Sumerian Numerals

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| 671 DAS SUMERISCHE NUMERALIASYSTEM VERSUCH EINER TYPOLOGISCHEN EINORDNUNG Thomas E. BALKE (Münster) das Gebiet des Zählbaren ist das umfassendste; denn nicht nur das Wirkliche, nicht nur das Anschauliche gehört ihm an, sondern alles Denkbare (Gottlob Frege) 1 Einleitung 1 Die Kategorie der Zahlwörter bzw. Numeralia wird in den Grammatiken der keilschriftlich überlieferten Sprachen zum Teil aufgrund lückenhafter Über- lieferung 2 in der Regel recht stiefmütterlich behandelt und nimmt daher nur wenig Raum in entsprechenden Abhandlungen ein, eine Aussage, die sowohl für moderne Sprachen Europas 3 als auch für das Sumerische seine Gültigkeit besitzt, wie das aktuelle grammatische Kompendium von D.O. Edzard (2003) trotz seiner ungemein ausführlichen Darlegungen belegt. 4 Obwohl der Kenntnisstand Der folgende Aufsatz ist meinem Lehrer J. Krecher gewidmet, der sprachwissenschaftli- chen Ansätzen stets aufgeschlossen durch das Einbeziehen strukturell vergleichbarer Spra- chen wie des paläosibirischen Chukchi (J. Krecher, Morphemless Syntax in Sumerian as Seen on the Background of Word-Composition in Chukchee, ASJ 9 (1987) 67-88), der Sumerologie neue Perspektiven eröffnet hat, was etwa die Beschreibung und Deutung grammatischer Kategorien und Relationen anbelangt. 1 Im folgenden verwende ich als gesonderte Abkürzungen: DTBM = J. Politi L. Verderame, The Drehem Texts in the British Museum (NISABA 8), Messina 2005; FI = M. Civil, The Farmer’s Instructions: A Sumerian Agricultural Manual (= AuOr-S 5), Sabadell/Barcelona 1994; KWU = N. Schneider, Die Keilschriftzeichen der Wirtschaftsurkunden von Ur III, Rom 1935; TCA = F. Pomponio et al., Le Tavolette Cuneiformi di Adab delle collezioni della Banca d’Italia, Vol I, Roma 2006; DIR = Direktiv; FEM = Femininum; GEN = Genitiv; LOK = Lokativ; MASK = Masku- linum; NUM = Numeral(e); POSS = Possessivpronomen; TERM = Terminativ. 2 Dies gilt etwa für die hethitischen Zahlwörter, die nur zu einem geringen Teil bekannt sind, weil sie meist mit Hilfe von Zahlzeichen, mitunter mit phonetischem Komplement, geschrie- ben werden, wobei „1“, wie auch die Kardinalia „2“ bis „4“, pronominale Flexion zeigt, vgl. 1-(Nom), 1-an (Akk.), 1-edani (Dat.) oder 1-edaz (Abl.). Nur selten wird neben dem Zahlzei- chen auch das Zahlwort selbst verwendet, wie im Fall von teri- für „3“ nach Schreibungen wie te-ri-ia-UD-„für drei Tage“; siehe dazu im Detail H. Eichner (1992) 32ff., 65f. 3 Siehe Th. Stolz (2001) 507ff. 4 Vgl. D.O. Edzard (2003) 61-67; siehe auch id. (2005) 98-107, was, von geringfügigen Abwei- chungen abgesehen, im Wesentlichen mit dem Kapitel in seiner Grammatik identisch ist. Für

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DAS SUMERISCHE NUMERALIASYSTEM – VERSUCH EINER TYPOLOGISCHEN EINORDNUNG Thomas E. BALKE (Münster)

das Gebiet des Zählbaren ist das umfassendste; denn nicht nur das Wirkliche, nicht nur das Anschauliche gehört ihm an, sondern alles Denkbare (Gottlob Frege)

1 Einleitung1 Die Kategorie der Zahlwörter bzw. Numeralia wird in den Grammatiken der keilschriftlich überlieferten Sprachen – zum Teil aufgrund lückenhafter Über-lieferung2 – in der Regel recht stiefmütterlich behandelt und nimmt daher nur wenig Raum in entsprechenden Abhandlungen ein, eine Aussage, die sowohl für moderne Sprachen Europas3 als auch für das Sumerische seine Gültigkeit besitzt, wie das aktuelle grammatische Kompendium von D.O. Edzard (2003) trotz seiner ungemein ausführlichen Darlegungen belegt.4 Obwohl der Kenntnisstand

Der folgende Aufsatz ist meinem Lehrer J. Krecher gewidmet, der – sprachwissenschaftli-chen Ansätzen stets aufgeschlossen – durch das Einbeziehen strukturell vergleichbarer Spra-chen wie des paläosibirischen Chukchi (J. Krecher, Morphemless Syntax in Sumerian as Seen on the Background of Word-Composition in Chukchee, ASJ 9 (1987) 67-88), der Sumerologie neue Perspektiven eröffnet hat, was etwa die Beschreibung und Deutung grammatischer Kategorien und Relationen anbelangt. 1 Im folgenden verwende ich als gesonderte Abkürzungen: DTBM = J. Politi – L. Verderame, The Drehem Texts in the British Museum (NISABA 8), Messina 2005; FI = M. Civil, The Farmer’s Instructions: A Sumerian Agricultural Manual (= AuOr-S 5), Sabadell/Barcelona 1994; KWU = N. Schneider, Die Keilschriftzeichen der Wirtschaftsurkunden von Ur III, Rom 1935; TCA = F. Pomponio et al., Le Tavolette Cuneiformi di Adab delle collezioni della Banca d’Italia, Vol I, Roma 2006; DIR = Direktiv; FEM = Femininum; GEN = Genitiv; LOK = Lokativ; MASK = Masku-linum; NUM = Numeral(e); POSS = Possessivpronomen; TERM = Terminativ. 2 Dies gilt etwa für die hethitischen Zahlwörter, die nur zu einem geringen Teil bekannt sind, weil sie meist mit Hilfe von Zahlzeichen, mitunter mit phonetischem Komplement, geschrie-ben werden, wobei „1“, wie auch die Kardinalia „2“ bis „4“, pronominale Flexion zeigt, vgl. 1-aš (Nom), 1-an (Akk.), 1-edani (Dat.) oder 1-edaz (Abl.). Nur selten wird neben dem Zahlzei-chen auch das Zahlwort selbst verwendet, wie im Fall von teri- für „3“ nach Schreibungen wie te-ri-ia-aš UD-aš „für drei Tage“; siehe dazu im Detail H. Eichner (1992) 32ff., 65f. 3 Siehe Th. Stolz (2001) 507ff. 4 Vgl. D.O. Edzard (2003) 61-67; siehe auch id. (2005) 98-107, was, von geringfügigen Abwei-chungen abgesehen, im Wesentlichen mit dem Kapitel in seiner Grammatik identisch ist. Für

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über die Klasse der Numeralia, genauer der Kardinalzahlwörter, im Sumerischen weitaus umfangreicher ist als etwa beim Hurritischen oder gar Elamischen, erge-ben sich zahlreiche Probleme bezüglich Lesung bzw. morphologischer Grundform des einzelnen Zahlwortes, seiner Etymologie oder syntaktischen Einordnung. Nicht zuletzt der scheinbar unauflösbare Widerspruch zwischen dem in den archa-ischen Texten aus Uruk anhand der numerischen Zeichensysteme eindeutig nach-weisbaren sexagesimalen bzw. bisexagesimalen Charakter der frühesten Zahl-zeichensysteme5 – zuerst beschrieben von A.A. Vajman6 – und der evident quinär-vigesimalen Struktur der (niedrigen) Kardinalzahlwörter harrt noch einer über-zeugenden Lösung. Im folgenden möchte ich, ausgehend von den bei D.O. Edzard (2003; 2005) für die einzelnen Numeralia zusammengetragenen (gesicher-ten) Erkenntnissen, den Versuch unternehmen, durch Heranziehen sprachtypo-logischer Studien zu universalsprachlichen Bildungsmustern bei den Numeralia, die beispielsweise positionelle Hierarchisierungen von Augenden und Addenden bzw. Multiplikanden und Multiplikatoren betreffen,7 sowohl für einzelne, in ihrer Deutung und Lesung noch umstrittene Kardinalzahlwörter als auch für das

ältere Literatur vgl. P. Attinger, ELS 177 s.v. 3.2.2.12. [§ 113] und W.H.Ph. Römer (19992) 72f. mit Anm. 255. Mitunter sind die Numeralia sogar ganz ausgeklammert wie bei der um Prägnanz bemühten Darstellung von G. Zólyomi (2005). 5 Siehe ausführlich R.K. Englund (1998) 111-121 s.v. 6.1; die für das Zählen diskreter, d.h. klassifizierbarer Objekte in Uruk verwendeten Systeme sexagesimaler (= Tiere; Menschen; Krüge; Varia) bzw. bisexagesimaler Prägung (= Getreideprodukte etc.) haben, von gering-fügigen Abweichungen abgesehen, ihre paläographische Entsprechung in den proto-elami-schen Texten aus Susa, Tell Malyan oder Tepe Yahya, wobei das für die Zählung domestizier-ter Tiere und Arbeitskräfte verwendete Dezimalsystem ein originär elamisches Spezifikum darstellt. Zu dieser Besonderheit des proto-elamischen Zählsystems (s. N1 = 1; N14 = 10; N23 = 100; N51 = 1000, N54 = 10.000) und dem gegenwärtigen Forschungsstand zur proto-elamischen Schrift(entzifferung) vgl. zuletzt R.K. Englund (2004) 123ff. Die bei C.F. Justus (1999) 59 Fig. 3 im Rahmen ihrer Untersuchung zu Vorläufern dezimaler Zählstrukturen genannten Zahlenwerte (1–9000) für das archaische ŠE-System beruhen auf der falschen Zuordnung von N39 = „1“; tatsächlich handelt es sich dabei um ein standardisiertes Gefäß-maß von ca. 4,8 Liter, wovon sich dann die übrigen Werte (N1 = 24 Liter → N14 = 144 Liter → N45 = 1.440 Liter → N34 = 4.320 Liter → N48 = 43.200 Liter) ableiten. 6 Siehe A.A. Vajman (1989). 7 Nach den von J.H. Greenberg (1978) 266 formulierten universellen Bildungsregeln für Sum-menserien sind beispielsweise Augenden niemals kleiner als ihre Addenden, ein Grundsatz, der denkbare Serien wie 8 (2 (+) 6) oder 9 (2 (+) 7) ausschließt.

Das sumerische Numeraliasystem – Versuch einer typologischen Einordnung

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Numeraliasystem im allgemeinen zu weiterführenden Erkenntnissen zu gelangen.8 Grundsätzlich lässt sich nach den Untersuchungen von H. Wiese (1997) über den Status von Ziffernsystemen bzw. Zahlzeichensystemen sagen, dass sie in ihrer Bezeichnung von Zahlsequenzen zwar dieselbe Funktion wie Numeralia erfüllen, aber dennoch als unterschiedliche Formen von Benennungen für dieselben Enti-täten, der Zahlen, definiert werden müssen.9 Somit können auch die metrolo-gisch geprägten Zahlzeichen- bzw. Notationssysteme der archaischen Texte aus Uruk nicht a priori mit dem sich in den Numeralia widerspiegelnden Basis-strukturen verglichen oder gar gleichgesetzt werden.

