf. ebd., 219 f.224. – Später meinte Baumstark, die Kandidatur sei ihm „gerade aufgezwungen“ worden, cf. BDC-Baumstark 2673 (Baumstark vom 21.V.1935).199 BEHNKE 118 f. Er hatte auch wenig Grund, mit Baumstark zu sympathisieren: Schließlich empfahl Baumstark im Abschlußbericht der Gleichschaltungskommission, daß Behnke ent-lassen werde, weil er „ein Anhänger extremster pazifistischer Ideen“ sei und seine Kinder jü-disch erziehe (BDC-Baumstark 2711); cf. dazu Baumstarks Aussage am Ende dieser Anmer-kung. Später, ab September 1945, sollte Behnke für die Entnazifizierung zuständig sein. Zum Wirken Behnkes nach 1945, cf. RESPONDEK (1995), 208 f. Behnke wendet sich 1946 entschie-den gegen die Rehabilitierung Baumstarks: „Der emeritierte und jetzt entlassene Professor Dr. Arthur [sic] Baumstark, jetzt wohnhaft in Bonn, versucht zur leichteren Rehabilitierung sei-ne Revision von Münster nach Bonn zu verlagern. Da man in Bonn über sein radikales, das Leben an der Universität vergiftendes Wirken von 1933–35 nichts weiss, hofft er, dort leichter seine Revision durchsetzen zu können. Er versucht jetzt, seine Personalakten von Münster nach Bonn überführen zu lassen. […] Ich lege von vornherein im Namen der Gerechtigkeit Protest gegen die Übersendung ein. Die Durchführung der Entnazifizierung hat viele Kolle-gen hart getroffen. Da kann dem Radikalsten unter den Nazis keine Erleichterung bei der Re-vision ermöglicht werden“ (UA Münster, Best. 5, Nr. 520: Behnke vom 25.III.1946). Cf. bereits UA Münster, Best. 5, Nr. 520 (Behnke vom 22.III.1946). Baumstark wiederum behauptete nach dem Zweiten Weltkrieg, daß er Behnke während des Nationalsozialismus vor der Ent-lassung bewahrt hätte, cf. LA NW 1049/53539 (Baumstark vom 13.XI.1947). In LA NW

532

Anton Baumstark (1872–1948)

Der Jurist Naendrup, der wie Baumstark Parteimitglied war,200 wirkte offenbar

gemäßigter und konzilianter, so daß man sich mit der absoluten Mehrheit von

56 von 82 Stimmen für ihn als neuen Rektor entschied.201 Baumstark wurde

aber am 15. März 1934 Dekan der Philosophischen Fakultät.202 Er focht die

Gültigkeit der Rektorenwahl an, aber er konnte sich aufgrund der Pattsituation

zwischen den konkurrierenden Gauen nicht durchsetzen; letztlich war auch

Naendrup nicht der Wunschkandidat des Wissenschaftsministeriums,203 so

daß er 1935 durch Karl Hugelmann ersetzt wurde.204

Der Konflikt zwischen Naendrup und Baumstark entzündete sich dann aber

vor allem an der Gleichschaltung des Universitätspersonals.205 Der zuständige

Ausschuß unter Baumstarks Führung übergab am 19. Juli 1933 dem Rektor

ein ausführliches Protokoll mit einer Auflistung von Personen, die aus Münster

zu entfernen seien.206 In den meisten Fällen war Naendrup jedoch daran inter-

essiert, die inkriminierten Professoren zu entlasten und verhinderte die Durch-

führung von Baumstarks Liste; bei anderen Gelegenheiten war der Rektor

aber durchaus willens, Kollegen entfernen zu lassen, so daß die ersten Entlas-

sungen im Sommersemester 1933 erfolgten.207 Durch diese Angelegenheit es-

1049/53539 (Fragebogen Entnazifizierung vom 17.X.1946) schreibt Baumstark: „Irgendeine Behelligung zu verhindern, vermochte ich ebenso gegenüber dem Mathematiker Herrn Kolle-gen H. Behnke, gegen den geltend gemacht wurde, daß seine verstorbene Gattin Jüdin sei und er sein einziges Kind im mosaischen Bekenntnis erziehen lasse“.200 Seit dem 1. Dezember 1932 als Pg. 1404737, cf. UA Münster, Best. 9, Nr. 862.201 Cf. UA Münster, Best. 4, Nr. 38 (Protokoll vom 26.VI.1933); auf Baumstark entfielen nur 13 Stimmen. Zu Naendrups Karriere bis zur Rektorenwahl, cf. SIEVERS 37; STEVELING 261–263. Daß nach ebd., 307 sein Konkurrent Baumstark „Botaniker“ gewesen sein soll, ist nicht rich-tig. Die Rektoratswahl selbst wird ebd., 306–309 beschrieben.202 Cf. ALAND 825. Über seine Amtsführung als Dekan schreibt Baumstark nach dem Krieg, cf. Baumstark vom 5.V.1946 (Privatbesitz Annegret Wolf), 12: „daß ich meine Stellung als autori-tärer Dekan dazu benützte, viel, was mir ganz unabhängig von Politik als wissenschaftlicher Unfug übelster Art erschien, auszuräumen oder zu verhindern“.203 Seit 1933 war Bernhard Rust (*1883) Preußischer Wissenschaftsminister; er beging 1945 Suizid, cf. HÜTTENBERGER 217.204 Cf. SIEVERS 38 f. Über den Kurator Steinbicker, cf. ebd., 29; RESPONDEK (1995), 42–44.205 In seinem Rechtfertigungsschreiben gegenüber den Entnazifizierungsbehörden widmet ihm Naendrup ein eigenes Kapitel mit der Überschrift „Mein Antipode Baumstark“, cf. UA Münster, Best. 31, Nr. 42/2 (vom 1.VII.1945). Hier wird aus Naendrups Sicht Baumstarks Wirken im Gleichschaltungsausschuß beschrieben.206 Cf. BDC-Baumstark 2738. – Nach dem Krieg hat Baumstark zu seiner Entlastung angege-ben, daß er seine Position dazu genutzt hätte, die Beseitigung von Dozenten durch den NS-Staat zu verhindern, cf. LA NW 1049/53539 (Baumstark vom 13.XI.1947).207 Cf. HÖRSTER-PHILIPPS/ VIETEN 91. Naendrup trat auch für das Führerprinzip ein, cf. RESPON-

