A little bit of Torture helps

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In Memoriam Fritz Bauer (Ein Text für Menschenrechte und Zeitgeschichte) I. Verschwörungstheorien wie die des Antisemitismus 2 II. Aktuelle Grundrechtseingriffe betreffend Flüchtlinge 7 1. Presumption of Compliance or Obligation to consider Facts 8 2. Zwangsbehandlungen und die Verweigerung von Datenschutz 12 3. Durchbrechung der Berufsgeheimnisse 16 4. Rückschiebungen und Ausweisungen entgegen dem Refoulementverbot 18 5. Einstweilige Verfügungen gegen Rückschiebungen und Ausweisungen 19 6. Rückführungsrichtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union betreffend die Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger in der Europäischen Union 21 7. Immigration Detention and Access to Counsel: The Netherlands Legislation 22 III. Background : Serious Adverse Foreign Policy and Terrorism 25 8. Freedom of Expression and Information 27 9. Assessing Radicalisation and Diaspora 28 10. Terrorist Screening Data Base 29 11. Schengen Datastore System 31 12. Relationship between the International Legal Order of the United Nations and the Regional Community Legal Order 34 13. Security Implications 37 IV . Civil Rights and Personality Rights 38 1

Transcript of A little bit of Torture helps

In Memoriam Fritz Bauer

(Ein Text für Menschenrechte und Zeitgeschichte)

I. Verschwörungstheorien wie die des Antisemitismus 2

II. Aktuelle Grundrechtseingriffe betreffend Flüchtlinge 7

1. Presumption of Compliance or Obligation to consider Facts 8

2. Zwangsbehandlungen und die Verweigerung von Datenschutz 12

3. Durchbrechung der Berufsgeheimnisse 16

4. Rückschiebungen und Ausweisungen entgegen dem Refoulementverbot 18

5. Einstweilige Verfügungen gegen Rückschiebungen und Ausweisungen 19

6. Rückführungsrichtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union betreffend die Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger in der Europäischen Union 21

7. Immigration Detention and Access to Counsel: The NetherlandsLegislation 22

III. Background : Serious Adverse Foreign Policy and Terrorism 25

8. Freedom of Expression and Information 27

9. Assessing Radicalisation and Diaspora 28

10. Terrorist Screening Data Base 29

11. Schengen Datastore System 31

12. Relationship between the International Legal Order of the United Nations and the Regional Community Legal Order 34

13. Security Implications 37

IV . Civil Rights and Personality Rights 38

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14. National Politics and Social Movements 40

15. Anti Immigration Activism 41

16. Acess to Justice 42

V. Folterkomitee 43

17. Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen 44

18. Notlösung in den Bereichen Justiz und Innere Angelegenheiten 47

19. Der Rahmenbeschluss 2002/475/JI 48

VI. Complaint Mechanism: The Court of the European Union 52 VII. Complaint Mechanism: Monitoring by the European Commission 54

Literaturverzeichnis 56

In Memoriam Fritz Bauer (1903 – 1968)

(Ein Text für Menschenrechte und Juristische Zeitgeschichte1)

1 This Text was born as I was hungry.

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„Ein bischen Folter ist erlaubt, wenn sie den Kampf gegen Al - Quaida erleichtert.“

In der Globalisierung gilt das Gesetz der Dringlichkeit: Stets und überall droht Gefahr „Krieg gegen Terror“ ist angesagt.

Demokratie aber ist langsamer, der Rechtsstaat bremst.

Zu den wehrlosesten Opfern zählen Flüchtlinge, die ohnehin stets unter Kriminalitäts- oder sogar Terrorverdacht stehen.

I. Verschwörungstheorien wie die des Antisemitismus

Kernbestand des Antisemitismus ist die Vorstellung von der Verschwörung. Verschwörung bedeutet das verdeckte, im geheimen, also mittels Konspiration erfolgende Zusammenwirken von Individuen oder Gruppen zum Zwecke unlauteren Erwerbs von Macht und Reichtum, und dies mittels dreister Schädigung anderer.

Die Vorstellung von einer Verschwörung ist vornehmlich Folge des Unvermögens, immer komplexer werdende gesellschaftliche Zusammenhänge zu durchschauen.

Ökonomie, Soziologie und Anthropologie haben für das Phänomen einer unverstanden gebliebenen Generierung abstrakter Verdichtungen das erkenntnistheoretische Bild von der „Black Box“gewählt.2 (Metamorphosen des Antisemitismus, Europäische Rundschau, 42. Jahrgang, Seite 7).

Das Wort Antisemitismus steht für das Phänomen der modernen Judenfeindschaft. Als Grund für die Ächtung wurden nunmehr eine vorgebliche Rasse und die damit verbundenen Vorstellungen von einer Hierarchie der Herkunft und ihrer unverrückbaren Beständigkeit behauptet. Dass der Antisemitismus seinen Bekenntnischarakter verloren hat, ist dem Holocaust geschuldet. Kaum jemand möchte mit dem ultimativen Genozid an den Juden in Verbindung gebracht werden. Wie der amerikanische Historiker Devin O. Pendas in seiner Studie„ Der Auschwitz-Prozess – Völkermord vor Gericht“3 verdeutlicht, verdanken sich die milden Strafen einer „strukturellen

2 Europäische Rundschau, Holocaust in Ungarn 70 Jahre danach, 2014/1 Kritik,Auschwitz das nicht vergeht. 3 Devin O. Pendas, Der Auschwitz-Prozess , Völkermord vor Gericht, CambridgeUniversity Press, 2006.

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Blindheit“, die das deutsche Rechtssystem und die deutsche Strafprozessordnung auszeichnet.4

Die Ungeheuerlichkeit des Strafverfahrens bestand darin, dass dieAngeklagten nach dem deutschen Strafrecht behandelt wurden, sie also „normaler“ Straftaten überführt werden sollen. Demnach interessierte sich das Gericht nur für die individuelle Schuld und das subjektive Tatmotiv.

Jene Personen, die das Milieu schaffen, in dem das Verbrechen geschieht, und nachher ein Milieu bewahren, in dem die Verbrechengedeckt werden – durch Fälschungen, Beschönigungen, Verdrehung von Rechtsbegriffen, Erfindung von neuen Rechtsbegriffen, die es im positiven Recht gar nicht gibt, wie den sogenannten „Befehlsnotstand“ und dergleichen mehr – sind alle in der gleichen Weise mitbeteiligt an den Verbrechen, die unmittelbar Aufmerksamkeit erregen, dass heißt an den Morden.

Der ehemalige Generalstaatsanwalt Fritz Bauer war einer der wenigen Juden, der eine ausschlaggebende Rolle spielte, sodass eszum ersten Auschwitzprozess (20.Dezember bis 20. August 1965) amFrankfurter Landgericht kam.

Am 23.März 1933 wird Bauer von den neuen Machthabern ins Konzentrationslager gesperrt.Als er 1936 nach den Rassengesetzen, emigriert – zuerst nach Dänemark, dann Schweden, vertritt er die Ansicht aus politischen Gründen fliehen zu müssen, nicht aus „rassischen“. In der Emigration lernt Bauer Willy Brandt5 kennen, arbeitet als Journalist und entwickelt eine Begabung, die sein späteres Wirkenin der deutschen Justiz bestimmen sollte: das Herstellen von Öffentlichkeit, das Einnehmen der Öffentlichkeit für sein Lebensthema, die strafrechtliche Verfolgung der NS - Verbrecher, die in der Bundesrepublik unbehelligt ihren Berufen nachgingen.

Völkermord als Delikt sah das deutsche Strafrecht nicht vor, schon gar nicht eine staatlich angeordnete, arbeitsteilig organisierte Maßnahme zur Vernichtung der als „Rasse“

4 Die Akte Auschwitz, Schuld ohne Sühne, Der Spiegel Nr. 35 vom 25.08.2014. 5 Willy Brandt (1913-1992) Von 1969 bis 1974 Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Von 1964 bis 1978 Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, seit 1976 Vorsitzender der Sozialistischen Internationale. Im Jahr 1971 wurde Brandt der Friedensnobelpreis verliehen.

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ausgegrenzten europäischen Juden, durchgeführt in einer präzedenzlosen Radikalität und Systematik.

Folter und andere individuell begangene Gräueltaten waren juristisch gesehen „leichter“ zu beurteilen als das, was sich im weit weniger eindeutigen Bereich von Verantwortung und Gehorsam abgespielt hatte, der den bürokratisch organisierten Völkermord charakterisiert.Die individuelle Gräueltat wurde , wenn sie nachgewiesen werde konnte, härter bestraft. Verglichen mit den Taten des Völkermords, wurde ihr mehr Raum eingeräumt. Für Folter wurde auch ein ganz anderes Strafmaß festgesetzt als für Beihilfe zum Völkermord.6

Bauer erhoffte sich aber von der Anklage zumindest, dass die Verantwortlichen wegen Mordes lebenslänglich verurteilt würden und die deutsche Öffentlichkeit, vor allem durch die Gutachter der Historiker, über das Ausmaß der Verbrechen umfassend aufgeklärt werden können. Dass nur sechs der 22 Angeklagten wegen Mordes das Strafausmaß der „lebenslänglich“ erhielten, hat ihn nicht so betrübt, wie dass von den Angeklagten kein einziger ein „menschliches Wort“ gefunden habe.

Der Deutsche Bundespräsident hat jüngst in seiner Rede auf dem 70. Deutschen Juristentag in Hannover gewürdigt, dass dank Bauer „gleich 22 Angeklagte vor Gericht standen und so ein komplexes Bild ihres schrecklichen Tuns in den Lagern gewonnen werden konnte“.7

6 Devin O. Pendas, Der Auschwitzprozess, Völkermord vor Gericht, 311, Cambridge University Press. 7 Rautenberg, Zu Hause unter Feinden, Die Zeit Nr. 47 vom 13. November 2014.

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Für die überlebenden Opfer8 im Zeugenstand bedeuteten die verhängten Strafen, die am 20. August 1965 verlesen wurden, eine unfassbare Ungerechtigkeit. Aus der Perspektive der amerikanischen Rechtsauffassung heraus, nach der Mord und Mordabsicht „objektiv“ erfassbare Straftaten sind – wir würden heute von „tatorientierten“ Straftaten sprechen, irritieren ihn die Paragraphen 211 und 212 des deutschen Strafgesetzbuches, die von Mord und Totschlag handeln.

Die Unterscheidung von Mord und Totschlag ist in zweierlei Hinsicht von Bedeutung. Erstens fiel Totschlag seit 1960 unter die Verjährungsfrist. Nach 1960 mussten die Anklagebehörden, umeine Verurteilung zu erreichen, also beweisen, dass ein NS-Verbrechen die besonderen Kriterien für Mord erfüllte. Der Staatsanwalt musste als Ankläger beweisen können, dass dies aufeine besondere Art und Weise geschehenen war. Wie viele NS-Mörder wegen der Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag nicht vor Gericht gestellt werden konnten, wissen wir nicht.9

Dass hier bei der Bestimmung von Mord ein „subjektives“ ein täterorientiertes Merkmal zum Tragen kommt, also Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebes, Habgier, Verdeckungsabsicht,niedrige Beweggründe, ermöglicht es dem Angeklagten vor Gericht, alle unterstellten Motive zu bestreiten und den Staatsanwalt unter Zwang zu setzen, ihm vorsätzliches Verhalten nachzuweisen. Mit diesen Eigenheiten des deutschen Strafrechts wird erklärt, warum die Strafurteile so milde ausfielen und die Staatsanwälte zuvor in „Beweisnot“ gerieten.(Auschwitz – Das nicht vergeht, Kritik, Europäische Rundschau, 42. Jahrgang, 2014/1 Seite 113).

8 Die während der NS – Zeit verurteilten Personen galten auch nach 1945 als vorbestraft und wurden als Kriminelle diskriminiert. Sie waren damit von rechtlicher und symbolischer Wiedergutmachung genauso ausgeschlossen wie von finanziellen Entschädigung. Verwehrt blieben ihnen unter anderem die Wiederanerkennung akademischer Titel, die Berücksichtigung der Haftzeiten bei der Pensionsberechnung und die Aufnahme in die Opferfürsorgegesetze. Berufsverbote bleiben ebenfalls aufrecht und verhinderten oder erschwerten den sozialen Wiedereinstieg. Für Österreich sind auch Fälle bekannt, in denen nach 1945 Vorstrafen oder Reststrafen aus der NS Zeit fällig wurden.Angesichts der bruchlosen Strafverfolgung kamen individuelle Forderungen nach Entschädigung und Wiedergutmachung vielfach einer Selbstdenunziation gleich. (Siehe dazu Franz E. Eder, Homosexualitäten, Diskurse und Lebenswelten Wiener Vorlesungen, 2010. 9 Devin O. Pendas, Der Ausschwitz-Prozess, Völkermord vor Gericht, CambridgeUniversity Press 2006, 60.

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So ließ sich „Mordlust“ v.a. bei jenen Tätern nachweisen, die untergeordneten Rängen angehörten und die das Töten besorgt hatten, sonstige „niedrige Beweggründe“ hingegen bei allen Rangstufen. Rassenhass wurde prima facie als niedriger Beweggrund behandelt, politische Ideologien dagegen nicht, es seidenn, es traten andere Faktoren verschärfend hinzu.10

Bauer habe in seinem Rechtsdenken immer den progressiven Standpunkt vertreten, Strafen sollten nicht zur Vergeltung verhängt werden, sondern nur der Vorbeugung gegen zukünftige Taten dienen. Bei NS - Tätern von denen ein erneutes Verbrechen nicht zu erwarten sei, habe er seine progressive Haltung verdrängt.

Bauers schwieriges Verhältnis zu seinem Judentum wird ebenfalls beschrieben. Mit dem Studium der Rechtswissenschaft beginnt seineLoslösung vom Judentum als einer Konfession, aber auch als kulturelle Prägung, in die man hineingeboren wird. Bauer wird Sozialdemokrat, befasst sich intensiv mit allen progressiven Rechtstheorien und kämpft für die Weimarer Republik.Er versucht seine werturteilsfreie Praxis bei Gericht von seinem leidenschaftlichem Engagement für die SPD zu trennen.

Fritz Bauer war bis 1933 Amtsrichter. Dann wurde er von den Nationalsozialisten entlassen und kam kurzzeitig in KZ-Haft. Er emigrierte nach Dänemark und später nach Schweden.11

Ein weiterer Vorfall in Bauers Leben wäre er aufgedeckt worden, hätte ihn ebenfalls sein Amt kosten können: Bauer wurde 1936 in der dänischen Emigration wegen einer homosexuellen Beziehung kurzzeitig verhaftet. 1949 kehrte Bauer nach Deutschland zurück,um die NS Verbrechen vor Gericht zu bringen.

Vom 07. bis 10. Mai 1948 tagte in Den Haag ein Europa-Kongress. Winston Churchill wurde zum Ehrenpräsidenten dieses Kongresses

10 Devin O. Pendas, Der Auschwitz-Prozess, Völkermord vor Gericht, CambridgeUniversity Press, 2006, 61. 11 Zu Hause unter Feinden, Rautenberg, Die Zeit Nr. 47 vom 13. November 2014. (Erando Cristoforo Rautenberg ist brandenburgischer Generalstaatsanwalt undlehrt Jura an der Europa – Universität Viadrina Frankfurt an der Oder). Der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland war der erste Schritt zur großen Osterweiterung der EU, die östliche Grenze wurde am 03.Oktober 1990 von der Elbe an die deutsch-polnische Grenze verschoben. (Joschka Fischer, Scheitert Europa? Köln 2014, 48.)

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gewählt. Der Kongress verabschiedete drei Resolutionen in denen sich das Bekenntnis zu einem geeinten Europa, das in seiner ganzen Ausdehnung den freien Verkehr der Menschen, der Ideen und Güter gewährleistet, eine Charta der Menschenrechte, einen Gerichtshof der Sanktionen ergreift, um die Respektierung der Charta zu sichern, ein Europäisches Parlament, in dem die lebendigen Kräfte aller Nationen zu Worte kommen.12

Nach dem Inferno des Zweiten Weltkrieges mit mehr als 55 Millionen Toten, mit Rassenwahn und Holocaust13 haben die Nürnberger Prozesse die Entwicklung des Völkerstrafrechts begründet und nachhaltig gefördert. Am 1. November 1943 veröffentlichten Großbritannien, die Sowjetunion und die USA die „Erklärung über deutsche Grausamkeiten im besetzten Europa“, nachder die Hauptkriegsverbrecher nach einer gemeinsamen Entscheidungder Regierungen der Allierten bestraft werden sollten. Das war die politische Basis der Nürnberger Prozesse.

Zu Prozessbeginn bestritten alle Verteidiger die juristischen Grundlagen des Prozesses als „ex post facto Gesetzgebung“.14 Sie erklärten, dass „soweit es sich um Verbrechen gegen den Frieden handelt, der gegenwärtige Prozess keine gesetzliche Grundlage im internationalen Recht hat, sondern ein Verfahren ist, das auf neuem Strafrecht basiert, einem Strafrecht, das erst nach der Tatgeschaffen wurde. Aus Nürnberg erwuchsen die entscheidenden Rechtssätze des heutigen Völkerrechts. Der unmittelbare Zugriff auf die verantwortlichen Einzelpersonen brachte eine grundlegendeVeränderung im Völkerrecht mit sich.

Die drei Frankfurter Ausschwitzprozesse fanden von 1963 bis 1968 statt, ohne Bauer wäre die Akte Auschwitz vielleicht gar nicht erst aufgeschlagen worden. Auf Initiative Bauers kamen in Frankfurt am Main auch die NS- Euthanasiemorde vor Gericht.12 Konrad Adenauer, Erinnerungen 1945-1953, Churchill für ein neues Europa, 137, 1965 Deutsche Verlagsanstalt GmbH Stuttgart. 13 The term Holocaust did not become part of the public discourse until 1978when NBC (one of the large American television networks) aired a four –partseries with that title featuring the fate of a Jewish and a German family from Hitler’s Reich until the destruction of the Third Reich). Exhibiting all the usual problems that are inherent to products of popular culture, the film also featured one of popular culture’s major benefits: the dissemination of a message to a huge audience beyond the reach of scholarship and high brow journalism. The holocaust had become part of Western culture. (See Markovits, Political Anti-Semitism in Liberalism, Antisemitism and Democracy, Essays in Honour of Peter Pulzer, Oxford University Press, First Published in 2001.)14 Helmut Schmidt, Vertiefungen 2010 Verlagsgruppe Random House, 2010, 125.

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Erfolglos war Bauer damit, Richter und Staatsanwälte wegen der Verhängung der Todesstrafe zur Rechenschaft zu ziehen. Nach damaliger Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes war eine Verurteilung wegen Rechtsbeugung nur möglich, wenn dem Täter bei seiner Entscheidung bewusst war, damit schwerwiegend gegen Recht und Gesetz zu verstoßen. Bauer erblickte darin den Versuch, die Implikation seines Begriffes vom Unrechtsstaat zu revidieren. Er schrieb dazu 1965: „ Die Rechtsprechung der deutschen Gerichte gestattete den Beteiligten die – in Ermangelung eines Geständnisses – praktisch unwiderlegbare Verteidigung, sie hättenihr nazistisches Tun, das im Totschlag bestand, mit gutem Gewissen betrieben, womit die Möglichkeit ihrer Verurteilung entfiel. Keiner der Betroffenen hat erklärt, er sei sich des Unrechts bewusst gewesen.“

Die von der Verteidigung vorgebrachte Argumentationsfigur geht davon aus, dass ein Angeklagter nicht für schuldig befunden werden kann, wenn er bei der Weigerung verbrecherische Befehle zubefolgen, zu Recht um sein Leben und seine Sicherheit fürchten musste. Diese Drohung müsse „höchstwahrscheinlich“ gewesen sein und nicht nur „der Möglichkeit nach“ bestanden haben. Zudem seienverbrecherische Handlungen eines Angeklagten nur dann entschuldbar, wenn dieser zuvor jeden zumutbaren Versuch unternommen habe, der Drohung auf diese Weise zu entgehen. 15

Nach den von Bauer initiierten Prozessen, die das Grauen ernüchtert dokumentierten, und der Berichterstattung darüber war die Zahl der Zweifler in der Bevölkerung auf eine kleine Minderheit geschrumpft.

Nicht durchsetzen konnte sich Bauer allerdings mit seiner Ansicht, dass alle, die im Vernichtungslager als Teil der Tötungsmaschine ihren Dienst versehen haben, zu bestrafen seien. Eine konkrete Beteiligung an einzelnen Tötungshandlungen, fand Bauer, müsse ihnen dazu nicht eigens nachgewiesen werden.

Bauer und seine Staatsanwälte vertraten sowohl in der Anklage alsauch später im Plädoyer die Auffassung, der von Hitler, Himmler und Göring befohlene Massenmord an den Juden sei als eine einzigeTat, als einheitliches Vernichtungsprogramm zu werten. Nach Bauers Ansicht war jeder SS-Angehörige – vom Wachmann über den

15 Devin O Pendas, Der Auschwitz-Prozess, Völkermord vor Gericht, Cambridge University Press, 212.

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Lagerarzt bis hin zum Buchhalter – der an dieser Mordmaschine hantierte, der Mitwirkung am Morden schuldig, was immer er tat“.16

Während der Verhandlungen über die deutsche Souveränität gelang es Bundeskanzler Konrad Adenauer, der Forderung nach einer allgemeinen Amnestie für „deutsche Kriegsverbrechen“ mit dem Argument auszuweichen, die meisten der von alliierten Gerichten verurteilten Täter seien Opfer politischer Verfolgung und könntenfreigelassen werden, die wenigen wirklichen Verbrechen aber verdienten ihre Strafe. Damit gelang es ihm, eine Position in derMitte zu finden zwischen denjenigen, die jede Art der Kriminalisierung ehemaliger Nationalsozialisten ablehnten ( FreieDemokratische Partei /FDP) und den Besatzungsbehörden, die versuchten, von ihrem Kriegsverbrechen – Programm zu retten was noch zu retten war.17 In den 1970ern wurde eine Liste erstellt mit Namen von 4000 Menschen, die in Auschwitz-Birkenau eingesetzt worden waren. Seit2011 wird wieder gegen einige dieser SS Mitglieder ermittelt.18

Seit dem 01. April 2005 werden diejenigen, die immer noch von der „Auschwitz-Lüge“ faseln, wegen Volksverhetzung strafrechtlichverfolgt.19

II. Aktuelle Grundrechtseingriffe betreffend Flüchtlinge

Politischer Hintergrund

Die derzeitige Flüchtlingsproblematik ist vor dem Hintergrund desArabischen Frühlings 2011 zu sehen und bewirkt die Aushebelung

16 Daniel Müller, Das letzte Gericht, Die Zeit, Nummer 22, 28. Mai 2015. 17 Devin O. Pendas, Der Auschwitz – Prozess, Völkermord vor Gericht, Cambridge University Press, 21. 18 Zuletzt stand 1991 in Duisburg Heinrich Kühnemann vor Gericht. Er war angeklagt, einen Häftling erschlagen und einen Säugling in die Gaskammer gebracht zu haben. Kurz vor dem Urteilsspruch wurde er verhandlungsunfähig.Das Verfahren gegen Oskar Gröning in Lüneburg ist nach 24 Jahren Pause der erste Prozess, der einem SS-Mann aus Auschwitz in Deutschland gemacht wird.Das Urteil wird Ende Juli erwartet. (Das letzte Gericht, Müller, Die Zeit Nr. 22 vom 28. Mai 2015) 19 Zu Hause unter Feinden, Rautenberg, Die Zeit Nr. 47 vom 13. November 2014.