2 Syntax und Struktur sumerischer Numeralia Die in grammatischen Studien konventionell angeführten Lesungen für die

sumerischen Kardinalzahlwörter der ersten Dekade (s. Tab. 1) sowie für die Basiswerte der weiteren Dekaden (s. Tab. 2) basieren im Wesentlichen auf tradierten Quellen des 1. Jtsd. v. Chr. Dazu gehören lexikalische Wortlisten wie Proto-Ea, Ea oder Aa,10 die von den Babyloniern selbst überlieferten (Keil-schrift)zeichennamen11 sowie keilschriftliche Einzelfunde, die für die Zahlwörter syllabisch glossierte Lesungen anbieten, so z.B. aus Sultantepe12 oder Kalḫu, einem von H. Hunger (1998) publizierten astronomischen Text. Daneben finden sich aber auch andere authentischere Quellen aus dem 3. Jtsd. v. Chr., also einem Zeitraum, in dem das Sumerische als gesprochene Sprache zweifelsohne noch lebendig war. Hierzu zählen die zwei in Ebla gefundenen Schultexte MEE 3:6313 und MEE 3:5414, welche, obwohl teilweise divergierende Angaben bie-tend, für die Rekonstruktion der jeweiligen Grundform(en) von nicht unerhebli-

8 Grundsätzliches Ziel dabei ist es, das Sumerische in den Gesamtkontext typologischer Nume-raliastudien einzuordnen und, sofern möglich, zu neuen, über den aktuellen Kenntnisstand hinausgehenden Erkenntnissen zu gelangen, auch im Hinblick auf strukturelle Vergleiche mit anderen altvorderasiatischen Sprachen. 9 Zu diesem Aspekt vgl. H. Wiese (1997) 86ff. s.v. 4.3.3. 10 Zum lexikalischen Befund vgl. M. Civil, MSL 14 (1979) 3ff. (Proto-Ea); 173ff. (Ea I); 243ff. (Ea II); 261ff. (Ea II Assur MA) und 280ff. (Aa II/4). 11 Die etymologisch korrekte Form *i m i n „7“ ist nur in Zeichennamen bezeugt, s. Y. Gong (2000) 139 (i-mi-na-ku). 12 Vgl. P. Hulin (1963) 72ff.; zu dem Text STT 399 siehe auch M.A. Powell (1971) 58ff. 13 Vgl. M. Civil (1982) 5ff. 14 Vgl. D.O. Edzard (1980) 121ff., id. (2003) 62 und G. Pettinato (1981) 141-43.

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cher Bedeutung sind. Daher sind diese in der nachfolgenden Tabelle15 den jewei-lig lexikalisch bezeugten Ausspracheglossen gegenübergestellt.

Kardinalzahl MEE 3:63 MEE 3:54 Proto-Ea; Ea I/II; Aa II/4 1 [aš; dēli; diš] (schräg senk-

rechter Keil) --- a-aš (PEa 98); di-li (PEa 100;

Expl. A: de-e-li; Expl. Ej:du-li); di-iš (Ea II MA 25')

2 [min] me-ne me-nu ma-an (Ea II 127, 162; Aa II/4 155); mi-in (Ea I 320, II 67; Aa II/4 151, 161); me-na (Ea II 262); mi-na (Ea II MA 27')

3 [eš5] iš-ší iš11-ša-am e-eš (PEa 168); eš, iš (Ea I 321, II 129); eš-še (Ea II MA 28')

4 [lim(m)u] lam li-mu li-im-mu (PEa 169-170); lim-mu (Ea I 21, 323f.; II 131f., 264); lam-mu (Ea I 323); li-ma (Ea II MA 29')

5 [ia] u9-í-a I ia (Ea II 133f., 251f., 265; Ea II MA 30')

6 [āš] u9-iš a-šu a-áš (Ea II 138f., 253f.); u(-)a-šá-a (Ea II MA 35')

7 [u/imin] u9-ma-nu ù-mì-nu ú-mu-un (Ea II 140, 179, 255); ú-mi-na(Ea II MA 36')16

8 [ussu] u9-iš-ší ù-sa-am us-su (Ea II 142, 180, 257f.); ú-sa (Ea II MA 37');-us-sa-ku (Aa II/4 211)

9 [ilim(m)u] u9-lu ì-li-mu i-lim-mu (Ea II 181, 259); ú-li-mu (Ea II MA 38')

10 [*haw] u9 u9-wu/i-mu u4 (PEa 112); ú (Ea II 147; Aa II/4 1); a (Ea II 148; Aa II/4 36); ha-a (Ea II 149; Aa II/4 38); hu-u (Aa II/4 37)

(Tab. 1)

15 Eine vergleichbare Übersicht bietet auch M. Civil (1982) 7. 16 Siehe auch H. Hunger (1998) 179ff. Vs. 2: u n „7“.

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Als Bestandteil einer Nominalphrase erscheinen sumerische Numeralia syntak-

tisch in der Regel als quantifikatorische Attribute, die ihrem Bezugswort, d.h. dem Gezählten einem adjektivischen Attribut17 gleich nachgeordnet oder aber, wenn wie in den zahlreichen Inventarlisten unter den Wirtschaftstexten auf eine zu quantifizierende Zählmenge18 referiert wird, vorangestellt sein können, vgl. z.B. 1 g u 4 ú r - l í m m u m u -1 „1 einjähriges Rind (mit) vier Gliedmaßen (= Vierfüßer)“ (DTBM 113:2)19 mit gleich drei Quantifikatoren bzw. Numeralen oder 1 s i l a 4 k u n - m i n „1 Lamm (mit) zwei Schwänzen!“ (SAT 2, 828:1).20 Wenn wie bei k u n - m i n bzw. ú r - l í m m u durch das Zahlwort eine spezifi-sche Eigenart (von Tieren) ausgedrückt wird, oder es bei einer Zeitangabe nicht auf den Zeitraum, sondern die Position innerhalb einer abgrenzbaren Zählfolge 17 J.A. Black (2002) 69ff. weist den Numeralia weder einen autonomen Wortklassenstatus zu, noch ordnet er sie einer seiner acht „lexical categories“ zu, obwohl er (p. 62), einer Ansicht B. Jagersmas folgend, deren Affinität zur Klasse der Substantive anmerkt. Was die Zuordnung der Numeralia zu einer bestimmten Wortartkategorie anbelangt, so ist deren Status seit Dionysios Thrax (1. Jh. v. Chr.), der Zahlwörter als ‚Taktikón‘ bzw. ‚Arithmetikón‘ als eine von 25 nominalen Unterkategorien subsumiert, nicht endgültig geklärt. Im Rahmen ihrer rezenten typologischen Untersuchung zu den Kardinalia kommt M. Ahn (2003) 159ff., abseits traditionell schulgrammatischer Kategorisierungen, auf der Grundlage einer rein semanti-schen Betrachtung zu dem Ergebnis, dass die Zahlwörter innerhalb eines Systems semanti-scher Wortklassen eine Position zwischen den Benennungen von Eigenschaften und Objekten einnehmen. Zur Wortartenproblematik im Sumerischen vgl. auch Th.E. Balke (2002) 31ff. 18 Zur Klasse der Quantifikatoren (quantifiers), zu denen auch die Numeralia zählen, vgl. D. Gil (2001) 1275ff. 19 Für das seltene Attribut ú r - l í m m u „Quadrupede“ siehe auch PDT 2, 1052 i 13 (g u 4), ibid. iv 3 (u d 5) sowie ibid. iv 23 (m á š ); m.W. singulär ist die Bezeichnung u d u ú r - i a 7

! „Fünffüßiges? Schaf“ in PDT 2, 1052 iii 15. Für l í m m u „4“ als Attribut vgl. auch m u g̃ i š i g - d i b l í m m u - b a é - g̃ i šg i g i r -š è „(Auskleidungen) für die vier Paneeltüren? der Remise“ (SANTAG 6, 317:6). 20 Siehe auch 14 g u 4 1 g u 4 g̃ i š - ř ú „14 Stiere, 1 Zuchtstier“ (BIN 3, 153:1-2), 10 s i l a 4 b a - u r 4 25 s i l a 4 n u - u r 4 „10 geschorene Lämmer, 25 (noch) nicht geschorene Lämmer“ (MVN 6, 517:4-5; passim). Vorangestellte Quantifikatoren und nachgestellte attributive Erweiterungen, z.B. Altersangaben bei Tieren, sind häufig auch paläographisch differenziert, so etwa in dem von F. Pomponio & G. Visicato, SEL 19 (2002) 5ff. veröffentlichten altakkadi-schen Text, der reine Mengenangaben mit dem Zeichen LAK-820I (Vs. 2; passim), nachgestellte Attribute (m u - NUM) aber mit LAK-820III bzw. LAK-820IV (Vs. 2; passim) schreibt. Andererseits wird etwa in Ebla nicht zwischen den ovalen mit dem Griffelende eingedrückten und den ‚keilschriftförmigen‘ Zahlzeichen differenziert, wie G.J. Selz, BiOr 53 (1996) 480f. mit Bezug auf L. Milano, ARET 9 (1990) anmerkt.

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rekurriert, wird es seinem Bezugswort nachgestellt, vgl. i t u 12 z a l - l a - a „als der Monat (Nr.) 12 verstrichen war“ (AWL 58 ii 4).21 Bezieht sich das Zahlwort dagegen auf einen Zeitraum, so wird es dem Bezugswort in der Regel voran-gestellt, vgl. z.B. 35 m u z a l - l a - b a „nachdem 35 Jahre vergangen waren“ (FAOS 7 Gutium 3:6-7).

Auch wenn sich die primäre Voranstellung der Numeralia aus dem spezifi-schen Abrechnungscharakter vieler Urkunden ergibt22, ist es denkbar, in dieser Variation auch ein Indiz für eine ‚freie‘ Wortstellung von nominalem Bezugswort und (adjektivischem) Attribut zu sehen,23 wie sie sich wohl auch in der seltenen Voranstellung des Attributs k ù (-g ) „rein, heilig“ bei nachfolgendem Götterna-men, z.B. k ù d n i n - s ú m u n „heilige Ninsumun“ (Urnamma A 16) oder k ù