533

Predrag Bukovec

kalierte der Streit zwischen beiden, die jeweils die Autorität ihres Amtes be-

schnitten sahen;208 Naendrup soll Baumstark schon zu dieser Zeit mit der

Emeritierung gedroht haben.209 Er suchte tatsächlich im Hintergrund Mittel, mit

denen er den mißliebigen Orientalisten beiseite schieben könne. Der entschei-

dende Hinweis kam aus den Niederlanden: Der Rektor der Universität Nijme-

gen, Engelbert Drerup, war seit den Studienzeiten in Leipzig Baumstarks

Freund gewesen (s. o.) und hatte ihm dabei geholfen, die Nebentätigkeit an

der neugegründeten Hochschule zu erwerben. Allerdings hatte Baumstark be-

reits kurz nach seinen Berufungsverhandlungen in Münster, bei denen er

zwecks Pension in den Niederlanden auf der Nebentätigkeit weiter beharrte,

die Stelle aufgegeben. Die Gründe – aus der Sicht Drerups – für das Ende der

Lehre Baumstarks an seiner Universität teilte dieser dem Rektor im Juli 1934

mit.210 Baumstark wurden Irregularitäten in seinem Privatleben während der

Aufenthalte in Nijmegen vorgeworfen, die denen aus seiner Zeit als Privatdo-

zent in Heidelberg ähnelten; die Ereignisse aus dem Jahr 1899 kamen wieder

auf.211 Mit den Anschuldigungen konnte Naendrup schließlich Baumstark unter

DEK (1992), 23. Trotzdem bleibt zu betonen, daß insgesamt 28 Ordinarien entlassen wurden, 19 davon aus rassistischen Gründen, cf. THAMER 16.208 Die Gaue waren für die Landesbeamten zuständig und übten die „Säuberungen“ aus, cf. HÜTTENBERGER 76.209 Cf. BDC-Baumstark 2707 (Baumstark vom 22.VII.1933) und 2736 („Herr Professor Baum-stark erklärt“ vom 28.IX.1933).210 Cf. HEIBER 469. Laut Auskunft des Regionalarchivs Nijmegen gab Baumstark gesundheitli-che Gründe an, als er am 13. Oktober 1930 seinen Fortgang mitteilte. Vier Tage vorher wur-de Baumstark nämlich von der örtlichen Polizei vorgeladen und ihm die Alternative gelassen, verhaftet zu werden oder sofort die Stadt zu verlassen, cf. HEIBER 469. Es ging offenbar um Bordellbesuche, cf. ebd. f. Über die Bordellbesuche hinaus trifft Drerup gegenüber Naendrup auch Anschuldigungen bzw. Gerüchte, wonach Baumstark schon im Campo Santo mit Semi-naristen, dann mit Lieblingsschülern in Sasbach und mit Studenten in Bonn und Münster – also sein Leben lang – „unsittliche“ Kontakte pflegte, s. BDC-Baumstark 2773–2775 (Drerup vom 12.VII.1934) und 2776–2779 (Drerup vom 13.VII.1934). Der ehemalige Studienkollege Drerup hat angesichts der Ereignisse von 1930 in Nijmegen die Freundschaft in Feindschaft umgewandelt.211 In BDC-Baumstark 2679 (Baumstark vom 21.V.1935) und 2750 (Meyer vom 4.X.1934) soll sein Kollege Heinrich Weber die Gerüchte gestreut haben. In Naendrups „Zur Persönlichkeit des Professors Baumstark“ (BDC-Baumstark 2701 f.) sollen auch Kahle und Sauer involviert gewesen sein. Allerdings pflegte Sauer mit seiner Patentochter Hedwig Baumstark während und nach dem Zweiten Weltkrieg den Kontakt, s. UA Freiburg C67/208; in dieser Akte sind u. a. ein Bericht über ihre Abschlußprüfung als Krankenschwester vom 8.I.1940, ein Dankes-brief der Patentochter vom 30.I.1944 für das Weihnachtsgeschenk sowie zwei Briefe aus den Jahren 1947/8 erhalten.

534

Anton Baumstark (1872–1948)

Druck setzen, die dieser aber vehement abstritt. Es kam zu einer über ein Jahr

währenden Auseinandersetzung, bei der von Rektoratsseite aus versucht wur-

de, Baumstark in Verruf zu bringen; neben den Gerüchten aus den Niederlan-

den wurde zum Beispiel Baumstarks Herkunft Thema, so daß ein „Ariernach-

weis“ verlangt wurde. Noch im Jahr 1933 klagt Baumstark vor dem Gaugericht

Münster auf Schutz seiner persönlichen Ehre;212 bei diesem Verfahren wurde

verhandelt, ob ein Ereignis, das mittlerweile über dreißig Jahre zurückliegt

(d. h. Heidelberg), bei einem Parteigenossen ins Gewicht fallen kann.213 In der

Zwischenzeit wurde, veranlaßt von Naendrup, eine Delegation in die Nieder-

lande entsandt, die bei den zuständigen Behörden und im Professorium in Nij-

megen Ermittlungen anstellen sollte, die Baumstark belasten könnten;214 die

Ergebnisse waren bescheiden, da die Polizei schwieg und die Kollegen wenig

über Gerüchte hinaus mitzuteilen hatten.215 Die Universität beschloß dann im

Oktober 1934, ein Untersuchungsverfahren gegen Baumstark einzuleiten, da-

mit man ihn entlassen könne.216 Der Baumstark wohlgesonnene Gauleiter

212 Die Akten des Gaugerichts finden sich in BDC-Baumstark 2758 f. Die Gerüchte hatten sich bereits über Münster hinaus verbreitet: In einem Brief Lietzmanns vom 15. Mai 1933 (ALAND 736 f.) muß Baumstark gegen Vorwürfe verteidigt werden, er sei in Münster allein durch „Zentrumsschiebung“ an die Professur gekommen. Dagegen wendet Lietzmann ein, daß er Baumstark schon seit dreißig Jahren kenne und ihn unterstützt habe, damit er aus Sasbach wieder zurück an die Universität komme: „Herr Baumstark ist unbestritten der füh-rende Gelehrte auf dem Gebiet der Erforschung des christlichen Orients: aber seine Interes-sen und seine Kenntnisse reichen weit über dies Gebiet hinaus“. Zur Petition für eine Univer-sitätsstelle für Baumstark bei der Reichsregierung kurz nach dem Ersten Weltkrieg, die auch Lietzmann unterzeichnet hatte, s. UA Freiburg C67/1078. Im Gegenteil, Baumstark möge das Zentrum nicht und sei von einem „starken nationalen Empfinden“ beseelt, der die „Hinterhäl-tigkeit des Ultramontanismus“ verwerfe. – Baumstark verwehrt sich ausdrücklich gegen „mei-ne angebliche frühere Zentrumshörigkeit“ in einem Brief an Lietzmann vom 1. September 1935, cf. ALAND 825. Eine Emeritierung „aus moralischen Gründen“ kennt auch P. KAHLE 151. Allerdings war sich Baumstark doch nicht zu schade, die Hilfe des Prälaten und Zentrums-funktionärs Schreiber bei der Bewerbung in Münster 1930 in Anspruch zu nehmen, cf. MOR-SEY (2003), 106. Cf. auch BDC-Baumstark 2637 f.2646–2649.2678.213 Cf. HANISCH 219.214 Cf. UA Münster, Best. 10, Nr. 706, 49 (Benecke vom 24.X.1934).215 Cf. UA Münster, Best. 10, Nr. 706, 53 und 57; BDC-Baumstark 2753–2756 („Bericht über die in der Angelegenheit Baumstark in Holland zusammen mit Pg. Franke und in Begleitung des Rektors der Universität getroffenen Feststellungen am 9.8.1934“). Cf. auch HEIBER 470. Das Reginalarchiv Nijmegen teilte mir mit, daß die Polizeiakten vor 1945 nicht mehr vorhan-den seien, da sie im September 1944 bei der Befreiung Nijmegens dem Feuer zum Opfer fie-len. 216 Cf. HEIBER 470.

