Post on 23-Jan-2023
Wissenschaftliche Arbeit zur Erlangung des Bachelor of Arts (B.A.)
Humboldt-Universität zu Berlin
Philosophische Fakultät I
Institut für Europäische Ethnologie
10.07.2013
Angola als Migrationszielin der portugiesischen Imagination
Angola as destination of migration in the Portuguese imagination
Erstprüferin: Prof. Dr. Regina Römhild
Autor: Jonas A. Müller
Matrikelnummer: 537995
muelerjo@student.hu-berlin.de
Graefestraße 47, 10967 Berlin
6. Fachsemester Europäische Ethnologie und Philosophie
Inhaltsverzeichnis
Einleitung …........................................................................................... S. 2
1. Warum eigentlich Angola? Der Ausgangspunkt .................... S. 3
2. Portugal und Angola …..................................................................... S. 5
1. Eine gemeinsame Geschichte .................................................. S. 5
2. Auswandern als anerkannte Praxis ….....................................S. 7
3. Eckdaten der Migration nach Angola …............................... S. 8
3. Zugänge zum Feld ….......................................................................... S. 10
1. Empirische Methoden und Forschungsphasen …............. S. 10
2. Diskursanalyse …............................................................................ S. 12
3. Die theoretische Besonderheit ….............................................S. 13
4. Vorstellung der Interviewpartner*innen ….................................S. 16
5. Mythen über Angola …...................................................................... S. 18
1. Eldorado ist anderswo …............................................................. S. 19
2. Alle Leute lebten gut: Eine historische Abgrenzung ...... S. 22
3. Eine komplizierte Beziehung ….................................................S. 26
4. Das andere Leben …..................................................................... S. 28
5. Das sinnliche Angola …................................................................S. 29
Fazit und Ausblick …........................................................................... S. 31
Literatur- und Quellenverzeichnis …............................................ S. 33
1
Einleitung
Portugal wandert aus. Vor dem Hintergrund der gravierenden Auswirkungen der Finanzkrise
und der schlechten Perspektiven wird Auswanderung insbesondere von jungen, gut
ausgebildeten Portugies*innen1 kollektiv als Chance wiederentdeckt. Das vielleicht
interessanteste Ziel ist ein für Portugal altbekanntes: Angola, ein Land im Südwesten Afrikas
mit großen Erdölvorkommen und einem erst seit wenigen Jahren beendeten Bürgerkrieg.
Keine 40 Jahre nach dem Ende als Kolonie Portugals ist Angola das Ziel einer der rasantesten
gegenwärtigen Migrationsbewegungen Europas. Das portugiesischsprachige Land besitzt
neben hohen Löhnen auch hohe Anziehungskraft auf Migrant*innen, die auf Arbeit in der
boomenden, mit Erdöl geschmierten angolanischen Wirtschaft hoffen: Schätzungen zufolge
befinden sich zur Zeit mindestens 120.000 Portugies*innen in Angola.
In meiner Arbeit möchte ich vor dem Hintergrund der geschichtlichen und wirtschaftlichen
Verflechtungen analysieren, welche anderen, „weichen“ Faktoren neben den primär
ökonomischen in die Entscheidung für Angola hineinspielen. Meine Ausgangsthese ist dabei,
dass über die Verbindungen zwischen beiden Ländern diskursiv generierte Bilder Einfluss auf
die gesellschaftliche Imagination von Angola haben und damit auch auf die Vorstellungen der
Migrant*innen. Über diese Frage bin ich auf eine Vielzahl an konkurrierenden,
harmonierenden und verwobenen Bildern gestoßen, die ich als zentrale „Mythen“ über
Angola herausarbeite und für grundlegende Elemente der Imagination Angolas im
portugiesischen Diskurs halte. Diese Imagination wiederum verstehe ich mit Arjun Appadurai
als potentiellen Antrieb von Handlungen, in diesem Fall der Migration nach Angola.
Die Arbeit besteht aus drei großen Teilen. Im Folgenden werde ich zunächst den Rahmen des
Feldes abstecken und meine Ausgangsposition erläutern. Nach grundlegenden Erläuterungen
zur Geschichte beider Länder und der Geschichte der Migration folgt eine Bestandsaufnahme
der gegenwärtigen Situation auch in ökonomischer Hinsicht. Dabei betrachte ich die
Auswanderung aus Portugal als anerkannte Praxis vor dem geschichtlichen, teilweise
kolonialen Hintergrund.
In Kapitel 3 diskutiere ich meinen empirisch-methodologischen Zugang und grundlegende
theoretische Debatten, bevor der Hauptteil mit der eigentlichen Analyse folgt. Diese beruht
auf einer Diskursanalyse der medialen Präsentation Angolas in Portugal sowie auf vier
1 Zur Betonung einer gendersensiblen Sprache verwende ich in dieser Arbeit den Gender-Stern, der als Symbol für beliebig Vieles alle Positionierungen von Menschen sprachlich erfassen soll. Auch wenn „Gender“ nicht das eigentliche Feld dieser Arbeit ist, spielt dies immer eine Rolle – gerade wenn wie in dieser Arbeit (vgl. Kapitel 3.2) Sprache als ein die Realität beeinflussendes Element verstanden wird.
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leitfragenorientierten qualitativen Interviews, die ich mit in naher Zukunft migrierenden
Portugies*innen geführt habe. Ganz im Sinne einer Verflechtung von Empirie und Theorie
nutze ich nicht nur diese beiden Zugänge zum Feld als zusammenhängende Bereiche, sondern
bette relevante theoretischen Perspektiven direkt dort in den Text, wo ihre Besprechung neue
Perspektiven auf das Material ermöglicht.
1. Warum eigentlich Angola? Der Ausgangspunkt
Es gäbe derzeit nicht über 120.000 Portugies*innen in Angola2, wenn es dort kein Geld zu
verdienen gäbe. Wahrscheinlich gäbe es ohne die ökonomische Krise in Portugal ebenfalls
keinen derartig offensichtlichen Trend. Gerade diese Situation der Dualität vom Lockruf des
Geldes bei gleichzeitigen Existenzängsten in der Heimat würde sich eigentlich für eine
Diskussion entlang von Push-Pull-Theorien anbieten. Darunter verstehe ich hier Ansätze nach
Everett Lee, die Migrationsentscheidungen essentiell anhand des Dualismus von abstoßenden
und anziehenden Faktoren erklären wollen (Lee 2010). Auch wenn in den Theorien durchaus
Platz ist für "persönliche" Faktoren, reicht das Modell nicht aus, um komplexe Strukturen,
Netzwerke oder gesellschaftliche Imaginationen angemessen zu integrieren.
Deshalb möchte in dieser Arbeit jene Bereiche fokussieren, die mit dieser theoretischen
„Brille“ zwangsläufig im Schatten bleiben müssten. Selbstverständlich ist die Bedeutung der
erwähnten Gründe offensichtlich, selbstverständlich haben ökonomische Überlegungen einen
gewichtigen Anteil bei der Entscheidung zur Emigration, wie mir auch meine
Interviewpartner*innen bestätigen konnten. Gleichzeitig jedoch gehört mehr zu einer
individuellen Entscheidung eines Menschen als die Kosten-Nutzen-Rechnung eines homo
oekonomicus. Menschen haben Träume, Zweifel und über Freunde von Freunden vielleicht
Netzwerke und Zugänge, sie lesen die Zeitung und verfolgen Berichte im Bekanntenkreis.
Diese Vernetzungen binden die Individuen in größere Zusammenhänge ein, die mit Kosten-
Nutzen-Rechnungen nicht greifbar sind. Sie haben eine Familiengeschichte und überlieferte
Erinnerungen, sie teilen einen gemeinsamen nationalen Bezugsrahmen mit all seinen
spezifischen Geschichten und Bildern. All dies beeinflusst ihre Entscheidung, und all dies ist
nicht in ökonomischen Matrizen erfassbar.
2 Exakte Volkszählungen gibt es ebenso wenig wie genaue Daten in Bezug auf die Visa-Vergabe. Prof. Franz Heimer, der seit den 60er Jahren intensiv zu Angola und dem Verhältnis Portugals zu Afrika forscht, schätzt die Zahl der in Angola lebenden Portugies*innen auf etwa 120.000 bis 130.000. In Verbindung mit den groben Zahlen der Visa-Anfragen (vgl. Kapitel 4) ließe sich diese Zahl vielleicht noch weiter nach oben korrigieren. Andere, quellenlose Schätzungen etwa im Tagesanzeiger (Dieterich 2012) oder auf wikipedia (Demografia de Angola 2013) sprechen von 200.000 oder mehr Portugies*innen.
3
Meine grundlegende Frage ist daher zunächst eine klassische: Was bewegt Menschen zur
Migration3? Allerdings möchte ich nicht zwei, drei messbaren Faktoren herausfinden, sondern
anstelle dessen, wie all jene individuellen Elemente im Detail aussehen, die zu einer
gesellschaftlichen Imagination Angolas als Migrationsziel beitragen. Für diese Art von
Untersuchung ist eine andere Herangehensweise notwendig als ein starres Raster an Push-
und Pull-Faktoren. Hier liefert die Europäische Ethnologie ausgesprochen gute
Anhaltspunkte. Dazu zähle ich einerseits die Europäisch-Ethnologischen/
(Kultur-)Anthropologischen Theorien, die ich in dieser Arbeit im Sinne von „Brillen“ nutzen
möchte, die mir neue Sichtweisen auf das Feld ermöglichen. Außerdem bietet die Europäische
Ethnologie ein Methodenspektrum, welches von qualitativen Interviews über die im weiteren
vorgestellten Perspektiven auf/der Migration bis hin zu einer kritischen Diskursanalyse reicht.
Das Thema wurde bislang nicht wissenschaftlich aufgearbeitet – die Fachwelt scheint dem
medialen Diskurs ein wenig hinterher zu hängen. Vollkommen neu ist es jedoch im deutschen
Raum nicht: Bereits vor über einem Jahr, im Mai 2012, erschien im Spiegel ein längerer
Artikel mit dem pointierten Titel „Ab in die Kolonie“ (Zuber 2012). Auch im schweizerischen
Tagesanzeiger erschien letztes Jahr ein Bericht (Dieterich 2012).
An dieser Stelle möchte ich den Begriff der Imagination nach Arjun Appadurai (1996)
einführen. In seiner Studie „Modernity at large“ entwarf der in Mumbai geborene und in den
USA lehrende Anthropologe ein Konzept verschiedener „scapes“ oder Landschaften, die als
miteinander verbundene machtvolle Strukturen unsere „social imaginaries“ und damit unsere
Entscheidungen nachhaltig beeinflussen "[Scripts of imagined lives] help to constitute
narratives of the Other and protonarratives of possible lives, fantasies that could become
prolegomena to the desire for acquisition and movement" (Appadurai 1996, S. 36).
Übertragen verstehe ich dieses Konzept als einen weiteren Blickwinkel, der die
Zusammenhänge zwischen den medial, familiär oder politisch verbreiteten Narrativen auf der
einen Seite und den Auswanderungsentscheidungen auf der anderen Seite herstellen kann.
Eine bestimmte Version von Geschichte, eine bestimmte Einstellung gegenüber Angola greift
auf mindestens zwei „scapes“ medialer und politischer Einflussnahme zurück, auf ideo- und
mediascapes. Letztere „provide [...] large and complex repertoires of images, narratives, and
ethnoscapes to viewers throughout the world, in which the world of commodities and the
world of news and politics are profoundly mixed. [...] The lines between the realistic and the
3 Mir ist bewusst, dass bereits die Definition dessen, was ich hier als „Migration“ fasse, höchst komplex ist. Auch in den Interviews kam häufig stattdessen die Kategorie des „Expatriado“ als Gegenkategorie. Ich verwende Migration dennoch als Kategorie im Sinne eines über Urlaub hinausgehenden Umzugs in ein anderes Land, um einen einheitlichen und verständlichen begrifflichen Rahmen zu schaffen.
4
fictional landscapes they see are blurred, so that the farther away these audiences are from the
direct experiences of metropolitan life, the more likely they are to construct imagined worlds
that are chimerical, aesthetic, even fantastic objects" (Appadurai 1996, S. 35).
Auf diese fantastischen und doch eng mit den ökonomischen, politischen und sonstigen
Rahmenbedingungen werde ich noch in der Diskussion des „Mythos“-Begriffs zurückkehren.
Im Allgemeinen gibt mir die Idee Appadurais die Möglichkeit, mich in dieser Arbeit mit der
Imagination Angolas im Diskurs auseinanderzusetzen und zugleich Aussagen über die
Migration zu treffen, weshalb ich „Imagination“ in diesem Sinne benutze.
2. Portugal und Angola
In diesem Kapitel möchte ich einen Exkurs zu einigen Rahmenbedingungen der weiteren
Arbeit voranstellen. Dies erachte ich als Einstieg für notwendig, um die darauffolgende
Analyse in einen größeren Kontext einordnen zu können.