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der ohnehin seit Jahren debattierten Dublin II Verordnung. Mit Unterstützung der NATO – angeführt von Frankreich und Großbritannien – wurde das libysche Regime unter dem Diktator Gaddafi besiegt. Vorhergegangen waren die Revolutionen in den Nachbarländern Tunesien und Ägypten, die auch in Libyen zu Demonstrationen gegen das Regime motivierten (Elias Bierdel, Kommentar, Warum scheint es keine Alternative zu einem Krieg zu geben? Zeitschrift der Gesellschaft für bedrohte Völker, Österreich, Nr. 3, 2011).

Italien und Libyen haben im Dezember 2007 ein bilaterales Abkommen in Tripolis betreffend den Kampf gegen die illegale Einwanderung abgeschlossen. Dabei ging es vor allem um die Zurückführung von Flüchtlingen sowie Überwachungsmaßnahmen betreffend den Seeverkehr. Die Bestimmungen des Abkommens wurden 2011 durch die Ereignisse in Nordafrika suspendiert (Case of Hirsi Jamaa and Others versus Italy Application Number 27765/09 2012).

Die Abschiebung von Menschen auf Basis „fremder“ Nationalitäten und Staatsangehörigkeiten ist ein relativ neues „Phänomen“. EinenFall von Abschiebung stellen die Deportationen von Juden, Jüdinnen und anderen Opfergruppen während der NS Zeit dar, sie wurden als Kriegsinstrument eingesetzt. Wie Raoul Hillberg20 in seinem Werk über die Vernichtung der europäischen Juden und Jüdinnen beschreibt, waren Deportationen während der NS Herrschaft Teil des Vernichtungsprozesses in dem jeder Schritt den Keim eines weiteren Schrittes enthielt.

Auch heute stellen Abschiebungen zweifelsohne massive Eingriffe in das Leben der betroffenen Individuen dar. Jedoch sind es die mit den Deportationen des Dritten Reiches verbundenen Ziele und die Tatsache, dass Deportationen eben einen Schritt in einem größeren Vernichtungsprozess darstellten, die eine Verwendung dieses Begriffes für heutige Formen der zwangsweisen Außer-Landes-Bringung problematisch machen.

Im Gegensatz dazu wurden Abschiebungen gegen Ende des 20 Jahrhunderts neben Grenzkontrollen, Zuwanderungsquoten und anderen Maßnahmen schließlich auch in den meisten westlichen Demokratien als herkömmliches Instrument der Immigrationskontrolle institutionalisiert. (Jakob Winkler, Das

20 Hilberg Raoul, Sonderzüge nach Auschwitz, Frankfurt am Main, Ullstein 1987. Raul Hilberg, The destruction of the European Jews, Chicago 1961, dt.Erstausgabe Berlin 1982.

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“Fremde” verwalten: Die Praxis zwangsweiser Rückführungen von MigrantInnen in Österreich, Wien 2011, Seite 7).

1. Presumption of Compliance or Obligation to Consider Facts 21

Die Auffassung in der Rechtsprechung beider Europäischer Gerichtshöfe der des Gerichtshofes der Europäischen Union und desEuropäischen Gerichtshofes für Menschenrechte betreffend das Aufnahmeland Italien ging in die Richtung, dass keine systemischen Missstände bestünden. Es gelte ex lege die Vermutungdes gegenseitigen Vertrauens sowie der Rechtsstaatlichkeit betreffend die Staaten der Europäische Union im speziellen was die Einhaltung der Menschenrechte für Flüchtlinge im System der Dublinverordnung anbelangt (Case 411/10 NS 2011).

Zitat aus der Entscheidung Tarakhel v. Switzerland vom 04. November 2014 Application No. 29217/12 : In a judgement of 9 February 2012 the Federal Administrative Court dismissed the appeal, upholding the decision in its entirety. The Court considered that while there were shortcomings in the reception and social welfare arrangements and asylum seekers could not always be taken care of , there was no evidence in the file capable of “rebutting the presumption that Italy complied with its obligation under public international law”.

Die Ahndung von Menschenrechtsverletzungen hat sich immer auf diespezielle Situation

21 John Stanley, Presumption of Compliance or Obligation to Consider Facts, Recent Case Law on transfer of asylum seekers to Greece under the Dublin Regulation, Council Regulation No. 343/2003, Juridikum 3/2010, 261

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des Einzelnen bezogen („Individuelle Prüfung der Ereignisse und Umstände“ siehe auch Artikel 4 der Richtlinie 2004/83/EG Mindestnormen für die Anerkennung als Flüchtling oder den subsidiären Schutzstatus).

Es geht dabei um Verfahren, die das Gebot der Rechtsstaatlichkeitund Fairness umsetzen, um somit dem einzelnen zumindest Gehör zu verschaffen. Dabei kommt der Wahl und Form der Beweismittel eineherausragende Bedeutung zu.

Das Beweisrecht ist Schlussrecht eines jeden Rechtssystems insbesondere der Strafrechtsordnung.Der Begriff „Beweis“ versteht sich als jedes Mittel, das die Existenz oder die Nichtexistenz einer vorgegebenen Tatsache zu beweisen vermag.

Folglich existiert eine Tatsache in juristischem Sinne nur durch deren erbrachten Beweis gemäß der Regeln, die von einem vorgegebenen System festgesetzt worden sind, und durch die Überzeugung des Entscheidungsgremiums. Vor einem Strafgericht soll einerseits das Vorhandensein einer strafbaren Handlung und anderseits die Täterschaft und Schuld des Beschuldigten bewiesen werden.

(Internationales und staatliches Strafverfahrensrecht: Der Rückgriff auf innerstaatliches Recht in der Rechtsprechung der internationalen Strafgerichtshöfe für das ehemalige Jugoslawien und für Ruanda am Beispiel des Beweisrechts , Florence Vettraino,Dissertation der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, 21. März 2013 Defensio). In den letzten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte betreffend Asylwerber nach dem Dublin II Regime, finden sich Passagen, die sich auf systemische Defizite konzentrieren. “The relevant right is not the right to be free from systemic deficiencies, but the right to be free from such treatment: for instance it is not an answer to an individual to say that the real risk of rape she faces does not count because it does emanate from a systemic flaw”.(Submissions for the Intervener Aire Centre, European Council on Refugees and Exiles and Amnesty International, Tarakhel and Switzerland Application No 29217/12).

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In der Dublin III Verordnung findet sich dazu folgende Bestimmung:

“Where it is impossible to transfer an applicant to the Member State primarily designated as responsible because there are substantial grounds for believing that there are systemic flaws in the asylum procedure and in the reception conditions for applicants in that Member State, resulting in a risk of inhuman or degrading treatment within the meaning of Article 4 of the Charter of Fundamental Rights of the European Union, the determining Member State shall continue to examine the criteria set out in Chapter III in order to establish whether another Member State can be designated as responsible.”

In der Entscheidung M.S.S. gegen Belgien und Griechenland des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Januar 2011 fandder Gerichtshof, dass die Abschiebepraxis Belgiens eines afghanischen Asylwerbers nach Griechenland eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention bedeutete. Der Asylwerbermachte geltend, dass er befürchte ohne Anhörung seiner Fluchtgründe nach Afghanistan geschickt zu werden. Der Flüchtlingsberater erschien nicht zur Anhörung im Rahmen der Berufung und der Beschwerde wurde aufgrund von Abwesenheit nicht statt gegeben.

Der Gerichtshof hatte zunächst einen Antrag nach Rule 39 der Verfahrensordnung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte gegen die Überstellung des Asylwerbers abgelehnt, allerdings in einem Schreiben an Griechenland deutlich gemacht, dass diese Versagung auf der Annahme basiere, dass Griechenland seinen Verpflichtungen aus der Dublin II Verordnung, der Verfahrens- und der Aufnahmerichtlinie nachkommen werde(Letter of Notice).

Nachdem der Beschwerdeführer aus der Haft entlassen und obdachlos geworden war und Griechenland auf Nachfragen des Gerichts nicht reagierte, erging schließlich eine Einstweilige Anordnung zum Schutz vor Abschiebung nach Afghanistan.

In einer neueren Leitentscheidung der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte fordern Amnesty International, AIRE Centre und ECRE den Gerichtshof auf, auch denindividuellen Beweis zuzulassen, egal ob systemische oder nichtsystemische Defizite vorliegen würden sowie die Nichtbeschränkung auf eine bestimmte Beweisform.

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Eine Obdachlosigkeit von 50 Prozent würde einen systemischen Mangel bewirken, analysiert beispielsweise das Frankfurter Verwaltungsgericht.22 (See Third Party Intervention23 AIRE Centre, Amnesty and ECRE , Tharakhel v. Switzerland Applicant Number 29217/12 before the Grand Chamber of the European Court of Human Rights)

Für das System nach der Dublinverordnung Nr. 343/2003 gilt nach der Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union in der Rechtssache C-411/10 NS die unwiderlegbare Vermutung, dass die Grundrechte des Asylwerbers in dem für die Entscheidung über seinen Antrag normalerweise zuständigen Mitgliedstaat beachtet werden, mit der Pflicht der Mitgliedstaaten zu grundrechtskonformer Auslegung und Anwendung unvereinbar ist.

Dies wäre insbesondere bei einer Bestimmung der Fall, nach der bestimmte Staaten in Bezug auf die Beachtung der Grundrechte „sichere Staaten“ sind, wenn diese als unwiderlegbare Vermutung ausgelegt werden müsste, die jeden Gegenbeweis ausschließt (Presumption of compliance).

Art. 36 der Richtlinie 2005/85, der das europäische Konzept der sicheren Drittstaaten betrifft, sieht in Abs. 2 Buchst. a und c vor, dass ein Drittstaat nur dann als „sicherer Drittstaat“ betrachtet werden kann, wenn er die Genfer Flüchtlingskonvention und die EMRK nicht nur ratifiziert hat, sondern ihre Bestimmungenauch einhält.

In der Dublinverordnung III findet sich die Differenzierung zwischen „Circumstancial Proof“ und „Formal Proof“, Beweisformen die an den Formalbeweis des Mittelalters erinnern.

In der Dublin II Verordnung Artikel 18 Absatz 2 findet sich die Differenzierung zwischen Indizien und Beweismittel. Beweismitteln kommt bei der Beweiswürdigung ein höherer Wert zu als der zweiten Gruppe. Indizien sind konkrete, individuelle mit der Person des Asylwerbers in Zusammenhang stehende Formen des

22 Frankfurt Adminstrative Court in Case No. 7 K 560/11. F.A. 23 Die Nebenklagevertretung spricht anders als die Staatsanwaltschaft für Privatpersonen. Nebenklagevertreter müssen nicht zwingend den Argumenten der Anklagebehörde folgen, sondern können Fakten und Beweise unabhängig interpretieren. Nebenkläger sind Widersacher, die überlebt haben und als Zeugen wirken.

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Beweises wie Fahrkarten, Rechnungen oder andere schriftliche Belege. Daneben kennt die Durchführungsverordnung eine Liste vonBeweisen wie einen Registerauszug, Dokumente zum Nachweis des Verwandtschaftsverhältnisses sowie die schriftliche Bestätigung der Angaben durch einen anderen Mitgliedstaat.24

Es handelt sich dabei um Regelungen der Beweiswürdigung, die eineansonsten schrankenlose freie Beweiswürdigung zugunsten besserer vorhersehbarer Ergebnisse im Einzelfall, einschränken sollen. Bemerkenswert erscheint aber, dass Artikel 20 Abs 3 Dublin II VO wiederum auch die Grundlage für die Auslegung der Beweismittel im Sinne von Ausführungsbestimmungen bestimmt.25

Ersatzweise und erforderlichenfalls wird die DNA - Analyse oder ein Bluttest als Beweismittel für das Vorliegen eines Verwandtschaftsverhältnisses als Beweismittel im Anhang II Verzeichnis A der DVO zur Verordnung EG Nr. 343/2003 angeführt.26

Nach Artikel 21 Absatz 7 der Dublin II Verordnung dürfen Informationen nur zu den in Absatz 1 vorgesehenen Zwecken verwendet werden. Es muss definiert werden, zu welchem Zweck der Informationsaustausch dient und welche Behörden die Informationenentgegennehmen können: Jede Behörde darf selbstverständlich nur Informationen entgegennehmen, die zur Ausübung ihrer Kompetenzen erforderlich sind. Darüber hinaus besteht ein Verwertungsverbot.27

Die Einbindung der EG Datenschutzrichtlinie in das Dublin System ist aus Gründen der Rechtssicherheit zu begrüßen. Artikel 7 und Artikel 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union statuieren ähnliche Grundsätze.

Bei der Europäischen Kommission kann sich ein Individuum über eine gesetzliche Regelung, Vorschrift oder Verwaltungsmaßnahme

24 Filzwieser/Liebminger, Dublin II Verordnung, Das Europäische Zuständigkeitssystem, 129. 25 Filzwieser/Liebminger, Dublin II Verordnung, Das Europäische Asylzuständigkeitssystem, 195. 26 „Blood is not covered by constitutional guarantees and taking blood does not violate a suspect’s privilege against self-incrimination because the privilege applies only to oral testimony. Blood is evidence , not testimony, it can be seized pursuant to a search warrant.“ ( Technology and the logic of American Rascism, DAN and the meanings of Identity, „Liberty’s Life Stream“ , Sarah E. Cinn, 153, 2000, Wellington House London. 27 Filzwieser/Liebminger, Dublin II Verordnung, Das Europäische Asylzuständigkeitssystem, 164.

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bzw. über eine Praxis eines EU Staates beschweren, von der es glaubt, sie verletze eine Regelung oder einen Grundsatz des EU Rechts.Förmliche Verfahren der Vertragsverletzung gehen häufig auf derartige Beschwerden zurück.

Die EU Kommission hat einen Ermessenspielraum hinsichtlich der Entscheidung ein Vorabentscheidungsverfahren zu initiieren. Zweck dieses Vorhabens ist es die freiwillige Anpassung an die Vorgaben des Unionsrechtes durch die Mitgliedstaaten zu erreichen. Eine diesbezügliche Entscheidung des EuGH hat jedoch keine Auswirkungen auf die Rechte des Beschwerdeführers, da sie keine individuelle Situation regelt. Insbesondere kann so ein individueller Anspruch auf Wiedergutmachung nicht begründet werden.

„The Commission does not generally follow up such individual complaints by infringement proceedings unless they reveal the existence of a general administrative practice in the Member State concerned“.

Im Vorabentscheidungsverfahren betreffend die Auslegung der Verordnung Nr. 343/2003 sowie die daraus abzuleitenden Rechte derAsylwerber, die ein Element des Gemeinsamen Europäischen Asylsystem darstellen, das die Europäische Union eingerichtet hat, wurde speziell der Frage welche konkreten Rechte den Asylwerbern zukommen, die vor den nationalen Gerichten durchsetzbar sind, nachgegangen (Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 21. 12. 2011 — verbundene Rechtssachen C-411/10 und C-493/10).

“The question concerns the interpretation of Regulation No. 343/2003 and the rights which applicants for asylum derive from that regulation, which constitutes one of the elements of the Common European Asylum System adopted by the European Union. It is necessary to ascertain to what extent the provisions laid downin Chapter III of Regulation No 343/2003 actually confer on applicants for asylum rights which the national courts have a duty to protect.”

Der Generalanwalt hält dazu fest, Asylbewerbern stünde kein durchsetzbarer Anspruch gegen einen bestimmten Mitgliedstaat auf Prüfung ihres Asylantrags gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 zu. Das nationale Gericht, dem die

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systemischen Mängel des Asylverfahrens und die Aufnahmebedingungen für Asylwerber bekannt sind, ist allerdings verpflichtet, die Überstellung von Asylwerbern an diesen Mitgliedstaat auszusetzen.

Nach Artikel 107 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes der Europäischen Union gilt für den Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Falle außergewöhnlicher Umstände das Eilvorabentscheidungsverfahren28 und zwar in Fällen des Freiheitsentzuges oder der Freiheitsbeschränkung, wenn die aufgeworfene Frage für die Beurteilung der Rechtsstellung des Betroffenen entscheidend ist, oder in einem Rechtsstreit über daselterliche Erziehungs- und Sorgerecht, wenn die Zuständigkeit desgemäß dem Unionsrecht angerufenen Gerichts von der Vorlagefrage abhängt.29 (Empfehlung, Gerichtshof der Europäischen Union 2012/C 338/01).

In C- 411/10 NS (2011) the Court of Appeal also asked the Court of the European Union to apply the accelerated procedure under Article 104 a of the Court’s Rules of Procedure , citing amongst other points,

1. that there were approximately three hundred domestic cases awaiting the determination of the issues,

2. that the resolution of the matter would have implications for returns to any other Member State,

3. that it would be important to have clarity as soon as possible to ensure effective operation of the Regulation across the EU in line with fundamental rights,

28 Zur Sicherung des internationalen Rechtsanwendungsgleichklangs besteht die Möglichkeit einer Einholung einer Vorabentscheidung durch den EuGH. Seit dem Vertrag von Amsterdam ist Vorlagebefugnis auf letztinstanzliche Gerichte beschränkt siehe Artikel 68 EGV. 29 Empfehlungen an die nationalen Gerichte bezüglich der Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen, Gerichtshof der Europäischen Union, C 338/1.

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4. that these matters were leading to acute administrative problems for decision makers – including the European Court of Human Rights.

Rechts- und Asylpolitik stellen primär hoheitsrechtliche Fragen. Die Wahrnehmung des „Gewaltmonopols“ des Staates durch die Polizei oder die Justizbehörden oder die Frage, wer sich im Hoheitsgebiet eines Staates aufhalten darf, zählen zu den Kernpunkten tradierter Innenpolitik. Einer Übertragung von Kompetenzen aus diesem Bereich stimmen die Mitgliedstaaten daher nur sehr ungern zu. Allenfalls „ungeliebte“ Politikbereiche wie die Asylpolitik werden auf die EU abgeschoben.

Durch den Vertrag von Maastricht war die Rechts- und Asylpolitik auf Regelungen im EU- Vertrag beschränkt und fast ausschließlich in der dritten Säule der Asylpolitik der EU verortet worden. Die Europäische Union hatte in diesem Bereich keine eigenen Kompetenzen und koordinierte lediglich die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten auf zwischenstaatlicher Ebene. Ein Handeln der EUdurch die Gemeinschaftsorgane fand nur dort statt, wo es um Maßnahmen ging, in denen eine andere Gemeinschaftskompetenz begründet war, die ein Handeln im Bereich der Rechtspolitik umfasste.

Der Amsterdamer Vertrag (1997) übertrug Teile der Justiz- und Innenpolitik von der dritten in die erste Säule der EU, seitdem regelt die Europäischen Gemeinschaft bestimmte Fragen der Visum-,Asyl-, Einwanderungs- und Ausländerpolitik. Für die Festlegung der gemeinsamen Regeln – und Grundsätze gilt nach wie vor das Einstimmigkeitserfordernis.30

Für alle Maßnahmen zur Schaffung eines Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts soll die geteilte Zuständigkeit gelten,d.h. sowohl die Europäische Union als auch die Mitgliedstaaten sollen grundsätzlich berechtigt sein, Regelungen auf diesem Gebiet zu erlassen.31

30 Artikel 65 EGV sieht vor : Verbesserung und Vereinfachung des Systems fürdie grenzüberschreitende Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke.-der Zusammenarbeit bei der Erhebung von Beweismitteln-der Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen 31 Die Europäische Union, Politisches System und Politikbereiche, Werner Weidenfeld, Bonn 2008, 315.

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2. Zwangsbehandlungen und die Verweigerung von Datenschutz

Im österreichischen Asylsystem wird der Hintergrund der Flucht von Asylwerbern kaum erforscht und sowohl in Berufungen als auch in Urteilen findet sich häufig die Feststellung, dass die psychische Beeinträchtigung einer Wiedergabe der Fluchtgeschichtehinderlich ist. Die politischen Debatten über das Asylsystem und die Strukturen der Rechtsberatung lenken von den Betroffenen ab.

Die fast zwangslose Aufnahme von Flüchtlingen in psychiatrischen Einrichtungen und Krankenhäusern begegnet selten dem Einwand, dass grundsätzlich eine Anhaltung nur in Ausnahmefällen und nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zulässig sind.Anhaltungen finden für Staatsbürger nur im Rahmen der Durchführung und Sicherung von Strafprozessen statt.32

Das Abstellen auf die „Überstellungsfähigkeit“ aufgrund eingeholter psychiatrischer Fachgutachten, welche die Traumatisierung feststellen sollen, lässt die Fluchtursachen außer Acht und ist häufig sehr willkürlich. Die Form der Befragung und die medizinischen Untersuchungen bewirken eine Reduzierung der Flüchtlinge auf Objekte und die juristische Sprache ist dem angelehnt. Die Untersuchungen und auch die Diagnosen erinnern an die sogenannte Selektion, einem pseudowissenschaftlichen Auswahlprozess, der NS- Zeit.

Psychische Störungen nach schweren Belastungsereignissen waren unter dem Begriff der „Unfallneurose“ schon im vorigen Jahrhundert bekannt. Bemerkenswerterweise wurden bereits damals sowohl körperliche (mikrostrukturelle Hirnveränderungen) als auch psychische Faktoren (Zusammenbruch psychischer Abwehrmechanismen) diskutiert. Freud formulierte, dass exzessive Außenreize das Reizschild des Ichs durchbrochen hätte.

Trotz dieser Ansätze setzte sich aber die Auffassung durch, dass Extrembelastungen nur zu vorübergehenden Störungen führen könnten

32 That conclusion is consistent with that of the European Court of Human Rights in its judgment of 19 February 2009 in A. and Others v United Kingdom (not yet published in the Reports of Judgments and Decisions). In that judgment the European Court of Human Rights recalled that, where a person is deprived of his liberty because there are reasonable grounds for suspecting that he has committed an offence, the guarantee of procedural fairness under Article 5 § 4 of the European Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms (ECHR) requires that he be given an opportunity effectively to challenge the allegations made against him, which as a general rule requires that all the evidence against him be disclosed.

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und dass psychische Dauerschäden nur denkbar seien auf dem Boden einer strukturellen Hirnschädigung, einer schon vor dem Trauma gestörten Persönlichkeit. Es wurde auch die Auffassung vertreten,dass es sich um eine zweckbestimmte vielleicht sogar vorgetäuschte Reaktion handelt.

Unter maßgeblichem Einfluss des Neurologen Karl Bonhoeffer, dem Vater des Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer wurde diese Auffassung auch in der Reichsversicherungsordnung von 1926 fixiert.