535

Predrag Bukovec

Meyer zitierte ihn zu sich, damit er zu den Vorwürfen Stellung nehme und ein

Disziplinarverfahren verhindere. Um einer weiteren Verkomplizierung der An-

gelegenheit zu entgehen, entschloß sich Baumstark Anfang November 1934,

selbst die Emeritierung zu beantragen.217 Dem Antrag wurde zugestimmt und

die Emeritierung mit März 1935 festgesetzt; bis dahin wurde Baumstark beur-

laubt.218 Sein Nachfolger wurde Franz G. Taeschner (1888–1967), der schon

seit 1929 apl. Professor in Münster war.219

Nach seiner Emeritierung kehrte Baumstark nach Bonn zurück und blieb der

dortigen Universität als Gutachter in Berufungsverfahren verbunden.220 Er zog

sich nicht aus dem akademischen Leben zurück,221 sondern war in der Görres-

Gesellschaft als Herausgeber des Oriens christianus weiterhin aktiv, insbeson-

dere als durch die Kulturpolitik der Nationalsozialisten und kriegsbedingt der

Bestand der Gesellschaft gefährdet und die finanziellen Mittel knapp wur-

den;222 die letzte Ausgabe erschien 1941. Der schon in Münster eskalierte

Streit mit Prälat Schreiber wurde von Baumstark in der Görres-Gesellschaft

fortgesetzt und ist durch die umfangreiche Korrespondenz mit dem Vorstand

dokumentiert.223 Anderen Wissenschaftlern hingegen erwies sich Baumstark

wohlwollender und beriet sie in Forschungsfragen oder bei Fragen der Publi-

217 Cf. UA Münster, Best. 10, Nr. 706, 61 (Baumstark vom 2.XI.1934); BDC-Baumstark 2766 (vom 6.XI.1934). Er begründet dies in einem Schreiben an Lietzmann vom 1. September 1935 mit der finanziellen Absicherung seiner Familie, cf. ALAND 825.218 Cf. UA Münster, Best. 10, Nr. 706, 64 (Preußisches Wissenschaftsministerium vom 19.XI. 1934) und 66 (Preußisches Wissenschaftsministerium vom 8.XII.1934) sowie BDC-Baum-stark 2785. Von seiner frühzeitigen Emeritierung wurde in der örtlichen Presse Notiz genom-men, cf. ULB Münster I,67 (Casel vom 28.III.1935).219 Auch Taeschner war Mitglied in der NDSAP, er trat der Partei am 1. Mai 1933 bei und war Pg. 2494580, cf. UA Münster, Best. 9, Nr. 862; außerdem gehörte er zum NSDDB und war dort Kulturwart der Ortsgruppe Münster, cf. ELLINGER 36.39.220 Cf. HEIBER 471. 221 Im Herbst 1935 besuchte Baumstark den 19. Internationalen Orientalistenkongreß in Rom, cf. LA NW 1049/53539 (Fragebogen Entnazifizierung vom 17.X.1946).222 Cf. FRENKEN 382 f. Das Badische Ministerium des Innern und die Gestapo lösten die Gör-res-Gesellschaft im selben Jahr auf; davon berichtet der letzte Generalsekretär Arthur Allgei-er in ALLGEIER.223 Der interne Streit in der Görres-Gesellschaft führte 1935 fast zum Entzug der Schriftlei-tung des OC, cf. R. BAUMSTARK/ KAUFHOLD 62 f.6. MORSEY (2002), 19419 nennt der Autor die Agitation Baumstarks gegen Schreiber einen regelrechten „Vernichtungskampf“. Auch ge-genüber der Universität Münster hat Baumstark noch 1937 gegen Schreiber gewettert, cf. ULB Münster I,37 (Beyer vom 3.II.1937).

536

Anton Baumstark (1872–1948)

kationsmöglichkeit; zu nennen sind hier Peters, Dold und Kirchhoff.224 Der

Franziskaner Kilian Kirchhoff (1892–1944) wurde 1942 aufgrund einer Anzeige

zum Tod verurteilt, die ihm „staatszersetzende Äußerungen“ (Wehrkraftzerset-

zung) vorwarf. Gerade den Letztgenannten ereilte durch die Hand des Regi-

mes ein trauriges Schicksal: Als Übersetzer orthodoxer Hymnen versuchte

Kirchhoff den Schatz ostkirchlicher Gesangstradition auch im deutschsprachi-

gen Raum bekannt zu machen, erhielt jedoch für den zweiten Band keine

Druckgenehmigung. Während des Zweiten Weltkrieges fiel er bei den Natio-

nalsozialisten in Ungnade und wurde 1942 zum Tode verurteilt. Eine Petition

von Kollegen, darunter auch Baumstark,225 einen Monat vor seiner Hinrichtung

konnte keine Begnadigung erwirken. Kirchhoff wurde am 24. April 1944 ent-

hauptet. Nicht nur diese Erfahrung wirkte auf Baumstark verstörend; ebenso

der Tod einiger seiner Söhne und Schwiegersöhne an der Front ließ ihn 1943

leise kritische Töne gegenüber dem Nationalsozialismus äußern.226 Baumstark 224 Curt Peters zählte Baumstark zu seinen Schülern. Dessen Dissertation über das Diates-saron ging auf eine Lehrveranstaltung im SoSe 1932 zurück, cf. PETERS 5, und wurde 1939 veröffentlicht. Peters starb tragisch im Zweiten Weltkrieg, als er in den Niederlanden von der deutschen Verwaltung erschossen wurde; cf. auch LA NW 1049/53539 (Baumstark vom 13. VI.1945). Baumstarks Beschäftigung mit dem Thema wird schon aus einem Brief an Lietz-mann vom 24. März 1927 deutlich, cf. ALAND 538 f. Lietzmanns zustimmende Antwort findet sich ebd., 540. – Alban Dold stand mit Baumstark in engem Briefkontakt und ließ sich für sei-ne Forschungstätigkeit von ihm beraten, cf. DOLD V. Er gab mit Baumstark auch eine Edition heraus: DOLD/ A. BAUMSTARK. – In ROUSSEAU 1581 wird er zu den Schülern Baumstarks ge-zählt. Cf. auch MUND 32. Im Sommer 1938 bat Kirchhoff um ein Gespräch, bevor er den er-sten Osterband veröffentlichte, cf. ULB Münster III,86 (Kirchhoff vom 8.VII.1938). Drei Jahre später möchte er den zweiten Osterband zum Druck befördern und bittet Baumstark um Für-sprache bei der Reichsschrifttumskammer, damit eine Druckerlaubnis eingeholt werden kann, cf. ULB Münster III,88 (Kirchhoff vom 17.VII.1941).225 Neben Taeschner, Klauser, Rücker und Spies. Näheres bei MUND. Vielleicht war Baum-stark sogar der Initiator des Gnadengesuchs, jedenfalls bedankt sich Kirchhoff in seinem Ab-schiedsbrief bei ihm, cf. MUND 37: „Herzlichen Dank an Baumstark“. Cf. auch LA NW 1039-B/9372 (Ceslaus Böderfeld OFM vom 24.XI.1947): „Herzlichen Dank an Herrn Prof. Baum-stark“.226 Als Baumstark starb, war sein Sohn Theodor noch in russischer Kriegsgefangenschaft, während Hermann und Heinz als vermißt galten, cf. UA Münster, Best. 5, Nr. 520 (Todesan-zeige vom 31.V.1948). – Nach seiner Emeritierung schreibt Baumstark an Lietzmann am 1. September 1935 ernüchtert über die Undankbarkeit für sein Engagement (ALAND 825): „Mein Eintritt in die NSDAP und meine aktive Kämpfertätigkeit in ihr während des letzten Abschnit-tes des Kampfes um die Macht und seit dessen siegreicher Beendigung haben neben dem mir nicht zu raubenden Gefühle, doch auch noch ein klein wenig zur deutschen Wiederge-burt haben mitarbeiten zu dürfen, mir persönlich nur unendlichen Verdruß und Undank ge-bracht, worüber ich des näheren aus Parteidisziplin nicht reden will“, nennt sich aber einen Nationalsozialisten, cf. ebd., 826. Baumstarks Gemeindepfarrer in Bonn schreibt: „Zutiefst