2.1 Eine gemeinsame Geschichte
Historisch betrachtet war Portugal lange Zeit eine der führenden Kolonialmächte der Welt und
das erste europäische Land überhaupt, das Stützpunkte jenseits Europas gründete. In Folge
der Seefahrten im 15. und 16. Jahrhundert erreichten portugiesische Expeditionen nach und
nach weite Teile Afrikas, Südasiens sowie Brasiliens. Die dort entstehenden Handelsposten
wurden nach und nach in Kolonien umgewandelt und verschafften Portugal große Gewinne
durch Gewürz- und Sklavenhandel, was auch für die 1482 von Diogo Cão erreichte Küste des
späteren Angola galt4. Im Laufe der Kolonialherrschaft kam es immer wieder zu einzelnen
Unabhängigkeitsbewegungen, bis schließlich in den 1960er Jahren ständige Konflikte
ausbrachen, die letztlich in fast allen portugiesischen „Überseeprovinzen“ in Afrika in
Kriegen mündeten. Auf ihrem Höhepunkt befanden sich alleine in Angola 70.000
portugiesische Soldaten (Loth 1982, S. 195). Zu diesem Zeitpunkt war Portugal das letzte
europäische Land mit ausgeprägtem Kolonialbesitz, was durch die imperialistische Doktrin
des klerikal-faschistischen Regimes von Oliveira Salazar begründet war. Seit 1932 an der
Macht, errichtete er den „Neuen Staat“ und führte Portugal persönlich bis 1968. In Folge der
so genannten Nelkenrevolution am 25. April 1974, die die Diktatur des Salazar-Nachfolgers
Caetano und damit auch das imperialistische Regime beendete, erklärten sich die meisten
4 Einen guten historischen Überblick bei gleichzeitiger ausgeprägter politischer Wertung bietet Heinrich Loth in seinem 1982 in (Ost-)Berlin erschienenen Werk (Loth 1982, S. 234ff.)
5
Kolonien für unabhängig. Angola erhielt am 11.11.1975 die volle Unabhängigkeit.
Es folgten für Angola Jahre des Bürgerkrieges zwischen rivalisierenden Parteien, die aus den
anti-kolonialen Kämpfen entstanden waren5. Finanziert wurden sie neben Unterstützungen
durch die Sowjetunion auf der einen Seite oder den Westen bzw. China auf der anderen vor
allem durch den Verkauf von Öl und Diamanten6. Erst seit 2002 gibt es ein stabiles
Friedensabkommen, das zunächst die Herrschaft der MPLA (Volksbewegung für die
Befreiung Angolas) auf das ganze Land ausdehnte. 2008 wurde schließlich eine Wahl
durchgeführt, bei der sie mit über 80% der Stimmen im Amt bestätigt wurde. Exekutive und
Legislative unterstehen dem seit Jahrzehnten regierenden Präsidenten Eduardo dos Santos
(Heimer et al. 2012, S. 3). Neben den fortschreitend steigenden Öleinnahmen über die
staatliche Firma Sonangol wurden auch einige neue, soziale Politiken ausgerufen, die jedoch
Beobachter*innen zufolge wenig Einfluss auf die grundlegende politische Situation in Angola
zu haben scheinen7: „However, these measures did not change the basic features of the
regime, which continues to be authoritarian and corrupt, and whose practice continues to
favor marked social inequalities“ (Heimer et al. 2012, S. 8). Anders ausgedrückt: "[Angola]
gewann eine politische Stabilität, die viele afrikanische Länder neidisch macht"8 (Santos
2011, S. 14). Angola liegt beim Korruptionsindex von Transparency International auf Platz
157 von 176 (Chène 2010). Heute leben 70% der ca. 20 Millionen Einwohner*innen von
weniger als 2 Dollar am Tag, während die Hauptstadt Luanda zeitgleich zu den teuersten
Städten der Welt9 gehört – auch wegen der ausländischen Einwanderer*innen. Das Geld
hierfür wird mit Öl eingenommen, wobei der Hauptabnehmer und die mit großem Abstand
wichtigste Geldquelle des Landes China ist, das auch viele10 Arbeiter*innen in Angola stellt.
5 Eine detailliertere Besprechung der neueren Geschichte Angolas findet man im BTI-Report zu Angola (Heimer et al. 2012).
6 Inwiefern hier Fortführungen des Kolonialismus bestanden, wäre Gegenstand einer anderen Untersuchung – insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich Angola durch den Ölverkauf an quasi alle damals involvierten Mächte, von China bis zu den USA, finanziert. Siehe hierzu auch „Kolonialität“ in Kapitel 3.3.
7 Selbstverständlich prägen auch derartige wissenschaftliche Berichte den Diskurs über Angola. Aus Gründen der Überschaubarkeit habe ich mich in dieser Arbeit aber auf den medialen Teil des Diskurses beschränkt.
8 Ebenso wie bei den meisten der folgenden Zitate portugiesischer Autor*innen oder Interviewpartner*innen in diesem Text handelt es sich hier um eine eigene Übersetzung aus dem Portugiesischen, die keine Ansprüche auf komplette Korrektheit erhebt.
9 2008 wurde Angola zur teuersten Stadt der Welt gekürt, 2012 erreichte sie noch den zweiten Platz (http://expresso.sapo.pt/luanda-e-a-segunda-cidade-mais-cara-do-mundo=f812708). Grundlage war eine Studie, die die Lebensunterhaltskosten von „Expats“ – und damit einen gehobenen „westlichen“ Standard – untersuchte. Anders gesagt: Teuer ist Luanda insbesondere dann, wenn man Geld hat und Komfort will.
10 Die Schätzungen hierzu sind mindestens so vage wie die über Portugies*innen und erreichen ähnliche Größenordnungen jenseits von 100.000. Einer Umfrage zufolge (http://portugueseindependentnews.com/ angola-mais-de-metade-dos-trabalhadores-estrangeiros-sao-portugueses/?fb_source=pubv1) sind jedoch zumindest über die Hälfte aller ausländischen Arbeitnehmer*innen in Angola aus Portugal.
6
2.2 Auswandern als anerkannte Praxis
Man kann keine Geschichte Portugals ohne dessen Emigrant*innen schreiben. Auswanderung
ist in Portugal präsent, sie zieht sich durch populäre Medien ebenso wie durch Fachliteratur.
Oft verknüpft mit der Vergangenheit des portugiesischen Imperialismus wird eine Geschichte
erzählt11, deren Handlungsbogen Jahrhunderte voller Emigration umspannt und schließlich im
Jetzt ankommt. "Die portugiesische Diaspora tritt nicht zum ersten Mal in der Geschichte auf.
Portugal, ein kleines Land, Ex-Kolonialimperium mit einer für ihre Fähigkeit zur kulturellen
Anpassung bekannten Bevölkerung12, ist seit vielen Jahren ein Land von Auswanderern
gewesen" (Costa 2013), meint ein Zeitungsartikel zum Thema. Eine in vielerlei Hinsicht
typische Zusammenfassung, in der beinahe alle im Diskurs vorhandenen Elemente aufgezählt
werden, liefert auch ein wissenschaftliches Pendant: „Seit Beginn der Expansion nach
Übersee im 15. Jahrhundert ist die Emigration eine feste Konstante im wirtschaftlichen und
sozialen Leben Portugals. Über die Jahrhunderte hinweg entwickelte das portugiesische Volk
die Strategie, die Lösung für seine unzureichenden Lebensbedingungen 'in der Ferne' zu
suchen. In seiner Vorstellungswelt wurde diese Strategie Normalität, ein 'portugiesisches
Schicksal' [...]. Hierin finden sich die historischen Wurzeln eines Wunschbildes, das die
existentiellen Entbehrungen kompensiert: Fern vom Vaterland ist es leichter und
erfolgversprechender um den wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg zu kämpfen“ (Silva-
Brummel 2010, S. 215).
An dieser Stelle bietet sich schon der erste Exkurs zur Theorie an, die ich direkt auf ihre
Anwendung in diesem Feld diskutieren werde: Die „Perspektive der Migration“ als eine
europäisch-ethnologische Herangehensweise an Migration. Auch wenn sie sicherlich
verschiedene Möglichkeiten der Anwendung auf diese Migration bietet, sollte hierfür eine
ihrer Grundannahmen für dieses Feld nachjustiert werden. Unter der Perspektive der
Migration verstehe ich im weitesten Sinne eine subversive Betrachtungsweise nicht-
konsensueller Vorgänge. Wenn als Ausgangssituation der Alltagskosmopolitismus von
Migration so konzipiert wird, dass er "im herrschenden Blick […] weitgehend unsichtbar“
(Römhild 2010, S. 50) bleibt, dann passt dies nicht ganz auf Portugal, dann muss die Frage
des nicht-konsensuellen für Portugal hinterfragt werden. In diesem speziellen Fall gilt
Migration nicht primär „als eine Erscheinung an den Rändern der Gesellschaft, die es mit den
11 Claudia Castelo greift diese populäre Verknüpfung auf und argumentiert für eine Trennung der Diskurse von Kolonialismus und Migration – die Beweggründe, die Menge an Migrant*innen und anderes seien zu unterschiedlich, um gemeinsam behandelt zu werden (Castelo 2007, S. 170).
12 Diese Bemerkung steht in überdeutlicher Verbindung zum Lusotropikalismus (vgl. Kapitel 3.3).
7
Mitteln nationalstaatlicher und jetzt auch EU-Macht zu kontrollieren, zu regulieren,
abzuwehren oder aber auch selektiv zu fördern, kulturell einzupassen und in den
gesellschaftlichen Status Quo zu integrieren gilt“ (Römhild 2010, S. 50). Der Blickwinkel ist
bereits verändert, der Stellenwert von Migration ein für die Mitte der Gesellschaft essentieller.
Sicherlich gibt es Versuche, diese Migration zu regulieren, bestimmte Dinge abzuwehren oder
zu fördern: Aber in letzter Konsequenz erscheinen diese Versuche weniger bestimmend als die
kollektive Verlockung funkelnder Ziele. Vor dem Hintergrund der Normalität von Migration
in den Diskursen der portugiesischen Gesellschaft fallen entsprechende Angebote auf
fruchtbaren Boden. Wenn der angolanische Präsident im ersten Fernsehinterview überhaupt
seit mehr als 20 Jahren vom portugiesischen Journalisten ganz zentral zur Migration befragt
wird, dann erreicht seine Aussage keine Randgruppen, sondern eine breite Masse an zur
Auswanderung bereiten Menschen, die in Angola alle „sehr willkommen sind. Wie Sie
wissen, gibt es hier einen großen Mangel an qualifiziertem Personal" (Cymerman 2013).
2.3 Eckdaten der Migration nach Angola
Diese Arbeit über Portugies*innen in Angola greift keine im luftleeren Raum schwebende
Migrationsbewegung heraus, sondern eine präsente, bedeutende und historisch eingebettete.
Während noch vor einigen Jahren das Ende der portugiesischen Auswanderung und der
Wandel zum Einwanderungsland ausgerufen wurde, kann heute keine Rede mehr davon sein –
auch wenn sich die Ziele verschoben haben mögen (Marques 2009): Die gegenwärtigen
Migrationsströme belegen, dass Portugal noch immer ein Auswanderungsland ist. Es gibt
circa 5 Millionen Portugies*innen, die außerhalb des Landes leben, davon 2,3 Millionen in
Portugal geborene (Costa 2013). In der Geschichte war lange Zeit Brasilien das bevorzugte
Ziel der Emigration, bevor die Orientierung in Richtung Frankreich und allgemein
Mitteleuropa nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzte (Castelo 2007, S. 170–171). Nebenher
gab es auch immer schon Bewegungen13 in Richtung Afrika, was unter anderem durch die
wirtschaftliche Attraktivität nach dem zweiten Weltkrieg begründet wird: Ohne direkte
Einwirkungen des Weltkrieges auf die Situation vor Ort florierten die dortigen Wirtschaften –
so wie sie heute scheinbar abseits der Auswirkungen der Finanzkrise wieder florieren. Bei der
schmalen Datenlage ist eine halbwegs belastbare Variante, die Anzahl der Portugies*innen in
13 Bewegungen, nicht Migrationen – zumindest in Bezug auf das „portugiesische“ Afrika: Während der Kolonialzeit war nämlich ein Umzug nach Afrika offiziell genau dies: Ein Umzug, innerhalb ein und des selben Landes, von einer Region in eine andere. Deshalb gab es auch keine Zählungen der „Portugies*innen in Angola“. Zudem zählen in diesen Datensätze Soldaten nicht mit.
8
Angola zu bestimmen, ein Rückgriff auf die Kategorie der Hautfarbe: „Ende 1973 betrug die
weiße Population, die ständig in Angola und Mosambik lebte, etwa 500.000 Personen, von
denen nur 35% an jenen Orten geboren wurden. […] 1974 lebten circa 330.000 Weiße in
Angola, was die zweitgrößte weiße Population des afrikanischen Kontinents bildete, die
lediglich von Südafrika übertroffen wurde“ (Peixoto 2011, S. 10–12).
Nach dem Ende der Kolonialzeit gab es zunächst eine große Rückkehr zur portugiesischen
Metropole, die vor allem – aber nicht ausschließlich – aus weißen Portugies*innen bestand,
die Gewalt und Rache der nun nicht länger abhängigen angolanischen Bevölkerung
fürchteten14. In den Folgejahren konsolidierten sich jedoch die Bewegungen insbesondere
zwischen Portugal, den afrikanischen Ex-Kolonien und Brasilien. Góis und Marques verorten
Portugal deshalb innerhalb eines eigenen 'lusofonen', also portugiesischsprachigen
Migrationssystems, welches von untereinander vernetzten Wanderungsbewegungen geprägt
ist (Góis und Marques 2010, S. 44) – als praktisches Beispiel kann man anführen, dass auch
viele Brasilianer*innen und brasilianische Firmen in Angola sind.