Diese formale Festlegung hatte in der Nachkriegszeit die fatale Konsequenz, dass die sogenannten Wiedergutmachungsverfahren nichtselten an früheren Rechtsauffassungen scheiterten.

Die psychischen Spätschäden bei den Holocaust – Opfern wurden zunächst mit Krankheitsbegriffen gekennzeichnet, die sich teils an der Verfolgungssituation (wie KZ – oder Überlebens-Syndrom) teils am Beschwerdebild orientierten (wie Entwurzelungsdepressionoder chronisch progressive Asthenie).33

Ein besseres psychiatrisches Verständnis schwerer psychischer Dauerschäden hat sich aus den kollektiven Tragödien wie Holocaust, Hiroshima und Vietnam entwickelt, während seelische Störungen nach individuellen Schicksalen (sexuelle und andere Gewalttaten, Terrorismus, aber auch Technik- und Naturkatastrophen) erst allmählich ins Gedächtnis rücken.34

In seinem Urteil vom 09.Oktober 2001 in der Rechtssache C-377/98 Niederlande gegen Europäisches Parlament und Rat Slg . 2001 S. I-7079 Randnummer 70,78,79 und 80 bestätigte der Gerichtshof der Europäischen Union, dass das Grundrecht auf Unversehrtheit Teil des Unionrechts ist und im Bereich der Medizin und Biologie die freiwillige Einwilligung nach vorheriger Aufklärung umfasst.35

Die Grundsätze des Artikel 3 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – das Recht auf Unversehrtheit – sieht das Verbot eugenischer Praktiken, insbesondere derjenigen welche die Selektion von Menschen zum Ziel haben vor. Durch den Hinweis aufeugenische Praktiken, insbesondere derjenigen welche die

33 Friedrich Strian, Angst und Angstkrankheiten, 92. Verlag C.H.Beck, 2003.34 Friedrich Strian, Angst und Angsterkrankungen, 92, Verlag C.H. Beck, 2003.35 Euthanasie bezeichnete irreführend das „medizinische Töten“.

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Selektion von Menschen zum Ziel haben, soll die Möglichkeit erfasst werden, dass Selektionsprogramme organisiert und durchgeführt werden, wie beispielsweise Sterilisierungskampagnen,erzwungene Schwangerschaften, die Pflicht den Ehepartner in der gleichen Volksgruppe zu wählen, usw. umfassen.36

Derartige Handlungen werden in dem am 17. Juli 1998 in Rom verabschiedeten Statut des Internationalen Gerichtshofs (siehe Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe g) als internationale Verbrechen gegen die Menschlichkeit betrachtet : „A systematic policy of ethnic discrimination involving substantial public or private ressources “:

Article 7 Rome Statute of the International Criminal Court37

Crimes against Humanity38

For the purpose of this Statute, ‘crime against humanity’ means any of the following acts when committed as part of a widespread or systematic attack directed against any civilian population, with knowledge of the attack:

Rape, sexual slavery, enforced prostitution, forced pregnancy, enforced sterilization, or any other form of sexual violence of comparable gravity;

Flüchtlinge werden oft mehrfach diagnostiziert, bis die Frage nach ihrem rechtlichen Status gestellt werden kann. In der Zwischenzeit verschwinden einige gespensterhaft oder tauchen unter. Es gibt auch immer wieder Fälle von Selbstmord während desAsylverfahrens, das in Österreich oft bis zu 7 Jahren dauern kann.39

36

37 Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag ist nicht durch Beschlussdes Sicherheitsrates sondern durch das Rom-Statut ins Leben gerufen worden.Nach Hinterlegung der Ratifikationsurkunde ist es am 01. Juli 2002 in Kraftgetreten. 38 Der Begriff stammt aus dem Londoner Statut , die beiden anderen im Londoner Statut definierten Verbrechen waren „Verbrechen gegen den Frieden“die Planung und Durchführung des deutschen Angriffkrieges – sowie „Kriegsverbrechen“. 39 Siehe dazu auch Ernst Müller-Meiningen, Gespenstische Vergangenheit vor Gericht, zitiert in Süddeutsche Zeitung vom 30./31. August 1958. Enforced disappearances become first known as a practice of the Nazis in the Occupied Territories against the political elites as a means of creating fear and terror among the population. Auch in Europa kehren die Gespenster der Vergangenheit zurück. Rassismus wird heute offen geäußert, jetzt vorwiegend als Diskriminierung der Muslime. (Ian Buruma, 29. April 2015 Die Zeit Nr. 18 Geschichte, 70 Jahre

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Enforced disappearances become first known as a practice of the Nazis in the Occupied Territories against the political Elites asa means of creating fear and terror among the population.40

Das Recht auf Achtung des Privatlebens und das Recht auf Schutz des Arztgeheimnisses, das einer der Aspekte des erstgenannten Rechts ist, stellen grundsätzlich von der Gemeinschaftsrechtsordnung geschützte Grundrechte dar (ausführliche Darstellung dieser Judikatur: EuGH 05.10.1994 RS C-404/92 P, Aidstest).

Es wird vor allem bei Flüchtlingen zwischen Gemeinschaftsrechten,die sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten und solchen, die sich aus der EMRK ergeben– hier konkret aus Artikel 8 EMRK erschließen, differenziert.41

(Die Konventionsrechte als Gemeinschaftsgrundrechte und deren Anwendungsbereich, Michael Holoubek, Entscheidung OGH 29.08. 1995, 1 Ob 39/95).

Auch der österreichische OGH bekräftigt, dass sich aus den völkerrechtlichen Verträgen über den Schutz der Menschenrechte insbesondere der Europäischen Menschenrechtskonvention ergäbe, dass in der Gemeinschaft keine Maßnahmen als rechtens anerkannt werden können, die mit der Beachtung der so anerkannten und gewährleisteten Menschenrechte unvereinbar sind.42

Wenn sich im Rechtsmittelverfahren Bedenken hinsichtlich einer möglichen Verletzung der EMRK bei der Überstellung in den zuständigen MS ergeben, sind die MS untereinander zum Informationsaustausch über diese Frage gehalten: „Experts agree

nach Kriegsende.) (Torture and Forced Disappearance , Manfred Nowak, International Protectionof Human Rights Textbook , Turku, Abo Academic University, 2009). 40 Torture and Forced Disappearance , Manfred Nowak, International Protection of Human Rights Textbook, Turku, Abo Academic University, 2009).41 Die Konventionsrechte als Gemeinschaftsrechte und deren Anwedungsbereich,Michael Holoubek, Entscheidungsbesprechung OGH 29.08.1995, 1 Ob 39/95.42 Die Idee der Menschenrechte hat ihren Grund darin, dass wir alle Menschensind. Menschenrechte sind nicht aus einer Staatsangehörigkeit oder Nationalität abgeleitet, sondern gelten als Rechtsansprüche aller Menschen.Amartya Sen, Die Idee der Gerechtigkeit, The Idea of Justice, Penguin BooksLtd, 2009.

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that enhanced bilateral contacts should enable MS to avoid possible risks of breaching the ECHR when transferring an asylum seeker“.43

Es wird ferner auf die Verordnung EG Nr. 95/ 46 des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr verwiesen.

The English Data Protection Act was adopted on 16 July 1998 to give effect to Directive 95/46/EC of the European Parliament and of the Council of 24 October 1995. Under the Data Protection Act “personal data” means data which relate to a living individual who can be identified (a) from those data; or (b) from those data and other information which isin the possession of, or is likely to come into the possession of, the data controller, and includes any expression of opinion about the individual and any indication of the intentions of the data controller or any other person in respect of the individual (section 1).

“Personal data” means personal data consisting, inter alia, of information as to the racial or ethnic origin of the data subject, the commission or alleged commission by him of any offence, or any proceedings for any offence committed or alleged to have been committed by him, the disposal of such proceedings or the sentence of any court in such proceedings (section 2).

The particular combination of data in a DNA profile can furthermore be used to assess the most likely ethnic origin of the donor. Ethnic inferring through DNA profiles is possible as the individual “ethnic appearance” is systematically recorded on the database: when taking biological samples, police officers routinely classify suspects into one of seven “ethnic appearance”categories.

Ethnicity tests on the database might thus provide inferences foruse during a police investigation in order, for example, to help reduce a “suspect pool” and to inform police priorities. The

43 Filzwieser/Liebminger, Dublin II Verordung, Das Europäische Asylzuständigkeitssystem, 2. überarbeitete Auflage, 142.

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report noted that social factors and policing practices lead to adisproportionate number of people from black and ethnic minority groups being stopped, searched and arrested by the police, and hence having their DNA profiles recorded. It therefore voiced concerns that inferring ethnic identity from biological samples might reinforce racist views of propensity to criminality.44

Nachdem auf Initiative der UNESCO nach 1945 der biologische Rassismus in einer Reihe von Forschungsprojekten und Publikationen delegitimiert und gesellschaftlich geächtet wurde, nachdem wissenschaftlich dargelegt wurde, dass es „Rassen“ im biologischen Sinne nicht gibt, greifen Rassisten in den letzten Jahren zunehmend auf derartige Argumentationen zurück.45

Bei Flüchtlingen werden von Blutabnahmen zur Feststellung einer allfälligen Drogenbeeinflussung bis hin zu schwerwiegenden gynäkologischen Eingriffen wie Zwangssterilisationen aufgrund vonfragwürdiger medizinischer Indikation sowie ständiger psychiatrischer Intervention regelmäßig alle Rechtsgrundsätze außer Acht gelassen, dies vor allem bei der Gruppe muslimischer Zuwanderer.

After 1945 the concept of human dignity became a central part of the German understanding of Rechtsstaat.46

3. Durchbrechung der Berufsgeheimnisse 47

Sollte ein Patient im Sprechzimmer bestätigen oder mitteilen, dass er beabsichtigt andere körperlich zu verletzen oder zu töten, muss der behandelnde Arzt nach Paragraph 34 des Deutschen Strafgesetzbuches rechtfertigenden Notstand geltend machen und notfalls die Polizei informieren. Sollte der Patient lediglich

44 Case of S. and Marper versus The United Kingdom, Application Number 3056/04 and Application Number 30566/04 Judgement Strasbourg, 4. December 2008.45 Marius Babias, Das Neue Europa, Kultur des Vermischens und Politik der Repräsentation, Generali Foundation, 35. 46 Article 1 Charter of Fundamental Rights of the European Union (2010/C 83/02)47 Grundsätzlich gilt im Falle einer unzulässigen Umgehung von berufsbedingten Verschwiegenheitspflichten von Personen denen ein berufsbedingtes Zeugnisverweigerungsrecht zukommt die Nichtigkeit und damitUnverwertbarkeit des dabei erlangten Beweismaterials.

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über Suizidgedanken sprechen, bewegt sich der Arzt in einer Grauzone. 48

Wie ist dies aber bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Schizophrenie und Borderline sowie Angststörungen?

Die Leitlinien der Generalversammlung des Weltverbandes für Psychiatrie halten fest, dass ein Psychiater sein berufliches Wissen und Können niemals zur Misshandlung von Einzelpersonen oder Gruppen benutzen darf. Persönliche Wünsche, Gefühle oder Vorurteile dürfen das ärztliche Handeln in keiner Weise beeinflussen (Amnesty International, Gustav Keller, Die Psychologie der Folter, 94). Dieser Grundsatz steht bei Flüchtlingen im ständigen Widerspruch zum Wirken der Amtsachverständigen.

Die Dublin II Verordnung wurde kürzlich durch die Verordnung Nummer 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.Juni 2013, Dublin III Verordnung ersetzt. In der Dublin III Verordnung findet sich im Artikel 31 unter „Austausch relevanter Information bevor eine Rückführung ausgeführt wird“ die gesetzliche Ermächtigung zum Austausch von Gesundheitsdaten unter der Prämisse der „adäquaten Assistenz“ sowie der „sofortigen Gesundheitsversorgung“.

Die Gesundheitsdaten sollen nach Artikel 32 der Dublin VerordnungIII an die Mitgliedstaaten in einer angemessenen Zeit vor der Überstellung transferiert werden.

Dies steht im Widerspruch zu den Grundsätzen der Zulässigkeit in Bezug auf die Verarbeitung von Daten. Artikel 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union lautet wie folgt: „Jede Personhat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.“

Diese Daten dürfen nur nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenen Person oder auf einergesetzlich geregelten legitimen Grundlage verarbeitet werden. Bezüglich der personenbezogenen Daten, die gemeinhin als „sensibel“ bezeichnet werden, stellt Artikel 8 Absatz 1 ein grundsätzliches Verarbeitungsverbot auf: Er sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die Verarbeitung personenbezogener Daten

48 Die Zeit Nr. 15, Wissen – Das Geheimnis ein Menschenrecht, Die Orte des Schweigens. 09. April 2015.

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untersagen, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungenoder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen sowie Daten über die Gesundheit oder das Sexualleben.

Es wird ferner auf die Verordnung Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr verwiesen.

Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat sich für ein System entschieden,dass eine Übermittlung personenbezogener Daten in ein Drittland nur erlaubt, wenn das Drittland für diese Daten ein „angemessenesSchutzniveau“ gewährleistet. Wenn ein angemessenes Schutzniveau nicht gegeben ist, ist die Übermittlung personenbezogener Daten in dieses Land zu untersagen.

Ausnahmen und Einschränkungen ergeben sich aus der Sicherheit desStaates, der Landesverteidigung, der öffentlichen Sicherheit und der Verfolgung von Straftaten sowie den Schutz der betroffenen Person und der Rechte und Freiheiten anderer Personen. Nach ständiger Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes fürMenschenrechte beinhaltet diese Voraussetzung, dass die beanstandete Maßnahme eine gesetzliche Grundlage hat, und sie betrifft auch die Qualität des in Frage stehenden Gesetzes.

Zuletzt wurde in Österreich ein Islamgesetz erlassen, wonach Personen muslimischen Glaubens an die Republik Österreich anzuzeigen und zu melden sind, sofern über diese ein Verfahren eingeleitet wird beziehungsweise die Haft verhängt wird.49

Die Besorgnis über schwere und systematische Verletzungen der Menschenrechte in den jeweiligen Staaten bewirkt die Einsetzung länderspezifischer Arbeitsgruppen oder Sonderberichterstatter (Special Rapporteur) und erfolgt durch Mehrheitsbeschluss der Vereinten Nationen. Wenn der Untersuchungsbericht dieser Arbeitsgruppen oder Sonderberichterstatter die Annahme bestätigte, dass die Menschenrechte in dem betreffenden Land auf systematische Weise verletzt wurden, so verlängert sich das Mandat dieser Sonderberichterstatter für jeweils ein Jahr (Manfred Nowak, Die Alltäglichkeit des Unfassbaren, 12).

49 Islamgesetz 2015, BGBl. I Nr. 39/201527

4. Rückschiebungen und Ausweisungen entgegen dem Refoulementverbot

The ultimate question in this case is how Europe should recognisethat refugees have „the right to have rights“ to quote Hannah Arendt.50

Das Refoulementverbot findet sich in der UN Konvention betreffendden Status von Flüchtlingen 1951 als auch in der Konvention betreffend die Organisation der Afrikanischen Union sowie in Menschenrechtsinstrumenten wie der UN Konvention gegen Folter aus dem Jahr 198451.

Eine explizite Verankerung in der Europäischen Menschenrechtskonvention fehlt, jedoch wird das Prinzip als Teil des Internationalen Flüchtlingsrechts vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anerkannt.

50 Hannah Arendt betonte: „Eichmann gehörte nicht einer Verbrecherbande an, die sich außerhalb der bestehenden rechtsstaatlichen Ordnung gestellt hatte, sondern handelte im Auftrag eines Staates, dessen Ordnung verbrecherisch war. Das juristische Problem besteht gerade darin, dass die verhandelten Delikte unter Bedingungen begangen wurden, in denen das Verbrechen legal und jeder menschliche Handlung illegal waren“. Arendt , Eichmann in Jerusalem, Ein Bericht von der Banalität des Bösen. Simon Wiesenthal schreibt: “Five years before the Israelian Intelligence Service received a tip from Frankfurt Prosecutor Dr. Fritz Bauer that Eichmann was in Argentina, he prevented Vera Eichmann from having her husband declared dead in 1947.” ( Simon Wiesenthal , A life in Search of Justice, Hella Pick, 1997 Phoenix, 108).51 The Right to Rehabilitiation as a remedy is contained in Article 14 of the UN Convention against Torture and other cruel inhuman or degrading Treatement or Punishment. „Each State Party shall ensure in its legal system that the victim of an act of torture obtains redress and has an enforceable right to fair and adequate compensation including the means forfull rehabilitiation as possible.“ ( A Remedy for Torture Survivors in International Law: Interpreting Rehabilitiation , The Medical Foundation for the Care of Victims of Torture www.torturecare.org.uk). The right to rehabilitiation is contained in the Statute of the International Criminal Court. Rehabilitiation includes the need for social rehabilitation as well as legal rehabilitiation through for example the pursuit of justice and therestitution of property. The pursuit and achievement of legal justice and reparations can play a significant role in the recovery process of torture suvivors. The right to a remedy also includes the right to a pursuit of legal actions against perpetrators, the restoration of property and the reintegration of the victim into society.

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Das Refoulementverbot ist ein Produkt der Europäischen Geschichte.

„No state shall expel, return or extradite a person to another state where there are substantial grounds to believe that he or she may become a victim of extra-legal, arbitrary or summary execution or would be in danger of enforced disappearance.”

Im österreichischen Aufenthaltsrecht findet sich das Refoulementverbot auch in der Bestimmung des § 50 Abs 1 Fremdenpolizeigesetz, wonach die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Artikel 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines interstaatlichen oder internationalen Konflikts verbunden wäre.

Das erste Fremdenpolizeigesetz der Zweiten Republik wurde 1954 erlassen. Bis dahin wurde die rechtliche Stellung von nicht-österreichischen Staatsbürgerinnen auf Basis der Ausländerpolizeiverordnung geregelt, einer reichsdeutschen Regelung, die in österreichisches Recht übernommen wurde. Die erste Änderung des Fremdenpolizeigesetzes im Jahr 1986 wurde vom Verfassungsgerichtshof vorgegeben, der 1985 durch ein Erkenntnis die Regelungen betreffend das Aufenthaltsverbot aufhob, weil sie nicht mit den Bestimmungen des Artikel 8 zum Schutz des Privat- und Familienlebens der Europäischen Menschenrechtskonvention übereinstimmten (Jakob Winkler, Das “Fremde” verwalten: Die Praxis zwangsweiser Rückführungen von MigrantInnen in Österreich,Wien 2011, Seite 35).

Die zweite im Hinblick auf die Aufenthaltsbeendigung „Fremder“ wesentliche Änderung des Jahres 1990 stellte, ungleich der Einführung des Rechtsinstituts der Ausweisung, keine Verschärfungdar. Durch die Novelle BGBl. Nr. 190/1990 des Fremdenpolizeigesetzes 1954 wurde das Refoulement-Verbot, welchesin Österreich bis 1990 nur in Form völkerrechtlicher Verträge existiert hatte, als „Verbot der Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung“ in innerstaatliches Recht transformiert.

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Die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte verurteilte Italien 2012 wegen der Rückführung vonFlüchtlingen nach Libyen.

“In the context of International Criminal Law, the Rome Statuteof the InternationalCriminal Court (ICC) of 1998 established Torture as one of the Crimes against Humanity whencommitted as part of a widespread or systematic attack directedagainst any civilian population.”

Im Jahre 2009 unternahm Italien nach Berichten der Drittintervenienten wie Human Rights Watch und UNHCR neun Operationen auf Hoher See, wobei 834 Somalier, Eritreer und Nigerianische Staatsbürger zwangsweise zurückgeschoben wurden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verurteilte daraufhin Italien aufgrund des Folterverbots nach Artikel 3 EMRK.Die Liste der Beschwerdeführer enthielt auch bereits verstorbene Flüchtlinge.

5. Einstweilige Maßnahmen gegen Rückschiebungen und Ausweisungen

Der mangelnde Rechtsschutz und die fehlende aufschiebende Wirkungvon Rechtsmitteln bewirken, dass Rechtsanwälte und NGO’s vermehrt Einstweilige Verfügungen gegen Rückschiebungen (Interim Measure, Rule 39 der Verfahrensordnung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte) einbringen.52 Einstweilige Verfügungen werden im Bereich von Artikel 2 und 3 ECHR, also dem Recht auf Leben und körperlicher Unversehrtheit eingebracht. Unzählige Flüchtlinge sind entweder im entscheidenden Stadium ihres Asylverfahrens oder wenn sie vor der Abschiebung stehen unvertreten.

In der Dublin III Verordnung findet sich die Bestimmung, dass Rechtsmitteln gegen abschlägige Dublinentscheidungen keine aufschiebende Wirkung zukommt. Der Asylwerber kann die 52 Einstweilige Maßnahmen treten automatisch außer Kraft wenn das Gericht der Hauptsache „die Maßnahmen getroffen hat, die es für angemessen hält“. Dieser Grundsatz gilt auch in grenzüberschreitenden Ehesachen und Angelegenheiten betreffend die elterliche Verantwortung nach Brüssel II a EuGVVO ABl. L 338 vom 23.12.2003.

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aufschiebende Wirkung beantragen, solange die Beschwerde noch anhängig ist.

Free legal aid is not always guaranteed in practice in some tribunals. In Rome the Bar Association continues to require that the appellant provides an income certificate, issued by the embassy of the relevant country of origin, and despite the fact that the law provides for free legal aid based on the applicant’sown declaration regarding his or her financial needs. (See Case of Tarakhel v. Switzerland, Application no. 29217/12, Judgement Strasbourg 4 November 2014).

UNHCR has also continued to receive reports of instances in whichasylum seekers do not have immediate access to reception measureswhen they apply for international protection, but instead receivethem only weeks or months later. These delays are the result of structural gaps and lack of capacity in the existing reception system, slow administrative procedures and problems in the registration of the asylum applications (See Case of Tarakhel v. Switzerland, Application no. 29217/12, Judgement Strasbourg 4 November 2014).

Sowohl Artikel 13 Absatz 1 EMRK53 als auch Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2000) sehen das Recht aufeinen wirksamen Rechtsbehelf vor. Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union gilt für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlichbei der Durchführung des Rechts der Union. Auch in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10.Dezember 1948 der Generalversammlung der Vereinten Nationen inParis findet sich in Artikel 8 der Erklärung der Anspruch eines jeden auf einen wirksamen Rechtsbehelf.