537

Predrag Bukovec

hat sich jedoch weder während des Dritten Reiches noch in den Jahren bis zu

seinem Tod öffentlich gegen diese Ideologie gestellt;227 die Erkenntnis seiner

eigenen Mitschuld an der deutschen Katastrophe erfolgte sehr spät und im pri-

vaten Rahmen.228 Baumstark mußte zur Jahreswende 1944/5 aufgrund der

Bombenangriffe aus Bonn flüchten229 und lebte bis zum Kriegsende in Eiser-

feld an der Sieg bei seinem früheren Doktoranden Peter Fritz Hamm im Pfarr-

haus.230 Von dieser leidvollen Zeit weiß Baumstark vor allem von den Gottes-

diensten zu berichten, die Hamm zelebriert und welche ihn sehr beeindruck-

ten.231 Im Juni 1945 bezog er wieder sein Haus in Bonn, das jedoch zerstört

und ausgeplündert war.232

7. Baumstarks letzte Lebensjahre

enttäuscht zog er innerlich und im Kreis seiner Freunde und Bekannten schon lange die Kon-sequenz und wandte sich vom Nationalsozialismus ab. Nach aussen hin war ihm bei seiner grossen Kinderzahl ein Parteiaustritt nicht ohne weiteres möglich“ (LA NW 1049/53539). KUNZE 171 überliefert, daß Baumstark ihm gegenüber 1943 in Bonn die Mitteilung gemacht habe, daß der Nationalsozialismus bolschewistisch geworden sei. Er soll kurz vor seinem Tod in privater Korrespondenz noch seine „persönliche Mitschuld“ bekannt haben, cf. R. BAUMSTARK/ KAUFHOLD 81. Kritischer sieht dies MORSEY (2003), 12674.227 Als 1945 die Entnazifizierung erfolgte und Baumstark einen Fragebogen auszufüllen hatte, äußerte er sich dem Kurator der Universität Münster gegenüber zu diesen Dingen: Im „be-sten Glauben an & bestem Vertrauen auf die Ausführungen Ad. Hitlers in seinem Buche ,Mein Kampf'“ ließ er sich einsetzen für die NSDAP und verfolgte als Hauptziel „den An-schluß des katholischen Volksteils in die neue staatliche Ordnung“, distanziert sich jedoch von „der entsetzlichen späteren Entwicklung der Dinge“, da er sich „immer zur christlichen Weltanschauung bekannt“ habe. Er sorgt sich in erster Linie um seine große Familie. Cf. UA Münster, Best. 5, Nr. 520 (Baumstark vom 6.XI.1945).228 Aufschlußreich ist hier Baumstarks Brief an Karl M. Kaufmann vom 5.V.1946 (Privatbesitz Annegret Wolf): Im Laufe der Zeit, so Baumstark, wurde ihm klar, daß sich das NS-Regime gegen das Christentum selbst gewandt hätte und damit nicht siegreich sein konnte. Auch wenn er von „den Greueln der KZ's“ (ebd., 1) nichts gewußt haben wollte (und sie gegenüber den „Chikanierungen, die nun die ehemaligen Pgg. sich ausgesetzt sehen“ (ebd. f.) relati-viert), so war ihm das Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten abscheulich. Baumstark erwägt auch, daß die Bombardierungen durch die Aliierten insofern gerechtfertigt waren, als die Deutschen zuerst ebensolche durchführten (ebd., 2). Er gibt aber zu, an den „Führer“ bis zuletzt geglaubt zu haben – erst „sein theatralisches Hochzeit- & Selbstmordende“ hätten ihn davon abgebracht, wobei der Hitler vorwirft, beeinflußbar gewesen zu sein und statt eine „Führernatur“ zu besitzen sich als ein „allererbärmlichste[r] Schlappschwanz“ herausstellte (ebd., 3). Baumstark wollte, so der Brief weiter, innerlich schon sehr früh aus der Partei „un-ter lautestem Protest“ (ebd.) austreten, zog es aber wegen seiner Beamtenstellung und der Familie vor, zu bleiben.

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Anton Baumstark (1872–1948)

Nach dem Krieg bemühte sich Baumstark um die Wiederaufnahme des Oriens

christianus,233 die er jedoch nicht mehr erleben sollte.234 Durch Alter und Krank-

heit bedingt, erschien er nur noch selten in akademischen Kreisen.235 Erwäh-

nenswert ist aber sein Kontakt zum Syrologen Arthur Vööbus.236 Sein Engage-

ment bei der Gleichschaltung der Universität Münster führte 1946 zur Aber-

kennung des Professorentitels, den er seither nicht mehr führen durfte.237

Baumstark legte gegen diesen Entscheid Einspruch ein und hoffte bis zu sei-

229 Cf. Baumstark vom 5.V.1946 (Privatbesitz Annegret Wolf), 3 f.230 Cf. Baumstark vom 5.V.1946 (Privatbesitz Annegret Wolf), 5; er konnte dort sogar seine Diatessaron-Studien fortsetzen, cf. ebd., 6.231 Einmal ging für Baumstark sogar ein liturgischer Wunsch in Erfüllung, cf. Baumstark vom 5.V.1946 (Privatbesitz Annegret Wolf), 7: „Übernächtig[t] & zum Sterben müde hatte ich am Karsamstagmorgen doch noch eines der schönsten religiösen Erlebnisse meines irdischen Daseins: Mangels anderer dienstlicher Kräfte, die der Brückensprengung halber, nicht zur Stelle zu sein vermocht hatten, in Talar & Rochett bei der Feier der mir von Jugend auf un-endlich teuer [sic] Liturgie einst der Nox magna […] mitzuwirken & dann in choro dem Aufer-stehungsamte anwohnen & an den Stufen des Altars, in ihm die hl. Kommunion empfangen zu dürfen“.232 Cf. Baumstark vom 5.V.1946 (Privatbesitz Annegret Wolf), 8 f. Baumstark konnte gerade noch die Enteignung seines Hauses verhindern, die jedem Pg. drohte. Das Einfamilienhaus erwarb sich die Familie Baumstark im Jahr 1928, cf. LA NW 1049/53539 (Fragebogen Entna-zifizierung vom 17.X.1946); LA NW 1039-B/9372 (Fragebogen Entnazifizierung vom 20.VII. 1945).233 Cf. ALLGEIER 14. Arthur Allgeier, nun Rektor der Universität Freiburg i. Br., setzt sich bei Baumstarks Entnazifizierungsverfahren auch für ihn ein, cf. LA NW 1049/53539 (Allgeier vom 11.VI.1946).234 Der nächste Band erschien erst 1953.235 Cf. Baumstark vom 5.V.1946 (Privatbesitz Annegret Wolf), 11. Bis unmittelbar vor seinem Tod widmete sich Baumstark wissenschaftlichen Studien und plante weitere Vorhaben, cf. HEIMING 163. Odilo Heiming bereitete – wie ebd. angekündigt – die posthume Publikation von Baumstarks Nocturna laus vor. Sie erschien 1957, cf. HEIMING (1957).236 Cf. R. BAUMSTARK/ KAUFHOLD 69–75.237 Cf. ebd., 8054. Er sah sich einer „politischen ,Verdammung'“ ausgesetzt, cf. UA Freiburg C67/208 (Hedwig Baumstark vom 2.III.1947). Cf. Baumstark vom 5.V.1946 (Privatbesitz An-negret Wolf), 12: „Denn die ,antifaschistischen' Kräfte, die deutscherseits heute den Markt der Geister beherrschen, sind ungleich sturer & von Haß & Rachsucht verblendeter als die immer sich ehrenhaft & loyal erweisenden Briten“. Dies hängt auch damit zusammen, was SPIES (1970), 348 f. schreibt: „Vorwürfe, die man ihm wegen seiner Haltung zum Nationalso-zialismus machte, haben die letzten Jahre seines Lebens überschattet“. Man sollte berück-sichtigen, daß auch Otto Spies seit 1933 in der NSDAP war und in der Wehrmacht und der Gestapo tätig gewesen war, cf. ELLINGER 161; in den 1920er Jahren war er Assistent am Ori-entalischen Seminar in Bonn und bekam von 1931 bis 1937 eine Professur in Aligarh in In-dien, die ihm sein Lehrer Kahle vermittelt hatte; seit 1937 war er in Breslau, cf. P. KAHLE 120. Bei Baumstarks Entnazifizierungsverfahren übersetzte er ihm den Fragebogen ins Englische, cf. LA NW 1049/53539 (Fragebogen Entnazifizierung vom 17.X.1946).