Seit dem Ende der bewaffneten Auseinandersetzungen in Angola 2002 steigt auch die
Auswanderung in diese Richtung geradezu exponentiell an, insbesondere seit 2008 – dem
Beginn dessen, was in Portugal nur noch „a crise“, also 'die Krise' heißt. Alleine im Jahr 2009
wurden 23.787 angolanische Arbeitsvisa an Portugies*innen vergeben. Berücksichtigt wurden
dabei keine Kurzzeit- und Touristenvisa, jedoch die verschiedenen Formen etwa des normalen
Arbeitsvisums (12.114), des „Arbeitsvisums für den nationalen Wiederaufbau“ (8843) oder
verschiedene Aufenthaltserlaubnisse (Observatório da Emigração 2012b). 2011 wurden
insgesamt 100.000 Visa-Anfragen an das Konsulat gezählt, was trotz der fehlenden direkten
Vergleichbarkeit15 auf einen Anstieg schließen lässt. Hierbei muss besonders die Bedeutung
der Touristenvisa betrachtet werden, da diese verschiedenen Meinungen und Berichten
zufolge16 weniger für genuin touristische Zwecke als für erste Kontaktaufnahmen mit
Arbeitshintergrund genutzt würden.
14 Heimer schätzt, dass nur etwa 10.000 bis 20.000 Portugies*innen in Angola blieben und auch die angolanische Staatsbürgerschaft erhielten. Wie auch immer, die Rückkehrenden waren in Portugal präsent, wie auch ein Blick auf die Belletristik zeigt: „Portugals strahlende Größe“ von Antonio Lobo Antunes aus dem Jahr 1997 ist etwa ein Roman, der sich um die Familiensituation von aus Angola zurückgekehrten dreht.
15 Da 2009 keine Touristen-, Transit- oder andere Kurzzeitvisa gezählt wurden, sind die Daten nur bedingt mit jenen folgender Jahre vergleichbar, die zudem interessanterweise im gleichen Dokument nicht auffindbar sind und ansonsten sehr vage, da gerundet, präsentiert werden.
16 Der Aussage von Luísa Coelho zufolge gäbe es, u.a. aufgrund mangelnder Infrastruktur und absurden Preisen, eh quasi keinen Tourismus in Angola – eventuell vergebene Touristenvisa seien ebenfalls verkappte Arbeitsvisa. Eine Sichtweise, die bereits 2011 durch einen Bericht über „illegale Einwanderung“ nach Angola gestärkt wird: Ein Mann wurde mit 32 Pässen "von Freunden" erwischt, die er in Lissabon über die 90 Tage Aufenthaltserlaubnis hinaus verlängern wollte (Portugueses ilegais em Angola 2011). Auch drei meiner Interviewpartner*innen gaben an, auf diese Weise das erste Mal eingereist zu sein oder einreisen zu wollen.
9
Die Bedeutung der in Angola arbeitenden Portugies*innen lässt sich am Sichersten an den
Rücküberweisungen nach Portugal ablesen17. Angola ist das einzige portugiesischsprachige
Land, aus dem mehr Geld nach Portugal überwiesen wird als andersherum (Pires 2010, S. 98).
Die Rücküberweisungen aus Angola sind zwischen 2009 und 2012 von 103,475 Millionen
Euro auf 270,687 Millionen angewachsen, während die gesamtem Überweisungen um
weniger als 8% angestiegen sind. Die angolanischen „Remessas“ stellen beinahe den
gesamten Anteil, der aus den ehemaligen Kolonien in Afrika nach Portugal fließt und ein
Zehntel der Gesamtsumme aller Rücküberweisungen, lediglich Frankreich und die Schweiz
sind noch größere Nettozahler - bei deutlich mehr portugiesischen Migrant*innen im Land
(Banco de Portugal 2013).
3. Zugänge zum Feld
3.1 Empirische Methoden und Forschungsphasen
In diesem Kapitel möchte ich zunächst meinen Forschungsverlauf und die von mir benutzten
empirischen Zugänge zum Feld vorstellen, diskutieren und kritisch reflektieren.
Meine Arbeit bestand aus zwei Forschungsphasen: Die Annäherung an das Thema, das
Sammeln von Material, die ersten Hintergrundgespräche, Feldzugänge und Auswertungen
meiner Mediendokumente fanden zwischen Januar und April statt. Diese Phase endete mit
dem Nebenprodukt einer Hausarbeit zum Thema sowie einer großen Menge an
Medienberichten, theoretischen Ansätzen und der Hoffnung auf mehr Empirie. Diese sollte
dann in der zweiten Phase erhoben werden, während eines fünftägigen Aufenthalts in
Lissabon Anfang Juni. Nach verschiedenen Aufrufen über Freunde, Bekannte und
insbesondere thematische Gruppen à la „Arbeitsangebote in Angola“ oder „Portugal und
Angola – für eine gemeinsame Zukunft“ im sozialen Netzwerk Facebook kamen letztendlich
vier Interviews heraus sowie weitere Hintergrundgespräche18. Die Interviews möchte im
17 Im Zuge der Nachkriegszeit wurden die Rücküberweisungen immer bedeutsamer für die portugiesische Wirtschaft, was Castelo zu der Schlussfolgerung bringt: "Portugal wurde unabhängig von den Kolonien, aber abhängig von der Emigration" (Castelo 2007, S. 173). Hinzu kommt, dass es eine Höchstgrenze für legal aus Angola auszuführende Beträge gibt, die nach Angaben von Heimer jedoch gerne umgangen wird – und die entsprechenden Beträge somit noch zur Statistik hinzugezählt werden müssten.
18 Insgesamt habe ich drei Hintergrundgespräche mit Personen durchgeführt, die mit der Thematik vertraut sind, ohne sie direkt als Interviews aufzunehmen oder zu behandeln. Aus diesem Grund zitiere ich sie im Text nicht wörtlich und versuche teilweise lediglich, deren Einschätzungen gekennzeichnet in den Text einfließen zu lassen. Als Grundlage dienen mir dabei meine Feldnotizen nach den Gesprächen, insbesondere bei Franz-Wilhelm Heimer, emeritierter Sozialwissenschaftler mit Schwerpunkt Angola und Mitgründer sowie langjähriger Vorsitzender des größten portugiesischen Zentrums für Afrikastudien. Weitere Gespräche führte ich mit Luísa Coelho, die als Portugiesischdozentin angolanischer Herkunft und Lehraufträgen in Angola die vergleichsweise persönlichere Sichtweise einbringen konnte, und dem über das Thema der Auswanderung
10
Folgenden stärker thematisieren, da sie neben Erkenntnisgewinnen auch viel für die kritische
Selbsteinschätzung des Forschungsprozesses gebracht haben.
Auf meine Anfragen haben sich ausschließlich Menschen gemeldet, die schon einmal in
Angola waren. Diese Rückmeldung könnte auch etwas über meine Feldkonstruktion generell
aussagen: Dass unter Rückgriff sowohl auf die Idee der „Normalität“ der Beziehungen zu
Angola (siehe nächstes Kapitel) wie auch auf die Boomjahre insbesondere seit 2010 bereits
viele potentielle Migrant*innen Angola besser kennengelernt haben, als ich es erwartet hätte.
Auch die sehr ähnliche Alters- und Ausbildungsstruktur der Interviewpartner*innen (zwischen
32 und 38 Jahre alt, abgeschlossenes Hochschulstudium) scheint mir interessant und zu dem
oft genannten Trend der Migration von jungen und gut ausgebildeten Fachkräften zu passen,
auch wenn mir die statistische Irrelevanz von vier Interviews bewusst ist.
Die Interviews selbst habe ich qualitativ und leitfragenorientiert konzipiert, wie sie etwa bei
Schmidt-Lauber (2007) oder Kaschuba (2003: 209) erläutert werden. Zu den Grundideen
qualitativer Interviews in Abgrenzung zur Abfrage starrer Kategorien habe ich mir als
Leitfragen insbesondere verschiedene abzufragende Themenkomplexe notiert.
Verbesserungswürdig wären hier im kritischen Rückblick etwa suggestive/geschlossene
Fragen („Denkst du daran, nach deiner Zeit in Angola nach Portugal zurückzukehren?“) oder
zu viele affirmativ-wertende Einwürfe („Stimmt, hier gibt es nun mal keine Jobs“). Eine
weitere Frage stellt hier die Sprachbarriere dar: Von der Interviewführung auf Portugiesisch
habe ich mir im Sinne des Erkenntnisinteresses erhofft, dass meine Gesprächspartner*innen
offener erzählen, leichter längere Passagen berichten können, ohne nach Worten oder
Übersetzungen suchen zu müssen und sich allgemein wohler fühlen in der Redesituation,
gerade da die Gespräche tendenziell an öffentlichen Orten stattfanden. Rückblickend auf die
Interviews ist dies tatsächlich eingetreten, die Leute haben recht frei erzählt und Themen aus
eigenem Antrieb aneinandergereiht. Gleichzeitig gab es eine dreifache
Verständigungsproblematik. Einmal, weil meine Fragen in „deutschem“ Portugiesisch mit
entsprechender Grammatik und Aussprache teilweise leicht missverstanden wurden, wodurch
die Antwort an der Frage vorbei lief. Die Frage nach der erwarteten Situation in Angola neben
der beruflichen Situation bei Ana hatte die Erläuterung der beruflichen Situation als Antwort.
Zweitens, weil ich während des Gespräches einige Aspekte doch nicht mitbekommen habe;
dazu zählt etwa der große Grundbesitz von Anas Familie in Angola. Dies ist mir während der
Transkription aufgefallen, welche dadurch noch einmal an Relevanz gewonnen hat. Drittens,
weil selbst in der Transkription nach vielmaligem Hinhören manche Satzteile oder Worte
aus Portugal verknüpften Vorsitzenden der Friedrich-Ebert-Stiftung in Portugal, Reinhard Naumann.
11
einfach unverständlich blieben. Hier kann ich nur aus dem Kontext der Stellen heraus
erwarten, dass die ungefähre Botschaft durch Kontext und Tonfall ausreichend zu erschließen
ist. Für meine nächsten Interviews nehme ich aus dieser Erfahrung folgendes mit: Die
Leitfragen könnten offener formuliert und flüssiger in bereits bestehende Gesprächsverläufe
eingebunden werden19. Dennoch war der Ansatz der Gespräche in Portugiesisch fruchtbar, die
Interviews produktiv und haben den Fokus meiner Fragestellung noch einmal hilfreich
verschoben.
Die anschließende Codierung der Interviews habe ich unter Rückgriff auf Robert Emersons
zwei Phasen durchgeführt: "Open coding" als erstes Sammeln und Identifizieren von
verlässlichen Kategorien wie „koloniale Bezüge“ oder „erste Eindrücke“, und "focused
coding" als Arbeit hin zu einer "fine-grained, line-by-line analysis on the basis of topics that
have been identified as of particular interest" (Emerson 1995, S. 143). Ähnlich wie etwa
Karen O'Reilly habe ich dabei das Codieren als Beginn der Analyse der vorliegenden Daten
verstanden (O'Reilly 2009, S. 34).
3.2 Diskursanalyse
Doch die so bearbeiteten Interviews sollen nicht isoliert betrachtet werden, sondern im
Kontext eines größeren Diskurses über Angola in Portugal verortet werden – mithilfe der
Methode der Diskursanalyse. Für deren Nutzung in diesem Kontext sind zunächst einige
Vorannahmen notwendig, schließlich ließe sich theoretisch einwenden, dass es sich bei den
Medien, die ich hierfür zu Rate ziehe, „nur um ein paar Texte und Videos“ ohne Einfluss auf
die Realität handle? Um dieser Relativierung entgegenzutreten und für die Bedeutung solcher
Berichte zu argumentieren, bedarf es einer anderen Sichtweise auf Sprache. Sprache – was
Bildsprache mit einschließt – muss als etwas verstanden werden, dass die Welt nicht nur
widerspiegelt, sondern auch konstruiert, und der aus der Menge an Texten bestehende Diskurs
ebenfalls: „Discourse is a means of talking and writing about and acting upon worlds, a means
which both constructs and is constructed by a set of social practices within these worlds, and
in so doing both reproduces and constructs afresh particular social-discoursive practices,
constrained or encouraged by more macro movements in the overarching social formation“
(Candlin (1967): viii; zitiert nach: (Sarangi und Coulthard 2000, S. xv). Methodisch möchte
ich mich auf die Methode der Diskursanalyse stützen, wie sie etwa von Bhatia und Flowerdew
umrissen wurde (Bhatia et al. 2008) – das heißt, dass ich mich tendenziell weniger auf die 19 Zur Sprache: Um wichtige Stellen früher zu erkennen und bei Unklarheiten der Transkription könnte, wenn
ausreichend Zeit vorhanden ist, auf die Hilfe von Muttersprachler*innen zurückgegriffen werden.