d i n a n n a „heilige Inanna“ (Inanna-Enki II i 20), zeigt.24

21 Davon zu trennen sind Fälle, wo Numerale sich zwar auf die Position in einer allerdings unspezifischen (Zähl)serie beziehen, es sich aber bei dem Bezugswort um eine partizipiell verwandte verbale Basis mit enkl. Kopula handelt, z.B. bei e š 5 b a - a m 6 „Es ist dies die Zuteilung (Nr.) 3“ (TSA 12 xviii 2) oder à š g̃ a r - a m 6 „Es ist die Lieferung (Nr.) 6“ (BIN 8, 372 vii 6). 22 Eine der seltenen Ausnahmen findet sich in TSŠ 50, einer metrischen Divisionsübung mit s ì l a 7 „7 Sila“ (Kol. i 2) bzw. š e s ì l a š u - t a k a 4 3 „3 Sila Gerste Rest“ (ibid. ii 2); dieser Text ist rezent behandelt von D.J. Melville (2002) 242 und J. Friberg (2005) 27 mit abweichender Lesart in Kol. ii 2 (š e 3 s ì l a ; Kopie nach Photo J. Høyrup). 23 Dafür sprechen möglicherweise auch die in älteren Urkunden belegten Berufsbezeichnun-gen mit vorangestelltem g a l „groß“, z.B. g a l - n i g̃ i r „Chef-Herold“ (AWL 68 viii 12) oder g a l - d a m g à r a „Chef-Kaufmann“ (AWL 68 iv 4); solche Bildungen sind sonst nur in den älteren lexikalischen Listen bezeugt, vgl. g a l - n i g̃ i r (EDLu A 62), g a l - n a g a r (EDLu A 102) oder g a l - k i n d a (EDLu E 16 [MEE 3:6-11) vs. n i g̃ i r - g a l (PLu 421) und n a g a r - g a l (PLu 668). 24 Nicht als ‚freie‘ adjektivische Basis, sondern als Regens einer Genitivverbindung erscheint k ù ( - g ) „rein, heilig“ von der Ur-III-Zeit an in Personennamen des Typs K ù - dGN „reine, heilige GN/Glanz? von GN“ z.B. in K ù - dn a n n a (SANTAG 6 382 i 16; SAT 3, 2086:12), K ù - dn i n -u r 4 - r a (SANTAG 6, 340 Rs. iii 14; SAT 3, 1968:3), K ù - d n i n - g a l (SANTAG 6, 41 Rs. I 14; SAT 3, 1659:5) und K ù - dš á r a (SAT 3, 1588:5); zu diesem onomastischen Bildungstyp vgl. auch H. Limet, ASDDU 268ff. und R. Di Vito (1993) 73 s.v. 40.10a, der allerdings k ù (-g ) nominal als „Silber(= Lösegeld)“ auffasst. Gerade bei Personennamen, wenn sie nicht kontextuell eingebunden sind und keine weiteren grammatischen Morpheme aufweisen, lässt sich die zugrundeliegende Konstruktion, in der Regel eine Genitivverbindung (z.B. k ù - n i n - g̃ á „Glanz meiner Herrin“ [H. Limet, ASDDU 269]), und somit auch die Kategorisierung der als Regens auftretenden Wortbasen nicht immer eindeutig bestimmen bzw. vornehmen.

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Obwohl ein signifikantes Charakteristikum von Numeralia gerade darin besteht, dass sie so gut wie nie homophon werden25 und schon gar nicht einer voll-ständigen Erosion unterliegen – anders etwa als Kasusaffixe oder Tempus/ Aspektmarker –, zeichnen sich Numeralsequenzen, wie J. Matisoff (1995: 175ff.) am Beispiel des Sino-Tibetischen gezeigt hat, durch eine Neigung zu gegen-seitiger Beeinflussung mit daraus resultierender phonologischer Konvergenz oder Kontamination aus, vgl. devjat’ „9“ (statt *nevjat), beeinflusst von desjat’ „10“, im Russischen, novem „9“ (statt *noven) und quinque „5“ (statt *pinque) durch den Einfluss von decem „10“ bzw. quattuor „4“ im Lateinischen oder məsūm „3“ (statt *g-sum) wegen folgendem məlī „4“ im sino-tibetischen Jingpho. Unter diesem Gesichtspunkt müssen meiner Ansicht nach auch die lautlichen Divergen-zen hinsichtlich des variierenden vokalischen An- und Auslauts der Überlieferung aus Ebla, wie sie sich in den Texten MEE 3:54 und MEE: 63 manifestiert und die von I. Diakonoff (1983:83ff.) mit als Grundlage für die Rekonstruktion von vier distinkten Numeralsequenzen: NUM-/Ø/; NUM-/u/; NUM-/a/ und NUM-/am/ der Kardinalia 2–9 genommen worden sind,26 betrachtet werden. Vor allem die lediglich in MEE 3:54 bezeugten Formen /iš(š)am/ „3“ bzw. /us(s)am/ „8“27 weisen mit auslautendem -/a m / sicher die enklitische Kopula auf und stellen keine variierenden Wortstämme des jeweiligen Zahlwortes dar.28

Was den Aufbau der ersten Dekade anbelangt, wie er sich nach den in Tab. 1 aufgeführten Grundformen der Numeralia darstellt, so ist zunächst evident, dass die sumerischen Kardinalia der ersten Pentade fünf autonome, nicht weiter

25 Vgl. Th. Hanke (2005) 112; wenn es in seltenen Fällen doch zu einer Homophonie bei Numeralia kommt, wie im finno-ugrischen Mansi (s. saat „7“ ≈ „100“), so ist diese durch besondere diachrone Entwicklungen einer Sprache bedingt, im genannten Fall durch zeitlich getrennte Entlehnungen aus indoeuropäischen Sprachen. 26 Die in Ebla häufig belegten Schreibungen KV-K(V) für KVK-Strukturen, z.B. in a-za-me-du < [aṣmid] „Ich band“ (ARET 5 Nr. 1 ii 1, 3, 5, 7), lassen allerdings eher Zweifel an diesem zwar orthographischen, aber wohl nicht sprachlichen Merkmal aufkommen. Auch die orthographische Alternanz von KV- und KVK-Schreibweisen für Ku bzw. Kum bei der Wiedergabe sumerischer Wörter, z.B. ù-sig17-gú vs. ú-si-gúm für sum. ù - s á ( - g ) „Schlaf“ (s. M. Civil & G. Rubio [1999] 263ff.), spricht sicher eher gegen eine Überbewertung ab-weichender Schreibungen in Ebla bei der morphologischen Rekonstruktion sumerischer Kardinalzahlwörter. 27 Möglicherweise gehört mit D.O. Edzard (2005) 103 auch ḫ a (U9)-w a - m (u ) < */haw(+)am/ „10“ als dritte Numerale zu dieser Gruppe. 28 Vgl. dazu auch D.O. Edzard (2003), 63 sowie id. (2005) 103.

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segmentierbare Numeralia darstellen.29 Die sich daran anschließenden Zahl-wörter der zweiten Pentade 6–9 sind, ausgehend von í a „5“ als Basiswert, der ähnlich wie n i š „20“ oder g̃ e š ( d ) „60“ als Schwellenwert innerhalb des Numeralsystems fungiert,30 nach additivem Bildungsmuster konstruierte Formen des Typs à š „6“ ( < í a „5“+ a š „1“), i m i n „7“ (< í a „5“ + m i n „2“), u s ( s ) u „8“ (< í a „5“ + e š 5 „3“?) und i l i m m u „9“ (< ía „5“ + limmu „4“). Dabei folgt die kleinere Zahl auf die Größere, womit der Addend gemäß der Greenbergschen Universale kleiner als der Augend ist.31 Die Einordnung von u s ( s ) u „8“ in das genannte additive Bildungsmuster ist dabei von D.O. Edzard

29 Die ältesten Zählsysteme umfassen oftmals als Basis nur drei Ausdrücke: „1“, „2“, zumeist mit deiktischer oder lokaler Bedeutung, und „3“ (= viele), woran sich dann auf das Zählen mit Fingern und Händen referierende Ausdrücke anschließen. Daher verwundert es nicht, dass neben quinären, auf „5“ basierenden Systemen quaternäre, auf „4“ basierende Serien, wenngleich seltener bezeugt, häufig anzutreffende Strukturen bei Zählsystemen darstellen. Zu Beispielen quaternärer Zählsequenzen vgl. J. Matisoff (1995) 145ff. Der von F. Thureau-Dangin, RA 25 (1928) 120, angenommene etymologische Zusammenhang der Kardinalzahl-wörter „1“ und „2“ mit Genusbezeichnungen wie z.B. m í „weiblich“ (> *min) ist nicht stichhaltig und wäre zudem als Etymon für niedrige Numeralia singulär. Allerdings verweist J. Matisoff (1995) 125 bei der Klassifizierung der in den Numeralserien der Himalaya-Sprachen belegten produktiven Bildungssuffixe auf die Möglichkeit, dass „suffixes like these, ... may once have been gender markers and/or classifiers“. 30 Hierbei fällt auf, dass im Gegensatz zum Ägyptischen (dy „fünf“ < *iad „Hand“) für das Sumerische kein erkennbarer etymologischer Zusammenhang des Zahlwortes „5“ mit š u „Hand“ nachweisbar ist, was möglicherweise auf eine ausgeprägte morphologische Erosion des Numerals schließen lässt. Auch für das Zahlwort l i m ( m ) u „4“, dem in quinären Systemen häufig ein etymologischer Bezug zum folgenden „5“ wie „ohne Daumen“, „kleine Hand“, „1 heruntergehen“ o.ä. zugrunde liegt, lässt sich im Sumerischen kein entsprechender Bezug nachweisen. Viel häufiger als im Sumerischen, wo š u „Hand“ sonst nur in Bezeichnungen für Längenmaße wie š u - s i „Finger, Zoll“ oder š u - d ù - a „Spanne“ (< „die aufgerichtete Hand“ ≈ „⅓ der Elle“) sowie bei š u - r i - a „½“ (< „die sich herabsenkende? Hand“) belegt ist, erscheint sein akkadisches Äquivalent qātu bei mehreren Bruchzahlen, vgl. šitta qātātu/i „2 Hände“ = ⅔, šalaš qātātu „3 Hände“ = ¾ und ḫamiš qātāti „5 Hände“ = ⅚. Zur grundsätzlichen Relevanz von Körperteilbezeichnungen wie z.B. „Hand“, „Finger“ oder „Fuß“ beim Aufbau numeraler Systeme siehe Th. Hanke (2005) 106ff. und J. Matisoff (1995) 189f., der aus der Gruppe der Himalaya-Sprachen die Beispiele ükchuk „1×5“(< chuk „Hand“; Bantawa), ihuk „5“ (< huk „Hand“; Mewahang) und muktapi „5“ (< mukta „Hand“; Yakkha) nennt. Zum Grammatikalisierungspfad „Hand“ > „5“ vgl. auch B. Heine & T. Kuteva (2002) 166. 31 Zu diesem universellen Grundsatz vgl. J. Greenberg (1978) 262ff. und die Diskussion dazu bei Th. Hanke (2005) 62ff.

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auch aufgrund der Glosse /ù-sa-am/ in MEE 3:54 angezweifelt worden32, was aber meines Erachtens zum einen wegen damit verbundener struktureller Schwierig-keiten,33 zum andern angesichts von eindeutigerem /u9-iš-ší/ in MEE 3:63 unbe-rechtigt ist.