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Predrag Bukovec

nem Tod auf die volle Rehabilitierung.238 Im Zuge der Entnazifizierung wurde er

auf Fürsprache verschiedener Kollegen in die Kategorie IV, d. h. als „nominel-

les Mitglied“, eingestuft.239 Für seine Pensionsansprüche war entscheidend,

daß sich der neue Rektor Prälat Schreiber trotz der jahrelangen Nachstellun-

gen durch Baumstark auf dessen Bitten hin positiv bei der Entnazifizierung

einsetzte und dadurch die Pension ausgezahlt werden konnte.240 Am 31. Mai

1948 schließlich verstarb Anton Baumstark mit 75 Jahren.241 Er wurde auf dem

Südfriedhof in Bonn beigesetzt.242 Nach Baumstarks Tod wurde seiner Frau die

Witwenpension bewilligt.243

238 Cf. LA NW 1049/53539 (Baumstark vom 17.X.1946).239 Cf. LA NW 1049/53539. Damit wurden seine Konten nicht gesperrt und Pensionszahlun-gen zugelassen, jedoch nicht mehr die universitäre Lehrtätigkeit. Damit wurden auf die famili-ären Verhältnisse Baumstarks und die Einschätzung, wonach „ein verstiegener Idealismus und viele Weltfremdheit Baumstark zum Nazi machte“ (cf. ebd.: Sichtungsausschuß der Uni-versität Münster vom 10.X.1947), Rücksicht genommen.240 Cf. UA Bonn, UV 139-327 (Frageborgen vom 24.XI.1947); UA Münster, Best. 5, Nr. 520 (Behnke vom 22.III.1946). Schreiber wurde im Juli 1945 in seiner Abwesenheit zum Rektor gewählt, cf. RESPONDEK (1995), 59; (2012), 232 f. Cf. auch MORSEY (2002), 19419; (2003), 107. Die Kultusministerin von Nordrhein-Westfalen ließ im Mai 1948 noch mitteilen, daß über die Emeritenbezüge Baumstarks erst im Rahmen der Entnazifizierung entschieden wird, cf. UA Münster, Best. 5, Nr. 520 (Kurator vom 29.V.1948). Über die Zeit mit Baumstark in Münster sagt Schreiber als erster Nachkriegsrektor, daß „under the leadership of Professor Dr. Baum-stark, they [= die Nazis; PB] tried to bring about my removal from the University“ (UA Mün-ster, Best. 31, Nr. 42/2, Schreiber vom 21.VI.1946).241 Laut der Todesanzeige verstarb er um 8:15 Uhr früh an den Folgen eines Schlaganfalls, cf. UA Münster, Best. 5, Nr. 520 (Todesanzeige vom 31.V.1948), so auch UA Freiburg C67/ 208 (Hedwig Baumstark vom 27.VI.1948); seine Frau erwähnt einen Gehirnschlag und als Todeszeitpunkt das Läuten zur Maiandacht, cf. UA Freiburg, C67/1077 (Frieda Baumstark vom 19.VI.1948). SCHNITZLER 187 schreibt, daß Baumstark „allzu still und ruhmlos dahin-schwand“.242 Die Exequien fanden am 5. Juni 1948 in der St. Elisabeth-Kirche in Bonn statt, die Beerdi-gung erfolgte am selben Tag auf dem Südfriedhof, cf. UA Münster, Best. 5, Nr. 520 (Todesan-zeige vom 31.V.1948). Rektor Schreiber kondolierte, cf. UA Münster, Best. 5, Nr. 520 (Schrei-ber vom 5.VI.1948). 1954 wurde seine Privatbibliothek zum Verkauf angeboten, cf. BERGER. 243 Cf. UA Münster, Best. 10, Nr. 706, 222. Cf. ferner MORSEY (2003), 128. Laut LA NW 1039-B/9372 (Entnazifizierungs-Hauptausschuß Bonn vom 30.VIII.1948) betrug die Witwenpensi-on ca. 73 % des Ruhegehaltes Baumstarks, d. h. in etwa 8000 DM im Jahr. Da die Familie seit Kriegsende von den Ersparnissen lebte, stellte es für die Witwe Frieda Baumstark eine besondere Härte dar, daß die Witwenpension erst ab Oktober 1948 ausgezahlt wurde. Sie legte durch ihren Rechtsbeistand Einspruch ein und forderte den 1.VI.1948 als Stichtag ein, konnte jedoch am Be-schluß nichts ändern, cf. LA NW 1039-B/9372. Auch eine Erlassung der 180 DM Gebühren für die Be-arbeitung des Antrags auf Witwenpension wurde ihr nicht gewährt, cf. ebd. – Mein Dank geht an meh-rere Kollegen, die mir bei der langwierigen Recherche mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben (in alphabetischer Reihenfolge): Meinem Doktorvater Hans-Jürgen Feulner bin ich für Begleitung und Be-ratung sehr dankbar. Das umfangreiche Archiv im Campo Santo dei Tedeschi hat mir Msgr. Stefan Heid geöffnet und mir auch anderweitig viele schnelle und unkomplizierte Hilfe gewährt. Helmut Mai-

540

Anton Baumstark (1872–1948)

Archivalien

ACST = Archiv des Campo Santo Teutonico: 15100; Bibl. O a 702 (Privatbesitz An-negret Wolf, Frankfurt/ Main)

AKTF Bonn = Archiv der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn: Al-bum Promoti III 9/10

ARIGG = Archiv des Römischen Instituts der Görres-Gesellschaft: I,2, Korrespon-denz J. P. Kirsch

BDC = Berlin Document Center: BDC-Baumstark (BArchR 4901/24179)BHSA = Bayerisches Hauptstaatsarchiv: MK 69713, Az. 5a 71a 23BISCH Sauer = Klosterverwaltung der Benediktinerabtei Scheyern: Nachlaß Joseph

Sauer GSPK = Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz: I. HA Rep. 76 Va Sekt. 1

Tit. IV Nr. 17 Beih; I. HA Rep. 76 Va Sekt. 13 Tit. IV Nr. 3 Bd 17; I. HA Rep. 76 Va

Nr. 10636; I. HA Rep. 76, Va Sekt. 13 Tit. IV Nr. 1 Bd. 8LA BW = Landesarchiv Baden-Württemberg: G.L.A. 235, Nr. 1766LA NW = Landesarchiv Nordrhein-Westfalen: 1039-B/9372, 1049/53539Privatbesitz Annegret Wolf, Frankfurt/ Main: Brief Baumstarks an Karl M. Kaufmann

vom 5.V.1946 [s. ACST]UA Bonn = Universitätsarchiv Bonn: PF-PA 646, UV 139-327, kl. Slg.109UA Freiburg = Universitätsarchiv Freiburg i. Br.: C67/208, C67/1077, C67/1078UA Heidelberg = Universitätsarchiv Heidelberg: PA 1318UA Münster = Universitätsarchiv Münster: Best. 4, Nr. 38; Best. 5, Nr. 520; Best. 9,

Nr. 862; Best. 10, Nr. 706; Best. 31, Nr. 42/2ULB Münster = Universitäts- und Landesbibliothek Münster: Nachlaß Baumstark

Badischer Beobachter vom 2.VII.1920, Artikel „Zur Abwehr“Frankfurter Zeitung vom 29.IX.1899Kölnische Volkszeitung vom 4.III.1933, Artikel „Bedauerliche Agitation eines katholi-

schen Gelehrten. Professor Anton Baumstark unter dem Hakenkreuz“Kölnische Volkszeitung vom 8.III.1933, Artikel „Professor Baumstark und das Zen-

trum. Berichtigung“Münsterischer Anzeiger vom 19.I.1934, Drittes Blatt: Artikel „Arbeitsgemeinschaft Ka-

tholischer Deutscher – Der Gaubeauftragte für Westfalen-Nord, Professor Dr. Baumstark über ihre Ziele“

Münsterischer Anzeiger vom 25.III.1934, Erstes Blatt: Artikel „Die Frau im nationalso-zialistischen Staat – Ein Vortrag von Prof. D. Dr. Baumstark Münster“

Pfälzer Bote vom 30.IX.1899

ßer und seinen Kollegen in der Fernleihe der UB Wien danke ich für die Beschaffung von Rara und Rarissima, was oft große Kreativität und persönlichen Einsatz gefordert hat. Besonders für die Rekon-struktion von Baumstarks Lehrtätigkeit in den Niederlanden möchte ich Fritz West danken, der auch bei anderen schwierigen Recherchen guten Rat wußte.