12
Foucault'sche Auslegung des Begriffes als auf die aus der Literaturwissenschaft stammende
berufe. Dies hat eher pragmatische als generelle Gründe, da ich letztere gelernt habe. Der
Unterschied bei einer Analyse mit Foucault läge sicherlich im größeren Fokus auf die durch
den Diskurs sichtbaren Machtstrukturen und vielleicht in einer noch stärkeren historischen
Einordnung. Auch wenn Sabine Eggmann sich auf Foucault beruft, sind ihre Überlegungen
zur Implementierung einer Diskursanalyse in die Europäische Ethnologie meiner Lesart
zufolge auch in diesem Fall nutzbar. Sie arbeitet gut heraus, dass Diskurse auch die Pole
aufspannen, in denen sich die einzelnen Texte überhaupt bewegen können; dass sie
gewissermaßen das über bestimmte Felder Sagbare vorwegnehmen und kategorisieren
(Eggmann 2013). Zudem können sie handlungsleitend sein und "als gesellschaftliche
Rahmenvorgaben [...] auch unser individuelles Verhalten" (Kaschuba 2003, S. 236)
begründen.
In dieser Arbeit ist nicht die vermeintliche Realität Angolas von Interesse, sondern der
Diskurs, das Gesagte darüber. In Edward Saids von Foucault inspirierten Worten über
Orientalismus klänge das in etwa so: „Orientalism is (…) a considerable dimension of modern
political-intellectual culture, and as such has less to do with the Orient than it does with „our“
world“ (Said 1995, S. 12). Ganz wie auch Said nicht über eine real existierende geografische
Einheit namens Orient spricht, sondern über das diskursiv konstruierte Bild vom Orient, treffe
ich in dieser Analyse keine Aussagen über die Realität in Angola, sondern über eine
Konstruktion innerhalb des Diskurses – und damit auch über die Konstruierenden.
3.3 Die theoretische Besonderheit
Haben Portugies*innen einen besonderen und privilegierten Zugang zu Angola? Diese Frage
greift vor dem Hintergrund der Ideen und Daten in Kapitel 2 einen Punkt heraus, an den sich
eine große theoretische Diskussion insbesondere portugiesischsprachiger Autor*innen
anschließt. In diesem Kapitel möchte ich darstellen und diskutieren, welche verschiedenen
theoretischen Blickwinkel diese „Besonderheit“ des portugiesischen Weges beim
Kolonialismus zu erfassen versuchen und inwiefern sie in meinem Feld anwendbar sind.
Der portugiesische Soziologe Boaventura de Sousa Santos fasst Portugal mit historischem
Blick als semiperipheres Land vor dem Hintergrund der Weltsystemtheorie auf, welche von
einer Teilung der Welt in Peripherie und Zentrum ausgeht. Portugal ist laut Sousa Santos
jedoch weder ganz erste Welt noch ganz Peripherie, sondern von beiden etwas: eine
Hybridität: Teilweise selbst eine beinahe-Kolonie Englands, während zeitgleich die eigenen
13
Kolonien aufrecht erhalten wurden. Er fasst dies unter dem Begriff des "subaltern
colonialism" (Sousa Santos 2002) zusammen. In seiner Studie arbeitet er heraus, wie
Portugies*innen generell anders betrachtet wurden als andere Europäer*innen; dass sie unter
Verweis auf ihre dunklere Hautfarbe etwa als eigene „ethnische Minorität“ in den USA
betrachtet wurden. Aus dieser subalternen Position heraus konstatiert er für den
portugiesischen Fall: "[N]o other colonies and former colonies were ever so autonomous vis-
a-vis the colonizer and former colonizer"(Sousa Santos 2002, S. 35).
Gleichzeitig positioniert Sousa Santos seine Arbeit innerhalb der postkolonialistischen
Theorie, zu der ich auch diese Arbeit im weitesten Sinne zähle, und die er beschreibt als „set
of [...] practices and discourses that deconstruct the colonial narrative as written by the
colonizer, and try to replace it by narratives written from the point of view of the colonized.
[…] [P]ostcolonialism is part of cultural, linguistic, and literary studies, and privileges textual
exegesis and the performative practices to analyze the systems of representation and the
identity processes. It implies a critique, whether explicit or implicit, of the silences of
postcolonial analyses in the first [descriptive] sense“ (Sousa Santos 2002, S. 13).
Bei all dieser Positionierung greift seine Einschätzung über den portugiesischen Fall ein ganz
zentrales Element der älteren portugiesischsprachigen Kolonialismus-Rezeption erneut auf:
Die Andersartigkeit des portugiesischen im Vergleich zum zentraleuropäischen, englischen
Kolonialismus, wie sie einmal dominant durch den während der Kolonialzeit rechtfertigend
gebrauchten „Lusotropikalismus“ (lusotropicalismo) vertreten wurde. Diese Wortschöpfung
aus „Lusitanien“, einem alten Wort für Portugal, und „Tropisch“ wurde durch den
brasilianischen Soziologen Gilberto Freyre erstmals 1933 umrissen, dann aber später in den
1950ern weiter ausgeführt (Almeida 2000, S. 164). Nun wurde diese Theorie von Salazar
genutzt, um das Fortdauern der Kolonialherrschaft über die unter dem Begriff der
„Überseeprovinzen“ zusammengefassten Teile des Heimatlandes zu begründen (ebd.: 166).
Die ursprünglich auf Brasilien bezogene, durchaus demokratisch und gegen offenen
Rassismus oder die Idee des „kulturlosen Afrikas“ ausgerichtete Theorie breitete sich rasch in
Portugal aus (Alexandre 1995, S. 48–49). Die Expansionen wurden kulturalistisch über die
Mentalitäten der Portugies*innen begründet und ein grundsätzlich gutes Bild von Portugal als
liebenswertem Kolonialherren gezeichnet, der sich deutlich positiv von den anderen
europäischen Kolonialmächten unterschied. Die portugiesische Bevölkerung zeichne sich
neben ihrem Drang zu Entdeckungen durch eine große Anpassungsfähigkeit anderen Kulturen
gegenüber aus, die insbesondere durch seine lange gemeinsame Geschichte mit anderen,
südlicheren Kulturen begründet sei – anders als etwa die Länder Nord- und Mitteleuropas.
14
Es ist ein Bild, das Alexandre mit dem Mythos-Begriff kritisch zu fassen versucht, den ich in
Kapitel 5 erläutere, das aber auch andere theoretische Schnittstellen anbieten kann. Bereits
Sousa Santos verzichtet auf euphorische Rhetoriken der Überlegenheit oder auf
kulturalistische Festschreibungen in bestimmten Völkern, um Portugals Kolonialismus in
seiner postulierten Besonderheit zu erfassen. Die spezielle Position von dort als „Weiße“
gelesenen Portugies*innen in der ehemaligen Kolonie Angola lässt sich jedoch weitergehend
auch mit Konzepten der Kolonialität in einen größeren Zusammenhang stellen, der von
fortdauernden Verflechtungen bestimmt ist: Etwa in den von globalen Konzeptionen von
„Weißheit“, die automatisch Macht und Geld einschließen. Den Begriff der Kolonialität
verwende ich hier in Bezug auf das Konzept, welches verschiedene dekoloniale
Theoretiker*innen weltweit als Hintergrund ihrer Arbeiten verwenden (Maldonado-Torres
2007, S. 247). Es bezeichnet grob gesprochen die gegenwärtigen kolonialen Situationen der
Abhängigkeit, die heute vor allem in den ehemals vom „Westen“ kolonisierten Gebieten der
Welt zu beobachten sind und als konstitutives Element der Moderne betrachtet werden.
„Kolonialität“ grenzt sich damit von dem Begriff des „Kolonialismus“ ab, der nur die Zeit der
konkreten Kolonialadministrationen meint. Aufbauend auf Elementen der Weltsystemtheorie
ist dabei insbesondere der Gegensatz zwischen Zentrum und Peripherie essentiell, der hier
von Sousa Santos' Standpunkt aus jedoch durch Portugals spezielle Position unterlaufen wird.
Auch andere Faktoren machen eine 1:1-Übersetzung dieses Konzepts auf Angola schwierig,
was neben der kontroversen Frage der „Elite“20 des Landes auch Fragen der Rolle Chinas als
nicht-westlicher Einflussfaktor im Land betrifft.
Die kritischen Fragen des dekolonialen Konzepts sollen in dieser Arbeit eine weitere
Dimension der Einordnung meiner Empirie wie auch des von mir konstruierten Feldes
ermöglichen: Neben der Bezugsgröße des Diskurses gibt es noch andere relevante Kategorien,
anhand derer sich die Migration von Portugal nach Angola und die darin verwendeten
Begriffe verorten lassen. Zu dem aktivem Zugriff auf Bilder, auf Imaginationen von Angola,
gehört neben der historischen Dimension von Kolonialadministrationen auch die Gegenwart,
die ich mit meinen geführten Interviews auf persönlicher Ebene behandle. Die in Kapitel 5.3
besprochene Frage nach den Beziehungen zwischen Portugies*innen und Angolaner*innen
gehört zu meinem Thema der Imagination Angolas, weil in ihnen genau diese Vorstellungen
tagtäglich ausgehandelt werden und umgekehrt auf das diskursive Bild von Angola
zurückwirken.
20 Offensichtlich wird die „Elite“ des Landes von meinen Interviewpartner*innen als angolanisch wahrgenommen. Dennoch erscheinen mir 200.000 „Weiße“ mit Monatsgehältern jenseits der 3000 Dollar in einer signifikant anderen Position zu sein als jene 70 Prozent der Bevölkerung mit 60 Dollar im Monat.
15
4. Vorstellung der Interviewpartner*innen
Alle vier von mir befragten Personen waren bereits in Angola, sei es zu Urlaubs- oder
Arbeitszwecken. Sie haben unterschiedliche Bindungen an Angola, unterschiedliche
Konzeptionen des Lebens dort, und doch auch viele Gemeinsamkeiten in ihren Vorstellungen
der größten Probleme, größten Vorteile und praktischen Möglichkeiten Angolas. Bevor ich zu
einer themenzentrierten Auswertung der Interviews komme, möchte ich die vier zunächst
anhand ihrer persönlichen Zugänge zum Thema „Migration nach Angola“ vorstellen, die mit
dem Thema dieser Arbeit im Allgemeinen eng zusammenhängen.
Meine Ausgangshypothese war, dass die Wahl Angolas als Migrationsziel von bestimmten
kollektiven Bildern beeinflusst ist, die auch in die Zeit der Kolonialherrschaft zurückreichen.
Dass die individuelle Aussicht auf Geld, Arbeit und eine gemeinsame Sprache die Grundlage
dieser Entscheidung bilden, habe ich dabei nicht angezweifelt. Zu dominant erschienen mir
diese Antriebe, und einiges an den Interviews deutet auch tatsächlich auf eine derartige
Priorisierung hin – anderes dagegen verdeutlicht, wie viele verschiedene Zugänge zu einer
solchen Entscheidung führen können. Ohne meine wenigen Gesprächspartner*innen
typisieren zu wollen, vertreten sie doch unterschiedliche Zugänge zum Thema der
Auswanderung, die sich an bestimmten Positionen darstellen lassen.
Joana21 zum Beispiel ist die Einzige, die ihre Erzählung direkt mit der Arbeitssituation
beginnt. Im Jahr 2011 wurde die heute 38-jährige Personalmanagerin arbeitslos und begann
eine siebenmonatige Suche nach Arbeit in Portugal und Europa – Angola stand nie als Ziel zur
Frage, dafür hatte sie zu viel Angst vor der Situation dort (Joana, 00:30). Erst die andauernde
Erfolglosigkeit von innereuropäischen Bewerbungen und die Einsicht in die allgemeine
Situation Portugals brachten die Wende für Angola, wo sie dann auch für einige Monate
hinging, bevor sie wegen Problemen mit dem Visum zurückkehren musste. Ohne enge
persönliche oder berufliche Kontakte war für sie die Diskrepanz zwischen Vorstellung und
erlebter Realität am größten, trotz Vorbereitung mit dem Buch „Trabalhar em Angola“ von
Hermínio Santos. Mit dem prägenden Bild Luandas als „teuerster Stadt der Welt“ im
Hinterkopf „ging ich in Luanda spazieren, die ganze Zeit mit offenem Mund, ich schaute
umher und dachte mir, wie ist es möglich, dass diese Stadt die teuerste der Welt ist, während
überall Müll ist, alles sehr dreckig, alles zerstört, der Verkehr war ein Chaos, die Leute in der
Mitte der Straße verkauften Dinge; ich erwartete eine kosmopolitische Stadt, aber nein. Es
21 Joana heißt eigentlich anders: Genau wie die restlichen Interviewpartner*innen wurde sie für diese Arbeit anonymisiert
16
war eine sehr große Enttäuschung für mich“ (Joana, 10:15). Gleichzeitig koppelt sie am
deutlichsten die Auswanderung an die Krisensituation: „Wenn ich in Portugal Arbeit gehabt
hätte, wäre mir das vielleicht niemals in den Kopf gekommen“ (Joana, 22:15) – und auch den
anderen Auswanderern unterstellt sie diese Gründe: Sie gingen „deshalb: Um Geld zu
bekommen, um Geld zu sparen, um an unsere Zukunft zu denken“ (Joana, 15:30).