Dieser Grundsatz fand in Europa 1988 seine Anwendung mit der Schaffung des Ständigen Europäischen

53 Article 13 of the European Convention provides: „ Everyone whose rights and freedoms set forth in this Convention are violated shall have an effective remedy before a national authority“. In addition to being expressively provided by Article 13 the right to a remedy is also implicit in Article 3 of the European Convention. (“No one shall be subjected to torture or to inhuman or degrading treatment or punishment“.)This obliges States to take remedial action in relation to acts of torture and other abusive practices for which they are directly or indirectly responsible as a result of the positive obligation to protect individuals from ill-treatement perpetrated by private actors. www.torturecare.org.uk

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Menschenrechtsgerichtshofes, der ein solches Klagerecht garantiert. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat dieses Recht in seinemUrteil vom 15. Mai 1986 als allgemeinen Grundsatz des Unionsrechtes festgeschrieben (Rechtssache 222/84 Johnston Slg. 1986, S. 1651). Nach der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist eine Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn mangels einer solchen Hilfe die Einlegung eines wirksamen Rechtsbehelfes nicht gewährleistet wäre (EGMR , Urteil vom 09.10.1979, Airey, Serie A , Band 32, S 11). Es gibt auch einProzesskostenhilfesystem für die beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängigen Rechtssachen.54

Im Flüchtlingsbereich gibt es in der Praxis vermehrt private Systeme der Rechtsverteidigung, die versucht wurden durch das System der ausgegliederten Rechtsberatung, finanziert durch das Innenministerium, zu ersetzen. Das System der Rechtsberatung gleicht der arbeitsteiligen Fließbandarbeit in einer Fabrik.

Die Unterscheidung zwischen „Rechten und Grundsätzen“ in der Charta wird näher bestimmt.Dieser Unterscheidung zufolge sind subjektive Rechte zu beachten,während Grundsätze einzuhalten sind. Grundsätze können durch Rechtsakte oder Durchführungsvorschriften umgesetzt werden.

Sie enthalten demzufolge nur dann Bedeutung für die Gerichte, wenn solche Rechtsakte ausgelegt oder überprüft werden. Sie begründen jedoch keine direkten Ansprüche auf den Erlass positiver Maßnahmen durch die Organe der Union oder die Behörden der Mitgliedstaaten.

Dies steht sowohl mit der Rechtssprechung des Gerichtshofes (vgl.insbesondere die Rechtssprechung zum Vorsorgeprinzip: Urteil des Gerichtshofes erster Instanz vom 11. September 2002, Rechtssache

54 Siehe dazu auch die Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zuganges zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitenden Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe. Inkrafttreten 31.01.2003 und bis zum 30.11.2004 in den Mitgliedstaaten umzusetzen. Einführung einer vorprozessualen Rechtsberatung im Hinblick auf eine außergerichtliche Streitbeilegung: Artikel 3 II a bis zum 30.06.2006. Die Richtlinie sieht auch Mindeststandards für die Gewährung von Prozesskostenhilfe in Streitsachen mit grenzüberschreitenden Bezug vor. Nach Artikel 4 der Richtlinie gilt das Diskriminierungsverbot. Zur Prozesskostenhilfe siehe auch siehe auch Artikel 76 Verfahrensordnung des EuGH.

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T-13/99) als auch mit dem Ansatz der Verfassungsordnungen der Mitgliedstaaten zu „Grundsätzen“ insbesondere im Bereich des Sozialrechts in Einklang.

Ebenso wie die Realisierung geschriebener Grundrechte basiert dergemeinschaftsrechtliche Grundrechtsschutz auf einer funktionsfähigen Rechtssprechung. Der Gerichtshof der Europäischen Union ist zuständig für Fälle, die die Verletzung der Charta der Grundrechte durch die Gemeinschaft oder durch einen Mitgliedstaat betreffen. Der Gerichtshof ist nicht primär zuständig für Grundrechtsverletzungen betreffend Individualbeschwerden.

Die Rolle des Gerichtshofes ist es zu beurteilen, ob die Institutionen der Europäischen Union es verabsäumt haben, Unionsrecht umzusetzen oder die nationalen Gerichte es verabsäumthaben, entsprechende Durchführungsvorschriften betreffend die Umsetzung des Unionsrechts zu erlassen ( Bringing Rights to Life:The Fundamental Rights Landscape of the European Union, FRA, 2012).

6. Rückführungsrichtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union betreffend die Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger in der Europäischen Union (RL 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008)

Die Mitgliedstaaten haben das Recht die Rückkehr illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger sicherzustellen, unter der Voraussetzung, dass faire und effiziente Asylsysteme vorhanden sind, die den Grundsatz der Nichtzurückweisung in vollem Umfang achten.Rückkehrentscheidungen gehen mit einem Einreiseverbot einher, falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde.

Die Dauer des Einreiseverbots wird in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalles festgesetzt und überschreitet grundsätzlich nicht fünf Jahre. Sie kann jedoch fünf Jahre überschreiten, wenn der Drittstaatsangehörige eine schwerwiegendeGefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstellt.

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Diese Bestimmungen wurden vor dem Hintergrund der häufigen illegalen Wiedereinreise vor allem von Flüchtlingen aus der Russischen Föderation erlassen, die außerhalb der Europäischen Union nicht im Schengen Informationssystem (SIS II) registrierbarwären.Sie bewirken allerdings bei einer ungerechtfertigen Außerlandesschaffung eine Verunmöglichung der legalen Wiedereinreise, da zuvor das Einreiseverbot im Ausland zumeist über eine Rechtsvertretung und einer damit einhergehenden Kontaktaufnahme mit einer Botschaft aufgehoben werden muss.

In der Richtlinie findet sich dazu die Formulierung, dass im Falle der Ausstellung eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung für Drittstaatsangehörige gegendie ein Einreiseverbot eines anderen Mitgliedstaates besteht, derAsylwerber den Mitgliedstaat konsultiert, der das Einreiseverbot verhängt hat und zudem dessen Interessen im Sinne des Schengener Durchführungsübereinkommens berücksichtigt (Artikel 11 Absatz 4 der Richtlinie 2008/115/EG).

The Commission statement refers to the prospect of establishing an obligation to register entry bans issued under the Directive in the Schengen Information System (SIS) as part of the revision of the SIS II Regulation.

„Traditionally, it is the EU Member States with external Schengen Borders that are affected the most by the disappearance of asylum seekers. First, overcoming the tight controls at Schengen Borders is the biggest obstacle for both asylum seekers and irregular migrants on their way to Europe.” (Hofmann, Reichel, Chechen Migration Flows to Europe – a Statistical Perspective, Österreichischer Integrationsfons, 2008). On the other hand, the entering into force of the “Dublin II Regulation”and the implementation of the Eurodac System (to collect and exchange finger-print data of asylum applications) in 2003 had brought about changes in migration decisions and strategies of asylum seekers. Since the Dublin regime became fully operational,asylum seekers increasingly try to avoid applying for asylum in EU Member States along the route before they have reached the aspired target country (Ebd. 14).

The Directorate –General for Justice Freedom and Security of the European Commission is helping to coordinate the establishment of secure electronic transmission channels

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between Member States in order to facilitate the implementationof Council Regulation 343/2003.55

On March 2014 Legal Opinion 44/2014 of the State Legal Council of11 February 2014 was published. It concerns persons who are already in detention in Greece on the basis of a return order andwhose removal cannot be carried out because of their lack of cooperation. The Legal Opinion allows for those persons to be asked, shortly before the expiry of the maximum period of 18 months of detention, to depart voluntarily to the country of return.Concerning Dublin Returnees the detention limit is 6 months. Thislimit can be extended for a year if the transfer of the asylum seeker is not possible or if the asylum seeker has fled or is absent.56 If the person fails to cooperate and the there is a risk of absconding the authorities can issue a new detention order without a specific time limit.57

Die Dublin II Verordnung sah vor, dass die Frist zur Überstellungauf ein Jahr verlängert werden kann, wenn die Überstellung aufgrund von Inhaftierung des Asylwerbers nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf 18 Monate wenn der Asylwerber flüchtig ist.58

Die Rückführungsrichtlinie sieht dagegen vor, dass zum Zwecke derDurchführung der Abschiebung der Drittstaatsangehörige in Haft genommen werden kann, wobei die Rechtmäßigkeit der Inhaftnahme innerhalb kürzester Frist gerichtlich überprüft wird und die Höchstdauer von sechs Monaten nicht überschreiten darf. In Haft genommene Drittstaatsangehörige müssen systematisch Informationen erhalten, in denen die in der Einrichtung geltendenRegeln und ihre Rechte und Pflichten dargelegt werden. Bis zur Abschiebung in Haft genommene Familien müssen eine gesonderte Unterbringung erhalten, die ein angemessenes Maß an Privatsphäre gewährleistet.59

55 Durchführungsverordnung 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung 343/2004 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des MS der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist. 56 Artikel 19 Ziffer 4 Dublin Verordnung des Rates 343/2003. 57 Letter Ecre (Athens/Brussels) 6 May 2014 to Ms Cecilia Malmström - Commissioner for Home Affaires European Commission 58 Artikel 17 Absatz 2 der Richtlinie 2008/115/EG 59 Artikel 17 Absatz 2 der Richtlinie 2008/115/EG

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Die Richtlinie sieht sowohl eine Rückkehrberatung als auch eine Prozesskostenhilfe für Personen die nicht über ausreichende Mittel verfügen vor. Die Umsetzung dieser Politik erfolgte aufgrund der auf allen Ebenen am Rückkehrprozess beteiligten Institutionen und dem Austausch und der Förderung bewährter Praktiken, damit ein europäischer Mehrwert geschaffen wird. Der Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über die Einreiseverbote anderer Mitgliedstaaten, erfolgt über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation SIS II.

7. Immigration Detention and Access to Counsel : The Netherlands Legislation

The Dutch General Law on Administration (Algeemene wet bestuursrecht) reads as follows: “Every person may for the protection of his interests in dealingswith administrative authorities be assisted or be represented by an authorised person.”

“The person must be given the opportunity to put forward his views before it takes a decision to which the interested party may be expected to object, if that decision relies on informationrelating to facts and interests which concern the interested party and the information concerned was not provided by the interested party himself.”

Under Article 59 (1) a of the Law on Foreign Nationals of 2000 (Vreemdelingenwet 2000) if required in the interests of public policy or national security , a foreign national who is not lawfully resident may be placed in detention by the Staatssecretaris van Veiligheid en Justitie with a view to his deportation. The duration of the detention referred to in Article59 (1) thereof may not exceed six months.

Österreich nahm im Jahr 2012 vermehrt Abschiebungen von Flüchtlingen vor allem auch aus der Russischen Föderation vor. Esgab dazu auch eine Verurteilung Östereichs vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (Case of I.K. versus Austria Application Number 2964/12 Judgement Strasbourg vom 28.März 2013).

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Der Asylwerber brachte im Asylverfahren vor, sein Vater wäre vor seinen Augen erschossen worden. Er und seine ganze Familie seien aufgrund der Tätigkeit seines Vaters im Sicherheitsdienst des ehemaligen Präsidenten Tschetscheniens Maskhadov verfolgt worden.Nachdem der Asylwerber sowie seine Mutter für unglaubwürdig befunden wurden, wurde aufgrund von Vorstrafen wegen Schlepperei sowie Diebstahls von der Bundespolizeidirektion Wien ein Rückkehrverbot erlassen.

(On 12 May 1997, Yeltsin60 and Maskhadov signed a Peace Treaty, inwhich they agreed „to reject forever the use of force or threat of force in resolving all matters of disput“. By early 1997 Russian troops had withdrawn, soon afterwards Chechen presidential elections were held under the aegis of the OSCE. Maskhadov was elected with 60 percent of the vote.)

Der Beschwerdeführer wurde auch rechtlich falsch beraten, sodass er seinen Asylantrag zurückzog. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erließ eine Einstweilige Verfügung gegen die Abschiebung und sprach aus, dass eine Ausweisung des Beschwerdeführers ohne seine Mutter Anlass zur Verletzung des Folterverbots gäbe.

“It is settled case-law that the rights of the defence, which include the right to be heard and the right to have access to the file, are among the fundamental rights formingan integral part of the European Union Legal Order and enshrined in the Charter of Fundamental Rights of the European Union. Observance of those rights is required even where the applicable legislation does not expressly provide for such a procedural requirement. 61”

While Member States may allow the exercise of the rights of the defence of third country nationals under the same rules as those governing internal situations , those rules must comply with European Union law and in particular must not undermine the effectiveness of Directive 2008/ 115. It should be borne in mindthat, first, that the directive is intended to establish an effective removal and repatriation policy, based on common

60 Boris Jelzin Nikolajewitsch, 1931-2007. 1989 wurde Jelzin zum Volksdeputierten der UdSSR gewählt und war in den Jahren 1990 und 1991 Vorsitzender des Obersten Sowjets der RSFSR. Von 19991 bis 1999 war er Präsident der Russischen Föderation. 61 Judgement of the European Court of 10.09.2013, Case C- 383/13

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standards , for persons to be returned in a human manner and withfull respect of their fundamental rights and dignity.62

According to European Union Law an infringement of the rights of the defence, in particular the right to be heard, results in annulment only if the outcome of the procedure might have been different (See to that effect Case 301/87 France v. Commission 1990 ECR I-307).

Under Federal Law of the United States , non-citizens in removal proceedings are provided with “ the privilege of being represented” by counsel but “at no expense to the Government”. Asa result, most – non citizens in removal proceedings do not have the assistance of counsel. This regime exists in a context in which legal representation during removal proceedings is more important than ever.

In recent years, indeed, avenues for appeal, both administrative and federal circuit courts have narrowed. Since September 11,

62 Reports of Cases, 10. September 2013 Judgement of the Court, C-383, 13. Am 8. Dezember 1991 unterschrieben die Staaten der Russischen Föderation, der Ukraine und Weissrussland die Vereinbarung über die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten. Mit dem Zerfall der Sowjetunion erklärte der damaligetschetschenische Präsident Dschochar Dudajew im November 1991 die Unabhängigkeit seines Landes. Die russische Regierung setzte zunächst auf politische Mittel, um die abtrünnige Republik zurück in den Vielvölkerstaatzu holen. Dann entsandte sie die Armee. Im ersten Tschetschenien-Krieg von 1994 bis 1996 starben Schätzungen zufolge bis zu 80.000 Menschen. PräsidentDschochar Dudajew wurde 1996 getötet. Danach wurde Achmad Kadyrow ehemaliger Rebellenführer in das höchste Staatsamt gehoben, der zuvor zum Heiligen Krieg gegen Russland aufgerufen hatte und sich dann dem Kreml angedient hatte. Im Sommer 1999 kamen in Russland mehr als 300 Menschen durch Sprengstoffanschläge ums Leben. Wladimir Putin machte tschetschenische Terroristen dafür verantwortlich und begann den zweiten Tschetschenien – Krieg. Erst nach einem Jahrzehnt erklärte der Kreml „die Antiterror- Operation“ für abgeschlossen. Ein Jahr zuvor im Jahre 2008 marschierte Russland erstmals seit dem Ende der Sowjetunion in ein fremdes Land ein. Im Georgien Krieg starben circa 900 Menschen. In der Ukraine starben im Kampf um die neu gegründete Donezker Volksrepubliken bisher 6000 Russen und Ukrainer)? Die Politik Putins setzt auf gewaltsame Grenzveränderungen, um die Ergebnisse des Jahres 1991 zu seinen Gunsten revidieren zu können.

The second sentence of Article 16(1) of Directive 2008/115/EC of the European Parliament and of the Council of 16 December 2008 on common standards and procedures in Member States for returning illegally staying third-country nationals must be interpreted as not permitting a Member State to detain a third-country national for the purpose of removal in prison accommodation together with ordinary prisoners even if the third-country national consents thereto.

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2001 federal authorities have used the removal process as criminal enforcement mechanism.

In the United States non citizens may be released from detention if they are able to raise substantial questions of law or fact asto the basis of their detention. Immigration officials have limited authority to release individuals who have a credible fearof persecution prior to consideration of their applications for asylum (at what is often referred to as a “merits hearing”).Removal hearings by videoconference rather than in person often have the potential to “dehumanize” proceedings.

Under this policy , a non – citizen will be released if :

1. the non-citizen establishes his or her identity 2. the non-citizen does not pose a flight risk or danger to the community3. certain juveniles63 4. individuals who will serve as witnesses in judicial or administrative proceedings5. individuals whose parole is in the “public interest”.

It is unclear what circumstances would qualify as being in the “public interest” , but current policies state that, contrary to the past practice , parole should be granted only in “limited circumstances”.

Detention in the course of the proceedings for the control of immigration is not per se arbitrary , but the detention must be justified as reasonable, necessary and proportionate in light of 63 In 2011 1.277 Unaccompanied Minors claimed Asylum in the UK came from Afghanistan the country of origin for the largest number of accompanied asylum - seeking children. Special Attention should be paid to the group of18-24 year olds who arrived in the United Kingdom as unaccompanied asylum seeking children.(Young Adults as a special category) . In 2011 8.869 people, who had previously claimed asylum departed the UK.A starting point is the distinction between adult and child, because it is acknowledged that “there are numerous credible reports that the Taliban andother insurgent forces recruited children younger than 18, in some cases assuicide bombers and in others cases to assist with their work from all regions such as wearing suicide vests on the way to a mosque . A total of 173 incidents of child recruitement to anti-government elements were reported in 2011. (See United Nations High Commissioner for Refugees,PolicyDevelopment and Evaluation Services, P.O. Box 2500, 1211 Geneva Switzerland. www.unhcr. org )

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the circumstances and reassessed in time. Decisions regarding thedetention of migrants must also take into account the effect of the detention on their physical or mental health. The inability of a State Party to carry out the expulsion of an individual because of statelessness other obstacles does not justify indefinite detention.64

III. Background : Serious Adverse Foreign Policy and Terrorism Concerns

Anfang März 2014 wird der Osten der Ukraine von einer Welle pro-russsischer Kundgebungen erfasst. Auf der Krim marschieren russische Truppen ein. Nach zwei Woche ist die Insel in russischer Hand.

Since March 2014, an international dispute and armed conflict on parts of Ukrainian territory has taken place. More than two thousand people have died and more have been injured or displaced.

Am 16. März stimmen in einem eilends anberaumten Referendum 96 Prozent der Krim-Bevölkerung für einen Anschluss an Russland. DieUkrainer erwarten Flüchtlinge. Die Annexion der Krim durch Russland erfolgt unter Verletzung des Völkerrechts. Damit hat Russland der europäischen Nachkriegsordnung ein Ende gesetzt.65

Die Annexion der Krim durch Putin wirft vier europäische Abkommenum: die KSZE Schlussakte von 1975 Helsinki, die Charta von Parisfür ein neues Europa von 1990, das Budapester Memorandum66 von 1994 das die territoriale Integrität der Ukraine garantierte, unddie NATO Russland Grundakte.

Im Budapester Memorandum garantierten die Atommächte Russland,USA und Großbritannien die Sicherheit und die Grenzen der 64 General Comment Human Rights Committee to Article 9 of the Universal Declaration of Human Rights (Liberty and Security). 65 Euromaidan, Was in der Ukraine auf dem Spiel steht, Juri Andruchowytsch, S. 40, Berlin 2014.66 1994 garantierten die Atommächte Russland, USA und Großbritannien im sogenannten „Budapester Memorandum“ die Sicherheit und die Grenzen der Ukraine im Austausch gegen den ukrainischen Anteil an der sowjetischen Atombewaffnung (zeitweise war die Ukraine der drittgrößte Atomwaffenstaat).Wie Kasachstan und Weißrussland ist die Ukraine dem nuklearen Nichtverbreitungsvertrag (NPT) beigetreten.

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Ukraine im Austausch gegen den ukrainischen Anteil an der sowjetischen Atombewaffnung (zeitweise war die Ukraine der drittgrößte Atomwaffenstaat). Wie Kasachstan und Weißrussland ist die Ukraine dem nuklearen Nichtverbreitungsvertrag (NPT67) beigetreten.68

Putin hat in diesem Krieg die europäischen Grenzen verschoben.69

Ukraine is a country of emigration, immigration and transit migration. Soon after it got independent in 1991, it began experiencing the arrival of refugees, first from Afghanistan, then from Chechnya and other former Soviet Republics (Abkhazia, Uzbekistan) and lately from many other parts of the world such asRussia, Armenia, Georgia, Azerbaijan, Tajikistan others are from Africa and the Middle East.70 Situated between Russia and the EU,Ukraine is engaged in a complex set of international relations which is also reflected in its international affairs. In 2002 Ukraine acceded to the Geneva Convention. Across the country thirteen other local NGO’s usually partners of the UNHCR provide diverse services mostly legal aid, such as in Chernihiv, Charkiv,Donezk, Odessa, Lviv, Luhansk and Vinnitsya.71

It is settled case law, that in all proceedings which are liable to culminate in an act adversely affecting a person -the right to be heard - requires as a general principle of European Union Law and in the absence of a specific legislation in that respect, that the person concerned be placed in a position in which he can effectively make known his views as regards the information on which the authorities intend to base their decision. That principle isalso affirmed by the Charter of Fundamental Rights of the European Union. 72

67 Non-Proliferation-Treaty Das Gegenteil davon bezeichnet den MLF Multilateral Force, wobei es in diesem Falle um die Beteiligung an einer atomaren Streitmacht geht ( Siehe dazu: Helmut, Schmidt, Außer Dienst, Verlagsgruppe Randomhouse 2008, 163. )68 Joschka Fischer, Scheitert Europa? 126, 2014. 69 Putin, Wladimir Wladimirowitsch (geboren 1952). Vom 16. August 1999 bis zum 07. Mai 2000 Ministerpräsident der Russischen Föderation, von 2000 bis 2008 russischer Präsident, von Mai 2008 bis 2012 Ministerpräsident. Im Mai 2012 wurde er wiederum zum Präsidenten gewählt. 70 Franck Düvell, Ukraine –Immigration and Transit Country for Chechen Refugees, Chechens in the European Union, Österreichischer Integrationsfonds, 2008, 80. 71 ebenda 8772 Judgement of the Court of the European Union, in Case C-277/11 of 22. November 2012, M.M. versus the Minister of Justice, Equality and Law Reform

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8. Freedom of expression and information

On 2 March 2014, about 30 masked men stormed and briefly occupieda journalist building, the Center for Investigative Journalism, in the Crimean administrative centre, Simferopol. In the days before and after the internationally unrecognised referendum in Crimea on 16 March, dozens of physical attacks on media workers and cases of harassment and confiscation of equipment took place.

Those targeted included staff of regional media including Inter, STB, and 5 Channel, as well as CNN and AP Television News and freelance journalists.

On 21 July 2014, President Vladimir Putin approved legislation that bars privately owned television channels from obtaining revenues from commercial advertising, on which many depend to survive. The law does not apply to public and State-controlled channels, which are known to follow editorial policies approved by the Kremlin.

In 2014, eight years after the killing in October 2006 of Novaya Gazeta journalist Anna Politkovskaya, five men were convicted andsentenced to lengthy jail terms. The masterminds or instigators of the murder have still not been brought to justice.

In its Resolution 1920 (2013) the Parlamentary Assembly called onthe Russian authorities to properly investigate the case of Sergei Magnitsky, the lawyer who died of abuse and neglect in pre-trial detention in 2009.

Mr. Magnitsky sought to expose official corruption in Russia. Hisarrest, alleged torture and eventual death in prison are laible to deter others who wish to publicly expose misuses of official power or consider them as an important source of information for news media.

of Ireland. Article 41 of the Charter of Fundamental Rights of the European Union provides ”the right to good administration” which includes the right of every person to be heard, before any individual measure which would affect him or her adversely is taken.

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The Russian President’s own human rights council concluded that Mr. Magnitsky was propably beaten to death in prison, but in March 2013 the Federal Investigative Committee reportedly closed its investigation into his death without finding evidence of criminality.