541

Predrag Bukovec

Völkischer Beobachter vom 4.III.1933, Zweites Beiblatt: Artikel „Die deutsche Gei-steswelt für Liste 1 – Erklärung von 300 deutschen Universitäts- und Hochschul-lehrern“

Das Titelbild wird mit freundlicher Genehmigung des Universitätsarchivs Freiburg i. Br. verwendet (UA Freiburg: C67/3311).Die fettgedruckten Titel aus der folgenden Bibliographie geben Schriften Baumstarks wieder, die in den Werkverzeichnissen bisher nicht aufgeführt wurden.

LiteraturALAND, Kurt (Hg.): Glanz und Niedergang der deutschen Universität. 50 Jahre deut-

scher Wissenschaftsgeschichte in Briefen an und von Hans Lietzmann (1892–1942), Berlin u. New York 1979

ALBERT, Marcel: Die Benediktinerabtei Maria Laach und der Nationalsozialismus. Pa-derborn u. a. 2004 (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte – Reihe B: Forschungen; 95)

ALLGEIER, Arthur: Einleitung. Die Görres-Gesellschaft 1876 bis 1941, in: Jahresbericht der Görres-Gesellschaft 1949. Die Görres-Gesellschaft und der Umbruch der Wis-senschaften, Köln 1950, 5–17

BAUMSTARK, Anton: Abendländische Palästinapilger des ersten Jahrtausends und ihre Berichte. Eine kulturgeschichtliche Skizze, Köln 1906 [= A. BAUMSTARK (1906a)]

–– : Antik-roemischer Gebetsstil im Messkanon. In: Miscellanea liturgica in honorem L. Cuniberti Mohlberg. Bd. 1, Rom 1948, 301–331 (Bibliotheca EL; 22)

–– : Arabische Liederklänge. In: Münchner Neuste Nachrichten vom 15.I.1893 [o.S.]

–– : Der bärtige Christustypus und die altchristliche Ausschmückung der Kreu-zigungsstelle auf Golgotha. In: BRUNS, Peter; LUTHE, Heinz O. (Hgg.): Orienta-lia Christiana. FS H. Kaufhold, Wiesbaden 2013, 1–12 (Eichstätter Beiträge zum Christlichen Orient; 3)

–– : Der christliche Orient und die Katholiken deutscher Zunge. In: Historisch-politi-sche Blätter für das katholische Deutschland 161 (1918), 141–153

–– : Comparative Liturgy. Hrsg. von F. L. Cross, London 1958–– : … das wollen wir, das sind wir, das heißt Katholische Deutsche Burschenschaft.

In: Der Ring 1 (1928), 49–51 [= A. BAUMSTARK (1928a)]–– : Ein liturgiegeschichtliches Unternehmen deutscher Benediktinerabteien. In: OC

18 (1920), 132–134–– : Ein liturgiewissenschaftliches Unternehmen deutscher Benediktinerabteien. In:

Deutsche Literaturzeitung 47 f. (1919), 897–905.921–927–– : Rez. G. Diettrich, Die nestorianische Taufliturgie ins Deutsche übersetzt und un-

ter Verwertung der neuesten handschriftlichen Funde historisch-kritisch erforscht. Giessen (J. Rickersche Verlagsbuchhandlung) 1903. In: OC 3 (1903), 219–226

–– : Geschichte der syrischen Literatur. Bonn 1922–– : Joseph Strzygowski und die christliche Kunst des nördlichen Mesopotamiens. In:

Wissenschaftliche Beilage zur Germania 22 (1911), 169–173–– : Karl Maria Kaufmann. Skizze eines deutschen Gelehrtenlebens, Leipzig 1937

542

Anton Baumstark (1872–1948)

–– : Liturgie comparée. Principes et méthodes pour l'étude historique des liturgies chrétiennes, Chevetonge 1953

–– : Lucubrationes Syro-Graecae. In: FLECKEISEN, Alfred (Hg.): Jahrbücher für classi-sche Philologie. Einundzwanzigster Supplementband, Leipzig 1894, 353–524

–– : Militia Christi et patriae. In: Der Ring 1 (1928), 90 f. [A. BAUMSTARK (1928b)]–– : Missale Romanum. Seine Entwicklung, ihre wichtigsten Urkunden und Probleme,

Eindhoven-Nijmegen 1929–– , „Mit Würde“ – und Demut. In: Westdeutsche Akademische Rundschau, 1. Juni-

folge 1933, 1 f.–– : Die Modestianischen und die Konstantinischen Bauten am Heiligen Grabe zu Je-

rusalem. Paderborn 1915 (Studien zur Geschichte und Kultur des Altertums; 7,3 f.)–– : Nachruf auf Anton de Waal. In: OC 14 (1916), 314–317–– : Nachruf auf Heinrich Goussen. In: OC 24 (1927), 356–360–– : Nachruf auf Ignazio Guidi. In: OC 32 (1935), 239–244–– : Nichtevangelische syrische Perikopenordnungen des ersten Jahrtausends. Im

Sinne vergleichender Liturgiegeschichte, Münster 1921 (LF 3)–– : Osterfeuer und Osterlicht. In: Kölnische Volkszeitung vom 31.III.1907, S. 1 f.–– : Palaestinensia. Ein vorläufiger Bericht, in: RQ 20 (1906), 123–149.157–188 [= A.

BAUMSTARK (1906b)]–– : Der Pessimismus in der griechischen Lyrik. Ein Vortrag, Heidelberg 1898 [= A.

BAUMSTARK (1898a)]–– : Die Petrus- und Paulusacten in der litterarischen Ueberlieferung der syrischen

Kirche. Festgruss dem Priestercollegium des deutschen Campo Santo zu Rom zur Feier seines 25 jährigen Bestehens (8 December 1901), Leipzig 1902

–– : Syrisch-arabische Biographieen des Aristoteles. Habilitationsschrift der Philoso-phischen Facultät an der Grossh. Bad. Ruprecht-Karls-Universität zu Heidelberg, Leipzig 1898 [= A. BAUMSTARK (1898b)]

–– : Syrisch-arabische Biographieen des Aristoteles. Syrische Commentare zur εἰσ-αγωγή des Porphyrios, Leipzig 1900 (Aristoteles bei den Syrern vom V.–VIII. Jahr-hundert. Syrische Texte; herausgegeben, übersetzt und untersucht von Dr. A. Baumstark, Erster Band)

–– : Rez. TREMPELAS, Panagiotes N. (Hg.): Αἱ τρεῖς Λειτουργίαι κατὰ τοὺς ἐν Ἀθή-ναις κώδικας. Athen 1935 (Texte und Forschungen zur byzantinisch-neugrie-chischen Philologie; 15), in: Byzantinisch-neugriechische Jahrbücher 15 (1939), 213–240

–– : Vom geschichtlichen Werden der Liturgie. Freiburg i. Br. 1923 (Ecclesia orans; 10)

–– : Vom Osterbild des Morgenlandes. In: Kölnische Volkszeitung vom 27.III. 1910 [o. S.]