2.1 Anmerkungen zu einzelnen Kardinalzahlwörtern „1“ Die Lesungsangaben für die dem Zählwert „1“ zugeordneten Keilschrift-

zeichen AŠ und DIŠ unterscheiden sich von anderen Zahlwörtern dadurch, dass die entsprechenden lexikalischen Listen in ihren Ausspracheglossen mehr als eine mögliche Lesart sprich Grundform und nicht nur variierende Glossen einer Wortbasis bieten, wobei Wortlisten aus Ebla zufällig (?) gerade dieses Zahlwort ausklammern.34 Beide Zeichen gehen auf die horizontalen archaischen Zahl-zeichen ZATU N1 (kleines Halboval) und ZATU N34 (großes Halboval), in der Größe lediglich durch Verwendung eines dünneren oder dickeren Schreibgriffels

32 D.O. Edzard (2003) 64 mit Verweis auf M.A. Powell (1971) 41f. Die an gleicher Stelle (p. 63) aufgrund der mehrdeutigen Glosse A-šu, wobei A = /a/, /ay/, /aw/ oder /ya/, und auch bei J. Friberg, RlA 7 (1987-90) 539 anklingende Zurückhaltung gegenüber einer Analyse à š „6“ (< 5 + 1), basiert sicher auch auf den damit verbundenen Konsequenzen für die Lesung des Numerals „1“ (= aš). 33 Die Schwierigkeit bei der Annahme einer irregulären, d.h. nicht-quinären Form bestünde dann auch in einer plausiblen strukturellen Analyse von u s ( s ) u „8“, da für dieses Zahlwort ansonsten ausschließlich Bildungsmuster multiplikativer Natur (4 ∙ 2; 2 ∙ 4) und subtraktiver Natur (10-2; 2 (weg von) 10) nachweisbar sind. 34 MEE 3:63:1-4 enthält dagegen Angaben zu einem metrologischen Gefäßkapazitätssystem, die allesamt von mit NÍNDA(×NUM) gebildeten Bruchzahlen eingeleitet werden. Diese weichen etwa von dem aus Fāra bekannten System ab, wie es in absteigender Form z.B. in SF 20 v 22f. (1 m a - n a „1 Mine“: 2 š a 4 - n a - b i „⅔ (Mine)“: ½ m a - n a „½ Mine“: 1 š ú -š a 4 - n a „⅓ (Mine)“) bezeugt ist. Die Verwendung von NÍNDA (×) NUM zur Schreibung von Bruchzahlen, genauer Gewichtseinheiten des Sekel (g i g̃ 4 ), findet sich später in der Ur-III-Zeit wieder in der Form NÍNDA׊E-AŠ „⅓“ bzw. NÍNDA׊E-AŠ.AŠ (KWU 161) „⅔“, z.B. in M. Sigrist, Fs. J. Klein (2005), 287ff. Z.1-8, 10, einem ungewöhnlichen Lagastext, der für „⅓“ verkürztes i g i -3 statt des üblichen i g i -3-g̃ á l (s. M. Powell [1971: 246 Tab. 14]) schreibt. Für NÍNDA(×NUM) in archaischen Rationsangaben vgl. die Übersicht bei R.K. Englund in P. Damerow & J. Høyrup (2001) 29 und zur Schreibung der Bruchzahlen in altakkadischen Texten (Adab) vgl. jetzt die Anmerkungen zu paläographischen „Mischsystemen“ bei J. Friberg (2005) 4ff.; eine ausführlichere Behandlung der sumerischen Bruchzahlen unter sprachlichen wie auch paläographischen Gesichtspunkten ist vom Vf. an anderer Stelle geplant.

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variierend, zurück,35 aus denen sich von der Fāra-Zeit an in der Verwendung als „Personenkeil“ bzw. Zahlzeichen die Varianten LAK-820I (= kleines Halboval), LAK-820II (= horizontaler Keil), LAK-820III (= schräg gestellter Keil) und LAK-820IV (= senkrechter Keil) entwickelt haben.36 Die Schwierigkeiten, die sich bei der Ermittlung des originären Zahlwortes für den Zahlenwert „1“ und bei der formalen bzw. semantischen Differenzierung der lexikalisch bezeugten Formen d i š , a š und d e l i ergeben, basieren nicht zuletzt auch auf der Sonderstellung dieses Kardinal-zahlwortes und der damit einhergehenden semantischen Aufsplitterung in auto-nome Wortbasen, wie sie etwa Th. Stolz (2001: 507ff.) in seiner umfassenden areal-typologischen Untersuchung nachgewiesen hat.37 Insbesondere die seman-tische und morphologische (?) Trennung von d i š vs. a š – d e l i „einzeln, allein“ (=wēdum) ist m.E. anders zu bewerten und einzuordnen38 – fällt angesichts der teilweise widersprüchlichen Belegsituation schwer; denn einerseits weisen unorthographische Schreibungen bei Personennamen, vgl. z.B. a -š a 4 - n i „Ihr/ sein einziges (Kind?)“ (DP 125 iv 6) vs. a š 10(DIŠ)-š a 4 - n i (VS 27, 75 iv 5; DP 126 iv 3),39 die additive Bildungsweise der zweiten Pentade, die sicher jeweils /a š / und nicht /d i š / als Bestandteil der höheren Einer aufweist, der lexikali- 35 Vgl. die Übersicht der 60 archaischen Zahlzeichen aus Uruk bei J.-J. Glassner (2000) 170 Fig. 3 (= ZATU, p. 166). 36 Zur Verwendung des Zahlzeichens „1“ als Personenmarker in Rechtsurkunden der Fāra-Zeit sowie als Zeilen- bzw. Fächermarkierung in Wortlisten und literarischen Texten vgl. J. Krecher, ZA 63 (1973) 161-171. 37 J. Matisoff (1995), 126f. bemerkt zu diesem Aspekt: „the special importance of the concept ONE links it to many other semantic fields ... and its high frequency encourages morphophonemic irregularity, and idiosyncratic fusions with other morphemes“. Vgl. etwa auch die Vielzahl der von proto-indoeuropäisch *oino abgeleiteten Wortbasen im Englischen: one, an, alone, only, once, onion, eleven etc. 38 Hierbei handelt es sich um kein Zahlwort im engeren Sinn, da es semantisch eher mit Ausdrücken wie single o.ä. zu verbinden ist, was auch für den davon abgeleiteten distributiven Plural d i d l i (< d i l i -d i l i ) „jeder für sich, alle (davon)“ gilt. I.M. Diakonoff (1983) 89f. stellt sie zusammen mit t a b „doppelt, Zwilling“ als Elemente eines „group-count“-Systems. Erfolgt eine Präferenz für die Lesart AŠ = /deli/ wie bei H. Waetzoldt, BSA 3 (1987) 23ff., so ist diese in der Regel kontextbedingt, z.B. bei den Bezeichnungen s a g̃ - d i l i „einzelne (Zwiebel)köpfe“ ≈ „Steckzwiebeln“ oder š ú m - š i r - d i l i „Zwiebel (aus einer) einzelnen Zehe(= Knoblauch)“.Unzweifelhaft /dili/ liegt in den Fällen entsprechend glossierter Paralle-len vor, vgl. s ì l a d i l i „einzelne (= kleine) Portion“ (MEE 3, 172 Z. 51) vs. š u - l a t i - l i „id.“ (ARET 5, 23: 2) in der „Word List D“, behandelt von M. Civil, ZA 74 (1984) 161ff. 39 Zur Lesung des PN D I Š - n i als a š 1 0 - n i siehe J.N. Postgate, AfO 24 (1973) 77 und J. Bauer, BiOr 50 (1993) 176.

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sche Befund, d.h. die Nicht-Aufnahme von d i š als Glosse in Proto-Ea in die Richtung, /aš/ als originäre Basisform für „1“ anzusehen, andererseits aber sprechen die Existenz einer Emesal-Variante d i - i d / t a für /d i š /, aber nicht für /a š /,40 und der morphemisch ähnlichen Basis d e l i (=/dēli/?)41 für eine mögliche Grundform /d i š /, wenngleich diese erst in Ea II MA 25' (di-iš) lexikalisch bezeugt ist und die Einträge di-li, du-li und de-e-li in Proto-Ea d i l i als ältere Wortbasis auszuweisen scheinen.42 Dieser diffizile Sachverhalt lässt sich meiner Ansicht nach auf zweierlei Weise plausibel erklären: (1) durch die Annahme, dass mit /d i š / und /a š / diachron zwei Ausprägungen – möglicherweise dialektale Varianten – einer zugrunde liegenden Wortbasis für das Numerale „1“ vorliegen, oder (2) durch den Ansatz von originär mindestens zwei distinkten Grundformen /d i š / und /a š / für „1“,43 die je nach ihrem Status als autonomes Kardinal-zahlwort (= /diš/) bzw. Bildungselement innerhalb höherer Kardinalia (= /a š /) oder nach dem zu quantifizierenden Objekt44 unterschiedliche Distri-bution aufweisen.

Exkurs Zur Relation von d i š „1“ und t é š (UR) „Würde, Lebenskraft“ In einem rezenten Aufsatz hat G.J. Selz (2004: 43) bei der Behandlung von

Personennamen des Typs GN-t é š - g̃ u 1 0 „GN (ist) meine Lebenskraft“45 auf eine

40 Vgl. z.B. die Folge: d i - d a „1“ (= iš-ten), i - i m ( - m a ) „2“ (= šá-nu-ú), à m - m u - u š „3“ (= šal-šu) bei K. Volk, FAOS 18 (1989) Z. 80-82 sowie die Passagen in MSL 4, 39f. Z. 131-133. 41 Der von mir als „weißer Einzelläufer“ gedeutete GN dA š i m b a b b a r (s. Th.E.Balke [2006] 24 Anm. 126) ist mit B. Alster, JCS 56 (2004) 1ff. möglicherweise dd i l i í m-b a b b a r (2) „weiße Schale“ zu lesen und enthält /ím/ als Lautindikator für d i l i m „Löffel, Schale“. Zur Lesung dieses Gottes siehe auch J. Klein (2001) 280 Anm. 9 mit Verweis auf A. Cavigneaux & F. Al-Rawi (1995) 206 zu MA 35: AŠ-IGI-b á b b a r - r a = d i l - l i m - b á b b a r - r a . Sofern so richtig gedeutet, enthielte der Name des Gottes allerdings nicht d i l ( i ) in seiner ursprünglichen Semantik „einzeln, allein“, sondern als bloßes Silbenzeichen. 42 Siehe auch D.O. Edzard (2005) 99ff. 43 So belegt nach J. Matisoff (1995), 126 im Garo (Provinz Yunnan), wo neben dem unab-hängigen Zahlwort sa „1“ mit /grik/ (kol-grik „20“ < „20 ∙ 1“) und /kung/ (chi-kung „10 ∙ 1“) zwei weitere autonome Wortbasen für das Konzept EINS existieren, wenngleich in eingeschränkter Verwendung. 44 Vgl. etwa im Isländischen die Sonderformen einir (Mask.), einar (Fem.) und ein (Neutr.) bei der Zählung von Kollektiva und/oder pluralia tantum gegenüber den Normalformen einn, ein und eitt; vgl. zu diesem Aspekt Th. Stolz (2002) 368 s.v. 3.3. 45 Dieser Bildungstyp findet sich bereits in der Fāra-Zeit, z.B. n i n - t é š - u 1 0 „die Herrin (ist) meine Lebenskraft“ (PBS 9: 3 ii 1; F. Pomponio, La Prosopografia di Fara (1987) 200);