Over the past several months the de facto authorities in Crimea and the Ukrainian authorities have enforced selective bans on theentry of journalists. The Ukrainian security service has reportedly banned several dozens of Russian media workers from entering Ukraine, citing threats to national security.

Ukrainian law-enforcement officers have raided or obstructed the work of several critical media outlets including the Vesti newspaper in Kyiv. The OSCE Representative on Freedom of the Media has also expressed concern about the detention and expulsion of a number of Russian journalists in Ukraine since early 2014 (Protection of media freedom in Europe, Parliamentary Assemble, Report Committee on Culture, Science, Education and Media 2015).

In einer Rede vor dem russischen Inlandsgeheimdienst (FSB) sagte der russische Präsident Wladimir Putin im April 2014 : „Wir werden niemals zulassen, dass NGO’s in der Weise zu destruktiven Zielen benutzt werden, wie das in der Ukraine geschehen ist“.

Die Verhinderung von „Farbenrevolutionen“ nach dem Muster Georgiens und der Ukraine ist in Russland schon länger das Leitmotiv des Kampfes gegen die NGO’s.“ Weiters steht für Russland fest, dass die Farbenrevolutionen im postsowjetischen Raum ein Werk der Amerikaner sind - von Washington aus vorbereitet, finanziert und durch NGO’s ausgeführt. 73

9. Assessing Radicalisation and Diaspora 74

Im Zusammenhang mit der sicherheitspolitischen Diskussion nach dem 11.September 2001 merkte die Kommission bezüglich des

73 Die Zeit, Agenten der Freiheit, 11. Juni 2015, Nummer 24.74 Begriff der das Judentum bezeichnet. ( Imre Kertesz, Letzte Einkehr, Tagebücher 2001-2009, Rowohlt Verlag Hamburg, 2013.

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Zuganges zu Asylverfahren an, dass es unabhängig von dem gewählten Vorgehen zu verhindern gelte, dass Flüchtlinge und Asylsuchende Leidtragende der Terrorangriffe und ihrer Konsequenzen würden ( Die Europäische Union, Politisches System und Politikbereiche, S. 284 Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2008).

The influence of Jihadism was brought into sharp focus in Europe as a result of terror attacks in Madrid in March 2004, the killing of Theo van Gogh in the Netherlands in November 2004 and a spate of attacks in the UK in 2005 and in London 2007. For the most part, all of these attacks and plots centred on Europe. Indeed many have been associated with radical Islam. However, it would be misplaced to claim that all of these events have a shared history in radical Islam, or indeed, that the form of terrorism adopted by some of these networks is in fact new.

Particularly after the terrorist attacks in the Russian Federation such as the Moscow theatre siege 2002 and the hostage crises in Beslan75 (2004) Chechens were viewed with more suspicionby the European public with regard to terrorism, meaning attacks that are conducted outside the battleground in the Caucasus. So far, attacks have been limited to the Russian Federation and havenot taken place in countries of the European Union.

Both the 9/11 attacks and the Madrid bombings galvanised the European member states into action, so as to engage in the war against terrorism. In October 2004 the European Commission published a report entitled “Fight Against Terrorism” : Prevention, Preparedness and Response.

The bombings in London in July 2005 highlighted the ineffectiveness of measures designed to control borders, when terrorists are home-grown, or in the case of the London attacks, UK citizen (Cerwyn Moore, The potentials of radicalisation with

75 Am frühen Morgen des 1. Septembers 2004 überfiel eine internationale Bande die Turnhalle einer Schule in der nordossetischen Stadt Beslan und nahm alle darin befindlichen Menschen als Geiseln. Die Terroristen forderten die umgehende Beendigung des zweiten Tschetschenien Krieges. Es gerieten fast 1500 Menschen (darunter auch Kleinkinder) in die Hände der Terroristen. Putin bezeichnete die Tragödie als Akt des internationalen Terrorismus, bestritt, dass es eine eindeutige tschetschnische Spur gab undbrachte alles in Verbindung mit Al Kaida ( Anna Politkovskaya, In Putins Russland, 2004 Köln, 304).

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the Chechen Diaspora in Europe, Österreichischer Integrationsfonds 2008, 213.)

Since the massacres in the Bosnian War (1992-1995) in front of blue helmets of the UN, especially in Srebrenica where 8000 men and boys were killed, muslims are not the breadwinners in historyanymore.76

Anti-immigrant positions in political discourse have the potential to violate EU anti-discriminate law. Actions directed against EU migrants run the risk of infringing upon the right to free movement as laid down in the European Union Treaties and theCharter of Fundamental Rights.

A decrease in trust between societies and in governments in a more general sense, is likely to have negative repercussions for the Common Market and the Common Area of Freedom, Security and Justice that are based on mutal recognition and depend on sufficient levels of trust (The European Union as a Community of values: Safeguarding Fundamental Rights in time of Crisis, FRA 2012, 27).

Eine Menschengruppe als “Rasse” oder “Ethnie” zu bestimmen, ist ein gesellschaftlicher Prozess, eine “Erfindung des anderen” (Jacques Derrida), eine Erfindung, die einmal in die Welt gesetzt, nicht eine folgenlose Fiktion bleibt, sondern mörderische Konsequenzen haben kann, wie die „ethnischen“ Konflikte und Kriege der letzten Jahre nicht nur auf dem Balkan, sondern auch in Nord- und Zentralafrika zeigen.77

Amnesty International Reports continued to be received that “devout muslim prisoners were singled out for particularly cruel, inhuman and degrading treatment in places of detention ,particularly prison camps. Several prisoners, among them a prominent human rights defender, died in custody, allegedly as a result of torture. There were at least 22 sentences , 76 Am 13. Juli 1995 als die Weltpresse vom Massenmord an Muslimen durch die Serben in Bosnien berichtete, sendete ein Spionagesatellit Bilder von Gefangenen, die auf Feldern außerhalb der Stadt von Srebrenica bewacht wurden. Drei Wochen lang sah sich niemand diese Bilder an, niemand hatte gedacht, dass die Serben die Stadt erobern würden. Niemand achtete auf die Berichte der Menschenrechtsgruppen, der UNO oder der Presse. (Die CIA unterClinton und George W. Bush, 1993 bis 2007, in Tim Weiner , CIA , die Ganze Geschichte, 2008 Frankfurt am Main. 77 Marius Babias, Das Neue Europa, Kultur des Vermischens und Politik der Repräsentation, Generali Foundation, 36.

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reportedly imposed after unfair trials and at least four executions were carried out”.78

10. Terrorist Screening Database 79

Die nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften als Straftatendefinierten vorsätzlichen Handlungen, die durch die Art ihrer Begehung oder den jeweiligen Kontext ein Land oder eine internationale Organisation ernsthaft schädigen könnten, werden dann als terroristische Straftaten eingestuft, wenn sie mit dem Ziel begangen werden, die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern, öffentliche Stellen oder eine internationale Organisation rechtswidrig zu einem Tun oder Unterlassen zu zwingen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Landes oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu schädigen oder zuzerstören.80

Alles was in den letzten Jahren in der Welt und in Russland geschah, spiegelt sich darin: der 11. September in New York, die Kriege im Irak und Afghanistan, die Gründung der internationalen Anti-Terror Koalition, Terroranschläge in russischen Städten, dasGeiseldrama im Oktober 2002 in Moskau sowie die nicht abreißende Ketten von tschetschenischen Selbstmordattentäterinnen, die sich in die Luft sprengen und die Palästinisierung des zweiten Tschetschenien –Krieges.81

Seit dem 11. September 2001 werden „Smart Sanctions“ verstärkt auch bei der Bekämpfung des Terrorismus angewandt. Zur Umsetzung und Überwachung seiner Sanktionen hat der UNO Sicherheitsrat 78 Amnesty International Annual Report of 28 May 2002 concerning the Republic of Uzbekistan. See Mamatkulov and Abdurasulovic versus Turkey Judgement 79 Case T-85/09 Yassin Abdullah Kadi v. European Commission 80 C 318/147, Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, Die Mitwirkung der Zivilgesellschaft im Kampf gegen organisierte Kriminalität und Terrorismus, Amtsblatt der Europäischen Union, 23.12.2006. By 1996 the punitive mentality had become deeply embedded in US Congress which passed Restrictionist Laws including the Illegal Immigration Reform, The Anti Terrorism and Effective Death Penalty Act. 81 Anna Politkovskaja, In Putins Russland, 2004, 64.

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spezielle Ausschüsse gegründet. Der Begriff stammt aus dem Irakkrieg, wo militärische Operationspläne den Einsatz sogenannter satellitengesteuerter „Smart Bombs“ vorsahen. 82

Die Europäische Union unterstützt den UN Sicherheitsrat bei der Umsetzung seiner Sanktionen, die völkerrechtlich bindend sind. Der UN Sicherheitsrat hat festzustellen, ob eine Bedrohung, ein Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung vorliegt.83

UN Sanktionen stellen so etwas wie das völkerrechtliche Strafrecht für Politiker dar.84

Auch die vom Westen gegen Russland wegen dessen Ukraine - Politikverhängten Sanktionen richten sich nicht gegen Wirtschaftssektoren, sondern gegen Einzelpersonen. So markiert etwa die Verhaftung Chodorowskis 2003 und die Beschlagnahmung seines privaten Ölgiganten Yukos den wichtigsten Wendepunkt im System Putin.85

The database includes individuals known as suspects to be or havebeen engaged in conduct constituting preparation for in aid or related to terrorism and terrorist activities.

The terrorist designation has been difficult to challenge legally.

By doing so, the Community has been able , continues the Council, to keep up with the development of international practice, which has been to adopt „smart sanctions“ aimed at individuals who pose a threat to international security rather than at innocent populations.

Weder die geltenden Antiterrorverordnungen noch die Sanktionslisten erfüllen die Anforderungen an eine spezielle Rechtsgrundlage. Die Verordnungen enthalten lediglich die

82 Friedrich Orter, Verrückte Welt, Guten Morgen Bagdad, 27, Salzburg 2005. 83 Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag (Resolution 827 vom 25. Mai 1993 ) hat seine Tätigkeit im Dezember 1994 aufgenommen, das Ad-hoc Tribunal für Ruanda im November 1994. Beide Gerichtshöfe wurden allerdings durch den Sicherheitsrat eingesetzt, als besondere Maßnahme um die Internationale Sicherheit zu wahren im Sinne des Kapitels VII der UN Charta. 84 Die Erfahrungen zeigen allerdings, dass nicht die Regierung, sondern die Bevölkerung vom Boykott getroffen wird. (Paul Lendvai, Mein Österreich, 2007 Ecowin Verlag Salzburg, 200).85 Europäische Rundschau 2015/ 1 Seite 8.

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allgemeine Handlungspflicht, den in den Anlagen genannten Personen und Institutionen keine rechtlichen Vorteile zu gewähren. (Siehe Durchführungsverordnung 2015/167 der Kommission vom 03. Februar 2015 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit dem Al-Quaida-Netzwerk in Verbindung stehen)86

The Iraq and Afghanistan invasions were also accompanied by the extraordinary detention of individuals suspected of having some link with „terrorism“ . Suspects were swept up and held without charge or trial and denied the right to seek legal counsel or even to phone relatives. Media and human rights organisations received no lists of detainees. Later it would emerge that many detainees in Iraq, Afghanistan and the Guantanamo Bay Detention facility in Cuba were being tortured.87

Auch wenn die Barroso - Kommission auf „naming and shaming“ also auf Ranglisten verzichtete, kommt der Kommission hier künftig eine wichtige Rolle zu.88

Der Rechtssatz „Nullum crime sine lege“ beschränkt die staatlicheSouveränität und ist ganz allgemein ein Grundsatz der Gerechtigkeit.89 Obwohl beispielsweise Artikel 25 Deutsches Grundgesetz dem Völkerrecht einen Vorrang vor dem deutschen Rechteinräumt, ordnet er das Völkerrecht dem Grundgesetz unter. Das Verbot von rückwirkend angewendeten Gesetzen ist also in der Verfassung niedergelegt und kann vom Völkerrecht nicht außer Kraft gesetzt werden.90

Grundsätzlich verfügt die Europäische Gemeinschaft über keine allgemeine Gesetzgebungszuständigkeit auf dem Gebiet der Menschenrechte, kann jedoch in diesem Bereich insbesondere dann tätig werden, wenn und soweit es darum geht, die Verwirklichung eines Binnenmarkts zu fördern, zu dem insbesondere die Beseitigung

86 Datenschutz und Datensicherheit, 2/2012 Beschlüsse des Düsseldorfer Kreises, 8187 The Party’s Over, Richard Heinberg, Hillside House, East Sussex first published in 2003, 90.88 Die Europäische Union, Politisches System und Politikbereiche, 725. 89 Artikel 7 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskommission.90 Vgl. Karl Heinz Seifert und Dieter Hömig (Hg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Taschenkommentar, Baden – Baden, Nomos Verlag 1991.

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der Beschränkungen des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs gehört.

Im Gegensatz dazu wurden unter der Zielsetzung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik des Vertrages der Europäischen Union zur Durchsetzung wirtschaftlicher und finanzieller Sanktionen Kompetenzen an die Europäische Union übertragen, die die wirtschaftliche Unternehmertätigkeit von Personen muslimischen Hintergrunds, die unter Generalverdacht stehen, einschränken.

Im speziellen Zusammenhang jener Rechtssachen hat das Gericht jedoch„das bei der Überarbeitung durch den Vertrag von Maastricht geschaffene spezielle Bindeglied zwischen dem mit wirtschaftlichen Sanktionen verbundenen Handeln der Gemeinschaft gemäß den Artikeln 60 EG und 301 EG und den Zielen des EU- Vertrags im Bereich der auswärtigen Beziehungen“ berücksichtigt (Randnr. 159 des Urteils T-306/01 und Randnr. 123 des Urteils T-315/01).

Allgemeiner hat das Gericht auch festgestellt, dass „der Kampf gegenden internationalen Terrorismus und dessen Finanzierung unbestreitbar zu den in Artikel 11 EU festgelegten Zielen der Union im Rahmen der Gemeinsamen Außen – und Sicherheitspolitik gehört“.

„Since the revision under the Maastricht Treaty Articles 60 and 301 EC have defined the tasks and activities of the Community in the domain of economic and financial sanctions and have offered a legal basis for an express transfer of powers to the Community in order toattain them. Now, one of the objectives of the Common Foreign and Security Policy is, to preserve peace and strengthen international security, in accordance with the principles of the United Nations Charter”. 91

The Sanctions Committee is a subsidiary body of the Security Councilcomposed of Representatives only of States which are Members of the Security Council.

91 Case T-306/10 Yusuf v. European Commission, GCEU, Pending, UN Sanctions. Philip Moser QC, Barrister Monckton Chambers, UN Sanction Cases.

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11. Schengener Informationssystem

Im Rahmen des Titels VI des EU-Vertrags, der sich mit der polizeilichenund justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen befasst, wird der Schutz der personenbezogenenDaten durch mehrere spezifische Maßnahmen geregelt.92 Es handelt sichinsbesondere um Maßnahmen, mit denen gemeinsame unionsweite Informationssystemeeingerichtet werden, wie das Übereinkommen von Schengen,93 das eigene Bestimmungen über den Datenschutz im Schengener Informationssystem (SIS) enthält.94

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union haben am 26. Juni 2013 eine Neufassung der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates vom 11. September 2000 über die Einrichtung von „Eurodac“ für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Abkommens erlassen. In der Neufassung ist auch der Zugang von Strafverfolgungsbehörden zu Eurodac vorgesehen.

Die Verordnung gilt ab dem 20. Juli 2015. Die Kommission weist darauf hin, dass der hauptsächliche Zweck von Eurodac als Datenbank der ersten Säule darin besteht, die Durchführung der Dublin-Verordnung zur Bestimmung des für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständigen Mitgliedstaats zu erleichtern, und dass jeder Vorschlag, Eurodac zu einem Instrument zu machen, dass

92 Zusammenarbeit m den Bereichen Justiz und Inneres- Entschließung zur Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres gemäß dem Vertrag über die Europäische Union (Titel VI und weitere Bestimmungen) Das Europäische Parlament, unter Hinweis auf den am 7. Februar 1992 in Maastricht unterzeichneten Vertrag über die Europäische Union, und insbesondere auf dessen Artikel 100 c in Titel VI des EG-Vertrags93 Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen ABl. 2000, L 239. S 19 unterzeichnet in Schengen am 19.Juni 1990. .94 Siehe die Artikel 102 bis 118 des genannten Übereinkommens. Zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) hat die Kommission Vorschläge zur Annahme eines Beschlusses des Rates und zum Erlass zweier Verordnungen vorgelegt.

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Sicherheitsmaßnahmen und Strafermittlungszwecken dient, gemäß demEU-Recht und internationalem Recht kaum zulässig wäre.

Die Kommission stellt weiters mit Besorgnis fest, dass der Zugangvon Strafverfolgungsbehörden und Europol zur Eurodac - Datenbank zur Stigmatisierung, Diskriminierung und möglichen Gefährdung vonAsylbewerbern führen könnte.95

Über das Schengener Informationssystem werden folgende Ausschreibungen vorgenommen: -Ausschreibungen von Personen zum Zwecke der Übergabe – und Auslieferungshaft-Ausschreibung von Vermissten -Ausschreibungen von Personen, die im Hinblick auf ihre Teilnahmean einem Gerichtsverfahren gesucht werden-Personen – und Sachfahndungsausschreibungen zum Zwecke der verdeckten Kontrolle oder der gezielten Kontrolle -Sachfahndungsausschreibungen zur Sicherstellung oder Beweissicherung in Strafverfahren. 96

Die Europäische Sicherheitsstrategie fällt unter die dritte intergouvernmentale Säule der EU und schränkt daher die Effizienzund ihren Geltungsbereich ein. Bei einer Übertragung in die erste Säule kann der Grundsatz der Einstimmigkeit durch die Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit ersetzt und zudem können die Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments ausgeweitet werden.97 Die Datenschutzregeln des Beschlusses zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfungdes Terrorismus und der grenzüberschreitendenKriminalität, müssen geschaffen werden, da es kein geeignetes Rechtsinstrument über den Datenschutz im Rahmen der dritten Säulegibt.

Dieses allgemeine Rechtsinstrument sollte, sobald es gebilligt wird, für den gesamten Bereich der polizeilichen und justiziellenZusammenarbeit in Strafsachen gelten, vorausgesetzt, dass das Datenschutzniveau des Rechtsinstruments angemessen ist und jedenfalls nicht unter dem Datenschutzniveau liegt, das sich aus 95

96 Durchführungsbeschluss der Europäischen Union, 2015/215 des Rates vom 10.Februar 2015. 97 C 318/147, Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, „Die Mitwirkung der Zivilgesellschaft im Kampf gegen organisierte Kriminalität und Terrorismus“, Amtsblatt der Europäischen Union vom 23.12.2006.

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dem Übereinkommen des Europarats vom 28. Januar 1981 über den Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten und dem diesbezüglichen Zusatzprotokoll über Kontrollstellen und grenzüberschreitenden Datenverkehr vom 8. November 2001 hierzu ergibt.

Besondere Datenkategorien, die die rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinung, religiöse oder philosophische Überzeugung, die Partei- oder Gewerkschaftszugehörigkeit, diesexuelle Ausrichtung oder Gesundheit betreffen, sollten nur verarbeitet werden, wenn dies absolut notwendig für den Zweck eines spezifischen Falls und demgegenüber verhältnismäßig istund in Übereinstimmung mit spezifischen Garantien steht.

Zur Verstärkung der Außengrenzenkontrollen hat am 1. Mai 2005 dieEuropäische Grenzschutzagentur Frontex in Warschau ihre Arbeit als Koordinierungseinrichtung aufgenommen, und es wurde die Einsetzung gemeinsamer Grenzpatrouillen beschlossen.98

Bereits seit 1997 gibt es innerhalb der Vertragsstaaten des Schengener Übereinkommens die Möglichkeit Personen, die der Begehung einer Straftat verdächtig sind, grenzüberschreitend zu observieren.99

Die ausführenden Beamten sind der Polizei, der Kriminalpolizei und dem Zollfahndungsdienst zuzuordnen und unterstehen dem Bundeskriminalamt, der Staatsanwalt sowie in Luxemburg dem Generalstaatsanwalt. Eine Observation ist unter anderem im Falle des Verdachtes des Deliktes des Menschenhandels zulässig.

Die Existenz eines Einspruchsrechts im Falle einer unzulässigen Observation oder bei einem gesetzwidrigen Scheingeschäft, bei demjemand zu einem Suchtmitteldelikt verleitet wurde, bleibt in der Praxis fragwürdig.

98 Werner Weidenfeld, Die Europäische Union, Politisches System und Politikbereiche, 289.99 Schengener Übereinkommen – Durchführung Inkrafttreten 01.12.1997Fast vier Jahre nach dem ersten Briefbombenattentat in Österreich am 01. Oktober 1997 wurde in Österreich die Rasterfahndung eingeführt.

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- Anfragen zu Personen, die freigesprochen wurden oder deren Verfahren eingestellt wurde

Nach den Kapiteln 3 und 4 dieses Beschlusses werden Berichte überdie Übereinstimmung des DNA-Profils oder der Daten von Personen, die freigesprochen wurden oderderen Verfahren eingestellt wurde, nur ausgetauscht, wenn die Datenbank genau bezeichnet wird und die Datenkategorie, auf die sich die Untersuchung bezieht, eindeutig durch das einzelstaatliche Recht festgelegt ist.100

Das widerspricht der Natur und Grundlage des Grundsatzes „Ne bis in idem“ . Danach muss der Betreffende beispielsweise darauf vertrauen können, dass er mit der Vollstreckung der Strafe seine Schuld gebüßt hat, ohne eine erneute Bestrafung befürchten zu müssen. ImFall eines Freispruches beispielsweise muss er sicher sein, dass kein weiteres Verfahren zu seiner erneuten Verfolgung eingeleitetwird.

Artikel 4 des Protokolls Nr. 7 zur EMRK101 lautet wie folgt:

Niemand darf wegen einer Straftat, wegen der er bereits in der Union nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einemStrafverfahren erneut verfolgt oder bestraft werden.

Von diesem Artikel darf auch nach 15 der Konvention, wonach im Falle eines Krieges oder eines anderen öffentlichen Notstandes, der das Leben der Nation bedroht, eine Abweichung von den in der EMRK vorgesehenen Rechte erlaubt, wenn sie Maßnahmen im Bereich der nationalen Verteidigung im Kriegsfalle oder im Bereich der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung treffen, nicht abgewichen werden.

100 2009 C 259 E/113 Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 22. April 2008 zu der Initiative der

Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf den Erlass eines Beschlusses des Rates zur Durchführung des Beschlusses

2008//JI zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der

grenzüberschreitenden Kriminalität (11563/2007 —11045/1/2007 — C6-0409/2007 — 2007/0821(CNS))

101 Protokoll Nr.7 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten BGBl. Nr. 628/1988

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Der Grundsatz „Ne bis in idem“ wird nach Artikel 15 der Charta der Grundrechte auch im Unionsrecht angewandt.