–– : Zum 100. Geburtstag Reinhold Baumstarks. In: Kölnische Volkszeitung vom 22.VIII.1931, S. 6

BAUMSTARK, Reinhold; KAUFHOLD, Hubert: Anton Baumstarks wissenschaftliches Te-stament. Zu seinem 50. Todestag am 31. Mai 1998, in: TAFT, Robert F.; WINKLER, Gabriele (Hgg.): Acts of the International Congress Comparative Liturgy Fifty Years after Anton Baumstark (1872–1948), Rome, 25–29 September 1998. Rom 2001, 61–117 (OCA 265)

543

Predrag Bukovec

BAUMSTARK, Reinhold: Dr. Anton Baumstark. Seine Lebensgeschichte, von ihm selbst verfasst, aus seinem Nachlass herausgegeben und abgeschlossen von seinem Sohne, Freiburg i. Br. 1876

BAUMSTARK, Reinhold: Ein Blick zurück auf Forschungen Anton Baumstarks zur Kunst des Christlichen Orients. In: BRUNS, Peter; LUTHE, Heinz O. (Hgg.): Orientalia Chri-stiana. FS H. Kaufhold, Wiesbaden 2013, 13–31 (Eichstätter Beiträge zum Christli-chen Orient; 3)

BAUMSTARK, Reinhold:244 Gedanken eines Protestanten über die päpstliche Einladung zur Wiedervereinigung mit der römisch-katholischen Kirche. Regensburg 111869

–– : Plus ultra! Schicksale eines deutschen Katholiken 1869–1882, Straßburg 1883–– ; BAUMSTARK, Hermann: Unsere Wege zur katholischen Kirche. Freiburg i. Br. 1870VON BEEKERATH, Jürgen: Außereuropäische Sprachen und Kulturen an der Universität

Münster. In: DOLLINGER, Heinz (Hg.): Die Universität Münster 1780–1980. Münster 1980, 425–428

BEHNKE, Heinrich: Semesterberichte. Ein Leben an deutschen Universitäten im Wan-del der Zeit, Göttingen 1978

BERGER, Gerda: Ein großer Gelehrter und ein großer Christ. In: Einst und Jetzt. Be-richte aus dem Antiquariat Ludwig Röhrscheid Bonn 276 (1954), Beilage Nr. 29

DOLD, Alban; BAUMSTARK, Anton (Hgg.): Das Palimpsestsakramentar im Codex Au-giensis CXII. Ein Messbuch ältester Struktur aus dem Alpengebiet, Beuron 1925

DOLD, Alban: Vom Sakramentar Comes und Capitulare zum Missale. Eine Studie über die Entstehungszeit der erstmals vollständig erschlossenen liturgischen Pa-limpsest-Texte in Unziale aus Codex 271 vom Monte Cassino, Beuron 1943 (Texte und Arbeiten: Beiträge zur Ergründung des älteren lateinischen christlichen Scrift-tums [sic] und Gottesdienstes; 34)

DRERUP, Engelbert: De Katholieke Universiteit in 1930-1921. Rede uitgesproken ter gelegenheid der Overdracht van het Rectoraat op Maandag 21 September 1921, in: Jaarboek der R.K. Universiteit te Nijmegen 1930-1931, Nijmegen u. Utrecht 1931

ELLINGER, Ekkehard: Deutsche Orientalistik zur Zeit des Nationalsozialismus 1933–1945. Edingen-Neckarhausen 2006 (thèses; 4)

EREMOS [BAUMSTARK, Anton]: Auf der Fahrt nach dem Frieden. Eine Seelengeschichte in italienischen Tagebuchaufzeichnungen, Rom u. Regensburg 1904

FEULNER, Hans-Jürgen: Anton Baumstark (1872-1948). In: KRANEMANN, Benedikt; RASCHZOK, Klaus (Hgg.): Gottesdienst als Feld theologischer Wissenschaft im 20. Jahrhundert. Deutschsprachige Liturgiewissenschaft in Einzelporträts, Bd. 1, Mün-ster 2011, 158–170 (LQF 98)

–– : Bibliography of Anton Baumstark. In: TAFT, Robert F.; WINKLER, Gabriele (Hgg.): Acts of the International Congress Comparative Liturgy Fifty Years after Anton Baumstark (1872–1948), Rome, 25–29 September 1998. Rom 2001, 31–60 (OCA 265)

–– : Liturgiewissenschaft in Wien. Selbstverständnis einer „Konzilswissenschaft“ zwi-schen Gestern, Heute und Morgen, in: REIKERSTORFER, Johann; JÄGGLE, Martin (Hgg.): Vorwärtserinnerungen. 625 Katholisch-Theologische Fakultät der Universi-tät Wien, Göttingen 2009, 221–253

244 Die folgenden drei Werke stammen vom Vater Anton Baumstarks.

544

Anton Baumstark (1872–1948)

FISCHER, Balthasar: Seit wann spricht man im Deutschen vom Eucharistischen „Hochgebet“? In: SCHIFFERLE, Alois (Hg.): Miteinander. Für eine vielfältige Einheit der Kirche, FS A. Hänggi, Basel u. a. 1992, 143–147

FLAMMER, Thomas: Die Katholisch-Theologische Fakultät der Westfälischen Wil-helms-Universität im „Dritten Reich“. In: THAMER, Hans-Ulrich; DROSTE, Daniel; HAPP, Sabine (Hgg.): Die Universität Münster im Nationalsozialismus. Kontinuitä-ten und Brüche zwischen 1920 und 1960, Bd. 1, Münster 2012, 309–346 (Veröf-fentlichungen des Universitätsarchivs Münster; 5)

FRENKEN, Ansgar: Zwischen vorsichtiger Annäherung und partieller Resistenz. Die Görres-Gesellschaft im Dritten Reich, in: LEHMANN, Hartmut; OEXLE, Otto G. (Hgg.): Nationalsozialismus in den Kulturwissenschaften. Bd. 1: Fächer – Milieus – Karrie-ren, Göttingen 2004, 371–415 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte; 200)

GATZ, Erwin: Anton de Waal (1837–1917) und der Campo Santo Teutonico. Rom u. a. 1980 (RQ.S 38)

GRAF, Georg: Zum Geleit und zum Andenken an Anton Baumstark und Adolf Rücker. In: OC 37 (1953), 1–5

GRESCHAT, Martin; KRUMWIEDE, Hans-Walter (Hgg.): Das Zeitalter der Weltkriege und Revolutionen. Neukirchen-Vluyn 1999 (Kirchen- und Theologiegeschichte in Quel-len; 5)

GRÜTTNER, Michael: Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissen-schaftspolitik. Heidelberg 2004 (Studien zur Wissenschafts- und Universitätsge-schichte; 6)

GULDENFELS, Werner: Hundert Jahre Heimschule Lender. Sasbach 1975HAMMERSCHMIDT, Ernst: Die Erforschung des christlichen Orients in der deutschen Ori-

entalistik. In: OC 48 (1964), 1–17HANISCH, Ludmilla: Akzentverschiebung – Zur Geschichte der Semitistik und Islam-

wissenschaft während des „Dritten Reichs“. In: Berichte zur Wissenschaftsge-schichte 18 (1995), 217–226

HÄUSSLING, Angelus A.: Das „Jahrbuch für Liturgiewissenschaft“. In: IDEM (Hg.): Jahr-buch für Liturgiewissenschaft. Register zu allen von 1921 bis 1941 erschienenen 15 Bänden, Münster 1982, 1–16

–– : Odilo Heiming OSB (1898–1988). In: KRANEMANN, Benedikt; RASCHZOK, Klaus (Hgg.): Gottesdienst als Feld theologischer Wissenschaft im 20. Jahrhundert. Deutschsprachige Liturgiewissenschaft in Einzelporträts, Bd. 1, Münster 2011, 461–466 (LQF 98)

HEIBER, Helmut: Universität unterm Hakenkreuz. Teil 1: Der Professor im Dritten Reich, Bilder aus der akademischen Provinz, München u. a. 1991

HEID, Stefan: Karl Anton Joseph Maria Dominikus Baumstark. Altphilologe, Orienta-list, Liturgiewissenschaftler, in: IDEM; DENNERT, Martin (Hgg.): Personenlexikon zur Christlichen Archäologie. Forscher und Persönlichkeiten vom 16. bis zum 21. Jahr-hundert, Bd. 1, Regensburg 2012, 138–140