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mögliche Gleichsetzung von d i š „1“ und t é š (UR) hingewiesen,46 ohne jedoch näher auf die mit einer Gleichsetzung [dVK]≈[tVK] verbundenen phonologischen wie semantischen Schwierigkeiten einzugehen. Ähnlich, wie im Fall von /d i š / vs. /a š /, stellt sich auch hier die Frage, in welchen Fällen UR, für das in Proto-Ea 646 die Glosse /te-eš/ (Var. ti-; te-) bezeugt ist,47 /ur/ bzw. /teš/ zu lesen ist.48 Während sich eine Lesart t é š (UR) in einigen präsargonischen Wirtschafts-urkunden als Bestandteil der Wendung t é š - t é š - a ~ g̃ a r „etw. zusammen stellen, in gleicher Weise behandeln“49 aus dem Kontext erschließen lässt, fällt dieses bei der Wendung g̃ i š U R . U R - š è /e ~ l á „sich gegenseitig(?) be-kämpfen“ (FAOS 5 Ent. 28 iii 10; ibid. Ean. 1ix 1) deutlich schwerer.50 Obwohl die Wörterbücher für t é š in adverbieller Verwendung als t é š - a /b i /b a mit den akkadischen Äquivalenten mitḫariš „in gleicher Weise, insgesamt“(AHw 661b) und ištēniš „zusammen“ (AHw 400b) zumindest eine partielle semantische Verknüpfung mit der Numerale d i š „1“ erkennen lassen, ergeben sich keine ge-sicherten Anhaltspunkte für einen gemeinsamen semantischen oder morpho-logischen Ursprung beider Wortbasen, selbst wenn man für das Zahlwort eine Grundform */teš/ und damit eine weitergehende lautliche Annäherung annimmt.51 Grundsätzlich wäre natürlich eine semantische Ableitung diš „1“ ≈ „Ein(heit)“ o.ä. > „Einzigartigkeit, Lebenskraft“ durchaus denkbar und ein Verständnis des Personennamens dGN-t é š - g̃ u 1 0 als „GN ist meine Leben(seinheit) (< Einzig-artigkeit)“ nachvollziehbar. Der Ansatz eines gemeinsamen Ursprungs von t é š später erscheint der Name oftmals verkürzt ohne Pronominalsuffix, vgl. l u g a l - t é š (OSP 2, 98 Rs. ii 7, TCA 184:8; passim). 46 So auch P. Attinger, ELS 728f. s.v. 5.3.183 [§ 873] t e - e š – d u 1 1 /d i . 47 Für UR = /te-eš/ siehe auch HMM 86 – 06 B ii 12-14, einer zweisprachigen Version der lexikalischen Serie Proto-Ea aus Tell Hammam, mit den akkadischen Gleichungen: bāštum // ištēniš // und mitḫāriš; zu diesem Text vgl. W.H. van Soldt (1995) 279ff. 48 Hierbei machen A. Cavigneaux & F. Al-Rawi (2000) 50ff. die interessante Unterscheidung zwischen u r - u r , u r - b i - , u r - e „plutôt, l’un (conte l’autre)“ und n í , t é š (d i š ) „plutôt, l’un (dans autre)“ zum Ausdruck von Reziprozität vs. Reflexivität. 49 Vgl. die Belege AWL 7 x 6; DP 280 v 3, ibid. vi 3, die Zusammenlegung verschiedener Felder betreffend. Zur Bedeutung von U R . U R - a innerhalb mathematischer Rechenoperationen vgl. J. Friberg (2000) 162. 50 Zur Alternanz von -/(e ) š e /TERM vs. -/e /DIR beim Verbum l á ’ „hängen (an etw. = hin zu etw.), binden (an etw.)“ vgl. Th. E. Balke (2006) 208 Anm. 908. 51 Siehe Chr. Mittermayer, Altbabylonische Zeichenliste der sumerisch-literarischen Texte (2006) 154 Nr. 390, basierend auf den unorthographischen Schreibungen aus T. Haddad (s. A. Cavigneaux & F. Al-Rawi [1995] 169:1; 170:20).

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und d i š (oder /teš1/) würde dann, von den distinkten initialen Konsonanten und den damit verbundenen Schwierigkeiten abgesehen, /teš/ – ähnlich wie d e l i – als eigenständige (abgeleitete?) Nebenform zu d i š ohne Bezug zu konkreten Zählsequenzen bestimmen.

„3“ Das Zahlwort e š 5

52(< *eweš)53 „3“, in der Schrift durch drei aufeinander folgende senkrechte Keile dargestellt, weist zwei ungewöhnliche Aspekte auf, die es von den meisten anderen (höheren) Kardinalzahlwörtern unterscheidet: (1) das Antreten der Genitivpostposition -/a ( k )/ bei nachfolgendem Possessivsuffix -b i , z.B. in e š 5 - a - b i „deren drei“ und (2) die diachrone Verwendung als Pluralzeichen -/e š / für die 3. Pers. Plural innerhalb der verbalen präteritalen Konjugationsmuster sowie bei der enklitischen Kopula (s. m e - e š „sie sind“).54 Suffigiertes -/a ( k )/ habe ich an anderer Stelle als ,freies‘, d.h. regensloses Genitivsuffix -/a k / gedeutet, das bei folgendem konsonantischen Anlaut auslau-tendes -/k/ verliert55 und nur bei den niedrigen Numeralia 1–3 auftritt, vgl. i t u a š - a - k a (Monat 1-GEN-LOK)„innerhalb eines Monats (= Monat Nr. 1)“ (DP 147 ii 1) oder i g i m i n - n a -b i (Auge 2-GEN-POSS) „deren (= Esel) zwei Augen“ (AWL 99 iii 2, iv 3, v 1).56 Diese unterschiedliche Behandlung niedriger Zahlwörter mit der Ausprägung spezifischer Sonderformen erinnert an die gegenüber höheren Numeralia abweichende Behandlung niedriger Kardinalia in slawischen Sprachen, die hinsichtlich Genus und Kasusmarkierung mit ihrem Bezugswort kongruieren, vgl. Polnisch dwie kobiety „zwei Frauen“(2-FEM Frau) vs. dwa jablka „zwei Äpfel“(2-NEUTR Apfel) vs. dwóch pan-ów „zwei Männer“ (2-GEN.MASK Mann-GEN.PL).57

52 Für die seltenen Fälle, in denen das Zahlwort unorthographisch durch –eš1 wiedergegeben wird, vgl. z.B. é - d b a - Ú e š - a - b i „ (Zwei Heiligtümer des Ning̃irsu) und die drei Heiligtümer der Ba’U“ (TCTI 2, 3691:4). 53 So I. Diakonoff (1983) 89 Anm. 48 aufgrund von /a m u š / (a m - m u - u š) „3“ in ESV III 134. 54 Zu diesem Aspekt vgl. auch Th.E. Balke (2006) 114 Anm. 482; zur Entwicklung eines Pluralmarkers aus der Numerale „3“ siehe das Beispiel kamore „3“ > kaamode „Pluralmarker“ bei B. Heine & T. Kuteva (2002) 334. 55 Th.E. Balke (2006) 43 Anm. 198. 56 Siehe ferner VS 27, 5 v 3; folgt auf das Zahlwort kein rückbezügliches Possessivsuffix der 3. Pers. Sachklasse –bi, so unterscheiden sich klassifizierende Attribute wie i g i - A Š „einäugig“ (AWL 99 iv 2) morphologisch nicht von Altersangaben der Form m u - NUM (ibid. i 3, 4; passim). 57 Beispiele nach Th. Stolz (2002) 362.

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2.2 Die Kardinalia für die weiteren Dekaden 20–6058 Die sumerischen Zahlwörter für die Zehner (s. Tab. 2), für die sich mit Aus-nahme von /u m i n ( a )/ „40“ (MEE 3, 63:18)59, anders als bei den Numeralia der ersten Dekade, keine entsprechenden (älteren) Ausspracheglossen in der Wort-liste Proto-Ea oder in Ebla nachweisen lassen, unterscheiden sich formal schon dadurch, dass sie in der Regel keine suffigierten Sonderformen aufweisen und sich nicht nur additiv sondern auch multiplikativ zusammensetzen.

Dekade Kardinalzahlwort MEE 3:63 Ea II; Aa II/4 20 niš < *ní-(aš)60 --- ni-eš (Ea II 160); ni-šu (Ea II MA

39'); ni-iš (Ea II 184; Aa II/4 152) 30 úšu < niš-u

(20+10) --- ú-šu (Ea II 168, 186; Aa II/4 177)

40 nimin < niš-min (20 · 2)

u9-mi-na (10·2)?

ni-mìn (Ea II 170, 187); ni-mi-in (Aa II/4 193)

50 ninnu < niš-min-u (20 · 2+10)

--- ni-nu-ú (Ea II 175, 188); nin-nu-u (Aa II/4 201)

60 g̃í/éš(d) --- ge-eš (Ea II 242); ge-eš-ta (Ea II 243)

(Tab. 2)

Abgesehen von *h a w „10“, wird von den übrigen Kardinalzahlwörtern der Dekaden nur „60“ mit einem nicht aus 10 komponierten Keilschriftzeichen

58 Vgl. im allgemeinen D.O. Edzard (2003) 64f. bzw. id. (2005) 104ff. und zu den lexikali-schen Nachweisen M.A. Powell (1971) 48ff. 59 Dieser Eintrag bleibt in seiner Deutung, wie bereits M. Civil (1982) 8 zurecht bemerkt, unsicher, da er morphologisch eher „20“ (< 10 ∙ 2) und nicht das zu erwartende n i m i n (< n i š - m i n ) zu repräsentieren scheint. Gleichwohl scheint es sich bei den Einträgen der vorangehenden Zeilen in MEE 3, 63:16-17 um Paraphrasen für die Numeralia 20 (= s u r „Hälfte (von Vierzig)?“ und 30 zu handeln, in der weiteren Zählfolge also das Zahlwort „40“ zu erwarten wäre. 60 J. Braun (2001) 44 stellt n i š „20“ zu ňi-šu „20“ im Tibetischen, was allerdings nach St.V. Beyer (1992) 221ff. äußerst zweifelhaft ist, da ňi-šu von dem üblichen Bildungsschema – man würde *gňis-btšu (2 ∙ 10 =) „20“ erwarten – der Numeralia im Klass. Tibetischen abweicht und somit innerhalb des tibetischen Numeraliasystems eine Sonderform darstellt, die als Basis eines fundierten Sprachvergleichs kaum geeignet sein dürfte.

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geschrieben.61 Die Struktur bzw. Komposition der Basiswerte für die Dekaden 20–50 offenbart grosso modo mit den auf „20“ aufbauenden Bildungsformen inner-halb eines begrenzten Rahmens die klassischen Züge eines vigesimalen Systems, wie es J. Matisoff (1995: 165ff.) in Reinform für zahlreiche sino-tibetischen Sprachen nachgewiesen hat.62 Aufgrund des in den Glossen fehlenden Anlauts /n/ bei ú š u „30“ – bei n i m i n „40“ und n i n n u „50“ ist er vorhanden – haben D.O. Edzard (2005: 105)63 und vor allem M. Powell (1971: 48 Anm.1) Zweifel an dieser Analyse geäußert und Letzterer eine Struktur ú š u < /e š 5 „3“ + u „10“ ≈ 3 · 10/ vorgeschlagen. Der Vorschlag Powells ist jedoch nicht überzeugend, da er der universellen Bildungsregel64, dass der niedrigere Zahlen-wert (= Multiplikand) auf den Höheren (= Multiplikator) folgt, zuwiderläuft und entsprechend gegenläufige Beispiele im Sumerischen meines Wissens auch nicht bezeugt sind. Zudem finden sich durchaus Fälle für eine Aphärese anlau-tender Nasale, z.B. bei n í n d a „Saattrichter“, „(Getreide)-Maß“ > i n d a 65, so dass sich ú š u „30“ bei regressiver Vokalassimilation plausibel aus *n i š (+ u )