12. Relationship between the International Legal Order under the United Nations and the Regional Community Legal Order

Im Zuge des Jugoslawien- (1991 bis 1996)- und Kosovokrieges (1999) wurde bereits der US -Amerikanische Krieg “Infinite Justice” gegen das Taliban Regime in Afghanistan aufgrund der vonOsama Bin Laden organisierten Anschläge auf das World Trade Center und Pentagon am 11. September 2001 offenkundig: Die Europäische Union hat es in den 90 er Jahren verabsäumt , zur sicherheitspolitischen Ordnungsmacht Europas zu werden, weil sie sich als unfähig erwies, gemeinsame Lagebeurteilungen zu treffen und sich auf ein geschlossenes Handeln zu verständigen.102 Under Article 24 (1) of the Charter of the United Nations , the members of the United Nations confer on the Security Council primary responsibility for the maintenance of International Peaceand Security and agree that in carrying out its duties under thisresponsibility the Security Council acts on their behalf.

On 15 October 1999 the Security Council of the United Nations adopted Resolution 1267 in which it inter alia condemned the factthat Afghan territory continued to be used for the sheltering andtraining of terrorists and planning of terrorist acts, reaffirmedits conviction that the suppression of international terrorism was essential for the maintenance of international peace and security. The Council deplored the fact that the Taliban

102 Michael Gehler, Europa, Von der Utopie zur Realität, 229, 2014. Anfang 1993 war Terrorismus im Bewusstsein der meisten Mitglieder der Central Intelligence Agency kein vorrangiges Thema, 1992 erwogen die Amerikaner ernsthaft das Terrorabwehrzentrum der CIA zu schließen. Am 26. Februar 1993 ging nach einem Schusswaffenattentat vor den Toren der CIA bei dem eine Person getötet wurde im unterirdischen Parkdeck des Wold Trade Centers eine Bombe hoch bei der 6 Menschen getötet wurden. Es wurde zunächst davon ausgegangen, dass es sich dabei um Separatisten vom Balkan handeln würde, nach einer Woche wurde der Täter als Anführer einer islamistischen Gruppierung für den Krieg der Sowjets in Afghanistan identifiziert ( Die CIA unter Clinton und George W. Bush, 1993 bis 2007, Tim Weiner, CIA , Die Ganze Geschichte, 576, Originalausgabe „The Legacy ofAshes“ The History of the CIA im Verlag Doubleday New York 2007 Tim Weiner ).

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continued to provide safe haven to Usama bin Laden and to allow him and others associated with him to operate a network of terrorist training camps from territory held by the Taliban and to use Afghanistan as a base from which to sponsor international terrorist operations.

In order to ensure compliance with that demand paragraph 4 b of Resolution 1267 (1999) provides that all the States must, in particular “freeze funds and other financial resources, includingfunds derived or generated from property owned or controlled directly or indirectly by the Taliban”.

Furthermore the Security Council decided to establish a Committeeof the Security Council composed of all its Members (The Sanctions Committee).

On March 1 2001 the Sanctions Committee published a new list including the names of individuals as well as entities. All States must freeze funds and other financial resources, includingfunds derived or generated from property owned or controlled directly or indirectly by the Taliban.

The Security Council and its Sanctions Committee, are political bodies before only States are authorised to appear. Neither the European Council nor the European Commission examined the reasonsfor which that Committee included the applicants in that list.

Resolutions of the Security Council adopted under Chapter VII of the Charter of the United Nations , therefore fall, in principle,outside the ambit of the European Court’s judicial review and theCourt has no authority to call in question , even indirectly, their lawfulness in the light of Community law.103

With regard to the alleged breach of the right to judicial review, the applicants note that in case C-424/99 Commission versus Austria (2001) the European Court of Justice held that , “according to settled case – law, the requirement of such review reflects the general principle of Community Law stemming from theconstitutional traditions common to the Member States and 103 See also The Party is Over: Oil, War and the Fate of Industrial Societies, Richard Heinberg, East Sussex, 2003, 80 Iraq’s decisive victory over Iran in 1988 come as a shock to Washington and neither the US nor Israel was about to tolerate a strong , independent military competent Arabnation in the region. Whatever the motive, the result was a quick military victory over the US and ongoing devastations for Iraq which continued to suffer under UN – imposed Trade Sanctions throughout the following decade.

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enshrined in Articles 6 and 13 of the European Convention of Human Rights”.That right implies the existence of effective legal proceedings before a judicial body that satisfies certain conditions such as independence and neutrality.

Die EU Sanktionen104 gegen Österreich wurden am 13. September 2000 aufgehoben. Martti Ahrtisaari empfahl die Aufhebung der diplomatischen Isolation Österreichs wegen ihrer kontraproduktiven Wirkung. Östereichische Kandidaten wurden für Posten in internationalen Organisationen nicht unterstützt und österreichische Botschafter in den EU Hauptstädten nur auf nachrichtentechnischer Ebene empfangen.105 Die Sanktionen lösten einen Solidarisierungseffekt mit der ÖVP – FPÖ Koalition aus. DerWeisenratsbericht qualifizierte die FPÖ zwar als rechtspopulistische Partei mit radikalen Elementen, hielt aber fest, dass die österreichische Regierung für die gemeinsamen Werte der Europäischen Union eintritt. Seit 1997 besteht die Möglichkeit eines Vertragsverletzungsverfahrens bei schweren und anhaltenden Grundrechtsverstößen der in Artikel 7 verankerten Werte des EU- Vertrages.

In light of the principle of the primacy of UN law over Communitylaw, the claim that the Court of First Instance of the European Communities has jurisdiction to review indirectly the lawfulness of decisions of the Security Council according to the standard ofprotection of fundamental rights as recognised by the Community legal order, cannot be justified either on the basis of international law or on the basis of Community law.106 104 Die Entscheidungen der übrigen 14 EU Staaten vom 31. Januar 2000 im Falle einer Regierungsbeteiligung der FPÖ Sanktionsmaßnahmen anzudrohen, traf das Land so unerwartet wie unvorbereitet. Die Entscheidung fiel unter Verletzung aller Regeln der EU ohne Anhörung Österreichs. Die Sanktionen wurden nach einem Bericht der „Drei Weisen“ sang- und klanglos aufgehoben. Vor allem der konservative Präsident Frankreichs Jacques Chirac und der bürgerlich-liberale belgische Ministerpräsident Guy Verhofstadt waren die aktivsten Gegner einer Regierungsbeteiligung der FPÖ. In Frankreich ging esum die Abwehr der rechtsradikalen Partei Le Pens und in Belgien um die Ausgrenzung der ausländer- und europafeindlichen Vlaams Block.(Paul Lendvai, Mein Österreich, 2007 Ecowin Verlag Salzburg) 105 Artikel 177 (2) EUV Entwicklungszusammenarbeit und wirtschaftliche, finanzielle und technische Zusammenarbeit mit Drittländern nennen ausdrücklich die Fortentwicklung und Festigung der Demokratie und des Rechtsstaates sowie die Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten als Ziel der Gemeinschaftspolitiken mit Drittländern. 106 Judgement of the Court of First Instance of the European Communities in Case T – 306/01 21. September 2005.

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Nach dieser Auffassung könnten sich weder Individuen noch Organisationen wenn sie auf einer Sanktionsliste stehen an den EuGH wenden, außer bei Verletzung fundamentaler Rechtsgrundsätze wie dem Folterverbot.

Rechtliches Gehör ist daher nicht per se vorgesehen. Die unmittelbare Anrufung des Internationalen Gerichtshofes scheitertebenso wie die Überprüfung des Sanktionen - Ausschusses und seiner Entscheidungen, da der IGH nicht befugt ist , über das Handeln der UN –Organe zu entscheiden. Die Gründerstaaten konntensich nicht dazu durchringen, dem Internationalen Gerichtshof diese Kompetenz zuzuerkennen.

Grundsätzlich sieht Artikel 230 Absatz 4 EGV vor, dass sich auch ein Einzelner gegen Gemeinschaftsakte wehren kann, jedoch muss er durch die Entscheidung unmittelbar betroffen sein.

“The Court of the European Union is not primarily designed as ahuman rights Court to deal with individual complaints. Its roleis to judge whether the European Union Institutions themselves have failed to comply with European Union Law or to offer guidance to national courts on how to interpret the meaning of European Union Law. Therefore it is more common for an individual to reach the European Court indirectly.

This may happen when an individual brings a complaint to the national courts and questions arise in the case as regards the interpretation of the relevant EU legislation and its compatibility with the Charter.”

“Hence, there is the need to establish clearly, at the outset, the preconditions that natural or legal persons must satisfy before they can turn to the Community Court in order to obtain judicial review both of measures taken by the Commission or of the reasons for the Commission's failure to act.”107

Article 173 of the EEC Treaty, which confers on the Court the power to review the legality of acts of Community institutions capable of having legal effects, distinguishes two classes of persons entitled to institute proceedings for annulment: Persons to whom the measure is addressed and persons who, 107 Access to Justice: Individual Undertakings and EEC Antitrust Law–Problems and Pitfalls, Federico Mancini, 202

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insofar as they do not fall into the first category must provide that the measure is of such a kind as to be of direct and individual concerns to them.

Persons who are not addressed by a decision may only claim to be individually concerned, if that decision affects them by reason of circumstances in which they are differentiated from all other persons and by virtue of these factors distinguishesthem individually.108

The Iraq and Afghanistan invasions were also accompanied by theextraordinary detention of individuals suspected of having a link with “terrorism”. Suspects were swept up and held without charge or trial and denied the right to seek legal counsel or even telephone their relatives. Media and human rights organizations received no lists of detainees. Later it would emerge that many detainees in Iraq, Afghanistan and Guantanamo Bay Detention Facility in Cuba were tortured.

During the first months after 09/11 the American Media devoted little time to those questioning official policy. By the election season of 2004, it had become apparent that the nation was deeply polarized. While many believed that everything being done by the government in its “War on Terror” was justified, others were convinced that the administration’s actions were both criminal and incompetent.

The Bush Administration had destroyed physical evidence and delayed and inhibited an inquiry and proclaimed its „War on Terrorism“ and officials floated lists potential targets numbering from three to nearly fifty nations. Critics of the Bush policy claimed that the administration had, in effect declared War on much of the rest of the world.109

108 Access to Justice: Individual Undertakings and EEC Antitrust Law–Problems and PitfallsFederico Mancini_109 Lights out: Approaching the Historic Interval’s End , The Party’s Over, Richard Heineberg, Oil, War and the Fate of Industrial Societies, East Sussex, 89.

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13. Security Implications 110

Financial support for refugees for humanitarian causes appears tobe vivid.Money transfers to Chechnya seem to resemble those to the Middle East, which means that they are effected in circumvention of official channels such as banks.

Financial support may serve various purposes, ranging from personal to humanitarian, but it cannot be ruled out that there are contributions in any form for the fight against Russia or terrorism related activities.

It has been generally observed that – which is not a particular trait of the conflict in Chechnya – that funds that were purportedly for humanitarian purposes were in fact used to finance terrorism. The real destination of such money flows is hard to assess.

On the basis of grounded theory and computer content analysis, itis possible to identify and explain the emergence of transnational social networks through qualitative data content analysis of data collected from online forums and websites. 111

So hat Putin enorme Tributzahlungen für den Anschein von Loyalität an den vorherrschend muslimischen Nordkaukasus gezahlt , dort finden sich fast keine Russen mehr. Während sich früher die Tschetschenen von Russland abspalten wollten, sind es heute die Russen, denen es nichts ausmachen würde, wenn die Tschetschenen gingen, da sie sich vehement gegen die massiven Transferzahlungen in diese Region sträuben.112

110 Alexander Schahbasi, The Chechen Diaspora in Europe and its Security Implications, 207, in Chechens in the European Union, Janda, Österreichischer Integrationsfonds, 2008. 111 Karolina Lukasiewicz, Chechen Transnational Networks on the Internet, 228, Österreichischer Integrationsfonds, 2008. 112 Stephen Kotkin, Der aufhaltsame Aufstieg des Wladimir Putin, in Die Europäische Rundschau, 2015/1 Seite 11.

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IV. Civil Rights and Personal Integrity Rights

Im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch findet sich in § 16 ABGB die Bestimmung, wonach jeder Mensch angeborene schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte hat, und daher als eine Person zu betrachten ist.

Die Persönlichkeitsrechte dienen dem unmittelbaren Schutz der menschlichen Person. Sie sichern Achtung und Unversehrtheit wie das Recht auf Leben und körperliche UnversehrtheitSklaverei oder Leibeigenschaft und die Ausübung einer darauf sichbeziehenden Macht wird „in diesen Ländern“ nicht gestattet.

In § 33 ABGB findet sich die Bestimmung, dass den Fremden überhaupt gleiche bürgerliche Rechte und Verbindlichkeiten mit den „Eingeborenen“ zukomme, wenn nicht ausdrücklich die Staatsbürgerschaft erfordert wird.

Die Verschiedenheit der Religion hat auf die Privatrechte keinen Einfluss, außer insofern diese bei einigen Gegenständen durch dieGesetze insbesondere angeordnet wird.

Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht ist nicht absolut geschützt, Einschränkungen sind im überwiegenden Interesse Dritter oder der Allgemeinheit gerechtfertigt (vg. BGH, NJW 2010, 1533, Rn 12), wenn die Einschränkung zur Erreichung ihres Zieles geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist.

Grundsätzlich gibt es allerdings eine gesetzliche Vermutung dahingehend, dass jeder Mensch angeborene Rechte hat und diese Rechte so lange als bestehend angenommen werden, als die gesetzmäßige Beschränkung dieser Rechte nicht bewiesen wird.113

§ 19 ABGB : Jedem, der sich in seinem Rechten verletzt zu sein erachtet, steht es frei, seine Beschwerde vor der durch die Gesetze bestimmten Behörde anzubringen. Wer sich aber mit Hintansetzung derselben der eigenmächtigen Hilfe bedient, oder,

113 § 16 ABGB Aus dem Charakter der Persönlichkeit angeborene Rechte sowie § 17 ABGB Rechtliche Vermutung derselben : „Was den angebornen natürlichen Rechten angemessen ist, dieses wird so lange als bestehend angenommen, als die gesetzmäßige Beschränkung dieser Rechte nicht bewiesen wird.“

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wer die Grenzen der Notwehr überschreitet, ist dafür verantwortlich.

Das Recht auf körperliche Bewegungsfreiheit wird von den §§ 16 ff. garantiert. Der Schutz der persönlichen Freiheit ist gegenüber dem Staat überdies ausdrücklich verfassungsgesetzlich garantiert (Artikel 1 BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl 1988/684).

Das Recht am eigenen Bild ist beispielsweise in § 78 Urheberrechtsgesetz geregelt, wonach Bildnisse von Personen nichtöffentlich ausgestellt werden dürfen, wenn dadurch berechtigte Interessen der Abgebildeten verletzt werden. Aus § 16 ABGB wird auch ein Recht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit und ein Recht am gesprochenen Wort abgeleitet, dass auch den Schutz vor heimlichen Aufzeichnungen umfasst. Erhebliche Bedeutung kommt dem Recht auf Achtung der Privatsphärezu. Das Recht auf Achtung der Ehre lässt sich aus § 1330 ABGB ableiten. Wie die Ehre genießt auch der wirtschaftliche Ruf absoluten Schutz.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt jedermann vor technisch gestützter Beobachtung und Aufzeichnung ohne Einwilligung. Das Deutsche Bundesverfassungsgericht hat für das Versammlungsrecht anerkannt, dass das Bewusstsein, dass die Teilnahme an einer Versammlung videoüberwacht wird, Einschüchterungsversuche bewirken könnte.114

Die Rechtssprechung ist bei der Annahme von Persönlichkeitsrechten zurückhaltend. Am Anfang der Entwicklung stand die Rechtssprechung des amerikanischen Supreme Court („right to privacy“) aber inzwischenkennt auch die Europäische Menschenrechtskonvention ein Recht aufAchtung des Privat- und Familienlebens (Artikel 8 EMRK).Das Recht auf Privatsphäre findet als „right to be let alone“ alsübergeordnetes Rechtsprinzip in der US amerikanischen Rechtssprechung häufig Anwendung. 115

To cite the European Court of Human Rights :

114 BVerfGE 122, 342.115 Sandra Seubert, Der Gesellschaftliche Wert des Privaten, Datenschutz undDatensicherheit, 02/2012.

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The Court notes that the concept of “private life” is a broad term not susceptible to exhaustive definition. It covers the physical and psychological integrity of a person (see Pretty v. the United Kingdom, no. 2346/02, § 61, ECHR 2002-III, and Y.F. v.Turkey, no. 24209/94, § 33, ECHR 2003-IX). It can therefore embrace multiple aspects of the person’s physical and social identity (see Mikulić v. Croatia, no. 53176/99, § 53, ECHR 2002-I). Elements such as, for example, gender identification, name and sexual orientation and sexual life fall within the personal sphere protected by Article 8 (see, among other authorities, Bensaid v. the United Kingdom, no. 44599/98, § 47, ECHR 2001-I with further references, and Peck v. the United Kingdom, no. 44647/98, § 57, ECHR 2003-I).

Im „Case Law“ System des anglo-amerikanischen Rechtskreises schafft jede gerichtliche Entscheidung Recht. Der Richter ist an Präjudizien gebunden. Er muss daher im Einklang mit der bestehenden Rechtssprechung entscheiden. Die kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen binden hingegen den Richter grundsätzlich nur an das Gesetz. Die in einzelnen Fällen ergangenen Entscheidungen haben Verbindlichkeit nur für den einzelnen entschiedenen Fall.

Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes der Gemeinschaften schaffen allerdings objektives Recht und binden daher die Gerichte der EU-Mitgliedstaaten auch für andere Fälle. „While the definition of a particular right is a matter of EU lawin a manner that complies with general principles of EU law, the extent of a permissible derogation in a Member State may be dependent on a state’s particular situation and circumstances (See Case C-36/02 Omega (2004) ECR I – 9609, para 31)”.

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14. National Politics and Social Movements 116

According to the political theory of the Right, each individualis morally entitled to gain control over as large a share of the total resource base as he or she can possibly obtain, usinglegal means.

The government according to this theory has little or no responsibility to maintain equity in resource distribution or to provide a safety net for the disadvantaged. The Right gains part of its legitimacy from its appeal to the individual’s desire for freedom- that is to control a disproportionate shareof resources.

Most great cultural achievements according to rightists have been initiated not by the masses but by extraordinary individuals.

Another cornerstone of rightist politics is the pursuit of security through state investments in ever – expanding police and military powers. Such powers are needed after all to protect the concentrations of wealth that result from the project of seeking to control resources. According to the political theory of the Left, people are morally obliged to share resources and society as a whole is better off when inequalities of wealth are minimized. Here , government has a responsibility to help equalize access to resources and to provide at least a minimum of needed resourcesfor all citizens. Theorists at the far left end of the political spectrum hold that all exploitation of humans by other humans – including the system of wage labour is morally repugnant. The Left typically seeks to appeal to members of thelower class and to idealistic intellectuals.

While the Communist – bloc nations of the 20th century offereda counter example , the Left has historically been somewhat 116 Die Identitären, Handbuch zur Jugendbewegung der Neuen Rechten in Europa, 2014. See as well: “The Party’s Over ”, A Banquet of Consequences, Richard Reinberg, East Sussex, 2003.

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less preoccupied than the Right with police and military security and where it calls for criminal sanctions or military actions , these are often against individuals , corporations , or nations whose efforts to control resources appear egregiously unfair.

Democracy is often regarded as an artefact of Greek civilization or the Enlightenment. From a larger historical and anthropological perspective it canbe seen as an attempt on the part of people living in modern complex societies to regain some of the autonomy and egalitarism that characterized life of our distant anchestors.

Democracy is a reaction against the concentration of power thatarose in early agricultural states and that burdened our more recent anchestors with kingship and serfdom. Because it implies that everyone should be able to participate in decisions regarding the allocation of resources , democracy is an inherent leftist ideal. Unquestionably the most innovative thinking regarding democratic processes has come from the far-left of the political spectrum , which is occupied by anarchists of various stripes.117

15. Anti – Immigration – Activism

“The rise of the right wing in Europe is a reaction to the refugee flows” says Boris B. Cheshirkov, Spokesman for the United High Commissioner for Refugees. And with much of Europe still struggling to recover from the 2008 financial crisis, the higher costs of caring for this flood of refugees – especially in countries like Bulgaria and Rumania, the poorest members of the European Union – are straining national budgets.118 117 The Party’s Over, A Banquet of Consequences, Richard Heinberg in Oil, War and the Fate of Industrial Societies, East Sussex,first published 2003,204 – 206. 118 The New York Times, International Weekly, Monday April 2013, 2015. Bulgaria was admitted to the European Union, but has been denied SchengenerApproval, partly because of Border Issues.

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In Germany, France and Austria large proportions of youth support right wing and conservative movements and parties support these claims (Key Historical Role).Politicians are often concerned with re-election and ignoring the wishes of a majority of their constituents would damage their chance at re-election.Favourable policies act as cues to activities, signalling whether or not mobilization is possible and , if so, what the chance of success will be. In these cases right wing and conservative movements were able to build up on the overlap between their agendas and the beliefs of citizens.

Identity Politics were in fact invented by the „New Right“. The concept behind “ethnopluralism” means cultural apartheid and a segregation of unwanted and discriminated groups. 119

Ausgangspunkt in Frankreich ist der 2003 gegründete „Bloc Identitaire“ ein Zusammenschluss der Unite’ Radicale , die aufgrund des virulenten Antisemitismus 2002 verboten wurde, sowie der rechtsextremen „Jeunesse Identaires“.

Certain groups of migrants report incidents on a daily basis. Other sources report that every three months a black or afghan migrant is murdered. Chechen refugees complain about racial stereotyping as “terrorists”.120

After an excess bashing incident in the Munich underground juvenile delinquency, migrants as offenders and counter measures will also be discussed in Austria (Kurier 14.01.2008).According to this article in the daily Newspaper “Kurier”, the juvenile delinquency rate in Austria is also on the rise.121

The number of suspects under investigation for acts of violencebetween the ages of 14- 18 rose from 2.305 in the year of 2001 to 3.873 in the year 2006. The official crime statistics sheds no light on the nationality, nor the ethnic background of those

119 Das Neue Europa, Kultur des Vermischens und Politik der Representation, Marius Babias, Ausstellungsprojekt der Generali Foundation, Köln. 120 Franck Düvell, Chechens in the European Union, Österreichischer Integrationsfonds, 2008, 90. 121 Edith Vasilyey, Chechen in the European Union, Österreichischer Integrationsfonds, 2008, 131.

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condemned, but only differentiates between Austrian citizens and foreigners.122 In the United States public opinion towards immigration and border security beginning in the 1970’s and 1980’s generated waves of anti-immigration mobilization by encouraging legislators to pass-anti immigration policy and by providing aclimate in which anti-immigration actions and claims were legitimated. Border control was framed as a matter of nationalsecurity and linked to the Cold War, the threat of foreign terrorism, and violence associated with drug importation and usage.