Auch Ana stellt diese Verbindung her: „Es war eine sehr schnelle Entscheidung, praktisch von
einem Tag auf den anderen. Aber ich habe diese Möglichkeit seit sechs, sieben Jahren, nur
wollte ich niemals gehen. Es ist erst jetzt, dass mein Leben so mies läuft, dass ich denke: Es
wird hier nichts.“ Auf meine Nachfrage, ob sie also ohne Krise nicht gegangen wäre,
antwortet sie: „Richtig, ich wäre nicht gegangen. Ich würde dort Ferien verbringen, und ich
würde sehr gerne Dinge machen, irgendwelche Geschäfte, aber auf andere Art. Ich würde
nicht für lange Zeit hingehen“ (Ana, 4:40). Die 32-jährige Kommunikationsdesignerin kann
zur Zeit ebenfalls nicht in ihrem Beruf arbeiten und jobbt als Aushilfe in einem Restaurant.
Abgesehen davon ist ihr Zugang zu Angola ein vollkommen anderer: Ihre Mutter ist
Angolanerin und 1976 nach Portugal ausgewandert. Sie selbst hat zwar nur die portugiesische
Staatsangehörigkeit, will aber, einmal in Angola, die doppelte Staatsbürgerschaft beantragen.
Ihre Mutter ist bereits vor Jahren zurückgekehrt und führt dort ein ein Café und einen
Keramikladen, in dem Ana zunächst auch arbeiten will. Angola ist ihre einzige Option, denn
sie hat nicht genug Geld, um ohne die Unterstützung ihrer Mutter woanders eine neue
Existenz aufzubauen. Die „Auswanderung“ nach Angola ist für sie nicht mehr „als ein
Ortswechsel“ (Ana, 2:00), das größte Problem sei die Korruption.
Für Sara dagegen fallen in der Entscheidung für Angola zwei Dinge zusammen: Die
praktische Seite und eine Annäherung an ihren Traum. Die 34-jährige, die nach nach ihrem
Bachelor in Anthropologie noch einen Master in Sozialer Arbeit macht und ein kleines Kind
hat, beginnt ihre Erzählung mit den vielen Menschen und Begegnungen, die ihr Afrika im
Allgemeinen näher brachten: Ihr Vater aus Guinea-Bissau, die vielen angolanischen
Schulfreund*innen, der erste Besuch in Angola 2004 und danach die Erkenntnis: Es „ist eine
Idee, die mir häufig in den Kopf kam, dorthin zu gehen“ (Sara, 6:50). Dorthin, dass ist für sie
zuallererst Afrika. Ihr Traum ist Mosambik, Angola bietet jedoch die besseren
Jobmöglichkeiten für ihren Ehemann, den sie nach eigener Aussage erst dazu gebracht hat,
sich auch auf Stellen dort zu bewerben, und dessen Jobangebot sie nun folgen. Auch wenn die
Art ihrer Auswanderung nach Angola von der Krise bestimmt wird, da ihr Mann lieber in
Europa gearbeitet hätte, entkoppelt sie die grundsätzliche Seite komplett davon: „Ich hatte
schon immer diese Idee, Portugal zu verlassen. (…) Afrika hat schon immer eine gewisse
17
Faszination auf mich ausgeübt, und deshalb stand die Entscheidung von hier wegzugehen
auch schon lange vor der Krise“ (Sara, 28:15). Trotz des von ihr festgestellten Booms an
Menschen, die in Angola arbeiten wollen, ist die Auswanderung „eine Erfahrung, die man im
Allgemeinen unabhängig macht von Arbeitslosigkeit und all diesen Fragen der Krise, die wir
alle kennen. Die Frage, sein Land zu verlassen, eine andere Realität kennen zu lernen, so
scheint es mir, ist essentiell und sollte Teil des Lebens aller Leute sein“ (Sara, 19:00).
Eine Idee, die Miguel sofort unterschreiben könnte. Der 32-jährige ehemalige Journalist hatte
ebenso wie seine Freundin eine gesicherte Existenz in Portugal bei einer Motorradfirma, mit
gutem Gehalt, und „unserem kleinen Leben, unserer Routine, unseren kleinen Ferien“
(Miguel, 7:00), aber eben auch die Idee, dass dies nicht ausreicht: „Wir würden gerne in ein
anderes Land gehen, ein anderes Leben beginnen“ (Miguel, 9:30). Seine persönliche
Geschichte beginnt mit dem Verweis darauf, dass er in den Jahren seiner Arbeit als Journalist
bereits seit 2004 hauptberuflich über Afrika schrieb. Nach der ersten Reise im Jahr 2005
arbeitete er dann bereits ab 2007 ein Jahr in Angola und hat enge Verbindungen zu vielen
Menschen dort aufgebaut, die er „meine Familie“ (Miguel, 5:00) nennt. Er ist der einzige der
Interviewten, die von sich aus das Wort „Emigrant“ und nicht etwa „Expatriado“, im Sinne
des englischen „Expat“, als Eigenbezeichnung verwenden. Abgesehen vom Verkehr, den er
als größtes Problem sieht, kommt er nach eigener Aussage in Angola bestens zurecht und freut
sich sehr darauf, endlich wieder zurückkehren zu können.
5. Mythen über Angola
Im Hauptteil der Arbeit möchte ich nun im Diskurs wiederkehrende Begriffe, Bilder und
Anspielungen verorten, insbesondere Anhand der Themen „Eldorado“, „Chaos“, der
Konstruktion der Gegenwart Angolas in Abgrenzung zur kolonialen Vergangenheit sowie der
Beziehungen zwischen Portugies*innen und Angolaner*innen auf persönlicher Ebene. Neben
verschiedenen Einzelpublikationen und auch Meinungen beziehe ich mich dabei auf das Buch
„Trabalhar em Angola“ (zu deutsch: Arbeiten in Angola) des portugiesischen Journalisten und
Medienberaters Hermínio Santos, der nach ein paar Jahren Aufenthalt in Angola diesen Guide
für Arbeitsmigration verfasst hat. Dieses Buch liegt an prominenter Stelle in Buchhandlungen
aus und wird gekauft, wie etwa von Joana vor ihrer ersten Abreise (Joana, 18:15). Insofern
spreche ich ihm eine hervorgehobene Bedeutung bei der Konstruktion des gegenwärtigen
Diskurses über Angola zu. Behandelt werden neben rein organisatorischen Schritten und
Ansprechpartner*innen auch die kulturellen Fragen, die eine Beschäftigung mit dem Thema
18
aufwirft. Was für ein Leben erwartet mich dort, wie soll ich mir Angola vorstellen?
Als grundlegendes theoretisches Hilfsmittel für diese Bachelorarbeit möchte ich zudem eine
Perspektive einführen, die der portugiesische Soziologe Valentim Alexandre in Bezug auf die
Erklärung des portugiesischen Kolonialismus' entwickelt hat. Die frühere Variante, ihn
größtenteils über den Prestigegewinn zu erklären, wurde in der portugiesischen Fachwelt
mehr und mehr von einer rein ökonomischen Lesart abgelöst. Alexandre betont an dieser
Stelle erneut die Bedeutung der "Imagination" Afrikas als Antrieb. Er setzt den „Mythos“ als
Analysekonzept ein, "um die Realität in ihrer Gesamtheit zu begreifen, sie zu denken und zu
fühlen, ökonomische Faktoren ebenso wie nicht-ökonomische [...] und [...] rationale ebenso
wie irrationale Aspekte"(Alexandre 1995, S. 40). Für diese Arbeit bietet der Mythos-Begriff
die Möglichkeit, die Imaginationen Angolas zusammen mit ihren Rahmenbedingungen zu
verstehen, ohne in Dichotomien von Vorstellung vs. Wirklichkeit zu verfallen. Dies hätte zur
Folge, dass Aussagen über die Vorstellungen von Angola keine Bedeutung für die jenen
Bildern entgegengesetzte Realität hätten und damit bedeutungslos für eine Analyse der
portugiesischen Migration nach Angola wären.
Auf das portugiesische Imperium bezogen arbeitet er insbesondere zwei grundlegende
Mythen heraus: Den "Eldorado-Mythos" über den Reichtum der afrikanischen Kolonien,
seiner Minen und Fruchtbarkeit, sowie den "Mythos des heiligen Erbes", das einen göttlichen
Auftrag zum Imperium mit einschließt und die Kolonien als historischen Imperativ
(Alexandre 1995, S. 40–41). Für mich ist als Ausgangspunkt der Suche nach verschiedenen
Mythen vor allem der erste bei der Analyse relevant: Während letzterer trotz portugiesischem
Stolz auf die „Entdeckungen“ zusammen mit dem streng katholischen „Estado Novo“
Salazars sein Ende als dominanten Mythos gefunden haben dürfte, könnte doch der Eldorado-
Mythos des reichen, faszinierenden Afrikas womöglich eine erhellende Perspektive auf den
aktuellen Diskurs sein?
5.1 Eldorado ist anderswo
Der Titel 'Eldorado' fällt tatsächlich häufig, auch in meinen Hintergrundgesprächen, und ist
meiner Einschätzung zufolge einer der zentralen Begriffe des Diskurses. Mir wird eines
deutlich, was ich als These aus meinem Material ableite und hier den Details voranstelle: Die
Menschen kennen den Mythos 'Eldorado', d.h. die Vorstellung paradiesischer Verheißungen.
Aber kaum jemand benutzt tatsächlich die dazu gehörenden Bilder in seinen oder ihren
Narrativen: Der Mythos existiert nur bei Anderen – und in so reiner Form nicht mal in den
19
Medien. Vor diesem Hintergrund möchte ich zeigen, wie 'der Goldene' gewissermaßen im
Zerrspiegel dennoch den Diskurs prägt, um im Anschluss daran die Abgrenzungen hiervon
und notwendigen Erweiterungen um neue Mythen über Angola anzuschließen.
Doch zunächst zur goldenen Stadt selbst: Luísa Coelho etwa erwartet bei vielen der
Arbeitsmigrant*innen eine Vorstellung von schnellem Geld, vom Himmel regnendem Manna
und allgemein paradiesischen Zuständen (eigene Feldnotizen: 09.04.2013). Für Hermínio
Santos sind „[e]infacher Profit und "Geldbaum"22 [...] tief verwurzelte Ideen bei jenen
Portugiesen, die auf die angolanischen Lande schauen wie auf eine Rettungsboje“ (Santos
2011, S. 17). Angola ist in dieser Sichtweise so fruchtbar, dass man sein Geld pflücken kann.
In den gegenwärtigen Berichten, wozu ich im weitesten Sinne Medienberichte der letzten
zwei Jahre zähle, finden sich dagegen häufig geradezu warnende Hinweise auf die
ernüchternde Realität, die jene so positionierten Migrant*innen abseits der Manna spendenden
Verheißung erwarten wird. Dies gilt nicht nur für 'Expert*innen', sondern auch für
Medienberichte, die „Emigration nach Angola: Die andere Seite von Eldorado“ heißen und
feststellen, „dass das Leben in Angola weit davon entfernt ist, der rosafarbene Rückzugsort zu
sein, den einige malen“ (Gorjão Henriques 2012). Der Diskurs wendet sich gegen die
vermutete realitätsferne 'rosa' Vorstellung und setzt stattdessen andere Bilder gezielt ein. In
Bezug auf 'Eldorado' handelt es sich in gewisser Hinsicht um einen Meta-Diskurs, der sich auf
eine Art ursprünglichen, naiven Diskurs bezieht, welcher voller Übertreibungen, falscher
Hoffnungen und Unwissenheit zu sein scheint. Diesen Diskurs konnte ich im Rahmen meiner
Arbeit jedoch nicht direkt in großem Umfang aufspüren – viel zu präsent ist die Abgrenzung
davon. Allerdings zeigt sich in diesem 'aufklärerischen' Duktus gewissermaßen das Negativ
des 'naiven' Diskurses. Schon der ständige abgrenzende Bezug konstruiert den Scherenschnitt
eines Gegenbildes, eines Diskurses, dessen Existenz vorausgesetzt wird.
Aber ebenso stark arbeitet der Diskurs an einer Überschreibung dieses Bildes, welches sich
bei Ana mit ihrer direkten familiären Beziehung zu Angola noch in Ansätzen zeigt. Schon in
einem recht frühen Nachrichtenbeitrag im Fernsehen über 'illegale' Einwanderung von
Portugies*innen nach Angola im Jahr 2011 (Portugueses ilegais em Angola 2011) wird bereits
durch das verwendete Bildmaterial eine gegenläufige Geschichte erzählt: Die Bilder zeigen
Verkehrschaos, Stau, Armensiedlungen, staubige Pisten und die menschenleere
Hafenpromenade Luandas23. In dieser Zusammenstellung von für europäische Augen
vielleicht negativ konnotierten Bildern zeigen sie einen Blick auf einen Alltag, der wenig mit
22 „árvore das patacas“; Pataca ist u.a. die brasilianische Währung. Eig. Anm.23 Ich möchte hier anmerken, dass ich die Bilder des afrikanischen Alltags nicht pauschal abwerten möchte,
sondern lediglich in Relation zu ihrer vermuteten Rezeption setze.
20
'Eldorado' zu tun hat und 'grau' ist als Gegenposition zum 'Rosa' des anderen Mythos.