61 Außerhalb rein quantifikatorischer Sachverhalte finden sich nur wenige Belege für die einzelnen Dekadenzahlwörter, so z.B. für n i m i n „40“ in den Personennamen u r - n i m i n (FAOS 5 Urn. 24 iii 3) und u r - n i m i n - k ù - g a „Derjenige der reinen Vierzig (= Enki?)“ (TÉL 228 iii 7, ibid. 241 ix 8) sowie im Toponym é - n i m i n (BIN 7, 71:8, ibid. 199:2); für n i m i n „40“ in Personennamen s.a. W.G. Lambert OrNS 54 (1985) 199ff. und speziell zu u r - n i m i n J. Bauer, OBO 160/1 (1998) 438 mit der Annahme einer orthographischen Variante zum Ortsnamen n i g̃ i n /n i m i n (NINA). Bei dem Namen der Göttin dn i m i n -t a b - b a „Doppelte Vierzig!“, der Gattin des Kalkal, handelt es sich mit W.G. Lambert, a.a.O. (1985) 201 wohl um ein Wortspiel, dem etymologisch *d n i n - m i n - t a b - b a „Herrin der zwei Aneinandergelegten (= Erde u. Himmel)“ zugrunde liegt. 62 Bei einem rein vigesimal strukturierten System sind die Kardinalia „20 (20 ∙ 1)“, „40 (20 ∙ 2)“, „60 (20 ∙ 3)“, „80 (20 ∙ 4)“ und „100 (20 ∙ 5)“ jeweils durch Multiplikation mit dem Basiswert „20“, die Zwischenwerte durch Addition (+ „10“) gebildet. 63 D.O. Edzard nimmt deshalb eine monomorphemische, nicht weiter segmentierbare Grundform des Zahlwortes an, das keinen arithmetischen Bezug zur Basisnumerale n i š „20“ aufweist. Ein solches Phänomen ist durchaus keine Seltenheit, wie die Ausdrücke score „Gruppe (von) 20“ (< Anzahl der Tafelmarkierungen) und húsz „20“ im Englischen bzw. Ungarischen (s. L. Honti [1999] 249), sorok „40“ (< altnord. serk(r) „Fell (zu Bündeln von 40 Stück)“) im Russischen oder das morphologisch isolierte Zahlwort „50“ in einer Reihe von Barish-Sprachen (Himalaya) (s. J. Matisoff [1995] 155f.) zeigen. 64 Ein ausgesprochen seltenes Muster findet sich im französischen System, wo bei soixante „60“ (< 6 ∙ 10) der Multiplikand kleiner als die Basis bzw. der Multiplikator ist. 65 Vgl. PEa 609 NÍNDA = /in-da/ und MEE 3, 63: 3-4 mit den Entsprechungen e n - d a bzw. e n - d a s u r x (HUŠ)-r u 12 „halbiertes N.-Maß“ für NÍNDA×(NUM).

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> *(n)ušu erklären lässt. Während sich für die Basisdekaden 20–50 eine vigesi-male, d.h. auf n i š „20“66 basierende Struktur nachweisen lässt, ist dies für g̃ é š ( d ) „60“67, wie P. Steinkeller (1979) unzweifelhaft nachgewiesen hat, ausgeschlossen. Denn einerseits weist die Wortbasis im Anlaut den velaren Nasal /g̃/68 auf – im Gegensatz zu n i š „20“69 – und enthält andererseits im Auslaut nicht /š /, sondern die Konsonantenverbindung /šd/,70 so dass eine Grundform /*g̃ešt/ bzw. /*g̃ešd/ anzunehmen ist. Sieht man einmal von den lexikalischen Belegen ab, so ist doch festzustellen, dass auslautendes -/d ( a )/ sicher nur in den genitivischen Funktionsbezeichnungen u g u l a - g̃ é š - d a ( - k ) „Aufseher

66 Das Zahlwort n i š (oder n e š ) für „20“ wird in der sumerologischen Literatur generell als autonome, monomorphemische Wortbasis betrachtet (s. z.B. D.O. Edzard [2003] 64). Wenn man sich an dem Grundaufbau von Basiszahlwörtern wie „10“ (< 10 ∙ 1) in dezimalen und „20“ (< 20 ∙ 1) in vigesimalen Systemen orientiert, gewinnt meiner Ansicht nach ein Vorschlag A. Poebels (1923) 104 (n i š < *n i +a š ), an Bedeutung und macht a š „1“ als Bestandteil der Zahlwortbasis wahrscheinlich. Ausgehend von dem bei Th. Hanke (2005) 110 beschriebenen etymologischen Zusammenhang des Konzeptes „Mensch, Körper“ und dem Zahlwort für „20“, ist demnach für sumerisch n i ( š ) „20“ eine Entwicklung aus n í „Selbst“ (= eigener Körper) + (a )š „1“ zu erwägen. Zur Grammatikalisierung reflexiver Morpheme aus Bezeichnungen für die eigene Person bzw. den eigenen Körper vgl. Kyung-An Song (2002) 341 mit Verweis auf Koreanisch jagi/jasin „sich“ < „own body, person“. 67 Zu g̃ é š ( d ) „60“ vgl. auch M.A. Powell (1971) 50-53, R.K. Englund (1998) 78 Anm. 161 sowie Cl. Wilcke (2005) 432 s.v. 1.2d. 68 Das anlautende /g̃/ des Zahlwortes ist von P. Steinkeller (1979) 182ff. aufgrund der Emesalform /m u š / (z.B. SBH, p. 139 Nr. 1:155ff.) wohl korrekt angesetzt, wenngleich eindeutige Glossen wie z.B. /g̃e6-eš-tu/ (PDiri 40; MSL 9, 18, s. J. Krecher, Fs. L: Matouš II (1978) 42) für g̃ e š t ú ( - g ) „Ohr“ im Hauptdialekt für g̃ e š ( d ) „60“ fehlen. 69 Entsprechende Analysen der Form /n i š + e š 5 (20 ∙ 3)/ für g̃ é š ( d ) „60“ wie bei I. Diakonoff (1983) 85, R.K. Englund (1998) 78 Anm. 161 oder M.A. Powell, Visible Language 6 (1972) 8f. sind daher schon aus phonologischen Erwägungen ausgeschlossen. Auch die Notwendigkeit, eine vom vigesimalen Ordnungsprinzip abweichende, scheinbar ‚irregulär‘ gebildete Form diesem System anpassen zu müssen, besteht im Grunde überhaupt nicht, da allen numeralen Systemen, ob quinär, dezimal oder vigesimal, heterogene Strukturen anhaften, d.h. sie entweder durch divergierende Stufungen durchbrochen werden (Dezimalsystem) oder eigentlich zu erwartende Basiswerte bzw. Simplizia überhaupt nicht gebildet werden, z.B. die Basiswerte 25 (= 52) im quinären bzw. 400 (202) im vigesimalen System. 70 Dieses Konsonantenpaar findet sich auch bei den Lexemen k u r u š d ( a ) „Tiermäster, Schlachter“, e r e š t „Königin“ und k u k k u s (t ) „K.-Mehl“; zum konsonantischen Auslaut von k u r u š d ( a ) vgl. auch Th.E. Balke (2006) 177 Anm. 755 und K. Deller, BaM 16 (1985) 358ff., der eine semitische Etymologie des Wortes von der Wurzel *g/qrš „zerteilen“ erwogen hat.

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von (= über) Sechzig“ (MVN 2, 359 Rs. 1)71, é r i n (-)g̃ é š - d a (-k ) „Truppe der Sechzig“ (NSGU 215:24)72 oder in der Reziprokentabelle HS 201 i 1-2: g̃ é š - d a i g i -2-[g̃ ]á l - b i „der Sechzig ihre ‚Zweier-Reziproke‘“73 nachzuweisen ist, wie überhaupt das Verhältnis der Formen /g̃ e š d / t a / vs. /g̃ é š / zueinander noch ungeklärt ist. Zudem ist weder die Etymologie des Zahlworts „60“ befriedigend erklärt74 noch die Interpretation der vorliegenden Doppelkonsonanz unzweifel-haft gedeutet.75 Die ungewöhnliche syllabische Glosse u 9 - m i - n a (= /nimin/ „40“?) in MEE 3:63, wofür M. Civil (1982:8) einen Schreibfehler für u 9 - l i - m a (= 10 · 4) angenommen hat, ist wohl ebenso wie ú š u „30“ durch Aphärese des anlautenden Nasals zu erklären (*/nimina/ > /yamina/).

Nur selten finden sich in entsprechenden Wortlisten Angaben zu Zahlwörtern abseits der Zehnerbasen. Der von H. Hunger (1998) publizierte astronomische Text, einem Duplikat zur 14. Tafel der Serie der Omina aus Himmelserscheinungen, bietet einige ungewöhnliche Schreibungen, so z.B. n i - i l l a m - m a d i - r i - g [ a ] (Vs.17) < „20 (n i š ) + 4 (l a m ) überzählig/darüber hinaus“ für „24“, einer

71 Für diese Berufsbezeichnung siehe ferner OIP 115, 210:8, ibid. 246:8; passim. Allerdings finden sich daneben auch Belege für eine Schreibweise u g u l a - g̃ e š t a (DIŠ) ohne pseudo-syllabisches -/d a /, so z.B. in FAOS 17, 75:5 (Siegel: u g u l a - g̃ é š - d a ), ibid. 113*:10 und HSS 4, 4 i 11-12 (u g u l a - g̃ é š t a ! k a s 4 - m e , u g u l a - g̃ e š t a g u - z a - l á - m e ); für HSS 4, 4 siehe die Anmerkungen bei R.K. Englund, Ur-III Fischerei (1990) 60ff. 72 K. Maekawa, ASJ 14 (1992) 213ff., zitiert eine Reihe von Belegen für die ungewöhnliche Wendung g u r 60 s ì l a - d a - t a (MVN 9, 10:2; NATN 140:5, ibid. 578:2, ibid. 589:4) zum Ausdruck von Äquivalenzrelationen bei Messbehältern zwecks Ermittlung einer Differenz-menge(?), deren Struktur, folgt man Maekawas Deutung „levelling by (taking) one sila-cup out of the wall(?) of a bariga vessel“, mir allerdings verschlossen bleibt, denn auch die Annahme zweier aufeinander folgender Dimensionalpostpositionen, Komitativ -/d a / und Ablativ -/t a / (s. Th.E. Balke (2006) 129 Anm. 545), wäre mit nicht unerheblichen Deutungsproblemen verbunden. Die besagte Wendung findet sich leicht abgewandelt auch in SAT 3, 1949:2: g u r s i l à g̃ é š - d a , wonach -/d a /, unterstellt man ursprünglich */g u r s i l à g̃ é š - d a - t a /, aber zur Zahlwortbasis g̃ é š d ( a ) „60“ zu gehören scheint und nicht die Postposition des Komitativs meint. 73 Zu diesem Text vgl. J. Oelsner in J. Høyrup & P. Damerow (2001) 56ff. 74 Die von M.A. Powell (1971) 53 angedachte Etymologie */(n í ) g̃ + e š > g̃ e š / ist äußerst fragwürdig. Ob ein Zusammenhang volksetymologischer Natur mit g̃ e š - d a (= lēʾum) „Wachstafel“ besteht, muss hier offen bleiben. 75 Die Doppelkonsonanz /šd(a)/ im Auslaut könnte auch auf -/da/ als Lautindikator (= */g̃ e š d a x

da/) hinweisen, vergleichbar Schreibungen wie g̃ e š b a ba (G̃IŠ.RU.BA) „Wurf-holz“ (UTAMI 4, 2566:1).