HEIMING, Odilo: Einleitung des Herausgebers. In: BAUMSTARK, Anton: Nocturna laus. Typen frühchristlicher Vigilienfeier und ihr Fortleben vor allem im Römischen und Monastischen Ritus, hrsg. von O. Heiming, Münster 1957, 1–13 (LQF 32)

545

Predrag Bukovec

–– : In memoriam Anton Baumstark (✝ Mei 1948). In: Tijdschrift voor Liturgie 33 (1949), 161–163

HEINE, Peter: Geschichte der Arabistik und Islamkunde in Münster. Wiesbaden 1974HERWEGEN, Ildefons: Antike, Germanentum und Christentum. Drei Vorlesungen, Salz-

burg 1932 (Bücherei der Salzburger Hochschulwochen; 1)HILDEBRANDT, Henrik: Hans Lietzmann (1875–1942). In: KRANEMANN, Benedikt; RASCH-

ZOK, Klaus (Hgg.): Gottesdienst als Feld theologischer Wissenschaft im 20. Jahr-hundert. Deutschsprachige Liturgiewissenschaft in Einzelporträts, Bd. 2, Münster 2011, 650–665 (LQF 98)

HITLER, Adolf: Mein Kampf. München 568–5721940 HÖRSTER-PHILIPPS, Ulrike; VIETEN, Bernward: Die Westfälische Wilhelms-Universität

beim Übergang zum Faschismus. Zum Verhältnis von Politik und Wissenschaft 1929-1935, in: KURZ, Lothar (Hg.): 200 Jahre zwischen Dom und Schloß. Ein Le-sebuch zu Vergangenheit und Gegenwart der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Münster 1980, 77–103

HÜTTENBERGER, Peter: Die Gauleiter. Studie zum Wandel des Machtgefüges in der NSDAP, Stuttgart 1969 (Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte; 19)

KAHLE, Maria: Was hätten Sie getan? Die Flucht der Familie Kahle aus Nazi-Deutsch-land, hrsg. von John H. Kahle u. Wilhelm Bleek, Bonn 1998

KAHLE, Paul: Die Universität Bonn vor und während der Nazi-Zeit (1923–1939). Hrsg. von John H. Kahle u. Wilhelm Bleek, Bonn 1998

KARPP, Heinrich (Hg.): Karl Holl (1866–1926). Briefwechsel mit Adolf von Harnack, Tübingen 1966

KATER, Michael H.: Die nationalsozialistische Machtergreifung an den deutschen Hochschulen. Zum politischen Verhalten akademischer Lehrer bis 1939, in: VOGEL, Hans J.; SIMON, Helmut; PODLECH, Adalbert (Hgg.): Die Freiheit des Anderen. FS M. Hirsch, Baden-Baden 1981, 49–75

KAUFHOLD, Hubert: Einleitung. In: IDEM: Oriens Christianus. Hefte für die Kunde des christlichen Orients, Gesamtregister für die Bände 1 (1901) bis 70 (1986), Wiesba-den 1989, 1–48

–– : Liturgie im Leben und Werk Anton Baumstarks. In: TAFT, Robert F.; WINKLER, Ga-briele (Hgg.): Acts of the International Congress Comparative Liturgy Fifty Years after Anton Baumstark (1872–1948), Rome, 25–29 September 1998. Rom 2001, 119–144 (OCA 265)

–– : Die Sammlung Goussen in der Universitätsbibliothek Bonn. In: OC 81 (1997), 213–227

–– : Die Wissenschaft vom Christlichen Orient. Gedanken zur Geschichte und Zu-kunft des Faches, in: BRUNS, Peter; LUTHE, Heinz O. (Hgg.): Vom Euphrat an die Altmühl. Die Forschungsstelle Christlicher Orient an den Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, Wiesbaden 2012, 15–159 (Eichstätter Beiträge zum Christli-chen Orient; 1)

KAUFMANN, Carl M.: Allah ist groß! Erlebnisse und Begegnungen eines deutschen Forschers in einer entschwindenden Welt, Freiburg i. Br. 1950

KILLY, Herta E.: Bibliographia Baumstarkiana. In: EL 63 (1949), 187–207KLAUSER, Theodor: Anton Baumstark (1872–1948). In: EL 63 (1949), 185–187

546

Anton Baumstark (1872–1948)

KUNZE, Gerhard: Anton Baumstark. In: Monatsschrift für Pastoraltheologie zur Vertie-fung des gesamten pfarramtlichen Wirkens 38 (1949), 171 f.

LANGENBAHN, Stefan K.: Fürs Archiv des „Archivs“. Die Vorgeschichte des Jahrbuch für Liturgiewissenschaft (1918–1921) – zugleich eine Namensgeschichte des Ar-chiv für Liturgiewissenschaft, in: ALw 50 (2008), 31–61

LANNE, Emmanuel: Les dix leçons de Liturgie Comparée d'Anton Baumstark au Mo-nastère d'Amay-sur-Meuse en 1932. In: TAFT, Robert F.; WINKLER, Gabriele (Hgg.): Acts of the International Congress Comparative Liturgy Fifty Years after Anton Baumstark (1872–1948), Rome, 25–29 September 1998. Rom 2001, 145–161 (OCA 265)

LÖFFLER, Peter (Hg.): Bischof Clemens August Graf von Galen. Akten, Briefe und Pre-digten 1933–1946, Bd. 1: 1933–1939, Paderborn u. a. 21996 (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte – Reihe A: Quellen; 42)

MERZ, Toni: Universitätsprofessor Dr. Dr. h. c. Anton Baumstark. In: KUHN, Leo (Hg.): 75 Jahre Heimschule Lender. Bühl 1950, 42–44

MOHLBERG, L. Cunibert: Vertrauliches aus meinem Umgange mit mittelalterlichen Handschriften. In: Miscellanea historica in honorem Alberti de Meyer. Universitatis catholicae in oppido Lovaniensi iam annos XXV professoris, Leuven u. Brüssel 1946, 1314–1340 (Universiteit te Leuven: Publicaties op het gebied der Geschie-denis en der Philologie; 3,23)

MORSEY, Rudolf: Anton Baumstark und Georg Schreiber 1933–1948. Zwei gegen-sätzliche Positionen innerhalb der Görres-Gesellschaft, in: Jahres- und Tagungs-bericht der Görresgesellschaft 2003, 103–129

–– : Görres-Gesellschaft und NS-Diktatur. Die Geschichte der Görres-Gesellschaft 1932/33 bis zum Verbot 1941, Paderborn u. a. 2002

–– (Hg.): Die Vorträge auf den Generalversammlungen 1876–1985. Ein Verzeichnis, Paderborn u. a. 1990

MUCKERMANN, Friedrich: Im Kampf zwischen zwei Epochen. Lebenserinnerungen, Mainz 1973 (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte: Reihe A – Quellen; 15)

MÜLLER, Karl: Josef Schmidlin (1876–1944). Papsthistoriker und Begründer der ka-tholischen Missionswissenschaft, Nettetal 1989 (Studia Instituti Missiologici Socie-tatis Verbi Divini: Sankt Augustin; 47)

MÜLLER, Wolfgang: Baumstark, Reinhold. In: Neue deutsche Biographie. Hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 1, Berlin 1967, 669

MUND, Ottokar: Blumen auf den Trümmern. Blutzeugen der NS-Zeit – Kilian Kirchhoff OFM, Elpidius Markötter OFM, Wolfgang Rosenbaum OFM; eine Bildbiographie, Paderborn 1989

PETERS, Curt: Das Diatessaron Tatians. Seine Überlieferung und sein Nachwirken im Morgen- und Abendland sowie der heutige Stand seiner Erforschung, Rom 1939 (OCA 123)

REECE CONN, Kelly: National Socialism and German University Teachers. The NSDAP's Efforts to Create a National Socialist Professoriate and Scholarship, Diss. Univ. Washington DC 1973 [masch.]

547

Predrag Bukovec

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