Dies ist die Überleitung zum erwähnten neuen dominanten Mythos, der über Angola existiert:
Das Chaos. Gut darstellbar ist diese Abgrenzung durch folgendes Zitat bei Santos: "Die
mythologischen Geschichten eines versprochenen Landes, von einfachem Geld, Sonne,
Strand, kühlem Bier, gemeinsamer Sprache und Jobs bilden ein idyllisches Bild, das tausende
Portugiesen angolanische Lande ansteuern ließ. Jedoch ist es notwendig zu verstehen, dass die
Realität eine andere ist" (Santos 2011, S. 14–15). Es folgt eine Aufzählung von schlecht
funktionierenden Elementen des täglichen Lebens, die sich unter den Nenner 'chaotisch'
bringen lassen24.
Den gleichen Befund mache ich durch die Interviews: Meine zuvor überlegte Frage nach dem
'Geldbaum' als Beispiel für den 'Mythos Eldorado', die ja schon bei Santos eine projizierte ist,
fiel in den Gesprächen ins Leere oder wurde umgedreht: Da dieses zuvor herausgearbeitete
Bild des 'Eldorado-Mythos' bei Ihnen selbst nicht vorhanden war, suchten meine
Gesprächspartner*innen teilweise nach entfernten Bekannten, auf die dies zumindest in Teilen
zutreffen könnte. So erzählt Miguel von einem Freund, „der nicht in Angola ist, weil er das
Land so sehr mag, (…), sondern weil seine Firma ihn dorthin versetzt hat“ (Miguel, 23:00).
Er versteht meine spezielle Frage nach einem scheinbaren Mythos allgemeiner als Frage nach
Personen, die trotz (nicht wegen) Angolas in diesem Land sind. Saras Reaktion zeigt deutlich,
dass diese Frage zwar bestimmte Bilder wachrufen kann, aber nicht als relevant eingestuft
wird: „Ich denke ja, dass viele Leute dieses Bild haben. Und dann gibt es das andere Extrem“
(Sara, ca. 25:00) – jene Personen wie Saras Cousine, die nie in Angola waren, aber wissen,
dass „es dort in Angola schrecklich ist, fürchterlich, hässlich, es gibt keine Metro (…), Angola
ist das Ende der Welt“ (Sara, ebd.). Das hier skizzierte Bild des Abscheus gegenüber Angola
ist in den Gesprächen viel präsenter gewesen als das über schnellen Reichtum. Wie bereits
ansatzweise herausgearbeitet, ist letzteres wenn überhaupt ein Anderen zugeschriebenes Bild.
In den Interviews verliert es selbst diese Bedeutung und wird bestenfalls zum Randphänomen
degradiert. Am offensivsten spricht sich Miguel dagegen aus: „Die Personen von hier aus
Portugal, die an Angola denken, die niemals dort waren: Sie glauben nicht, dass Angola der
'Geldbaum' ist, ganz im Gegenteil: Sie glauben, dass die Leute nach Angola gehen, um dort
betrogen und hereingelegt zu werden“ (Miguel, 34:50).
Das gegenwärtige Angola wird mit Berichten von negativen Erfahrungen verknüpft. „Ich
24 Aber hier folgt auch ein Verweis auf die eigenständige und starke angolanische Kultur, so wie innerhalb des Diskurses generell versucht wird, Beschreibungen des „Chaos“ von Rassismus abzugrenzen: „[W]as man niemals machen darf, [Fett im Orig.] ist nach Angola mit der Idee zu gehen, dass man ein unterentwickeltes Land mit einer unterwürfigen Bevölkerung ohne Selbstbewusstsein vorfinden würde“ (Santos 2011, S. 17).
21
dachte immer: Nach Angola möchte ich nicht gehen. Es wurde viel Schlechtes erzählt, dass es
gefährlich sei, und dass eine Frau, die alleine nach Angola geht, gefährdet ist“ (Joana: 1:10).
Eine Aussage, die sich wohlgemerkt auf die Zeit vor ihrem ersten Kontakt mit dem 'realen'
Angola bezieht. Ana kannte Angola durch diffuse Medienberichte, „Trabalhar em Angola“
und Erfahrungsberichte von entfernten Bekannten – was hängen blieb, war dieses Bild.
All dies brachte mich schließlich dazu, die Kategorie der Mythen um den des „Chaotisch-
Gefährlichen“ zu erweitern25. Der Diskurs greift immer wieder auf eben diese Kategorie der
Gefahr zurück, die auf vielerlei Weisen transportiert wird: Als Gegensatz zur 'falschen'
Euphorie des 'Eldorado'-Mythos setzt Santos das Bild von Luanda als "afrikanische Stadt.
[…] Der Verkehr - anarchisch, intensiv, verwirrend [...] macht aus der angolanischen
Hauptstadt eine Herausforderung, die an schlechten Tagen ein auf die Notwendigkeit eines
normalen Lebens gerichtetes Puzzle ist" (Santos 2011, S. 16). Hier wird am auch in den
Interviews omnipräsenten Beispiel des Verkehrs in Luanda ein interessantes Gegensatzpaar
aufgebaut, das so natürlich nur aus europäischer Perspektive existiert: Das normale Leben und
Afrika. Es ist eben diese Abkehr vom euphorischen 'Geldbaum', die selbst schon in die
Erzählungen meiner Interviewpartner*innen eingeflossen ist, während ihre Berichte als „jene,
die dort waren“ natürlich auch bedeutend für den Diskurs selbst sind.
5.2 Alle Leute lebten gut: Eine historische Abgrenzung
Niemand spricht davon, nach Angola zu gehen, weil es mal eine Kolonie war. Dies ist kein
Grund wie Arbeit, Geld oder persönliche Erfüllung, den man im Gespräch erwähnt. Im
Folgenden versuche ich herauszuarbeiten, inwiefern die Vergangenheit Angolas unter
portugiesischer Herrschaft dennoch in die Gegenwart langt – persönlich wie gesellschaftlich
und unter Rückgriff auf postkoloniale Ideen.
Das erste Interessante hierbei ist, dass fast niemand die gemeinsame Sprache direkt
angesprochen hat: Es wurde stillschweigend als Normalität gesetzt. Nur manchmal kam
Sprache in Vergleichen mit anderen potentiellen Zielen wie etwa Deutschland vor (Joana,
7:00), um diese als Arbeitsort auszuschließen, oder in der Aussage Miguels: „Es gibt nicht
viele Unterschiede in der Sprache, in dem was wir wollen, in dem, was wir von der Welt
glauben“ (Miguel, 18:10). Natürlich ist das Portugiesische in Angola dennoch kolonialen
Ursprungs. Diese Normalität von kolonialem Erbe und der „besonderen Beziehung“ zu
25 Zur Sicherheit nochmal der Hinweis, dass ich hier mit dem Begriff „Mythos“ keine Aussage darüber treffen möchte, ob die Situation in Angola oder Luanda im Speziellen nun gefährlich und chaotisch IST oder nicht, sondern allein über die stetig reproduzierten Bilder in Zusammenhang mit ihren Rahmenbedingungen.
22
Angola hängt auch damit zusammen, dass all dies als etwas Normales erfahren wird: In
familiären Beziehungen, wo die Mutter im Jahr nach der Unabhängigkeit Angolas nach
Portugal emigrierte wie bei Ana. In Schulklassen, in denen wie selbstverständlich „viele
angolanische Freunde“ (Sara, 6:00) waren. In portugiesischen Zeitschriften mit dem Namen
„África“, deren Schwerpunkt natürlich nur deshalb auf Angola lag, weil „das publizistische
Niveau in Angola stärker war als in anderen afrikanischen Ländern“ (Miguel, 1:15). In
Aussagen wie der, dass „die Portugiesen immer mehr oder weniger wussten, wie die Situation
in Angola war“ (Joana, 17:00). In prägenden Ikonen wie dem Lissaboner „Padrão dos
Descobrimentos“, dem Denkmal der Entdeckungen, welches die wichtigsten Figuren des
portugiesischen Imperialismus beziehungsweise der frühen „Entdeckungsfahrten“ mit einem
stilisierten Schiff aus Beton präsentiert. Zu Füßen liegt ihm eine Weltkarte, die nicht nach
Ländergrenzen oder geologischen Punkten organisiert ist, sondern nach Zeit, nach
Jahreszahlen. Die Welt als nationaler Zeitstrahl, gegliedert nach den Daten der
portugiesischen „Entdeckung“ der jeweiligen Orte. Angola ist 1482.
Eine Touristenattraktion, gebaut noch unter Salazar – aber verschiedene Betrachter*innen
sprechen davon, diese Normalität kolonialer Kontinuitäten auch in der Gegenwart noch zu
diagnostizieren (Almeida 2000, S. 167). Auch Alexandre betont, dass der imperialistische
Charakter des portugiesischen Nationalismus durchgängig präsent geblieben sei: "Noch heute
prägt der Mythos [...] der besonderen Beziehung zu den Völkern von Übersee stark das
Bewusstsein, das die Nation von sich selbst hat" (Alexandre 1995, S. 51).
Auf den Befund der besonderen Beziehung werde ich noch zu sprechen kommen. Zunächst
stelle ich hier fest, dass der Gegensatz zwischen Angola vor der Unabhängigkeit und in der
Gegenwart eines der häufigsten Bilder in den Gesprächen ist. Dies ist zugleich eines der in
Hinblick auf meine Fragestellung und Hintergrundlektüre spannendsten Felder: Wie wird hier
Geschichte verhandelt, und hat dies Einflüsse auf die Art, wie Migration gesehen wird?
Koloniale Kontinuität gibt es nicht nur im Stadtbild, sondern auch als Familiengeschichte wie
bei Ana oder ganz im Sinne von Vale de Almeidas kritischer Betrachtung einer nostalgischen
Rückschau im größeren Rahmen: Die Portugies*innen wussten eben immer, wie die Situation
in Angola aussieht (Joana, 17:00): Nämlich verheerend im Vergleich zu jener Zeit, als
Portugal noch selbst an der Macht war. Die ausschließlich (!) positiven Bilder, die in den
Gesprächen mit dem portugiesischen Angola verbunden werden, stehen im Kontrast sowohl
zu Portugal als auch insbesondere zur Gegenwart Angolas, die stark durch Adjektive wie
dreckig, gefährlich, bürokratisch, korrupt, chaotisch etcetera gekennzeichnet ist. Angola ist in
diesem Teil der Imagination das von Portugal errichtete Land, das ohne dessen schützende
23
Hand zerfällt: Die Altstadthäuser etwa „sind besser gelegen, aber das Niveau der
Ausstattungen ist sehr kompliziert. […] Es gibt keine Wartung, und viele von ihnen sind aus
der Kolonialzeit [...] und somit wurde keine Instandhaltung gemacht, und somit werden die
Sachen komplizierter“ (Sara, 11:00). Die Erzählungen der Eltern einer früheren Freundin
Miguels, die in der Kolonialzeit zur Oberschicht Angolas gehörten, liefen ebenfalls auf diesen
Vergleich hinaus, den Miguel selbst jedoch nicht explizit teilen möchte: „Ich erinnere mich,
Fotografien gesehen zu haben davon, wie Huambo war (…) Die Städte waren viel weiter
entwickelt als hier, als Portugal es war, im Vergleich zum selben Jahr“ (Miguel, 13:30). „Die
Idee, die sie mir vom Angola während der Kolonialzeit gaben: Es war großartig, es war ein
zivilisiertes Land, ein modernes Land, ein Land mit guten Bedingungen, ein optimales Land
zum Leben. Die Idee, die sie mir von der Gegenwart gaben, war 2001, dass es eine komplette
Verwirrung sei, eine enorme Korruption, ein Land ohne individuelle Freiheiten, das nicht die
Menschenrechte beachtet“ (Miguel, 37:30).
Miguel sagt sich hiervon los, aber beinahe ebenso deutlich finde ich diesen Vergleich noch in
Joanas Versuch zu erklären, warum sie zunächst derart enttäuscht von Angola war: „Weil es
eine schöne Gegend ist, weil es das Meer hat [und] eine sehr schöne Insel. Es ist nur so, dass
sie das nicht wertschätzen können. In der Zeit, als Angola von den Portugiesen kolonisiert
wurde war es – nach dem, was ich auf Fotos gesehen habe – [...] als ob man in Portugal wäre:
Alles sehr sauber, alles sehr organisiert. Und dann gab es einen Moment, in dem Angola an sie
übergeben wurde. Sie konnten die Organisationen nicht aufrecht erhalten, und jetzt ist Angola
komplett zerstört“ (Joana, 10:00).
Auch wenn sie angibt, wenig Interesse an Politik zu haben, hat sie doch ein ganz spezielles
Bild von der Realität der Kolonialzeit vor Augen: „Die Portugiesen wurden gezwungen, nach
Angola zu gehen, von einem Moment auf den anderen, und haben dort alles arrangiert,
deshalb denke ich, alle wir Portugiesen sind ein bisschen gekränkt wegen ihnen, denn dieses
Angola war kolonisiert von den Portugiesen, […] es war ein organisiertes Land, es war schön,
es gab Arbeit für alle, aber dann... Gut, dass wird jetzt schon politisch, was?“ (Joana, 25:20).