Contemporary anti-immigration civilian patrol groups like MMP and MCDC weave together ideological conventions adopted by early American Nativist Movements and frontier vigilante societies, creating a modern movement culture and emphasizing fear and distrust of foreigners (Patrolling, Observing and Reporting).

In the United States Employer Sanctions on business, that were found to have knowingly hired unauthorized migrants, increased resources available to Border Patrol, granted Amnesty for unauthorized migrants able to prove residence in the United States, and gave the President the power to declare immigrationemergencies.123

At regional European Union Level, the Employer Sanctions Directive is a new tool to hold employers accountable for irregularly employed migrants.124

122 Edith Vasilyev, Chechens in the European Union, Österreichischer Integrationsfonds, 2008, 131.123 Matthew Ward, Bad things come in Threes, How Economic, Political and Cultural Shifts Facilitated Contemporary Anti-Immigration Activism in the United States. 124 Directive 2009/52/EC of June 18 2009. Für Opfer des rassistischen Apartheid – Regimes in Südafrika, wo Arbeitskräfte schwarzer Hautfarbe jahrzehntelang zu Niedrigstlöhnen Schwerarbeit in Zweigniederlassungen amerikanischer und europäischer Unternehmen verrichteten, wurden beispielsweise Ermittlungen gegen Daimler–Chrysler wegen militärischer Zusammenarbeit mit der ehemaligen Apartheid -Regierung aufgenommen und auf Vorschlag einer Wahrheitskommission ein Entschädigungsfonds eingerichtet. Mit diesen Investitionen und den Handelsbeziehungen unterstützten die Unternehmen die weiße Minderheitsregierung.

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16. Acess to Justice

In the field of “contestations civiles “ (civil claims) everyone has a right to proceedings instituted by or against him being conducted in a certain way – “equitablement” (fairly), “publiquement” (publicly) “ dans un delai raisonnable” (within a reasonable time) but also and primarily “ a‘ ce que sa cause soitentendu “ ( that his case be heard) not by an authority whatever but “par un tribunal” (by a court or tribunal) within the meaningof Article 6 para. 1 EMRK.

“The right of individual petition” is the question whether private persons or entities are enabled to sue their own governments before an international commission or tribunal – something that, even as recently as thirty years ago, would have been regarded as internationally inconceivable.

Governments have been hesitant to become parties to instruments most of which, apart from the European Convention, have apparently not so far attracted a sufficient number of ratifications to bring them into force.

The question concerning refugees mistreated in detention, is whether they can rely on the protection of article 6 of the European Convention on Human Rights.

In 1974 this question arose in the Golder Case in the United Kingdom, where an inmate tried to bring incidents in prison against a Prison Officer to Court.

Article 6 embodies the right to a Court, of which the right of Acess , that is the right to institute proceedings before courts in civil matters, constitutes one aspect only.

To this are added the guarantees laid down by article 6 para. 1 European Convention on Human Rights as regards both the organisation and composition of the Court and the conduct of the proceedings. In sum the whole makes up the right to a fair hearing..

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The contemplated legal proceedings would have concerned an incident which was connected with prison life and had occurred while the applicant was imprisoned. Furthermore these proceedingswould have been directed against a member of the prison staff, who had made the charge in the course of his duties and who was subject to the Home Secretary’s authority.

In these circumstances the Court held, that Golder could justifiably wish to consult a solicitor with a view to instituting legal proceedings. The Applicant’s correspondence with a solicitor would have been a preparatory step to the institution of civil legal proceedings and therefore , to the exercise of a right embodied in Article 6, the Court found a violation of Article 6 and 8 European Convention of Human Rights.125

V. Folterkommittee 126

Die Vereinten Nationen setzten nach dem Zweiten Weltkrieg eine Menschenrechtskommission ein, die unter anderem das Abkommen überdie Rechtsstellung der Flüchtlinge, welches am 28.Juli 1951 in Genf unterzeichnet wurde, ausarbeitete.

Für die Verhinderung von Misshandlungen in Rahmen einer Anhaltungoder bei einer Inhaftnahme nahm die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1984 das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe an (United Nations Convention Against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment; CAT Resolution 39/46).

Nach der Verordnung Nr. 1236/2005127 (EG) bezeichnet „Folter“ jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum

125 European Court of Human Rights, Golder versus United Kingdom, 21.Februar1975 126 The UN Committee against Torture is mandated to visit detention facilities. The Optional Protocol to the Convention on Torture allows for such visits and the Subcommittee on Torture is mandated to visit detention facilites. 127 Des Rates vom Juni 2005 betreffend den Handel mit bestimmten Gütern, die zurVollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet können

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Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen oder um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen, oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, sofern diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Diensts oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden.

Die Einhaltung des Vertragwerkes wird vom UN Ausschuss gegen Folter Artikel 17 CAT überwacht. Das CAT wurde durch das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen gegen Folter oder andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafen (OPCAT – Optional Protocol to the Convention against Torture and other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment) ergänzt, welches von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 18. Dezember 2002 übernommen wurde.128

Strafvollzugsanstalten, gerichtliche Gefangenenhäuser, Sicherheitsbehörden wie Polizeianhaltestellen und sonstige Hafträume, sowie militärische Dienststellen, Krankenanstalten sowie Alten- und Pflegeheime im Geltungsbereich des Heimaufenthaltsgesetzes oder Unterbringungsgesetzes sind typischerweise Orte des Freiheitsentzuges.

Information is gathered in various ways: The CPT collects first –hand information through country visits to key places, such as detention facilities, meeting with authorities and persons concerned, such as persons deprived of their liberty.129

Als Freiheitsentziehung ist jede Form des Festhaltens, der Identifizierung oder die Unterbringung einer Person in einer öffentlichen oder privaten Gewahrsamseinrichtung, die diese Person nicht nach Belieben verlassen darf, aufgrund der Entscheidung einer Justiz- , Verwaltungs- oder sonstigen Behörde zu sehen ( Artikel 4 Abs 2 OPCAT).

128 A range of bodies exist within the Council of Europe with responsibilityfor promoting the implementation of fundamental rights. Some of these bodies are established to monitor, for example the European Committee for the Prevention of Torture (CPT). Literature: FRA European Union Agency ForFundamental Rights. 129 European Union Agency For Fundamental Rights, Bringing Rights to Life, 21, 2012.

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Eine Betreuungsstelle für Flüchtlinge im Sinne des Grundversorgungsgesetz –Bund 2005 ist nicht als eine Betreuungsstelle zu qualifizieren, da den in den Betreuungsstellen untergebrachten Personen unabhängig vom Verfahrensstand, von der örtlichen Lage und von der zeitlichen Komponente grundsätzlich jederzeit das Verlassen der Betreuungsstelle möglich ist.130

18. Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen

Die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen in der Union beruhtauf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen und umfasst auch die Angleichung der Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten.

Durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz werden Maßnahmen festgelegt, um

- Regeln und Verfahren festzulegen, mit denen die Anerkennung aller Arten von Urteilen und gerichtlichen Entscheidungen in der gesamten Union sichergestellt wird.

- die Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden oder der entsprechenden Behörden der Mitgliedstaaten im Rahmen derStrafverfolgung sowie des Vollzugs und der Vollstreckung von Entscheidungen zu sichern

Soweit dies zur Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen und der polizeilichen und judizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit grenzüberschreitender Dimension erforderlich ist, können durch Europäisches Rahmengesetz Mindestvorschriften festgelegt werden.

Die Mindestvorschriften betreffen Folgendes:

- die Zulässigkeit von Beweismitteln- die Rechte des Einzelnen im Strafverfahren- die Rechte der Opfer von Straftaten

130 Vogl, Der neue Menschenrechtsbeirat bei der Volksanwaltschaft, 698.

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- sonstige spezifische Aspekte des Strafverfahrens die zuvor vom Rat durch einstimmigen Beschluss bestimmt worden sind. Dieser Beschluss wird vom Rat einstimmig nach Zustimmung desEuropäischen Parlaments erlassen.

In einem vorbereitendem Rechtsakt des Europäischen Parlaments heißt es: Es ist erforderlich, dass der Rat den Rahmenbeschluss über bestimmte Verfahrensrechte in Strafsachen im Gebiet derEuropäischen Union so rasch wie möglich annimmt, damit gewisse Mindestregelungen über den Anspruch der Bürger auf Rechtsbeistandin den Mitgliedstaaten festgelegt werden.131

Bereiche in denen Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftaten und Strafen festgelegt werden sind: Terrorismus, Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern, illegaler Drogenhandel, illegaler Waffenhandel, Geldwäsche, Korruption, Fälschung von Zahlungsmitteln, Computerkriminalität und organisierte Kriminalität.132

“National security and criminal justice long viewed as the heartland of the Member State competence must be harmonized to the extent necessary to ensure mutual recognition of systems for a meaningful cooperation between the police and criminal courts across the European Union.

The Court confirmed that just like Directives could not impose criminal liability upon individuals or aggravate such liability, for this would break the principle of legality of criminal law. Also for measures concerning criminal procedures national law must be interpreted in light of a Framework decision unless that would entail a breach of the right to a fair trial.”

Das Europäische Rahmengesetz ist ein Gesetzgebungsakt, der für jeden Mitgliedstaat, an den er gerichtet ist, hinsichtlich des zuerreichenden Ziels verbindlich ist, jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel überlässt.

131 C 259 E/111, Grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminaliät, Vorschlag des Europäischen Parlaments.132 Gem. Art. 83 Abs. 1 AEUV können Parlament und Rat im ordentlichen Verfahren (vgl.Art. 294 AEUV) durch Richtlinien Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftaten und Strafenin Bereichen besonders schwerer Kriminalität festlegen, die eine grenzüberschreitende Dimension aufweisen; diese kann aufgrund der Art oder der Auswirkungen der Straftaten oder aufgrund einer besonderen Notwendigkeit, sie auf einer gemeinsamen Grundlage zu bekämpfen, bestehen.

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Der Rahmenbeschluss ist auf Artikel 31 Abs 1 Buchstabe a und b EUV gestützt, wonach das gemeinsame Vorgehen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen darauf gerichtet ist, die justizielle Zusammenarbeit bei Gerichtsverfahren und der Vollstreckung von Entscheidungen zu erleichtern und zu beschleunigen sowie die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaatenzu erleichtern.

Eine Analogie ist im Strafrecht grundsätzlich verboten ebenso wieeine Rechtsschöpfung nach Gesetz und dem gesundem Volksempfinden. Auch die öffentliche Meinung als wesentliche Sanktion bietet keine Rechtsgrundlage für die Bestrafung wegen eines neuartigen Verbrechens.

Grundsätzlich ist es den Mitgliedstaaten verwehrt Handlungsformenzu entwickeln, die in den Verträgen nicht vorgesehen sind. Wegen des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung müssen sich Gemeinschaftsorgane an diese Typen halten. Vorgesehen sind namentlich: die Verordnung, die Richtlinie und die Entscheidung.

Die prinzipielle Bindung des Gemeinschaftshandelns an den Handlungskatalog ist allerdings durch die Anerkennung sonstiger Gemeinschaftsakte modifiziert, die sich entweder den Verträgen selbst entnehmen lassen oder einer mit ihnen zu vereinbarenden Gemeinschaftspraxis entspringen. Sie tragen Bezeichnungen wie „ Beschlüsse“, „Entschließungen“, „Leitlinien“, „Erklärungen“, „Programme“, Pläne und beinhalten meist politische Richtungsvorhaben, nicht aber rechtsverbindliche Festlegungen. 133

Die im allgemeinen Rechtsstaatsbegriff enthaltene Vorstellung vonder fundamentalen Bedeutung des Rechts ergibt, dass die Ausübung von Hoheitsgewalt auf rechtlicher Grundlage und im Einklang mit dem Recht erfolgen muss. Im Verfassungsstaat konkretisieren sichdiese Postulate in den Grundsätzen vom Gesetzesvorbehalt und vom Gesetzesvorrang.134

Nach der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes dürfe derGrundsatz konformer Auslegung nicht zur Verschlechterung der Situation des Einzelnen im Rahmen eines Strafverfahrens führen.

133 Die Europäische Union, Politisches System und Politikbereiche, Bonn 2008, 147. 134 Die Europäische Union, Politisches System und Politikbereiche, Bonn 2008, 107.

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Das Legalitätsprinzip erfordert, dass Straftaten mit ausreichend klarem und bestimmtem normativem Inhalt definiert werden, eine Auflistung oder lediglich vage beschriebene Kategorie unerwünschter Verhaltensweisen widerspricht dem.

In der Entscheidung vom 03.Mai 2007 Rechtssache C-303/05 hatte der Europäische Gerichtshof die Frage zu entscheiden ob ein internationaler Haftbefehl, der sich auf ein europäisches Rahmengesetz stützt, rechtswirksam ist. Laut der Rechtsanwaltskanzlei des belgischen Beschwerdeführers würde die Umsetzung gegen das Legalitätsprinzip sowie gegen den Grundsatz der Gleichheit und Nichtdiskriminierung verstoßen.135

„Advocaten voor de Wereld trägt vor, die Liste der über 30 Straftaten, für die dietraditionelle Bedingung der beiderseitigen Strafbarkeit fallen gelassen werde, sofern diese Straftaten im Ausstellungsmitgliedstaat mit Freiheitsentzug im Höchstmaßvon mindestens drei Jahren bedroht seien, sei so vage und unklar,dass sie gegen das Legalitätsprinzip in Strafsachen verstoße oderjedenfalls verstoßen könne. Die aufgelisteten Straftaten seien nicht mit einer gesetzlichen Definition versehen, sondern stellten sehr vage beschriebene Kategorien unerwünschter Verhaltensweisen dar.

Wem aufgrund eines Europäischen Haftbefehls ohne Überprüfung desVorliegens der beiderseitigen Strafbarkeit die Freiheit entzogen werde, dem komme im Gegensatz zu nicht aufgrund eines Europäischen Haftbefehls inhaftierten Personen nicht die Garantiezugute, dass das Strafrecht so bestimmt, klar und vorhersehbar sein müsse, dass jeder im Zeitpunkt der Begehung einer Handlung wissen könne, ob es sich dabei um eine Straftat handele oder nicht.“136

Es ist daran zu erinnern, dass der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen („nullum crimen, nullapoena sine lege“) zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen gehört, die den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten zugrunde liegen, und außerdem durch verschiedene völkerrechtlicheVerträge, vor allem durch Artikel 7 Absatz 1 der Europäischen

135 Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl. 136 URTEIL des Gerichtshofes vom 3. 5. 2007 — RECHTSSACHE C-303/05 , Europäischer Haftbefehl

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Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, gewährleistet wird. Aus diesem Grundsatz folgt, dass das Gesetz klar die Straftaten und die sie für sie angedrohten Strafen definieren muss.

Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Rechtsunterworfene anhand des Wortlauts und der Bestimmung und nötigenfalls mit Hilfe ihrer Auslegung durch die Gerichte erkennen kann, welche Handlungen und Unterlassungen seine strafrechtliche Verantwortungbegründen.137 Das Recht auf Begründung von Entscheidungen ergibt sich unmittelbar aus dem Grundrecht auf ein faires Verfahren nach Artikel 6 EMRK.

19. Notlösung in den Bereichen Justiz und Innere Angelegenheiten 138

Im Jahr 2005 haben zwei Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden den europäischen Integrationsprozess zum Stillstand gebracht. Der zur Abstimmung stehende hochstilisierte und komplizierte Text eines europäischen Verfassungsentwurfes sei fürdie beteiligten Bürger absolut unverständlich, argumentierten dieGegner und schürten eine ohnehin weitverbreitete, allgemein gegenBürokratie und Obrigkeit gerichtete Stimmung. Eine Volksabstimmung über den gleichen Gegenstand in Deutschland wäre damals ähnlich negativ ausgegangen- eine englische Volksabstimmung erst recht.139

Es besteht dennoch die Hoffnung, dass die EU ihren seit dem Vertrag von Maastricht andauernden und mit der sprunghaften Erweiterung auf 27 Mitglieder offenkundig gewordenen Stillstand überwindet. 137 (vgl. insbesondere EGMR, Urteil Coëme u. a./Belgien vom 22. Juni 2000, Recueil desarrêts et décisions, 2000-VII, S. 1, § 145).138 Siehe dazu auch der Spiegel, 31 /2015, Neue verlässlichere Regeln für die Eurozone sollten im Zweifel nicht auf dem Weg der EU Gemeinschaftsgesetzgebungsmethode zustande kommen, sondern durch Verträge zwischen den Regierungen, eine Methode die als intergouvernemental bezeichnet wird. 139 Helmut Schmidt, Außer Dienst,Verlagsgruppe Random House, 2008, 122.

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Der Vertrag von Lissabon140 modifiziert die Kompetenzaufteilung zwischen der EuropäischenUnion und ihren Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Strafrechts. Durch Art. 83 AEUV haben die Vertragsstaaten verfügt, dass mittels EU-Richtlinien Teilgebiete des materiellen Strafrechts angeglichen werden können.

Art. 83 Abs. 3 AEUV gibt den Mitgliedern im Rat ein Vetorecht gegen den Entwurfeiner Richtlinie an die Hand. Wenn ein Mitglied des Rates meint, dass ein Richtlinienentwurfgrundlegende Aspekte seiner Strafrechtsordnung berührt, kann es beantragen, dass der Europäische Rat befasst wird. Das EU-Gesetzgebungsverfahren wird in diesem Fall angehalten. Soweitman sich einigt, wird die Sache innerhalb von vier Monaten an den Rat zurückverwiesen und das EU-Gesetzgebungsverfahren fortgesetzt. Kommt es nicht zu einer Einigung, wollen aber mindestens neun Mitgliedstaaten an dem Vorhaben festhalten, so entsteht das, was Art. 83 Abs. 3 Abs. 2 AEUV als „Verstärkte Zusammenarbeit“ bezeichnet.

So enthält die Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 25. Oktober 2007 zu der Initiative der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik im Hinblick auf die Annahme eines Rahmenbeschlusses des Rates über die Anerkennung und Überwachung von Bewährungsstrafen, alternativen Sanktionen und bedingten Verurteilungen141 unter anderem den Vorschlag, die Anerkennung eines Urteils, die Überwachung einer Bewährungsmaßnahme oder einer alternativen Sanktion abzulehnen, wenn objektive Gründe dafür vorliegen, dass die Maßnahme zum Zwecke der Bestrafung aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der Religion, der ethnischen Herkunft, der Staatsangehörigkeit oder der sexuellen Ausrichtung verhängt wurde.

Im Vertrag von Nizza ist „Eurojust“142 als Mittel der polizeilichenund justiziellen Zusammenarbeit ausgestattete Stelle zur

140 Helmut Schmidt, Ausser Dienst, 2008, 195. 2007 angestrebter Grundlagenvertrag der Europäischen Union141 6480/2007 — C6-0129/2007 —2007/0807(CNS)142 Beschluss 2002/187/JI vom 28. Februar 2002 über die Errichtung von Eurojust zur Verstärkung der Bekämpfung der schweren Kriminalität (ABl. L 63, S. 1, im Folgenden:Eurojust - Beschluss).

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Bekämpfung der schweren Kriminalität eingerichtet, in der Staatsanwälte, Richter oder Polizeibeamte mit gleichwertigen Befugnissen aus den Mitgliedstaaten zusammengeschlossen sind.

Betreffend der Rechtsakte der Union im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit143 in Strafsachen hat die Europäische Kommission in einem Beschluss mitgeteilt, dass das Vereinigte Königreich mitteilt, dass es die genannten Befugnisse der Kommission und des Gerichtshofes der Europäischen Union nicht anerkennt, was zur Folge hat, dass die einschlägigen Rechtsakte im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der Zusammenarbeit in Strafsachen, die vor demInkrafttreten des Vertrages von Lissabon angenommen wurden und die nicht Teil des Schengener Besitzstandes sind, ab dem 01. Dezember 2014 nicht länger für das Vereinigte Königreich gelten.144

20. Der Rahmenbeschluss 2002/475/JI

Artikel 1 des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung (ABl. L 164, S. 3) verpflichtet die Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zutreffen, um sicherzustellen, dass die aufgeführten vorsätzlichen Handlungen, die durch die Art ihrer Begehung oder den jeweiligen Kontext ein Land oder eine internationale Organisation ernsthaft schädigen können, als terroristische Straftaten eingestuft werden, wenn sie mit dem Ziele begangen werden, die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern, öffentliche Stellen oder eine internationale Organisation rechtswidrig zu einem Tun oder Unterlassen zu zwingen oder die politischen, verfassungsrechtlichen wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Landes oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu destabilisieren oder zu zerstören. 143 Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres - Entschließung zur Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres gemäß dem Vertrag über die Europäische Union (Titel VI und weitere Bestimmungen) Das Europäische Parlament, unter Hinweis auf den am 7. Februar 1992 in Maastricht unterzeichneten Vertrag über die Europäische Union, und insbesondere auf dessen Artikel 100 c in Titel VI des EG-Vertrags144 Beschluss der Kommission vom 01.Dezember 2014 über die Absicht des Vereinigten Königreichs and der Republik Nordirland sich nicht an Akten derGemeinsamen Polizeilichen und Justiziellen Zusammenarbeit zu beteiligen , die vor dem Vertrag von Lissabon angenommen wurden und die nicht Teil des Schengener Besitzstandes sind, zu beteiligen. (Amtsblatt der Europäischen Union vom 01.12.2004; L 345/ 6, 2014/858/EU)

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Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, damit die nachstehenden vorsätzlichen Handlungen unter Strafe gestellt werden:

- Beteiligung an den Handlungen einer terroristischen Vereinigung einschließlich Bereitstellung von Informationen oder materiellen Mitteln oder durch jegliche Art der Finanzierung ihrer Tätigkeit mit dem Wissen, dass diese Beteiligung zu den strafbaren Handlungen der terroristischenVereinigung beiträgt.145

Each Member State shall take the necessary measures to ensure that the intentional acts referred to below in points as defined as offences under national law , which given their nature or context , may seriously damage a country or an international organisation where committed with the aim of:

- Seriously intimidating a population- Unduly compelling a Government or International Organisation toperform or abstain from performing any act or- Seriously destabilising or destroying the fundamental political, constitutional, economic or social structures of a country or an international organisation shall be deemed to be terrorist offences:

(a) Attacks upon a person’s life which may cause death;

(b) Attacks upon the physical integrity of a person;

(c) Kidnapping or hostage taking;

145 Siehe auch C 318/147 Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss zum Thema „Die Mitwirkung der Zivilgesellschaft im Kamp gegen organisierte Kriminalität und Terrorismus“.

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(d) Causing extensive destruction to a Government or public facility, a transport system, an infrastructure facility, including an information system, a fixed platform locatedon the continental shelf, a public place or private property likely to endanger human life or result in major economic loss;

(e) Seizure of aircraft, ships or other means of public or goods transport;

(f) Manufacture, possession, acquisition, transport, supplyor use of weapons, explosives or of nuclear, biological or chemical weapons, as well as research into, and development of, biological and chemical weapons;

(g) Release of dangerous substances, or causing fires, floods or explosions the effect of which is to endanger human life;

(h) Interfering with or disrupting the supply of water,power or any other fundamental natural resource the effect ofwhich is to endanger human life;

(i) Threatening to commit any of the acts listed in (a) to (h).