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Sandhischreibung bei progressiver Assimilation /š → l/, oder ú - d u - l i - m e - i n (Vs. 6) < „10 (u ) (∙) 1(d i l i ) + 2(m i n )“ für „12“.76

2.3 Das ternäre Numeraliasystem77 Abgesehen von den bisher behandelten Numeralia, die einem partiell ausge-

prägten quinär-vigesimalen System zuzuordnen sind, begegnet im Sumerischen vereinzelt ein ternäres Numeraliasystem, das die Zahlenreihe 3–7 ausgehend von p e š „3“ bildet. Da die wenigen bekannten Textzeugnisse zum Teil abweichende Zahlwortbasen bzw. Alternativbildungen78 bieten, sind sie zur besseren Trans-parenz in der folgenden Tabelle (Tab. 3) einander gegenübergestellt:

Kardinalia Antagal C 52-6079 MMA 86.11.6180 Enki-Ninmaḫ 1 gi me-er-ga Z. 59: gi 2 daḫ TAKA4(a-bi)81 Z. 62: gi4(-bi) 3 peš peš Z. 66: peš(-bi) 4 peš-gi peš-bala Z. 69: peš-gi 5 peš-bala-gi peš-bala-gi4 Z. 72: peš-peš-gi 6 peš-bala-gi4-gi4 peš-bala-gi4-gi4 Z. 75: peš-bala-gi 7 peš-peš-g[i] peš-peš-gi4 --- (Tab. 3)

76 Derselbe Text weist in Z. 2 ebenso seltenes, nur in einer späten Gleichung (ba-a // 3 x U [A II/4 172]) bezeugtes b a „30“ (s.a. Z. 18: 36 = b a - a n - g a - á š „30 (b a ), obendrein/doppelt?(a n g a ) + 3 (e š 5 )“) auf, welches sich semantisch vielleicht mit b a (7) „halb, Hälfte“ (PSD B 23; s.a. M.A. Powell [1971] 156-161) verbinden lässt. Die Hälfte bezieht sich dabei auf den Stellenwert innerhalb des als Maßstab dienenden Sexagesimal-systems und meint die Hälfte von „60“ = „30“. Ähnlich zu verstehen ist vermutlich š a - n a X g i (= 45!) (Vs. 1), wenn /š a n a ( b i )/ „⅔“ auf „60“ (= 40) bezogen ist. 77 Vgl. dazu D.O. Edzard (2003) 66, M.A. Powell (1971) 28-32, I.M. Diakonoff (1983) 90 s.v. 4., F. Thureau-Dangin (1928) und W.H.Ph. Römer (21999) 74 Anm. 262+263 mit weiterer Literatur. 78 Zu den alternativen Bildungsformen zähle ich im folgenden multiplikative Formen wie m i n - t a b „zweifach“ (MMA 86.11.61: 39), e š 5 - t a b - b a „dreifach“ (ibid. Z. 40) oder Numeralparaphrasen wie d a ḫ - ḫ e „3“ (< „füge hinzu“; ibid. Z.37) oder a n - g a - à m „2“ (< „es ist obendrein, auch“; ibid. Z. 36); die Form a n - g a - à m enthält sicher das konnektive Verbalpräfix /(i ) n g a /, vgl. P. Attinger, ELS 297f. und D.O. Edzard (2003) 123f. 79 Siehe MSL 17, p. 196f. 80 Dieser Text ist jetzt neu publiziert von M. Civil (2005) 244ff. s.v. Nr. 61. 81 Z. 34 fügt noch iteratives D I Š - a - k á m „einmal“ (= ištiššu) ein.

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Wie sich in den Textzeugnissen zeigt, basiert das ternäre Numeraliasystem auf den Basiswerten p e š „3“ und g i (4) „1“ sowie dem Auxiliar b a l a „hinübergehen“, das hier allerdings nicht, wie in entsprechenden Konstruktionen üblich, am Ende des Ausdrucks steht,82 sondern als Verbindungsglied mit dem Stellenwert einer Numerale(?) zwischen den Numeralia fungiert. Sieht man einmal von dem Um-stand ab, dass bei den durch possessives -b i erweiterten lexikalischen und litera-rischen Belegen keine Zahlwörter im engeren Sinn, sondern Zahladverbiale vor-liegen, denen im Akkadischen jeweils Ordinalia entsprechen, so weist dieses auf die erste Dekade begrenzte Zählsystem83 sowohl hinsichtlich seines strukturellen Aufbaus, seiner teils isolierten Formen /m e r g a / „1“ und TAKA4 „2“84 als auch hinsichtlich der divergierenden lexikalischen und literarischen Überlieferung einige Besonderheiten auf. So zeigt sich angesichts von g i 4 - b i „2“ – man würde *g i 4 - g i 4 - b i o.ä. erwarten – und der fehlerhaften Benennungen p e š - p e š - g i „7“ für „5“ und p e š - b a l a - g i „5“ für „6“ der weniger verlässliche Charakter der (älteren) literarischen Überlieferung, während die beiden anderen Quellen nur beim Zahlwort „4“ (p e š - g i vs. p e š - b a l a ) voneinander abweichen. Auch was den Aufbau der Zahlenserie selbst anbelangt, zeigen sich strukturelle Unge-reimtheiten, vor allem die Verwendung des Auxiliarverbums b a l a „hinüber-gehen“ betreffend. Während solche Auxiliarverben in der Regel ohne Nennung des Augenden lediglich mit vorangestelltem Addenden erscheinen (= *g i -b a l a „4“ (< „1 über (3) hinaus“) weist der Metropolitan-Text bei p e š - b a l a überhaupt keinen Addenden auf, womit p e š - b a l a und p e š bzw. p e š - b a l a - g i und p e š - g i in Antagal C im Grunde identische Zahlenwerte ausdrücken. Selbst bei Annahme eines stark verkürzten Ausdrucks ergeben die den jeweiligen ternären Kardinalia in der akkadischen Überlieferung zugewiesenen Zahlenwerte nur dann einen Sinn, wenn bala die Erweiterung um „1“ impliziert, also */3(+1) hinüber + (NUM)/ gemeint wäre.

82 Siehe Th. Hanke (2005)105 s.v. 5.4. „Zusätzlich“-Quellen. 83 Ein von W.G. Lambert, JSS 14 (1969) 242ff., bearbeiteter Beschwörungstext aus Kuyunjik (K 2438), einem Duplikat zu STT 361, bietet in Z. 5-14, jeweils durch u4 (-d ) „Tag“ eingeleitet, eine Numeralsequenz 3–12, wobei zu den bereits bekannten Numeralia noch p e š - p e š - b i - b i „8“, p e š - p e š - p e š „9“, p e š - p e š - p e š - b i „10“, p e š - p e š -p e š - b i - b i „11“ sowie p e š - p e š - p e š - p e š „12“ hinzutreten. 84 T a k a 4 „übrig sein“ ist hier vielleicht parallel zu Engl. eleven „11“ (< *ain-lif „Eins übriggeblieben (jenseits 10)“) als „Eins übriggeblieben (jenseits 1)“ zu fassen, auch wenn der eigentliche Addend „1“ nicht ausgedrückt wird.

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Aufgrund der wenigen Beispiele für ternäre Numeraliasysteme aus anderen Sprach-kreisen,85 lassen sich kaum typologische Vergleichsdaten heranziehen, die eine diachrone Verknüpfung von p e š „3“≈ e š 5 „3“, wie sie beispielsweise von I. Diakonoff (1983:90)86 über eine Entwicklung PEŠ > */weš/ ≈ */eweš/ erwogen worden ist,87 bestätigen bzw. zumindest wahrscheinlich machen oder gänzlich ausschließen.88 Auffällig scheint mir das Erscheinen von Emesalformen wie /m e r g a /, das vielleicht g̃ ì r i „Fuß“ zur Bezeichnung der Anfangsbasis der Zahlenreihe enthält, oder -/b i / (für g i „1“; s. K 2438 Z. 6, 7; passim), unterstellt man hier den bekannten dialektalen Wechsel EG /g/ > ES /b/,89 woraus man eine Verwurzelung des ternären Numeraliasystems im Kult ableiten könnte. Auch der Nachweis für eine Existenz dieses selten bezeugten Systems, dem eine Affinität zu temporalen Zählsequenzen (s. u 4(-d )–NUM) zugeschrieben werden kann,

85 J. Hurford (1999) 13 nennt mit dem Mawae ebenso eine Papuasprache wie Th. Hanke (2005) 89 mit dem Som; I.M. Diakonoff (1983) 90 verweist auf ein ähnliches System im paläo-sibirischen Jukagirischen. 86 So übernommen auch bei W.H.Ph. Römer (21999) 72. 87 Eine ganz andere Deutungsmöglichkeit ergibt sich meiner Ansicht nach, wenn man p e š „3“ etymologisch nicht mit einem (konkreten) Zahlwort, sondern in Anlehnung an d a ḫ „2“ (< „hinzufügen“) mit der verbalen Basis p e š „weit, breit sein“ zum Ausdruck der (weiteren) Ausdehnung der Zählsequenz von 2 nach 3 verbindet. Die bei F.A. Ali, Letter Coll. B 16:7 bezeugte Prospektivform ù - n e - d è - p e š „after you have (said) it for the third time“ gehört wohl zu einem System, das für regelhaft aufeinander folgende Handlungen (der nächste (= zweite) Schritt // der weitere (= dritte) Schritt o.ä.), etwa bei landwirtschaftlichen Tätigkeiten, sekundär aus Verben abgeleitete Numeralparaphrasen verwendet, wozu neben d a ḫ „(Zweites) hinzufügen“, p e š „(Um ein Drittes) erweitern“ auch g i 4 „zurückkehren, wiederholen“ zählt, vgl. z.B. g̃ i š g i 4 - a - a b g̃ i š p e š - b í - i b „Egge zum wiederholten (= zweiten) Mal, (egge) ein weiteres (= drittes) Mal“ (FI 32). Die Entstehung temporaler und iterativer Adverbien oder Partikel aus verbalen Basen ist ein gut bezeugter Grammatikalisierungspfad, wie die Beispiele bei B. Heine & T. Kuteva (2002) 259 s.v. to return (> „wieder“, „danach“, „dann“ o.ä.) verdeutlichen. 88 Die schon in der frühesten lexikalischen Tradition nachweisbare semantische Differenzierung beider Wortbasen, z.B. bei á b - e š „dreijährige Kuh“ (ED Animal list A 5) vs. á b - p e š „trächtige? Kuh“ (ED Animal list B 14), spricht allerdings gegen eine semantisch-morphologische Verknüpfung von /p e š/ und /e š/. 89 Angesichts der für /b i/ im Gegensatz zu /g i/ (s. ištēn = g e - e: Ea II 54, 202 (MSL 14, 249, 256)) aber fehlenden lexikalischen Evidenz scheint mir jedoch eine Verknüpfung mit koordinativem –b i - d a (> -b i) „zusammen mit, und“ weitaus wahrscheinlicher, woraus sich für p e š - p e š - b i - b i in K 2438 Z. 10 eine strukturelle Analyse /3—3—mit (1)—mit(1)) ergeben würde.