An dieser Stelle möchte ich noch einmal auf das von Arjun Appadurai entwickelte Konzept
der verschiedenen scapes hinweisen. Insbesondere die letzte Aussage Joanas zeigt eine solche
Verbindung zwischen Handlungen und Eindrücken ebenso wie die Verflechtungen
verschiedener Sphären, von der politischen zur medialen. Die so vorgestellte Gegenwart
Angolas wirkt auf die befragten Portugiesen häufig so fern von dem, was sie in
Dokumentationen und Berichten über die Kolonialzeit erfahren, dass die Verbindung schwer-
und die Konstruktion von Schimären leichtfällt, von Wunschbildern eines idyllischen Staates.
24
„Es ist deshalb, dass ich eine Hassliebe zu Angola habe, weil es ein wunderschönes Land ist
(…) Es ist nur, dass es lange dauern wird um dorthin zurückzukehren, was es einmal war.
Denn vor der Revolution war jenes Land Portugal circa 20, 30 Jahre voraus. Portugal war
dahinter, denn dort trank man Coca-Cola, in Portugal konnte man keine Coca-Cola trinken.
Und alle Leute lebten gut. Sie arbeiteten, aber alle lebten gut, es war ein superruhiges Land“
(Ana, 10:00). Es war gut, weil es modern war – und es war modern, weil man nicht nur wie in
Portugal leben konnte, sondern besser: Anders als in der amerikafeindlichen Diktatur Salazars
in Portugal selbst war die Kontrolle in den „Überseegebieten“ lascher, weshalb der Zugriff auf
die Produkte des globalen Kapitalismus wie Coca-Cola möglich war und als Beweis der
Fortschrittlichkeit gewertet wurde.
Interessant ist, dass die Verhandlung der Unterschiede auch in entgegengesetzter Hinsicht an
diesem Punkt stattfindet. Denn wenn die früher existierende Arbeit für alle gelobt wird,
impliziert dies, dass dies heute nicht mehr existiere: Was angesichts der Armut im Land
stimmen mag, aber jedenfalls nicht die Lebensrealität und Vorstellungen der
Auswanderer*innen bestimmt, die ja gerade wegen der Arbeit dorthin gehen. Der Vergleich
ergibt also nur Sinn, wenn früher in der Imagination auch alle einheimischen
Angolaner*innen immer Arbeit hatten und heute nicht mehr. Dies spiegelt sich in der
Wahrnehmung von Joana auch im täglichen Miteinander: „Ich habe festgestellt, dass die
Angolaner ein bisschen aufgebracht gegen die Portugiesen sind. Sie nennen die Portugiesen
„Tugas“ [Umgspr. von „Portugueses“, Anm.] [...]. Sie kommen zu uns und sagen, dass wir
dorthin gekommen sind, um ihren Platz zu stehlen, also... nur dass die Firmen uns rufen, nicht
wahr?“ (Joana, 29:30). Heute ist also die Ungleichheit innerhalb Angolas auch über die
Teilnahme am internationalen kapitalistischen System legitimiert, das die Firmen in Angola –
nicht notwendigerweise angolanische Firmen – ermächtigt, auf den internationalen
Fachkräftemarkt zuzugreifen: Also letzten Endes die Teilnahme an dem, was Ramón
Grosfoguel auch als „Capitalist/Patriarchal Western-centric/Christian-centric
Modern/Colonial World-System“ (Grosfoguel) bezeichnet, welches Arbeitsmärkte ebenso
umfasst wie den Konsum von Cola.
Dieser gewisse Widerspruch entsteht nicht nur in der Zuschreibung von „modernen“ (Coca-
Cola) ebenso wie „idyllischen“ (Arbeit für alle, alle lebten gut) Attributen an das koloniale
Angola, sondern auch im Versuch, die eigene Position in einer als höchst kompliziert
empfundenen Situation zu erfassen und zu rechtfertigen. Der gegenwärtigen Situation wird
die um alle negativen Aspekte bereinigte Vergangenheit als verheißungsvolle und doch ferne
Zukunft entgegengesetzt: „Dies wird sehr schwierig sein, zurückkehren zu dem was einmal
25
war, wegen der Mentalität der Personen, die vielleicht gezwungen wurden, diese Mentalität zu
haben, des Überlebens“ (Ana, 10:30). Doch es geht nicht primär um die Verhandlung der
historischen Entwicklung einer Mentalität, sondern bei Ana um eine greifbare Betonung der
persönlichen Bedeutung des Erbes: „Eine Sache, die ich machen möchte seit ich klein bin, ist
all das wiederherstellen, was ich dort habe, weil es die Arbeit meiner Großeltern war, weil es
die Arbeit der Familie war, die ich wieder haben will, Dinge, die ich wieder funktionstüchtig
machen möchte. Unabhängig davon, ob Portugal gut sein wird oder nicht: Das sind Dinge, die
ich trotzdem machen möchte […] Nicht für Geld, sondern für das Erbe an sich [...] und für die
Erinnerung, und auch für zukünftige Generationen, dass ich all dies bewahren möchte. Es sind
Familiensachen, die ich wichtig finde zu erhalten“ (Ana, 18:50).
Diese Antriebe wurden nie zuerst genannt, sie waren in der eigenen Narration der bald
Auswandernden nie so wichtig wie Fragen des Geldes, der Arbeit oder der persönlichen
Entfaltung, die für die Migrationsentscheidung prominenter schienen. Dennoch prägen sie
teilweise deutlich die Imagination Angolas als Migrationsziel. Bewahren, was noch ist und
wiederherstellen, was einmal war: Für die Erinnerung und für die zukünftigen Generationen,
für die Vergangenheit als Rollenmodell der Zukunft.
5.3 Eine komplizierte Beziehung
Eine weitere Linie, die ich aus den Interviews herausgearbeitet habe, ist die zwiespältige
Situation von Portugies*innen in Angola, die verschiedene Verhandlungen von Überlegenheit
und Verbundenheit im Alltag mit einschließt. Alle wissen um ihre guten Jobs oder
Jobaussichten in der dortigen Wirtschaft – aber auch, zumindest in der Narration Joanas, von
den Anfeindungen gegenüber der Wegnahme von Arbeitsplätzen. Sie sind sich einig, dass sie
nicht zur „Elite“ des Landes gehören, denn „die Realität, die ich kenne, ist, dass es eine
spürbare Elite in Angola gibt, aber dass es interessanterweise die Angolaner selbst sind. Der
'Expatriado', der dort hingeht um zu arbeiten, hat ein paar Annehmlichkeiten, aber er wird
nicht zur Elite“ (Joana 2, 00:10). Zudem berichten sie unabhängig voneinander davon, dass
sie bei Straßenkontrollen nur wegen ihrer anderen Hautfarbe auffallen und mit Bußgeldern
belegt werden. Während Miguel das Differenziert-werden anhand der Hautfarbe als
verständlich und unproblematisch wahrnimmt, löst es bei anderen deutlichere Reaktionen aus:
„Ich glaube, dass die Frage dort sehr wichtig ist, die Frage der Rasse, dass sie sehr rassistisch
sind. Dies ist wahr, weil ich schon mit Rassismus in Berührung kam – was ich nicht verstehe!
Will meinen, vielleicht war die Phase der Dekolonisation dort schwierig, aber ich denke, dass
26
es heutzutage keine Rolle mehr spielt, oder?“ (Ana, 16:30). Den Fund eines angolanischen
Rassismus macht auch Joana, wenn auch in entgegengesetzter Absicht: „Ich glaube, dass der
einfache Fakt, dass wir weiß sind, schon das Problem ist. Aber das größte Problem ist, dass
wir für die Angolaner übergeordnet sind. In diesem Fall sind es die Portugiesen; nicht die
Brasilianer, nicht die Chinesen, nichts davon. Die Portugiesen sind es, die übergeordnet sind.
[…] Sie sind rassistischer als wir, […] sie selbst machen diese Unterscheidung“ (Joana,
30:30). Während sich Ana auf die negativen Erfahrungen mit Verkehrskontrollen, Überfällen
und insbesondere der Grenz- und Visakontrollen bezieht, spielt Joana auf Fälle an, in der sie
wie selbstverständlich von angolanischen Kolleginnen als „übergeordnet“ vor Menschen
dunklerer Hautfarbe behandelt wurde, obwohl dies in keiner Weise den formalen
Machtverhältnissen entsprach. Für Joana ist dies klarerweise etwas, das mit der kolonialen
Vergangenheit zusammenhängt und in die Gegenwart reicht, wo sie es als unpassend und
unangenehm empfindet: Nicht immer wird die Vergangenheit positiv konnotiert.
Die hier zugesprochene Überlegenheit macht Miguel jedoch an ganz anderen Faktoren fest
und bewertet sie deutlich positiver; für ihn ist dies – ohne die Begründungskategorie der
Hautfarbe – sogar explizit einer der Gründe, nach Angola auszuwandern: Er möchte
„versuchen, Leute auszubilden, Leute zu unterrichten. Auch jene Fähigkeit zum Führen
haben, Leiter sein, denn in den Firmen habe ich festgestellt, dass wir immer qualifizierter sind
als das, was sie gewöhnt sind, wir enden immer als Chefs (…) Auch weil wir Leute mit mehr
Verantwortung sind, nicht wahr? Die Angolaner haben eine andere Art, Arbeit zu sehen und
die tagtäglichen Aufgaben (…) Wir haben diese Vorstellung, dass wir dort etwas ändern
müssen, etwas strukturieren müssen, ändern, gestalten“ (Miguel, 10:10). In seiner Konzeption
hängt die Sonderbehandlung der Portugies*innen nicht an Kategorien wie Hautfarbe oder
kolonialer Vergangenheit. Stattdessen beruht sie auf auf Wissen und Fähigkeiten in jedem
relevanten Bereich: „Denn ich habe Know-How um das zu verbessern, was sie machen (…)
Meine Angestellte, die sehr schlecht putzt, eine Person von fast 40 Jahren, der ich zeigen
muss, wie man wäscht (…) weil sie nicht in einem Haus wie meinem wohnt, keine Hygiene-
Gewohnheiten hat wie wir“ (Miguel, 48:00). Seine Untergebenen „sollten eine gewisse Art
des Arbeitens haben nach Art... nach meiner Art, fertig! (…) Das ist meine Art zu versuchen,
ein wenig zu helfen“ (Miguel, 51:10). Trotz der eurozentristischen, 'europäisches' Wissen für
wichtiger als anderes haltenden Aussagen hält er die Beziehungen zwischen Portugies*innen
und Angolaner*innen für sehr gut, „besonders weil die Angolaner das Leben in Portugal sehr
mögen und viel der portugiesischen Kultur kennen, und es gibt viele Portugiesen, die auch die
angolanische Kultur kennen“ (Miguel, 18:40).
27
Nicht alle sind so optimistisch ob der gemeinsamen kulturellen Basis, die Miguel ja auch
selbst in Bezug auf die anderen Hygieneverständnisse der Angolaner*innen vom Land auf
jene städtische Elite oder Mittelschicht einschränkt, aus der seine Freundschaften stammen.
Nicht alle diese persönlichen Beziehungen und Einstellungen gegenüber Angolaner*innen
lassen sich auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Ob die Beziehungen nun sehr gut sind
oder nicht, bleibt inhärent persönlich und lässt sich nicht in jedem Fall zu einem größeren
Bild in Beziehung setzen. Dennoch zeigt sich mir, dass die Begründungen der Urteile
interessante Aussagen über das Verständnis genereller Beziehungen zulassen. Das Verhältnis
zwischen Portugies*innen und Angolaner*innen besteht auch aus Beziehungen zwischen
Reichen und weniger Reichen, wobei die „Expatriado/as“ ganz nach Sousa Santos mal die
eine und mal die andere Rolle übernehmen. Meistens läuft die Imagination einer Beziehung
zu Menschen in Angola bei Problemen dennoch darauf hinaus, dass Menschen auf Portugal
mit Know-How auf Menschen aus Angola treffen, die in vielen ihrer Rollen (durch
Korruption reiche Elite, Haushaltshilfe etc.) im Zweifelsfall nicht ganz auf der Höhe der Zeit
sind. Dies zeigt sich in deren Unterordnung bei Miguel oder den Bezügen zu 'Rassismus', den
sie 'noch' haben, obwohl doch die Vergangenheit lange vergangen sei. Diese Zuschreibung ist
analog zu der des letzten Kapitels: Angola wird nicht nur, aber doch merkbar als etwas aus der
Vergangenheit in die Gegenwart ragendes empfunden. Man könnte den Diskurs über Angola
daher in Bezug auf die immer wiederkehrenden Muster der Abwertung als „strukturell
rassistisch“ bezeichnen.
5.4 Das andere Leben
In den Interviews zeigt sich, dass etwa bei Miguel die Verbindungen zu Angola dennoch sehr
über zwischenmenschliche Kontakte ablaufen. Seine Freundschaften sind für ihn ebenso
ausschlaggebend für die Rückkehr nach Angola wie das Geld, die Machtposition und
insbesondere aber auch die individuelle Erfüllung eines „anderen Lebens“ (Miguel, 40:45).