Gleichzeitig werden im Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus die Ausschlussgründe nach der Genfer Flüchtlingskonvention angeführt.

Artikel 33 der Genfer Flüchtlingskonvention („Verbot der Ausweisung und Zurückweisung“) bestimmt:

Keiner der vertragsschließenden Staaten wird einen Flüchtling aufirgendeine Art über die Grenzen von Gebieten ausweisen oder zurückweisen, in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeitzu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischenÜberzeugung bedroht sein würde.

Auf die Vergünstigung dieser Vorschrift kann sich ein Flüchtling jedoch nicht berufen, der aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Landes anzusehen ist, in dem er sich befindet, oder der eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Staates bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens rechtskräftig verurteilt wurde.

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Als terroristische Vereinigung wird unter anderem die „Kurdische Arbeiterpartei / PKK“ angeführt.146 Die Kurdenfrage ist eng verflochten mit dem jahrzehntelangen Kampf der türkische Staatsgewalt gegen die von Abdullah Öcalan gegründete „Türkische Arbeiterpartei“ (PKK) und ihre terroristischen Aktionen. Das in Deutschland und der EU bestehende Verbot der Terrororganisation PKK erstreckt sich auch auf die Nachfolgeorganisationen unter anderem Namen.147

Der Umstand, dass eine Partei einer Organisation angehört hat, die wegen ihrer Beteiligung an terroristischen Handlungen in der Liste im Anhang des Gemeinsamen Standpunktes 2001/931 aufgeführt ist, stellt nicht automatisch einen schwerwiegenden Grund dar, der zu der Annahme berechtigt, dass diese Person eine „schwere Straftat“ oder „Handlungen , die den Zielen und 146 Der Führer der PKK , Abdullah Öcalan, wurde am 29.06.1999 wegen Hochverrats gemäß Artikel 125 des Strafgesetzbuches (Tatbestand des Separatismus: „Vergehen gegen die internationale Persönlichkeit des Staates“) zum Tode verurteilt. Danach wird mit dem Tode bestraft, wer versucht, Teile des Staatsgebietes vom Staatswesen abzutrennen oder unter die Herrschaft eines ausländischen Staates zu bringen. Das Abfassen von Artikeln mit entsprechendem Inhalt ist noch kein Separatismus. Dazu bedarf es eines organisierten und umfassenden Ansatzes. Das Todesurteil durch Erhängen wurde 2002 in eine lebenslange Freiheitsstrafe umgewandelt. Bis zuseiner Inhaftierung war die PKK ganz auf die Person ihres Vorsitzenden Abdullah Öcalan zugeschnitten, der in den Publikationen der Partei als „dieFührung“ bezeichnet wurde. In ihrer Ideologie folgte sie marxistisch – leninistischen Prinzipien und begriff Kurdistan als eine türkische Kolonie,die durch den bewaffneten Kampf befreit und revolutioniert werden müsste. (Strohmeier, Yalcin-Heckmann, Die Kurden – Geschichte, Politik und Kultur, Verlag C.H. Beck 2010, 109) Offiziell wurde Abdullah Öcalan wegen Raub, Mord, Sprengstoffanschlägen und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verurteilt. Seit 16Jahren sitzt der Kurdenführer auf der Gefängnisinsel Imrali im Marmararmeeran der Grenze zwischen Asien und Europa. Seine Anhänger vergleichen ihn mitNelson Mandela auf Robben Island. Im Jahre 2002 schaffte die Türkei die Todesstrafe ab. (Die Zeit Nr. 32 vom 06. August 2015, Im Schatten der Märtyrer von Miriam Lau). Die größte und bedeutendste christliche Gruppe, die mit den Kurden bis zum 20. Jahrhundert ihr Verbreitungsgebiet teilte, sind die Armenier. Die Überlebenden der Vertreibungen und Massaker im ersten Weltkrieg verließen Ostanatolien und gingen nach Istanbul bzw. ins europäische oder nahöstlicheAusland oder nach Armenien. Seit der Gründung des Staates Israel haben fastalle in Kurdistan (Irak, Iran) lebenden Juden ihre Heimat verlassen. (Siehedazu Strohmeier, Yalcin –Heckmann, Die Kurden, Verlag C. H. Beck, 1. Auflg.2000. 499)147 Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 13.12.2010 E 6 261.840-0/2008-27 E.

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Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen“ begangen hat.148

Nach den terroristischen Anschlägen am 11. September 2001 in New York beschloss der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am28. September 2001 auf der Grundlage von Kapitel VII der Chartader Vereinten Nationen die Resolution 1373 (2001).

Dort heißt es in Ziffer 5 „ dass die Handlungen, Methoden und Praktiken des Terrorismus im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen und dass die wissenschaftliche Finanzierung und Planung terroristischer Handlungen sowie die Anstiftung dazu ebenfalls im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen“. Als solche sind terroristische Handlungen einzustufen, die durch Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung gekennzeichnet sind, wenn mit ihnen vorgeblich politische Ziele verfolgt werden. In das Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus vom 09. Januar 2002 wurden die in Artikel 1 Abschnitt F der Genfer Konvention angeführten Ausschlussgründe aufgenommen.

a) Wer ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit imSinne jener internationalen Einrichtungen begangen haben, die ausgearbeitet wurden,, um Bestimmungen gegen solche Verbrechen zu schaffen.

b) Wer ein schweres nichtpolitischen Verbrechen außerhalb des Aufnahmelandes begangen hat, bevor er dort alsFlüchtling aufgenommen wurde;

(c) wer sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen;

Bevor die betreffende Person als Flüchtling ausgeschlossen wird, muss geprüft werden, ob die Person eine hervorgehobene Position in einer sich terroristischen Methoden bedienenden Organisation innehatte, und ob diese Person eine individuelle Verantwortung für von dieser Organisation im relevanten Zeitraum begangene Handlungen trägt.149

148 Urteil des Gerichtshofes vom 03.05.2007 Rechtssache C-303/05149 Siehe dazu auch FN 84.

80

Im gegenständlichen Fall wurde der türkische Flüchtling vom deutschen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als Asylberechtigter nach dem damals geltenden innerstaatlichem Recht 2001 anerkannt. Nach dem Inkrafttreten des Deutschen Terrorismusbekämpfungsgesetz wurde ein Widerrufsverfahren vom Bundesamt eingeleitet und im Jahre 2004 die Flüchtlingsanerkennung des Beschwerdeführers widerrufen.150

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sprach aus, schwerwiegende Gründe rechtfertigten die Annahme, dass der Asylberechtigte außerhalb Deutschlands eine schwere Straftat begangen habe und der Flüchtling den Zielen und Grundsätzen derVereinten Nationen zuwidergehandelt habe.151

Zuletzt hält der Gerichtshof der Europäischen Union fest, dass die Richtlinie 2004/83 dahin gehend auszulegen sei, dass die Mitgliedstaaten nach ihrem nationalen Recht einer Person, die nach den Bestimmungen der Richtlinie von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen ist, ein Asylrecht zuerkennen können,soweit es dadurch nicht zu einer Gefahr der Verwechslung mit der Rechtsstellung des Flüchtlings im Sinne dieser Richtlinie kommt.

Die im EG Vertrag vorgesehenen Voraussetzungen hinsichtlich derKlagebefugnis auf Nichtigerklärung der Eintragung einer Organisation in eine Liste sind im Lichte der Grundrechte und insbesondere des Grundsatzes des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes auszulegen.152 Ein Vorabentscheidungsverfahren ist bei Listen in diesem Zusammenhang nicht vorgesehen.

Das Verbot beispielsweise einer Organisation Gelder zur Verfügung zu stellen hat allgemeine Geltung, da es sich an alleRechtssubjekte der Europäischen Union richtet.153

150 Erst vor zwei Jahren wurden in Paris drei Kurdinnen ermordet, die politisch aktiv waren. (siehe im Schatten der Märtyrer, Miriam Lau, Die Zeit Nr. 32 vom 06. August 2015)151 C- 101/09152 Klage auf Nichtigerklärung nach Artikel 263 IV AEUV 153 Siehe dazu auch Feindbild Islam , Muslime in Österreich unter Druck, Magazin für Menschenrechte Nr. 38.

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Die genannte Rahmenverordnung (Decision of 13 June 2002 on Combating Terrorism L164/3 2002 / 475 / JHA) sieht vor allem folgende Sanktionen vor154:

- Exclusion from entitlement for aid or benefit-Temporary or permanent disqualification from the practice of commercial activities -Placing under judicial supervision

Weitere Delikte die in der Rahmenverordnung angeführt sind:

-Aggravated theft-Drawing up false documents-Inflicting harm

Aggravating circumstances:

-the offence has endangered the life of the victim-the offence has caused the victim’s death or suicide-the offence has caused serious harm or bodily injuries to the victim and diseases-the offence has been committed against a victim who was particular vulnerable-the offence involves more than one victim

Organised crime particularly in the field of ransom, smuggling,robbery and theft are to a large extent criminal activity for monetary reasons. However, the development of organised crime structures becomes particularly worrying when it is regarded within the context of terrorism. Refugees described that they are exposed to discriminatory practices on a daily basis , for example in local shops where they were often followed by employees and suspected as potential thieves.155

Die Frage lautet auch hier: Wann wird aus Dabeisein Schuld. Die Justiz hat darauf nicht immer dieselbe Antwort. Am

154 Siehe dazu auch § 26 ABGB „Aus dem Verhältnisse einer moralischen Person“: wonach „Unerlaubte Gesellschaften als solche keine Rechte haben, weder gegen die Mitglieder, noch gegen andere und sie sind unfähig, Rechtezu erwerben. Unerlaubte Gesellschaften sind aber diejenigen, welche durch die politischen Gesetze insbesondere verboten werden, oder offenbar der Sicherheit, öffentlichen Ordnung oder den guten Sitten widerstreiten.“ 155 Settlement and Reconstruction of Gender Relations in Exile: Chechen Refugees in Eastern Europe, Österreichischer Integrationsfonds, 2008, 113.

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Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg wurde im Jänner 2007 ein Mann namens Mounir Al- Motassadeg wegen Beihilfe zum Mord in 246 Fällen bei den Anschlägen des 11. Septembers zu 15 Jahren Haft verurteilt. Sein Tatbeitrag: Er hatte drei Monate lang die Miete des Terroristen Mohammed Atta bezahlt.156

VI. Complaint Mechanism : The Scope of the European Court of Justice of the European Union 157

Article 2 of the Treaty of the European Union provides for the European Union to be “found on the values of respect for human dignity, freedom, democracy, equality, the rule of law and respect for human rights including the rights of persons belonging to minorities.”

Article 7 of the Treaty of the European Union offers to impose sanctions on an European Union Member State by “suspending certain rights including the right to vote the representatives of the government of that Member State in Council”, if there isa clear risk of a serious breach by a Member State” or even determine “the existence of a serious breach” of the values of the European Union in Article 2.158

The Court of Justice of the European Union shall review the legality of legislative acts, of acts of the Council, of the Commission and of the European Central Bank, other than recommendations and opinions, and of acts of the European Parliament and of the European Council intended to produce legal effects vis-à-vis third parties.

In exercising its powers regarding the provisions of Chapters 4(Judicial Cooperation in Criminal Matters) and 5 (Police

156 Müller, Das letzte Gericht, Die Zeit N. 22, 28. Mai 2015. 157 European Union Agency For Fundamental Rights, Bringing Rights to Life: The Fundamental Rights Landscape of the European Union, Luxembourg, 2012. 158 European Union Agency For Fundamental Rights, Bringing Rights to Life: The Fundamental Rights Landscape of the European Union, Luxembourg 2012, 13.

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Cooperation) of Title IV (Area of Freedom, Security and Justice) the Court of Justice of the European Union shall have no jurisdiction to review the validity or proportionality of operations carried out by the police for internal security.

Diese Beschränkung gilt in der Praxis somit auch für den Bereich der grenzüberschreitenden Gefahrenabwehr und damit verbundenen Identitätsfeststellungen, sowie Auskünften zu Wohnsitz- und Meldedaten, Fernmeldeanschlüssen, Aufenthaltstiteln usw.159

In der Dublin Verordnung III findet sich in Kapitel Administrative Kooperation in Artikel 34 eine taxative Auflistung der Daten die von Flüchtlingen gesammelt werden dürfen wie der Name, die Identität und Reisepapiere, Fingerabdrücke, Aufenthaltsorte und die Fluchtroute, Aufenthaltstitel, den Ort und das Datum der Asylantragstellung.160

As a regulation the recast Dublin Regulation has binding legal force on Member States since its entry into force. The Dublin III Regulation applies to all EU Member States, Norway, Iceland, Liechtenstein and Switzerland. The UK, Ireland and Denmark161 have opted out of many other elements of the EU Asylum Acquis. When a situation falls outside a European Union Law context, its violation cannot be addressed by means of European Union Law for example the mistreatment of soldiers of an EU Member State in a paramilitary barrack of that state.162

159 Grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur polizeilichen Gefahrenabwehr BGBl. III Nr. 210/2005, Artikel 7. 160 Regulation (EU) No. 604/2013 of the European Parliament and of the Council 26. June 2013 establishing the criteria and mechanisms for determining the Member State responsible for examining an application for international protection lodged in one of the Member States by a third country national or a stateless person (recast). 161 Gemäß Artikel 1 des Protokolls Nr. 5 zum Vertrag von Amsterdam über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme von Maßnahmen die den Titel IV des EGV betreffen. Titel IV betrifft die Bereiche „Visa, Asyl, Einwanderung und andere Politiken betreffend den freien Personenverkehr“. 162 European Union Agency for Fundamental Rights, Bringing Rights to Life, Luxembourg 2012, 13.

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United Nations Peacekeepers for example fall under the exclusive criminal jurisdiction of their own national authorities and have immunity from local prosecution. Reasonable grounds must be found for a charge of serious misconduct with a recommendation that the peacekeeper be repatriated for subsequent disciplinary action in his or her country .163

The European Union can only act within the limits of the competences conferred to it by the Member States through European Union Treaties. European Union Law obliges Member States only to respect fundamental rights when they act within the scope of European Union Law.164 The European Council meeting in Tampere 1999 on the establishment of a Common European Asylum System based on the Convention relating to the Status of Refugees adopted in New York on 31 January 1967 established that all Member States are Contracting Parties to the Geneva Convention.

The European Union itself is not a Contracting Party to the Geneva Convention but Article 78 Abs . 1 TFEU and Article 18 ofthe Charter of Fundamental Rights provide that the right to asylum is to be guaranteed.165

VII. Complaint Mechanism: Monitoring by the European Commission

The European Commission assesses the performance of all EU Member States.

163 Combatting Trafficking in Persons, A Handbook for Parliamentarians, Copyright © Inter-Parliamentary

Union and UNODC, 2009. 164 European Union Agency for Fundamental Rights, Bringing Rights to Life, Luxembourg 2012, 11.165 Judgement of the European Court by 22. November 2012 C_ 277/11 Referencefor a Preliminary Ruling under Article 267 TFEU from the High Court of Ireland M.M. versus the Minister of Justice, Equality and Law Reform.

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Subsequently, on a Recommendation166 from the Commission, the Council of the European Union that is representing national governments may issue recommendations for country specific visits or binding Corrective Plans that will be monitored through State Surveillance Visits.167

The Amsterdam Treaty concluded on 2 October 1997 introduced Article 63 into the EC Treaty , which conferred competence on the Council of the European Union to act after consulting the European Parliament, to adopt measures recommended by the European Council.168

In cases of gender- and identity related violence including forms of violence as rape, female genital mutilation and violence from family members, under – or non- reporting of actsof persecution make it difficult for women as well as LGBT persons to succeed.169

Because many incidents of racism are not reported, the officialstatistics on racist crime , which are typically based on police records , fail to reflect the nature and volume of racist crime.170

The European Court of Human Rights is called upon to examine the prima facie risk on return in the context of requests for interim measures. There is subsequently a disproportional high refusal rate for recognition.171

166 Empfehlungen sind im Gegensatz zur Verordnung Richtlinie und Entscheidung nicht verbindliche Rechtsakte. Rechtliche Bedeutung kann diesen aber insoweit zukommen , als der EU Vertrag deren Abgabe als Voraussetzung betrachtet. 167 Andreas Bieler and Roland Erne, Transnational solidarity? The European Working Class in the Eurozone Crisis, Monthly Review Press: http://socialistregister.com/index.php/srv/index. 168 Judgement of the Court of the European Union by 22. November 2012 in Case C-277/11 Reference for a Preliminary Ruling under Article 267 TFEU from the High Court of Ireland by M.M. against the Minister for Justice, Equality and Law Reform versus Ireland. 169 Deutschland tut sich generell schwer mit weiblichen Flüchtlingen. Erst seit 2005 ist geschlechtsspezifische Gewalt, die von Familienmitglieder ausgeht, ein Asylgrund. (Bitte umdenken, Flüchtlinge vom Balkan, Die Zeit Nr. 33 vom 13. August 2015, Elisabeth Raether). 170 Discrimination and Hate Crime Against Jews in EU Member States : Experiences and Perceptions of Antisemitism, FRA European Union Agency for Fundamental Rights, 48.

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Where it is alleged that an individual will face the death penalty in breach of Article 1 of the Protocol Number 6 (“No one shall be condemned to the death penalty or executed”) or ofArticle 1 of the Protocol Number 13 (“No one shall be condemnedto the death penalty or even executed in the times of war”) the European Convention on Human Rights examines the issue under Article 3.

The premeditated destruction of a human being by the state authorities causing physical pain and intense psychological suffering as a result of the foreknowledge of death has been declared inhuman and degrading treatment is contrary to Article3. 172

Women and especially women of colour as well as poor women in cases of domestic violence relationship receive the most severesentences. Abuse victims of colour or who are poor can expect poor representation of their cases , as can gay and lesbian victims and those who are mentally ill or substance – abusing.

The phrase “legal services” with its connotations of attorney –self education and interest in the client is misleading in manycases. In the United States the issue of inadequate legal assistance has been discussed particularly in death penalty cases.173

Without adequate knowledge Legal Advisors tend to minimize their importance in drafting defences.174

Competent legal advice that reflects ethical standards of competent representation is crucial in all cases. The idea of ineffective counsel developed in the United States concerning homicide cases, meaning inter alia that the ineffective Counsel - based on bias inherent in the justice system - leads

171 Preventing harm to refugees and migrants in extradition and expulsion cases: Rule 39 indications by the European Court of Human Rights, Report ofthe Committee on Migration, Refugees and Population. Report by the Committee on Migration, Refugees and Population, 09.November 2010 Doc. 12435. Parliamentary Assembly of the Council of Europe172 Application Number 61498/08 Judgement of 2 March 2010. 173 Denial of Counsel for Substantial Periods of the Trial creates a Presumption of Prejudice. Ibid 252. Volume 26. 174 Effective Assistance of Counsel for Battered Women Defendants : A Normative Construct, Harvard Women’s Law Journal. Volume 26.

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to women receiving the most severe sentences is also reflected in the case law of the European Court of Human Rights.175

In this connection the Court also notes the recommendations ofthe CPT176 in which the Committee repeatedly stated that the right of a detainee to have access to legal advice is a fundamental safeguard against ill-treatment.177

Nach deutschem Recht kann sich jeder Angeklagte durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Die Funktion des zivilen Rechtsbeistandes wurde von den Israelis im Rahmen des Eichmann Prozesses gestrichen, ebenso wie die Gruppe der Nebenkläger, die in der DDR lebten auf den „Staranwalt“ der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands verzichten mußten.178

Im Unterschied zu Gericht und Staatsanwaltschaft sind Verteidiger im deutschen Strafprozess parteiisch, sie sollen „ausschließlich im Interesse des Mandanten orientiert“ handeln.Insbesondere hat der Deutsche Bundesgerichtshof befunden, ein Anwalt, der die Verteidigung nicht unabhängig führt, sondern dabei Weisungen unbeteiligter politischer Stellen befolgt, ist gesetzlich als Verteidiger ausgeschlossen und vom erkennenden Gericht von Amts wegen zurückzuweisen.

Eine ausschließlich dem öffentlichen Interesse dienende Rechtsberatung widerspricht auch dem Grundsatz „in dubio pro reo“, der Unschuldsvermutung, auf der die moderne westliche Rechtstradition beruht. Sie soll Bürger vor der willkürlichen Ausübung staatlicher Zwangsgewalt schützen. Nach deutschem Strafrecht verfügt ein Angeklagter über eine Reihe von Rechten:

175 Effective Assistance of Counsel for Battered Women Defendants: A Normative Construct, Harvard Women’s Law Journal. Volume 26. 176 The European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman and Degrading Treatment or Punishment. (Europäisches Komittee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe). 177 See Saldez versus Turkey, Judgement by the European Court of Human Rights from 27. November 2008. 178 Devin O. Pendas, Der Auschwitzprozess – Völkermord vor Gericht, Seite 97, Random House 2013.

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So hat er das Recht, anwesend zu sein, sich verteidigen zu dürfen, angehört zu werden und Berufung einlegen zu können.179

Nachdem Flüchtlinge sich zunehmend in der Lage von Strafgefangenen befinden, sollten die Minimalrechte der Angeklagten im Strafverfahren bereits im ausliefernden Staat mitbedacht werden, insbesondere da der Großteil der Flüchtlingeunter Generalverdacht steht und oftmals nach einem längerem Beobachtungszeitraum der Aufenthaltstitel entzogen wird und auch anerkannte Flüchtlinge bei Terrorismusverdacht in den Herkunftsstaat zurückgeführt werden.

So werden bei der Einreise in die Türkei Rückkehrer einer Personenkontrolle unterzogen. Wenn bei der Einreisekontrolle festgestellt wird, dass für die Person ein Eintrag im Fahndungsregister besteht, wird die Person in Polizeigewahrsam genommen und ein Anwalt hinzugezogen. Der Festgenommene wird ärztlich untersucht und danach dem Staatsanwalt vorgeführt, woraufhin eine Befragung im Beisein des Rechtsanwaltes durchgeführt wird. Der Staatsanwalt verfügt entweder die Freilassung oder überstellt den Betroffenen mit einem ausgestellten Haftbefehl. Während der Verhöre sind grundsätzlich Kameras eingeschaltet.180

Abgeschobene können dabei in den Diensträumen der jeweiligen Polizeiwache vorübergehend zum Zwecke einer Befragung festgehalten werden. Das Auswärtige Amt hat in den vergangenen Jahren Fälle, in denen konkret Behauptungen von Misshandlungen oder Folter in die Türkei abgeschobener Personen (vor allem abgelehnter Asylbewerber) vorgetragen wurden im Rahmen der bestehender Möglichkeiten durch seine Auslandsvertretungen überprüft.181

In most of the cases : Once they have been extradited the applicants were unable to remain in contact with their representatives.

179 Devin O. Pendas, Der Auschwitz-Prozess, Völkermord vor Gericht, Seite 102, Random House 2013. 180 Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 13.12.2010 zur Geschäftszahl E 6 261840-0/2008-27 E 181 Ibid.

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