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schon vor der altbabylonischen Zeit lässt sich nicht führen. Ein Zusammenhang dieses isoliert auftretenden Zahlensystems mit der Entstehung des Sexagesimal-systems im 3. Jtsd. v. Chr.. ist von daher nicht wahrscheinlich.90

2.4 Fazit Die vorangehenden typologischen Anmerkungen zu einzelnen Kardinalzahl-

wörtern bzw. zur Struktur der sumerischen Numeraliasysteme im allgemeinen haben meines Erachtens gezeigt, dass sumerische Kardinalia, sofern sie als reine Quantifikatoren verwendet werden, in einem Mischsystem angesiedelt sind, welches teils quinär-vigesimal (= niedrige Numeralia) und teils sexagesimal (= höhere Numeralia) aufgebaut ist.91 Dabei fungieren í a „5“ und n i š „20“ als Basiswerte für die nachfolgenden Einer 6–9 bzw. für die weiteren Dekaden 30, 40 und 50,92 worauf mit g̃ é š d ( a ) „60“ ein davon unabhängiger Schwellenwert (noch) unbekannten etymologischen Ursprungs folgt. Dabei zeigen mit Aus-nahme von n i š „20“ (< *n í „selbst“+ (a ) š „1“) die Basiswerte des quinär-vigesimalen Systems í a „5“ bzw. *h a w „10“93 keinen (erkennbaren) etymologi-schen Zusammenhang mit den signifikanten, auf Bezeichnungen einzelner Körper-

90 Siehe dazu die Überlegungen bei M.A. Powell (1971) 32. 91 Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch I.M. Diakonoff (1983) 91f. Dieser Befund deckt sich beispielsweise auch mit dem im Vergleich zum Längenmaßsystem unregelmäßigerem Gliederungsprinzip der Flächenmaße, da erst die höheren Maßeinheiten sexagesimal (s. 1 š á r = 60 b ú r vs. 1 i k u = 100 s a r ) aufgebaut sind. Zu diesem Aspekt vgl. P. Damerow (2001) 248f. und zu ähnlichen Beobachtungen bei den archaischen Hohlmaßen J. Friberg (1997/98) 7. Dennoch finden sich vereinzelt Hinweise für einen scheinbar experimentellen Umgang mit dem traditionellen Numeraliasystem, wie die ungewöhnlichen Zahlenwerte in A 5443 (s. J. Friberg [2005] 18f. s.v. § 4.5), vormals behandelt bei R.M. Whiting, ZA 74 (1984) 60, die für die höheren Flächenmaßeinheiten eine Dezimalstruktur offenbaren, belegen. 92 Das nur partiell ausgebildete Vigesimalsystem spiegelt sich allerdings nicht in den Zahlzeichen wieder, da für „20“ kein eigenständiges Keilschriftzeichen verwendet wurde, sondern doppelt gesetztes u „10“. 93 Ausgehend von einer rekonstruierten Grundform *ḫ a w , die auf keine Körperteil-bezeichnung zurückzuführen ist, besteht möglicherweise eine Verbindung zum Pluralmarker -ḫ á (HI.A) „gemischt, verschiedenartig“ – nach J. Krecher, OLZ 73 (1978) 28 Anm. 2 mit Dualisfunktion –, wie er in Ur-III-Urkunden häufig bezeugt ist, z.B. in š i m ḫ á „verschiedenartige Aromen“ (SANTAG 6, 197 iii 21’) oder t ú g ḫ á „verschiedenartige Stoffe“ (ibid. 19 Rs. i 48; passim). Zu dieser Deutung siehe bereits A.P. Riftin (1927) 188f.

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teile beruhenden Bildungsmustern des „body-part“-Modells94. Auf g̃ é š d ( a ) „60“ basieren unter Verwendung der Faktoren 6 und 10 die nächst größeren sexagesimal strukturierten Zahlenwerte: g̃ é š ( d ) - u „600“ (< 60 ∙ 10), š á r „3600“ (602), š a r ’ u (ŠÁR×U) „36.000“ (602 ∙ 10) und š á r - g a l (ŠÁR × G̃ÉŠ/ Ugunû) „216.000“ (603).95 Nur selten sind höhere Zahlenwerte abseits der sexa-gesimalen Basen auch sprachlich eindeutig zu identifizieren, vgl. z.B. die in den ‚Reformtexten‘ Irikagina’s innerhalb der Liste der Bestattungskosten belegte Passage n i n d a - n i 7;00 (g̃ é š d ( a ) - i m i n )-n a m „Seine Brote sind 420“ (FAOS 5 Ukg. 4 vi 6 // 5 vi 9). Die Aufnahme des auslautenden /n/ von i m i n „7“ im folgenden, die enklitische Kopula -/am/ enthaltenden Silbenzeichen -/n a m / ist ein deutlicher Hinweis auf das multiplikativ als „60 ∙ 7“ gebildete Kardinalzahlwort „420“.

Da jedoch additive und multiplikative Konstruktionen bei parallelen Strukturen, d.h. jeweils nachgestelltem Addenden bzw. Multiplikators, grundsätzlich poten-tielle Quellen für Ambiguitäten darstellen, und die Differenzierung homophoner Formen wie g̃ é š - m i n „62“ (< 60 + 2) oder „120“ (< 60 ∙ 2)96 erschweren, müssen zur Vermeidung von Mehrdeutigkeiten andere ‚Mechanismen‘ greifen.

94 Zu diesem einzigen bekannten Quellmuster für numerale Simplizia, welches sich für den Zahlraum 1–20 im wesentlichen auf die Anzahl der Finger und Zehen an Händen und Füßen stützt, vgl. ausführlich Th. Hanke (2005) 80ff. und B. Heine (1997) 20-33. 95 Allerdings verwenden mathematische Texte der Fāra-Zeit, z.B. TSŠ 188, der Flächen-berechnungen notiert, scheinbar š á r - g a l (GAL.ŠÁR) „großes š á r (= 3600 b ù r )“ (TSŠ 188 i 2) nicht für die 3., sondern die 2. Potenz (= 3600) der Einheit š á r , die im Flächenmaßsystem den Basiswert 60 repräsentiert und nicht 602, wie bei den Kardinalzahl-wörtern. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang sind zwei Aussagen, die sich auf die Grenze des (erfassbaren) Wissens (Rechnens) beziehen, und erste Hinweise auf ein abstraktes arith-metisches Denken liefern, zum einen: š á r š u n u - g i4 „unzählige Menge, die man nicht er-reicht“ (BE 20/1, 29 iv 9, Rs. ii 4’; Lesung nach Cl. Wilcke [2005] 438) oder 6 Š Á R × Ugunû- g a l n u - d a - š i d „6 · (10 ∙ 602) ∙ 60“ (= 12.960.000 ≈ 604) können nicht mehr gezählt werden“ bzw. „sind nicht zusammengezählt“ (MEE 3, 73 i 5). Zu diesem Text, der eine systematische Auflistung der großen sexagesimalen Basiswerte bietet, vgl. J. Friberg (1986) 10ff. und Cl. Wilcke (2005) 444f., die den Komitativ jeweils als Abilitativ deuten; zu einem abweichenden Verständnis des Komitativpräfixes –d a - als „gemeinsam, zusammen(zählen)“ siehe Th.E. Balke (2006) 115 Anm. 487. 96 Siehe D.O. Edzard (2003) 65; es ist sicher nicht zufällig, dass im Zahlzeicheninventar der archaischen Texte mit N51 für „120“ ein separates Keilschriftzeichen innerhalb des bisexa-gesimalen Systems verfügbar ist.

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Dazu gehören die Unterscheidung mittels distinkter Tonhöhen,97 wie sie für das Sumerische vielleicht am wahrscheinlichsten ist, oder einer differenzierenden Akzentverschiebung, wie sie im Klassischen Sanskrit bezeugt ist.98

Der zu Beginn des Aufsatzes angesprochene strukturelle Widerspruch zwischen Numeralia- und Zahlzeichensystem(en) ist demzufolge – wenn überhaupt – nur partiell vorhanden, da das Numeraliasystem im Bereich der höheren Zahlen-werte durchaus mit den sexagesimal bzw. bisexagesimal aufgebauten und metro-logisch geprägten Zahlzeichensystemen kongruiert. Dabei sind die einzelnen Merk-male quinärer, vigesimaler und sexagesimaler Zählstrukturen im Sumerischen allerdings zum Teil noch opaque, das heißt, eine transparente, vornehmlich auf das „body-part“-Modell rekurrierende Zählweise, wie sie häufig in „primitiven“ Gesellschaften bezeugt ist, lässt sich für das Sumerische nicht erkennen. Auch die dem Vigesimalsystem aufgrund der dominierenden Rolle des weiter ver-breiteten Dezimalsystems – in modernen wie antiken Sprachen – gelegentlich zugeschriebene Archaizität99 ist so nicht gegeben, wenn man an bekannte numerale Mischsysteme mit dezimalen und vigesimalen Merkmalen, wie sie im Französischen (soixante „60“ (< 6 ∙ 10) vs. quatre-vingts „80“ (< 4 ∙ 20)) oder Dänischen (tredive „30“ (< 3 ∙ 10) vs. tredsindstyve „60“ (< 3 (mal) 20)) in Erscheinung treten, denkt. Das sumerische Numeraliasystem erweist sich als Mischsystem quinär-vigesimaler und (bi)sexagesimaler Zählstrukturen somit durch-aus nicht als sprachtypologisches Unikum, wenngleich parallele Bildungsmuster in anderen altvorderasiatischen Sprachen meines Wissens nicht vorkommen.

97 Vgl. Th. Hanke (2005) 28 zur Differenzierung von Zahlwörtern mittels phonologischem Ton im Sino-Tibetischen (Ost-Kayah Li) bei Verwendung innerhalb einer Zählsequenz gege-nüber einer Verwendung als Multiplikand. 98 Vgl. astáçatam „108“ (= 8 + 100) vs. astaçatám „800“ (= 8 ∙ 100); wie J. Greenberg (1978) 283 jedoch bemerkt, ist diese Methode der Differenzierung additiver und multiplikativer Konstruktio-nen „extremely rare, and I cannot quote any instance outside the Sanskrit“. 99 Siehe J. Matisoff (1995) 148 für den Bereich der sino-tibetischen Sprachen. Die von I.M. Diakonoff (1983) als signifikante Charakteristika für die Archaizität von Sprachen heran-gezogenen numeralen Alternativbildungen wie z.B. Dutzend (< frz. duozaine „Gruppe von 12“) , Mandel „Haufen von 15 Garben“ (< lat. manus „Hand“) oder auch – mit Bezug auf ternäre Numeraliasysteme – aus Verben abgeleitete Zählweisen (s. p e š „erweitern“ > „3“, t a b „verdoppeln“ >„zwei(fach)“) sind keine Archaismen im engeren Sinne, sondern diachron entstandene Maßzahlen bzw. Numeraliasysteme, die nur in bestimmten Bereichen des all-täglichen Lebens, etwa der Landwirtschaft oder im Kult(?), zur Anwendung gelangten. Schon eher von einem Archaismus könnte man bei dem Namen Hôpital des Quinze-Vingts „Hospital der fünfzehn Zwanziger“, eines im 13 Jh. unter Ludwig IX. errichteten Pariser Hospitals, sprechen.

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Ich hoffe, mit den hier ausgeführten sprachtypologischen Überlegungen und Einzelbemerkungen die wichtige Funktion der Numeralia bzw. numeraler Systeme, bei denen es sich nicht nur um konventionelle Teile des Sprachsystems, sondern auch um kulturelle Phänomene handelt, deutlich gemacht und vielleicht einen Anreiz für weiterführende Studien gegeben zu haben.

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