Vor dem Hintergrund der Idee einer „besonderen Beziehung“ zu Angola zeigt dieser letzte
Grund einen neuen Gedanken; dieses so ganz „andere“ Leben steht quer zu den Konzepten
des besonderen Zugangs zu Angola und wird dennoch nicht als Widerspruch erfahren. Das
Leben in Angola als ein fundamental anderes ist eine neue Kategorie innerhalb der Mythen
und ein Bild, das genau so schon in Santos' Ratgeber auftaucht: "Es ist fundamental […]:
Alles ist anders" (Santos 2011, S. 52). Wenn es um die Frage des Grundsätzlichen geht, um
die Frage der Einteilung der Gesamtheit des Lebens dort, so fällt immer wieder die Schranke
28
des „fundamental anderen“ Lebens. Diese Begründung scheint auf einer anderen Ebene zu
funktionieren als noch so viele Berichte über Freundschaften, Möglichkeiten des abendlichen
Ausgehens, geschichtliche Kontinuitäten zur Kolonialzeit oder Möglichkeiten des
Geldverdienens. Dort ist alles anders. Diese Feststellung greift und beeinflusst ganz konkret
Handlungsentscheidungen: Bei Joana, die davor zunächst Angst hatte; bei Miguel und Sara,
die dies motiviert und bei Ana, deren Wahrnehmung Angolas gespalten ist in den bekannten,
familiären Teil und die unangenehm-andere Welt außerhalb dieses Bereichs.
An dieser Stelle möchte ich einmal einfügen, dass alle Befragten bei ihren Aufenthalten in
Angola – seien es Urlaubs-, Familien- oder Arbeitsbesuche – ihren eigenen Aussagen zufolge
'eine gute Zeit' hatten. Selbst nach schwierigen Situationen wie einem Raubüberfall auf Saras
Mann wollen sie bleiben bzw. zurückkehren, weil es dort schön ist – und weil das Land
offenbar noch immer, auch als unabhängiges Land, Möglichkeiten für Portugies*innen bietet,
die sie in Portugal nicht haben: Von den Jobs selbst bis hin zu „besserer Lebensqualität“, dem
Erbe, den verantwortungsvollen Positionen, den kleinen Beiträgen zur Hilfe für das Land.
Nicht bei allen sind die Verknüpfungen so positiv wie bei Miguel, und auch er nimmt die
Probleme und die Armut deutlich wahr. Dennoch bleibt Angola in der Imagination eben doch
auch ein wenig persönliches Eldorado, ein wenig „Rettungsboje“. An dieser Stelle greift die
von Sousa Santos aufgeworfene Frage der Lage Portugals zwischen den Stühlen: Zwischen
Zentrum und Peripherie, den Rollen als Topverdienende und der als 'Wirtschaftsflüchtlinge'
verkörpern sie ein wenig den Spannungsraum zwischen den Shakespeareschen Figuren des
kolonisierenden Prospero und des kolonialisierten Caliban (Sousa Santos 2002).
5.5 Das sinnliche Angola
In diesem Verständnis möchte ich als Abschluss dieser Arbeit noch eine weitere Kategorie der
Imagination Angolas einführen, einen weiteren Mythos neben den so ausführlich
herausgearbeiteten Mythen von „Chaos“, kolonial inspirierter Nostalgie, dem „anderen
Leben“ und Eldorado. Als Anlass nehme ich das Zitat von Ana, deren sinnliche Wahrnehmung
Angolas am deutlichsten ist: Ihre Beziehung läuft äußerst stark über das Land selbst als
Gegensatz zur korrupten Gesellschaft. Beim zweiten Besuch „mochte ich es schon nicht mehr
so sehr […]. Ich mochte die Landschaft... und das Land an sich ist ein unglaublich reiches, in
dem Papayas wachsen, in dem es Feuchtigkeit gibt – in den Gebäuden lässt man eine Sache
auf den Boden fallen und sie wächst“ (Ana, 9:30).
Diese vorerst letzte Kategorie der Imagination Angolas meint eben dies: Das Land als
29
sinnliche Erfahrung. Sie hängt mit dem Eldorado-Mythos insofern zusammen, als dass die
verwendeten und Angola zugesprochenen Bilder weitgehend positiv sind. Der Zugang zu den
Bildern ist jedoch ein anderer: Die Sonne, die Strände, das Wetter sind in den Erzählungen als
ganz individuell gefühltes essentiell – und eben darin allgegenwärtig. Hier geht es meinen
Interviewpartner*innen nicht um prospektiv vermittelte Bilder Angolas als nützliches Land
zum Geldverdienen, sondern um persönliche, einschneidende Erfahrungen. Auch Gestank und
Müll werden auf diese Art wahrgenommen, sind aber in dieser Hinsicht lange nicht so
dominant wie fruchtbare Böden, die allgegenwärtige Hitze oder erste Eindrücke wie der
Saras: „Ich erinnere mich an das Verlassen des Flugzeuges. Am fünften April öffnete das
Flugzeug die Tür, die Leute begannen zu gehen, und als ich dran bin sehe ich die rote Erde, es
hatte geregnet, und diese Frage der Sinne, die Gerüche... Dies ist ein sehr starkes Bild, [...] die
Hitze, es ist unerklärlich (lacht). Es ist unerklärlich. Sehr gut“ (Sara, 19:40). Die Imagination
Angolas hat neben monetären oder gefährlichen Elementen auch Platz hierfür, für Angola als
sinnliche Projektionsfläche: Das Land „kreiert in mir eine Lust zu kreieren, gibt mit
Vorstellungskraft, gibt mir Ideen“ (Miguel, 33:10).
Ohne zu sehr in starken Bildern zu schwelgen, ist aber natürlich auch dieser Mythos nicht rein
individuell, sondern im Diskurs zu verorten. Als Beispiel eines medial vermittelten Bildes
dieser hochstilisierten Art der Auswanderung möchte ich hier einen Fernsehbericht von 2008
aus der 'vorkritischen' Phase des medialen Diskurses wählen, der alle Angola zugesprochenen
Bilder enthält, die als positiv wahrgenommen werden. Den Einstieg bilden Filmaufnahmen
von als 'Weiß' gelesenen Menschen an Traumstränden mit Urlaubsmusik; hier finden sich
Porträts von erfolgreichen Unternehmer*innen, die unter Palmen Restaurants betreiben oder
in teuren Cafés und stilvollen Wohnzimmern über die Möglichkeiten Angolas sprechen.
Dieser Bericht liefert auch einen Einblick in latent koloniale Ideen mancher Emigrant*innen,
wenn etwa als Schlussszene der Dokumentation eine portugiesische Unternehmerin in Luanda
mit den Worten „Ich werde euch jetzt meine Haushälterin präsentieren“ auf eine gleichaltrige
dunkelhäutige Frau in weißer Schürze zugeht. „Ist Julia eine gute patroa [Portugiesisch für
Arbeitgeberin UND Besitzerin, Anm.]?“, fragt die Journalistin. „Ja, senhora“, die Antwort.
Die tropischen Früchte werden „so serviert, wie sie weiß, dass sie es machen muss“, stellt die
Erzählstimme fest (Portugueses em Angola 2008, S. 8:48 ff.).
Der Erfolg der Auswanderer*innen vor schöner Kulisse zeigt ein Beispiel für das „Eldorado
Angola“. Die auffällige Beziehung zwischen Julia und und der im Bericht namenlosen
Haushälterin reflektiert auf die positiv konnotierten Bilder des kolonialen Angolas und lässt
seinen Betrachter*innen für einen Moment die Illusion, dass die von Ana so sehr gewünschte
30
Wiederherstellung bestimmter Dinge der Vergangenheit doch noch möglich sei. Die
sinnlichen Rahmenbedingungen – Wärme, entspannte Menschen am Strand, die Landschaft,
die tropischen Früchte in gehobenem Ambiente – bilden den zuletzt vorgestellten Mythos, sie
runden die Imagination Angolas als Migrationsziel im portugiesischen Diskurs ab.
Fazit und Ausblick
Diese Imagination besteht zu einem enorm großen Teil aus negativer Abgrenzung. Sie kreist
um Begriffe wie „Chaos“, „Gefahr“ und „Korruption“, welche sich alle an Schlüsselbegriffen
wie „Verkehr“ verhandeln lassen, die solche Bilder bündeln. Gleichzeitig gibt es die positiven
Vorstellungen Angolas, die zugleich basal sein können und aus der Not geboren; sinnliche
Erfahrungen und Gegenwehr gegen die dominanten negativen Bilder: „[Ich muss] auf eine
positive Art denken. Falls nicht, gehe ich nicht“ (Ana, 10:15) in dieses ebenso nahe wie ferne
Land „mit einer gemeinsamen Vergangenheit. Schlecht oder gut, es ist eine gemeinsame
Geschichte“ (Portugueses em Angola 2008, S. 5:52 ff.), wie im zuletzt erwähnten Film von
einem anderen Auswanderer festgestellt wird.
Dies aufgreifend würde ich festhalten: Ja, die beiden Länder teilen eine gemeinsame
Geschichte, die von der Sprache bis hin zu wirtschaftlichen Verflechtungen in die Gegenwart
reicht und mit politisch instrumentalisierbaren Begriffen beschrieben wird. Es ist eine
Geschichte mit gegenseitiger Prägung, wobei Portugal in der machtvollen Position war – und
in der Vorstellung seiner Migrant*innen etwa in Bezug auf Wissensvorsprünge noch ist, ohne
dass die negativen Seiten des Kolonialismus berücksichtigt würden. Wie mir die Interviews
gezeigt haben, sind nicht alle im Diskurs über Angola kursierenden Mythen direkt auf diese
Geschichte bezogen – als vergleichende Kategorie, als Hintergrund ist sie jedoch immer
präsent und bietet ebenfalls eine Perspektive für die Zukunft. Dies habe ich insbesondere im
Kapitel zur Abgrenzung der Vergangenheit als Gegenbild zu negativ konnotierten Elementen
der Gegenwart herausgearbeitet. Über diese Verbindungen halte ich rückblickend auch die
Verwendung von Begriffen für gerechtfertigt, die – wie die Kategorie der Mythen – eigentlich
nur für die Zeit der Kolonialadministration genutzt wurden. Ausgehend vom Mythos
'Eldorado' habe ich in dieser Arbeit andere dominierende Bilder im Diskurs über Angola
gefunden, die ich als miteinander verflochtene Mythen verstehe: Das 'Chaos', das 'andere
Leben', die 'sinnliche Erfahrung' und eben immer der Rückgriff auf koloniale Vergangenheit,
deren Schatten noch bis heute reicht. Die Interviewten stellten die positiven Bilder einer
fernen Kolonialzeit in einen Gegensatz zu den Zumutungen der Gegenwart. Dadurch wurde
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die vermeintliche Vergangenheit hochaktuell und prägend für den gegenwärtigen Diskurs. Mit
Arjun Appadurais Verständnis von Imagination und der Analyse von Medien ebenso wie von
Aussagen meiner bald auswandernden Interviewpartner*innen verstehe ich eben diese
Mythen als handlungsleitend. Das Wissen um diese Imagination ist daher auch Wissen um die
Migration von Portugies*innen nach Angola.
Um dieses Wissen zu vertiefen, sehe ich zwei große Anknüpfungspunkte für weitere
Forschung: Einmal könnte man im Sinne einer „multi-sited ethnography“ den Akteur*innen
auf ihrem Weg nach Angola folgen und die dortigen Aushandlungen von Alltag als
Migrat*innen untersuchen. Zum anderen könnte man diese spezielle Bewegung im größeren
Maßstab vor dem Hintergrund „der Krise“ diskutieren. Dies könnte interessante
Auswirkungen auf das Verständnis von Reaktionen auf diese als nicht beeinflussbar
wahrgenommene Finanzkrise haben. Auch der Begriff und die Funktion von Europa für
Länder an der Peripherie der EU sind vor dem Hintergrund einer solchen Verortung innerhalb
außereuropäischer Netzwerke potentiell neu zu bestimmen.
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Sousa Santos, Boaventura de (2002): Between Prospero and Caliban. Colonialism, Postcolonialism, and Inter-identity. In: Luso Brazilian Review, S. 9–43.
Zuber, Helene (2012): Ab in die Kolonie. In: Der Spiegel, 14.05.2012. Online verfügbar unter http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-85734090.html.
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Selbstständigkeitserklärung
Ich erkläre ausdrücklich, dass es sich bei der von mir eingereichten schriftlichen Arbeit mit
dem Titel „Angola als Migrationsziel in der portugiesischen Imagination“ um eine von mir
selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasste Arbeit handelt.
Ich erkläre weiterhin ausdrücklich, dass ich sämtliche in der oben genannten Arbeit
verwendeten fremden Quellen, auch aus dem Internet (einschließlich Tabellen, Grafiken u.
Ä.) als solche kenntlich gemacht habe. Insbesondere bestätige ich, dass ich ausnahmslos
sowohl bei wörtlich übernommenen Aussagen bzw. unverändert übernommenen Tabellen,
Grafiken u. Ä. (Zitaten) als auch bei in eigenen Worten wiedergegebenen Aussagen bzw. von
mir abgewandelten Tabellen, Grafiken u. Ä. anderer Autorinnen und Autoren (Paraphrasen)
die Quelle angegeben habe.
Jonas A. Müller, Matrikelnummer: 537995
Ort, Datum Unterschrift
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